[0001] Die Erfindung betrifft Weizenmehle zur Teigbereitung für die bäckerische Anwendung
aber auch für andere Anwendungen innerhalb und außerhalb des Lebensmittelgewerbes,
ein Verfahren zu der Herstellung dieser Weizenmehle und eine Vorrichtung zur Durchführung
des Verfahrens.
[0002] Bei der Teigbereitung wird einem Mehl soviel Wasser hinzugefügt, dass ein plastischer,
trockener, gut verarbeitungsfähiger Teig entsteht. Die dazu notwendige Wasserzugabe
wird in Prozent bezogen auf die Ausgangsmenge Mehl angegeben und als Wasseraufnahme
(WA) bezeichnet. Die objektive Messung der Wasseraufnahme erfolgt im sogenannten Brabender-Farinographen
nach der international anerkannten Methode ICC-Standard Nr. 115/1. Die Summe aus der
Wasseraufnahme in Prozent und der zugrundeliegenden Mehlmenge (mit 14% Feuchte), letztere
beträgt stets 100%, wird als Teigausbeute (TA) bezeichnet.
[0003] Weitere im Farinographen gemessene Parameter, die zur Beurteilung der Qualität eines
Mehl dienen, sind die Teigstabilität und die Teigerweichung. Die Teigstabilität wird
in Minuten gemessen und ist die Zeit beginnend mit dem Erreichen von 500 Brabender-Farinogrammeinheiten
bis zum Abfallen unter 500 Brabender-Farinogrammeinheiten. Die Teigerweichung wird
in Brabender-Farinogrammeinheiten (FE) gemessen, als Differenz zwischen 500 Brabender-Farinogrammeinheiten
und dem Wert an Brabender-Farinogrammeinheiten 12 Minuten nach Beginn des Abfalls
unter 500 Brabender-Farinogrammeinheiten.
[0004] Eine hohe Wasseraufnahme bzw. Teigausbeute eines Mehls ist für bäckerische Anwendungen
zunächst deshalb wichtig, weil sie bezogen auf das eingesetzte Mehl hohe Gebäckausbeuten
erlaubt.
[0005] Weil Mehl in den letzten Jahren ein eher preiswerter Rohstoff geworden ist und deshalb
die erzielbare Gebäckausbeute in ihrer Bedeutung zurückgegangen ist, haben andere
Vorteile, die sich aus einer erhöhten Wasseraufnahme ergeben, deutlich an Bedeutung
gewonnen.
[0006] Vorteile für den Endverbraucher sind etwa ein deutlich besserer Geschmack der Gebäcke,
eine bessere Lockerung, damit verbunden ein größeres Volumen, eine verlängerte Frischhaltung
und Verzögerung des Altbackenwerdens, damit längere Haltbarkeit bzw. Verzehrfähigkeit.
Auch pasteurisiertes Schnittbrot, das durch den Pasteurisationsvorgang Krumenfeuchtigkeit
und damit Geschmacksqualität verliert, profitiert von einer möglichst hohen Feuchtigkeit
in der Krume, mit der der Feuchtigkeitsverlust vorkompensiert wird.
[0007] Für die Verwender im Backgewerbe bringt die erhöhte Wasseraufnahmefähigkeit der Mehle,
wenn die gleiche Teigausbeute wie bei einem anderen Mehl angewandt wird, trockenere,
weniger klebende Teige. Bei Laugenbrezeln ist es z.B. wichtig, einen festen Teig zu
verwenden, der beim Brezelschlingen und beim darauf folgenden Belaugen formstabil
ist. Dies wird normalerweise durch eine geringere Wasserschüttung erreicht mit der
Folge einer unbefriedigenden Frischhaltung der gebackenen Brezel. Eine erhöhte Wasseraufnahme
des Mehls trägt beiden Notwendigkeiten (Teigfestigkeit und gute Frischhaltung des
Gebäcks) Rechnung und macht einen Kompromiss überflüssig. Weiter können in die Teigrezeptur
bestimmte Bestandteile (Schrote, Ölsamen, getrocknete Früchte u.ä.) eingebracht werden,
ohne dass eine zu trockene Gebäckkrume resultiert. Diese Bestandteile müssen normalerweise
erst mit Wasser vorquellen (in Form eines sog. Quell- oder Brühstücks), bevor sie
dem Teig zugefügt werden können.
[0008] Für bestimmte Backwaren (z.B. Ciabatta) ist eine sehr hohe Teigausbeute nötig, um
sie in optimaler Qualität herzustellen. Die Verarbeitung solcher Teige ist in der
Vergangenheit nur von Hand möglich gewesen; seit neuem kann sie auch mit speziellen
Maschinen erfolgen, deren teigberührende Flächen mit einer Anti-Haft-Beschichtung
versehen sind und deren Elemente zur Portionierung und Förderung des Teiges diesen
mechanisch nur minimal beanspruchen. Bei Teigen mit hohem Wassergehalt, die trotzdem
trocken und stabil sind, können auch die üblichen und regelmäßig im Backgewerbe vorgehaltenen
Anlagen verwendet werden.
[0009] Neuere Anwendungen erfordern eine möglichst hohe Wasseraufnahme der Teige. So gibt
es inzwischen ein Verfahren zur Vakuumkühlung von vorgebackenem Brot, das diesem natürlich
einen gewissen Wasseranteil entzieht und in der Konsequenz zu trockenerem Brot führt,
wenn der Wasserverlust nicht vorkompensiert wird.
[0010] In Anbetracht dieser Situation, die prinzipiell schon sehr lange so besteht, ist
bereits versucht worden, Mehle mit einer erhöhten Wasseraufnahme herzustellen. Es
ist auch bekannt, dass die Wasseraufnahme eines Mehles überwiegend durch seine Inhaltsstoffe
Protein, Pentosan und beschädigte Stärke bestimmt wird.
Stand der Technik:
[0011] Das britische Patent Nr. 1,108,911 beschreibt ein Verfahren, bei dem sich Mehle mit
hohem Anteil an beschädigter Stärke ergeben. Prinzipiell eignen sich zur Beschädigung
der Stärke Walzenstühle. Bei der üblichen Herstellung von "hellem" Mehl wird aber
zunächst nicht eine Stärkebeschädigung, sondern eine energetisch günstige und effektive
Abtrennung der Schalenbestandteile angestrebt, mit dem Ziel, ein mineralstoffarmes
Mehl mit möglichst hoher Ausbeute bei entsprechend geringem Anteil an möglichst mineralstoffreicher
Kleie und Nachprodukten zu gewinnen. Zur Erhöhung der ohnehin schon gegebenen Stärkebeschädigung
wird bei diesem Mahlprozess die Walzengeschwindigkeit verändert. Die Relativgeschwindigkeit
der Walzen eines Walzenpaares zueinander (Voreilung) wird erhöht, der Walzenspalt
wird verkleinert, der Anpressdruck der Walzen wird erhöht. Weiter werden statt Glattwalzen
angeraute Walzen und Riffelwalzen verwendet, deren Riffelung und Anstellwinkel modifiziert
sind. Es werden dabei extrem hohe Walzenrelativgeschwindigkeiten (Voreilung 1:8 bis
1:80) angegeben, wobei der Riffelungskonstellation eine große Bedeutung zukommt.
[0012] Die deutsche Auslegeschrift DE-AS 26 22 748 betrifft ein Verfahren, mit dem sich
durch eine Verdichtung eines Roggenmehles um mindestens 10 Prozent, gefolgt von einer
Zerkleinerung des verdichteten Guts, eine Verbesserung der Backeigenschaften des Mehls
und der Frischhalteeigenschaften des daraus herzustellenden Backgutes erreichen lässt.
Dabei wird die Wasseraufnahme eines Roggenmehls erheblich erhöht. Die Anwendung des
Verfahrens auf Weizenmehle wirkt sich laut der dortigen Offenbarungen in ähnlicher
Weise aus. Die erzielte Wirkung beschränkte sich aufgrund der Veränderung des Proteins
und die daraus resultierende Verbesserung der Klebereigenschaften auf eine Erhöhung
des Gebäckvolumens. Angaben über die Wasseraufnahme von unbehandelten und behandelten
Weizenmehlen sind nicht offenbart, auch Werte für die angenommene Stärkebeschädigung
liegen weder für Weizen- noch für Roggenmehle vor. Die entscheidende Wirkung dieses
Verfahrens liegt neben der Druckerhöhung in der gleichzeitigen Temperaturerhöhung
des Gutes während des Vermahlungsprozesses. Der Hinweis auf eine Keimreduzierung um
mehr als zwei Zehnerpotenzen zeigt eine Temperatur an, die bereits zu Pasteurisationseffekten
führt. Daraus erklärt sich eine thermische Enzyminaktivierung und gleichzeitig eine
beginnende Stärkeverkleisterung, die beide zu der beobachteten erhöhten Wasseraufnahme
führen.
[0013] Das europäische Patent EP 0 919 294 B1 beschreibt eine trockene Rührwerkskugelmühle
zur Verarbeitung von Cerealienmehlen. Dort kommt es bei den angewandten Bedingungen
nicht zu einer Schädigung der Stärke. Die dort beabsichtigte Aufgabe ist die Ablösung
des Proteins von den Stärkekörnern, was mit sehr hoher Effektivität erreicht wird.
Die Proteine lassen sich durch eine nachgeschaltete Sichtung in hoher Anreicherung
abtrennen.
[0014] Dieser Stand der Technik verweist auch darauf, dass die Verwendung von Prallmühlen
zur Zerlegung der Mehlteilchen in Stärkekörnchen und Proteinkomponenten bekannt ist,
wobei es durch irreversible Verformungen an den Stärkekörnchen zu einer Beschädigung
kommt. Typenmehle aus der Prallvermahlung weisen jedoch eine niedrigere Stärkebeschädigung
auf, als die entsprechenden Mehle aus der Walzenstuhlvermahlung, obwohl sie feiner
sind. Selbst mit hohem Energieaufwand lässt sich mit diesen Mühlen eine nennenswerte
Stärkebeschädigung nicht erreichen. Durch die Prallvermahlung von Mehl, das im Walzenstuhlverfahren
hergestellt wurde, wird eine Erhöhung der Wasseraufnahme von max. 10 Prozent gegenüber
der Wasseraufnahme des Ausgangsmehles erreicht.
Nachteile im Stand der Technik:
[0015] Zahlreiche Backbetriebe, vor allem aber Fertigmehlhersteller, setzen verschiedene
Quellstoffe ein, um eine Erhöhung der Wasseraufnahme über die durch den natürlichen
Rohstoff Mehl bisher gegebenen Grenzen hinaus zu erreichen. Verwendet werden neben
Quellmehlen aus unterschiedlichen Getreidearten Quellstärken und andere pflanzliche
Hydrokolloide, wie etwa die Zusatzstoffe E 412 Guarkernmehl, E 411 Johannisbrotkernmehl,
E 401 Natriumalginat.
[0016] Mit dem Einsatz dieser Stoffe geht eine "Verdünnung" des backwirksamen Getreideeiweißes
(Kleber, Gluten) einher, die durch getrennten Zusatz von getrocknetem Vitalkleber
ausgeglichen werden muss. Statt Vitalkleber können auch proteinreiche Mehle, die z.B.
durch das Verfahren gemäß EP 0 919 294 B1 gewonnen wurden, in der Mischung verwendet
werden. Diese Verfahrensweisen führen regelmäßig zu erhöhten Kosten, zu größerem logistischen
Aufwand und zu einer verlängerten Zutatenliste, in der die verwendeten Zusatzstoffe
gegebenenfalls kenntlich gemacht werden müssen.
[0017] Es ist bekannt, dass allgemein ein Zusammenhang besteht zwischen der Stärkebeschädigung
und der Wasseraufnahme. Prinzipiell ist eine hohe Wasseraufnahme gewünscht, eine sehr
hohe Stärkebeschädigung kann jedoch auch zu negativen Effekten führen. Dies sind etwa
nachlassende Teige, geringes Brotvolumen, grobe Porung. Derartige unerwünschte Effekte
ergeben sich, unabhängig von der Stärkebeschädigung, auch dann, wenn die Erhöhung
der Wasseraufnahme durch sehr feine Vermahlung von Weizenmehlen aus weichen Weizen
erreicht wird. Das schnell aufgenommene Wasser wird im Laufe der Teigknetung nicht
gehalten, so dass sich klebrige Teige mit schlechtem Stand ergeben.
Aufgabe und Lösung der Erfindung:
[0018] Die Erfindung betrifft ein neuartiges Weizenmehl, das ausgehend von einem normalen,
mittels eines üblichen Walzenstuhl-Vermahlungsverfahrens gewonnenen Weizenmehl mit
einem ebenfalls als Erfindung beanspruchten Verfahren so modifiziert wurde, dass es
gegenüber dem Ausgangsmehl eine um mehr als 10 Prozentpunkte erhöhte Wasseraufnahme
aufweist, wobei die Teigstabilität und die Teigerweichung des daraus hergestellten
Teiges gegenüber den entsprechenden Werten des Teiges aus dem Ausgangsmehl nicht nennenswert
negativ beeinflusst bzw. sogar verbessert werden.
[0019] Mit den erfindungsgemäßen Mehlen lassen sich außerordentlich komfortabel die Aufgaben
lösen, die eingangs beschrieben wurden: Ersatz von Quellmehlen, Quellstärken und Hydrokolloiden
aus dem Zusatzstoffkatalog und Realisierung aller genannter Vorteile für Verbraucher,
Weiterverarbeiter im Backgewerbe und Vorlieferanten (Fertigmehl- und Backmittelhersteller).
[0020] Bei den erfindungsgemäßen Mehlen sind auch Teige mit hoher Teigausbeute, also hohem
Wassergehalt, noch stabil und kleben nicht, so dass sie trotz des Einsatzes der allgemein
üblichen Aufbereitungsanlagen zu einem optimalen Gebäck verarbeitet werden können.
Beschreibung der Erfindung:
[0021] Die Einflüsse, die durch den Vermahlungsvorgang auf die im Farinographen gemessenen
Parameter (Wasseraufnahme, Teigstabilität und Teigerweichung) eines Mehls ausgeübt
werden, beschränken sich nicht auf die Stärkebeschädigung. Auch die Proteinkomponente
kann verändert werden; hier ist etwa an eine oxidative Kleberstärkung zu denken, aber
auch eine Schädigung des Proteins durch Scher- und Temperatureffekte ist möglich.
Die Feinheit der erzeugten Mehlpartikel spielt auch eine Rolle. Unterschiedliche Vermahlungssysteme
beeinflussen die oben angeführten Parameter in unterschiedlicher Weise. In der Konsequenz
heißt das, dass ein Vermahlungssystem die Stärke "selektiv" beschädigt und zur gleichen
oder sogar zu einer höheren Wasseraufnahme führt, als ein anderes Vermahlungssystem,
bei dem schädigende Einflüsse auf andere Komponenten, wie z.B. Proteine und Pentosane
zu geringerer Teigstabilität und höherer Teigerweichung führen.
[0022] Zwar findet bei der bekannten Walzenstuhlvermahlung ein Quetschvorgang statt, höhere
Stärkebeschädigungen erfordern jedoch neben hohen Anpressdrücken offenbar auch Schereinflüsse,
die durch eine Erhöhung der Relativgeschwindigkeit erreicht werden. Als Folge sind
die bereits diskutierten Schädigungen möglich, die weitgehend auf thermische Probleme
zurückzuführen sind.
[0023] Es wurde gefunden, dass eine Behandlung der Mehle in einer trockenen Rührwerkskugelmühle
die Wasseraufnahme wesentlich zu erhöhen vermag. Auch die Werte der Stärkebeschädigung,
gemessen nach der international anerkannten Methode ICC-Standard Nr. 164, liegen immer,
zum Teil um mehr als 8 Prozentpunkte, deutlich höher als die des Ausgangsmehles. Überraschenderweise
geht die resultierende Wasseraufnahmeerhöhung aus der Behandlung in einer trockenen
Rührwerkskugelmühle nicht mit den sonst bei anderen Mahlverfahren beobachteten Nachteilen
(Verringerung der Teigstabilität und Erhöhung der Teigerweichung) einher.
[0024] Die Verwendung einer Rührwerkskugelmühle erlaubt bei der erfindungsgemäßen Aufgabenstellung
eine hohe Wasseraufnahme bei hohen spezifischen Energieeinträgen zu erzielen, ohne
dass die bekannten Nachteile auftreten. Indem die Temperatur des behandelten Mehls
während der Mahlung unter 60°C, vorzugsweise zwischen 30°C und 50°C, gemessen am Austritt
aus der Rührwerkskugelmühle, gehalten wird, ist eine thermische Schädigung des Proteins
und der weiteren Inhaltsstoffe ausgeschlossen. Bei sehr hohem Energieeintrag kann
sinnvollerweise eine direkte oder indirekte Kühlung der Mahlkugeln vorgenommen werden,
beispielsweise mit Luft, flüssigem Stickstoff oder auch flüssigem oder festem Kohlendioxid.
Tatsächlich wurde gefunden, dass bei den meisten Betriebsbedingungen eine Luftkühlung
der Kugeln ausreicht, wobei schon durch die Erhöhung der im Kugelreservoir vorgehaltenen
Menge an Kugeln eine Verlängerung der Auskühlzeit erreicht wird.
[0025] Überraschenderweise zeigte sich, dass es mit der erfindungsgemäßen Rührwerkskugelmühle
möglich ist, ein z.B. handelsübliches Bäckermehl der Type 550 so zu verändern, dass
gegenüber dem Ausgangsmehl eine Erhöhung der Wasseraufnahme von deutlich mehr als
den bisher bekannten 10 Prozentpunkten erreicht wird. Ohne weiteres wird durch Einbringen
der entsprechenden spezifischen Energie die Wasseraufnahme um bis zu 29 Prozentpunkten
gegenüber dem Ausgangsmehl erhöht.
Erläuterung der Zeichnungen:
[0026] Diagramm 1 zeigt deutlich auf, dass im untersuchten Bereich die eingetragene spezifische
Energie sehr gut linear mit der resultierenden Wasseraufnahme des Mehls korreliert
(R=0,96). Ohne Schwierigkeiten lassen sich mit verstärktem Rührerantrieb und einer
zusätzlichen Kugelkühlung oder einer mehrfachen Passagenbehandlung noch wesentlich
höhere Wasseraufnahmen realisieren.

[0027] Dabei ist der Charakter der Kugelvermahlung, nicht der spezifische Energieeintrag
und auch nicht die Feinheit des resultierenden Mehls entscheidend für das erfindungsgemäße
Verfahren. Tabelle 1 zeigt einen Vergleich zwischen verschiedenen Mehlen, ermahlen
aus dem gleichen Ausgangsmehl mittels Stiftmühle (Typ CW) und mittels einer Rührwerkskugelmühle
(Typ ATR). Bei etwa gleicher eingetragener spezifischer Energie und Feinheit zeigen
sich deutliche Unterschiede in Wasseraufnahme und Stärkebeschädigung zugunsten des
in der Rührwerkskugelmühle vermahlenen Mehls. Selbst bei deutlich höherer eingetragener
Energie kann der die Wasseraufnahme erhöhende Effekt der Stiftmühle nicht annähernd
den der Kugelmühle erreichen.
Tabelle 1:
Effekte von Stiftmühlen- und Kugelmühlenbehandlung |
|
Ausgangsmehl. |
Stiftmühle* 1 |
Kugelmühle** 1 |
Stiftmühle* 2 |
Kugelmühle** 2 |
spez. Energie (kWh/t) |
- |
82,3 |
86,3 |
183,5 |
132,2 |
D 10 (µ) |
13,3 |
6,4 |
5,3 |
4,0 |
4,9 |
D 50 (µ) |
64,7 |
28,5 |
21,7 |
17,4 |
21,3 |
D 90 (µ) |
174,0 |
98,8 |
53,7 |
47,8 |
48,8 |
Wasseraufnahme (%) |
59,2 |
61,6 |
80,3 |
65,1 |
88,3 |
Stärkebeschädigung (%) |
6,1 |
8,0 |
9,9 |
11,4 |
12,7 |
[0028] Bei der weiteren Auswertung der Farinogramme zeigten die Teige der in der Kugelmühle
verarbeiteten Mehle mit dem deutlich veränderten Mehl/Wasser-Verhältnis (max. Differenz:
100:59 zu etwa 100:88) keine erheblichen Änderungen, d.h. Verschlechterung der Teigstabilität
und der Teigerweichung gegenüber dem Teig aus dem Ausgangsmehl. Die erhöhte Teigerweichung
bei verschiedenen Versuchen hängt regelmäßig mit einer durch die Bestimmungsmethode
vorgegebenen längeren Knetzeit in diesen Fällen ab. Interpretationen des Parameters
Teigerweichung haben dies ggf. zu berücksichtigen.
[0029] Ein weiterer Versuch zur Erhöhung der Wasseraufnahme (und der Stärkebeschädigung)
eines Mehls ging von einem Mehl aus, das aus einer Weizenmischung mit einem 50%igen
Anteil an sehr hochwertigem sogenanntem E-Weizen (Sorte "Bussard") ermahlen wurde.
Hier wurde allerdings nicht im "Durchlauf" mit der Kugelmühle ATR gemahlen, sondern
in einem Kreislauf, aus dem das Feingut mittels eines Feinstsichters ATP ausgeschleust
wurde. Ausgangsmehl und ausgeschleustes Feinmehl wiesen die in Tabelle 2 dargestellten
Werte auf:
Tabelle 2:
|
Ausgangsmehl |
behandeltes Mehl |
Feuchte (%) |
15,0 |
9,6 |
Protein (%) |
12,7* |
12,5* |
Far.-Wasseraufnahme (%) |
59,6 |
79,8 |
Far.-Teigstabilität (min.) |
10,7 |
17,6 |
Far.-Teigerweichung (BE) |
46,0 |
-16,0** |
beschädigte Stärke ICC 164 |
7,2 |
8,8 |
* der annähernd gleiche Proteingehalt weist darauf hin, dass sich der Prozess im Gleichgewicht
befindet. |
** d.h. der Teig erweicht nicht, sondern steift sogar etwas nach. |
[0030] Obwohl der Erfindungsgegenstand durch die erreichte Erhöhung der Wasseraufnahme charakterisiert
wird, sind auch die erreichten Stärkebeschädigungen bestimmt worden und zwar nach
der Standardmethode ICC-Standard 164 (Bestimmung des Gehalts an beschädigter Stärke
mittels des Enzym-Kits der Firma Megazym). Diese Methode wird voraussichtlich künftig
wegen ihrer schnellen, bequemen Durchführung und den leicht verfügbaren standardisierten
Reagenzien die international am meisten angewandte sein, so dass die damit gewonnenen
Werte zum Quervergleich mit anderen Untersuchungen dienen können.
Detaillierte Erklärung der Ausführungsformen Beispiele:
[0031] In den Zeichnungen gemäß Figuren 1 bis 3 ist die Erfindung an Hand von Ausführungsbeispielen
schematisch erläutert. Fig. 1 zeigt die erfindungsgemäße Rührwerkskugelmühle; Fig.2
zeigt ein Anlagenschema mit Durchlaufmahlung; Fig.3 zeigt ein Anlagenschema mit Kreislaufmahlung.
[0032] Die Figuren 4 bis 6 zeigen die Auswertungen der Versuchsergebnisse in Diagrammen
für die Teigstabilität (Fig.4), die beschädigte Stärke (Fig.5) und die Teigerweichung
(Fig.6) für Versuchsreihen jeweils in einer erfindungsgemäßen Rührwerkskugelmühle
(Alpine ATR) mit Stahlkugeln und mit Aluminiumoxidkugeln (Keramik), sowie eine Vergleichsversuchreihe
auf einer Stiftmühle (Alpine CW) nach dem Stand der Technik.
[0033] Fig.1 zeigt eine Rührwerkskugelmühle vom Typ ATR der Hosokawa Alpine AG & Co. OHG. Die
Mühle ist eine kontinuierlich oder diskontinuierlich d.h. batchweise betreibbare trockene
Rührwerkskugelmühle. Die Rührwerkskugelmühle
11 wird über eine Antriebseinheit bestehend aus Motor
7, Kupplung
8 und Winkelgetriebe
9 angetrieben, welche auf einer Konsole
10 angeordnet ist.
[0034] Die Antriebsenergie des Motors
7 wird über die Kupplung
8 und das Winkelgetriebe
9 in die Rührwerkswelle
5 eingeleitet und als Mahlenergie über die auf der Rührwerkswelle
5 befestigten Rührorgane
6 in die im Mahlgefäß
1 befindliche Schüttung aus Mahlgut und Mahlkugeln übertragen. Die Beanspruchung des
Mahlgutes zur Zerkleinerung in der Rührwerkskugelmühle
11 erfolgt in komplexer Weise durch eine Kombination von Druck, Schlag, Schub und Scherung
zwischen den Mahlkugeln. Diese haben eine Größe von vorzugsweise weniger als 7 mm,
meist zwischen 1 und 5 mm. Obwohl noch kleinere Mahlkugeln aus verfahrenstechnischer
Sicht vorteilhaft wären (höhere Zahl von Kontaktstellen), werden kleinere Kugeln als
1 mm nicht verwendet, da wirtschaftliche Aspekte dagegen sprechen. Die Mahlkugeln
müssen nämlich in einer der Mahlung nachfolgenden Trennstufe z.B. in einer Siebmaschine
14 (Fig.2 und Fig.3) vom Mahlgut abgetrennt werden. Zur Abtrennung von sehr feinen Mahlkugeln
sind jedoch sehr große, feinmaschige Siebflächen erforderlich, die sehr teuer und
damit wenig wirtschaftlich sind.
[0035] Bei kontinuierlicher Arbeitsweise der Rührwerkskugelmühle
11 wird das vertikale Mahlgefäß
1, das einen konisch zulaufenden unteren Teil
2 aufweist von Mahlgut und Mahlkugeln ausgehend vom Mühleneinlass
3 in Richtung des Mühlenauslasses
4 gleichmäßig nach unten durchströmt, wobei eine am Ende des konisch zulaufenden unteren
Teils
2 des Mahlgefäß
1 eine horizontale Austragsschnecke
12 angeordnete ist, um die Verweilzeit des Gutes in dem Mahlgefäß
1 zu steuern. Die Drehzahl der Austragsschnecke
12 ist über einen regelbaren Schneckenantrieb
13 variabel einstellbar und somit der Durchsatz durch die Mühle in weiten Bereichen
regelbar. Die Drehzahl der Rührwerkswelle
5 ist über den regelbaren Motor
7 variabel einstellbar. Die Rührwerkswellen- und Austragssschneckendrehzahl bestimmen
die in das Mahlgut eingetragene spezifische Energie (kWh/t).
[0036] Da die eingetragene Energie zu einem großen Teil in Wärme umgesetzt wird, erfahren
Mahlgut und Kugeln selbst bei einem einzigen Durchgang durch die Rührwerkskugelmühle
11 eine deutliche Temperaturerhöhung. Um die Temperatur in der Mühle auf einem niedrigen
Niveau zu halten, ist zum einen das Mahlgefäß
1 doppelwandig ausgeführt und von Kühlwasser umströmt und zum anderen werden die Kugeln
nach Verlassen und vor dem erneuten Eintritt in die Rührwerkskugelmühle
11 gekühlt. Im einfachsten Fall reicht eine Luftkühlung während des Kugeltransports
aus um die Kugeln ausreichend abzukühlen. Wirkungsvoller ist es jedoch, die Kugeln
im Sammelbehälter
15 länger verweilen zu lassen und den Sammelbehälter
15 von Kaltluft durchströmen zu lassen. Bei besonders hoher Anforderung an die Kälteleistung
können statt Luft andere Kälteträger wie z.B. flüssiger Stickstoff (LN2) oder Trockeneis
(CO
2) im Sammelbehälter
15 zugemischt werden.
[0037] Bei der kontinuierlichen Betriebsweise der Rührwerkskugelmühle
11 kann unterschieden werden zwischen Durchlaufmahlung, wie in
Fig. 2 dargestellt und Kreislaufmahlung, wie in
Fig. 3 dargestellt. In beiden Fällen werden die Kugeln kontinierlich über die Rührwerkskugelmühle
11, der Austragsschnecke
12, die Siebmaschine
14, den Sammelbehälter
15 und das Becherwerk
24 im Kreislauf gefördert.
[0038] Im Falle der Durchlaufmahlung von
Fig. 2, kann das Mahlgut entweder direkt auf die Rührwerkskugelmühle
11 aufgegeben werden, oder es wird - wie dargestellt ist - aus einem Mahlgutvorrat
25 über eine Aufgabeschnecke
26 in den Becherwerksfuß
23 aufgegeben. Zusammen mit den Kugeln aus dem Sammelbehälter
15 gelangt das aufgegebene Mahlgut über das Becherwerk
24 an den Mühleneinlaß
3 der Rührwerkskugelmühle
11. Das in einem Durchgang in der Rührwerkskugelmühle
11 behandelte Mehl wird nach dem Schneckenaustrag
12 vom Unterlauf der Rührwerkskugelmühle
11 kommend der Siebmaschine
14 aufgegeben und in eine Feinfraktion und eine Grobfraktion getrennt. Die Feinfraktion
wird direkt am Durchlaufgut-Auslass
18 abgegriffen und stellt das Endprodukt dar. Die Grobfraktion besteht aus den Kugeln
und wird wieder dem Sammelbehälter
15 zugeführt. Die Kugeln aus dem Sammelbehälter
15 werden mit dem neu aufzugebenden Mahlgut aus dem Mahlgutvorrat 25 im Bereich des
Becherwerksfuß
23 zusammengeführt und über das Becherwerk
24 in die Rührwerkskugelmühle
11 gefördert.
[0039] Bei der Kreislaufmahlung von
Fig. 3, wird das Mahlgut zunächst aus einem Mahlgutvorrat
25 über eine Aufgabeschnecke
26 in den Zwischenbehälter
19 transportiert. Das neu hinzugeführte Mahlgut wird im Zwischenbehälter mit rückgeführtem
Grobgut vermischt und über eine Zuführschnecke
27 über den Becherwerksfuß
23 dem Becherwerk
24 zugeführt. Zusammen mit den Kugeln aus dem Sammelbehälter
15 gelangt das aufgegebene Mahlgutgemisch über das Becherwerk
24 an den Mühleneinlaß
3 der Rührwerkskugelmühle
11. Das in der Rührwerkskugelmühle
11 behandelte Mehl wird nach dem Schneckenaustrag
12 vom Unterlauf der Rührwerkskugelmühle
11 kommend der Siebmaschine
14 aufgegeben und in eine Mehlfraktion und eine Kugelfraktion getrennt. Die Kugelfraktion
wird wieder dem Sammelbehälter
15 zugeführt, von hier werden die Kugeln ebenso wie das mit dem zurückgeführten Grobgut
im Zwischenbehälter
19 vereinigte neue Mahlgut in den Becherwerksfuß
23 des Becherwerks
24 gefördert.
[0040] Die Mehlfraktion wird kommend von der Siebmaschine
14 mit Hilfe von Förderluft
17 einem Windsichter
16 zugeführt und dort in eine feine und eine grobe Mehlfraktion getrennt. Die grobe
Mehlfraktion wird über die Grobgutleitung
28 und die Rückführschnecke
29 dem Zwischenbehälter
19 zugeführt. Dadurch wird das noch nicht ausreichend gemahlene grobe Mahlgut dem Kreislaufprozess
wieder zugeführt. Die zur Windsichtung erforderliche Luft wird erzeugt vom Gebläse
22 und ist gleichzeitig Förderluft
17 für das an der Siebmaschine
14 abgesiebte Kreislaufgut. Die feine Mehlfraktion wird zusammen mit der Sichtluft in
das Filter
20 geführt, dort abgeschieden und wird über den Produktauslass
21 ausgetragen.
Bezugszeichenliste:
[0041]
- 1
- Mahlgefäß
- 2
- konischer Teil
- 3
- Mühleneinlass
- 4
- Mühlenauslass
- 5
- Rührwerkswelle
- 6
- Rührorgane
- 7
- Motor
- 8
- Kupplung
- 9
- Winkelgetriebe
- 10
- Konsole
- 11
- Rührwerkskugelmühle
- 12
- Austragsschnecke
- 13
- Schneckenantrieb
- 14
- Siebmaschine
- 15
- Sammelbehälter
- 16
- Windsichter
- 17
- Förderluft
- 18
- Durchlaufgut-Auslass
- 19
- Zwischenbehälter
- 20
- Filter
- 21
- Produktauslass
- 22
- Gebläse
- 23
- Becherwerksfuß
- 24
- Becherwerk
- 25
- Mahlgutvorrat
- 26
- Aufgabeschnecke
- 27
- Zuführschnecke
- 28
- Grobgutleitung
- 29
- Rückführschnecke
1. Verfahren zur Behandlung von Weizenmehlen durch trockene Zerkleinerung eines Ausgangsmehls
zur Erhöhung der Wasseraufnahmefähigkeit dadurch gekennzeichnet, dass die Zerkleinerung in einer trockenen Rührwerkskugelmühle unter Eintrag von 20 bis
300 kWh Mahlenergie pro Tonne Ausgangsmehl bei einer Temperatur des Mehles von weniger
als 60°C durchgeführt wird, wodurch eine Erhöhung der Wasseraufnahmefähigkeit von
mehr als 10 Prozentpunkten gegenüber dem Ausgangsmehl erreicht wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Erhöhung der Wasseraufnahmefähigkeit zwischen 10 und 40 Prozentpunkten gegenüber
dem Ausgangsmehl beträgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Weizenmehle in der Rührwerkskugelmühle im Durchlauf zerkleinert werden.
4. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Weizenmehle in der Rührwerkskugelmühle im Kreislauf zerkleinert werden.
5. Verfahren nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Zerkleinerung bei einer Temperatur zwischen 30°C und 50°C durchgeführt wird.
6. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Weizenmehle in der Rührwerkskugelmühle batchweise zerkleinert werden.
7. Verfahren nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass ein Kühlmittel direkt dem Rührwerkskugelmühleninhalt zugegeben wird.
8. Verfahren nach Anspruch 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Rührwerkskugelmühle mit im Kreislauf geführten Mahlkugeln betrieben wird, die
durch ein Kühlmittel gekühlt sind.
9. Verfahren nach Anspruch 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, dass das Kühlmittel Luft, flüssiger Stickstoff oder flüssiges/festes Kohlendioxid ist.
10. Rührwerkskugelmühle zur Durchführung der Verfahren nach Anspruch 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Rührwerkskugelmühle ein doppelwandiges wassergekühltes Gehäuse aufweist.
11. Rührwerkskugelmühle zur Durchführung der Verfahren nach Anspruch 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Rührwerkskugelmühle Mahlkugeln aus Aluminiumoxid oder Stahl beinhaltet.
12. Rührwerkskugelmühle nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass die Mahlkugeln einen Durchmesser kleiner als 7mm, vorzugsweise zwischen 1mm bis 5mm
aufweisen.
13. Weizenmehle hergestellt nach einem der Verfahren gemäß Anspruch 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass es sich um Mehle der Type 405 oder 550 handelt.
14. Weizenmehl der Type 405 oder 550 mit einer Wasseraufnahmefähigkeit von mehr als 70%
und einem Gehalt an beschädigter Stärke von mehr als 8%.
15. Weizenmehl der Type 405 oder 550 mit einer Wasseraufnahmefähigkeit von mehr als 70%
und einer Teigstabilität von mehr als 1,3 min.
16. Weizenmehl der Type 405 oder 550 mit einer Wasseraufnahmefähigkeit von mehr als 70%
und einer Teigerweichung von weniger als 130 Brabender-Farinogrammeinheiten.