(19)
(11) EP 1 291 099 A2

(12) EUROPEAN PATENT APPLICATION

(43) Date of publication:
12.03.2003 Bulletin 2003/11

(21) Application number: 02019561.6

(22) Date of filing: 02.09.2002
(51) International Patent Classification (IPC)7B22D 11/12
(84) Designated Contracting States:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR IE IT LI LU MC NL PT SE SK TR
Designated Extension States:
AL LT LV MK RO SI

(30) Priority: 08.09.2001 DE 10144234

(71) Applicant: SMS Demag AG
40237 Düsseldorf (DE)

(72) Inventors:
  • Streubel, Hans
    40699 Erkrath (DE)
  • Harste, Klaus, Dr.
    66763 Dillingen (DE)

(74) Representative: Valentin, Ekkehard, Dipl.-Ing. 
Patentanwälte Hemmerich-Müller-Grosse- Pollmeier-Valentin-Gihske Hammerstrasse 2
57072 Siegen
57072 Siegen (DE)

   


(54) Verfahren und Vorrichtung zur Optimierung der Qualität von Gussträngen mit runden oder annähernd runden Querschnitten


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Optimierung der Qualität, von in mindestens einer Gießmaschine mit Kokille (2) endlos gießbaren Gießsträngen (1) mit runden oder annähernd runden Querschnitten bzw. Querschnittsbereichen, im Bereich der Soft-Reduktion (Resterstarrung). Hierzu werden die Gießstränge (1) unterhalb der Kokille (2) im Bereich der Resterstarrung in wenigstens einer Reduzierebene durch anstellbare Rollen (4, 5) zur Verbesserung der Innenqualität reduzierend verformt. In einem weiteren Schritt kann der runde oder annähernd runde Gießquerschnitt durch beidseitig anstellbare und um 90° zur Reduzierebene versetzte Rollen (4, 5) um einen Betrag zwischen 5 und 60 % der Hauptreduzierung im Bereich der Resterstarrung (8) verformt werden, um die Innenqualität durch eine weitere Kernverdichtung zu erhöhen.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Optimierung der Qualität von in mindestens einer Gießmaschine mit Kokille endlos gießbaren Gußsträngen mit runden oder annähernd runden Querschnitten bzw. Querschnittsbereichen im Bereich der Soft-Reduktion (Resterstarrung). Die Erfindung betrifft auch eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.

[0002] Bekannt ist die als Soft-Reduktion bezeichnete Dickenreduzierung von Gießsträngen unterhalb der Gießkokille in Stranggießanlagen. Dabei wird der Strang üblicherweise mit einer oder mehreren Rollen oder Rollensegmenten in der Dicke reduziert, um eine Verbesserung der Innenqualität des Gießstranges zu erreichen, d.h. Kernseigerungen und Kernporosität im Inneren des Stranges zu reduzieren. Diese Verfahrensweise erfordert bei rechteckigen Stranggießquerschnitten infolge der Stranglängung eine vergleichsweise große Dickenabnahme, um die gewünschte Verbesserung der Innenqualität des Gießstranges zu erreichen. Hierzu ist jedoch ein hoher Kraftaufwand und ein entsprechend großer maschinentechnischer Aufwand erforderlich.

[0003] Eine deutliche Verbesserung wird durch eine Profilierung des Stranggießquerschnitts auf einer oder zwei Seiten erreicht. Durch eine solche Profilierung wird mit vergleichsweise geringerem Aufwand die angestrebte Reduzierung von Kernseigerung und Kernporosität ermöglicht.

[0004] Da aber die Märkte bzw. die verarbeitende Industrie zunehmend für die Herstellung von rotationssymetrischen Bauteilen runde Stranggießquerschnitte benötigt, gewinnt die Verbesserung der Qualität von Gießsträngen mit rundem oder ähnlichem Querschnitt zunehmend an Bedeutung.

[0005] Das Dokument WO 00/37 200 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung von stranggegossenen Knüppeln in einer Vertikal-Rundstranggießanlage mit horizontalem Auslauf, gefolgt von mindestens einer Entzunderungseinrichtung und mehreren Walzgerüsten. Die in der Vertikal-Rundstranggießanlage mit horizontalem Auslauf erzeugten Knüppel weisen im erstarrten Zustand Unterschiede in der Materialkonzentration über den Querschnitt auf. Es wird berichtet, dass bei fast allen Stählen poröse Stellen unterhalb der Oberfläche und im Kernbereich auftreten. Besonders betroffen sind Automatenstähle. Kohlenstoff-Mangan-Stähle zeigen Seigerungen im Kernbereich, welche die Herstellung von z.B. hochfesten Drähten erschweren. Bei hochgekohlten Chromstählen kommt es zur Bildung von Flusen im Kernbereich, welche beispielsweise die Qualität der Innenoberflächen von gebeizten Rohren hoher Präzision stark verschlechtern.

[0006] Chrom-Nickel-Stähle weisen je nach chemischer Zusammensetzung einen zum Teil hohen Anteil an Delta-Ferrit als zweite Faser auf, der bei Rundknüppeln ein ausgeprägtes Maximum im Abstand von 0,4 bis 0,7 x Radius vom Kern hat und das Umformvermögen dieser Stähle bei nachfolgenden Schrägwalzprozessen stark herabsetzt, da sich in diesem Querschittsbereich die Hauptumformzone befindet. Als Folge sind nur geringe Streckgrade realisierbar. Ab einem mittleren Delta-Ferritgehalt von etwa 4 % ergeben sich generelle Probleme der Umformbarkeit zum Beispiel in Form von Rissen.

[0007] Zur Verbesserung der Oberflächenqualität von in Stranggießanlagen gegossenen Metallsträngen ist es beispielsweise aus der DE 41 23 956 C2 bekannt, nach dem Gießen, und zwar möglichst nahe dem Kokillenaustritt und bevor der Strang mit Spritzwasser in Berührung kommt, von dessen Oberfläche Schlacke, Zunder und dergleichen Fremdstoffe abzutragen.

[0008] Es sind verschiedene Möglichkeiten zur Minderung von Materialinhomogenitäten bekannt. Eine Möglichkeit ist die Verringerung der Überhitzungstemperatur. Nachteilig ist hierbei die Gefahr des Einfrierens der Schmelze im Verteiler der Stranggießanlage.

[0009] Eine weitere Möglichkeit ergibt sich durch elektromagnetisches Rühren der erstarrenden Schmelze im Strang mit dem Vorteil des Abbrechens der Stengel-Kristalle, deren Durchmischung und der sich dabei ergebenden feinglobulistischen Erstarrungsstruktur in einem vergleichsweise großen inneren Bereich des Strangquerschnittes. Nachteilig ist die stationäre Anordnung von erforderlichen Elektromagneten. Dies führt aus Platzgründen zu erheblichen Schwierigkeiten. Weiterhin kann zu starkes Rühren auch zu unerwünschten weißen Bändern führen.

[0010] Der geschilderte Stand der Technik weist insgesamt den Nachteil auf, dass die Möglichkeiten zur Beeinflussung von unterschiedlichen Materialkonzentrationen über den Knüppelquerschnitt von im Vertikal-Rundstranggießanlagen gegossenen Knüppeln eingeschränkt sind.

[0011] Ausgehend vom vorgenannten Stand der Technik liegt der Erfindung die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung anzugeben, durch welche die Qualität von in Stranggießanlagen endlos gießbaren Gußsträngen mit rundem oder annähernd rundem Querschnitt bzw. Querschnittsbereichen mit technisch unkomplizierten und wirtschaftlich günstigen Mitteln zu optimieren ist.

[0012] Zur Lösung der Aufgabe wird bei einem Verfahren der im Oberbegriff von Anspruch 1 genannten Art mit der Erfindung vorgeschlagen, dass die Gußstränge unterhalb der Kokille im Resterstarrungsbereich in wenigstens einer Reduzierebene durch anstellbare Rollen zur Verbesserung der Innenqualität reduzierend verformt werden. Infolge der reduzierenden Verformung der Rundquerschnitte wird die Gefahr von Kernseigerungen herabgesetzt und die Kernporosität im gegossenen Strang wird vermindert. Es wird eine vorteilhafte Verdichtung des Material bis in die Kernzone des Gießstranges erreicht und damit die angestrebte Verbesserung der Innenqualität erzielt.

[0013] Eine Ausgestaltung des Verfahrens sieht vor, dass bei runden, insbesondere vergleichsweise großen Strangquerschnitten, bzw. Strangquerschnittsbereichen zur Vermeidung von Gefügerissen bzw. unkontrollierten Verformungen des Stranges dieser, durch beidseitig anstellbare, zur Reduzierebene um ca. 90° versetzte Rollen gestützt wird. Diese Stützrollen können auch gleichzeitig eine geringfügige Umformung übernehmen, ohne die Rißanfälligkeit zu erhöhen.

[0014] Eine weitere Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens sieht vor, dass der runde oder annähernd runde Gießquerschnitt durch beidseitig anstellbare, um 90° zur Reduzierebene versetzte Rollen im Bereich der Resterstarrung um einen Betrag zwischen 5 und 60 % der Hauptreduzierung verformt wird. Hierdurch wird in der Soft-Reduktionsstrecke eine weitere Kernverdichtung und damit eine erhebliche Qualitätsverbesserung des Innenquerschnitts des Gußstranges erreicht, bevor dieser in Walzgerüsten zum Endquerschnitt umgeformt wird.

[0015] Besonders Vorteilhaft ist nach einer weiteren Ausgestaltung des Verfahrens vorgesehen, dass die Lage der Sumpfspitze im Gußstrang nach Maßgabe der Stahlqualität, Schmelzentemperatur, Gießgeschwindigkeit, Gießpulver und Spritzwassermenge berechnet und die Anstellung der Rollen entsprechend angepaßt wird.

[0016] Zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens wird auch eine Vorrichtung vorgeschlagen, die zur Optimierung der Qualität von in mindestens einer Gießmaschine mit Kokille endlos gegossenen Gußsträngen mit rundem oder annähernd rundem Querschnitt oder Querschnittsbereichen im Bereich der Resterstarrung anstellbare Rollen vorsieht, die mit einer annähernd zylinderförmigen bzw. an die Rundungen der Gießformate angepaßte Profilierung ausgebildet sind, wobei der Profilradius mindestens 1,5 mal so groß ist wie der größte Gießformatradius. Mit dieser Vorrichtung wird auf unkomplizierte und wirtschaftlich günstige Weise die Verbesserung der Innenqualität der gegossenen Rundquerschnitte erzielt.

[0017] Eine Ausgestaltung der Vorrichtung ist weiterhin dadurch gekennzeichnet, dass bei runden oder annähernd runden, insbesondere vergleichsweise großen Strangquerschnitten bzw. -querschnittsbereichen, zur Vermeidung von Gefügerissen bzw. unkontrollierten Verformungen des Gießstranges, diesem, im Bereich der Resterstarrung beidseitig anstellbare und zur Reduzierebene um ca. 90° versetzte Rollen, zugeordnet sind. Mit dieser Vorrichtung können erstmalig gegossene Rundquerschnitte oder ähnliche Querschnitte, frei von Kernseigerungen und Kernporositäten erzeugt werden, wodurch die Innenqualität der gegossenen Stränge optimiert wird.

[0018] Weitere Einzelheiten, Merkmale und Vorteile der Erfindung ergeben sich aus der nachstehenden Erläuterung eines in der Zeichnung schematisch dargestellten Ausführungsbeispiels.

[0019] Figur 1 zeigt in Seitenansicht eine Bogen-Rundstranggießanlage mit horizontalem Auslauf für einen endlos gegossenen Stahlgußstrang 1 mit rundem oder annähernd rundem Querschnitt oder Querschnittsbereichen. Die Stranggußanlage umfaßt die Kokille 2 mit unterhalb von ihrem Auslaß angeordneten Führungsrollen 3, 3' vergleichsweise kleinen Durchmessers.

[0020] Zunächst bildet sich der Gußstrang 1 bereits in der Kokille 2 aus am Rand erstarrender Schmelze. Der aus der Kokille austretende Strang mit flüssigem Kern wird in der Sekundärkühlstrecke gezielt gekühlt, wodurch die Strangschale fortlaufend wächst und in einen festen Kern übergeht. Der Strang wird im Bereich der Resterstarrung mit Hilfe von anstellbaren Rollen 4, 5 in mindestens einer Reduzierebene reduziert und dabei im Querschnitt verformt. Durch die Verformung des Stranges im Bereich der Resterstarrung werden Kernseigerungen und Kernporositäten vermindert.

[0021] Um beim Gußstrang mit runden bzw. annähernd runden, insbesondere vergleichsweise großen Strangquerschnitten, bzw. Strangquerschnittsbereichen Gefügerisse bzw. unkontrollierte Verformungen des Stranges 1 zu vermeiden, wird der Gießstrang 1 durch zur Reduzierebene um ca. 90° versetzte, beidseitig anstellbare Rollen 4, 5 gestützt und geführt und ggf. leicht verformt.

[0022] Im Bereich der Resterstarrung 8 wird der runde oder annähernd runde Gießquerschnitt durch um 90° zur Reduzierebene versetzte beidseitig anstellbare Rollen um einen Betrag zwischen 5 und 60% der Hauptreduzierung verformt, was der weiteren Kernverdichtung und damit Erhöhung der Innenqualität des Gußstranges dient.

[0023] In Figur 1 ist die Lage der Sumpfspitze 5 im Bereich der Resterstarrung 8 zu erkennen, welche nach Maßgabe der Stahlqualität, der Schmelztemperatur, der Gießgeschwindigkeit, des Schmiermediums und/oder der Spritzwassermenge berechenbar und einstellbar ist, wobei die Anstellung der Rollen 4, 5 entsprechend angepaßt wird.

[0024] In der Fig. 2 ist ein Strangquerschnitt in einer Reduzierebene dargestellt. In vertikaler Richtung wird der Strang durch die Rollen 4 und in horizontaler Ebene durch die Rollen 5 verformt. Die Rollen können zylindrisch und/oder profiliert ausgeführt werden.


Ansprüche

1. Verfahren zur Optimierung der Qualität von in mindestens einer Gießmaschine mit Kokille (2) und endlos gießbaren Gußsträngen (1) mit runden oder annähernd runden Querschnitten bzw. Querschnittsbereichen im Bereich der Soft-Reduktion (Resterstarrung)
dadurch gekennzeichnet,
dass die Gießstränge (1) unterhalb der Kokille (2) im Resterstarrungsbereich in wenigstens einer Reduzierebene durch anstellbare Rollen (4, 5) zur Verbesserung der Innenqualität reduzierend verformt werden.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass bei runden bzw. annähernd runden, insbesondere vergleichsweise großen Strangquerschnitten, bzw. Strangquerschnittsbereichen, zur Vermeidung von Gefügerissen bzw. unkontrollierten Verformungen des Stranges (1) dieser, durch beidseitig anstellbare, zur Reduzierebene um ca. 90° versetzte Rollen (4, 5), gestützt wird.
 
3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass der runde oder annähernd runde Gießquerschnitt durch beidseitig anstellbare, um 90° zur Reduzierebene versetzte Rollen (4, 5), um einen Betrag zwischen 5 und 60% der Hauptreduzierung im Bereich der Resterstarrung (8) verformt wird.
 
4. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Lage der Sumpfspitze (6) im Gießstrang nach Maßgabe der Stahlqualität, Schmelzentemperatur, Gießgeschwindigkeit, Gießpulver und/oder Spritzwassermenge berechnet und die Anstellung der Rollen (4, 5) entsprechend angepaßt wird.
 
5. Vorrichtung zur Optimierung der Qualität von in mindestens einer Gießmaschine mit Kokille (2) endlos gegossenen Gießsträngen (1) mit runden oder annähernd runden Querschnitten oder Querschnittsbereichen im Bereich der Soft-Reduktions (Resterstarrung), insbesondere zur Durchführung des Verfahrens nach der Erfindung,
dadurch gekennzeichnet,
dass anstellbare Rollen (4,5,) mit einer annähernd zylinderförmigen, bzw. an die Rundungen der Gießformate angepaßten Profilierungen ausgebildet sind, wobei der Profilradius mindestens 1,5 mal so groß ist wie der größte Gießformatradius.
 
6. Vorrichtung nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet,
dass bei runden oder annähernd runden, insbesondere vergleichsweise großen Strangquerschnitten bzw. Strangquerschnittsbereichen, zur Vermeidung von Gefügerissen bzw. unkontrollierten Verformungen des Gießstranges (1) diesem im Bereich der Resterstarrung (8) beidseitig anstellbare und zur Reduzierebene um 90° versetzte Rollen (4, 5) zugeordnet sind.
 




Drawing