(19)
(11) EP 1 359 231 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
05.11.2003  Patentblatt  2003/45

(21) Anmeldenummer: 03100776.8

(22) Anmeldetag:  26.03.2003
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7C22C 19/05, C30B 29/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IT LI LU MC NL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK RO

(30) Priorität: 30.04.2002 CH 7452002

(71) Anmelder: ALSTOM (Switzerland) Ltd
5401 Baden (CH)

(72) Erfinder:
  • Arrell, Douglas
    61246, Finspong (SE)
  • Nazmy, Mohamed
    5442, Fislisbach (CH)

   


(54) Nickel-Basis-Superlegierung


(57) Die Erfindung betrifft eine Nickel-Basis-Superlegierung. Die erfindungsgemässe Legierung ist gekennzeichnet durch folgende chemische Zusammensetzung (Angaben in Gew.- %): 7.7-8.3 Cr, 5.0-5.25 Co, 2.0-2.1 Mo, 7.8-8.3 W, 5.8-6.1 Ta, 4.9-5.1 Al, 1.3-1.4 Ti, 0.11-0.15 Si, 0.11-0.15 Hf, 200-750, vorzugsweise 200-300 ppm C, 50-400, vorzugsweise 50-100 ppm B, Rest Ni und herstellungsbedingte Verunreinigungen. Sie zeichnet sich durch eine sehr gute Giessbarkeit und hohe Oxidationsbeständigkeit aus.




Beschreibung

Technisches Gebiet



[0001] Die Erfindung bezieht sich auf das Gebiet der Werkstofftechnik. Sie betrifft eine Nickel-Basis-Superlegierung, insbesondere zur Herstellung von Einkristall-Komponenten (SX-Legierung) oder Komponenten mit gerichtet erstarrtem Gefüge (DS-Legierung), wie beispielsweise Schaufeln für Gasturbinen. Die erfindungsgemässe Legierung ist aber auch für konventionell gegossene Komponenten einsetzbar.

Stand der Technik



[0002] Derartige Nickel-Basis-Superlegierungen sind bekannt. Einkristall-Komponenten aus diesen Legierungen weisen bei hohen Temperaturen eine sehr gute Materialfestigkeit auf. Dadurch kann z. B. die Einlasstemperatur von Gasturbinen erhöht werden, wodurch die Effizienz der Gasturbine steigt.

[0003] Nickel-Basis-Superlegierungen für Einkristall-Komponenten, wie sie aus US 4,643,782, EP 0 208 645 und US 5,270,123 bekannt sind, enthalten dazu mischkristallverfestigende Legierungselemente, beispielsweise Re, W, Mo, Co, Cr, sowie γ'-Phasen bildende Elemente, beispielsweise Al, Ta, und Ti. Der Gehalt an hochschmelzenden Legierungselementen (W, Mo, Re) in der Grundmatrix (austenitische γ-Phase) nimmt kontinuierlich zu mit der Zunahme der Beanspruchungstemperatur der Legierung. So enthalten z. B. übliche Nickel-Basis-Superlegierungen für Einkristalle 6-8 % W, bis zu 6 % Re und bis zu 2 % Mo (Angaben in Gew.- %). Die in den oben genannten Druckschriften offenbarten Legierungen weisen eine hohe Kriechfestigkeit, gute LCF (Ermüdung bei niedriger Lastspielzahl)- und HCF(Ermüdung bei hoher Lastspielzahl)-Eigenschaften sowie einen hohen Oxidationswiderstand auf.

[0004] Diese bekannten Legierungen wurden für Flugzeugturbinen entwickelt und deshalb optimiert auf den Kurz- und Mittelzeiteinsatz, d.h. die Beanspruchungsdauer wird auf bis zu 20 000 Stunden ausgelegt. Im Gegensatz dazu müssen industrielle Gasturbinen-Komponenten auf eine Beanspruchungsdauer von bis zu 75 000 Stunden ausgelegt werden.

[0005] Nach einer Beanspruchungsdauer von 300 Stunden zeigt z. B. die Legierung CMSX-4 aus US 4,643,782 beim versuchsweisen Einsatz in einer Gasturbine bei einer Temperatur oberhalb von 1000 °C eine starke Vergröberung der γ'-Phase, die nachteilig mit einer Erhöhung der Kriechgeschwindigkeit der Legierung einhergeht.

[0006] Es ist somit erforderlich, die Oxidationsbeständigkeit der bekannten Legierungen bei sehr hohen Temperaturen zu verbessern.

[0007] Ein weiteres Problem der bekannten Nickel-Basis-Superlegierungen, beispielsweise der aus US 5,435,861 bekannten Legierungen, besteht darin, dass die Giessbarkeit bei grossen Komponenten, z. B. bei Gasturbinenschaufeln mit einer Länge von mehr als 80 mm, zu wünschen übrig lässt. Das Giessen einer perfekten, relativ grossen gerichtet erstarrten Einkristall-Komponente aus einer Nickel-Basis-Superlegierung ist extrem schwierig, weil die meisten dieser Komponenten Fehler aufweisen, z. B. Kleinwinkelkorngrenzen, "Frecklen" (das sind Fehlstellen bedingt durch eine Kette von gleichgerichteten Körnern mit einem hohem Gehalt an Eutektikum), äquiaxiale Streugrenzen, Mikroporositäten u. a. Diese Fehler schwächen die Komponenten bei hohen Temperaturen, so dass die gewünschte Lebensdauer bzw. die Betriebstemperatur der Turbine nicht erreicht werden. Da aber eine perfekt gegossene Einkristall-Komponente extrem teuer ist, tendiert die Industrie dazu, so viele Defekte wie möglich zuzulassen ohne dass die Lebensdauer oder die Betriebstemperatur beeinträchtigt werden.

[0008] Einer der häufigsten Fehler sind Korngrenzen, welche besonders schädlich für die Hochtemperatureigenschaften der Einkristall-Artikel sind. Während Kleinwinkelkorngrenzen bei kleinen Bauteilen vergleichsweise nur einen geringen Einfluss auf die Eigenschaften haben, sind sie in Bezug auf die Giessbarkeit und das Oxidationsverhalten bei hohen Temperaturen bei grossen SX- oder DS-Bauteilen von hoher Relevanz.

[0009] Korngrenzen sind Gebiete hoher örtlicher Fehlordnung des Kristallgitters, da in diesen Gebieten die Nachbarkörner zusammenstossen und somit eine bestimmte Desorientierung zwischen den Kristallgittern vorhanden ist. Je grösser die Desorientierung ist, desto grösser ist die Fehlordnung, d. h. desto grösser ist die Anzahl der Versetzungen in den Korngrenzen, die notwendig sind, damit die beiden Körner zusammenpassen. Diese Fehlordnung steht in direktem Zusammenhang zum Verhalten des Materials bei hohen Temperaturen. Sie schwächt das Material, wenn sich die Temperatur über die äquikohäsive Temperatur (= 0,5 x Schmelzpunkt in K) erhöht.

[0010] Aus GB 2 234 521 A ist dieser Effekt bekannt. So sinkt bei einer konventionellen Nickel-Basis-Einkristall-Legierung beispielsweise bei einer Prüftemperatur von 871 °C die Bruchfestigkeit extrem ab, wenn die Desorientierung der Körner grösser als 6° ist. Dies wurde auch bei Einkristall-Komponenten mit gerichtet erstarrtem Gefüge festgestellt, so dass allgemein die Ansicht vertreten wurde, Desorientierungen grösser als 6° nicht zuzulassen.

[0011] Aus der genannten GB 2 234 521 A ist auch bekannt, dass durch die Anreicherung von Nickel-Basis-Superlegierungen mit Bor oder Kohlenstoff bei einer gerichteten Erstarrung Gefüge erzeugt werden, welche eine äquiaxiale oder prismatische Kornstruktur aufweisen. Kohlenstoff und Bor festigen die Korngrenzen, da C und B die Ausscheidung von Karbiden und Boriden an den Korngrenzen verursachen, welche bei hohen Temperaturen stabil sind. Ausserdem verringert die Anwesenheit dieser Elemente in den und entlang der Korngrenzen den Diffusionsprozess, der eine Hauptursache der Korngrenzenschwäche ist. Es ist daher möglich, die Desorientierungen auf 10° bis 12° zu erhöhen und trotzdem gute Eigenschaften des Materials bei hohen Temperaturen zu erzielen. Insbesondere bei grossen Einkristallkomponenten aus Nickel-Basis-Superlegierungen beeinflussen diese Kleinwinkelkorngrenzen aber negativ die Eigenschaften.

Darstellung der Erfindung



[0012] Ziel der Erfindung ist es, die genannten Nachteile zu vermeiden. Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, eine Nickel-Basis-Superlegierung zu entwickeln, welche eine verbesserte Giessbarkeit und einen höheren Oxidationswiderstand im Vergleich zu bekannten Nickel-Basis-Superlegierungen aufweist. Ausserdem soll diese Legierung z. B. besonders für grosse Gasturbinen-Einkristallkomponenten mit einer Länge von > 80 mm geeignet sein.

[0013] Erfindungsgemäss wird diese Aufgabe dadurch gelöst, dass die erfindungsgemässe Nickel-Basis-Superlegierung durch folgende chemische Zusammensetzung (Angaben in Gew.- %) gekennzeichnet ist:
   7.7-8.3 Cr
   5.0-5.25 Co
   2.0-2.1 Mo
   7.8-8.3 W
   5.8-6.1 Ta
   4.9-5.1 Al
   1.3-1.4 Ti
   0.11-0.15 Si
   0.11-0.15 Hf
   200-750 ppm C
   50-400 ppm B

[0014] Rest Nickel und herstellungsbedingte Verunreinigungen.

[0015] Die Vorteile der Erfindung bestehen darin, dass die Legierung sehr gut giessbar ist und gegenüber dem bisher bekannten Stand der Technik einen verbesserten Oxidationswiderstand bei hohen Temperaturen aufweist.

[0016] Von besonderem Vorteil ist, wenn die Legierung folgende Zusammensetzung aufweist:
   7.7-8.3 Cr
   5.0-5.25 Co
   2.0-2.1 Mo
   7.8-8.3 W
   5.8-6.1 Ta
   4.9-5.1 Al
   1.3-1.4 Ti
   0.11-0.15 Si
   0.11-0.15 Hf
   200-300 ppm C
   50-100 ppm B

[0017] Rest Nickel und herstellungsbedingte Verunreinigungen. Diese Legierung ist hervorragend geeignet zur Herstellung von grossen Einkristall-Komponenten, beispielsweise Schaufeln für Gasturbinen.

Kurze Beschreibung der Zeichnungen



[0018] In den Zeichnungen ist ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand von quasi-isothermischen Oxidationsdiagrammen dargestellt. Es zeigen:
Fig. 1
die Abhängigkeit der spezifischen Massenänderung von der Temperatur und Zeit für die Vergleichslegierung VL1;
Fig. 2
die Abhängigkeit der spezifischen Massenänderung von der Temperatur und Zeit für die Vergleichslegierung VL2;
Fig. 3
die Abhängigkeit der spezifischen Massenänderung von der Temperatur und Zeit für die Vergleichslegierung VL3;
Fig. 4
die Abhängigkeit der spezifischen Massenänderung von der Temperatur und Zeit für die Vergleichslegierung VL4 und
Fig. 5
die Abhängigkeit der spezifischen Massenänderung von der Temperatur und Zeit für die erfindungsgemässe Legierung L1.

Wege zur Ausführung der Erfindung



[0019] Nachfolgend wird die Erfindung anhand eines Ausführungsbeispieles und der Fig. 1 bis 5 näher erläutert.

[0020] Es wurden Nickel-Basis-Superlegierungen mit der in Tabelle 1 angegebenen chemischen Zusammensetzung untersucht (Angaben in Gew.- %):
Tabelle 1:
Chemische Zusammensetzung der untersuchten Legierungen
  VL1 (CMSX-11B) VL2 (CMSX-6) VL3 (CMSX-2) VL4 (René N5) L1
Ni Rest Rest Rest Rest Rest
Cr 12.4 9.7 7.9 7.12 7.7
Co 5.7 5.0 4.6 7.4 5.1
Mo 0.5 3.0 0.6 1.4 2.0
W 5.1 - 8.0 4.9 7.8
Ta 5.18 2.0 6.0 6.5 5.84
Al 3.59 4.81 5.58 6.07 5.0
Ti 4.18 4.71 0.99 0.03 1.4
Hf 0.04 0.05 - 0.17 0.12
C - - - - 0.02
B - - - - 0.005
Si - - - - 0.12
Nb 0.1 - - - -
Re - - - 2.84 -


[0021] Die Legierung L1 ist eine Nickel-Basis-Superlegierung für Einkristall-Komponenten, deren Zusammensetzung unter den Patentanspruch der vorliegenden Erfindung fällt. Im Gegensatz dazu sind die Legierungen VL1, VL2, VL3 und VL4 Vergleichslegierungen, die unter den Bezeichnungen CMSX-11B, CMSX-6, CMSX-2 und René N5 bekannter Stand der Technik sind. Sie unterscheiden sich u.a. von der erfindungsgemässen Legierung vor allem darin, dass sie nicht mit C, B und Si legiert sind.

[0022] Kohlenstoff und Bor festigen die Korngrenzen, insbesondere auch die in <001>-Richtung bei SX- bzw. DS-Gasturbinenschaufeln aus Nickel-Basis-Superlegierungen auftretenden Kleinwinkelkorngrenzen, da diese Elemente die Ausscheidung von Karbiden und Boriden an den Korngrenzen verursachen, welche bei hohen Temperaturen stabil sind. Ausserdem verringert die Anwesenheit dieser Elemente in den und entlang der Korngrenzen den Diffusionsprozess, der eine Hauptursache der Korngrenzenschwäche ist. Dadurch wird die Giessbarkeit langer Einkristall-Komponenten, beispielsweise Gasturbinenschaufeln mit einer Länge von ca. 200 bis 230 mm, erheblich verbessert.

[0023] Durch die Zugabe von 0.11 bis 0.15 Gew.-% Si, vor allem in Kombination mit Hf in etwa gleicher Grössenordnung, wird eine wesentliche Verbesserung des Oxidationswiderstandes bei hohen Temperaturen gegenüber bisher bekannten Nickel-Basis-Superlegierungen erzielt. Dies wird in den Fig. 1 bis 5 verdeutlicht, in welchen jeweils für die Vergleichslegierungen VL1 bis VL4 (Fig. 1 bis 4) und die erfindungsgemässe Legierung L1 (Fig. 5) ein quasiisothermisches Oxidationsdiagramm abgebildet ist. Für die genannten Legierungen ist jeweils die spezifische Masseveränderung Δm/A (Angaben in mg/cm2) bei Temperaturen von 800 °C, 950 °C, 1050 °C und 1100 °C im Bereich von 0 bis 1000 h dargestellt. Vergleicht man die Kurvenverläufe, so zeigt sich insbesondere bei den hohen Temperaturen (1000 °C) und den langen Auslagerungszeiten die Überlegenheit der erfindungsgemässen Legierung.

[0024] Werden Nickel-Basis-Superlegierungen mit höheren C- und B-Gehalten (max. 750 ppm C und max. 400 ppm B) gemäss Anspruch 1 der Erfindung gewählt, so lassen sich die daraus hergestellten Komponenten auch konventionell giessen.


Ansprüche

1. Nickel-Basis-Superlegierung gekennzeichnet durch folgende chemische Zusammensetzung (Angaben in Gew.- %):
   7.7-8.3 Cr
   5.0-5.25 Co
   2.0-2.1 Mo
   7.8-8.3 W
   5.8-6.1 Ta
   4.9-5.1 Al
   1.3-1.4 Ti
   0.11-0.15 Si
   0.11-0.15 Hf
   200-750 ppm C
   50-400 ppm B
Rest Nickel und herstellungsbedingte Verunreinigungen.
 
2. Nickel-Basis-Superlegierung nach Anspruch 1, insbesondere zur Herstellung von Einkristall-Komponenten, gekennzeichnet durch folgende chemische Zusammensetzung (Angaben in Gew.- %):
   7.7-8.3 Cr
   5.0-5.25 Co
   2.0-2.1 Mo
   7.8-8.3 W
   5.8-6.1 Ta
   4.9-5.1 Al
   1.3-1.4 Ti
   0.11-0.15 Si
   0.11-0.15 Hf
   200-300 ppm C
   50-100 ppm B
Rest Nickel und herstellungsbedingte Verunreinigungen.
 
3. Nickel-Basis-Superlegierung nach Anspruch 2 gekennzeichnet durch folgende chemische Zusammensetzung (Angaben in Gew.- %):
   7.7 Cr
   5.1 Co
   2.0 Mo
   7.8 W
   5.8 Ta
   5.0 Al
   1.4 Ti
   0.12 Si
   0.12 Hf
   200 ppm C
   50 ppm B
Rest Nickel und herstellungsbedingte Verunreinigungen.
 




Zeichnung



















Recherchenbericht