(19)
(11) EP 1 432 282 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
23.06.2004  Patentblatt  2004/26

(21) Anmeldenummer: 03026365.1

(22) Anmeldetag:  18.11.2003
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7H04R 25/00
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IT LI LU MC NL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK

(30) Priorität: 27.03.2003 EP 03007004

(71) Anmelder: PHONAK AG
8712 Stäfa (CH)

(72) Erfinder:
  • Meier, Hilmar
    8008 Zürich (CH)
  • Boretzki, Michael
    8630 Rüti (CH)
  • Bächler, Herbert
    8706 Meilen (CH)
  • Launer, Stefan
    8053 Zürich (CH)

(74) Vertreter: Troesch Scheidegger Werner AG 
Schwäntenmos 14
8126 Zumikon
8126 Zumikon (CH)

   


(54) Verfahren zum Anpassen eines Hörgerätes an eine momentane akustische Umgebungssituation und Hörgerätesystem


(57) In einem eine Signalanalyseeinheit (9) und eine Signalidentifikationseinheit (10) aufweisenden Signalverarbeitungsteil (8) eines Hörgerätes (1) wird die momentane akustische Umgebungssituation identifiziert. Aufgrund dieser identifizierten Umgebungssituation wird in einer Übertragungseinheit (5), in der eine Anzahl von Parametersätzen, die verschiedenen akustischen Umgebungssituationen zugeordnet sind, abgespeichert sind, der zur identifizierten Umgebungssituation gehörende Parametersatz automatisch eingestellt. Vorgeschlagen wird in einer vereinfachten Ausführungsform der Erfindung auch ein manuelles Auswählen des gewünschten Hörprogramms. Der Hörgeräteträger kann für jede akustische Umgebungssituation seinem individuellen Hörwunsch entsprechend den automatisch oder manuell eingestellten Parametersatz mittels eines Eingabeteils (11) verstellen. Dabei werden die Parameter dieses Parametersatz gleichzeitig und gemeinsam in einer von zwei entgegengesetzten Richtungen verstellt, z.B. im Sinne von "besseres Verstehen" oder im Sinn von "angenehmeres Hören".




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Anpassen eines Hörgerätes an eine momentane akustische Umgebungssituation gemäss Oberbegriff des Anspruches 1 sowie ein Hörgerätesystem gemäss Oberbegriff des Anspruches 10.

[0002] Ein Verfahren und ein Hörgerätesystem dieser Art sind aus der WO-A-01/20965 bzw. der entsprechenden US-A-2002/0037087 bekannt. Bei dieser bekannten Lösung wird im Hörgerät des Hörgerätesystems die momentane akustische Umgebungssituation identifiziert und aufgrund dieser identifizierten Umgebungssituation das entsprechende Hörprogramm, d.h. der entsprechende, im Hörgerät gespeicherte Parametersatz, automatisch eingestellt. Um dem Hörgerätebenutzer die Möglichkeit zu geben, auf Wunsch die automatische Erkennung der Umgebungssituation und die damit verbundene automatische Wahl des Hörprogrammes auszuschalten, ist eine Eingabeeinheit, z.B. ein Schalter am Hörgerät oder eine Fernbedienung, vorhanden, die vom Hörgeräteträger betätigt werden kann.

[0003] Daneben sind auch Hörgeräte bekannt, bei denen der Hörgeräteträger die Auswahl des geeigneten Hörprogrammes aus einer Anzahl von im Hörgerät gespeicherten Hörprogrammen manuell vorzunehmen hat, und zwar über eine Fernbedienung oder über einen Schalter am Hörgerät. Für viele Benutzer ist das Umschalten zwischen verschiedenen Hörprogrammen jedoch lästig oder schwierig, vor allem dann, wenn viele Hörprogramme zur Auswahl stehen.

[0004] Der vorliegenden Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren bzw. ein Hörgerätesystem der eingangs genannten Art zu schaffen, bei dem das zur jeweiligen akustischen Umgebungssituation gehörende Hörprogramm manuell oder automatisch eingestellt wird, wobei der Hörgeräteträger seinen persönlichen Hörwunsch optimal einbringen kann.

[0005] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäss mit einem Verfahren mit den Merkmalen des Anspruches 1 und mit einem Hörgerätesystem mit den Merkmalen des Anspruches 10 gelöst.

[0006] Der Hörgeräteträger kann Einfluss nehmen auf das jeweils im Hörgerät des Hörgerätesystems manuell oder automatisch eingestellte Hörprogramm, d.h. auf den zu letzterem gehörenden Parametersatz, indem er mittels eines einfach zu bedienenden Eingabeteils die Parameter dieses Parametersatzes nach vorbestimmten, im Hörgerät abgespeicherten Regeln verstellt. Damit wird der Hörgeräteträger in die Lage versetzt, in jeder Umgebungssituation auf unkomplizierte Weise das Hörprogramm, das auf diese bestimmte Umgebungssituation eingestellt worden ist, seinem Hörwunsch entsprechend anzupassen, z.B. im Sinne von "besseres Verstehen" oder "angenehmeres Hören".

[0007] Vorzugsweise werden die Parameter des eingestellten Parametersatzes ausgehend vom einem eingestellten Nennwert innerhalb eines vorgegebenen Regelbereichs nach vorgegebenen Regeln jeweils in einer von zwei entgegengesetzten Richtungen verstellt.

[0008] Bevorzugte Weiterausgestaltungen des erfindungsgemässen Verfahrens und des erfindungsgemässen Hörgerätesystems bilden Gegenstand der abhängigen Ansprüche.

[0009] Im Folgenden wird die Erfindung anhand Zeichnungen näher erläutert. Es zeigen rein schematisch:
Fig. 1
ein Blockschaltbild eines erfindungsgemässen Hörgerätesystems,
Fig. 2
eine Ausführungsform eines zum Hörgerätesystem gemäss Fig. 1 gehörenden Eingabeteils, und
Fig. 3
eine Darstellung eines Parametersatzes.


[0010] Zum in der Fig. 1 als Blockschaltbild dargestellten Hörgerätesystem gehört ein Hörgerät 1, das elektroakustische Wandler, nämlich mindestens ein Mikrofon, vorzugsweise aber wie gezeigt zwei Mikrofone 2a, 2b, sowie einen Hörer 3 (Lautsprecher), aufweist. Die Mikrofone 2a, 2b sind über einen Analog/Digital-Wandler 4 an den Eingang einer in ihren Übertragungseigenschaften einstellbaren Übertragungseinheit 5 angeschlossen, die ausgangsseitig über einen Digital/Analog-Wandler 6 mit dem Hörer 3 verbunden ist. In der Übertragungseinheit 5 ist eine Anzahl von unterschiedlichen Parametersätzen gespeichert, von denen jeder einer bestimmten akustischen Umgebungssituation zugeordnet ist und eine Übertragungscharakteristik der Übertragungseinheit 5 bestimmt. Ein solcher Parametersatz 7 ist in der Fig. 3 schematisch dargestellt. Im Weiteren gehört zum Hörgerät 1 ein Signalverarbeitungsteil 8, der durch eine Signalanalyseeinheit 9 und eine mit dieser verbundene Signalidentifikationseinheit 10 gebildet wird. Die Signalanalyseeinheit 9 ist mit dem Ausgang des Analog/Digital-Wandlers 4 verbunden und wird eingangsseitig mit dem Eingangssignal der Übertragungseinheit 5 beaufschlagt. Der Ausgang der Signalidentifikationseinheit 10 ist an die Übertragungseinheit 5 angeschlossen, mit der weiter ein Eingabeteil 11 wirkverbunden ist. Dieser Eingabeteil 11 ist beim gezeigten Ausführungsbeispiel als eine vom Hörgerät getrennte Fernbedienungseinheit 12 ausgebildet, die drahtlos mit dem Hörgerät 1 in Verbindung steht. Diese in Fig. 2 rein schematisch dargestellte Fernbedienungseinheit 12 besitzt ein Gehäuse 13, in dem die erforderlichen elektronischen, nicht näher dargestellten Bauteile untergebracht sind, sowie zwei Tasten 14 und 15, die für den Hörgeräteträger leicht identifizierbar bezeichnet sind, bei der gezeigten Ausführungsform mit "+" (bedeutet z.B. "besseres Verstehen") und "-" (bedeutet z.B. "angenehmeres Hören").

[0011] Es ist aber auch möglich, den Eingabeteil 11 - statt als Fernbedienungseinheit 12 auszugestalten - in das Hörgerät 1 zu integrieren und an diesem zwei Wahltasten vorzusehen.

[0012] Der Eingabeteil 11 kann auch so ausgebildet sein, dass die Eingabe durch den Hörgeräteträger sprachgesteuert erfolgen kann.

[0013] Die Identifizierung der momentanen akustischen Umgebungssituation und das automatische Einstellen des zur identifizierten Umgebungssituation gehörenden Hörprogrammes bzw. Parametersatzes erfolgt grundsätzlich auf die in der bereits erwähnten WO-A-01/20965 und US-A-2002/0037087 erläuterte Art und Weise. Daher wird für eine ausführliche Beschreibung der automatischen Einstellung des passenden Hörprogrammes auf diese Druckschriften, deren Inhalt hiermit in diese Beschreibung aufgenommen wird, verwiesen. Zusammengefasst läuft die automatische Hörprogrammeinstellung wie folgt ab:

[0014] In der Signalanalyseeinheit 9 werden aus den Ausgangssignalen des Analog/Digital-Wandlers 4 charakteristische, auditorisch-basierte Merkmale und allenfalls zusätzlich noch technisch-basierte Merkmale extrahiert. Aufgrund der in der Signalanalyseeinheit 9 extrahierten Merkmale wird in der Signalidentifikationseinheit 10 über ein Wiedererkennen desselben oder ähnlichen Musters der extrahierten Merkmale die momentane akustische Umgebungssituation bestimmt und ein entsprechendes Ausgangssignal erzeugt. Dieses Ausgangssignal, das Informationen über die akustische Umgebungssituation enthält, wird der Übertragungseinheit 5 zugeführt, in der derjenige, die momentane Übertragungscharakteristik der Übertragungseinheit 5 bestimmende Parametersatz eingestellt wird, der der identifizierten akustischen Umgebungssituation zugeordnet ist.

[0015] Eine vereinfachte Ausführungsform gegenüber derjenigen gemäss Fig. 1 besteht darin, dass nicht zwingend ein Signalverarbeitungsteil 8 vorhanden ist oder zumindest darin, dass die oben beschriebene Funktion des Signalverarbeitungsteils 8 ausser Funktion gesetzt werden kann. Bei einer derartig vereinfachten Ausführungsform der Erfindung kann ein Hörprogramm vom Hörgerätträger manuell am Hörgerät selbst oder über die Fernbedienungseinheit 12 gewählt werden. Dessen ungeachtet wird erfindungsgemäss der zum gewählten Hörprogramm gehörende Parametersatz über das Eingabeteil nach vorbestimmten, im Hörgerät abgespeicherten Regeln verstellt.

[0016] Der Hörgeräteträger hat also die Möglichkeit, auf den wie beschrieben automatisch oder manuell ausgewählten Parametersatz, d.h. auf das eingestellte Hörprogramm, Einfluss zu nehmen. Hiezu dient der Eingabeteil 11, der wie bereits erwähnt mit der Übertragungseinheit 5 wirkverbunden ist. Wie diese Einflussnahme erfolgt wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die Fig. 3 näher erläutert.

[0017] Es wird angenommen, in der Fig. 3 sei der im Hörgerät eingestellte Parametersatz 7 gezeigt und dieser Parametersatz 7 bestehe aus den Parametern P1-Pn. Der für jeden Parameter eingestellte, in der Übertragungseinheit 5 abgespeicherte Nennwert ist mit einem eng-schraffierten Balken dargestellt und mit N bezeichnet. Durch Betätigen der Tasten 14, 15 können die Parameter P1-Pn ausgehend von diesem Nennwert N in zwei entgegengesetzten Richtungen C, D zwischen zwei Endwerten, die in der Fig. 3 mit A und B bezeichnet sind und einen Regelbereich festlegen, verändert werden. Dabei kann jedoch nicht jeder Parameter P1-Pn einzeln verstellt werden, was für den Hörgeräteträger sehr unübersichtlich und auch nicht handhabbar wäre. Vielmehr erfolgt bei einem Betätigen der Tasten 14, 15 der Fernbedienungseinheit 12 das Verändern der Parameter P1-Pn für alle Parameter gleichzeitig und gemeinsam nach vorgegebenen, im Hörgerät 1 abgespeicherten Regeln, bzw. Regelsätzen. Für unterschiedliche akustische Umgebungssituationen können dabei unterschiedliche Regeln bzw. Regelsätze zur Anwendung kommen. Dabei können die einzelnen Parameter des eingestellten Parametersatzes um ein unterschiedliches Mass verändert werden, d.h. einzelne Parameter können starke Änderungen erfahren, während andere Parameter wenig oder gar nicht verändert werden. Dies wird nun unter Bezugnahme auf die Fig. 3 näher erläutert.

[0018] In einem Fall wird davon ausgegangen, dass der Hörgeräteträger durch Bedienen der Taste 15 (Verstellen im Sinn von "angenehmeres Hören") die Parameter in Richtung des Pfeils C verstellt hat. Die Parameter sind nun auf den mit X bezeichneten Wert eingestellt. Im andern Fall hat der Hörgeräteträger durch Bedienen der Taste 14 (Verstellen im Sinn von "besseres Verstehen") ein Verändern der Parameter in Richtung des Pfeils D vorgenommen, so dass die Parameter nun auf den mit Y bezeichneten Wert eingestellt sind. Dabei ist im dargestellten Beispiel der Parameter P3 nicht geändert worden.

[0019] Das Verstellen der Parameter kann in Stufen oder stufenlos sowie entweder weich, d.h. unhörbar, oder aber hart, d.h. hörbar, erfolgen.

[0020] Dank des erfindungsgemässen Verfahrens und mit dem erfindungsgemässen Hörgerätesystem 1 ist der Hörgeräteträger in der Lage, bei automatischer aber auch bei manueller Auswahl des zur momentanen Umgebungssituation gehörenden Hörprogrammes seinen persönlichen Hörwunsch einzubringen bzw. weiter einzubringen. Dies soll an einem Beispiel verdeutlicht werden.

[0021] Der Hörgeräteträger befindet sich in einem Lokal. Im Hintergrund läuft Musik. Am gleichen Tisch sitzen andere Personen, die ein Gespräch führen. Das Hörgerät stellt sich auf die beschriebene Weise automatisch oder manuell auf diese gegebene momentane akustische Umgebungssituation ein. Der Hörgeräteträger kann nun den Wunsch haben, das Gespräch am Tisch besser verfolgen oder aber mehr der Musik zuhören zu können. Möchte er das Gespräch besser verfolgen, betätigt er die Taste 14 und verstellt die Parameter P1-Pn in Richtung des Pfeils D im Sinne von "besseres Verstehen, selektives Hören bzw. mehr Sprachverständlichkeit". Will der Hörgeräteträger aber die Musik besser hören, so betätigt er die andere Taste 15 und verstellt die Parameter P1-Pn in Richtung des Pfeils C im Sinne von "angenehmeres Hören bzw. verbessertes Rundumhören".

[0022] Im Hörgerät kann eine grosse Anzahl von verschiedenen Hörprogrammen, d.h. die entsprechenden Parametersätze, gespeichert werden. Insbesondere bei einer grossen Anzahl von verschiedenen Hörprogrammen wird jeweils das für die momentane akustische Umgebungssituation beste Hörprogramm automatisch ausgewählt. Der Hörgeräteträger kann seinen Hörwunsch, der sich von einer akustischen Umgebungssituation zur nächsten, aber auch innerhalb einer gegebenen Umgebungssituation, ändern kann, auf einfache Weise umsetzen, nämlich durch Betätigen einer Taste einer Tastatur. Letztere kommt mit zwei Tasten aus, kann aber auch mehr als zwei Tasten haben. Somit ermöglicht das erfindungsgemässe Konzept die Schaffung eines bedienungsfreundlichen Hörgerätes, das sich automatisch, gegebenenfalls auch manuell, auf die momentane akustische Umgebungssituation einstellt und das zudem den jeweiligen Hörwunsch des Hörgeräteträgers zu berücksichtigen vermag.

[0023] Das beschriebene Hörgerät 1 kann so ausgestaltet werden, dass die korrigierten Parametersätze, die wie vorstehend erläutert durch den Hörgeräteträger entsprechend seinem Hörwunsch verändert worden sind, im Hörgerät gespeichert werden. Zeigt es sich, dass in einer bestimmten akustischen Umgebungssituation der Hörgeräteträger den dieser Umgebungssituation zugeordneten, ursprünglich abgespeicherten Parametersatz immer wieder auf dieselbe Art und Weise verändert, d.h. immer in der gleichen Richtung und um dasselbe Mass, so kann dieser ursprünglich abgespeicherte Parametersatz durch den veränderten, korrigierten Parametersatz ersetzt werden. Der korrigierte Parametersatz wird dann als Standardeinstellung verwendet.

[0024] Dieses Austauschen des ursprünglich abgespeicherten Parametersatzes gegen den korrigierten Parametersatz kann automatisch durch das Hörgerät selbst erlernt werden, z.B. durch ein neuronales Netz (neural network), oder aber durch einen Hörgeräteakustiker oder den Hörgeräteträger selbst vorgenommen werden.

[0025] Wie bereits ausführlich erläutert worden ist, erfolgt bei einem Betätigen der Tasten 14, 15 der Fernbedienungseinheit 12 das Verändern der Parameter P1-Pn für alle Parameter gleichzeitig und nach vorgegebenen, im Hörgerät 1 abgespeicherten Regeln bzw. Regelsätzen, d.h. für unterschiedliche akustische Umgebungssituationen können dabei unterschiedliche Regeln bzw. Regelsätze zur Anwendung kommen. Unter diesen Erläuterungen ist insbesondere auch zu verstehen, dass Informationen von der Fernbedienungseinheit 12 in der Übertragungseinheit 5 aufgrund von Angaben des Signalverarbeitungsteils 8, im Besonderen Informationen der Signalidentifikationseinheit 10 d.h. Angaben über die momentane akustische Umgebungssituation, interpretiert werden. Vom Benutzer aus gesehen bedeutet dies, dass den Tasten 14, 15 der Fernbedienungseinheit 12 automatisch, d.h. in Abhängigkeit einer momentanen Umgebungssituation, verschiedene Funktionen zugeordnet werden.

[0026] Im Folgenden werden hierzu einige Beispiele mit verschiedenen akustischen Umgebungssituationen und den dazugehörenden Einstellmöglichkeiten angegeben:

[0027] In einer ruhigen Umgebung wird den Tasten 14, 15 beispielsweise die Kontrolle über die Lautstärke übertragen.

[0028] In einer geräuschvollen Umgebung, wie sie beispielsweise in einem Restaurant anzutreffen ist, wird den Tasten 14, 15 beispielsweise die Kontrolle über die Klangbalance (tone balance) und/oder über Parameter eines verwendeten Mehrmikrophonsystems übertragen. Wird die Klangbalance über die beiden Tasten 14, 15 gesteuert, so können durch Betätigen der Taste 14 bzw. 15 hochfrequente Signalanteile angehoben und/oder tieffrequente Signalanteile abgesenkt, bzw. umgekehrt werden. Weitere Angaben zur Klangbalance können der Publikation von Harvey Dillon mit dem Titel "Hearing Aids" (Boomerang Press, 2001, ISBN 1-58890-052-5), insbesondere dessen Kapitel 11.1.6 mit dem Untertitel "Tonal quality" (Seite 308) entnommen werden. Für weitere Informationen zu Multimikrophonsystemen wird auf Kapitel 7.1 mit dem Untertitel "Multi-Microphone and Other Directional Hearing Aids" (Seiten 188 bis 195) der gleichen Publikation verwiesen.

[0029] Die akustische Umgebungssituation in einem Fahrzeug lässt sich durch stationäres Rauschen bzw. durch tieffrequente stationäre Hintergrundgeräusche charakterisieren. Entsprechend den Ausführungen in Kapitel 7.2 mit dem Untertitel "Single-Microphone Noise Reduction" in der erwähnten Publikation (Seiten 195 bis 198) können den Tasten 14, 15 die Parameter entsprechend einem Tiefpassfilter oder entsprechend einem bei tiefen Frequenzen arbeitenden Kompressor zugewiesen werden.

[0030] Schliesslich besteht bei einer akustischen Umgebungssituation mit Musik die Möglichkeit, den Tasten 14, 15 einerseits die Verstärkung (Lautstärke), anderseits die Kompression zuzuweisen, mit dem Ziel, hohe Frequenzen bei gleichzeitiger möglichst grosser Bandbreite zu verstärken.

[0031] In Anwendung obiger Ausführungen zu den Einstellungsmöglichkeiten eines Hörgerätes bei Umgebungsgeräuschen mit Musik können Einstellungen bei industriellen Umgebungsgeräuschen, wie sie durch Produktionsmaschinen entstehen, oder in anderen Umgebungssituationen generiert werden.

[0032] Ungeachtet der erkannten akustischen Umgebungssituation besteht die Möglichkeit in einer weiteren Ausführungsform der Erfindung, dass die Einstellungen, welche durch den Hörgerätträger durch Betätigen der Fernbedienungseinheit 12 erwirkt worden sind, im Hörgerät aufgezeichnet werden. Insbesondere wenn solche manuellen Übersteuerungen durch den Hörgerätträger in gleicher oder ähnlicher Weise wiederholt vorgenommen werden, ist gemäss einer weiteren Ausführungsform der Erfindung vorgesehen, die manuellen Einstellungen permanent zu speichern, um sie jeweils bei Auftreten der jeweiligen akustischen Umgebungssituation automatisch, quasi als Initialeinstellung, wiederum einzustellen.

[0033] Denkbar ist in diesem Zusammenhang eine Ausführungsform der Erfindung, bei der die erwähnte automatische Einstellbarkeit durch den Akustiker vorgegeben wird, d.h. der Akustiker legt zusammen mit dem Hörgerätträger fest, ob mehrmals vorgenommene manuelle Änderungen automatisch nach einer gewissen Zeit zur Initialeinstellung hinzugefügt werden sollen oder ob die Änderungen lediglich aufgezeichnet werden und beim nächsten Anpassvorgang beim Akustiker durch diesen nach Diskussion mit dem Hörgerätträger eventuell zur Initialeinstellung hinzugefügt werden sollen.

[0034] In Bezug auf die Aufzeichnungsmöglichkeiten von Parametern und anderen Informationen im Hörgerät wird der Vollständigkeit halber auf die europäische Patentanmeldung mit der Veröffentlichungsnummer EP-1 320 282 verwiesen, deren Offenbarungsinhalt hiermit Bestandteil dieser Anmeldung wird.

[0035] Das vorstehend beschriebene Hörgerätesystem dient im Sinne einer Hörhilfe zur Korrektur eines geschädigten Hörvermögens einer Person. Das erfindungsgemäss Verfahren und das erfindungsgemässe Hörgerätekonzept können aber sinngemäss auch bei anderen akustischen Kommunikationssystemen, wie z.B. bei Funkgeräten, angewendet bzw. eingesetzt werden. Des Weiteren ist die Erfindung insbesondere auch bei binauralen Hörgeräten anwendbar, wobei es denkbar ist, dass Informationen in einem der beiden Hörgeräte oder in beiden Hörgeräten aufgezeichnet werden. Werden lediglich in einem der zwei Hörgeräte Informationen aufgezeichnet, so besteht eine erste Ausführungsform darin, Informationen von beiden Hörgeräten aufzuzeichnen. Eine zweite, und damit vereinfachte Ausführungsform besteht im Aufzeichnen von Informationen von einem Hörgerät allein.

Bezugszeichenliste



[0036] 
1
Hörgerät
2a, 2b
Mikrofon
3
Hörer (Lautsprecher)
4
Analog/Digital-Wandler
5
Uebertragungseinheit
6
Digital/Analog-Wandler
7
Parametersatz
8
Signalverarbeitungsteil
9
Signalanalyseeinheit
10
Signalidentifikationseinheit
11
Eingabeteil
12
Fernbedienungseinheit
13
Gehäuse
14, 15
Taste



Ansprüche

1. Verfahren zum Anpassen eines Hörgerätes (1) an eine momentane akustische Umgebungssituation, wobei im Hörgerät (1) ein zur Umgebungssituation gehörender, im Hörgerät (1) gespeicherter Parametersatz (7) eingestellt wird, dadurch gekennzeichnet, dass Parameter (P1-Pn) des eingestellten Parametersatzes (7) mittels eines durch den Hörgeräteträger betätigbaren Eingabeteils (11) gemäss dem Hörwunsch des Hörgeräteträgers verstellt werden.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die momentane akustische Umgebungssituation, vorzugsweise im Hörgerät, automatisch identifiziert wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Parameter (P1-Pn) des eingestellten Parametersatzes (7) ausgehend von einem eingestellten Nennwert (N) innerhalb eines vorgegebenen Regelbereichs (A-B) jeweils in einer von zwei entgegengesetzten Richtungen (C, D) verstellt werden.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Parameter (P1-Pn) des Parametersatzes (7) gleichzeitig und gemeinsam nach vorgegebenen Regeln, bzw. Regelsätzen verstellt werden.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Verstellen der Parameter (P1-Pn) des Parametersatzes (7) im Sinne von "besseres Verstehen" einerseits und im Sinne von "angenehmeres Hören" andererseits vorgenommen wird.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die gemäss dem Hörwunsch des Hörgeräteträgers verstellten Parametersätze abgespeichert werden.
 
7. Verfahren nach Anspruche 6, dadurch gekennzeichnet, dass ein ursprünglich abgespeicherter, einer bestimmten akustischen Umgebungssituation zugeordneter Parametersatz (7) durch den entsprechenden korrigierten, durch den Hörgeräteträger verstellten Parametersatz ersetzt wird, falls für diese bestimmte akustische Umgebungssituation der ursprünglich abgespeicherte Parametersatz (7) durch den Hörgeräteträger mehrmals auf dieselbe Weise geändert worden ist.
 
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass im Hörgerät (1) zuerst aus Signalen, die aus der momentanen akustischen Umgebungssituation aufgenommen werden, charakteristische Merkmale extrahiert werden und dann aufgrund der extrahierten Merkmale die momentane akustische Umgebungssituation ermittelt wird.
 
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass eine Auswahl der zu verstellenden Parameter (P1-Pn) und/oder die Veränderung von Parameterwerten in Abhängigkeit der momentanen akustischen Umgebungssituation erfolgt.
 
10. Hörgerätesystem mit einem Hörgerät (1), das eine Übertragungseinheit (5), die eingangsseitig mit mindestens einem Mikrofon (2a, 2b) und ausgangsseitig mit einem Hörer (6) wirkverbunden ist und die in ihren Übertragungseigenschaften auf verschiedene, durch gespeicherte Parametersätze (7) bestimmte Übertragungscharakteristika einstellbar ist, und mit einem durch den Hörgeräteträger betätigbaren, mit der Übertragungseinheit (5) wirkverbundenen Eingabeteil (11), dadurch gekennzeichnet, dass mittels des Eingabeteils (11) die Parameter (P1-Pn) des eingestellten, die momentane Übertragungscharakteristik der Übertragungseinheit (5) bestimmenden Parametersatzes (7) gemäss dem Hörwunsch des Hörgeräteträgers verstellbar sind.
 
11. Hörgerätsystem nach Anspruch 10, dadurch gekennzeichnet, dass das Hörgerät (1) einen mit dem Eingangssignal der Übertragungseinheit (5) beaufschlagbaren Signalverarbeitungsteil (8) aufweist, in dem die jeweilige momentane akustische Umgebungssituation identifizierbar und ein Einstellen des zur identifizierten Umgebungssituation gehörenden Parametersatzes (7) in der Übertragungseinheit (5) bewirkbar ist.
 
12. Hörgerätsystem nach Anspruch 10 oder 11, dadurch gekennzeichnet, dass mittels des Eingabeteils (11) die Parameter (P1-Pn) des eingestellten Parametersatzes (7) ausgehend vom einem eingestellten Nennwert (N) innerhalb eines vorgegebenen Regelbereichs (A-B) jeweils in einer von zwei entgegengesetzten Richtungen (C, D) verstellbar sind, wobei vorzugsweise das Verstellen der Parameter (P1-Pn) des Parametersatzes (7) gleichzeitig und gemeinsam nach vorgegebenen, im Hörgerät (1) abgespeicherten Regeln, bzw. Regelsätzen erfolgt.
 
13. Hörgerätesystem nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass mittels des Eingabeteils (11) das Verstellen der Parameter (P1-Pn) des eingestellten Parametersatzes (7) im Sinne von "besseres Verstehen" einerseits und im Sinne von "angenehmeres Hören" andererseits erfolgt.
 
14. Hörgerätesystem nach einem der Ansprüche 10 bis 13, dadurch gekennzeichnet, dass der Signalverarbeitungsteil (8) eine mit dem mindestens einen Mikrofon (2a, 2b) wirkverbundene Signalanalyseeinheit (9), die aus, mit dem mindestens einen Mikrofon (2a, 2b) aus der momentanen akustischen Umgebungssituation aufgenommenen Signalen charakteristische Merkmale extrahiert, sowie eine an den Ausgang der Signalanalyseeinheit (9) angeschlossene Signalidentifikationseinheit (10) aufweist, in der aufgrund der extrahierten Merkmale die momentane akustische Umgebungssituation ermittelt wird und die ausgangseitig mit der Übertragungseinheit (5) verbunden ist.
 
15. Hörgerätesystem nach einem der Ansprüche 10 bis 14, dadurch gekennzeichnet, dass der Eingabeteil (11) für eine manuelle Eingabe mittels einer Tastatur (14, 15) ausgelegt ist.
 
16. Hörgerätesystem nach einem der Ansprüche 10 bis 14, dadurch gekennzeichnet, dass der Eingabeteil (11) für eine sprachgesteuerte Eingabe ausgelegt ist.
 
17. Hörgerätesystem nach einem der Ansprüche 10 bis 16, dadurch gekennzeichnet, dass der Eingabeteil (11) als eine vom Hörgerät getrennte Fernbedienungseinheit (12) ausgebildet ist und mit der Übertragungseinheit (5) drahtlos verbunden ist.
 
18. Hörgerätesystem nach einem der Ansprüche 10 bis 17, dadurch gekennzeichnet, dass der Eingabeteil (11) in das Hörgerät (1) integriert ist.
 
19. Hörgerätesystem nach Anspruch 15 und einem der Ansprüche 12 oder 13, dadurch gekennzeichnet, dass die Tastatur des Eingabeteils (11) zwei Tasten (14, 15) aufweist, von denen jede zum Verstellen der Parameter (P1-Pn) eines Parametersatzes (7) in einer der beiden entgegengesetzten Richtungen (C, D) dient.
 




Zeichnung