[0001] Die Erfindung betrifft eine Kupferlegierung auf der Basis von Cu-Zn-Si und deren
Verwendung.
[0002] Messing wird in unterschiedlichen Bereichen des Maschinenbaus, der Elektro- und der
Sanitärtechnik eingesetzt.
[0003] Im Maschinenbau und in der Elektrotechnik werden infolge des Miniaturisierungstrends
die Bauteile immer kleiner und filigraner. Auch werden Komponenten aus Messing häufig
mit anderen metallischen und nichtmetallischen Werkstoffen zu komplizierten Baugruppen
verbunden. Beides erschwert jedoch ein auf Zertrennen bzw. Zerteilen basierendes Recycling
der Werkstoffe.
[0004] Weitere Schwierigkeiten treten insbesondere dann auf, wenn die zu recycelnden Bauelemente
toxische oder gesundheitsgefährdende Elemente oder Substanzen enthalten. Diese können
die Mitarbeiter in einem Betrieb, der diese Materialien herstellt oder verarbeitet,
unmittelbar gefährden. Eine Umweltbelastung entsteht, wenn derartige Werkstoffe längere
Zeit gelagert werden müssen und dabei den Witterungseinflüssen ausgesetzt sind. Daneben
kontaminieren die toxischen Substanzen gegebenenfalls die Hilfsstoffe, wie etwa die
Trennmittel, welche bei der Aufbereitung von Schredderfraktionen mit dem Sink- bzw.
Schwimmverfahren eingesetzt werden. Eine teure Entsorgung der Hilfsstoffe wäre dann
erforderlich. Selbstverständlich sind gesundheitsgefährdende Substanzen und Elemente
auch während des Gebrauchs der Bauteile unerwünscht, sofern eine Emission in die Umwelt
oder den lebenden Organismus nicht vollständig vermieden werden kann.
[0005] Somit ist für derartige Produkte eine aus ökologischen und toxischen Gründen unbedenkliche
Zusammensetzung entscheidend. Das gesteigerte Umweltbewusstsein, das sich in zahlreichen
Normen und technischen Regelwerken, wie beispielsweise der novellierten Trinkwasserverordnung
DIN 50930-6 oder der Altstoffverordnung wiederfindet, fordert entsprechende Werkstoffe.
[0006] In der Elektrotechnik werden überwiegend Pb-haltige Messinge als Kontaktwerkstoffe
eingesetzt, und zwar als ruhende Kontakte oder Festkontakte, zu denen beispielsweise
Klemm- und Steckverbindungen oder Steckerkontakte gehören. Bei der Werkstoffauswahl
steht die leichte Verarbeitung im Vordergrund. Die entsprechenden Baugruppen können
spanend aus Pb-haltigen Zerspanungsmessingen mit hoher Produktivität hergestellt werden.
[0007] Durch die Pb-Einlagerungen im Gefüge entstehen Nachteile. Die Einlagerungen wirken
zwar als Spanbrecher, setzen aber auch infolge von Kerbwirkung sowie Reduzierung des
tragenden Querschnitts die Festigkeit bzw. Duktilität des Werkstoffs herab. Diese
Nachteile müssen über eine entsprechende Bauteildimensionierung kompensiert werden.
[0008] In allen Befestigungselementen liegen herstellungsbedingt mehr oder weniger große
mechanische Eigenspannungen vor. Diese werden häufig von Zuglastspannungen überlagert,
die von Schraubverbindungen herrühren. Werden die Klemmverbindungen aus den gängigen,
Pb-haltigen Messingen gefertigt, besteht infolge solcher Spannungen eine große Gefahr
für Spannungsrisskorrosion.
[0009] In der Elektrotechnik und Elektronik besteht zudem ebenfalls Bedarf an ökologisch
verträglichen Werkstoffen. Mit der Richtlinie des Europäischen Parlaments über Elektro-
und Elektronik-Altgeräte zeichnet sich mittelfristig ab, dass Pb zukünftig ein unerwünschter
Legierungsbestandteil ist. Ziel dieser Initiative ist in diesem Zusammenhang, den
Anteil umweltverträglicher Materialien im Werkstoffkreislauf zu erhöhen.
[0010] Aus Pb-haltigen Messingen werden außerdem Bauteile oder Behältnisse für den Transport
oder die Lagerung von Flüssigkeiten hergestellt. Ein wichtiger Bereich ist die Sanitärtechnik.
Gerade hier ist eine Metalllässigkeit besonders problematisch. Die verwendeten Werkstoffe
sollten demzufolge wenig anfällig gegenüber jeglicher Art von Korrosion sein. Die
Herstellung von Bauteilen für den Transport oder die Lagerung von Flüssigkeiten erfolgt
in der Regel über Zerspanung. Oft wird eine Warmumformung durch Gesenkschmieden vorgeschaltet.
[0011] Derartige bleihaltige Messinglegierungen sind beispielsweise aus der Druckschrift
DE 43 18 377 C2 bekannt, die als Knet- oder Gusslegierung Anwendung in der optischen
Industrie, der Schmuckindustrie und im Bereich der Trinkwasser- und Sanitärinstallation
findet. Auch diese Legierung erhält ihre gute Zerspanbarkeit über eine Beimengung
von einem erheblichen Anteil an Blei.
[0012] Die Weiterentwicklung gut zerspanbarer bleifreier Knetlegierungen auf Kupferbasis
ist aus der Druckschrift DE 691 24 835 T2 bekannt. Die Legierung soll bisherige bleihaltige
Werkstoffe ersetzen, ohne die Verarbeitungsbedingungen zu ändern. Dazu wird statt
Blei der Legierung Wismut und die weiteren Elemente Phosphor, Indium und Zinn zu geringen
Anteilen hinzugefügt.
[0013] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine bleifreie Kupferlegierung bezüglich
ihrer Eigenschaften weiter zu verbessern sowie deren Verwendung anzugeben.
[0014] Die Aufgabe wird gelöst durch eine Kupferlegierung auf der Basis Kupfer, Zink und
Silicium, bestehend aus: 70 bis 83 % Cu, 1 bis 5 % Si und den weiteren matrixaktiven
Elementen: 0,01 bis 2 % Sn, 0,01 bis 0,3 % Fe und/oder Co, 0,01 bis 0,3 % Ni, 0,01
bis 0,3 % Mn, Rest Zn und unvermeidbare Verunreinigungen.
[0015] Wahlweise enthält die Kupferlegierung noch bis 0,1% P sowie wahlweise jeweils noch
bis 0,5 % Ag, Al, As, Sb, Mg, Ti, Zr.
[0016] Alle Anteile der Legierungsbestandteile sind in Gew.-% angegeben.
[0017] Die Erfindung geht dabei von der Überlegung aus, dass aus der geeigneten Kombination
der Legierungselemente und die aus einem Zusammenwirken der Einzelbestandteile resultierenden
Eigenschaften in ihrer Gesamtheit, die an die Legierung gestellten Erwartungen erfüllen
und so der Bedarf an Werkstoffen abgedeckt werden sollte. Hierzu sollte sich der Werkstoff
gleichzeitig durch
- das Fehlen toxischer Elemente,
- eine gute Zerspanbarkeit,
- eine gute Formbarkeit,
- eine hohe Korrosionsbeständigkeit,
- erhöhtes Festigkeitsniveau bei gleich hoher Duktilität gegenüber bleihaltigem Zerspanungsmessing,
- Tauglichkeit zur Massenfertigung im Halbzeugwerk und
- robuste, d.h. gegen schwankende Betriebsparameter unempfindliche Fertigung im Halbzeugwerk
auszeichnen.
[0018] Die Kupferlegierung ist dazu als eine Si-haltige CuZn-Legierung (Sondermessing) ohne
toxische Zusätze ausgebildet. Naturgemäß werden damit die Anforderungen an gesundheitliche
und ökologische Verträglichkeit erfüllt.
[0019] Der Cu-Gehalt der erfindungsgemäßen Legierung liegt zwischen 70 und 83 %. Cu-Gehalte
unter 70 % würde zu einer Versprödung führen, was sich in einer signifikant niedrigen
Bruchdehnung oder Kerbschlagbiegezähigkeit bemerkbar machen würde. Daraus würden beispielsweise
Nachteile in der spanlosen Formgebung entstehen. Wenn der Cu-Gehalt 83 % übersteigt,
entstünden bei der spanenden Bearbeitung mit nicht-unterbrochenem Schnitt lange, sperrige
Späne.
[0020] Analoge Verhältnisse liegen bezüglich des Si-Gehalts vor: Bei Si-Konzentrationen
unter 1 % ginge der Vorteil der kurzen Späne verloren; über 5 % würde die Zähigkeit
zu weit absinken.
[0021] Sn, Mn und Ni werden benutzt, um den Gefügeaufbau bei gegebenem Kupfergehalt gezielt
zu beeinflussen. Sn und Mn erhöhen den Anteil an kubischraumzentrierter beta-Phase,
Ni stabilisiert den Anteil an kubischflächenzentriertem Kupfer-Zink-Mischkristall.
[0022] Sn unterhalb 0,01 % wäre nicht vorteilhaft, da die Anteile an beta-Phase zu gering
ausfallen würden, Sn oberhalb von 2 % würde die Kaltformbarkeit beeinträchtigen.
[0023] Mn unterhalb 0,01 % wäre nicht vorteilhaft, da dann die beta-Phase in zu geringen
Anteilen vorhanden sein würde. Mn oberhalb von 0,3 % würde die Formbarkeit und die
Beständigkeit gegen Spannungsrisskorrosion beeinträchtigen.
[0024] Ni unterhalb 0,01 % würde nicht ausreichen, um den Kupfermischkristall hinreichend
zu stabilisieren, zusätzlich entfiele die günstige Wirkung auf den Widerstand gegen
flächenhaften Korrosionsangriff. Ni oberhalb 0,3 % würde zu stärkerer Verfestigung
beim Kaltformen führen und wäre daher nicht vorteilhaft.
[0025] Fe bzw. Co ist notwendig, um die Komgröße der alpha-Phase zu steuern. Unterhalb von
0,01 % wäre die Wirkung nicht ausreichend vorhanden. Oberhalb von 0,3 % bestünde die
Gefahr von groben Ausscheidungen auch zusammen mit Si. Diese wären nachteilig für
die Kaltformung.
[0026] Charakteristikum des neuen Werkstoffs ist, dass seine nach EN 10045 bestimmte Kerbschlagbiegezähigkeit
bei Raumtemperatur zwischen der von Pb-haltigen und Pb-freien Messingen einordnen
lässt, während sie bei Temperaturen oberhalb 600 °C das Niveau von Pb-freien Messingsorten
erreicht.
[0027] Wahlweise ist P enthalten, um die Ausbildung des anfänglichen Gussgefüges und die
Korrosionseigenschaften günstig zu beeinflussen. Phosphor erhöht das Fließvermögen
der Schmelze und wirkt sich günstig gegen die Anfälligkeit einer Spannungsrisskorrosion
aus.
[0028] Insbesondere ab einem Anteil von 0,003 % sind diese Wirkungen signifikant. Oberhalb
von 0,1 % würden jedoch die Nachteile durch eine verstärkte Neigung zur interkristallinen
Korrosion an Korngrenzen überwiegen.
[0029] Optional kann bis zu 0,5 % Aluminium zulegiert werden, um die Entstehung von Anlaufschichten
zu ermöglichen. Dies ist insbesondere für dekorative Zwecke vorteilhaft. Insbesondere
ab einem Anteil von 0,003 % ist diese Wirkung signifikant. Gehalte über 0,5 % wären
wegen der Begünstigung einer Bildung von beta-Phase nicht mehr vorteilhaft.
[0030] Halbzeug aus dem erfindungsgemäßen Werkstoff wird vorzugsweise über konventionellen
Strangguss, Strangpressen bei Temperaturen zwischen 600°C und 750°C und einer Kaltumformung,
beispielsweise durch Ziehen, hergestellt.
[0031] In dieser Fertigungsabfolge erweist sich die Zusammensetzung als problemlos fertigbar
und überraschend konstant in den Eigenschaften. Dies ist bei temären Legierungen Cu-Zn-Si,
wie sie üblicherweise in der Literatur behandelt werden, nicht gegeben. Ihnen fehlen
die günstigen Eigenschaften im Strangguss und eine stabile, von Schwankungen der Betriebsparameter,
beispielsweise beim Strangpressen, wenig abhängige Gefügebildung. Das betrifft sowohl
den gleichmäßigen Verlauf der technologischen Kennwerte im gefertigten Produkt selbst,
als auch unveränderte Eigenschaften zwischen verschiedenen verarbeiteten Gusschargen.
Es zeigt sich, dass die Schwankungsbreite von gefertigten Rundstangen in ihren Eigenschaften
in erster Näherung vom Gehalt der matrixaktiven Elemente abhängt. Auf Basis der Majoritätskomponenten
Cu, Zn und Si, ist der Gehalt in Summe an den in der Matrix zumindest teilweise löslichen
matrixaktiven Elementen Sn, Fe, Co, Ni und Mn allein oder in Verbindung mit den Wahlelementen
P, Ag, Al, As, Mg, Sb, Ti und Zr offenbar von entscheidender Bedeutung für die robuste,
gegen schwankende Betriebsparameter unempfindliche Fertigung im Halbzeugwerk.
[0032] In bevorzugter Ausführungsform besteht die Kupferlegierung aus 73 bis 83 % Cu und
2,5 bis 4 % Si, Rest Zn und unvermeidbare Verunreinigungen.
[0033] Alternativ und in einer weiteren bevorzugten Ausführungsform besteht die Kupferlegierung
aus 73 bis 78 % Cu und 3 bis 3,5 % Si, Rest Zn und unvermeidbare Verunreinigungen.
[0034] Alternativ und in einer weiteren bevorzugten Ausführungsform besteht die Kupferlegierung
aus 70 bis 81 % Cu und 1,5 bis 2 % Si, Rest Zn und unvermeidbare Verunreinigungen.
[0035] Alternativ und in einer weiteren bevorzugten Ausführungsform besteht die Kupferlegierung
aus 73 bis 83 % Cu und 2 bis 2,5 % Si, Rest Zn und unvermeidbare Verunreinigungen.
[0036] In allen vorstehend genannten bevorzugten Ausführungsformen kann Phosphor enthalten
sein, um insbesondere die Ausbildung des anfänglichen Gussgefüges und die Korrosionseigenschaften
günstig zu beeinflussen. Mit diesen Legierungszusammensetzungen werden mit einem Anteil
von 0,02 bis 0,05 % P die an den Werkstoff gestellten Erwartungen in besonderer Weise
erfüllt.
[0037] Es zeigt sich, dass bei Gehalten der matrixaktiven Elemente außer Cu, Zn und Si unter
einem gewissen Anteil so große Streuungen technologischer Eigenschaften auftreten,
dass sich dies nachhaltig auf die Fertigung auswirkt und im Extremfall von einer sicheren
Beherrschung des Produktionsprozesses nicht die Rede sein kann. Um dem entgegenzuwirken,
beträgt vorteilhafterweise bei der Kupferlegierung der Gesamtgehalt der weiteren matrixaktiven
und der wahlweise zugefügten Elemente 0,5 bis 3 %.
[0038] Bei diesen Gehalten reduziert sich die Streuung bereits deutlich und findet bei vielen
Standardprozessen in einer besonders bevorzugten Ausführungsform mit einem Gesamtgehalt
zwischen 0,7 bis 1 % ihr Optimum.
[0039] Je nach Prozessführung kann es allerdings auch sinnvoll sein, eher einen hohen Anteil
matrixaktiver Elemente einzubringen. Die Praktikabilität ist jedoch nur bis zu einem
Gesamtgehalt von max. 3 % gegeben. Über Gehalten von 3 % sind jedoch keine praktisch
bedeutsamen Verbesserungen der Streuungen mehr zu beobachten, da beträchtliche unvorhersehbare
Zusatzeffekte durch die überlagernden Wirkungen der Zusätze beobachtet werden, die
den beabsichtigten Zweck zunichte machen.
[0040] Vorteilhaft findet die Kupferlegierung Verwendung für Kontakte, Stifte oder Befestigungselemente
in der Elektrotechnik, beispielsweise als ruhende Kontakte oder Festkontakte, zu denen
auch Klemm- und Steckverbindungen oder Steckerkontakte gehören.
[0041] Die Legierung weist gegenüber fluiden und gasförmigen Medien eine hohe Korrosionsbeständigkeit
auf. Zudem ist sie gegenüber Entzinkung und Spannungsrisskorrosion äußerst beständig.
Infolge dessen eignet sich die Legierung vorteilhafterweise für einen Einsatz für
Behältnisse zum Transport oder zur Lagerung von Flüssigkeiten oder Gasen, insbesondere
für Behältnisse in der Kältetechnik oder für Rohre, Wasserarmaturen, Hahnverlängerungen,
Rohrverbinder und Ventile in der Sanitärtechnik.
[0042] Die geringen Korrosionsraten gewährleisten auch, dass die Metalllässigkeit, d.h.
die Eigenschaft durch Einwirkung von flüssigen oder gasförmigen Medien Legierungsanteile
auszutragen, an sich gering ist. Insofern eignet sich der Werkstoff für Einsatzgebiete,
die niedrige Schadstoffimmission zum Schutz der Umwelt erfordern. Vorteilhafterweise
liegt damit die Verwendung der erfindungsgemäßen Legierung auf dem Gebiet recycelbarer
Bauteile.
[0043] Die Unempfindlichkeit gegenüber Spannungsrisskorrosion empfiehlt die Legierung für
eine Verwendung in Schraub- bzw. Klemmverbindungen, in denen technisch bedingt große
elastische Energien gespeichert werden. Besonders vorteilhaft ist damit die Verwendung
der Legierung für alle zug- und/oder torsionsbeanspruchte Bauteile, insbesondere für
Schrauben und Muttern. Nach Kaltumformung erreicht der erfindungsgemäße Werkstoff
höhere Werte für die Dehngrenze als Pb-haltige CuZn-Legierungen. Somit können in Schraubverbindungen,
die sich nicht plastisch verformen dürfen, größere Anziehdrehmomente realisiert werden.
Das Streckgrenzenverhältnis R
p0,2/R
m, ist für die CuZnSi-Legierung kleiner als bei Automatenmessing. Schraubverbindungen,
die nur einmal angezogen und dabei bewusst überdehnt werden, erreichen damit besonders
hohe Haltekräfte. Wegen des höheren Festigkeitsniveaus sind über eine Miniaturisierung
Gewichtsersparnisse von wenigstens 10 % möglich.
[0044] Bei der erfindungsgemäßen Legierung zeigt sich eine ausgeprägte Temperaturabhängigkeit
der Kerbschlagzähigkeit. Bei Temperaturen über 600°C sinkt die Kerbschlagzähigkeit
auf Werte, die denen mancher Pb-haltigen Legierungen entsprechen und eine vorteilhafte
Verwendung für Gesenkschmiedeteile in Aussicht stellen.
[0045] Verwendungsmöglichkeiten der Kupferlegierung ergeben sich sowohl für rohrförmige
als auch bandförmige Ausgangsmaterialien. Vorteilhafterweise eignen sich gut fräsbare
oder stanzbare Bänder, Bleche und Platten, insbesondere für Schlüssel, Gravuren, dekorative
Zwecke oder für Stanzgitteranwendungen. Zur Herstellung führt konventioneller Strangguss,
Warmwalzen zwischen 600 bis 900°C mit anschließendem Umformen, wie beispielsweise
Kaltwalzen und auf Bedarf ergänzt durch weitere Glüh- und Umformschritte, zu entsprechendem
Bandhalbzeug. Die Legierung ist als Knet-, Walz- oder Gusslegierung einsetzbar.
[0046] Die mit der Erfindung erzielten Vorteile bestehen insbesondere darin, dass diese
eine gute Zerspanbarkeit, gute Formbarkeit in Verbindung mit hoher Korrosionsbeständigkeit
aufweist. Hierbei ist gerade die Beständigkeit gegenüber Entzinkung und Spannungsrisskorrosion
besonders ausgeprägt.
[0047] Zudem fehlen toxische Elemente, die aufgrund zunehmend strengeren Normen für Umweltbelastungen
einen bedenkenlosen Einsatz, insbesondere im Zusammenhang mit Trinkwasserleitungen
ermöglichen.
Ein weiterer wesentlicher Vorteil ist ein erhöhtes Festigkeitsniveau bei gleich hoher
Duktilität gegenüber bleihaltigem Zerspanungsmessing.
Nicht zuletzt spielen bei der Herstellung der Legierung enge Fertigungstoleranzen
eine wesentliche Rolle. Besonders vorteilhaft erweist sich die erfindungsgemäße Legierung
in ihrer Eignung zur Massenfertigung im Halbzeugwerk in Bezug auf eine robuste, d.h.
gegen schwankende Betriebsparameter unempfindliche Fertigung.
[0048] Die Erfindung wird anhand der Figuren näher erläutert. Darin zeigen:
Fig. 1 den Zusammenhang zwischen der Standardabweichung der Produkteigenschaften und
dem Gehalt matrixaktiver Elemente ohne Majoritätskomponenten,
Fig. 2 die Kerbschlagzähigkeit ak in Abhängigkeit von der Temperatur für erfindungsgemäße Legierungen und Pb-haltigen
Legierungen des Standes der Technik.
[0049] In Fig. 1 ist der Zusammenhang zwischen der Standardabweichung der Produkteigenschaften
und dem Gehalt matrixaktiver Elemente ohne Majoritätskomponenten dargestellt. Der
Kurvenverlauf zeigt den zu erwartenden Trend für die Standardabweichung ohne Beachtung
weiterer Effekte. So zeigt sich, dass bei Gehalten der matrixaktiven Elemente außer
Cu, Zn und Si über einem gewissen Anteil die Streuungen der technologischen Eigenschaften
asymptotisch abnehmen, woraus sich der Schluss ergibt, dass ein möglichst hoher Anteil
matrixaktiver Elemente einzubringen ist. Die Praxis zeigt jedoch, dass sich die gewünschten
Werkstoffeigenschaften nur bis zu einem Gesamtgehalt von max. 3 % einstellen. Über
Gehalten von 3 % sind keine Verbesserungen der Streuungen mehr zu beobachten, da beträchtliche
unvorhersehbare Zusatzeffekte durch die überlagernden Wirkungen der Zusätze beobachtet
werden, die zu keiner weiteren Verbesserung führen.
[0050] Werkstoffeigenschaften, die durch Einsatz der erfindungsgemäßen Zusammensetzung in
ihrer Variabilität besonders in den Vordergrund treten, sind die Streckgrenze, die
Zugfestigkeit, die Bruchdehnung, die Härte, die Komgröße und die Verfestigungsfähigkeit
des Materials. Im weiteren Gang der Verarbeitung durch Kaltverformung und Glühen,
gegebenenfalls auch im Wechsel, werden entsprechende Beobachtungen gemacht.
[0051] Es folgt ein Beispiel, das die Fertigung und die Eigenschaften von Halbzeug aus dem
erfindungsgemäßen Si-haltigen Sondermessing behandelt.
[0052] Durch Kokillenguss wurden zwei zylindrische Bolzen, 0 150 mm x 300 mm, hergestellt.
Bolzen 1 hatte die Zusammensetzung 73,63 % Cu, 23,37 % Zn, 2,94 % Si, 0,01 % Sn, 0,02
% Fe, 0,01 % Ni, 0,01 % Mn, 0,006 % P. Bolzen 2 hatte die Zusammensetzung 76,65 %
Cu, 20,04 % Zn, 3,27 % Si, 0,01 % Sn, 0,01 % Fe, 0,01 % Ni, 0,01 % Mn, 0,003 % P.
Die Bolzen wurden bei 700 °C durch Strangpressen zu Rundstangen, Ø 21,5 mm, umgeformt.
Nach einer Oberflächenbehandlung durch Beizen in Schwefelsäure und Wasserstoffperoxid
erfolgte eine Kaltumformung durch Ziehen an die Endabmessung ⌀ 20 mm.
[0053] Die nachstehende Tabelle zeigt exemplarisch einige Gebrauchseigenschaften des Si-haltigen
Sondermessings im Vergleich zu Halbzeug aus CuZn37 und CuZn39Pb3, welches auf vergleichbare
Weise hergestellt wurde.
[0054] Das Beispiel veranschaulicht, dass eine Verringerung des Cu-Gehaltes zu einer deutlichen
Versprödung des Werkstoffs führt. Im Bolzen 1 ist die Kupferkonzentration um ca. 3
% geringer als im Bolzen 2. Die Folge ist eine entsprechende Abnahme der Bruchdehnung.
Bei weiterer Senkung des Cu-Anteils werden unter einem Wert von 70 % die erfindungsgemäß
vorteilhaften Eigenschaften der Legierung nicht mehr erzielt.
|
Bolzen 1 |
Bolzen 2 |
CuZn39Pb3 |
CuZn37 |
Zustand |
Rundstange,
7 % gezogen |
Rundstange,
7 % gezogen |
Rundstange,
7 % gezogen |
Rundstange,
7 % gezogen |
Dehngrenze Rp0,2 |
421 MPa |
412 MPa |
335 MPa |
300 MPa |
Zugfestigkeit Rm |
641 MPa |
697 MPa |
475 MPa |
425 MPa |
Rp0,2/Rm |
0,7 |
0,6 |
0,7 |
0,7 |
Bruchdehnung A10 |
6 % |
26 % |
18 % |
32 % |
SRK4-Test nach DIN 50916T1 (an einem aus der Stange hergestellten Drehteil - s. Bild
1) |
- |
keine Risse |
Risse |
Risse |
max. Entzinkungstiefe |
- |
165 µm |
1200 µm |
750 µm |
Spanform beim Schruppen (große ap- und f-Werte) |
- |
Bröckelspäne |
Bröckelspäne |
kurze Wendelspäne |
Spanform beim Schlichten (kleine ap- und f-Werte) |
- |
Bröckelspäne |
Bröckelspäne |
Wirrspäne |
[0055] Die Zugfestigkeit der Rundstangen, die aus dem Kupfer- und Silizium-reichen Bolzen
2 hergestellt wurden, ist deutlich höher als bei den Vergleichswerkstoffen. Der Bruchdehnungswert
liegt zwischen denen von CuZn39Pb3 und CuZn37; der Korrosionswiderstand ist beim Si-haltigen
Werkstoff am größten; bei der spanenden Bearbeitung fallen die gleichen, günstigen
Spanformen an wie beim Pb-haltigen Automatenmessing.
[0056] Die aus Bolzen 2 resultierenden Stangen wurden für Kerbschlagbiegeversuche herangezogen.
In Fig. 2 ist die Kerbschlagzähigkeit a
K in Abhängigkeit von der Temperatur für erfindungsgemäße Legierungen und Pb-haltigen
Legierungen des Standes der Technik dargestellt.
[0057] Fig. 2 zeigt zum Vergleich auch Pb-freie und Pb-haltige Messingsorten. Unter den
letztgenannten befindet sich auch das klassische Schmiedemessing CuZn40Pb2. Bei niedrigen
Temperaturen liegen die a
k-Werte unter denen der Pb-freien CuZn-Legierungen. Dies korreliert mit den vergleichsweise
günstigen Spanformen der erfindungsgemäßen Legierung. Bei Temperaturen über 600 °C
erreicht die Kerbschlagzähigkeit die Werte der Pb-freien Legierung. Demnach eignen
sich die Si-haltigen Legierungen auch für die Herstellung komplexer Gesenkschmiedeteile.
1. Kupferlegierung (Basis Cu-Zn-Si), bestehend aus (in Gew.-%):
70 bis 83 % Cu,
1 bis 5 % Si und den weiteren matrixaktiven Elementen:
0,01 bis 2 % Sn,
0,01 bis 0,3 % Fe und/oder Co,
0,01 bis 0,3 % Ni,
0,01 bis 0,3 % Mn, und
wahlweise noch bis 0,1 % P
wahlweise jeweils noch bis 0,5 % Ag, Al, As, Mg, Sb, Ti, Zr,
Rest Zn und unvermeidbare Verunreinigungen.
2. Kupferlegierung nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch,
73 bis 83 % Cu,
2,5 bis 4 % Si,
Rest Zn und unvermeidbare Verunreinigungen.
3. Kupferlegierung nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch,
73 bis 78 % Cu,
3 bis 3,5 % Si,
Rest Zn und unvermeidbare Verunreinigungen.
4. Kupferlegierung nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch,
70 bis 81 % Cu,
1,5 bis 2 % Si,
Rest Zn und unvermeidbare Verunreinigungen.
5. Kupferlegierung nach Anspruch 1, gekennzeichnet durch,
73 bis 83 % Cu,
2 bis 2,5 % Si,
Rest Zn und unvermeidbare Verunreinigungen.
6. Kupferlegierung nach einem oder mehreren der Ansprüche 2 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass 0,02 bis 0,05 % P enthalten ist.
7. Kupferlegierung nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass der Gesamtgehalt der weiteren matrixaktiven, einschließlich der wahlweise zugefügten
Elemente, einen Gesamtgehalt von 0,5 bis 3 % beträgt, bevorzugt 0,7 bis 1 %.
8. Verwendung einer Kupferlegierung nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7 für
Kontakte, Stifte oder Befestigungselemente in der Elektrotechnik.
9. Verwendung einer Kupferlegierung nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7 für
Behältnisse zum Transport oder zur Lagerung von Flüssigkeiten oder Gasen, insbesondere
für Behältnisse in der Kältetechnik oder für Rohre, Wasserarmaturen, Hahnverlängerungen,
Rohrverbinder und Ventile in der Sanitärtechnik.
10. Verwendung einer Kupferlegierung nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7 für
zug- und/oder torsionsbeanspruchte Bauteile, insbesondere für Schrauben und Muttern.
11. Verwendung einer Kupferlegierung nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7 für
recycelbare Bauteile mit niedriger Schadstoffimmission zum Schutz der Umwelt.
12. Verwendung einer Kupferlegierung nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7 für
Gesenkschmiedeteile.
13. Verwendung einer Kupferlegierung nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7 für
die Herstellung von gut fräsbaren oder stanzbaren Bändern, Blechen und Platten, insbesondere
für Schlüssel, Gravuren, dekorative Zwecke oder für Stanzgitteranwendungen.
14. Verwendung einer Kupferlegierung nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 7 als
Knet-, Walz- oder Gusslegierung.