[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Schätzung eines im Zuge einer Sprachcodierung
auftretenden Parameters, insbesondere eines Filterkoeffizienten, eines Verstärkungsfaktors,
oder einer Sprachgrundfrequenz.
[0002] In digitalen Kommunikationssystemen wie dem Internet oder Mobilfunksystemen wie beispielsweise
GSM oder UMTS werden Quellcodierverfahren, beispielsweise Sprach-, Audio-, Bildoder
Videocodierverfahren eingesetzt, um die zu übertragende Bitrate zu senken. Die Quellcodierverfahren
liefern üblicherweise einen Bitstrom, der in Rahmen aufgeteilt ist. Im Falle der Sprachübertragung
im GSM-System repräsentiert ein Rahmen sprachcodierter Bits 20 ms des Sprachsignals.
Die Bits innerhalb eines Rahmens repräsentieren unter anderem einen bestimmten Satz
an Parametern. Diese Parameter beschreiben beispielsweise die spektrale Einhüllende
des Sprachsignals, die Sprachgrundfrequenz, oder eine Signalenergie beziehungsweise
Verstärkung.
Ein Rahmen ist wiederum vielfach in Subrahmen aufgeteilt, so daß manche Parameter
einmal pro Rahmen, andere einmal pro Subrahmen übertragen werden.
Im Falle des US-TDMA Enhanced Fullrate (EFR) Sprachcodecs mit 7.4 kbps enthält ein
20 ms-Rahmen 148 bit. Ein Rahmen besteht hier aus vier Subrahmen. Die Parameter sind
hier im einzelnen:
- Die 10 Koeffizienten eines Filters, welches die spektrale Einhüllende des Sprachsignals
im Bereich des aktuellen Rahmens repräsentiert, werden mit 26 Bit pro Rahmen quantisiert.
Diese Koeffizienten werden auch Spektralkoeffizienten oder Spektralparameter genannt.
- Mittels 4x7 bit werden vier Subrahmen eines Anregungssignals für dieses Filter quantisiert.
- Mittels 2x8 bit und 2x5 bit werden vier Werte einer Sprachgrundfrequenz repräsentiert.
- Mittels 4x7 bit werden vier Verstärkungsfaktorpaare pro Rahmen vektorquantisiert.
[0003] Zusammenfassend läßt sich also sagen, daß die Bits innerhalb eines Rahmens im allgemeinen
einen bestimmten Satz an Parametern repräsentieren, welcher abhängig vom jeweils verwendeten
Quellcodierverfahren ist.
[0004] Dem digitalisierten Signal innerhalb eines Rahmens wurde auf der Sendeseite durch
die sogenannte Quellcodierung Redundanz entzogen. Auf der Empfangsseite wird dies
durch die Quelldecodierung, etwa die Sprachdecodierung, weitgehend rückgängig gemacht.
[0005] Es kann nun passieren, daß einzelne oder auch mehrere aufeinanderfolgende Rahmen
verlorengehen oder von einer Netzkomponente als unbrauchbar gekennzeichnet werden.
Diese Rahmen, sogenannte "bad frames", können oder sollen dann nicht genutzt werden.
Der Quelldecodierer, beispielsweise der Sprachdecodierer, muß auf der Empfangsseite
Maßnahmen ergreifen, daß ein solcher Rahmenverlust nach Möglichkeit nicht hörbar beziehungsweise
im Falle von Bild- oder Videoübertragungen nicht sichtbar wird.
[0006] Im allgemeinen liegt auf der Empfangsseite ein Indikator vor, der anzeigt, ob ein
Rahmen fehlerfrei empfangen wurde, der sogenannte bad frame indicator (BFI). BFI =
0 bedeutet im folgenden, daß man davon ausgeht, daß der empfangene Rahmen korrekt
ist, während BFI = 1 auf einen Fehler hindeutet, beispielsweise daß kein Rahmen rechtzeitig
empfangen wurde oder ein gestörter Rahmen empfangen wurde. Natürlich können Bitfehler,
das heißt die Umkehrung einzelner Bits, innerhalb eines Rahmens je nach Systemgegebenheiten
auftreten. Diese sollen aber im weiteren entweder keine differenzierte Behandlung
auf der Empfangsseite erfahren, oder der entsprechende Rahmen wird mit BFI = 1 gekennzeichnet.
[0007] Bisher wird im Falle BFI = 1 aus der Vergangenheit des schon decodierten Sprachsignals
beispielsweise durch Korrelationsbildung der gegenwärtige Sprachsignalrahmen geschätzt.
Alternativ sind Verfahren bekannt, die aus der Vergangenheit der Sprachcodecparameter
die Parameter des aktuellen Rahmens schätzen, und dann den Decodierer in ähnlicher
Weise arbeiten lassen, als wären diese geschätzten Parameterwerte korrekt. Hierbei
handelt es sich in der Regel um extrapolative Verfahren, die nur auf die schon empfangenen
Bits oder Parameterwerte zurückgreifen.
[0008] Bei der Sprachübertragung über das Internet, beispielsweise Voice over IP (VoIP),
oder bei der Sprachübertragung über das Internet in Verbindung mit einem Mobilkommunikationssystem
(wie beispielsweise GSM oder UMTS) ist empfangsseitig ein Pufferspeicher (Buffer)
erforderlich, da empfangene Pakete nicht in einem festen Zeitraster eintreffen, sondern
mit unterschiedlichen Verzögerungszeiten ankommen (delay jitter). Ein solcher Pufferspeicher
kann gegebenenfalls mehrere Rahmen an Länge umfassen, wodurch zu häufige Rahmenverluste
auf Kosten einer erhöhten Übertragungsverzögerung verhindert werden können. Es tritt
jedoch auch häufig der Fall ein, daß mehrere aufeinanderfolgende Rahmen verlorengehen,
aber der darauffolgende Rahmen korrekt empfangen ist. In solchen Fällen ist bei der
Verwendung eines Pufferspeichers eine Interpolation der Sprachcodecparameter der verlorengegangenen
Rahmen anstelle einer konventionellen Extrapolation vorteilhaft, da sie im Allgemeinen
genauer ist. Eine einfache Lösung wäre eine lineare Interpolation auf der Basis der
Parameterwerte des letzten decodierten Rahmens (Zeitpunkt t=n-1) und der Parameterwerte
des korrekt empfangenen Rahmens (Zeitpunkt t=m>n) über alle m-n dazwischenliegenden
verlorengegangenen Rahmen (Zeitpunkte t=n, n+1, ..., m-1). Ein Pufferspeicher und
damit eine Parameterinterpolation kann auch bei Streaming-Anwendungen realisiert werden,
da sie in der Regel nicht sensitiv bezüglich der Verzögerungszeit sind, siehe z.B.
EP-A-0459358.
[0009] Nachteilig wirkt sich jedoch dabei aus, daß es Parameter gibt, die nicht einfach
interpoliert werden können. Dazu zählen oftmals die Verstärkungsfaktoren, die Sprachgrundfrequenzwerte
oder auch die Spektralparameter V_i(t) eines Sprachrahmens zum Zeitpunkt t, weil sie
differentiell codiert sind. Ein Spektralparameter V_i(t) eines Sprachrahmens ist im
Falle einer Sprachcodierung beispielsweise der Filterkoeffizient des zeitabhängigen,
digitalen Filters, mit dessen Hilfe der Vokaltrakt modelliert wird:
Sprache wird beispielsweise mittels des LPC-Prinzips (Linear Predictive Coding) codiert.
Stimmhafte Laute werden in diesem Falle über eine periodische Folge von Impulsen generiert,
stimmlose Laute beispielsweise mittels eines Zufallsrauschens-Generators (Random Noise
Generator). Plosivlaute werden mit Hilfe einer Veränderung der Verstärkung, und der
Stimmtrakt mit Hilfe eines zeitlich variierenden digitalen Filters simuliert. Die
Koeffizienten dieses variierenden digitalen Filters erhält man mit Hilfe der linearen
Prädiktion, also einer Vorhersage des folgenden Wertes auf der Basis von vorhergehenden
Werten.
[0010] Unter differentieller oder prädiktiver Codierung versteht man eine Codierung eines
Parameters zu einem Zeitpunkt n, bei der auch Werte des Parameters zu vor dem Zeitpunkt
n liegenden Zeiten miteinbezogen werden.
[0011] Ein Parameter im Sinne der nachfolgenden Ausführungen kann beispielsweise ein Verstärkungsfaktor,
eine Sprachgrundfrequenz oder ein Spektralparameter sein. Übliche Darstellungsformen
von Spektralparametern sind beispielsweise die Filterkoeffizienten selbst (in sogenannter
direkter Form), Autokorrelationskoeffizienten, Reflexionskoeffizienten oder sogenannte
Log-area-Ratios. Eine State-of-the-Art-Darstellung sind beispielsweise die ISF (imittance
spectral frequencies), LSF (line spectral frequencies) beziehungsweise LSP (line spectral
pairs). Der Einfachheit halber wird ein Parameter im folgenden ohne Beschränkung der
Allgemeinheit als Spektralkoeffizient angenommen.
[0012] Eine differentielle Codierung und Decodierung des Parameters V_i(t) kann beispielsweise
in folgender Weise erfolgen: Sendeseitig wird ein Differenzsignal X_i(t=n) bestimmt
gemäß:
wobei V_i(n) der zu codierende Parameter ist, a_i ein Prädiktionskoeffizient, und
Q[X_i(n-1)] das quantisierte Differenzsignal, das für die Codierung von V_i(n-1) im
vorangegangenen Rahmen bestimmt worden ist. Zur Quantisierung wird oftmals eine sogenannte
Vektorquantisierung verwendet. Darunter versteht man die gemeinsame Quantisierung
mehrerer X_i(n) für bestimmte Werte von i. Eine Vektorquantisierung kann auch die
gemeinsame Quantisierung zweier oder mehrerer unterschiedlicher, in einem Sprachcodierverfahren
auftretenden Parametertypen bedeuten. Im beschriebenen Fall könnte eine Vektorquantisierung
folgendermaßen aussehen: i=1,2,3, und i=4,5,6 und i=7,8,9,10. Das quantisierte Differenzsignal
Q[X_i(n)], i=1,2,...,10 wird also durch eine Anzahl von Bits repräsentiert, beispielsweise
26 Bit pro Rahmen, und übertragen.
Aus Gleichung (1) ist ersichtlich, daß eine derartige Codierung zu einer Datenkompression
führt: Der Speicheraufwand für die Differenzwerte X_i, welche die Differenz von beinahe
gleich großen Zahlen darstellen, ist geringer als für die Werte von V_i.
[0013] Empfangsseitig wird ein quantisierter Wert W_i(n) des Spektralparameters V_i(n) aus
dem aktuell empfangenen Differenzsignalwert Q[X_i(n)] und dem zuvor empfangenen Q[X_i(n-1)]
rekonstruiert:
[0014] Die hier beschriebene Form der Parameterdecodierung ist üblich in vielen gegenwärtig
benutzten Codierverfahren, unter anderem beispielsweise im AMR- und EFR-Sprachcodierer
(adaptive multi-rate beziehungsweise enhanced full-rate). Prinzipiell sind natürlich
auch höhere Ordnungen der Prädiktion vorstellbar. Üblicherweise werden die in den
Gleichungen (1), (2) genannten Vorschriften für den um den Mittelwert geminderten
Parameterwert durchgeführt. Der Mittelwert wird zum Schluß als Addition einer Konstanten
wieder hinzugefügt.
[0015] Eine prädiktive Codierung, wie sie oben beispielhaft dargestellt ist, weist für eine
interpolative Bestimmung der Spektralkoeffizienten fehlender Rahmen Nachteile auf:
[0016] Bei einer prädiktiven Quantisierung erster Ordnung (siehe Gleichungen (1) und (2))
ist es für eine interpolative Bestimmung des quantisierten Parameterwertes W_i(n)
erforderlich, daß zwei aufeinanderfolgende Werte des quantisierten Differenzsignales
{Q[X_i(m)], Q[X_i(m+1)]} empfangen werden, was gerade bei paketvermittelten Übertragungsweisen
oft nicht der Fall ist. Dieser Sachverhalt wird im folgenden etwas genauer beleuchtet;
dazu wird das quantisierte Differenzsignal Q[X_i(n)] im folgenden als Größe Y_i(n)
bezeichnet:
[0017] Es gilt also:
[0018] Es sei im folgenden angenommen, daß der letzte, bereits gemäß Gleichung (3) decodierte
Rahmen zum Zeitpunkt t = n-1 gehört, und daß aktuell der Rahmen t = n decodiert werden
soll, aber BFI(n) = 1 gilt, also ein "schlechter" Rahmen vorliegt. Es sei nun der
Rahmen t = m > n der erste Rahmen nach t = n-1, für den BFI = 0 gilt. Die Spektralkoeffizienten
aller anderen m-n dazwischenliegenden Rahmen mit BFI = 1 sollen nun interpoliert werden.
Der Spektralkoeffizient W_i(n-1) bildet nun die untere (das heißt in der Vergangenheit
liegende) Stützstelle der Interpolation. Der Spektralkoeffizient W_i(m) sollte normalerweise
die obere (das heißt in der Zukunft liegende) Stützstelle der Interpolation bilden.
Er kann bei prädiktiver Codierung jedoch nicht berechnet werden, da für Gleichung
(3) zwar die Größe Y_i(m) empfangen wurde, Y_i(m-1) aber nach Voraussetzung fehlt.
Erst nach zwei aufeinanderfolgenden korrekt empfangenen Rahmen m und m+1 könnte ein
Spektralkoeffizient W_i(m+1) = a_i * Y_i(m) + Y_i(m+1) berechnet werden und empfangsseitig
als Stützstelle zu einer Interpolation dienen. Dies verlangt jedoch prinzipiell eine
zusätzliche Verzögerung von einem Rahmen, was zumindest für bidirektionale Sprachübertragung
ein erhebliches Problem darstellt, beziehungsweise zwei aufeinanderfolgende Rahmen
mit BFI = 0, was insbesondere bei paketvermittelten Übertragungsmodi nicht immer gegeben
ist.
[0019] Bei Prädiktion L-ter Ordnung verschärft sich das Problem bei den oben genannten Aspekten
entsprechend: Die differentielle Decodierung nach Gleichung (2) erfordert L+1 aufeinanderfolgende
Größen oder Differenzsignale Y_i(t), das heißt zur Interpolation der Spektralkoeffizienten
vorangegangener Rahmen mit BFI = 1 muß eine Anzahl von L+1 aufeinanderfolgenden korrekten
Rahmen empfangen werden, um im letzten dieser Rahmen wieder einen völlig fehlerfreien
Satz von Spektralkoeffizienten und damit eine obere Stützstelle zur Interpolation
zu erhalten.
[0020] Auch wenn in gängigen Sprachcodierverfahren aus dem Grunde der Fehlerfortpflanzung
oftmals eine lineare Prädiktion mit L=1 gewählt ist, so läßt sich zusammenfassend
sagen, daß doch zwei aufeinanderfolgende korrekte Rahmen empfangen werden müssen,
bevor man wieder einen korrekten Spektralkoeffizienten W_i(m+1) erhält. Dies ist statistisch
gesehen natürlich weniger wahrscheinlich, als der Empfang eines korrekten Rahmens.
Diese Tatsache resultiert in der Regel in höheren Verzögerungszeiten, was für echtzeit-sensitive
Applikationen nicht tolerierbar ist.
[0021] Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren anzugeben,
mit dem sich Codecparameter empfangsseitig bestimmen lassen, auch wenn die zugrundeliegenden
Daten in einzelnen oder mehreren aufeinanderfolgenden Zeitbereichen fehlen.
[0022] Diese Aufgabe wird durch den unabhängigen Anspruch 1 gelöst. Weiterbildungen ergeben
sich aus den abhängigen Ansprüchen.
[0023] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur empfangsseitigen Schätzung eines zeitlich
variablen Parameters zu einem n-ten Zeitpunkt. Der Parameter wurde sendeseitig prädiktiv
codiert und wird empfangsseitig in Abhängigkeit von mindestens zwei Größen interpolativ
ermittelt. Eine Stützstelle der Interpolation, die erste Größe, bildet ein früherer
Wert des Parameters, der bereits decodiert wurde, eine zweite Stützstelle der Interpolation,
die zweite Größe, wird durch extrapolative Maßnahmen ermittelt.
Die interpolative Ermittlung des Parameters kann mittels bekannter Interpolationsmaßnahmen,
beispielsweise mittels linearer Interpolation zwischen erster und zweiter Größe erfolgen.
Bei einer Ausführungsvariante wird zur Interpolation auch eine gewichtete Summation
verwendet.
[0024] Der Vorteil dieses Verfahrens liegt darin, daß eine Interpolation zur Ermittlung
des Parameters durchgeführt werden kann, sobald die zweite Größe bekannt ist.
[0025] Die Erfindung betrifft ferner ein Verfahren zur empfangsseitigen Schätzung eines
einem n-ten Rahmen zugeordneten Codecparameters. Der Codecparameter ist sendeseitig
prädiktiv codiert und wird empfangsseitig als Funktion von zumindest zwei Signalen
mittels einer Interpolation bestimmt. Eine Stützstelle der Interpolation wird durch
den zuvor decodierten Parameter des (n-1)-ten Rahmens gebildet, eine weitere Stützstelle
wird durch den Parameter des m-ten Rahmens mit m > n gebildet, welcher durch extrapolative
Maßnahmen ermittelt wurde.
[0026] Eine Weiterbildung besteht darin, daß eine Interpolation dann erfolgt, sobald die
Daten eines korrekten Rahmens vorliegen. Dies hat den Vorteil einer kurzen Verzögerungszeit
bei gleichzeitigem Einsatz einer interpolativen Maßnahme zur Parameterschätzung.
[0027] Eine andere Weiterbildung sieht vor, daß die Qualität des Empfangs durch eine Indikatorgröße
angezeigt wird. Diese Indikatorgröße kann z. B. der "bad frame"-Indicator BFI sein.
[0028] Die Erfindung wird im Folgenden anhand einiger Ausführungsbeispiele genauer erläutert.
Im weiteren zeigt
- Figur 1
- die Simulationsergebnisse einer GSM-Vollratenkanal-Übertragung, wobei die Ergebnisse
verschiedener Extrapolationsmethoden dargestellt sind.
[0029] In einer möglichen Ausführungsform werden die differentiell codierten Parameter einem
Vorgehen unterzogen, welches aus zwei Schritten besteht: Zunächst werden die Parameter
der Rahmen, bei denen ein schlechter Empfang, BFI = 1, vorliegt, extrapolativ geschätzt.
Auf dieser Grundlage kann nun der erste wieder korrekt empfangene Rahmen decodiert
werden. Er bildet dann die Basis für eine interpolative Neuschätzung der Parameter
der davorliegenden Rahmen mit BFI = 1.
[0030] Bei jedem empfangenen Rahmen mit BFI = 1, also einem nicht fehlerfrei vorliegenden
Rahmen, ist es vorgesehen, zunächst eine konventionelle Extrapolation der Parameter
vorzunehmen. Dies umfaßt (zumindest im letzten Rahmen mit BFI=1 vor einem Rahmen mit
BFI=0) bei differentiell codierten Parametern eine Berechnung des quantisierten Differenzsignals
oder der Größe Y "im Nachhinein". Dieses konventionelle Vorgehen sieht im eingangs
angegebenen Beispiel vor, daß nach der extrapolativen Bestimmung von W_i(n) im Rahmen
t = n nach Gleichung (3) die Größe Y_i(n) bestimmt wird durch Umstellung von Gleichung
(3):
[0031] Damit liegt zum Zeitpunkt t = n+1 wieder ein Differenzsignal des vorangegangenen
Rahmens vor, also Y_i(n), so daß jederzeit wieder mittels Gleichung (3) decodiert
werden kann. Durch das (vorläufige) extrapolative Vorgehen kann also eine obere Stützstelle
W_i(m) bestimmt werden, wenn denn nur für den Rahmen m BFI(m) = 0 gilt. Kein weiterer
korrekter Rahmen ist erforderlich. Die Interpolation der m-n zurückliegenden Rahmen
kann direkt zum Zeitpunkt t = m erfolgen.
[0032] Wegen des Gedächtnisses der differentiellen Codierung ist die Stützstelle W_i(m)
mit Fehlern behaftet. Dieser Fehler verschwindet vollständig nur beim Empfang von
L aufeinanderfolgenden Rahmen mit BFI = 0. Eigene, zum Testen dieses Verfahrens durchgeführte
Simulationen zeigen jedoch, daß W_i(m) als obere Stützstelle verwendet werden kann,
um eine gegenüber dem Stand der Technik wesentlich verbesserte Approximation der Parameter
zu ermöglichen. Der wesentliche Vorteil dieses Verfahrens ist, dass ein Fehlerburst,
das heißt eine Folge von m-n bad frames, durch Abwarten eines einzigen korrekten Rahmens
interpoliert werden kann, und zwar auch, wenn differentiell codierte Parameter vorhanden
sind. Keine zusätzliche Verzögerung ist nötig; außerdem wird der statistisch seltenere
Fall von L aufeinanderfolgenden Rahmen mit BFI = 0 nicht vorausgesetzt.
[0033] In einem ersten Ausführungsbeispiel werden nun differentiell, mit einer Prädiktion
erster Ordnung, also L=1, codierte Parameter betrachtet:
[0034] Dazu werden folgende Annahmen getroffen:
- Der Spektralkoeffizient W_i(n-1) sei bereits decodiert,
- Y_i(n-1) liege entweder empfangen [BFI(n-1)=0] oder nach Gleichung (4) rekonstruiert
vor [BFI(n-1)=1].
- Als Resultat des nachfolgend genannten rekursiven Algorithmus' liegen auch Y_i(n),
..., Y_i(n+K-1) vor.
- Der aktuelle Zeitpunkt sei t = n+K, zu diesem Zeitpunkt solle der Spektralkoeffizient
W_i(n) bestimmt werden.
Das heißt also, daß eine Zeitverzögerung von K Rahmen zur Interpolation erlaubt ist.
Das Vorgehen erfolgt nun in zwei Schritten:
a) Operationen am Rahmen n+K:
Falls BFI(n+K) = 0: Berechne W_i(n+K) nach Gleichung (3).
Falls BFI(n+K) = 1: Berechne eine vorläufige extrapolierte Version W_i(n+K) mit einem
beliebigen extrapolativen Verfahren.
b) Decodiere den Rahmen n:
Falls BFI(n) = 0: Berechne W_i(n) nach Gleichung (3).
Falls BFI(n) = 1: Berechne m > n, wobei m der erste Rahmen mit BFI(m) = 0 nach dem
Rahmen n ist.
Falls m > n+K: Berechne mit einem beliebigen Extrapolationsverfahren W_i(n).
Falls m <= n+K: Dann liegt für Rahmen m als korrekt empfangener Rahmen ja bereits
ein vorläufig extrapolativ bestimmter Spektralkoeffizientwert W_i(m) vor. Er bildet
die obere (oder zukünftige) Stützstelle für eine Interpolation des Parameters W_i(n).
Die untere (oder zurückliegende) Stützstelle sei der Spektralkoeffizient W_i(n-1).
Man kann nun zum Beispiel eine lineare Interpolation durchführen. Dies geschieht
unter Berücksichtigung der zeitlichen Abstände des Rahmens n zu den Stützstellen durch:
Die obere Stützstelle W_i(m) ist bereits vorläufig extrapolativ bestimmt, die untere
Stützstelle W_i(n-1) bereits endgültig decodiert.
[0035] In Figur 1 ist eine Simulation einer GSM-Vollratenkanal-Übertragung mit diversen
C/I-Verhältnissen (carrier-tointerferer-ratio), welche die Kanalqualität beschreiben,
zu sehen. Für die Kurven ist die spektrale Verzerrung (spectral distortion, SD), ein
übliches Qualitätsmaß für die Codierung beziehungsweise Übertragung von Spektralkoeffizienten
gegen das C/I-Verhältnis aufgetragen. Je höher die SD ist, umso schlechter ist die
empfangsseitige Sprachqualität.
[0036] Kurve 1 zeigt eine Extrapolation, wie sie in bisherigen Decodierungsmethoden verwendet
wird. Die Kurven 2 bis 5 zeigen die Ergebnisse für das obige Ausführungsbeispiel in
Abhängigkeit von der Größe K, welche die maximal erlaubte Zeitverzögerung in Rahmen
angibt. Dabei weist Kurve 2 eine Verzögerung um einen Rahmen (K=1), Kurve 3 eine Verzögerung
um zwei Rahmen (K=2), Kurve 4 eine Verzögerung um drei Rahmen (K=3) und Kurve 5 eine
Verzögerung von vier Rahmen (K=4) auf.
[0037] Man sieht, daß schon mit einer Verzögerung von einem einzigen Rahmen (K=1) ein enormer
Gewinn zu erzielen ist, mehr als K=2 zukünftige Rahmen bringen keinen großen zusätzlichen
Gewinn. Diese Simulationsergebnisse sind äußerst vorteilhaft für die Übertragung echtzeitsensitiver
Applikationen, da hier ja nur eine geringe Verzögerung erlaubt ist. Bei sehr niedrigen
C/I-Verhältnissen sieht man jedoch leichte Unterschiede für die verschiedenen Verzögerungswerte
(K=1,2,3,4). Die Ursache hierfür ist, daß bei einem derart schlechten C/I-Verhältnis
häufig mehrere aufeinanderfolgende Rahmen "bad frames" sind.
[0038] Neben den oben erläuterten Beispielen liegt eine Vielzahl weiterer Ausführungsvarianten
im Rahmen der durch die Patentansprüche definierten Erfindung, die hier nicht weiter
beschrieben werden. Sie lassen sich aber anhand der vorausgegangenen Ausführungen
vom Fachmann ohne großen Aufwand in die Praxis umsetzen.