(19)
(11) EP 1 464 611 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
06.10.2004  Patentblatt  2004/41

(21) Anmeldenummer: 04006657.3

(22) Anmeldetag:  19.03.2004
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC)7B66D 1/48
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IT LI LU MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL LT LV MK

(30) Priorität: 31.03.2003 DE 10314724

(71) Anmelder: Demag Cranes & Components GmbH
58300 Wetter (DE)

(72) Erfinder:
  • Schröder, Eberhard
    58553 Halver (DE)
  • Persico, Giuliano
    58300 Wetter (DE)

(74) Vertreter: Moser, Jörg Michael, Dipl.-Ing. 
Rosastrasse 6 A
45130 Essen
45130 Essen (DE)

   


(54) Verfahren zur Laufberuhigung einer Gliederkette eines Kettenzuges, insbesondere zur Verhinderung der Ausbildung einer Resonanzschwingung der Gliederkette, und einen Kettenzug hierfür


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Laufberuhigung einer Gliederkette eines Kettenzuges, insbesondere zur Verhinderung der Ausbildung einer Resonanzschwingung der Gliederkette, in dem eine Gliederkette über ein polygonales Kettenrad mit ungleichförmiger Teilung geführt wird, das von einem Elektromotor angetrieben wird.
Um ein Verfahren zur Verhinderung der Ausbildung einer Resonanzschwingung der Gliederkette zu schaffen, wird vorgeschlagen, dass der Geschwindigkeit des Kettenrades (4) eine periodische und/oder stochastische sowie dämpfende Steuergröße überlagert wird und die dämpfende Steuergröße eine Änderung der Kettengeschwindigkeit in Art bewirkt, dass eine Ausbildung einer Resonanzschwingung verhindert wird.
Der Kettentrieb mit verminderten Polygoneffekt zeichnet sich dadurch aus, dass dem Elektromotor (2) ein elektronischer Dämpfer (8) vorgeschaltet ist, der eine Steuerung des Elektromotors (2) in der Art bewirkt, dass eine Ausbildung einer Resonanzschwingung der Gliederkette (5) verhindert wird.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Laufberuhigung einer Gliederkette eines Kettenzuges, insbesondere zur Verhinderung der Ausbildung einer Resonanzschwingung der Gliederkette, in dem eine Gliederkette über ein polygonales Kettenrad mit ungleichförmiger Teilung geführt wird, das von einem Elektromotor angetrieben wird. Auch betrifft die Erfindung einen Kettenzug mit einer über ein polygonales Kettenrad geführten Kette und mit einem auf das Kettenrad wirkenden Elektromotor.

[0002] Aus der deutschen Patentanmeldung DE 1 531 307 A1 ist ein Kettenzug mit einem elektromotorischen Antrieb bekannt. Der Kettenzug besteht im Wesentlichen aus einem von dem Elektromotor angetriebenen Kettenrad, über das die Kette, insbesondere eine Rundstahlkette, mit einem Lastaufnahmemittel geführt ist. Das Kettenrad ist hierbei als sogenanntes Taschenrad ausgebildet, dessen Taschen die Kettenglieder der Kette zur Übertragung der Hubkräfte formschlüssig aufnehmen. Dabei wechseln ein liegendes und ein stehendes Kettenglied sich im Ablauf von dem Kettenrad ab. Entsprechend dem Krümmungsverhalten der Kette hat das Kettenrad einen ungleichmäßigen polygonalen Umfang. Dieser polygonale Umfang des Kettenrades bedingt, dass beim Ablauf der Kette von dem Kettenrad der wirksame Radius des Kettenrades sich winkelabhängig ändert und somit die Geschwindigkeit der Kette entsprechend periodisch schwankt. Die periodischen Schwankungen treten somit auch bei konstanter Drehzahl des Elektromotors auf. Damit verbunden sind ein unruhiger Lauf der Kette, eine ständige Schwellbelastung des Kettenzugs und etwaig auftretende störende Resonanzeffekte.

[0003] Um die Schwankungen der Ablaufgeschwindigkeit der Kette vom Kettenrad zu verringern, ist bekannt, das an dem Elektromotor angeordnete Abtriebszahnrad und das hiermit kämmende Antriebszahnrad des Kettenrades jeweils in einer von der Kreisform abweichenden Form also unrund auszuführen, um somit dem zuvor beschriebenen Polygoneffekt entgegenwirkend die Drehzahl des Kettenrades schwellen zu lassen.

[0004] Dieses mechanisch wirkende Ausgleichssystem kann nur begrenzt zu einer Vergleichmäßigung der Ablaufgeschwindigkeit einer Kette eines Kettenzugs führen, da es beim Polygoneffekt nur die mathematischen Glieder mit niedriger Ordnung berücksichtigt. Außerdem erfordern diese mechanisch wirkenden Ausgleichssysteme einen erhöhten konstruktiven Aufwand.

[0005] Des Weiteren ist aus der deutschen Offenlegungsschrift DE 199 58 709 A1 ein Verfahren und eine Einrichtung zum Reduzieren des Polygoneffektes im Umlenkbereich von Personenförderanlagen, insbesondere von Rolltreppen oder Rollsteigen, bekannt. Die Personenförderanlagen weisen eine endlos umlaufende Laschenkette bzw. sogenannte Gallsche Kette auf, die zwischen zwei Umlenkrädern umläuft und zumindest im Bereich ihres Obertrums rollend abgetragen wird. Die Laschenkette bzw. Gallsche Kette und auch die Umlenkräder zeichnen sich durch eine gleichmäßige Teilung aus. Eines der beiden Umlenkräder wird von einem Elektroantrieb angetrieben. Zum Reduzieren des beim Umlauf der Laschenkette um die Umlenkräder auftretenden Polygoneffektes wird der Drehzahl des Umlenkrades eine andersartige Drehzahl überlagert. Im Ergebnis wird der elektrische Antrieb über einen Frequenzumrichter in der Art angesteuert, dass dieser mit einer nicht konstanten Drehzahl umläuft. Eine dem Frequenzumrichter zugeordnete Regeleinrichtung verarbeitet als Eingangssignale die Phasenlage des Umlenkrades und/oder die Geschwindigkeit der Kette.

[0006] Eine Weiterentwicklung der vorbeschriebenen Einrichtung zum Reduzieren des Polygoneffektes im Umlenkbereich von Personenförderanlagen, insbesondere von Rolltreppen oder Rollsteigen, ist aus der deutschen Patentschrift DE 101 20 767 C2 bekannt. Dort wird eine positionsabhängige Steuerung der Geschwindigkeit der Kette dahingehend herbeigeführt, dass die Geschwindigkeitsschwankungen ermittelt werden, die am Kettenstrang beim Antrieb mit im Wesentlichen konstanter Drehfrequenz entstehen. Ein Ausgleich der ermittelten Geschwindigkeitsschwankungen soll dann dadurch erreicht werden, dass das Umlenkrad mit ungleichförmiger Drehfrequenz betrieben wird und hierzu eine mathematische Funktion ermittelt wird, die im Betriebszustand lediglich mit der Winkellage des Umlenkrades synchronisiert wird.

[0007] Die vorbeschriebenen Verfahren und Einrichtungen zum Reduzieren des Polygoneffektes im Umlenkbereich von Personenförderanlagen beziehen sich auf eine endlose umlaufende Laschenkette. Diese Laschenkette weist in üblicher Weise eine feste Länge auf, hat eine gleichen Teilung und ist zumindest im Bereich des Obertrums abgestützt. Der auftretende Polygoneffekt ist somit abhängig von der gleichförmigen Teilung des Kettenrades. Dadurch dass die Laschenkette zumindest im Bereich der Laschenkette aufliegt, erfährt diese eine starke Dämpfung. Außerdem ist der auftretende und zu reduzierende Polygoneffekt durch die feste Länge der Laschenkette leichter zu beherrschen.

[0008] Ausgehend von diesem Stand der Technik liegt der vorliegenden Erfindung die Aufgabe der Erfindung zu Grunde, ein Verfahren zur Laufberuhigung einer Gliederkette eines Kettenzuges, insbesondere zur Verhinderung der Ausbildung einer Resonanzschwingung der Gliederkette, und einem Kettenzug hiermit zu optimieren.

[0009] Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zum Vermindern des Polygoneffekts bei einem Kettentrieb, insbesondere bei einem Hebezeug, mit den Merkmalen des Anspruchs 1 und durch einen Kettentrieb, insbesondere für ein Hebezeug, durch die im Anspruch 7 angegebenen Merkmale gelöst. Durch die kennzeichnenden Merkmale der Unteransprüche 2 bis 6 beziehungsweise 8 bis 11 ist die Erfindung in vorteilhafter Weise weiter ausgestaltet.

[0010] Erfindungsgemäß wird bei einem Verfahren zur Laufberuhigung einer Gliederkette eines Kettenzuges, insbesondere zur Verhinderung der Ausbildung einer Resonanzschwingung der Gliederkette, in dem eine Gliederkette über ein polygonales Kettenrad mit ungleichförmiger Teilung geführt wird, das von einem Elektromotor angetrieben wird, eine Vermeidung von Resonanzschwingungen, dadurch erreicht, dass der Geschwindigkeit des Kettenrades eine periodische und/oder stochastische sowie dämpfende Steuergröße überlagert wird und die dämpfende Steuergröße eine Änderung der Kettengeschwindigkeit in Art bewirkt, dass eine Ausbildung einer Resonanzschwingung verhindert wird. Dieses Verfahren verhindert die Anregung der Eigenresonanzen im Bereich des Hubweges mit sich ändernder wirksamer Kettenlänge und für unterschiedliche Lasten.

[0011] Zur Nachbildung eines gedämpften kinetischen Models wird der Elektromotor über einen elektronischen Dämpfer angesteuert.

[0012] In bevorzugter Ausgestaltung ist vorgesehen, dass dem elektronischen Dämpfer als erste Eingangsgröße eine Soll-Drehzahl des Kettenrades und als zweite Eingangsgröße ein Ist-Winkel des Kettenrades zugeführt werden und in dem elektronischen Dämpfer aus den beiden Eingangsgrößen eine dämpfende Steuergröße errechnet wird, die in Form einer gedämpften Drehzahl an den Elektromotor übergeben wird.

[0013] Vorzugsweise wird als dämpfende Steuergröße eine Dämpfungskraft in dem elektronischen Dämpfer berechnet, die proportional der Geschwindigkeitsschwankungsamplitude der Last ist und aus dem sensorisch erfassten Ist-Winkel berechnet wird.

[0014] Das Verfahren überwacht sich in vorteilhafter Weise selbst, in dem die Wirkung einer sich aufbauenden Resonanzschwingung durch Sensorik erfasst wird und bei Bedarf die dämpfende Steuergröße verändert wird.

[0015] Die Ansteuerung des Elektromotors kann vereinfacht werden, wenn eine konstante Last von dem Kettenzug zu handhaben ist. Dann wird in einer Geschwindigkeitsvorsteuerung wegabhängig die Kettengeschwindigkeit mit einem programmierbaren Geschwindigkeitsmuster zur Vermeidung der Ausbildung einer Resonanzschwingung der Gliederkette überlagert.

[0016] Außerdem wird bei einem Kettenzug mit einer über ein polygonales Kettenrad geführten Kette und mit einem auf das Kettenrad wirkenden Elektromotor, eine Reduzierung der Auswirkungen des Polygoneffekts dadurch erreicht, dass dem Elektromotor ein elektronischer Dämpfer vorgeschaltet ist, der eine Steuerung des Elektromotors in der Art bewirkt, dass eine Ausbildung einer Resonanzschwingung der Gliederkette verhindert wird.

[0017] In vorteilhafter Weise werden durch den elektronischen Dämpfer ein ruhiger Lauf der Kette, eine geringere Schwellbelastung des Kettenzugs und kaum auftretende störende Resonanzeffekte erreicht. Der elektronische Dämpfer kann besonders vorteilhaft an eine Veränderung der Dämpfungsparameter angepasst werden.

[0018] Besonders vorteilhaft ist, dass dem elektronischen Dämpfer als erste Eingangsgröße eine Soll-Drehzahl des Kettenrades und als zweite Eingangsgröße ein Ist-Winkel des Kettenrades zugeordnet ist. Bevorzugt wird am Kettenrad ein Sensor in Form eines Impulsgebers zur impulsweisen Ermittlung des Ist-Winkels angeordnet, von dem pro Kettenradumdrehung mindestens ein winkelsynchroner Impuls erzeugt wird. Die augenblickliche Winkellage wird dann durch Interpolation zwischen zwei aufeinander folgenden Impulsen bestimmt.

[0019] Der elektronische Dämpfer ist vorzugsweise als Vorsteuerglied ausgebildet, welches Bestandteil eines offenen Regelkreises ist. Diese Lösung ist gegenüber einem auch möglichen geschlossenen Regelkreis mit einem Zustandsregler weniger aufwendig.

[0020] In einer bevorzugten Ausgestaltung wird eine empirische Optimierung der dämpfenden Steuergröße dadurch erreicht, dass mindestens Sensor die Wirkung einer sich aufbauenden Resonanzschwingung erfasst und bei Bedarf die dämpfende Steuergröße verändert wird.

[0021] Die Erfindung wird nachfolgend anhand einer Zeichnung beschrieben. Es zeigen:
Figur 1
ein Blockschaltbild eines erfindungsgemäß ausgebildeten Kettenzug mit einem elektronischem Dämpfer und
Figur 2
ein Kraft-Zeit-Diagramm der polygonerregten Kettenschwingung eines Kettenzugs nach dem Stand der Technik und
Figur 3
ein Kraft-Zeit-Diagramm der polygonerregten Kettenschwingung eines erfindungsgemäßen Kettenzugs.


[0022] Die Figur 1 zeigt ein Blockschaltbild eines erfindungsgemäß ausgebildeten Kettentriebs in Anwendung für einen Kettenzug 1 zum Heben und Senken von Lasten 6, von dem schematisch ein Elektromotor 2, ein mit dessen nicht dargestellter Abtriebswelle verbundenes Getriebe 3 und ein mit dessen wiederum nicht dargestellter Abtriebswelle verbundenes Kettenrad 4 zu erkennen sind. Das Kettenrad 4 ist in herkömmlicher Weise als Taschenrad mit einem polygonalen Umfang und mit einer ungleichförmigen Teilung für die Aufnahme der relativ zueinander verschwenkbaren Kettenglieder der Gliederkette 5 ausgebildet. Das Entsprechend der ungleichförmigen Teilung des Kettenrades 4 ist die Kette 5 mit ihren Kettengliedern in der Weise um das Kettenrad 4 geführt, dass die einzelnen Glieder abwechselnd hintereinander stehend und liegend mit dem Kettenrad 4 in Eingriff kommen. Die Gliederkette 5 ist als Rundstahlkette ausgebildet und dient in üblicher Weise als Tragorgan für die zu hebende beziehungsweise abzusenkende Last 6, die an dem unteren Ende der Kette 5 hängt.

[0023] Die als Tragorgan frei hängende Kette 5 wird mechanisch nicht geführt und ist in Bezug auf seitliche Auslenkungen nahezu ungedämpft. Die wirksamen Länge der Kette 5 variiert je nach der vertikalen Position der Last 6. Auch kann sich im Betrieb die von dem Kettenzug 1 zu handhabende Last 6 ändern. Die Eigenfrequenz des Kettenzuges 1 ist eine Funktion der Federkonstanten der Kette 5, in die auch die variable wirksame Länge der Kette 5 eingeht, und der Masse von Last 6 und Kette 5. Durch die variablen Massen der Lasten 6 und die ändernden wirksamen Längen der Kette 5 entsteht ein Band von Eigenfrequenzen für den Kettenzug 1. Mit der Änderung der Masse und der wirksamen Länge der Kette 5 ändern sich auch die Eigenfrequenzen des Kettenzuges sowie die Lage der Resonanzstellen entlang der Kette 5. Der Kettenzug 1 stellt somit ein schwingungsfähiges Gebilde mit ausgeprägten Resonanzpunkten dar. Das zugehörige mechanische Modell entspricht einem ungedämpften Schwinger.

[0024] Es ist bekannt, dass eine Anregung eines Kettenzuges 1 im Bereich seiner Eigenfrequenzen zu Resonanzeffekten führt. Derartige Resonanzeffekte haben die unerwünschte Folge, dass ausgehend von der geringen Dämpfung der Kette 5 es zu erheblichen überwiegend seitlichen Auslenkungen der Kette 5 kommt.

[0025] Die für die Anregung des Kettenzuges 1 in Frage kommenden Erregerfrequenzen ergeben sich aus der Geometrie und der Drehzahl des Kettenrades 4. Da wie zuvor beschrieben das Kettenrad 4 eine ungleichförmige Teilung aufweist, werden mindestens zwei Erregerfrequenzen erzeugt, die durch die in Bezug auf die Drehachse des Kettenrades 4 unterschiedlich geometrisch angeordneten Eingriffspunkte für die stehenden und liegenden Glieder der Kette 5 bedingt sind. Diese beiden Erregerfrequenzen überlagern sich additiv.

[0026] Die zugehörige Wegschwankungsamplitude y pol lautet:

Hierbei bedeuten:

e Anzahl der Ecken des Kettenrades

s1 Fourier-Koeffizient

s2 Fourier-Koeffizient

Ψrad Ist-Winkel im Bogenmaß



[0027] Die zugehörige Geschwindigkeitsschwankungsamplitude pol lautet:



[0028] Neben den vertikalen Geschwindigkeitsschwankungen der ungeführten Gliederkette 5 treten auch in einer kleineren Größenordnung horizontale Geschwindigkeitsschwankungen auf. Bei Laschenketten wird demgegenüber durch das gleichförmige Kettenrad 4 nur eine Erregerfrequenz erzeugt. Diese Erregerfrequenzen führen dazu, dass der Kettentrieb 1 an mindestens zwei Positionen des nutzbaren Hubweges der Kette 5 in die unerwünschte Eigenresonanz gerät. Beim Durchfahren der Resonanzstellen entlang des Hubweges der Last 6 gerät die Last 6 in heftige Schwingungen. Die Schwingungsamplitude der Geschwindigkeitsschwankung der Kette 5 und der daraus resultierenden Kettenkraftschwankung ist um ein Vielfaches größer als die durch den Polygoneffekt hervorgerufenen Geschwindigkeits- und Kettenkraftschwankungen. Im Gegensatz zu den durch die Eigenresonanz hervorgerufenen Schwingungen führen die durch den Polygoneffekt kaum zu einer Störung des Betriebs des Kettenzuges 1.

[0029] Die ungleichförmige Teilung des Kettenrades 4 ruft die auch als Polygoneffekt bekannte Schwankung der Ablaufgeschwindigkeit der Kette 5 von dem Kettenrad 4 hervor, die auch zu einer Laufunruhe des Kettenzuges 1 führt, jedoch im Vergleich zu den vorbeschriebenen Resonanzeffekten geringer sind

[0030] Ausgehend von der Erkenntnis, dass in dem in kinetischer Hinsicht betrachteten System des Kettenzuges 1 praktisch eine Dämpfung fehlt, liegt der vorliegenden Erfindung die Kernidee zu Grunde, diese fehlende Dämpfung elektronisch zu realisieren. Hierzu wird dem über eine Leistungs-Endstufe 7 mit Energie versorgte Elektromotor 2 ein elektronischer Dämpfer 8 vorgeschaltet. Die Aufgabe des elektronischen Dämpfers 8 ist es, den Elektromotor 2 über die Leistungs-Endstufe 7 so zu steuern beziehungsweise zu regeln, dass der durch die über das Kettenrad 4 ablaufende Kette 5 hervorgerufene Polygoneffekt soweit verändert wird, dass die Anregung der Eigenresonanzen im Bereich des Hubweges mit sich ändernder wirksamer Kettenlänge und für unterschiedliche Lasten verhindert wird. Ein ruhiger Lauf der Kette 5 und somit der Last 6 ist die direkte Folge.

[0031] Eine geeignete Steuergröße für den elektronischen Dämpfer 8 lässt sich ausgehend von den folgenden kinetischen Grundlagen ermitteln.

[0032] Die Bewegungsgleichung für den praktisch ungedämpften Kettenzug 1 lautet:

Hierbei bedeuten:

m Masse der Kette 5 und der Last 6

k Federkonstante der Kette 5

ym Wegschwankungsamplitude bezogen auf die Masse m



[0033] Gegenüber einem für den Betrieb eines Kettenzuges 1 gewünschten gedämpften Systems fehlt der in gedämpften Systemen übliche Term c ẏ m. In der vorliegenden Erfindung wird dieser Term durch die elektronische Dämpfungskraft FD realisiert. Die erforderliche Dämpfungskraft FD wird in dem elektronischen Dämpfer 8 über eine kontinuierliche sensorische Erfassung der jeweils aktuellen Winkelstellung ψrad aus der Wegschwankungsamplitude y pol, ermittelt.

[0034] Die Bewegungsgleichung für den mit dem elektronischen Dämpfer 8 gedämpften Kettenzug 1 lautet:

Hierbei bedeuten:

m Masse der Kette 5 und der Last 6

k Federkonstante der Kette 5

y m Wegschwankungsamplitude bezogen auf die Masse m



[0035] Aus der Lösung der Differentialgleichung ÿ m kann die Geschwindigkeitsschwankungsamplitude m bezogen auf die Masse m ermittelt werden:



[0036] Hierbei gilt:

und

mit D als Dämpfungsmaß nach Lehr und η als Frequenzverhältnis.

[0037] Aus einem Vergleich der Gleichung der Geschwindigkeitsamplitude pol im Bereich des Kettenrades 4 mit der Gleichung für die Geschwindigkeitsamplitude m im Bereich der Masse m ergibt sich, dass die dämpfende Steuergröße ein um V1, V2 verstärktes sowie um φ1, φ2 phasenverschobenes Korrektursignal ist. Die Größen V1, V2 sowie φ1, φ2 werden durch Lösung der Differentialgleichung bestimmt. Die Größen V1, V2 sowie φ1, φ2 können leicht verändert werden und hierdurch eine Anpassung zur Berücksichtigung von Totzeiten, die durch Trägheiten oder Spiel im Kettentrieb bedingt sind, einfach möglich. Somit ist eine einfache Optimierung des elektronischen Dämpfers 8 auf den Istzustand des Kettentriebes 1 durchzuführen.

[0038] Eine suboptimale Einstellung der dämpfenden Steuergröße führt dazu, dass die Resonanzschwingung nicht hinreichend gedämpft, im ungünstigsten Fall sogar angefacht wird.

[0039] Die so ermittelte dämpfende Steuergöße wird dem elektrischen Dämpfer zugeführt und bewirkt eine dem Polygoneffekt entgegenwirkende schwellende Drehzahländerung des Kettenrades 4. Hierzu wird der elektronische Dämpfer 8 mit der Soll-Drehzahl nsoll als erste Eingangsgröße versorgt. Als weitere Eingangsgröße dient der Ist-Winkel ψrad des Kettenrades 4, die im vorliegenden Ausführungsbeispiel an dem Kettenrad 4 oder wahlweise an dem Elektromotor 2 oder dem Getriebe 3 über einen Sensor in Form eines Impulsgebers 9 abgegriffen wird. Der Impulsgeber 9 kann optisch, magnetisch oder induktiv sein, von dem pro Umdrehung des Kettenrads 4 mindestens ein winkelsynchroner Impuls erzeugt wird. Die augenblickliche Winkellage ψrad wird dann durch Interpolation zwischen 2 aufeinander folgenden Impulsen bestimmt. Grundsätzlich ist es auch möglich, den Polygoneffekt über andere vorzugsweise leichter erfassbare Größen, wie beispielsweise den Strom des Motors 2, die Kettengeschwindigkeit oder die Kettenkraft zu bestimmen.

[0040] Der elektronische Dämpfer 8 ist im vorliegenden Ausführungsbeispiel als Vorsteuerglied ausgebildet, in dem die zweite Eingangsgröße der Ist-Winkel Ψrad über eine mathematische Funktion mrad) höherer Ordnung in einen Korrekturwert für die erste Eingangsgröße die Soll-Drehzahl nsoll umgerechnet wird und in dem Summationspunkt mit der Soll-Drehzahl nsoll überlagert wird. Als Ausgangsgröße liefert der elektronische Dämpfer 8 somit wieder eine Sollgröße n*soll als Eingangsgröße für die Leistungs-Endstufe 7.

[0041] Grundsätzlich wäre es auch möglich, den elektronischen Dämpfer 8 als Zustandsregler auszubilden und somit einen geschlossenen Regelkreis im Gegensatz zu dem Regelkreis mit dem vorbeschriebenen Vorsteuerglied zu bilden.

[0042] Zusätzlich wird eine Optimierung der dämpfenden Steuergröße durch Rückführung des Motorstromes, der Kettengeschwindigkeit oder der Kettenkraft in den elektronischen Dämpfer 8 erreicht. Diese messbaren Größen erfahren durch eine einsetzende Resonanzschwingung eine entsprechende, überlagerte Schwingung, die einen Rückschluss auf eine noch vorhandene Resonanzschwingung beziehungsweise Rest-Resonanzschwingung erlauben. Hiervon ausgehend kann dann die dämpfende Steuergröße m in dem elektronischen Dämpfer 8 optimiert werden.

[0043] In einer vereinfachten Ausführung des elektronischen Dämpfers 8 kann einfach die Kettengeschwindigkeit moduliert werden, so dass die Anregung mit der kritischen Frequenz durch die Änderung der Geschwindigkeit verhindert wird. Es wird somit gezielt einer Einstellung einer Anregung des Kettenzuges 1 entgegengewirkt, indem die Erregerfrequenz stetig verändert wird. Auch ist es möglich im Falle einer konstanten Last 6 mittels eine Geschwindigkeitsvorsteuerung wegabhängig die Kettengeschwindigkeit mit einem programmierbaren Geschwindigkeitsmuster so zu überlagern, dass damit Resonanzschwingungen verhindert werden.

[0044] Auch können die Resonanzstellen durch die oben beschriebenen Rückführungen des Motorstromes, der Kettengeschwindigkeit oder der Kettenkraft in den elektronischen Dämpfer 8 festgestellt werden oder sind geschwindigkeitsabhängig bei bekannter Last 6 aus den Systemgrößen des Kettentriebs 1 bestimmbar, so dass eine Lageerfassung am Kettentrieb ausreicht, um die Annäherung an eine Resonanzstelle zu bestimmen.

[0045] In der Figur 2 ist ein Kraft-Zeit-Diagramm der polygonerregten Kettenschwingung eines Kettenzugs nach dem Stand der Technik gezeigt. Im Vergleich hierzu ist in der Figur 3 ein Kraft-Zeit-Diagramm der polygonerregten Kettenschwingung eines erfindungsgemäßen Kettenzugs dargestellt. Es ist ersichtlich, dass über die in der x-Achse dargestellte Zeit von 0 bis etwa 11 s, in der versuchsweise ein Hebevorgang einer Last durchgeführt wird, die Schwankungsbreite der auf der y-Achse aufgetragenen Kettenkraftamplitude von bis zu etwa ± 700N durch den erfindungsgemäßen elektronischen Dämpfer 8 bis auf etwa ± 70N reduziert werden kann. Hierdurch wird ein ruhiger Lauf der Kette und eine geringere Schwellbelastung des Kettenzugs erreicht.

Bezugszeichenliste



[0046] 
1
Kettenzug
2
Elektromotor
3
Getriebe
4
Kettenrad
5
Gliederkette
6
Last
7
Leistungs-Endstufe
8
elektronischer Dämpfer
9
Impulsgeber
Ψrad
Ist-Winkel
nsoll
Soll-Drehzahl
n*soll
Dämpfende Steuergröße



Ansprüche

1. Verfahren zur Laufberuhigung einer Gliederkette eines Kettenzuges, insbesondere zur Verhinderung der Ausbildung einer Resonanzschwingung der Gliederkette, in dem eine Gliederkette über ein polygonales Kettenrad mit ungleichförmiger Teilung geführt wird, das von einem Elektromotor angetrieben wird,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Geschwindigkeit des Kettenrades (4) eine periodische und/oder stochastische sowie dämpfende Steuergröße überlagert wird und die dämpfende Steuergröße eine Änderung der Kettengeschwindigkeit in Art bewirkt, dass eine Ausbildung einer Resonanzschwingung verhindert wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Elektromotor (2) über einen elektronischen Dämpfer (8) angesteuert wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass dem elektronischen Dämpfer (8) als erste Eingangsgröße eine Soll-Drehzahl (nsoll) des Kettenrades (5) und als zweite Eingangsgröße ein Ist-Winkel (Ψrad) des Kettenrades (5) zugeführt werden und in dem elektronischen Dämpfer (8) aus den beiden Eingangsgrößen eine dämpfende Steuergröße errechnet wird, die in Form einer gedämpften Drehzahl (n*soll) an den Elektromotor (2) übergeben wird.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass als dämpfende Steuergröße eine Dämpfungskraft (FD) in dem elektronischen Dämpfer (8) berechnet wird, die proportional der Geschwindigkeitsschwankungsamplitude (m) der Last (6) ist und aus dem sensorisch erfassten Ist-Winkel (Ψrad) berechnet wird.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Wirkung einer sich aufbauenden Resonanzschwingung durch Sensorik erfasst wird und bei Bedarf die dämpfende Steuergröße verändert wird.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass im Falle einer konstanten zu hebenden und/oder zu senkenden Last mittels einer Geschwindigkeitsvorsteuerung wegabhängig die Kettengeschwindigkeit mit einem programmierbaren Geschwindigkeitsmuster zur Vermeidung der Ausbildung einer Resonanzschwingung der Gliederkette (5) überlagert wird.
 
7. Kettenzug mit einer über ein polygonales Kettenrad geführten Kette und mit einem auf das Kettenrad wirkenden Elektromotor, insbesondere zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 7,
dadurch gekennzeichnet,
dass dem Elektromotor (2) ein elektronischer Dämpfer (8) vorgeschaltet ist, der eine Steuerung des Elektromotors (2) in der Art bewirkt, dass eine Ausbildung einer Resonanzschwingung der Gliederkette (5) verhindert wird.
 
8. Kettenzug nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass dem elektronischen Dämpfer (8) als erste Eingangsgröße eine Soll-Drehzahl (nSoll des Kettenrades (4) und als zweite Eingangsgröße ein Ist-Winkel (Ψrad) des Kettenrades (4) zugeordnet ist.
 
9. Kettenzug nach einem der Ansprüche 7 oder 8, dadurch gekennzeichnet, dass am Kettenrad (4) ein Sensor in Form eines Impulsgebers (9) zur impulsweisen Ermittlung des Ist-Winkels (ψrad) angeordnet ist.
 
10. Kettenzug nach einem der Ansprüche 7 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass der elektronische Dämpfer (8) als Vorsteuerglied ausgebildet ist.
 
11. Kettenzug nach einem der Ansprüche 7 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens Sensor die Wirkung einer sich aufbauenden Resonanzschwingung erfasst und bei Bedarf die dämpfende Steuergröße verändert wird.
 




Zeichnung