[0001] Die Erfindung betrifft ein Schneidwerkzeug gemäß dem ersten Patentanspruch und seine
Verwendung gemäß Anspruch 7.
[0002] Schneidwerkzeuge mit Keramikschneiden sind in der Technik weit verbreitet. Zum einen
handelt es sich um Schneidwerkzeuge mit einem metallischen Kern, der mit einer oder
mehreren verschleißfesten Schichten aus Keramik überzogen ist. Zum andern sind Schneidwerkzeuge,
insbesondere Messer, mit Schneiden aus Vollkeramik bekannt.
[0003] Zum Zuschneiden von zähen und widerstandsfähigen Materialien, insbesondere solchen
mit hohem Kunstfaseranteil wie z. B. Industrietextilien für Automobil-Sitzbezüge oder
Innenauskleidungen von Fahrzeugen, sind solche Schneidwerkzeuge nicht geeignet. Zum
einen wären durch die auftretende Abrasion Schutzschichten in kurzer Zeit abgerieben,
zum andern besteht bei vollkeramischen Schneidwerkzeugen die Gefahr eines Bruches;
außerdem sind die Trennstellen nicht immer einwandfrei.
[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Schneidwerkzeug vorzuschlagen, das
für zähe und widerstandsfähige Materialien, insbesondere für solche mit hohem Kunstfaseranteil,
gut geeignet ist. Eine weitere Aufgabe besteht in der Angabe eines Verwendungszweckes
für das Schneidwerkzeug.
[0005] Die Aufgabe wird durch das im ersten Patentanspruch beschriebene Schneidwerkzeug
und die in Anspruch 7 angegebene Verwendung gelöst. Die weiteren Ansprüche geben bevorzugte
Ausgestaltungen des Schneidwerkzeugs an.
[0006] Grundprinzip des erfindungsgemäßen Schneidwerkzeugs ist, dass das zu zerschneidende
Gut durch eine heizbare Schneide zerteilt wird. Das Schneidwerkzeug soll an der Schneide
eine Temperatur von mindestens 400°C, bevorzugt jedoch von 800°C bis 1200°C erreichen.
Diese Temperaturen werden durch eine Widerstandsheizung erzielt. Somit ist das Schneidwerkzeug
bei seinem Einsatz in der Weise mit den beiden Polen einer Spannungsquelle verbunden,
dass zumindest die Schneide von elektrischem Strom durchflossen und auf diese Weise
aufgeheizt wird. Der Widerstand des Schneidwerkzeugs liegt vorzugsweise im Bereich
von 6 bis 14 Q. Dieser Widerstand kann durch eine bestimmte geometrische Formgebung
und durch geeignete Wahl des Materials eingestellt werden. Strom und Spannung werden
bei Verwendung des Schneidwerkzeugs über eine Regeleinheit geregelt.
[0007] Das Schneidwerkzeug ist homogen aufgebaut und besteht aus einer Mischkeramik, die
aus mindestens zwei verschiedenen Komponenten zusammengesetzt ist. Die erste Komponente
ist eine elektrisch nicht leitende Matrixkeramik. Als Matrixkeramik eignen sich Metalloxid-Keramiken
wie Zirkondioxid oder Aluminiumoxid. Die Matrixkeramik verleiht dem Schneidwerkzeug
die gewünschten mechanischen Eigenschaften wie Härte, Biegebruchfestigkeit und Verschleißbeständigkeit.
[0008] In die Matrixkeramik ist eine leitfähige oxidische Keramik eingelagert. Die bekannten
elektrisch leitenden, nicht oxidischen Keramiken wie Titan- oder Zirkoniumnitrid als
Beispiel für die als Hartstoffe bezeichneten Carbide, Nitride und Diboride der Elemente
der IV. bis VI. Nebengruppe des Periodischen Systems sind für das erfindungsgemäße
Schneidwerkzeug nicht geeignet, weil sie sich in Kontakt mit Luftsauerstoff nicht
ohne Zerstörung auf die erforderlichen hohen Temperaturen erhitzen lassen. Besonders
geeignet als leitfähige oxidische Keramik ist dagegen ein Indium-Zinn-Oxid (häufig
mit "ITO" abgekürzt) der allgemeinen Formel In
2-xSn
xO
3, wobei x einen Wert von 0 bis 0,6 annimmt. Brauchbar ist außerdem Lanthanchromat
mit der Formel LaCrO
3 und PTC-Keramik auf BaTiO
3-Basis, letztere allerdings nur unterhalb ihres Curie-Punktes, der bei ca. 200°C liegt.
Unter "PCT-Keramik" versteht man eine Keramik mit positivem Temperaturkoeffizient
des elektrischen Widerstands.
[0009] Die leitfähige oxidische Keramik soll mindestens mit 15 Vol.-% zu der Mischkeramik
beitragen. Bei einem geringeren Anteil ist der Widerstand des Schneidgerätes im allgemeinen
so hoch, dass die erforderliche Leitfähigkeit nicht gewährleistet ist. Der Anteil
der leitfähigen oxidischen Keramik kann andererseits bis zu 85 Vol.-% betragen. Im
allgemeinen werden jedoch Anteile der leitfähigen oxidischen Keramik im Bereich von
25 bis 60 Vol.-% gewählt, weil dann die günstigen chemischen und mechanischen Eigenschaften
der Matrixkeramik die Qualität des Schneidwerkzeuges maßgeblich bestimmen.
[0010] Das Schneidwerkzeug eignet sich vor allem für Materialien, bei denen die Zerteilung
einerseits mit einer scharfen, mechanischen Klinge erfolgen muss, die sich jedoch
andererseits bei höheren Temperaturen leichter zu zerschneiden sind. Solche Materialien
sind insbesondere die eingangs erwähnten Textilien oder Gewebe mit hohem Kunstfaseranteil,
insbesondere Automobilsitzbezüge und Innenauskleidungen von Fahrzeugen. Je nach dem
einzusetzenden Schneidgut kann die Mischkeramik des Schneidwerkzeuges variiert werden.
Im allgemeinen ist es von besonderem Vorteil, wenn in der Schneide die höchste Temperatur
auftritt und der übrige Teil des Schneidwerkzeugs kälter bleibt. Dies kann erreicht
werden durch eine gezielte Variation der lokalen elektrischen Leitfähigkeit des Mischoxids
oder durch die Wahl einer bestimmten Schneidengeometrie. Die Leitfähigkeit des Mischoxids
wird bestimmt durch die Art und den Anteil von Matrixkeramik und leitfähiger oxidischer
Keramik.
[0011] Die besondere Eignung des erfindungsgemäßen Schneidwerkzeugs zum Schneiden der erwähnten
Industrietextilien ergibt sich daraus, dass durch die Wärmezufuhr beim Trennvorgang
das zu zerschneidende Material bis hin zum lokalen Schmelzen erweicht wird, wodurch
der Trennvorgang erheblich erleichtert und der Verschleiß des Schneidwerkzeugs entsprechend
vermindert wird.
[0012] Die elektrisch leitfähige Oxidkeramik ITO in der Mischkeramik, aus der das Schneidwerkzeug
besteht, wird derzeit als Beschichtung, insbesondere als Antireflexschicht oder als
Wärmeschutzschicht verwendet. Die Verarbeitung erfolgt dabei im Dünnschichtverfahren,
d. h. durch Abstäuben (Sputtern). ITO-Sputtertargets werden durch isostatisches Heißpressen
von ITO-Pulver erzeugt, da kommerzielles ITO nicht drucklos sinterfähig ist.
[0013] Nach der Synthese durch den thermischen Zweistufenprozess, wie er in den Druckschriften
DE 197 52 080 A1 und DE 100 02 232 A1 eingehend beschrieben ist, lässt sich ITO jedoch
drucklos sintern, so dass auch keramische Formkörper auf diese einfache Weise hergestellt
werden können. Dies gilt insbesondere dann, wenn Aluminiumoxid oder Zirkondioxid beigemischt
ist.
[0014] Das Schneidwerkzeug lässt sich somit durch das folgende Verfahren herstellen:
[0015] Aus der Matrixkeramik, beispielsweise Aluminiumoxid oder Zirkondioxid, und der elektrisch
leitenden Oxidkeramik, beispielsweise ITO, wird eine homogene Mischung hergestellt.
Hierzu werden die Oxide zusammen mit den entsprechenden metallorganischen Flüssigvorstufen
(Precursor) gemischt. Diese homogene Mischung wird im Sprühtrockner versprüht. Dabei
entweicht der Alkohol der Flüssigvorstufen und es entstehen Granulate, die aus der
jeweiligen Matrixkeramik bestehen und homogen mit einer organischen ITO-Vorstufe bedeckt
sind. Durch eine nachfolgende thermische Behandlung in einer Wirbelschicht an Luft
entsteht die homogene Mischkeramik. Die Rohlinge der Schneidwerkzeuge werden anschließend
an Luft bis zur Enddichte gesintert. Dabei liegen die Sintertemperaturen über 1000°C
und bis zu 1600°C, bevorzugt jedoch von 1100°C bis 1400°C. Die endgültige geometrische
Formgebung und damit die Feinabstimmung der Charakteristik des elektrischen Widerstands
erfolgt durch Schleifen im Anschluss an den Sinterprozess.
[0016] Ein alternativer Herstellungsweg ist die Formgebung durch Heißgießen oder Niederdruck-Spritzgießen.
Hierbei werden die Pulver durch Mischen mit einer Wachsmasse plastifiziert. Die dadurch
hergestellte fließfähige Masse lässt sich drucklos in Formen gießen oder durch Niederdruck-Spritzgießen
abformen.
[0017] Durch Verschneiden der - beispielsweise durch Sprühtrocknung hergestellten - Mischungen
miteinander oder mit reiner Matrixkeramik oder mit der reinen elektrisch leitenden
Oxidkeramik können Zusammensetzungen der Mischkeramik in beliebiger Konzentration
innerhalb des bevorzugten Mischungsbereiches hergestellt werden.
[0018] Die Klingengeometrie spielt für das Verhalten beim Schneiden eine wichtige Rolle.
Zum einen ist die Qualität der Schneide, die durch entsprechendes Schleifen erreicht
werden kann, zum andern ist die Art und der Ort der Wärmefreisetzung von Bedeutung.
[0019] Die Figuren 1, 2 und 3 zeigen bevorzugte Gestaltungen der Klinge.
[0020] In Fig. 1 ist ein einfaches Schneidwerkzeug mit einer homogenen Mischkeramik dargestellt,
die ein einheitliches Verhältnis von Matrixkeramik und elektrisch leitfähiger Oxidkeramik
aufweist. Die dimensionslosen Zahlenangaben beziehen sich auf Millimeter.
[0021] Fig. 2 zeigt die Verwendung eines Gradientenmaterials mit Schneidenschliff. Die Wärme
wird über die Veränderung des spezifischen Widerstands innerhalb des Werkzeugs erzeugt.
Das Schneidwerkzeug hat eine geschliffene Schneide, die mindestens 1 cm lang ist.
Der Winkel zwischen der Schneidekante und der Waagerechten bei vertikaler Stellung
des Schneidwerkzeugs sollte zwischen 30 und 50 ° betragen; im gezeigten Beispiel beträgt
der Winkel 40 °. Die Mischkeramik M1 weist einen geringeren spezifischen Widerstand
als die Mischkeramik M2 auf.
[0022] In Fig. 3 ist eine ähnliche Ausführungsform wie in Fig. 2 dargestellt, bei der jedoch
eine Gradientenmischkeramik mit einer Querschnittsänderung bei der Schneide kombiniert
ist.
1. Schneidwerkzeug, das elektrisch durch Widerstandsheizung beheizbar ist, bestehend
aus einer Mischkeramik, die aus einer elektrisch nicht leitenden Matrixkeramik und
eine in die Matrixkeramik eingelagerte elektrisch leitfähige Oxidkeramik zusammengesetzt
ist.
2. Schneidwerkzeug nach Anspruch 1, bei dem die Matrixkeramik aus einem Metalloxid besteht.
3. Schneidwerkzeug nach Anspruch 2, bei dem das Metalloxid Zirkondioxid oder Aluminiumoxid
ist.
4. Schneidwerkzeug nach Anspruch 1, 2 oder 3, bei dem die elektrisch leitfähige Oxidkeramik
ein Indium-Zinn-Oxid ist.
5. Schneidwerkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 4, bei dem der Anteil der elektrisch
leitfähigen Oxidkeramik an der Mischkeramik 15 bis 85 Volumen-Prozent beträgt.
6. Schneidwerkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 5 mit einer Mischkeramik, die aus 40
bis 75 Volumen-Prozent der elektrisch nichtleitenden Matrixkeramik Zirkondioxid oder
Aluminiumoxid und aus 25 bis 60 Volumen-Prozent der elektrisch leitfähigen Oxidkeramik
Indium-Zinn-Oxid besteht.
7. Verwendung des Schneidwerkzeugs nach einem der Ansprüche 1 bis 6 zum Schneiden von
Textilien oder Geweben mit hohem Kunstfaseranteil.