[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung eines qualitativ
hochwertigen Mehles durch Vermahlen eines unbehandelten Mehles.
[0002] Die zunehmend industrielle Herstellung von Backwaren in Grossanlagen bringt die handwerklichen
Betriebe wegen der kaum noch vorhandenen Rationalisierungsmöglichkeiten von Arbeitsabläufen
und der für kleine Produktionsmengen zu teuren technischen Einrichtungen in Schwierigkeiten.
[0003] Ein wesentlicher Rohstoff zur Herstellung von Brot und dgl. Backwaren ist Mehl, dessen
Eigenschaften, wie beispielsweise die Wasseraufnahmefähigkeit, einen erheblichen Einfluss
auf die Konsistenz und damit auf die Verarbeitbarkeit eines Teiges ausüben.
[0004] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs genannten Art
und eine zur Durchführung des Verfahrens geeignete Vorrichtung bereitzustellen, die
zu einem Mehl führen, aus dem sich ein Teig mit verbesserter "Maschinenfreundlichkeit"
und dadurch rationellerer Verarbeitungsmöglichkeit im Handwerksbetrieb herstellen
lässt. Ein weiteres Ziel der Erfindung ist die Herstellung eines Mehles mit erhöhter
Wasseraufnahme bei der Teigherstellung bei gleich bleibender Teigkonsistenz, sowie
eine längere Frischhaltung der aus dem Mehl hergestellten Backwaren.
[0005] Zur erfindungsgemässen Lösung der Aufgabe führt, dass das unbehandelte Mehl unter
Zufuhr von Luft in einer Prallmühle bei einer Prallgeschwindigkeit von wenigstens
150 m/s und bei einer auf 1 kg Mehl und 1 cm
2 Rotorfläche bezogenen mittleren Verweilzeit der Mehlpartikel in der Prallmühle von
wenigstens 0,003 s/kg·cm
2 behandelt wird.
[0006] Die Wasseraufnahme eines nach dem erfindungsgemässen Verfahren hergestellten Mehles
wird durch drei Faktoren massgeblich beeinflusst:
1. Durch die Verfeinerung des Mehles beim Mahlen tritt eine Oberflächenvergrösserung
ein.
2. Durch die Erwärmung des Mehles beim Mahlen koaguliert das Eiweiss und der Kleber
wird stärker.
3. Die beim Mahlen eintretende Beschädigung der Stärke erhöht deren Wasseraufnahmefähigkeit.
[0007] Das Zusammenwirken der drei Faktoren hat zur Folge, dass weicher geteigt werden kann,
ohne dass der Teig breit läuft. Der Teig ist trotz höherer Wasserbindung fester und
kann dadurch auch im Kleinbetrieb besser mit Maschinen aufbereitet werden. Da der
Teig bei Aufbereitung nicht klebt, muss auch nicht mehr "gemehlt" werden, was für
Mehlallergiker von Vorteil sein kann. Zudem führt die erhöhte Wasseraufnahme zu einer
Geschmacksverstärkung, wodurch die im Mehl vorhandenen Aromastoffe intensiver wahrgenommen
werden.
[0008] Bei einer bevorzugten Durchführung des erfindungsgemässen Verfahrens wird die Prallgeschwindigkeit
auf etwa 150 bis 200 m/s und die mittlere Verweilzeit der Mehlpartikel in der Prallmühle
auf 0,003 bis 0,010 s/kg·cm
2, vorzugsweise auf 0,004 bis 0,008 s/kg·cm
2, eingestellt.
[0009] Die Mehltemperatur unmittelbar nach dem Austritt aus der Prallmühle sollte 70 °C
nicht übersteigen und beträgt vorzugsweise 40 bis 60 °C.
[0010] Die Verweilzeit der Mehlpartikel in der Prallmühle wird bevorzugt durch Steuerung
der dem Mehl vor Eintritt in die Prallmühle und nach dem Austritt aus der Prallmühle
zugeführten Luftmengen eingestellt. Eine Drosselung der Luftzufuhr vor der Mühle führt
bei gleich bleibender Mehlzufuhr zu einer Erhöhung des Mehl/Luft-Verhältnisses und
in der Folge zu einer längeren Verweilzeit der Mehlpartikel in der Mühle. Eine Erhöhung
der Luftzufuhr nach der Mühle führt zu einer stärkeren Absaugung und damit zu einer
kürzeren Verweilzeit. Die optimale Verweilzeit wird unter Berücksichtigung der übrigen
Parameter durch koordiniertes Steuern der beiden Luftzufuhren eingestellt.
[0011] Die Einstellung der Prallgeschwindigkeit erfolgt bevorzugt durch eine entsprechende
Änderung der Drehzahl der Prallmühle.
[0012] Eine zur Durchführung des erfindungsgemässen Verfahrens geeignete Vorrichtung umfasst
einen Mehlvorratsbehälter, einen mit einer Förderschnecke ausgestatteten Trog, das
den Mehlvorratsbehälter mit einem an einer zentralen Einlassöffnung einer Prallmühle
angeschlossenen Mischbehälter verbindet, eine an den Mischbehälter angeschlossene
erste Luftansaugleitung mit einer ersten Drosseleinrichtung zur Steuerung der Luftzufuhr
und Einstellung des Luft/Mehl-Mischungsverhältnisses vor Eintritt des Mehles in die
Prallmühle, eine an einer Auslassöffnung der Prallmühle angeschlossene zweite Luftansaugleitung
mit einer zweiten Drosseleinrichtung zur Steuerung der Luftzufuhr nach Austritt des
Mehles aus der Prallmühle und eine an der Auslassöffnung angeschlossene, über eine
Filterkammer mit einer Schleuse für den Mehlaustrag mit der Saugseite eines Ventilators
verbundene Förderleitung. Bevorzugt wird als Prallmühle eine Stiftmühle eingesetzt.
[0013] Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachfolgenden
Beschreibung bevorzugter Ausführungsbeispiele sowie anhand der Zeichnung; diese zeigt
schematisch in
- Fig. 1 einen Schnitt durch eine Mehlbehandlungsanlage.
[0014] Bei einer in Fig. 1 dargestellten Anlage 10 zur Behandlung von unbehandeltem Mehl
ist ein Mehlvorratsbehälter 26 über einen Trog 30 mit in diesem angeordneter Förderschnecke
28 mit einem Mischbehälter 32 verbunden. In den Mischbehälter 32 führt von oben ein
mit einer ersten Drosselklappe 38 ausgestattetes erstes Luftansaugrohr 36. An seinem
unteren Ende ist der Mischbehälter 32 über ein Einspeisrohr 34 mit einer zentralen
Einspeisöffnung 14 einer Stiftmühle 12 verbunden. Unterhalb der Stiftmühle 12 befindet
sich eine Auslassöffnung 16, an die ein mit einer zweiten Drosselklappe 42 ausgestattetes
zweites Luftansaugrohr 40 angeschlossen ist. Eine ebenfalls an die Auslassöffnung
16 angeschlossene, als Saugpneumatik arbeitende Förderleitung 18 ist über eine mit
einer Mehlaustragsschleuse 22 ausgestattete Filterkammer 20 mit der Saugseite eines
Ventilators 24 verbunden.
[0015] Während des Betriebs der Anlage 10 wird unbehandeltes Mehl mittels der Förderschnecke
28 aus dem Mehlvorratsbehälter 26 in den Mischbehälter 32 transportiert, in diesem
mit der über das erste Luftansaugrohr 36 angesaugten Frischluft vermischt und über
das Einspeisrohr 34 in die zentrale Einspeisöffnung 14 der Stiftmühle 12 geführt.
[0016] Das behandelte Mehl verlässt die Stiftmühle 12 über die am tiefsten Punkt angeordnete
Auslassöffnung 16 und wird als Mehl/Luft-Gemisch über die Förderleitung 18 in die
Filterkammer 20 überführt. Das in der Filterkammer 20 zurückgehaltene Mehl wird durch
die Schleuse 22 entnommen. Die gefilterte Luft tritt beim Ventilator 24 aus der Anlage
10 aus.
[0017] Die im Mischbehälter 32 gebildete Mehl/Luft-Mischung wird mittels der vorstehend
beschriebenen Saugpneumatik durch die Stiftmühle 12 in die Filterkammer 20 gefördert.
[0018] Die für die Qualität des Mehles hauptsächlich verantwortlichen Parameter, nämlich
- die mittlere Verweilzeit der Mehlpartikel in der Prallmühle,
- die Prallintensität, und
- die Wärmeeinwirkung auf die Mehlpartikel beim Mahlen,
werden durch Steuerung der Luftzufuhr bzw. der Ansauggeschwindigkeit der Luft, der
Mehlzufuhr über die Transportgeschwindigkeit der Förderschnecke und der Prallintensität
über die Drehzahl der Mühle auf die optimalen Werte eingestellt.
Beispiel
[0019] Eine Stiftmühle REKORD Typ C-SSt der Firma Jehmlich Nossen mit einer standardmässigen
Mahlleistung von 1500 kg/h bei einer Prallgeschwindigkeit von 120 m/s wurde umgebaut
auf eine Leistung von 300 kg/h bei einer Prallgeschwindigkeit von 180 m/s. Durch Drosselung
der Luftzufuhr im Luftansaugrohr vor der Mühle wurde die Verweilzeit der Mehlpartikel
in der Stiftmühle erhöht. Die gedrosselte Ansauggeschwindigkeit im Mischbehälter betrug
7 m/s. Die Ansauggeschwindigkeit der Luft im Luftansaugrohr nach der Mühle wurde auf
27 m/s eingestellt. Zudem wurde die Prallfläche durch Austausch der 7 mm Originalstifte
durch 5 mm Stifte bei gleichzeitiger Erhöhung der Anzahl Stifte von 3429 auf 3676
vergrössert. Die Prallintensität bzw. die Prallgeschwindigkeit wurde durch eine entsprechende
Erhöhung der Drehzahl der Mühle bzw. des einen Durchmesser von 50 cm und dementsprechend
eine Fläche von 1962,5 cm
2 aufweisenden Rotors verstärkt.
[0020] Mit den obigen Einstellungen ergibt sich mit einer Leistung von 300 kg/h bei einer
Rotorfläche von 1962,5 cm
2 eine auf 1 kg Mehl und 1cm
2 Rotorfläche bezogene mittlere Verweilzeit der Mehlpartikel in der Stiftmühle von
0,006 s/kg·cm
2, während die Standardbedingungen mit einer Leistung von 1500 kg/h bei gleicher Rotorfläche
zu einer Verweilzeit von 0,0012 s/kg·cm
2 führen. Die erfindungsgemäss angewendete Verweilzeit wurde somit gegenüber der Standardverweilzeit
um das Fünffache erhöht.
[0021] Halbweissmehl mit einem Aschegehalt von 0,78% entsprechend einem Halbweissmehl Typ
780 wurde in der vorstehend erwähnten beschriebenen Anlage unter Verwendung der umgebauten
Stiftmühle behandelt.
[0022] Während des Betriebs der Anlage wurden folgende Temperaturen gemessen:
| Umgebungstemperatur |
0 °C |
| Lufttemperatur im Ansaugrohr |
36 - 6 °C |
| Mehltemperatur vor der Stiftmühle |
12 14 °C |
| Aussentemperatur der Stiftmühle 12 |
50 bis 60 °C |
| Temperatur des Absaugrohres 18 |
52 °C |
| Mehltemperatur nach der Vermahlung |
34 °C |
[0023] Die Prüfung der Mehlqualität erfolgte nach anerkannten ICC-Standardmethoden. Nachfolgend
sind die Ergebnisse der an unbehandeltem (U) und an erfindungsgemäss (E) behandeltem
Mehl durchgeführten Qualitätsprüfung zusammengestellt.
Veränderung der Mehlqualität
Veränderung Eiweiss
[0024] Durch die intensive Prallung und die zusätzliche Erwärmung der Mehlpartikel bei der
Behandlung des Mehls in der Stiftmühle koaguliert das Eiweiss, was sich aus anhand
der Änderung des Sedimentationswertes und der Messwerte im Extensogramm leicht feststellen
lässt.
| Sedimentation ICC Nr. 116/1 |
| Sedimentationswert |
U |
39 ml |
| |
E |
54 ml |
| Extensogramm ICC Nr. 114/1 |
| Dehnwiderstand |
U |
520 EE |
| |
E |
735 EE |
| Dehnbarkeit |
U |
162 mm |
| |
E • |
121 mm |
| Verhältniszahl |
U |
3.2 |
| |
E |
6.1 |
| Energie |
U |
175 cm2 |
| |
E |
147 cm2 |
| Veränderung Stärkeeigenschaften |
| Stärkebeschädigung ICC Nr. 164 |
| Beschädigte Stärke |
U |
4.4% |
| |
E |
10.2 % |
| Maltose nach Berliner |
| Maltosegehalt |
U |
3.5 % |
| |
E |
4.8 % |
| Amylogramm ICC Nr. 126/1 |
| Viskosität Max |
U |
595 AE |
| |
E |
545 AE |
| Temperatur Max |
U |
89.5 °C |
| |
E |
90 °C |
| Veränderung Struktur / Körnung |
| Siebanalyse, maschinelle Siebung |
| Partikel < 85 µm |
U |
70.6 % |
| |
E |
97.4 % |
| Partikel < 112 µm U |
91.8 % |
| |
E |
100 % |
| Partikel < 155 µm U |
98.5 % |
| |
E |
100 % |
| Veränderung Wasseraufnahme |
| Farinogramm ICC Nr. 195/1 |
| Wasseraufnahme |
U |
65.2 % |
| |
E |
72.2% |
| Wasseraufn. 14 % |
U |
62.0 % |
| |
E |
67.8 % |
| Teigentwicklungsz. |
U |
6.0 Min. |
| |
E |
9.5 Min. |
| Teigstabilität |
U |
7.5 Min. |
| |
E |
14.5 Min. |
| Teigerweichung |
U |
70 FE |
| |
E |
50 FE |
| Qualitätszahl |
U |
90 mm |
| |
E |
165 mm |
[0025] Der Feuchtigkeitsgehalt von aus behandeltem Mehl hergestelltem Brot erhöht sich gegenüber
dem Feuchtigkeitsgehalt von aus unbehandeltem Mehl hergestelltem Brot je nach Ausbackgrad
um 4 bis 10 %.
1. Verfahren zur Herstellung eines qualitativ hochwertigen Mehles durch Vermahlen eines
unbehandelten Mehles,
dadurch gekennzeichnet, dass
das unbehandelte Mehl unter Zufuhr von Luft in einer Prallmühle (12) bei einer Prallgeschwindigkeit
von wenigstens 150 m/s und bei einer auf 1 kg Mehl und 1cm2 Rotorfläche bezogenen mittleren Verweilzeit der Mehlpartikel in der Prallmühle (12)
von wenigstens 0,003 s/kg·cm2 behandelt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Prallgeschwindigkeit 150 bis 200 m/s und die mittlere Verweilzeit der Mehlpartikel
in der Prallmühle (12) 0,003 bis 0,010 s/kg·cm2, vorzugsweise 0,004 bis 0,008 s/kg·cm2, beträgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Mehltemperatur unmittelbar nach der Prallmühle max. 70 °C, vorzugsweise 40 bis
60 °C, beträgt.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Verweilzeit der Mehlpartikel in der Prallmühle (12) durch Steuerung der dem Mehl
vor Eintritt in die Prallmühle (12) und nach dem Austritt aus der Prallmühle (12)
zugeführten Luftmengen eingestellt wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Prallgeschwindigkeit durch Änderung der Drehzahl der Prallmühle (12) eingestellt
wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Prallmühle (12) eine Stiftmühle ist.
7. Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorangehenden Ansprüche,
umfassend einen Mehlvorratsbehälter (26), einen mit einer Förderschnecke (28) ausgestatteten
Trog (30), der den Mehlvorratsbehälter (26) mit einem an einer zentralen Einspeisöffnung
(14) einer Prallmühle (12) angeschlossenen Mischbehälter (32) verbindet, eine an den
Mischbehälter (32) angeschlossene erste Luftansaugleitung (36) mit einer ersten Drosseleinrichtung
(38) zur Steuerung der Luftzufuhr und Einstellung des Luft/Mehl-Mischungsverhältnisses
vor Eintritt des Mehles in die Prallmühle (12), eine an einer Auslassöffnung (16)
der Prallmühle (12) angeschlossene zweite Luftansaugleitung (40) mit einer zweiten
Drosseleinrichtung (42) zur Steuerung der. Luftzufuhr nach Austritt des Mehles aus
der Prallmühle (12) und eine an der Auslassöffnung (16) angeschlossene, über eine
Filterkammer (20) mit einer Schleuse (22) für den Mehlaustrag mit der Saugseite eines
Ventilators (24) verbundene Förderleitung (18).
8. Vorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Prallmühle (12) eine Stiftmühle ist.