[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren sowie eine Vorrichtung zur Erzeugung
eines Infrarot-Flächenstrahlers.
[0002] Im militärischen Bereich werden zur Bekämpfung von Zielen, wie beispielsweise Strahlflugzeugen,
Hubschraubern, Panzern und Schiffen, häufig selbstlenkende Flugkörper wie Luft-Luft-
und Boden-Luft-Lenkflugkörper eingesetzt, die üblicherweise mit Infrarot-Suchköpfen
zur Anpeilung und Verfolgung des Ziels ausgestattet sind. Zur Abwehr solcher Lenkflugkörper
mit infrarot-Suchköpfen verwenden Flugzeuge verschiedenste elektronische und pyrotechnische
Gegenmaßnahmen, wie zum Beispiel Infrarot-Jammer und Infrarot-Täuschkörper, welche
die Infrarot-Signatur des Ziels imitieren, um die anfliegenden Lenkflugkörper abzulenken.
Diese Gegenmaßnahmen sind besonders auf die Charakteristik von Flugzeugen, d.h. speziell
deren Triebwerke, abgestimmt.
[0003] Spezielle Gegenmaßnahmen zum Schutz von land- und seegestützten Plattformen, wie
zum Beispiel Panzern und Schiffen, vor angreifenden Lenkflugkörpern mit Infrarot-Suchköpfen
müssen ebenfalls auf die charakteristischen Eigenschaften des Ziels abgestimmt sein.
So sind Schiffe vergleichsweise kühle Ziele (T
max = 200°C), weshalb deren Emissionsmaximum im Spektralbereich zwischen 8 und 14 µm
liegt, wohingegen insbesondere Strahlflugzeuge höchste Strahlstärken im Bereich von
2 bis 5
µm aufweisen. Ein weiterer Unterschied zu Flugzeugen besteht in der niedrigen Relativgeschwindigkeit
von Schiffen und der großen Fläche, welche Infrarot-Strahlung emittiert (200 bis 2000
m
2 bei Schiffen gegenüber 20 bis 50 m
2 bei Flugzeugen). Hinzu kommt, dass die Infrarot-Strahlung emittierende Fläche deutlich
konturiert ist und auch kurzwellige Emissionsmaxima (sog. Hot Spots) aufweist, welche
auf besonders heiße Teile wie zum Beispiel den Kamin und die Katapultstarteinrichtung
zurück zu führen sind.
[0004] Fig. 1 zeigt die Strahlstärkeverteilung für einen grauen Strahler 1 und einen schwarzen
Strahler 2 bei einer angenommenen Körpertemperatur von 473°K. Die Abszisse zeigt die
Wellenlänge in
µm. Die Ordinate gibt die Strahlstärke in mW cm
-2 µm
-1 an. Aufgrund der dargestellten Charakteristik für den selektiven Strahler werden
zur Bekämpfung von Schiffen vorzugsweise Lenkwaffen mit abbildenden Zweifarb-Infrarotsuchköpfen
in den Bereichen 2 bis 5
µm und 8 bis 14
µm eingesetzt.
[0005] Zum Schutz von Schiffen vor Lenkflugkörpern sind im Stand der Technik bereits verschiedene
Infrarot-Scheinziele entwickelt worden.
[0006] So offenbart zum Beispiel das US-Patent Nr. 5,343,794 eine einfache Schwimmfackel,
die mit Polydimethylsiloxan betrieben wird, um eine gute spektrale Anpassung an die
Signatur von Schiffen zu erzielen. Trotz der guten spektralen Anpassung mangelt es
diesen Schwimmfackeln an der notwendigen flächigen Ausdehnung und zum Teil auch an
der fehlenden Strukturierung der Infrarotquelle.
[0007] Diese Probleme können durch den Einsatz von aerodynamischen Scheibchentäuschkörpern
gelöst werden. Dabei handelt es sich um im Wesentlichen mit rotem Phosphor und einem
Verdicker beschichtete verbrennliche Folien, wie diese zum Beispiel in der DE 35 15
166 C2 beschrieben sind. Der Nachteil dieser bekannten Infrarot-Scheinziele besteht
wieder in der mangelnden spektralen Anpassung, da diese Scheibchentäuschkörper auf
Basis roten Phosphors besonders stark im kurzwelligen Infrarotbereich emittieren.
Die WO-A-95/05572 beschreibt daher, wie durch den Zusatz von den Abbrand regulierenden
Additiven auf Basis von Silikaten die spektrale Intensitätsverteilung brennender Scheibchentäuschkörper
auf Basis roten Phosphors vorteilhaft verändert werden kann.
[0008] Trotz intensiver Bemühungen, die spektrale Intensitätsverteilung pyrotechnischer
Scheinziele anzupassen, können moderne Infrarot-Suchköpfe auch diese Scheinziele zurückweisen.
Dies beruht darauf, dass pyrotechnische Emitter, seien dies herkömmliche oder auch
spektral adaptierte (siehe WO-A-95/05572), immer noch zu hohe Strahlstärken im kurzwelligen
Infrarotbereich aufweisen. Diese Scheinziele werden dadurch vom Infrarot-Suchkopf
als bereits getroffenes Ziel identifiziert und deshalb von der weiteren Bekämpfung
ausgeschlossen. In der Folge wird das eigentliche, kältere Ziel wieder aufgenommen
und bekämpft. Ein weiteres Problem, das mit pyrotechnischen Infrarot-Scheinzielen
verbunden ist, ist die inhärente Brandgefahr für Schiffe im Nahbereich von ausgebrachten
Scheinzielen zum Beispiel auf der Basis von rotem Phosphor.
[0009] Schließlich schlägt die WO-A-98/57847 zum Schutz von potentiellen Zielobjekten in
mariner Umgebung ein Verfahren zur Erzeugung von Wasserwolken vor, welche auch durch
den Zusatz nicht näher spezifizierter Zusätze für die Absorption in nicht näher spezifizierten
Spektralbereichen genutzt werden können. Dieses herkömmliche Verfahren löst allerdings
nicht das Problem, wie Infrarot-emissive Scheinziele zum Schutz von zum Beispiel Schiffen
erzeugt werden können. Des weiteren müsste die Ausdehnung der in der WO-A-98/57847
beschriebenen Wasserwolke solche Ausmaße erreichen, dass die komplette Infrarot-Signatur
des Schiffes auf ein bestimmtes Maß unter die Kontrastschwelle gesenkt wird.
[0010] Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine
Vorrichtung zur Erzeugung eines Infrarot-Flächenstrahlers vorzusehen, mit denen die
oben beschriebenen Probleme gelöst werden können. Insbesondere soll der erzeugte Infrarot-Flächenstrahler
die Infrarot-Signatur des Ziels besser imitieren und auch eine dem Ziel entsprechend
große Ausdehnung besitzen.
[0011] Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren mit den Merkmalen des Anspruchs 1 bzw. durch
eine Vorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 11 gelöst.
[0012] Vorteilhafte Ausgestaltungen und Weiterbildungen der Erfindung sind Gegenstand der
abhängigen Ansprüche 2 bis 10 bzw. 12 bis 19.
[0013] Erfindungsgemäß wird ein Infrarot-Flächenstrahler als spektral angepasstes Scheinziel
zur Abwehr von Lenkflugkörpern mit Infrarot-Suchkörpern dadurch erzeugt, dass eine
im Infrarotbereich emissive Aerosolwolke erzeugt wird. Diese im Infrarotbereich emissive
Aerosolwolke wird durch den Zusammentritt bzw. die Reaktion eines ersten und eines
zweiten Primäraerosols erzeugt, die vorzugsweise unter Druck miteinander vernebelt
werden.
[0014] Das erste Primäraerosol wird dabei aus einer Lösung eines Elektronenakzeptors erzeugt,
während das zweite Primäraerosol bevorzugt aus einer Lösung eines Elektronendonators
erzeugt wird. Geeignete Elektronenakzeptoren für das erste Primäraerosol sind ausgewählt
aus der Gruppe der sauerstoffhaltigen Säuren, bevorzugt ausgewählt aus Phosphorsäure
und Schwefelsäure; geeignete Elektronendonatoren für das zweite Primäraerosol sind
ausgewählt aus der Gruppe der Alkalimetallhydroxide, Alkalimetallcarbonate, Alkalimetallhydrogencarbonate
und Mischungen derselben, wie zum Beispiel Lithiumhydroxid, Lithiumcarbonat, Lithiumhydrogencarbonat,
Natriumhydroxid, Natriumcarbonat, Natriumhydrogencarbonat, Kaliumhydroxid, Kaliumcarbonat,
Kaliumhydrogencarbonat, Rubidiumhydroxid, Rubidiumcarbonat, Rubidiumhydrogencarbonat,
Cäsiumhydroxid, Cäsiumcarbonat und Cäsiumhydrogencarbonat. Bei Zusammentritt der beiden
wässrigen Lösungen in Aerosolform erfolgt gemäß der folgenden Gleichung eine heftige
exotherme Reaktion:
mit M = Li, Na, K, Rb, Cs
[0015] Die freigesetzte Reaktionswärme Q wird aufgrund der selektiven Emissionseigenschaften
der Reaktionsprodukte (z.B. Sulfate, Phosphate, Hydrogen- und Dihydrogenphosphate)
vorzugsweise im langwelligen Infrarotbereich (8 bis 14
µm) abgestrahlt. Insbesondere führt die Verwendung von Phosphorsäure als Elektronenakzeptor
des ersten Primäraerosols zur Bildung von Alkalimetalldihydrogenphosphaten, -hydrogenphosphaten
und -orthophosphaten, welche starke Emissionsbanden in atmosphärischen Transmissionsfenstern
bei 3 bis 5
µm und 8 bis 14
µm aufweisen. Bei in mariner Umgebung typisch hohen Luftfeuchtigkeitskonzentrationen
ist weiterhin mit der Bildung der Hydrate der entsprechenden Salze zu rechnen, was
weiterhin zusätzlich ca. 300 kJ an thermischer Energie je Mol gebundenen Wassers liefert.
[0016] Die Verwendung der erfindungsgemäßen Primäraerosole liefert vorteilhafterweise keinerlei
visuelle Signatur, was insbesondere bei Nacht eine visuelle Erkennung des Scheinziels
verhindert, da Wolken bzw. Nebel in mariner Umgebung als typisch zu erachten sind.
[0017] Ferner entstehen durch die stöchiometrische Verwendung der sogenannten Primäraerosole
zur Erzeugung des Infrarot-Flächenstrahlers lediglich salzhaltige Aerosoltröpfchen.
Diese sind weder toxisch, brandgefährlich noch ätzend, was einen weiteren Vorteil
gegenüber den herkömmlichen Infrarot-Flächenscheinzielen darstellt.
[0018] Fig. 2 zeigt einen Vergleich der Bildungswärmen für die Alkalimetallorthophosphate
und -sulfate. Hierbei wird deutlich, dass insbesondere die Verwendung von Phosphorsäure
als Elektronenakzeptor des ersten Primäraerosols zur Erzielung einer möglichst hohen
Strahlungsleistung vorteilhaft ist. Die Ordinate ist für die Bildungswärme in kjmol
-1 kalibriert.
[0019] Ein weiterer Vorteil der erfindungsgemäßen Infrarot-Flächenscheinziele besteht in
der selbst nach Abkühlung der Aerosolwolke noch vorhandenen transmissionsdämpfenden
Wirkung der Wolke, welche bei Ausbringung der Aerosolwolke direkt vor dem Ziel der
Extinktion der Zielsignatur dient.
[0020] Zur Ausbringung der im Infrarotbereich emissiven Aerosolwolke wird zum Beispiel ein
ballistischer oder angetriebener Körper eingesetzt, welcher im Zielgebiet seine Wirkladung
freisetzt. Dieser Körper enthält beispielsweise einen ersten Behälter mit der ersten
Lösung zur Erzeugung des ersten Primäraerosols darin und einen zweiten Behälter mit
der zweiten Lösung zur Erzeugung des zweiten Primäraerosols darin. Die beiden Behälter
können zum Beispiel jeweils eine Düse aufweisen, durch welche die beiden Primäraerosole
unter Druck miteinander vernebelt werden können, oder jeweils pyrotechnisch zerlegbar
sein. Auf diese Weise kann eine möglichst vollständige Durchmischung und damit auch
Reaktion der beiden Primäraerosole gewährleistet werden.
[0021] Der Körper kann entweder erst im Zielgebiet zerlegt werden oder auch einen Fallschirm
aufweisen, der auf einer bestimmten Höhe abgesetzt wird. Nach der Entfaltung des Fallschirms
werden die beiden Primäraerosole in der oben beschriebenen Weise vermischt.
[0022] Die Vorteile der oben beschriebenen und in den anhängenden Ansprüchen definierten
Erfindung liegen insbesondere in der hohen spektralen Anpassung des Infrarot-Flächenscheinziels
zum Beispiel an Schiffe, der großen notwendigen flächigen Ausdehnung der Infrarot-Flächenscheinziele
und der fehlenden visuellen Wahrnehmbarkeit insbesondere bei Nacht und schlechtem
Wetter, sowie der Vermeidung einer Brandgefahr bei der Ausbringung dieser Infrarot-Flächenscheinziele.
1. Verfahren zur Erzeugung eines Infrarot-Flächenstrahlers,
dadurch gekennzeichnet,
dass eine im Infrarotbereich emissive Aerosolwolke erzeugt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass die im Infrarotbereich emissive Aerosolwolke durch die Reaktion eines ersten Primäraerosols
mit einem zweiten Primäraerosol erzeugt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass das erste und das zweite Primäraerosol unter Druck miteinander vernebelt werden.
4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass das erste Primäraerosol aus einer Lösung eines Elektronenakzeptors erzeugt wird.
5. Verfahren nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Elektronenakzeptor ausgewählt ist aus der Gruppe der sauerstoffhaltigen Säuren.
6. Verfahren nach Anspruch 5,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Elektronenakzeptor ausgewählt ist Phosphorsäure und Schwefelsäure.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 2 bis 6,
dadurch gekennzeichnet,
dass das zweite Primäraerosol aus einer Lösung eines Elektronendonators erzeugt wird.
8. Verfahren nach Anspruch 7,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Elektronendonator ausgewählt ist aus der Gruppe der Alkalimetallhydroxide, Alkalimetallcarbonate,
Alkalimetallhydrogencarbonate und Mischungen derselben.
9. Verfahren nach Anspruch 8,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Elektronendonator als Alkalimetall Lithium, Natrium, Kalium, Rubidium oder Cäsium
enthält.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 2 bis 9,
dadurch gekennzeichnet,
dass das erste und das zweite Primäraerosol in einem solchen stöchiometrischen Verhältnis
eingesetzt werden, das eine maximale Wärmefreisetzung gewährleistet.
11. Vorrichtung zur Erzeugung eines Infrarot-Flächenstrahlers,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Vorrichtung einen ersten Behälter mit einer ersten Lösung darin und einen zweiten
Behälter mit einer zweiten Lösung darin aufweist, wobei ein erstes Primäraerosol der
ersten Lösung und ein zweites Primäraerosol der zweiten Lösung unter Erzeugung einer
im Infrarotbereich emissiven Aerosolwolke miteinander reagieren.
12. Vorrichtung nach Anspruch 11,
dadurch gekennzeichnet,
dass der erste und der zweite Behälter jeweils eine Düse aufweisen, durch welche das erste
und das zweite Primäraerosol unter Druck miteinander vernebelt werden können.
13. Vorrichtung nach Anspruch 11,
dadurch gekennzeichnet,
dass der erste und der zweite Behälter pyrotechnisch zerlegbar sind.
14. Vorrichtung nach Anspruch 12 oder 13,
dadurch gekennzeichnet,
dass der erste und der zweite Behälter an einem Fallschirm befestigt sind.
15. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 11 bis 14,
dadurch gekennzeichnet,
dass die erste Lösung einen Elektronenakzeptor enthält und die zweite Lösung einen Elektronendonator
enthält.
16. Vorrichtung nach Anspruch 15,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Elektronenakzeptor ausgewählt ist aus der Gruppe der sauerstoffhaltigen Säuren.
17. Vorrichtung nach Anspruch 16,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Elektronenakzeptor ausgewählt ist Phosphorsäure und Schwefelsäure.
18. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 15 bis 17,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Elektronendonator ausgewählt ist aus der Gruppe der Alkalimetallhydroxide, Alkalimetallcarbonate,
Alkalimetallhydrogencarbonate und Mischungen derselben.
19. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 11 bis 18,
dadurch gekennzeichnet,
dass die erste und die zweite Lösung in einem solchen stöchiometrischen Verhältnis in
dem ersten bzw. dem zweiten Behälter vorhanden sind, das bei der Reaktion des ersten
und des zweiten Primäraerosols eine maximale Wärmefreisetzung gewährleistet.