(19)
(11) EP 1 619 283 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.01.2006  Patentblatt  2006/04

(21) Anmeldenummer: 05007213.1

(22) Anmeldetag:  01.04.2005
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
D04H 3/10(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR LV MK YU

(30) Priorität: 24.07.2004 DE 102004036099

(71) Anmelder: Carl Freudenberg KG
69469 Weinheim (DE)

(72) Erfinder:
  • Groten, Robert
    68280 Sundhoffen (FR)
  • Riboulet, Georges
    68000 Colmar (FR)
  • Jahn, Ulrich
    68910 Labaroche (FR)

   


(54) Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff, Verfahren zu seiner Herstellung sowie Verwendung der Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffe


(57) Die Erfindung betrifft einen Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff, bestehend aus mindestens zwei zueinander Grenzflächen ausbildenden Polymeren, die mindestens einer Spinnvorrichtung mit einheitlichen Düsenöffnungen entstammen und die hydrodynamisch verstreckt, flächenförmig abgelegt sowie verfestigt sind, wobei der Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff aus unterschiedlichen Filamenten besteht, die mindestens zwei Polymeren enthalten oder aus einem Gemisch von Mehrkomponenten-Filamenten mit Monokomponenten-Filamenten besteht, die jeweils nur eines der Polymere enthalten, wobei das Mehrkomponenten-Filament mindestens aus zwei Elementar-Filamenten besteht und der Titer der einzelnen Filamente durch die Anzahl der in den Filamenten enthaltenen Elementar-Filamente variiert.


Beschreibung

Technisches Gebiet



[0001] Die Erfindung betrifft Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffe, bestehend aus mindestens zwei zueinander Grenzflächen ausbildenden Polymeren, die mindestens einer Spinnvorrichtung mit einheitlichen Spinndüsenöffnungen entstammen und die hydrodynamisch verstreckt, flächenförmig abgelegt sowie verfestigt sind. Die Erfindung betrifft weiterhin ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffes sowie die Verwendung der danach erhaltenen Produkte.

[0002] Textilphysikalische Eigenschaften von Flächenbahnen werden über die chemischen und textilphysikalischen Eigenschaften der sie bildenden Fasern oder Filamente gesteuert. Dabei werden die Faser- oder Filamentrohstoffe nach den gewünschten chemischen oder physikalischen Eigenschaften ausgewählt, zum Beispiel hinsichtlich ihrer Einfärbbarkeit, chemischen Resistenz, ihrer Thermoformbarkeit oder ihres Adsorptionsvermögens. Die Modul- und Kraftdehnungs-Eigenschaften der Fasern oder Filamente sind von den Werkstoffeigenschaften abhängig, die durch die Wahl des Kristallisations- und/oder Orientierungsgrades und die Querschnitts-Geometrie gesteuert werden können, um die Biegesteifigkeit, die Kraftaufnahme oder die spezifischen Oberflächen der einzelnen Fasern oder Filamente zu beeinflussen. Die Summe der textilphysikalischer Eigenschaften der ein textiles Flächengebilde bildenden Fasern oder Filamente wird letztlich über das Flächengewicht gesteuert. Beispiele für gegensätzliche Anforderungen an textilen Flächengebilden sind sogenannte Geotextilien aus hochfesten, hochverstreckten, großtitrigen und dreidimensional gewebten Filamenten, Kautabaksbeutel aus zellulosischem Nassvliesstoff oder Nylonstrümpfe aus feinem, texturiertem Polyamidgewebe.

Stand der Technik



[0003] Aus dem Dokument EP 0 814 188 B1 sind Vliesstoffe aus sehr feinen Endlosfilamenten bekannt, die aus Bikomponenten Endlosfilamenten hergestellt werden, bei denen die beiden Komponenten in dem im Querschnitt betrachteten Ausgangsfilament orangenspaltenartig und alternierend angeordnet sind und nach der Ablage zu einem Flächengebilde durch flüssige Druckstrahlen in Mikrofaser-Filamente aufgespalten und gleichzeitig durch Verwicklung der Filamentstränge verfestigt werden. Der erhaltene Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff wird durch die textilphysikalischen Eigenschaften seiner beiden Arten von Elementar-Filamenten bestimmt, wobei der Titer der beiden Elementar-Filamentarten nur geringfügig voneinander abweicht.

[0004] Ein weiterer Weg, regelrecht gegensätzliche Eigenschaften miteinander in einem Flächengebilde zu vereinigen, besteht in der Herstellung von Kompositen aus zwei oder mehr Flächengebilden. Die jeweiligen Eigenschaften werden durch die Verbindung der einzelnen Flächengebilde durch bekannte Fügeverfahren, wie Nähen, Kleben, Laminieren, kombiniert. Dazu müssen die einzelnen Flächengebilde separat hergestellt und anschließend miteinander verbunden werden. So beschreibt das Patent US 5,679,042 A ein Verfahren zur Herstellung eines Vliesstoffes mit einer Faserstruktur, die einen Porengrößegradienten aufweist, dadurch, dass aus mindestens einem Polymerharz Fasern hergestellt und zu einem Vliesstoff mit einer durchschnittlichen Porengröße gelegt werden und anschließend eine selektive Behandlung mit einer Hitzequelle erfolgt, welche zu einem Schrumpfen der Fasern und zu einer Verringerung der durchschnittlichen Porengröße führt.

Darstellung der Erfindung



[0005] Die Erfindung hat sich die Aufgabe gestellt, einen Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff anzugeben, der unterschiedliche textilphysikalische Eigenschaften in sich vereint. Die Erfindung hat sich weiterhin die Aufgabe gestellt, ein Verfahren zur Herstellung eines solchen Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffes sowie eine Verwendung der danach erhaltenen Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffe anzugeben.

[0006] Erfindungsgemäß wird die Aufgabe durch einen Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff gelöst, der aus mindestens zwei zueinander Grenzflächen ausbildenden Polymeren besteht, die mindestens einer Spinnvorrichtung mit einheitlichen Düsenöffnungen entstammen und die hydrodynamisch verstreckt, flächenförmig abgelegt sowie verfestigt sind, wobei der Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff aus unterschiedlichen Filamenten besteht, die mindestens zwei Polymere enthalten oder aus einem Gemisch von Mehrkomponenten-Filamenten mit Monokomponenten-Filamenten besteht, die jeweils nur eines der Polymere enthalten, wobei das Mehrkomponenten-Filament mindestens aus zwei Elementar-Filamenten besteht und der Titer der einzelnen Filamente durch die Anzahl der in den Filamenten enthaltenen Elementar-Filamente variiert. Der erfindungsgemäße Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff weist daher den Vorteil auf, dass er unterschiedliche Filamente in sich vereinigt, die sich hinsichtlich des Polymeren aus dem sie bestehen und hinsichtlich ihres Filament-Titers unterscheiden, wobei sie einem einheitlichen Spinnprozess entstammen. Damit wird gegenüber dem bekannten Stand der Technik der Vorteil erzielt, dass die separate Herstellung von Spinnvliesstoffen mit unterschiedlichen Filament-Titern nicht separat erfolgen muss und keine nachträgliche Vereinigung notwendig ist, um zu einem Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff zu gelangen, der aus unterschiedlichen Filamenten mit unterschiedlichen Filament-Titern besteht.

[0007] Erfindungsgemäß können die Mehrkomponenten-Filamente, die in dem erfindungsgemäßen Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff vorhanden sind, aus 1 bis 64 Elementar-Filamenten bestehen. Der Titer der Elementar-Filamente kann dadurch im Bereich von 0,05 bis 4,8 dtex liegen. Die große Breite des Filament-Titers führt dazu, dass einerseits durch den feintitrigen Anteil Produkte mit sehr geringen Porengrößen erhalten werden und dass andererseits die textilphysikalische Eigenschaften an den Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff durch den Gehalt an Filamenten mit einem großen Titer bestimmt werden.

[0008] Vorteilhafter Weise besitzten die Monokomponenten- und die Mehrkomponenten-Filamente des Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffes einen ähnlichen Ausgangstiter im Bereich von 1,5 bis 5 dtex. Der erfindungsgemäße Einsatz von einheitlichen Spinnplatten für die Herstellung von Monokomponenten- und Mehrkomponenten-Filamenten mit ähnlichen Ausgangstitern im Bereich von 1,5 bis 5 dtex, ist eine kostengünstige und hinsichtlich der Spinnbedingungen effektive Maßnahme.

[0009] Vorzugsweise sind in dem erfindungsgemäßen Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff die eingesetzten Polymere im gleichen Gewichtsverhältnis in den Mehrkomponenten-Filamenten und im Gemisch der Monokomponenten-Filamente vorhanden. Durch die erfindungsgemäße Verwendung des gleichen Gewichtsverhältnisses der Polymere in den unterschiedlichen Filamenten wird die effektive Nutzung eines Versorgungssystemes für die einzelnen Spinnstellen ermöglicht, d.h. im einfachsten Fall sind für die parallele Erzeugung der unterschiedlichen Monokomponenten-Filamente und der Mehrkomponenten-Filamente jeweils nur ein Extruder für eines der eingesetzten Polymere notwendig. Durch den Einsatz weiterer Extruder können entsprechend mehr Polymerkomponenten eingesetzt werden.

[0010] Vorteilhafter Weise weist der erfindungsgemäße Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff durch die Schichtung von Monokomponenten- und die aus den Mehrkomponenten-Filamenten nach ihrer Aufspaltung entstandenen Elementar-Filamente oder von mindestens zwei Lagen von Mehrkomponenten-Filamenten mit unterschiedlicher Elementar-Filament-Anzahl und dadurch bedingtem unterschiedlichem Titer der Elementar-Filamente einen Titer-Gradienten senkrecht zu seinen Hauptflächen, d.h. in Z-Richtung, auf. Dabei kann beispielsweise die Verteilung der Filamente mit unterschiedlichen Titern so sein, dass der erfindungsgemäße Mehrkomponenten-Vliesstoff in der Mitte hinsichtlich seiner Dicke die Filamente mit dem größten Titer aufweist und die Filamente mit abnehmendem Titer schrittweise nach außen angeordnet sind oder die Verteilung des Filament-Titers liegt in der Weise vor, dass der Filament-Titer von einer Hauptseite in Richtung zur anderen Hauptseite zu- bzw. abnimmt.

[0011] Vorteilhafter Weise enthalten die in den erfindungsgemäßen Mehrkomponenten-Spinnvlies eingesetzten Polymere unlösliche Additive, wie Pigmente, Füllstoffe, Lichtschutzmittel, sowie lösliche Additive. Die Verwendung der genannten Additive in den eingesetzten Polymeren gestattet die Anpassung an kundenspezifische Anforderungen. Die Mehrkomponenten-Filamente und die Monokomponenten-Filamente des erfindungsgemäßen Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffes sind als massive oder hohle oder als ein Gemisch aus massiven und hohlen Filamenten ausgebildet. Je nach Anforderung an die einzelnen Filamentarten und den daraus bestehenden Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff können dadurch die textilphysikalischen Eigenschaften beeinflusst und gegebenenfalls teurer Rohstoff eingespart werden.

[0012] Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung des Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffes besteht darin, dass mindestens zwei Reihen von Spinnköpfen mit einheitlichen Spinndüsenöffnungen vorgesehen sind, die Mehrkomponenten-Filamente mit unterschiedlicher Elementar-Filament-Anzahl oder ein Gemisch mit Monokomponenten-Filamenten in einer gemeinsamen Spinn- und Verstreckvorrichtung erzeugt, zu einem Spinnvliesstoff abgelegt sowie durch Hydrofluidbehandlung verfestigt und in die Elementar-Filamente aufgespalten wird. Der Hydrofluidverfestigung kann ein mechanisches oder thermisches Vorverfestigungsverfahren vorgeschaltet sein. Durch das erfindungsgemäße Verfahren werden Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffe erhalten, die aus Schichten mit einem unterschiedlichen Filament-Titer bestehen und die dadurch textilphysikalische Eigenschaften in sich vereinen, die bisher nur durch das Verbinden separat hergestellter Schichten erzielbar waren.

[0013] Vorteilhafter Weise wird das erfindungsgemäße Verfahren in der Weise weiter gebildet, dass die Reihenfolge der Spinnstellen in Bezug auf das Ablageband so gewählt wird, dass ein Titer-Gradient der Filamente von einer Hauptseite zur anderen des Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffes oder von der Mitte des Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffes hinsichtlich seiner Dicke zu den Hauptseiten des Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffes hin erzielt wird.

[0014] Die Reihenfolge der Spinnstellen kann im obigen Sinne auch so gewählt werden, dass alternierende, sich wiederholende Titergradienten in Lauf- oder Querschnittsrichtung des Vliesstoffes erzeugt werden.

[0015] Das erfindungsgemäße Verfahren gestattet es auf diese Weise, Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffe gezielt für unterschiedliche Anwendungszwecke herzustellen.

[0016] Die erfindungsgemäßen Spinnvliesstoffe werden vorteilhafter Weise für die Herstellung von textilen Erzeugnissen, Kunstleder, Polierlappen oder Filtermedien verwendet.

[0017] Die Erfindung wird nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert:

[0018] In den im folgenden beschriebenen Bespielen standen 2 Extruder zur Verfügung, die über beheizte Rohre symmetrischer Geometrie (in Länge und Durchmesser) die Spinnpumpen vor den Spinnpacks mit Polymeren versorgten. Aufgrund dieser Anordnung kommt zunächst einmal an allen Spinnpumpen die gleiche Menge an Polymeren, die zueinander überall im gleichen Mengenverhältnis stehen (z.B. Polyethylenterephthalat /Polyamid 6 PET/PA6 = 70/30), an. Durchsatz und Mengenverhältnis der von den Spinnpumpen abgerufenen Polymeren sind variabel, jedoch nicht völlig frei, da die Spinnpositionen über die Rohrleitungszufuhr miteinander kommunizieren.
Diese Anordnung ist nicht zwingend, weitere Freiheitsgrade könnten jedoch nur durch Umbauten an der Spinnanlage gewährleistet werden, die zu größeren Freiheiten bei der Produktgestaltung führen.
D.h., die im folgenden beschriebenen Beispiele beziehen sich auf Bikomponentenfilamente, hier aus PET und PA6, hier im konstanten Volumenverhältnis PET/PA6 = 70/30 und mit variierenden Filamentzahlen pro Spinnpack und variierenden Segmentzahlen pro Filamenttype pro Spinnpack. Eine Erweiterung der Anlagenfreiheiten (Anzahl der Extruder, Geometrie der Rohre...) in oben beschriebenem Sinne, sowie andere Polymer-Paare führen zu einer Ausweitung der im weiteren beschriebenen Beispiele.

Vergleichsbeispiel



[0019] Flächenwaren mit jeweils uniformem Titer:

[0020] Wie im Dokument EP 0 814 188 B1 beschrieben, wurden unter nahezu konstanten Bedingungen bezüglich Spinn- und Verstreck- Konditionen und unter angepassten Ablagebedingungen, die dem Ziel einer möglichst guten Gleichmäßigkeit bezüglich des Flächengewichtes der Flächenwaren mit jeweils einheitlichem Titer dienen, werden Muster produziert und mittels Fluidstrahlverfestigung gesplittet und verfestigt.
Ziel war es festzustellen, inwieweit welche textilphysikalischen Eigenschaften vergleichbarer Flächengebilde vom Titer der Filamente abhängen.

[0021] Die Ergebnisse sind Tabelle 1 zu entnehmen:

darin sind;

am Filament

End-Titer
Titer nach Fluidstrahlverfestigung und Aufsplitten der Segmente
cN/Tex
Zugfestigkeit des Einzelfilamentes, verstreckt, aber nicht gesplittet
Elongation
Dehnung des Einzelfilamentes, verstreckt, aber nicht gesplittet

an der Flächenware

Opt. Aspekt
Beurteilung des optischen Aspektes nach Note (15 = best)
Griff
Griffbeurteilung nach Note (15 = best)
A
A-Seite
B
B-Seite
I
längs
q
quer
WRK
Weiterreisskraft [N], hier normiert auf pro 1 g/m2 Flächengewicht
HZK
Höchstzugfestigkeit bei Bruch [N/5cm], normiert auf pro 1 g/m2
Dehn
Dehnung bei Bruch (I+q)/2
Modul (5%spez)
Kraft bei 5% Dehnung (I+q)/2
Abrieb
Abrasionsfestigkeit mit optischer Beurteilung (intern, 1 = best)



[0022] Der Tabelle (angeordnet nach fallendem Titer nach Splitten) ist entnehmbar:
  • Die Zugfestigkeit und die Dehnung der ungesplitteten Filamente schwanken in einem üblichen Bereich, eine Abhängigkeit vom Titer nach Splitten ist nicht feststellbar.
  • Der Splittgrad scheint sich in zwei Bereiche unterteilen zu lassen, nämlich kleiner oder größer als 0,2 dtex.
  • Die Flächengewichte schwanken von 100 - 117 g/m2, jedoch wurden die die betreffenden Werte normiert auf pro 1 g Flächengewicht.
  • Für die normierte Weiterreissfestigkeit lässt sich eine direkte Abhängigkeit von Titer zeigen; mit steigendem Titer steigt die Weiterreissfestigkeit, das wurde qualitativ erwartet, ist jedoch quantitativ nicht einzuschätzen.
  • Für die normierte Höchstzugfestigkeit lässt sich auch eine abnehmende Tendenz mit abnehmendem Titer zeigen, was nicht erwartet wurde, da die Werkstoffe, bzw. deren Module die gleichen sind und die Gesamtquerschnittsfläche, die sich aus der Summe der einzelnen Filamentquerschnittsflächen ergibt, bei gleichem bzw. normiertem Flächengewicht auch identisch sind.
  • Je feiner der Titer, desto besser ist offensichtlich auch die Verfestigung /Verflechtung durch die Fluidstrahlverfestigung - dies kann der Abriebfestigkeit entnommen werden.
  • Die Tendenz der steigenden Abrieb- oder Pilling-Festigkeit mit fallendem Titer lässt sich auch der Oberflächenrauhigkeit nach Färben entnehmen, hierzu s. Bild 1.


[0023] Angemerkt sei, dass die Flächengebilde alleine durch Fluidstrahlverfestigung, d.h. ohne jegliche chemische oder thermische Bindung, verfestigt werden (im Sinne eines Verfilzens).

In der Tabelle 1 bedeutet *:



[0024] Der hier angegeben "Split-Titer" (Titer nach Splitten) ist der gemittelte Titer aus beiden Segment-Typen. Legt man eine ungefähr gleiche Dichte der beiden Polymeren zugrunde (PET ca. 1,38, PA6 ca. 1,13 g/m3) , so besagt ein Volumenverhältnis von PET/PA 2/3 : 1/3, dass der Titer des Polyestersegmentes etwa doppelt so groß sein muss wie der des Polyamidsegmentes.

[0025] Anhand dieser und analoger Versuchsreihen wurde ein "optimierter Kompromiss der Eigenschaften" zur industriellen Erzeugung von Mikrofilament-Flächengebilden eingestellt, die einen möglichst feinen optischen Aspekt, Griff und Oberflächenresistenzen erlauben, ohne dass dafür ein Absinken z.B. der Weiterreiss- oder Höchstzug-Festigkeiten in Kauf genommen werden muss, welche die Mindestanforderungen, wie sie z.B. vom European Clothing Assosiation Committee (ECLA) gefordert werden, nicht erfüllen könnten.

[0026] Im Dokument EP 0 814 188 B1 wird ein Herstellungsverfahren beschrieben, bei dem Multikomponentenfilamenten verschiedener Konfigurationen zwar angeführt werden, nicht aber die Herstellung von Flächenwaren aus Multifilamenten verschiedener Konfiguration innerhalb dieser Flächenware. Dieser weitere "Freiheitsgrad" des Verfahrens kann wie folgt zu Produktvorteilen für viele, einige hier beispielhaft genannte, Anwendungen führen.


Beispiel 1



[0027] In-line isotrop verteilte Verstärkung in der Mitte der Flächenware zur Erhöhung der Weiterreissfestigkeit:

a) Die mittleren zwei Lagen werden als Homofilamente mit 70 % PET und 30 % PA gefahren, wobei sich die Anzahl der Spinndüsen für PET, bzw. für PA6 70 : 30 verhalten, und die beiden Lagen Monofilamente in der Mitte des Flächengebildes einen Titer von 2 - 2,6 dtex aufweisen, und die anderen, hier jeweils 5 Lagen mit einem PET/PA6-Verhältnis von ebenfalls 70/30, einen Ausgangstiter von 2,4dtex aufweisen und somit nach Splitten der 16 Segmente einen mittleren Titer von 0,15dtex aufweisen. Mit dieser Rezeptur weisen die Flächenwaren auf beiden Seiten typische Mikrofaser-Optik und typischen -Griff auf.
Während Flächenwaren mit einheitlichem Titer von 0,15dtex den Ansprüchen der ECLA für Hemden, Pyjamas, T-Shirts u.ä., v.a. hinsichtlich der Weiterreissfestigkeit genügen, können mit dieser Rezeptur auch die ECLA-Ansprüche für weiterreiss-resistentere Kleidungsstücke wie Hosen oder Jacken, sowie auch textilem Schuh-Obermaterial erfüllt werden, ohne im Flächengewicht zulegen zu müssen.

b) Die mittleren vier Lagen werden aus PIE 8, die anderen, jeweils vier äußeren Lagen, werden aus PIE 16, mit 70 % PET und 30 % PA gefahren. Alle Filamente weisen einen Ausgangstiter von 2,4dtex auf und werden somit nach Splitten der 8 bzw. 16 Segmente, jeweils mittlere Titer von 0,3 dtex bzw. 0,15 dtex erhalten.
Mit dieser Rezeptur weisen die Flächenwaren auf beiden Seiten typische Mikrofaser-Optik und typischen -Griff auf. Diese Rezeptur zeigt die Möglichkeit auf, die Weiterreissfestigkeit nur in geringem Masse zu erhöhen, dort wo sie aufgrund statistischer Schwankungen im Produkt nur graduell angehoben werden muss oder z.B. für Kleidungsstücke, bei denen z.B. aufgrund des für Mikrofaserprodukte typisch hohen Isolationsvermögens ein geringeres Flächengewicht gewünscht wird ohne das bestimmte Mindestanforderungen, v.a. bzgl. der Weiterreissfestigkeit, unterschritten werden dürfen (z.B. leichte Sommerkleidung).


Beispiel 2



[0028] In Haut oder Leder werden die Kollagenstränge von tiefer liegenden Schichten des Gewebes nach oben hin immer feiner. Zumindest in frühen Lebensjahren wird so von der Natur gewährleistet, dass die mechanische Widerstandskraft und die jugendliche Glätte der Haut gleichzeitig erreicht werden können. Dies sollte in Versuchen mit Titergradienten über die Dicke des Flächengebildes von einer Seite hin zur anderen nachempfunden werden:

a) Vier Lagen PIE 8 werden vorgelegt, darauf werden vier Lagen PIE 16 und darauf vier Lagen PIE 32 gelegt, jeweils mit einem Ausgangs-Titer von etwa 2,5 dtex vor Splitten, sowie einem PET/PA6-Verhältnis von 70/30 und einer beidseitig symmetrischen Fluidstrahlverfestigung.
Mit dieser Rezeptur können die Ansprüche an ein Tuch für eine automatisierte Politur erreicht werden. Während einerseits ein möglichst feiner Titer zur möglichst feinen und kratzfreien Politur gewünscht wird, konnte die Erhöhung des Titers bei einem Teil der Lagen, die zur Konfektionierung notwendige Weiterreisskraft sicherstellen. Dadurch, dass das Produkt nicht symmetrisch sondern mit einem Titergradienten hergestellt wird, kann erreicht werden, dass die Seite des gröberen Titers an den Polierteller angeklebt und wieder entfernt werden kann, ohne dass die Mikrofasern dabei abreissen und die mehrfach wiederverwendbare Klebefläche in zu hohem Masse durch abgerissene Fasern verschmutzt wird, während die Seite mit dem sehr feinen Titer von nur 0,05dtex optimale Polierergebnisse erbringt (Tabelle 2).

b) Zwei Lagen Homofilamente werden vorgelegt, darauf werden zwei Lagen s/s, zwei Lagen PIE 8, zwei Lagen PIE 16, und vier Lagen PIE 32 gelegt, jeweils mit einem Ausgangs-Titer von etwa 2,5 dtex vor Splitten, sowie einem PET/PA6-Verhältnis von 70/30 und einer beidseitig symmetrischen Fluidstrahlverfestigung.
Dieses Produkt wurde anschließend mit gelöstem Poly-Urethan getränkt, das Poly-Urethan koaguliert, das Produkt gefärbt, die Feinseite geschliffen und das Produkt nochmals gefärbt, um ein hochwertiges Suede-like (wildlederartiges) Material zu erhalten.
Dieser Aufbau ist dem natürlichen Leder nachempfunden. Hiermit können einseitig optisch und grifflich hervorragende Syntheselederqualitäten erreicht werden, die gleichzeitig hervorragende mechanische Eigenschaften aufweisen, die z.B. für Schuh-Obermaterial, für Polstermöbel oder auch für Autositze eingesetzt werden können, ohne dass es einer heute üblichen, rückseitigen Verstärkung durch ein stützendes, nicht ausbeulendes Gewebe bedarf. (Tabelle 2).




Ansprüche

1. Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff bestehend aus mindestens zwei zueinander Grenzflächen ausbildenden Polymeren, die mindestens einer Spinnvorrichtung mit einheitlichen Spinndüsenöffnungen entstammen und die hydrodynamisch verstreckt, flächenförmig abgelegt sowie verfestigt sind, dadurch gekennzeichnet, dass der Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff aus unterschiedlichen Filamenten besteht, die mindestens zwei Polymere enthalten oder aus einem Gemisch von Mehrkomponenten-Filamenten mit Monokomponenten-Filamenten besteht, die jeweils nur eines der Polymere enthalten, wobei das Mehrkomponenten-Filament mindestens aus zwei Elementar-Filamenten besteht und der Titer der einzelnen Filamente durch die Anzahl der in den Filamenten enthaltenen Elementar-Filamente variiert.
 
2. Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Mehrkomponenten-Filamente aus 1 bis 64 Elementar-Filamenten bestehen, die einen Titer im Bereich von 0,05 bis 4,8 dtex aufweisen.
 
3. Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Monokomponenten- und die Mehrkomponenten-Filamente einen ähnlichen Ausgangstiter im Bereich von 1,5 bis 5 dtex haben.
 
4. Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff nach Anspruch 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die eingesetzten Polymere im gleichen Gewichtsverhältnis in den Mehrkomponenten-Filamenten und im Gemisch der Monokomponenten-Filamente vorhanden sind.
 
5. Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Monokomponenten- und die Mehrkomponenten-Filamente nach ihrer Aufspaltung in die Elementar-Filamente einen Titergradienten entlang der z-Richtung des flächenförmigen Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffes aufweisen.
 
6. Mehrkomponenten-Spinnvlies nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die eingesetzten Polymere unlösliche Additive wie Pigmente, Füllstoffe, Lichtschutzmittel, sowie lösliche Additive enthalten.
 
7. Mehrkomponenten-Spinnvliesstoff nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Mehrkomponenten-Filamente und die Monokomponenten-Filamente als massive oder hohle Filamente oder einem Gemisch aus massiven und hohlen Filamenten ausgebildet sind.
 
8. Verfahren zur Herstellung eines Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffes nach Anspruch 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass mindestens zwei Spinnstellen mit einheitlichen Spinndüsenöffnungen vorgesehen sind, die Mehrkomponenten-Filamente mit unterschiedlicher Elementar-Filament-Anzahl oder ein Gemisch mit Monokomponenten-Filamente in einer gemeinsamen Spinn- und Verstreckvorrichtung erzeugen, diese zu einem Spinnvliesstoff abgelegt sowie durch Hydrofluidbehandlung verfestigt und in die Elementar-Filamente aufgespalten werden.
 
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Reihenfolge der Spinnstellen im Bezug auf das Ablageband so gewählt wird, dass ein Titergradient der Filamente von einer Hauptseite zur anderen des Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffes oder von der Mitte des Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffes hinsichtlich seiner Dicke zu den Hauptseiten des Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffes hin erzeugt wird.
 
10. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Reihenfolge der Spinnstellen in Bezug auf das Ablageband so gewählt wird, dass alternierende, sich wiederholende Titergradienten in Lauf- oder Querschnittsrichtung des Vliesstoffs erzeugt werden.
 
11. Verwendung eines Mehrkomponenten-Spinnvliesstoffes nach Anspruch 1 bis 10 für die Herstellung von textilen Erzeugnissen, Kunstledern, Polierlappen oder Filtermedien.
 




Zeichnung







Recherchenbericht