(19)
(11) EP 1 623 903 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
08.02.2006  Patentblatt  2006/06

(21) Anmeldenummer: 05090200.6

(22) Anmeldetag:  01.07.2005
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B61L 5/10(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU LV MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR MK YU

(30) Priorität: 04.08.2004 DE 102004038304

(71) Anmelder: SIEMENS AKTIENGESELLSCHAFT
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Bender, Bernd
    10997 Berlin (DE)
  • Klett, Jan
    10559 Berlin (DE)
  • Robbe, Rolf
    13059 Berlin (DE)
  • Sattler, Uwe
    38108 Braunschweig (DE)

   


(54) Verschlusssystem für Weichen


(57) Die Erfindung betrifft ein Verschlusssystem für Weichen mit relativ zu festen Backenschienen (14a, 14b) bewegbaren Weichenzungen (12a, 12b). Um die Bewegung der Weichenzungen (12a, 12b) mit der gewünschten Stellkinematik zu ermöglichen oder die Weichenzungen (12a, 12b) zu blockieren und dabei eindeutige und sichere Lage- und Zustandsmeldungen zu ermöglichen, ist vorgesehen, dass mechanische Mittel zum Festhalten der Weichenzungen (12a, 12b) durch elektrische Mittel entriegelbar sind.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verschlusssystem für Weichen gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1.

[0002] Bekannte Weichenantriebe weisen in der Regel passiv wirkende vollmechanische Verschlüsse, beispielsweise Kammerspitzenverschlüsse oder Klinkenverschlüsse, auf. Der Betriebszustand lässt sich nur in den Endlagen durch eine elektromechanische Signalkette detektieren. Zur Weichenzunge und zum Weichenantrieb besteht eine mechanische Kopplung, wobei die Betätigung des Verschlusses durch mechanische Zwangsführung erfolgt. Auch die Auffahrbarkeit einer Weiche bei Falschfahrten wird vollständig durch die Verschlussmechanik sichergestellt.

[0003] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verschlusssystem der gattungsgemäßen Art vorzuschlagen, das eine aktive Betätigung und Zustandsüberwachung ermöglicht.

[0004] Die Aufgabe wird mit den kennzeichnenden Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst. Das Grundprinzip des Verschlusssystems besteht darin, dass der Verschluss im Ruhezustand grundsätzlich blockiert ist und nur auf ein aktives Stellsignal, das durch die elektrischen Mittel ausgelöst wird, öffnet. Durch dieses Ruhestromprinzip ergibt sich eine sichere Fixierung der Endlagen der Weichenzungen, wobei die Bewegung der Weichenzungen während des Stellvorgangs in den der gewünschten Stellkinematik entsprechenden Betriebszuständen mittels elektrischer Beaufschlagung des Festhaltemechanismus erfolgt. Dabei sind Zustandsmeldungen über die jeweilige Lage der Weichenzungen relativ zu den Backenschienen auf einfache Weise möglich. Durch das Prinzip der aktiven Betätigung der Festhaltemechanik lassen sich neuartige Weichenstellsysteme aufbauen, mit deren Hilfe verschiedenste Stellkinematiken realisierbar sind. Dabei besteht der besondere Vorteil darin, dass in Verbindung mit Gleissensoren Zugfahrten sicher detektiert und anschließend wie gewünscht aktiv beeinflusst werden können. Insbesondere an Weichen mit mehreren Stellpunkten können damit auch Falschfahrten sicher beherrscht werden. Das aktive Weichenverschlusssystem kann an Eisenbahnweichen jedweder Bauform zum Einsatz kommen. Beispielsweise ist die Realisierung des aktiven Verschlusssystems in Außen- und Innenverschlusskonzepten problemlos möglich. Die Festhaltemechanik kann in vielfältiger Weise, beispielsweise in kraftschlüssiger oder formschlüssiger Bauform realisiert sein.

[0005] Vorzugsweise ist die Festhaltemechanik gemäß Anspruch 2 selbstverstärkend ausgebildet. Dabei werden durch Hertzsche Pressung Reibkräfte übertragen, die bei zunehmender Öffnungskraft verstärkt werden und somit den Öffnungswiderstand erhöhen. Auf diese Weise wird der Verschluss in der Ruhelage sicher blockiert. Ein ungewolltes Öffnen ist quasi ausgeschlossen. Die Festhaltemechanik lässt sich nur durch die elektrischen Mittel und nicht durch mechanische Krafteinwirkung entriegeln.

[0006] Anspruch 3 charakterisiert eine bevorzugte selbstverstärkende Bauform, wobei viele sehr unterschiedliche Ausführungsformen denkbar sind. Bei der bevorzugten Bauform wird ein Klemmkörper mittels Federkraft gegen die keglige Innenfläche des Verschlussgehäuses und gegen den Schieber für die Weichenzungen gepresst, so dass an den Kontaktbereichen durch Hertzsche Pressung Reibkräfte übertragen werden können. Wirkt jetzt eine Öffnungskraft in Öffnungsrichtung des Schiebers, so wachsen die Reibungskräfte durch Keilwirkung zwischen den Klemmkörpern und der Kegelfläche proportional mit der Öffnungskraft an. Je größer die Öffnungskraft wird, desto stärker wird der Schieber festgehalten.

[0007] Für den Klemmkörper sind diverse Ausführungsformen vorstellbar, von denen einige in Anspruch 4 aufgezählt sind. Bei der Hebelausführung könnte dieser per Federkraft in rillenförmige Vertiefungen des Schiebers eindrückbar sein, wobei die elektrischen Mittel zur Entriegelung auf die Feder einwirken.

[0008] Zum Öffnen des Verschlusses dienen die elektrischen Mittel, die gemäß Anspruch 5 einen Signalgeber oder eine Steuerschaltung aufweisen können. Unter elektrischen Mitteln sollen hier elektronische, elektromechanische oder mechatronische Einrichtungen im weitesten Sinne subsummiert sein. Die Einwirkung auf die mechanischen Verschlusselemente, bei dem Ausführungsbeispiel nach Anspruch 3 beispielsweise die Reduzierung der auf den Klemmkörper wirkenden Vorspannung, kann auf mechanischen, elektromagnetischen, hydraulischen oder pneumatischen Wirkprinzipien basieren.

[0009] Die Erfindung wird nachfolgend anhand figürlicher Darstellungen näher erläutert. Es zeigen:
Figur 1a/1b
eine Ausführungsform eines aktiven, selbstverstärkenden Weichenverschlusses,
Figur 2
ein Außenverschlusssystem und
Figur 3
ein Innenverschlusssystem.


[0010] In Figur 1a ist ein Querschnitt A-A eines Verschlusssystems gemäß Figur 1b dargestellt. Es ist ersichtlich, dass ein Verschlussgehäuse 1 mit Klemmkegel 2 einen Stell- oder Prüfschieber 3 umschließt. Der Stell- oder Prüfschieber 3 ist beidseitig mit Weichenzungen (12a/12b, Figur 2) verbunden. Je nach Betriebszustand muss der Stell- oder Prüfschieber 3 blockiert oder freigegeben werden. Innerhalb des Verschlussgehäuses 1 befinden sich Klemmkörper 4, die im Blockier- oder Festhaltezustand mittels einer beweglichen Druckplatte 5 und einer Druckfeder 6 gegen die keglige Innenfläche des Klemmkegels 1 und gegen den Stell- oder Prüfschieber 3 gepresst werden. Die Druckfeder 6 stützt sich an einer fest mit dem Verschlussgehäuse 1 verbundenen Gegenplatte 7 vis-a-vis der beweglichen Druckplatte 5 ab. Durch die Presskräfte zwischen dem Klemmkegel 2, dem Klemmkörper 4 und dem Stell- oder Prüfschieber 3 wird letzterer in seiner momentanen Position festgehalten. Wirkt jetzt eine Öffnungskraft in Öffnungsrichtung des Stell- oder Prüfschiebers 3, vergrößert sich an den Kontaktpunkten des Klemmkörpers 4 die Hertzsche Pressung, wodurch die Reibungskräfte proportional mit der Öffnungskraft ansteigen. Der Verschluss wird folglich sicher blockiert, d. h. der Stell- oder Prüfschieber 3 lässt sich durch derartige mechanische Öffnungskräfte nicht bewegen. Soll die Bewegungsrichtung freigegeben werden, so wird über einen Signalgeber bzw. eine Steuereinrichtung 8 ein Signal über einen Signalleiter 9 an einen Stellaktuator 10 gegeben, der durch Zurückziehen der beweglichen Druckplatte 5 die Klemmwirkung der Klemmkörper 4 aufhebt. Die Signalleitung kann elektrisch/elektronisch, mechanisch, hydraulisch oder pneumatisch erfolgen. Der Stellaktuator 10, der die Lage der Druckplatte 5 verändert, kann mechanisch, elektromagnetisch, hydraulisch oder pneumatisch wirken. Bei dem Ausführungsbeispiel sind die Klemmkörper 4 als Kugeln ausgebildet. Denkbar sind jedoch eine Vielzahl von Geometrien und Anordnungen, beispielsweise zylindrische Walzen, Keile oder Hebel. Derartige aktive Verschlüsse können als mechanische Schalter interpretiert werden, die zu mehr oder weniger komplexen Schaltungen kombiniert werden können, so dass verschiedene Bewegungszustände gezielt und sicher herstellbar sind.

[0011] Figur 2 veranschaulicht eine Außenverschlussvariante mit Verschlüssen 11a und 11b nach Figur 1. Der Schieber 3 ist mit den beiden verstellbaren Weichenzungen 12a und 12b starr verbunden. Die Weichenzungen 12a und 12b sind außenseitig mit Stellstangen 13a und 13b verbunden, welche fest angeordnete Backenschienen 14a und 14b verschiebbar durchragen und an deren freie Enden die Verschlüsse 11a und 11b angreifen. Nach dem oben beschriebenen Arbeitsprinzip wird an den beiden Weichenzungen 12a und 12b durch entsprechende Schaltungen der aktiven Verschlüsse 11a und 11b jeweils die gewünschte Bewegungsrichtung blockiert oder geöffnet. Im Falle einer Falschfahrt wird diese durch Sensoren vor der Weiche erkannt und der für das passive Auffahren der Weiche notwendige Schaltzustand der Verschlüsse 11a und 11b durch den Signalgeber bzw. die Steuereinrichtung 8 aktiv herbeigeführt. Nach passiver Umstellung der Weiche wird diese dann in der neuen sicheren Endlage verriegelt.

[0012] Figur 3 veranschaulicht ein aktives Verschlusssystcm als Innenverschluss. Bei dieser Bauform wird der Stell- oder Prüfschieber 3 zentral blockiert oder in der gewünschten Bewegungsrichtung freigegeben. Bei diesem System sind die Backenschienen 14a und 14b auf einer Verschlussschwelle 15 fixiert. Die Lage der beweglichen Weichenzunge 12a und 12b wird über den Stell- oder Prüfschieber 3 bestimmt, der durch die entgegengesetzt verschalteten aktiven Innenverschlüsse 11c und 11d je nach gewünschter Stellkinematik blockiert oder in einer Bewegungsrichtung freigegeben wird. Die gewünschte Stellkinematik und die passive Auffahrbarkeit bei Falschfahrten werden auch hier durch einen Signalgeber bzw. eine Steuereinrichtung 8 über einen Signalleiter 9 aktiv herbeigeführt.


Ansprüche

1. Verschlusssystem für Weichen mit relativ zu festen Backenschienen (14a, 14b) bewegbaren Weichenzungen (12a, 12b),
gekennzeichnet durch
mechanische Mittel zum Festhalten der Weichenzungen (12a, 12b) und elektrische Mittel zum Öffnen der mechanischen Mittel.
 
2. Verschlusssystem nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass die mechanischen Mittel derart ausgebildet sind, dass der Öffnungswiderstand mit zunehmender Öffnungskraft steigt.
 
3. Verschlusssystem nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die mechanischen Mittel ein Verschlussgehäuse (1) mit einem Klemmkegel (2) aufweisen, der einen mit den Weichenzungen (12a, 12b) verbundenen Stell- oder Prüfschieber (3) umgreift und mindestens einen Klemmkörper (4) aufnimmt, der im Festhaltezustand mittels einer federbeaufschlagten Druckplatte (5) gegen die Innenfläche des Klemmkegels (2) und gegen den Stell- oder Prüfschieber (3) gepresst wird, wobei die Klemmwirkung im Öffnungszustand mittels der elektrischen Mittel, die eine Zurückziehen der Druckplatte (5) bewirken, aufgehoben wird.
 
4. Verschlusssystem nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Klemmkörper (4) als Kugel, zylindrische Walze, Keil oder Hebel ausgebildet ist.
 
5. Verschlusssystem nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass die elektrischen Mittel einen Signalgeber oder eine Steuerschaltung (8) aufweisen.
 




Zeichnung







Recherchenbericht