(19)
(11) EP 1 642 652 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
05.04.2006  Patentblatt  2006/14

(21) Anmeldenummer: 05019558.5

(22) Anmeldetag:  15.07.2002
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B05D 5/06(2006.01)
C23C 18/12(2006.01)
C23C 18/04(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT CH DE ES FR IT LI

(30) Priorität: 16.07.2001 DE 10134473

(62) Anmeldenummer der früheren Anmeldung nach Art. 76 EPÜ:
02015767.3 / 1277851

(71) Anmelder:
  • Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V.
    80686 München (DE)
  • FEW Chemicals GmbH
    06766 Wolfen (DE)

(72) Erfinder:
  • Berg, Siegfried, Dr.
    75203 Königsbach-Stein (DE)
  • Bolch, Thomas
    74232 Abstatt (DE)
  • Auer, Friedrich, Dr.
    D-72108 Rottenburg-Fromenhausen (DE)

(74) Vertreter: Pfenning, Meinig & Partner GbR 
Patent- und Rechtsanwälte Theresienhöhe 13
80339 München
80339 München (DE)

 
Bemerkungen:
Diese Anmeldung ist am 08 - 09 - 2005 als Teilanmeldung zu der unter INID-Kode 62 erwähnten Anmeldung eingereicht worden.
 


(54) Verfahren zur Beschichtung passivierter Chromoberflächen von Bauteilen sowie derart beschichtetes Bauteil


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren, das sich eignet, auf Chromoberflächen, insbesondere von Sanitär- und Küchenarmaturen, eine dauerhaft haftende, stabile, Schmutz und Wasser abweisende Beschichtung aufzubringen, sowie die solchermaßen beschichteten Bauteile. Das Verfahren beruht darauf, dass die Oberfläche zunächst physikalisch aktiviert und dann mittels eines Sols beschichtet wird.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren, das sich eignet, auf Chromoberflächen, insbesondere von Sanitär- und Küchenarmaturen, eine dauerhaft haftende, stabile, Schmutz und Wasser abweisende Beschichtung aufzubringen, sowie die solchermaßen beschichteten Bauteile.

[0002] Wasserarmaturen im Sanitärbereich sind allgemein täglich im häufigen Gebrauch und befinden sich stets im unmittelbaren Blickfeld des Benutzers. Aus diesen beiden Gründen müssen sie regelmäßig gereinigt werden, da Verschmutzungen der Oberfläche wie Kalkränder, Reste von Schmutz, Creme, Seifen, Zahnpasta, etc., sowie Fingerabdrücke den optischen Eindruck stören. Neben dem erheblichen Arbeitsaufwand geht die regelmäßige Reinigung einher mit der Verwendung umweltbelastender Reinigungsmittel und mechanischer Belastung der Armaturoberflächen beim Einsatz abrasiver Reiniger. Der optisch einwandfreie Eindruck einer frisch gereinigten Armatur geht meist bei der ersten anschließenden Benutzung wieder verloren.

[0003] Moderne dekorative Oberflächen (wie z.B. auch im Sanitärbereich) zeichnen sich dadurch aus, dass sie neben den dekorativen Ansprüchen multifunktionelle Schichteigenschaften aufweisen. Zu diesen funktionellen Schichteigenschaften zählt beispielsweise das antiadhäsive Verhalten von Oberflächen. Solche Oberflächen besitzen einen großen Widerstand gegenüber weiterer Bedeckung beispielsweise mit Schmutzpartikeln oder Lacken. Aufgrund des antiadhäsiven Verhaltens dieser Oberflächen besitzen diese Schichten außerdem eine geringe Empfindlichkeit gegenüber Fingerabdrücken, die während der Produktion, der Montage oder im täglichen Gebrauch von Sanitärarmaturen auftreten können. Da antiadhäsive Oberflächen hydrophobes Verhalten aufweisen, besitzen diese Schichten in der Regel einen höheren Korrosionswiderstand.

[0004] Antiadhäsive, schmutzabweisende Eigenschaften lassen sich beispielsweise durch die Beschichtung einer galvanisch verchromten Oberfläche (z.B. einer Badarmatur) mit einer antiadhäsiven Beschichtung (z. B. einer Sol-Gel-Beschichtung) erzielen. Die Güte dieser Schichtsysteme ist neben den Schichteigenschaften im wesentlichen von der Haftung der Schicht auf der Chromoberfläche abhängig. Da die Chromoberfläche produktionsbedingt in sehr unterschiedlichem bzw. nicht definiertem Zustand vorliegt, ist derzeit kein Verfahren bekannt, das geeignet ist, ein Sol-Gel-System haftfest auf eine Chromoberfläche auftragen zu können.

[0005] Der Schichtaufbau einer galvanisch abgeschiedenen Chromschicht besteht aus einer Kupfergrundschicht, einer Nickelzwischenschicht und einer Chromdeckschicht. Diese Schichten werden nacheinander galvanisch aufgetragen. Ergänzt wird diese Produktionskette durch zahlreiche Aktivierungs- und Spülbehandlungen zwischen den einzelnen Beschichtungsschritten. Der durch die Beschichtung erhaltene Oberflächenzustand ist demnach eine Funktion, die sich sowohl aus den physikalischen und chemischen Eigenschaften des Schichtmaterials, als auch aus der Art der verwendeten Beschichtungschemikalien ergibt.

[0006] Wird eine frisch abgeschiedene Chromoberfläche üblichen Atmosphären ausgesetzt, so bildet sich auf der Oberfläche der Chromschicht eine geschlossene, passivierende Chromoxidschicht von mehreren Atomlagen aus. Diese Oxidschicht verhindert die weitere Oxidation des darunter liegenden Chroms und ist eine der Ursachen für ein schlechteres Benetzungsverhalten gegenüber stark polaren Flüssigkeiten, so dass sich bei weiterer Beschichtung einer Chromoberfläche üblicherweise Probleme bezüglich Benetzung und Haftfestigkeit ergeben. So zeigt Wasser auf einer glatten, galvanisch abgeschiedene Chromschicht einen Benetzungs-randwinkel von 90°, ein typischer Wert für hydrophobe Oberflächen, die keine Benetzung durch Medien mit polaren Gruppen erlauben.

[0007] Bei der Herstellung von Oberflächen mit schmutzabweisender Wirkung werden derzeit vor allem zwei Konzepte verfolgt:

[0008] Erstens die Aufbringung einer Oberflächen-Beschichtung, deren äußerste Oberfläche eine möglichst geringe Oberflächenspannung und damit eine minimale Neigung zum Anhaften von Verschmutzungen aufweist.

[0009] Zweitens die Strukturierung der Oberfläche mit Erhebungen und Vertiefungen im Nanometer- und Mikrometerbereich, die zu leichtem Abperlen von Wasser führt, wodurch sich eventuelle Verunreinigungen mittels Wasser entfernen lassen ("Lotuseffekt").

[0010] Das letztgenannte Konzept erlaubt aber aufgrund der Struktur keine glatten, glänzenden Oberflächen, wie sie bei Metallarmaturen seit Jahrzehnten verbreitet sind und vom Kunden erwartet werden. Die beschriebenen Mikrostrukturen sind außerdem mechanisch nicht sehr stabil, wodurch mit einem allmählichen Nachlassen des schmutzabweisenden Effektes zu rechnen ist. Aus diesen Gründen wurde bei der vorliegenden Erfindung das erstgenannte Konzept verfolgt.

[0011] Als Beschichtungsstoffe kommen hierbei einerseits konventionelle organische Lacke mit Oberflächenspannungs-vermindernden Additiven wie Silikonen in Frage, andererseits fluororganisch funktionalisierte Sol-Gel-Beschichtungen und ferner perfluorierte Polymere wie Poly(tetrafluorethylen).

[0012] Die erstgenannten Beschichtungsstoffe müssen im allgemeinen mit relativ hoher Schichtdicke (30 bis mehrere 100 µm) aufgetragen werden, sind chemisch und mechanisch meist von begrenzter Stabilität und weisen im allgemeinen keine extrem niedrige Oberflächenspannung auf, so dass gegenüber Chrom keine entscheidende Verminderung der Schmutzempfindlichkeit erzielt wird. Die erwähnten Perfluorpolymere müssen ebenso mit hoher Schichtdicke (meist über 100 µm) aufgetragen werden. Den Vorteilen der hohen chemischen Beständigkeit und der ausgeprägten antiadhäsiven Wirkung stehen ferner die Nachteile gegenüber, dass die Bildung einer geschlossenen Schicht nach dem Auftrag der Polymerdispersion erst bei sehr hohen Temperaturen (ca. 300 °C und höher) erfolgt, dass die mechanische Härte der Schichten gering ist und dass meist keine transparenten, sondern trübe Schichten erhalten werden.

[0013] Ein Verfahren zur Herstellung mechanisch beständiger und stark antiadhäsiver Oberflächen, das in der Patentliteratur mehrfach beschrieben ist (z. B. in WO 9842886, US 5753313, CN 1077144), liegt in Zweischichtsystemen, bestehend aus einer thermisch gespritzten (oder Elektrobogen-gespritzten) Keramik- oder Metallschicht und einer anschließend aufgebrachten Schicht aus Silikonharz oder besser Fluorpolymer, die sowohl die Oberfläche der gespritzten Schicht bedeckt als auch deren Vertiefungen und Poren ausfüllt. Dieses Verfahren ist aber insgesamt aufwendig, da es zwei aufwendige Beschichtungsschritte mit völlig unterschiedlicher Technologie beinhaltet und durch die Wärme des Spritzmaterials und die hohe Verarbeitungstemperatur der Polymerharze temperaturstabilen Substraten vorbehalten ist. Ferner entstehen auch hier strukturierte, nichttransparente Oberflächen.

[0014] Als Unterschicht zwischen Substrat und Fluorpolymer kommen ferner im Sol-Gel-Verfahren hergestellte Polysiloxane zum Einsatz (JP 06145946). Dadurch wird zwar die Temperaturbelastung beim Aufbringen der Unterschicht geringer, die mechanische Empfindlichkeit des darüberliegenden Polymerharzes wird dadurch aber nicht verbessert und die Haftung der Sol-Gel-Schicht (und damit des gesamten Schichtverbundes) auf Substraten wie Chrom ist ungenügend.

[0015] Alternativ dazu kann eine Perfluorpolymer-Phase auch in Form eines IPN (interpenetrating network, also gegenseitig durchdringendes Netzwerk) oder eines Nanocomposites mit einem anderen Polymer, z.B. (wie in WO 9701599 offengelegt) einem Polysiloxan, aufgebracht werden. Solche Materialien lassen zwar aufgrund geringer Oberflächenspannung eine gute Bedeckung des Untergrundes erwarten, das Problem der Haftung auf einer glatten Oberfläche, z.B. von Chrom, ist damit aber ebenfalls noch nicht gelöst.

[0016] Sol-Gel-Beschichtungen besitzen den Vorteil, schon bei deutlich geringeren Schichtdicken (1-10 µm) stabile, transparente Schichten zu bilden. Dadurch wird wenig Beschichtungsmaterial verbraucht und die äußere Erscheinung des beschichteten Werkstückes so wenig wie möglich beeinträchtigt. Die Vernetzung von solchen Schichten erfolgt bereits bei Temperaturen zwischen 100 °C und 150 °C, wodurch der Energieaufwand geringer ist und thermisch empfindliche Substrate (z.B. galvanisch verchromte Kunststoffe) ebenfalls unbeschadet beschichtet werden können. Aufgrund ihres hohen Vernetzungsgrades besitzen diese Schichten eine mechanische Stabilität, die derjenigen von organischen Materialien überlegen ist. Der hohe anorganische Anteil solcher Verbindungen führt außerdem zu einer hohen Stabilität gegen chemischen Angriff und hohe Temperaturen. Der stabile Einbau perfluororganischer Gruppen in die Oberfläche einer solchen Beschichtung führt zu Oberflächenspannungen, die noch geringer sind als diejenigen gängiger perfluorierter Polymere (ca. 18 mN/m), obwohl der Massenanteil der Perfluorchemikalien an der Gesamtmischung sehr viel geringer ist.

[0017] Solche Systeme von fluororganisch funktionalisierten Nanopartikel-Sol-Beschichtungen sind aus zahlreichen Patenten, wie DE 2446279, JP 06145600, WO 92/21729, DE 19917367, DE 10004132, bekannt.

[0018] Infolge des beschriebenen Eigenschaftsprofils erscheinen solche Sol-Gel-Beschichtungen prädestiniert zur Erzeugung von Schmutz und Wasser abweisenden Schichten auf Sanitärarmaturen, insbesondere verchromten Sanitärarmaturen, da durch sie eine starke Antihaftwirkung erzielt werden kann, ohne dass dabei die vorteilhaften Eigenschaften der Metalloberflächen verloren gehen. Das bisher ungelöste Problem bei diese Aufgabe lag aber in der zu geringen Oberflächenspannung galvanisch erzeugter Chromoberflächen, die zu schlechter Benetzung und zu schwacher Haftung führt.

[0019] Hiervon ausgehend war es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Verfahren zur Beschichtung von passivierten Chromoberflächen von Bauteilen bereitzustellen, wobei die Haftfestigkeit der Beschichtung im Vordergrund steht. Eine weitere Aufgabe der vorliegenden Erfindung war die Bereitstellung derart beschichteter Bauteile.

[0020] Diese Aufgabe wird durch das erfindungsgemäße Verfahren mit den Merkmalen des Anspruches 1 sowie durch das erfindungsgemäße Bauteil mit den Merkmalen des Anspruches 6 gelöst. Die weiteren Unteransprüche zeigen vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung auf. In den Ansprüchen 9 und 10 wird die Verwendung des erfindungsgemäßen Verfahrens beschrieben.

[0021] Erfindungsgemäß wird ein Verfahren zur Beschichtung passivierter metallischer Oberflächen aus glattem oder strukturiertem Chrom von Bauteilen bereitgestellt, das auf den folgenden Schritten beruht:

I) physikalische Aktivierung der passivierten Oberfläche mittels Sputter-Verfahren sowie

II) anschließender Beschichtung der aktivierten Oberfläche mit mindestens einem Sol und Bildung eines Gels.



[0022] Der Aktivierungsschritt, mit dem die metallische Oberfläche modifiziert wird, ist nötig, um das Benetzungsverhalten der Oberfläche zu verbessern und eine haftfeste Beschichtung mit Sol-Gel-Systemen zu ermöglichen. Die Modifikation der metallischen Oberfläche führt zu einem definierten Oberflächenzustand, der sich dadurch auszeichnet, dass die Oberfläche eine höhere Oberflächenenergie besitzt und dadurch eine bessere Adhäsion der Sol-Gel-Systeme auf der Oberfläche ermöglicht.

[0023] Bei der physikalischen Aktivierung der Oberfläche wird die metallische Oberfläche in einer Vakuumkammer evakuiert und einer Plasma-Behandlung unterzogen. Die Bauteile werden dabei in einer Vakuumkammer evakuiert und auf eine substratabhängige Temperatur erwärmt, wobei die Erwärmung der Bauteile üblicherweise in einer inerten Atmosphäre erfolgt. Beim Erreichen einer bestimmten Temperatur wird eine Glimmentladung gezündet, die durch das Anlegen einer Gleichspannung zwischen Bauteil und Rezipientenwand hervorgerufen wird, so dass ionisierte Gasspezies in Richtung Bauteil beschleunigt werden und auf die Oberfläche der Bauteile stoßen. Die Aktivierung der Oberfläche ergibt sich dann aus den Stoßkaskaden, die die auftreffenden Gaspartikel auslösen und dabei auf der Oberfläche haftende Oxide und Verunreinigungen abtragen (Sputtern).

[0024] Unter passivierter Oberfläche kann in diesem Zusammenhang auch eine Oberfläche verstanden werden, die nur teilweise passiviert ist, und auch eine zumindest teilweise aktivierte Oberfläche.

[0025] Im folgenden Schritt wird dann auf die derart aktivierte und modifizierte metallische Oberfläche ein schmutz- und wasserabweisendes Sol-Gel-Schichtsystem aufgetragen, das eine gute Haftfestigkeit aufweist.

[0026] Im Gegensatz zu den aus dem Stand der Technik beschriebenen metallischen Oberflächen verhindert oder minimiert die geringe Oberflächenspannung der mit Sol-Gel-System beschichteten metallischen Oberflächen gemäß der vorliegenden Erfindung das Anhaften der unterschiedlichsten Verschmutzungen. Wenn sich dennoch Rückstände auf der Oberfläche halten, so können diese im allgemeinen einfach durch Abspülen mit Wasser entfernt werden. Hieraus resultiert eine entscheidende Verminderung des Arbeitsaufwandes bei der Reinigung, sowie Einsparung bzw. der völlige Verzicht auf umweltbelastende Reinigungsmittel. Durch den stark verminderten mechanischen Reinigungsaufwand wird die Armaturoberfläche geschont und der optisch einwandfreie Zustand bleibt länger erhalten.

[0027] Ein weiterer entscheidender Vorteil liegt in der verbesserten Hygiene, da das Anhaften von Mikroorganismen erschwert wird und sich diese unter Abwesenheit von Wasser auf der betreffenden Oberfläche nicht entwickeln können. Von zentraler Bedeutung ist der letztgenannte Vorteil bei Armaturen, die im medizinischen Bereich, z.B. in Kliniken, zum Einsatz kommen.

[0028] Ein weiterer Vorteil der Erfindung liegt in der Korrosionsschutz-Wirkung der Beschichtung bzw. des Schichtsystems infolge ihrer hohen chemischen Beständigkeit und ihres hohen elektrischen Widerstandes. Im folgenden werden die Begriffe Beschichtung und Schichtsystem als Synonyme verwendet. Die Bildung von Lokalelementen mit anderen Metallen wird dadurch ebenso wirkungsvoll vermieden wie der chemische Angriff durch korrodierende Gase wie Sauerstoff und SO2, die gar nicht zur eigentlichen Metalloberfläche vordringen können. Im Falle einer mechanischen Verletzung der Schicht bis auf die Unterlage kommt es höchstens zur Korrosion an der Schadstelle, nicht aber zur Unterwanderung der umliegenden Schicht, da die Beschichtung mit der Metalloberfläche stabil verbunden ist.

[0029] Im Falle der Beschichtung feinstrukturierter Metalloberflächen (z.B. mikrostrukturiertes Chrom), wie sie im Sanitärbereich seit Jahren verbreitet sind, zeigt die Erfindung einen weiteren positiven Effekt. Verunreinigungen wie Handschweiß setzen sich bevorzugt in die Vertiefung solcher Oberflächen und bleiben durch das an dieser Stelle veränderte Reflektionsverhalten deutlich sichtbar ("Fingerprint"-Effekt). Solche Fingerabdrücke lassen sich fast nicht mechanisch, sondern nur durch den Einsatz von Reinigungsmittel entfernen. Durch die vorliegende Erfindung wird das Anhaften von Handschweiß in den Vertiefungen der Oberfläche deutlich erschwert und dadurch der störende Fingerprint-Effekt entscheidend vermindert oder ganz unterdrückt.

[0030] Ein besonderer Vorteil der vorliegenden Erfindung besteht darin, dass sich geschlossene antiadhäsive Schichten mit sehr geringer Schichtdicke (1 µm und darunter) aufbringen lassen, so dass die Struktur solcher fein strukturierter Oberflächen - und damit deren Optik und Haptik - nicht wesentlich verändert wird.

[0031] Liegt die Größenordnung einer Strukturierung, die zu dekorativen Zwecken auf die Metalloberfläche aufgebracht wird (wie z. B. bei mikrostrukturiertem Chrom), im Größenordnungsbereich von Mikrostrukturen, so erfolgt dies ausschließlich aus dekorativen Zwecken und nicht zur Erzielung eines Selbstreinigungseffektes. In der vorliegenden Erfindung wird die schmutzabweisende Wirkung durch chemische Funktionalisierung erzeugt, die Nutzung des Lotus-Effektes zur Erzielung eines Selbstreinigungseffektes ist ausdrücklich nicht Gegenstand dieser Erfindung.

[0032] Bevorzugt wird das erfindungsgemäße Verfahren derart durchgeführt, dass durch die Aktivierung die Oberflächenenergie der metallischen Oberfläche auf Werte > 40 mN/m und besonders bevorzugt > 50 mN/m gesteigert wird. Auf diese Weise wird die fehlstellenfreie und dauerhaft haftende Beschichtung der metallischen Oberfläche ermöglicht.

[0033] Die physikalische Aktivierung, d.h. das Sputter-Verfahren wird bevorzugt in einer Wasserstoff-Stickstoff-Argon-Atmosphäre durchgeführt.

[0034] Die sich an die Aktivierung anschließende Beschichtung der Oberfläche erfolgt bevorzugt ausgehend von hydrolysierbaren Silanen, die in einem Lösungsmittel vorgelegt und mit Wasser und einem Katalysator hydrolysiert werden. Die entstehenden Silanol-Gruppen kondensieren anschließend untereinander unter Ausbildung von Siloxan-Bindungen, wodurch sich dispers gelöste Polysiloxan-Partikel bilden. Durch Einsatz verschiedener funktioneller Silane lassen sich die entstehenden Polysiloxan-Partikel praktisch beliebig funktionalisieren. Alkyl- und arylgruppenfunktionalisierte Silane eignen sich zur Herstellung hydrophober Partikel und damit hydrophober Schichten, während mit reaktiven Gruppen funktionaliserte Silane einerseits eine optimale Haftung der Schicht auf dem Substrat und andererseits eine Verneztung der Partikel untereinander mittels der reaktiven Gruppen ermöglichen. Der Einsatz von kondensierbaren Verbindungen anderer Elemente als Silizium, die ebenfalls Oxidnetzwerke ausbilden (wie z.B. B, Al, Ti, Zr, P, Ge, Sn, usw.), ermöglicht weitere Möglichkeiten zur Modifikation der Sol-Partikel und der daraus resultierenden Schichten. Der Einbau nanoskaliger Oxidpartikel (z.B. SiO2, Al2O3, usw.) in Sol-Gel-Systeme führt zu sogenannten Nanokompositen, die eine noch höhere mechanische Beständigkeit als reine Polysiloxan-Schichten besitzen.

[0035] In einer bevorzugten Variante wird das Schichtsystem aus mindestens einem vernetzbare fluororganisch funktionalisierte Verbindungen enthaltenden Sol gebildet. Diese führen zu einem stark antiadhäsiven Oberflächeneffekt der resultierenden Schichten, der aus der minimalen Oberflächenenergie von Perfluororganyl-Gruppen und aus deren Anreicherung an der Schichtoberfläche während des Beschichtungsvorgangs resultiert.

[0036] In einer bevorzugten Ausführungsform des Verfahrens wird das mindestens eine Sol bei Temperaturen zwischen 50 und 250°C und besonders bevorzugt zwischen 100 und 200°C vernetzt.

[0037] Erfindungsgemäß wird auch ein Bauteil mit einer Schmutz und/oder Wasser abweisenden Sol-Gel-Beschichtung auf der metallischen Oberfläche bereit gestellt, die nach dem Verfahren nach Anspruch 1 hergestellt wurde. Dabei weist die Beschichtung auf der betreffenden Oberfläche eine Gitterschnitthaftung von Gt0 auf.

[0038] Es ist bevorzugt, dass die Beschichtung des Bauteiles transparent und rissfrei ist. Nur anhand der erfindungsgemäßen Vorbehandlung der Oberfläche ist es möglich, dass die Haftfestigkeit der Beschichtung gesichert werden kann.

[0039] In einer bevorzugten Ausführungsform weist die Oberfläche des Bauteils einen Benetzungsrandwinkel von Wasser von > 100° und besonders bevorzugt >105° auf.

[0040] Verwendung findet das Verfahren zur Beschichtung vor allem im Bereich der Sanitär- und Küchenarmaturen. Armaturen in diesen Bereichen weisen meist Metalloberflächen auf, die in hohem Maße Verunreinigungen durch schwer entfernbaren Medien, wie z.B. Öldampf, Fettspritzer, Salzwasser, Eigelb, ausgesetzt sind.

[0041] Ebenso findet das Verfahren Verwendung für weitere Haushaltsgeräte mit metallischen Oberflächen. Hier ist vor allem an gewerbliche Bereiche zu denken, wie z.B. Gaststätten, Hotels, Kliniken, öffentliche Toiletten. Hier ist es bislang nötig, dass eine tägliche oder noch häufigere Reinigung der Armaturen durchgeführt wird. Mit der erfindungsgemäßen Lösung kann nun der Zeitaufwand bei der Reinigung deutlich verringert werden, wodurch im Laufe mehrjähriger Nutzung eine erhebliche Kostensenkung resultiert, die mit den Kosten für die Beschichtung nicht aufzuwiegen ist.

[0042] Anhand der folgenden Beispiele soll das erfindungsgemäße Verfahren näher beschrieben werden, ohne dieses auf die einzelnen Beispiele einzuschränken.

Beispiel 1:



[0043] In einem Erlenmeyer-Kolben werden 150 ml 2-Propanol, 50 ml 1-Methoxy-2-propanol, 25 ml Tetraethoxysilan (TEOS), 25 ml Phenyltriethoxysilan und 25 ml Trifluoressigsäure 0,1 N unter Rühren gemischt. Nach 2 Tagen werden 5,5 ml einer 1 Gew.-%igen Lösung von bis(Triethoxysilyl)-funktioalisiertem Perfluorpolyether (Handelsbezeichnung "Fluorolink S10") in 2-Propanol eingerührt. Nach einem weiteren Tag ist das fluorfunktionalisierte Polysiloxan-Sol gebrauchsfertig.

Beispiel 2:



[0044] Sol aus Beispiel 1 wird per Flutung auf eine galvanisch verchromte Armaturblende aufgetragen. Nach Abdampfen des Lösungsmittels wird das Schichtsystem thermisch (150 °C, 1 h) ausgehärtet. Bereits beim Beschichtungsvorgang treten Benetzungsstörungen auf, d.h. der zunächst geschlossene Film auf der Metalloberfläche reißt an mehreren Stellen auf. Nach dem Aushärten erhält man eine transparente Beschichtung mit zahlreichen Fehlstellen, die zwar ausgeprägte antiadhäsive Wirkung zeigt, sich von einem aufgeklebten Klebestreifen aber restlos abreißen läßt.

Beispiel 3:



[0045] Sol aus Beispiel 1 wird analog zu Beispiel 2 auf ein galvanisch verchromtes Probeblech (Format 60 x 100 mm) beschichtet. Auf die Beschichtungsoberfläche wird ein Gitterschnitt angebracht und das Blech anschließend bei 40°C einem Feuchtklima (100% Luftfeuchtigkeit, DIN 50017) ausgesetzt. Nach vier Tagen beobachtet man großflächiges Abblättern der Schicht.

Beispiel 4:



[0046] Ein galvanisch verchromtes Probeblech wird in einer Wasserstoff-Stickstoff-Argon Atmosphäre gereinigt, indem zwischen Blech und Reaktorwand eine Glimmentladung, durch das Anlegen einer Gleichspannung, gezündet wird. Eine Bestimmung des Benetzungs-Randwinkels von Wasser nach der Behandlung ergibt einen Wert von 43°.

Beispiel 5:



[0047] In einem Erlenmeyer-Kolben werden 100 ml Ethanol, 25 ml Glycidoxypropyltrimethoxysilan ("GLYMO") und 25 ml 0,1 N Salzsäure unter Rühren gemischt. In einem weiteren Erlenmeyerkolben werden 100 ml Ethanol, 25 ml Aminopropyltriethoxysilan und 25 ml Wasser unter Rühren gemischt. Nach drei Tagen werden 50 ml des ersten Soles in 100 ml des zweiten Soles eingerührt. Die Mischung ist nach 30 min Rühren gebrauchsfertig und ca. 2 Tage verarbeitbar.

Beispiel 6:



[0048] Nach Beispiel 8 behandeltes Probeblech wird analog zu Beispiel 10 mit Haftschicht und antiadhäsiver Deckschicht beschichtet. Die Benetzungs-Randwinkel von Wasser und Hexadecan betragen 108° bzw. 60°, das Zweischicht-System besitzt die Gitterschnitt-Haftung GtO, nach 28 Tagen im Feuchtklima (40 °C, 100% Luftfeuchtigkeit) beobachtet man kein Abblättern der Schichten, der Haftungswert beträgt weiterhin GtO.


Ansprüche

1. Verfahren zur Beschichtung passivierter metallischer Oberflächen aus glattem oder strukturiertem Chrom von Bauteilen mit folgenden Schritten:

I) physikalische Aktivierung der passivierten Oberfläche mittels Sputterverfahren sowie

II) Beschichtung der aktivierten Oberfläche mit mindestens einem siloxanhaltigen Sol und Bildung eines Gels.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass durch die Aktivierung die Oberflächenenergie auf Werte größer 40 mN/m gesteigert wird.
 
3. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass bei der physikalischen Aktivierung das Sputterverfahren in einer Wasserstoff-Stickstoff-Argon-Atmosphäre durchgeführt wird.
 
4. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, dass das Schichtsystem ganz oder teilweise aus mindestens einem vernetzbaren fluororganisch funktionalisierte Verbindungen enthaltenden Sol gebildet wird.
 
5. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, dass das mindestens eine Sol bei Temperaturen zwischen 50 und 250°C, bevorzugt zwischen 100 und 200°C vernetzt wird.
 
6. Bauteil mit einer Schmutz und Wasser abweisenden Sol-Gel-Beschichtung auf der metallischen Oberfläche aus glattem oder strukturiertem Chrom, die mit dem Verfahren nach Anspruch 1 hergestellt wurde, wobei die Beschichtung eine Gitterschnitthaftung von Gt0 aufweist.
 
7. Bauteil nach Anspruch 6,
dadurch gekennzeichnet, dass die Beschichtung transparent und rissfrei ist.
 
8. Bauteil nach mindestens einem der Ansprüche 6 oder 7,
dadurch gekennzeichnet, dass der Benetzungsrandwinkel von Wasser auf der beschichteten Oberfläche größer 100°, bevorzugt größer 105° ist.
 
9. Verwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 5 zur Beschichtung von Sanitär- und Küchenarmaturen.
 
10. Verwendung des Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 5 zur Beschichtung metallischer Oberflächen von Haushaltsgeräten.
 





Recherchenbericht