[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von austenitischen Stählen sowie
ein Verdichtergehäuse aus einem austenitischen Stahl, wobei das Verdichtergehäuse
im wesentlichen ringförmig ausgebildet ist.
[0002] Unter der Sammelbezeichnung "Strömungsmaschinen" werden Wasserturbinen, Dampf- und
Gasturbinen, Windräder, Kreiselpumpen und Kreiselverdichter sowie Propeller zusammengefasst.
Allen diesen Maschinen ist gemeinsam, dass sie dem Zweck dienen einem Fluid Energie
zu entziehen, um damit eine andere Maschine anzutreiben oder umgekehrt, einem Fluid
Energie zuzuführen, um dessen Druck zu erhöhen.
[0003] Die Gehäuse von Verdichtern müssen so ausgelegt werden, dass sie einem hohen Innendruck
standhalten. Unter Verdichter wird hierbei eine Arbeitsmaschine zum Verdichten von
Gasen, Dämpfen oder Ähnlichem verstanden. Verdichter werden zum Teil bei sehr niedrigen
Betriebstemperaturen eingesetzt. Es kann dabei vorkommen, dass die Betriebstemperaturen
bei weniger als minus 120°C liegen. Bei diesen tiefen Betriebstemperaturen werden
als Material für die Gehäuse der Verdichter kaltzähe Stähle mit einer austenitischen
Kristallstruktur eingesetzt. Allerdings besitzen solche kaltzähe Stähle mit austenitischer
Kristallstruktur lediglich eine geringe Festigkeit. Unter Zähigkeit wird bei festen
Körpern die Eigenschaft verstanden, sich unter mechanischer Beanspruchung makroskopisch
messbar plastisch verformen zu können. Zähigkeit kann auch als die Stärke des Widerstands,
den ein Körper einer plastischen Formänderung entgegensetzt, d. h. für die Größe der
mechanischen Spannung und/oder Energie, die für eine Verformung aufgebracht werden
müssen, verstanden werden. Das Gegenteil von Zähigkeit kann als Sprödigkeit bezeichnet
werden. Unter der Festigkeit wird die Widerstandsfähigkeit eines Bauteils oder Materials
gegenüber einer Formänderung oder bruchführenden Beanspruchung verstanden, wobei entsprechend
zwischen Druck-, Zug-, Biege-, Scher- oder Schub- und Torsions- oder Verdrehfestigkeit
unterschieden wird.
[0004] Damit ein sicherer Betrieb eines Verdichters bei tiefen Betriebstemperaturen gewährleistet
ist, werden die Gehäuse der Verdichter für Tieftemperaturanwendungen mit großen Wandstärken
ausgebildet, um bei niedriger Festigkeit des Werkstoffs dem Innendruck standhalten
zu können. Da die austenitischen Stähle außerdem eine geringe Wärmeleitfähigkeit und
einen hohen thermischen Ausdehnungskoeffizienten aufweisen, besteht die Gefahr von
großen Temperaturtransienten innerhalb des Gehäuses und damit die Gefahr thermischer
Spannungen bis hin zu bleibenden plastischen Verformungen.
[0005] An dieser Stelle setzt die Erfindung an, deren Aufgabe es ist, ein Verfahren zur
Erhöhung der Festigkeit von austenitischen Stählen anzugeben, womit Stähle hergestellt
werden können, die bei tiefen Temperaturen eingesetzt werden können.
[0006] Diese Aufgabe wird gelöst durch ein Verfahren zur Erhöhung der Festigkeit von austenitischen
Stählen, gekennzeichnet durch folgende Schritte:
- 1) plastische Verformung des austenitischen Stahles und
- 2) Spannungsarmglühen des austenitischen Stahles.
[0007] Die Erfindung geht von der Erkenntnis aus, dass die Festigkeit austenitischer Stähle
sich erheblich steigern lässt, indem sie vor einer Spannungsarmglühung plastisch verformt
werden, ohne dass die Tieftemperaturzähigkeit dabei wesentlich abnimmt.
[0008] Beispielsweise könnte dieses Verfahren für Stähle eingesetzt werden, die in Verdichtern
benötigt werden. Versuche haben gezeigt, dass hierbei durch eine plastische Vorverformung
die Festigkeit auf das Dreifache erhöht werden kann.
[0009] In einer vorteilhaften Weiterbildung wird in Schritt 1) die plastische Verformung
durch mechanisches Dehnen erwirkt.
[0010] Dadurch ist ein sehr einfacher Verfahrensschritt angegeben, um eine plastische Verformung
zu realisieren. Andere Verfahrensschritte zur plastischen Verformung sind denkbar,
z. B. hydraulisches oder pneumatisches Dehnen unter Innendruck oder auch Kaltwalzen.
[0011] In einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung liegt der austenitische Stahl als Zylinder-Gehäuse
oder als Ring vor und der Schritt 1) erfolgt dadurch, dass mit einer Verformungseinrichtung
das Zylinder-Gehäuse oder der Durchmesser des Zylinder-Gehäuses oder des Ringes geweitet
und die Dicke des Zylinder-Gehäuses oder des Ringes verringert wird.
[0012] Die Erfindung geht hierbei von dem Aspekt aus, dass, wenn der austenitische Stahl
als Zylinder-Gehäuse oder als Ring vorliegt, es eine sehr kostengünstige Möglichkeit
gibt, den Ring insgesamt plastisch zu verformen. Dabei wird eine Verformungseinrichtung
an das Zylinder-Gehäuse oder den Ring derart angebracht, dass durch eine gleichmäßige
Kraftübertragung diese gleichmäßig gedehnt werden.
[0013] In einer vorteilhaften Weiterbildung umfasst die Verformungseinrichtung einen konischen
Zylinder.
[0014] Dadurch wird eine besonders einfache Möglichkeit angeboten, die Verformungseinrichtung
derart zu gestalten, dass durch eine lineare Bewegung des konischen Zylinders eine
Kraft auf die Innenseite des Zylinder-Gehäuses oder des Ringes ausgeübt wird, wodurch
diese insgesamt geweitet werden. Andere Verformungseinrichtungen sind möglich. Die
Verformungseinrichtung kann auch hydraulische Mittel umfassen.
[0015] In einer weiteren vorteilhaften Weiterbildung wird ein Stutzen an einer äußeren Wand
des Zylinder-Gehäuses oder des Ringes angeordnet und in einem nächsten Schritt an
das Zylinder-Gehäuse oder den Ring angeschweißt, wobei in einem nächsten Schritt der
Ring mit dem Stutzen lösungsgeglüht und abgeschreckt wird und anschließend Schritt
1) erfolgt, wobei das Zylinder-Gehäuse oder der Ring aufgeweitet werden, wobei in
einem nächsten Schritt der Ring mit dem Stutzen spannungsarm geglüht wird und anschließend
Durchtritte durch den Stutzen und den Ring gebohrt werden.
[0016] Die Erfindung geht hierbei von dem Aspekt aus, dass es vorteilhaft ist, wenn Stutzen
an dem Zylinder-Gehäuse oder dem Ring angebracht werden sollen, dass diese vor dem
Spannungsarmglühen angebracht werden.
[0017] Die Erfindung umfasst ein Verdichtergehäuse aus einem austenitischen Stahl, wobei
das Verdichtergehäuse im wesentlichen ringförmig ausgebildet ist, wobei das Verdichtergehäuse
mit einem Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5 hergestellt wurde.
[0018] Ausführungsbeispiele der Erfindung werden nachfolgend unter Bezugnahme auf die Zeichnungen
näher beschrieben. Dabei haben mit denselben Bezugszeichen versehene Komponenten die
gleiche Funktionsweise.
Dabei zeigen
[0019]
- Figur 1
- eine schematische Darstellung der Herstellung eines Verdichtergehäuses mit Stutzen,
- Figur 2
- ein Diagramm zur Verdeutlichung eines Einflusses der Kaltverformung auf mechanische
Eigenschaften für den Werkstoff X5CrNiTi18-10,
- Figur 3
- ein Diagramm zur Verdeutlichung des Einflusses der Spannungsarmglühtemperatur auf
die mechanischen Eigenschaften auf den Werkstoff X5CrNiTi18-10.
[0020] In der Figur 1 werden 6 Teilschritte zur Herstellung des Verdichtergehäuses 1 dargestellt.
In der Figur 1 ist eine Schnittansicht des Gehäuses 1 zu sehen. Die Länge des Gehäuses
1 ist daher aus der Figur 1 nicht zu entnehmen.
In Figur 1 ist im Schritt 1) ein Verdichtergehäuse 1 als Ausführungsform eines Zylinder-Gehäuses
oder Ringes zumindest umfassend ein Gehäuse 2 und zwei Stutzen 4a und 4b dargestellt.
Das Gehäuse 2 besteht aus einem austenitischen Stahl und ist im wesentlichen ringförmig
ausgebildet. Das Gehäuse 2 ist ringförmig um eine Rotationsachse 3 ausgebildet.
In einem Schritt 1) werden zwei Stutzen 4a und 4b mit einer Bohrung 5a und 5b bereitgestellt.
[0021] In einem Schritt 2) werden die Stutzen 4a und 4b an eine äußere Wand 6 des Gehäuses
2 angeschweißt.
[0022] Im Schritt 3) wird das Gehäuse 2 mit den Stutzen 4a und 4b lösungsgeglüht und abgeschreckt.
Das Lösungsglühen erfolgt bei Temperaturen und über Zeitdauern hinweg, die von der
Wahl des Materials des Gehäuses abhängen. Das Abschrecken des Gehäuses und der Stutzen
erfolgt nach herkömmlichen Verfahren.
[0023] Im Schritt 4) wird das Gehäuse 2 über eine nicht näher dargestellte Verformungseinrichtung
plastisch verformt, wodurch sich die Dicke 7 des Gehäuses 2 verringert.
[0024] Die Verformungseinrichtung kann einen konischen Zylinder umfassen. In alternativen
Ausführungsformen kann die Verformungseinrichtung hydraulische Kraftantriebe umfassen.
Es sind aber ebenso andere Verformungseinrichtungen denkbar.
[0025] Im Schritt 5) werden das Gehäuse 2 und die Stutzen 4a und 4b spannungsarm geglüht.
Die Temperatur und die Dauer des Spannungsarmglühens erfolgt nach herkömmlichen Verfahrenswerten,
die von der Wahl des austenitischen Stahls abhängen.
[0026] Im Schritt 6) erfolgt ein Bohren von Durchtritten 8a und 8b durch das Gehäuse 2.
Anschließend erfolgt eine mechanische Bearbeitung.
[0027] In der Figur 2 ist der Einfluss der Kaltverformung auf mechanische Eigenschaften
des Werkstoffs X5CrNiTi18-10, 1.4541 dargestellt. Auf der linken Y-Achse 9 ist die
0,2%-Dehngrenze und auf der X-Achse 11 ist die Dehnung in Prozent aufgetragen. Auf
der rechten Y-Achse 10 ist die verbrauchte Schlagarbeit 18 im Kerbschlagbiegeversuch
nach Charpy bei minus 196°C aufgetragen. In der Kurve 12 ist ein deutliches Ansteigen
der 0,2%-Dehngrenze in Abhängigkeit der Dehnung zu sehen. Bei 5% Dehnung hat die 0,2%-Dehngrenze
einen Wert von 300 MPa. Bei einer Dehnung von annähernd 50% hat die 0,2%-Dehngrenze
einen dreifachen Wert, der bei ca. 900 MPa liegt. Die verbrauchte Schlagarbeit 18
hingegen sinkt bei 5% Dehnung von 100 Joule auf 60 Joule bei einer Dehnung von fast
50%.
[0028] Versuche haben gezeigt, dass die 0,2%-Dehngrenze des Standardstahls X6CrNiTi18-10
durch eine 25%ige Vorverformung von 200 MPa auf 600 MPa ansteigt.
[0029] In der Figur 3 ist der Einfluss der Temperatur beim Spannungsarmglühen auf mechanische
Eigenschaften des Werkstoffs X5CrNiTi18-10 bei einem Kaltverformungsgrad von 25% dargstellt.
[0030] In der Figur 3 ist auf der linken Y-Achse 9 die 0,2%-Dehngrenze und auf der rechten
Y-Achse 10 die verbrauchte Schlagarbeit aufgetragen. Auf der X-Achse 15 ist die Spannungsarmglühtemperatur
in Grad Celsius angegeben. Die Kurve 16 zeigt den Verlauf der verbrauchten Schlagarbeit
von 250°C bis 550°C. Die Kurve 17 zeigt den Verlauf der 0,2%-Dehngrenze von 250°C
bis 550°C. In diesem Diagramm ist zu sehen, dass die Eigenschaften des Stahles durch
ein Spannungsarmglühen kaum verändert werden.
[0031] Durch das in Figur 1 dargestellte Verfahren können Wanddicken für Verdichtergehäuse
1 verringert werden. Dadurch wäre deutlich weniger Material erforderlich. Ein weiterer
Vorteil wäre, dass Temperaturtransienten und Wärmespannungen sich verringern. Außerdem
wäre die Gefahr plastischer Verformungen durch Thermospannungen verringert.
1. Verfahren zur Herstellung von austenitischen Stählen,
gekennzeichnet durch folgende Schritte:
1) plastische Verformung des austenitischen Stahles,
2) Spannungsarmglühen des austenitischen Stahles.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
bei dem im Schritt 1) die plastische Verformung durch mechanisches Dehnen erfolgt.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
bei dem der austenitische Stahl im Wesentlichen als ein Zylinder-Gehäuse (1) oder
Ring (1) vorliegt und der Schritt 1) dadurch erfolgt, dass mit einer Verformungseinrichtung der Durchmesser des Zylinder-Gehäuses
(1) oder des Ringes (1) geweitet und die Dicke des Zylinder-Gehäuses (1) oder des
Ringes (1) verringert wird.
4. Verfahren nach Anspruch 3,
bei dem ein konischer Zylinder in der Verformungseinrichtung verwendet wird und das
Zylinder-Gehäuse (1) oder der Ring (1) dadurch geweitet werden, indem der konische Zylinder bewegt wird.
5. Verfahren nach Anspruch 3 oder 4,
bei dem ein Stutzen (4a, 4b) an einer äußeren Wand (6) eines Gehäuses (2) angeordnet
und in einem nächsten Schritt an das Gehäuse (2) angeschweißt wird,
wobei in einem nächsten Schritt das Gehäuse (2) mit dem Stutzen (4a, 4b) lösungsgeglüht
und abgeschreckt wird und anschließend der Schritt 1) erfolgt, wobei das Gehäuse (2)
aufgeweitet wird,
wobei in einem nächsten Schritt das Gehäuse (2) mit dem Stutzen (4a, 4b) spannungsarm
geglüht wird und anschließend Durchtritte durch den Stutzen (4a, 4b) und das Gehäuse
(2) gebohrt werden.
6. Verdichtergehäuse (1) aus einem austenitischen Stahl,
wobei das Verdichtergehäuse (1) im wesentlichen ringförmig ausgebildet ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
das Verdichtergehäuse (1) mit einem der Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5
hergestellt wurde.