[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Honen der Innenfläche einer Bohrung in einem
Werkstück, insbesondere zum Honen einer Zylinderlauffläche bei der Herstellung von
Motorblöcken für Brennkraftmaschinen. Weiterhin betrifft die Erfindung ein Honwerkzeug
und eine Honmaschine, sie besonders zur Durchführung des Verfahrens geeignet und ausgestaltet
sind, sowie ein Werkstück mit mindestens einer Bohrung, die eine gehonte Innenfläche
aufweist.
[0002] Bei der Herstellung von Zylinderblöcken von Brennkraftmaschinen werden die Zylinderlaufflächen
üblicherweise durch ein Honverfahren endbearbeitet. Beim Einsatz des Endbearbeitungsverfahrens
Honen werden oft erhebliche Anstrengungen unternommen, um die geforderte Bauteilform
mit einem möglichst geringen Formfehler zu erzielen.
[0003] Auch wenn unmittelbar im Anschluss an die Bearbeitung keine Formfehler vorhanden
sind, geht oftmals nach der Montage oder im Betrieb des bearbeiteten Werkstücks die
einsatzoptimale Bauteilgeometrie durch elastische Deformationen verloren. Beispielsweise
ist es bekannt, dass die Montage des Zylinderkopfes auf einem Zylinderblock (Motorblock)
zu einer nicht zu vernachlässigenden Deformation der Zylinderbohrungen vor allem im
Bereich der Zylinderkopfschrauben führen kann. Während des Motorenbetriebes sollten
jedoch die Kolbenringe, die durch die mechanische Deformation, aber auch durch thermische
Deformationen verzogene Zylinderbohrung so ausfüllen, dass eine saubere Abdichtung
des Brennraumes im Motorenbetrieb gewährleistet ist. Eine vollständige Anlage der
Kolbenringe an der Zylinderbohrung mit einem möglichst gleichmäßigen und geringen
Spiel zwischen Kolbenring und Zylinderinnenwand wird erleichtert, wenn der montierte
und betriebswarme Motor Zylinderbohrungen mit geringem Zylinderformfehler besitzt.
Bei zu großen Werten des Zylinderformfehlers ist die saubere Abdichtung durch die
Kolbenringe nicht mehr gewährleistet, der Partikelausstoß des Motors steigt, der Wirkungsgrad
vermindert sich, und die Lebensdauer des Systems kann sich verkürzen.
[0004] Zur Vermeidung derartiger Probleme ist in der
DE 28 10 322 C2 vorgeschlagen worden, die Verschlechterung der Zylinderform der Zylinderbohrungen
bei der Montage des Zylinderkopfes dadurch zu vermeiden, dass der Motorblock für die
Honbearbeitung mit Hilfe einer Spaneinrichtung deformiert wird, die die spätere Deformation
durch den Zylinderkopf simuliert. In dem verspannten Zustand, der dem später bei der
Montage vorliegendem Zustand entspricht, findet die Honbearbeitung statt, danach wird
die Verspannung wieder gelöst. Ein ähnlicher Vorschlag ist in der
JP 11-267960 beschrieben.
[0005] Um zusätzlich die Verformung durch Temperatureinwirkung zu simulieren, ist es außerdem
bekannt, das Werkstück mittels heißem Honöl aufzuheizen. Diese Verfahren sind jedoch
aufwändig und teuer und mit hohen Sicherheitsrisiken für die Maschinenbediener verbunden.
Sie werden daher nur für die Einzelfertigung, nicht jedoch in der Serienfertigung
eingesetzt.
[0006] Die
europäische Patentanmeldung EP 1 321 229 A1 beschreibt ein Verfahren zur Herstellung einer Bohrung, die in unbelastetem Zustand
eine Ausgangsform aufweist und im Betriebszustand eine von der Ausgangsform abweichende
Sollform. Das Verfahren umfasst die Ermittlung der Verformung einer Bohrung mit Sollform
im Betriebszustand. Mittels der Sollform und der ermittelten Verformung wird die Ausgangsform
ermittelt und die Bohrung wird durch ein Bearbeitungsverfahren in die Ausgangsform
gebracht. Die nach dem Verfahren hergestellt Ausgangsform soll im Betriebszustand
die gewünschte Sollform annehmen. Bei der beschriebenen Ausführungsform ist die Sollform
zylindrisch, während die Ausgangsform einen im Wesentlichen kreiszylindrischen Abschnitt,
einen im Wesentlichen elliptischen Abschnitt und einen dazwischenliegendem Übergangsabschnitt
hat.
[0007] In der Dissertationsschrift "
Variables Formhonen durch rechnergestützte Honprozesssteuerung" von R. Zurrin, veröffentlicht
in: wbk - Forschungsberichte aus dem Institut für Werkzeugmaschinen und Betriebstechnik
der Universität Karlsruhe, Band 26 (1990) wird vorgeschlagen, die beschriebenen Probleme durch das Fertigungsverfahren "Formhonen"
zu beheben. Darunter wird in dieser Schrift ein Honen mit gesteuerter Vorschubbewegung
verstanden, das es erlaubt, örtlich (hub- und winkellagenabhängig) verschiedene Abtragsraten
während des Honprozesses zu erreichen, um eine Negativform der Verformungen mit einer
definierten Oberfläche zu erzeugen (vergleiche insbesondere Seiten 10 bis 20) Das
Formhonen wird am Beispiel von verformten Zylinderblöcken erläutert, bei denen die
Zylinderbohrungen eine vierfachsymmetrische Unrundheit vierter Ordnung, d.h. eine
Bohrungsform mit 4-zähliger Radialsymmetrie bezogen auf die Bohrungsachse, haben.
Diese unrunde Bohrungsform wird durch Steuerung der Zustellkraft beziehungsweise des
Anpressdruckes eines einfach aufweitenden Honwerkzeuges über den Hub und den Drehwinkel
erreicht.
[0008] Es ist eine Aufgabe der Erfindung, ein Verfahren zum Honen der Innenfläche einer
Bohrung mit einem Werkstück bereitzustellen, das es ermöglicht, nicht-kreiszylindrische
Bohrungsformen mit komplexen Abweichungen von einer exakten Kreiszylindrizität durch
Honen zu erzeugen. Es ist eine andere Aufgabe der Erfindung, ein solches Verfahren
bereitzustellen, dass eine hohe Flexibilität bezüglich der beim Formhonen zu erzielenden,
unrunden Bohrungsform erlaubt. Weiterhin ist es Aufgabe der Erfindung, ein zur Durchführung
des Verfahrens geeignetes Honwerkzeug sowie eine geeignete Honmaschine bereitzustellen.
Eine weitere Aufgabe der Erfindung besteht darin, ein Werkstück mit mindestens einer
eine gehonte Innenfläche aufweisenden Bohrung bereitzustellen, deren nicht-zylindrische
Bohrungsform zu einer optimalen Bohrungsform in Betrieb des Werkstückes führt.
[0009] Zur Lösung dieser und anderer Aufgaben stellt die Erfindung ein Verfahren mit den
Merkmalen von Anspruch 1, ein Honwerkzeug mit den Merkmalen von Anspruch 10, eine
Honmaschine mit den Merkmalen von Anspruch 15 sowie ein Werkstück mit den Merkmalen
von Anspruch 17 bereit.
[0010] Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den anhängigen Ansprüchen angegeben.
Der Wortlaut sämtlicher Ansprüche wird durch Bezugnahme zum Inhalt der Beschreibung
gemacht.
[0011] Bei einem erfindungsgemäßen Verfahren zum Honen der Innenfläche einer Bohrung in
einem Werkstück, insbesondere zum Honen einer Zylinderlauffläche bei der Herstellung
von Zylinderblöcken für Brennkraftmaschinen, wird ein Honwerkzeug innerhalb der Bohrung
axial beweglich und um seine Werkzeugachse rotierend angetrieben und eine an dem Honwerkzeug
angebrachte Schneidgruppe mit mindestens einem Schneidstoffkörper zur materialabtragenden
Bearbeitung der Innenfläche wird mit einer Zustellkraft an die Innenfläche angedrückt.
Erfindungsgemäß erfolgt eine im Wesentlichen starre Führung der Axialbewegung des
Honwerkzeuges zur Erzeugung einer Axialbewegung des Honwerkzeuges im wesentlichen
parallel zur Bohrungsachse der Bohrung und es wird eine zeitlich asymmetrische Steuerung
der Zustellkraft einer einseitig der Werkzeugachse an dem Honwerkzeug angebrachten
Schneidgruppe in Abhängigkeit von der Hublage und/oder der Winkelposition des Honwerkzeuges
derart durchgeführt, dass die Bohrung zumindest in einem axialen Bohrungsabschnitt
eine nicht-kreiszylindrische Bohrungsform erhält, die von einer bezogen auf die Bohrungsachse
zwei-zählig radialsymmetrischen Form signifikant abweicht.
[0012] Die erzielten Formabweichungen von einer bezogen auf die Bohrungsachse 2-zählig radialsymmetrischen
Form liegen dabei deutlich außerhalb der üblichen, bei den hier betrachteten Honverfahren
geltenden Toleranzen des Zylindrizitätsfehlers, der in vielen Fällen bei weniger als
10 µm liegen soll.
[0013] Idealerweise sollte bei der Honbearbeitung von Zylinderbohrungen in Zylinderblöcken
eine Form der Zylinderbohrung erzeugt werden, die im montierten und betriebswarmen
Zustand des Motors zu einem minimalen Fehler in der Zylinderform (Zylindrizitätsfehler)
führt. Zum Erreichen dieses Fertigungszieles einer "einsatzoptimalen Bohrungsgeometrie"
sollte die Negativform des Fehlers, der durch die während der Montage und während
des Betriebes erzeugten Deformationen entsteht, durch die Honbearbeitung erzeugt und
somit vorgehalten werden. Die Steifigkeit und thermische Deformation ist jedoch bei
strukturell uneinheitlichen Werkstücken z.B. durch Wandstärkenunterschiede und durch
unterschiedliche Anbindungen der Zylinderlaufbahnen an das motorinterne Kühlsystem
o. dgl. nicht symmetrisch. Daher ist zur idealen Abbildung der Negativform ein Honverfahren
erforderlich, das die Erzeugung einer beliebigen, in der Regel unsymmetrischen Bohrungsform
ermöglicht.
[0014] Die herkömmlichen Honverfahren sind in dieser Hinsicht jedoch beschränkt. Das grundlegende
Prinzip des herkömmlichen Honens liegt in der flächenhaften Anlage der Schneidstoffkörper
sowie einer doppelt kardanischen, beweglichen Lagerung des Honwerkzeuges. Bei Zustellung
von vollständig oder nahezu symmetrisch um den Umfang verteilten Honleisten findet
eine selbsttätige Ausrichtung des Werkzeuges in der Zylinderbohrung statt. Bei der
Erzeugung von unrunden Bohrungsformen besteht jedoch durch diesen Ansatz das Problem,
dass bei der Erhöhung der Zustellkraft bzw. des Anpressdruckes bei einer Schneidgruppe
auf der diametral zur Werkzeugachse gegenüberliegenden Seite der Werkzeugachse der
Anpressdruck von dort in Eingriff mit der Bohrungswand stehenden Schneidstoffkörpern
sich automatisch ebenfalls erhöht. Jede Änderung der Zustellkraft wirkt sich somit
auf der diametral zur Werkzeugachse gegenüberliegenden Seite (Druck und Gegendruckseite)
in gleicher oder sehr ähnlicher Weise aus, so dass sich die Form der bearbeiteten
Bohrung an diametral gegenüberliegenden Seiten im Wesentlichen in gleicher Weise ändert.
Dies führt bei den im Stand der Technik beschriebenen Ansätzen zur Ausbildung einer
zwar nicht kreiszylindrischen, jedenfalls aber bezogen auf die Bohrungsachse 2-zählig
radialsymmetrischen Bohrungsform. Es kann sich dabei insbesondere um eine elliptische
Bohrungsform oder um die in der Dissertation von Zurrin beschriebene Bohrungsform
mit 4-zähliger Radialsymmetrie handeln, die eine Sonderform der 2-zähligen Radialsymmetrie
darstellt.
[0015] Die Erfindung hebt diese Beschränkung auf. Durch die im Wesentlichen starre Führung
der Axialbewegung des Honwerkzeuges in Verbindung mit der Steuerung der Zustellkraft
einer einseitig der Werkzeugachse an dem Honwerkzeug angebrachten Schneidgruppe wird
erreicht, dass diese Schneidgruppe in ihrem Eingriffswinkelbereich einen Materialabtrag
bewirkt, ohne dass dies zwangsläufig zu einem vergleichbaren Materialabtrag an der
diametral gegenüberliegenden Seite der Bohrungsinnenfläche führt. Die dem Anpressdruck
der Schneidgruppe entgegenwirkende Gegenkraft wird nicht durch materialabtragende
Schneidstoffkörper aufgebracht, sondern durch die im Wesentlichen starre Führung der
Axialbewegung des Honwerkzeuges, die ein Ausweichen des Honwerkzeuges quer zur Werkzeugachse
bei einseitigem Anpressen der Schneidstoffkörper an die Bohrungsinnenfläche verhindert.
[0016] Zur flexiblen Steuerung der Bohrungsform wird somit insbesondere ein Verfahren bzw.
ein System vorgeschlagen, bei dem der Anpressdruck von Schneidstoffkörpern an einem
begrenzten Umfangswinkelbereich der Innenfläche der Bohrung erhöht werden kann, ohne
dass dies auf der diametral gegenüberliegenden Seite ebenfalls zu einer Erhöhung des
Anpressdrucks anderer Schneidstoffköper führt.
[0017] Es ist möglich, dass das Honwerkzeug nur eine einzige Schneidgruppe hat, deren Schneidstoffkörper
(einer oder mehrere) alle auf einer Seite des Honwerkzeuges angeordnet sind. Es können
auch mehrere, unabhängig voneinander ansteuerbare Schneidgruppen vorgesehen sein,
die gegebenenfalls auch an diametral gegenüberliegenden Seiten des Honwerkzeuges angeordnet
sein können. Falls Schneidgruppen an gegenüberliegenden Seiten angeordnet sind, sollte
zu einem gegebenen Zeitpunkt nur an einer der gegenüberliegenden Seiten eine Schneidgruppe
in materialabtragendem Eingriff mit der Bohrungsinnenwand sein, während die an der
gegenüberliegenden Seite angeordnete Schneidgruppe zurückgezogen bzw. druckentlastet
ist und somit keinen oder keinen substantiellen Materialabtrag leistet.
[0018] Bei bevorzugten Varianten entsprechen die Formabweichungen von einer bezogen auf
die Bohrungsachse 2-zählig radialsymmetrischen Form einem Zylindrizitätsfehler von
deutlich mehr als 10 µm, wobei der Zylindrizitätsfehler vorzugsweise bei mehr als
20 µm, insbesondere zwischen 20 µm und ca. 60µm liegt. Der Zylindrizitätsfehler wird
hier durch die Zylinderformtoleranz beschrieben. Die zugehörige Toleranzzone wird
durch zwei zur Bohrungsachse und zueinander koaxiale, die Bohrungsinnenwand innen
oder außen berührende Zylinder bestimmt, wobei der Radialabstand zwischen den beiden
Zylindern ein Maß für die Zylindergüte darstellt. Für die Zwecke dieser Anmeldung
wird der Zylindrizitätsfehler ΔZ definiert als ΔZ=(D
A-D
I)/2, wobei D
A der Durchmesser des die Bohrungsinnenwand außen berührenden Zylinders und D
I der Durchmesser des die Bohrungswand innen berührenden Zylinders ist.
[0019] Bei einer Weiterbildung des Verfahrens wird das Honwerkzeug zur im Wesentlichen starren
Führung der Axialbewegung innerhalb der Bohrung axial gleitbeweglich und quer zur
Werkzeugachse im Wesentlichen unbeweglich abgestützt. Dadurch ist es möglich, auf
außerhalb des Werkstückes anzuordnende Führungseinrichtungen zu verzichten.
[0020] Bei einer Weiterbildung wird hierzu ein Honwerkzeug verwendet, welches einen Satz
von um den Umfang des Honwerkzeuges verteilten Führungsleisten zur axialen Führung
des Honwerkzeuges in der Bohrung umfasst, die vorzugsweise unabhängig von der Schneidgruppe
in Richtung auf die Innenfläche der Bohrung zustellbar sind, wobei die im Wesentlichen
starre Führung der Axialbewegung dadurch erreicht wird, dass die Führungsleisten während
der Bewegung des Honwerkzeuges in der Bohrung an die Innenfläche der Bohrung angedrückt
werden.
[0021] Bei dieser Verfahrensvariante zentrieren die Führungsleisten das Honwerkzeug innerhalb
der Bohrung. Die Führungsleisten sind vorzugsweise so ausgelegt, dass sie kaum einen
oder nur einen geringen Werkstoffabtrag erzeugen, was hier als "im Wesentlichen nicht-schneidende
Führungsleisten" bezeichnet wird. Die Führungsleisten können zumindest in den im Kontakt
mit der Innenfläche der Bohrung tretenden Bereichen aus einem Kunststoff, aus Gummi,
einem Elastomer geeigneter Härte (z.B. Vulkollan
®), einem Metall, einem Hartmetall oder aus einer Keramik bestehen oder es kann sich
um Honleisten mit einem hohen Schneidstoffanteil handeln.
[0022] Es ist auch möglich, dass die im Wesentlichen starre Führung der Axialbewegung des
Honwerkzeuges dadurch erreicht wird, dass das Honwerkzeug außerhalb der Bohrung des
Werkstückes axial beweglich und quer zur Werkzeugachse im Wesentlichen unbeweglich
geführt wird. Je nach Typ der Bohrung kann hierzu eine einseitige Führung ausschließlich
an der Eintrittsseite der Bohrung, eine einseitige Führung ausschließlich an der der
Eintrittseite gegenübliegenden Austrittsseite der Bohrung (bei Durchgangsbohrungen),
oder eine beidseitige Führung sowohl an der Eintrittseite, als auch an der gegenübliegenden
Austrittsseite vorgesehen sein. Eine gegen Querbelastung starre Kopplung des Honwerkzeuges
an eine gegen Querbelastung starr geführte Honspindel kann ggf. ebenfalls ausreichen,
die starre Führung der Axialbewegung des Honwerkzeuges zu gewährleisten. Dann kann
ggf. auf Führungselemente im Bereich des Honwerkzeuges völlig verzichtet werden. Die
ausschließlich externe Führung der Axialbewegung des Honwerkzeuges erfordert höchste
Genauigkeit bei der relativen Positionierung zwischen Werkstück und Honwerkzeug.
[0023] Um eine möglichst flexible Steuerung der Form des Bohrungsquerschnittes im bearbeitenden
Bereich zu erhalten, ist bei einer Variante vorgesehen, dass ein Honwerkzeug verwendet
wird, das eine einzige separat zustellbare Schneidgruppe hat, die vorzugsweise einen
Eingriffswinkel von weniger als 90° besitzt. Der Begriff "Eingriffswinkel" beschreibt
hier den Winkelbereich entlang des Umfanges des Honwerkzeuges, in dem Schneidstoffkörper
der Schneidgruppe in Eingriff mit der Bohrungswandung stehen. Häufig ist es günstig,
wenn der Eingriffswinkel zwischen ca. 1° und ca. 70° liegt, er kann beispielsweise
zwischen 5° und 60° liegen und/oder zwischen 20° und 45°. Je kleiner der Eingriffswinkel
ist, desto exakter ist eine komplexe Form der Kontur der Innenfläche durch Steuerung
der Zustellkraft in Abhängigkeit von der Winkelposition des Honwerkzeuges zu erreichen.
[0024] Es können auch Honwerkzeuge mit mehreren unabhängig voneinander zustellbaren Schneidgruppen
verwendet werden, sofern durch die Steuerung sichergestellt ist, dass der Anpressdruck
einer Schneidgruppe unabhängig vom Anpressdruck anderer, an anderen Umfangspositionen
angeordneter Schneidgruppen ist. Wird beispielsweise ein Honwerkzeug mit vier jeweils
um 90° umfangsversetzt angeordneten Schneidgruppen verwendet, so kann deren Zustelldruck
so gesteuert werden, dass sich jeweils um 90° phasenversetzte Zustelldruckverläufe
zwischen um 90° umfangsversetzte Schneidgruppen ergeben. Dadurch kann erreicht werden,
dass während einer einzigen Umdrehung des Honwerkzeuges der gleiche Umfangsabschnitt
der Bohrungsinnenwand durch die vier Schneidgruppen zeitlich nacheinander materialabtragend
überarbeitet wird. Hierdurch kann die Abtragsleistung insgesamt gesteigert werden.
[0025] Mit Hilfe des Verfahrens können zusätzlich zu den auch durch herkömmliche Verfahren
erzeugbaren, unrunden Bohrungsformen bisher nicht mögliche unrunde Bohrungsformen
durch Honen erzeugt werden. Bei einer Ausführungsform wird die Steuerung der Zustellkraft
so durchgeführt, dass die Zustellkraft bzw. der Anpressdruck bei einer vollen Umdrehung
des Honwerkzeuges um die Werkzeugachse in einem vorgegebenen axialen Bohrungsbereich
mehr als zwei, insbesondere mehr als vier lokale Maxima und Minima durchläuft. Die
lokalen Maxima bzw. Minima ergeben sich durch einen periodischen oder aperiodischen
Wechsel zwischen Anstieg und Abnahme der Zustellkraft bei einer Werkzeugumdrehung.
Betrachtet man beispielsweise eine 4-fach symmetrische Kreisformabweichung in einem
axialen Bohrungsbereich, so würde die Zustellkraft eines Honwerkzeuges mit einer einzigen
einseitig angeordneten Schneidgruppe bei einer Umdrehung des Honwerkzeuges vier gleichmäßig
beabstandete Maxima und vier dazwischen liegende, ebenfalls gleichmäßig beabstandete
lokale Minima der Zustellkraft erfordern, um die 4-fach symmetrische Form ausgehend
von einer ideal kreiszylindrischen Form zu erzeugen. Ist die Steuerung der Honmaschine
dagegen so konfiguriert, dass auch deutlich höhere Anzahlen lokaler Maxima und Minima
erzeugbar sind, so kann beispielsweise eine komplexe Bohrungsquerschnittsform erzeugt
werden, deren Grundform der 4-fach symmetrischen Form ähnelt, der jedoch kurzwellige
Durchmesser- bzw. Radiusschwankungen nach Art von "Oberwellen" überlagert sind.
[0026] In Axialrichtung der Bohrung können unterschiedliche nicht-runde und kreisrunde axiale
Bohrungsabschnitte abwechseln bzw. ineinander übergehen. Dies kann durch gleichzeitige
Variation des Zustelldruckes in Abhängigkeit von der Winkellage und von der Hubposition
(Axialposition) erreicht werden. Auf diese Weise können auch in sich verdrillte Bohrungsformen
erreicht werden. Eine solche Bohrungsform ergibt sich beispielsweise dann, wenn an
einer Bohrungsinnenfläche eine lokale Ausbeulung (lokale Radiusvergrößerung) im Wesentlichen
entlang einer Schraubenlinie in axialer Richtung verläuft.
[0027] Ein zur Durchführung des Verfahrens geeignetes Honwerkzeug hat einen Werkzeugkörper,
der eine Werkzeugachse definiert; eine an dem Werkzeugkörper angebrachte Schneidgruppe
mit mindestens einem Schneidstoffkörper zum materialabtragenden Bearbeiten der Innenfläche;
und ein der Schneidgruppe zugeordnetes Schneidgruppen-Zustellsystem zur Ausübung einer
radial zur Werkzeugachse wirkenden Zustellkraft auf die Schneidkörper der Schneidgruppe
und ist dadurch gekennzeichnet, dass die Schneidstoffkörper der Schneidgruppe ausschließlich
an einer Seite des Honwerkzeuges angeordnet sind und dass dem Honwerkzeug eine Axialführungseinrichtung
zur im Wesentlichen starren Führung der Axialbewegung des Honwerkzeuges im Wesentlichen
parallel zu der Bohrungsachse zugeordnet ist.
[0028] Insbesondere kann das Honwerkzeug eine einzige Schneidgruppe aufweisen, die vorzugsweise
einen Eingriffswinkel von weniger als 90° besitzt. Ein solches Honwerkzeug ist so
ansteuerbar, dass bei einem Eingriff der Schneidkörper dieser Schneidgruppe an der
Innenwand der Bohrung in einem Umfangsbereich von mindestens 270° des Umfanges keine
Schneidstoffkörper gleichzeitig in materialabtragendem Eingriff mit der Bohrungswandung
sind.
[0029] Bei einer Ausführungsform umfasst die Axialführungseinrichtung einen Satz von um
den Umfang des Honwerkzeuges verteilten Führungsleisten zur axialen Führung des Honwerkzeuges
in der Bohrung, wobei die Führungsleisten mittels einer Führungsleisten-Zustelleinrichtung
unabhängig von den Schneidstoffkörpern der Schneidgruppe in Richtung auf die Innenfläche
der Bohrung zustellbar sind. Hierbei kann beispielsweise ein kardanisch, doppeltkardanisch
oder schwimmend gelagertes Honwerkzeug mit Doppelaufweitung, d.h. mit zwei unabhängig
voneinander aktivierbaren Zustellsystemen eingesetzt werden. Mit einem Zustellsystem
werden die Führungsleisten aktiviert, die das Honwerkzeug in der Bohrung zentrieren.
Mit dem anderen Zustellsystems wird eine auf einer Seite des Honwerkzeuges angebrachte
Scheidgruppe aktiviert, die in ihrem Eingriffswinkelbereich den lokal begrenzten Materialabtrag
bewirkt. Die Zustellkraft der Schneidstoffkörper der Schneidgruppe, die mit einem
entsprechenden Anpressdruck der Schneidstoffkörper korrespondiert, wird dann in Abhängigkeit
von Hublage und/oder Winkelposition des Honwerkzeuges gesteuert, um in vorgebbaren
Bereichen entlang des Umfanges und in Axialrichtung der Bohrung einen gezielten Materialabtrag
zu bewirken. Die Reaktionskraft der in Schneideingriff mit der Bohrungsinnenwand stehenden
Schneidstoffkörper wird auf der gegenüberliegenden Seite von den Führungsleisten ohne
Auswirkung auf die Bohrungsform abgefangen. Der Begriff "Führungsleisten" umfasst
insbesondere leistenförmige Führungselemente, die die Zentrierung gewährleisten. Auch
andersartig geformte Führungselemente sollen erfasst sein, soweit sie die Funktion
der im Wesentlichen starren axialen Führung des Honwerkzeuges durch Abstützung an
der Innenwand der Bohrung erfüllen.
[0030] Das auf die Schneidgruppe wirkende Schneidgruppen-Zustellsystem kann durch einen
in der Honmaschine angebrachten Antrieb gesteuert werden, der über ein Zustellgestänge
bzw. über ein Getriebe auf die Schneidstoffkörper der Schneidgruppe wirkt und deren
Zustellkraft bestimmt. In diesem Fall ist das Schneidgruppen-Zustellsystem des Honwerkzeuges
zur Übertragung der Zustellkraft eines außerhalb des Honwerkzeuges angeordneten Antriebes
ausgebildet Es ist auch möglich, dass das Schneidgruppen-Zustellsystem für die Schneidgruppe
einen innerhalb des Honwerkzeuges angeordneten Antrieb besitzt.
[0031] Auch eine Kombination eines Basiszustellsystems, z.B. mit Antrieb in der Honmaschine,
mit einem dynamischen Feinzustellsystem, dessen Antrieb in das Honwerkzeug integriert
ist, ist möglich. Bei einer Ausführungsform ist das Basiszustellsystem für die Schneidgruppe
so ausgelegt, dass damit die materialabtragenden Bereiche der Schneidstoffkörper der
Bohrungsinnenwand bis auf einen geringen Abstand oder bis zur Berührung angenähert
werden können (Grobzustellung). Der radiale Verstellweg des beispielsweise mechanisch,
elektromechanisch oder hydraulisch betreibbaren Basiszustellsystems kann im Bereich
einer oder mehrerer Millimeter (z.B. bis zu 4 mm) liegen. Das dynamische Feinzustellsystem
kann dagegen auf kurzzeitige Lastwechsel bzw. kurzzeitige Wechsel des Zustelldruckes
und relativ kurze Verstellwege optimiert sein, um auch bei schnell drehendem Honwerkzeug
bei einer vollen Umdrehung des Honwerkzeuges ggf. viele Lastwechsel durchführen zu
können. Typische Verstellwege des Feinzustellsystems können im Bereich von weniger
als 100 µm liegen, beispielsweise im Bereich zwischen 20 µm und 60 µm radialem Verstellweg.
Bei einer Ausführungsform umfasst das dynamische Feinzustellsystem ein piezoelektrisches
System, das zwischen einem durch das Basiszustellsystem in eine vorgebbare Radialposition
verstellbaren Trägerelement und den Schneidstoffkörpern der Schneidgruppe angeordnet
ist. Die Schneidstoffkörper können gruppenweise oder einzeln, ggf. auch phasenversetzt
zueinander angetrieben werden.
[0032] Eine Aufteilung des Schneidgruppen-Zustellsystems in ein (grobes) Basiszustellsystem
und ein dynamisches Feinzustellsystem kann günstig sein, ist jedoch nicht zwingend.
Bei anderen Ausführungsformen ist das Schneidgruppen-Zustellsystem ungeteilt und so
ausgestaltet, dass die von einem außerhalb des Honwerkzeuges, insbesondere innerhalb
der Honmaschine angeordneten Antrieb bereitgestellte Zustellkraft ohne zwischengeschaltete
Antriebe auf die Schneidgruppe übertragen wird.
[0033] Bei den Zustellsystemen sowohl für die Führungsleisten als auch für die Schneidkörper
der Schneidgruppe können hydraulische, elektromechanische, piezoelektrische, pneumatische
und andere geeignete Antriebe eingesetzt werden.
[0034] Die im Wesentlichen starre Axialführung des Honwerkzeuges wird bei manchen Ausführungsformen
dadurch erreicht, dass die Axialführungseinrichtung mindestens eine während des Honens
außerhalb der Bohrung anzuordnende Führungseinheit zur im Wesentlichen starren Führung
der Axialbewegung des Honwerkzeuges umfasst. Es können Honwerkzeuge mit starrer Werkzeugführung
eingesetzt werden. In diesem Fall wird nur das Schneidgruppen-Zustellsystem zur Betätigung
der einseitig an dem Honwerkzeug angebrachten Schneidgruppe benötigt. Die Reaktionskräfte
der angedrückten Schneidstoffkörper werden von der starren Werkzeugführung aufgenommen.
In diesem Fall können somit Honwerkzeuge mit einfacher Aufweitung verwendet werden.
[0035] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren wird die komplexe, unrunde und ggf. unsymmetrische
Bohrungsform ausgehend von einer durch einen Vorbearbeitungsschritt erzeugten Bohrungsform
durch Honen erzeugt. Diese Formgebung durch Honen führt in der Regel noch nicht zu
der für die Innenfläche der Bohrung gewünschten Oberflächenstruktur, die die tribologischen
Eigenschaften der Innenfläche entscheidend mitbestimmt. Daher wird bei einer bevorzugten
Ausführungsform nach der formerzeugenden Honoperation zur Erzeugung der unrunden Bohrungsform
mindestens eine im Wesentlichen formneutrale (d.h. die Makroform der Bohrung nicht
wesentlich verändernde) Bearbeitungsoperation zur Bearbeitung oberflächennaher Bereiche
der Innenfläche durchgeführt. Dabei kann es sich z.B. um eine sog. "Plateauhonbearbeitung"
handeln, bei der zur Verbesserung des Motoreinlaufes die Spitzen des Rauheitsprofils
geschnitten werden. Auch ein Zwischenhonschritt oder eine Abfolge von Zwischenhonen
und Plateauhonen ist möglich. Zur Verbesserung der Homogenität der weitgehend formneutralen
Bearbeitungsschritte können bekannte Systeme verwendet werden, bei denen mittels einer
metallischen Feder oder dergleichen die Schneidstoffkörper an die Innenfläche der
Bohrung angelegt werden. Bei üblichen Plateauhonwerkzeugen sind maximal 5 bis 7 separate
Schneidstoffkörper vorhanden, welche auf einem metallischen Federsystem gestützt sind.
Diese Systeme sind bei Formfehlern von weniger als ca. 10 µm auch im Rahmen erfindungsgemäßer
Verfahren einsetzbar. Sind jedoch die Formfehler (insbesondere Zylindrizitätsfehler)
einer gezielten unrund bearbeiteten Bohrung deutlich größer, so wird vorzugsweise
bei der im Wesentlichen formneutralen Bearbeitungsoperation die Innenfläche mit einer
Vielzahl von relativ zueinander beweglichen, elastisch gelagerten Schneidstoffkörpern
bearbeitet, die in Umfangsrichtung des Honwerkzeuges eine maximale Ausdehnung von
weniger als 3 % des Wirkumfanges des Honwerkzeuges haben. Die Schneidstoffkörper können
auch in Axialrichtung sehr klein sein, ihre axiale Länge kann z.B weniger als 10 %
der Honwerkzeuglänge betragen. Durch ein Honwerkzeug mit derart stark segmentierten
Schneidstoffgruppen ist eine flächige Anlage der kleinen Schneidstoffkörper auch an
extrem unrund formgehonte Bohrungsinnenflächen abgesichert, da die relativ kleinen,
elastische gelagerten Schneidstoffkörper der Innenkontur der Bohrung unter Aufrechterhaltung
der flächigen Anlage folgen können.
[0036] Die Erfindung betrifft auch ein Werkstück mit mindestens einer Bohrung, die eine
gehonte Innenfläche aufweist, wobei die Bohrung in mindestens einem axialen Bohrungsabschnitt
eine nicht-kreiszylindrische Bohrungsform hat, die von einer bezogen auf die Bohrungsachse
2-zählig radialsymmetrischen Form signifikant abweicht und insbesondere einen Zylindrizitätsfehler
von mehr als 20 µm aufweist. Insbesondere kann es sich bei dem Werkstück um einen
Zylinderblock für eine Brennkraftmaschine handeln, wobei die Bohrung eine Zylinderbohrung
des Zylinderblockes ist und die Formabweichung so ausgelegt ist, dass die Zylinderbohrung
im betriebsfertig montierten Zustand oder im Betriebszustand des Zylinderblockes mit
auf dem Zylinderblock aufgeschraubten Zylinderkopf einen Zylindrizitätsfehler von
weniger als ca. 10 µm aufweist.
[0037] Die Erfindung betrifft auch eine Honmaschine, die eine Zustellkraft-Steuerungseinrichtung
zur Steuerung der Zustellkraft einer an einem Honwerkzeug angebrachten Schneidgruppe
in Abhängigkeit von der Hublage und/oder der Winkelposition des Honwerkzeuges in einer
Bohrung hat, wobei die Zustellkraft-Steuerungseinrichtung derart konfiguriert oder
konfigurierbar ist, dass die Bohrung zumindest in einem axialen Bohrungsabschnitt
eine nicht-kreiszylindrische Bohrungsform erhält, die von einer bezogen auf die Bohrungsachse
2-zählig radialsymmetrischen Form signifikant abweicht. Die Zustellkraft-Steuerungseinrichtung
zur Steuerung der Zustellkraft einer einseitig an einem Honwerkzeug angebrachten Schneidgruppe
kann dabei insbesondere so konfiguriert sein, dass die Zustellkraft bei einer vollen
Umdrehung des Honwerkzeuges um die Werkzeugachse in einem vorgegebenen axialen Bohrungsbereich
mehr als zwei, insbesondere mehr als vier lokale Maxima und Minima durchläuft.
[0038] Die vorstehenden und weiteren Merkmale gehen außer aus den Ansprüchen auch aus der
Beschreibung und den Zeichnungen hervor. Dabei können die einzelnen Merkmale jeweils
für sich alleine oder zu mehreren in Form von Unterkombinationen bei einer Ausführungsform
der Erfindung und auf anderen Gebieten verwirklicht sein und vorteilhafte sowie für
sich schutzfähige Ausführungsformen darstellen. Bevorzugte Ausführungsformen werden
an Hand der beigefügten Zeichnungen erläutert.
Fig. 1 zeigt eine schematische Perspektivansicht eines 4-Zylinder-Motorblockes bei
der Bearbeitung mit einer Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Honwerkzeuges;
Fig. 2 zeigt eine schrägperspektivische Ansicht einer Ausführungsform eines Honwerkzeuges
mit Führungsleisten und einer einseitig an dem Honwerkzeug angebrachten Schneidgruppe
mit zwei leistenförmigen Schneidstoffkörpern;
Fig. 3 zeigt eine schrägperspektivische Ansicht einer anderen Ausführungsform eines
erfindungsgemäßen Honwerkzeuges mit einer einseitig angeordneten Schneidgruppe mit
zwei leistenförmigen Schneidstoffkörper und einer extern anbringbaren Axialführungseinrichtung;
Fig. 4 zeigt einen schematischen Querschnitt durch eine Ausführungsform eines erfindungsgemäßen
Honwerkzeuges mit Doppelaufweitung, bei dem das Schneidgruppen-Zustellsystem ein Basissystem
zur Grobzustellung und ein dynamisches Feinzustellsystem umfasst;
Fig. 5 zeigt eine schematische schrägperspektivische Ansicht eines Schneidgruppen-Zustellsystems
mit einem Basiszustellsystem für die Grobzustellung und einem dynamischen Feinzustellsystem;
Fig. 6 zeigt schematische Messdiagramme einer zylindrischen Bohrung mit geringem Zylindrizitätsfehler;
Fig. 7 zeigt schematische Messdiagramme einer Zylinderbohrung mit großem Zylindrizitätsfehler
und signifikanter Abweichung von einer 2-zähligen Radialsymmetrie;
Fig. 8 zeigt schematische Diagramme zur Erläuterung des Zusammenhanges zwischen der
Geometrie einer Bohrung mit großem Zylindrizitätsfehler und der zur Erzeugung der
unrunden Bohrungsform erforderlichen Variation der Zustellkraft über die Winkelposition
einer einseitig an einem Honwerkzeug angebrachten Schneidgruppe;
Fig. 9 zeigt eine schematische Draufsicht einer Ausführungsform einer Schneidgruppe
für die Plateau-Honbearbeitung einer unrunden Zylinderbohrung mit großem Zylindrizitätsfehler;
und
Fig. 10 zeigt einen schematischen Querschnitt durch die Schneidgruppe in Fig. 9.
[0039] Fig. 1 zeigt in schematischer, schrägperspektivischer Ansicht einen Zylinderblock
(Motorblock) 100 für eine 4-Zylinder-Brennkraftmaschine. In dem aus einem Gusswerkstoff
oder aus einem Leichtmetall-Werkstoff bestehenden Zylinderblock sind vier achsparallele
Zylinderbohrungen 101, 102, 103, 104 in gleichen Abständen in Reihe so nebeneinander
angeordnet, dass ihre zentralen Bohrungsachsen 111 in einer gemeinsamen Ebene (Zylinderebene
112) liegen. Von der Oberseite des Zylinderblockes her sind mit Innengewinde versehene
Bohrungen 115 achsparallel zu den Zylinderkopfbohrungen so eingebracht, dass jeweils
vier dieser Bohrungen gleichmäßig um den Umfang einer Zylinderbohrung verteilt sind.
Die Bohrungen 115 dienen zur Aufnahme von Zylinderkopfschrauben, mit deren Hilfe nach
Fertigstellung der Bearbeitung des Zylinderblockes der zugehörige Zylinderkopf auf
den Zylinderblock 100 unter Zwischenlage einer Zylinderkopfdichtung aufgeschraubt
wird.
[0040] Es ist erkennbar, dass es sich bei dem Zylinderblock 100 um ein strukturell uneinheitliches
Werkstück handelt, bei dem insbesondere jede der Zylinderbohrungen 101-104 eine unterschiedliche
Werkstückumgebung hat, insbesondere hinsichtlich der Wandstärke im Bereich der Zylinderbohrungen
und auch durch unterschiedliche Anbindungen an die Kühlmittelkanäle des motorblockinternen
Kühlsystems. Beispielsweise haben die innen liegenden Zylinderbohrungen 102 und 103
des zweiten und dritten Zylinders jeweils zwei in der Zylinderebene liegenden Nachbar-Zylinderbohrungen,
während die außenliegenden Zylinderbohrungen (Zylinder 1 und 4) nur eine jeweils innenliegende
Nachbar-Zylinderbohrung haben und an der gegenüberliegenden Seite an dickere Wandabschnitte
des Werkstückes grenzen.
[0041] Das durch den Zylinderblock gebildete Werkstück 100 ist auf einem nicht-gezeigten
Werkstücktisch einer nicht näher dargestellten Honmaschine mit zwei Honspindeln aufgespannt,
wobei nur eine Honspindel 120 gezeigt ist. Die durch die Innenflächen 130 der Zylinderbohrungen
gebildeten Zylinderlaufflächen werden auf der Honmaschine einer qualitätsbestimmenden
Endbearbeitung unterzogen, bei der sowohl die Makroform der Zylinderlaufflächen, als
auch deren Oberflächentopographie durch geeignete Honprozesse erzeugt wird. Die Honmaschine
umfasst für jede ihrer Honspindeln einen Spindelmotor zur Drehung der Honspindel um
ihre Längsachse sowie einen Hubantrieb zur Erzeugung einer Vertikalbewegung der Honspindel
beim Einführen des Honwerkzeuges in das Werkstück bzw. beim Herausziehen aus dem Werkstück.
Der Hubantrieb wird während der Bearbeitung so angesteuert, dass das Honwerkzeug innerhalb
der Bohrung eine vertikale Hin- und Herbewegung ausführt, die sich der Rotationsbewegung
des Werkstückes überlagert (siehe Pfeile).
[0042] Am unteren Ende der Honspindel ist eine Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Honwerkzeuges
150 angekoppelt, bei dem es sich um ein kardanisch gelagertes Honwerkzeug mit Doppelaufweitung
handelt. Das Honwerkzeug hat einen Werkzeugkörper 155, der an einer Seite seines Umfanges
eine durch eine einzige Honleiste gebildete Schneidgruppe 160 trägt, die mit Hilfe
eines nicht näher dargestellten Schneidgruppen-Zustellsystems in radialer Richtung
zur Bohrungsinnenwand zugestellt bzw. zurückgezogen werden kann. Weiterhin ist am
Werkzeugkörper ein Satz von um den Umfang des Honwerkzeuges ungleichmäßig verteilten
Führungsleisten 170 vorgesehen, die mit Hilfe eines Führungsleisten-Zustellsystems
unabhängig von der Schneidgruppe 160 in Richtung auf die Innenfläche der Bohrung zugestellt
werden können. Bei Anliegen der im Wesentlichen nicht-schneidenden Führungsleisten
an der Innenfläche der Bohrung ergibt sich eine im Wesentlichen starre Führung der
Axialbewegung des Honwerkzeuges innerhalb der Bohrung parallel zur Bohrungsachse 113,
so dass die Führungsleisten eine Axialführungseinrichtung für das Honwerkzeuges bilden.
[0043] Die Zustellbewegung sowohl der Führungsleisten als auch der Schneidgruppe sowie die
jeweils aufgebrachte Zustellkraft werden mit Hilfe einer Zustellkraft-Steuerungseinrichtung
180 der Honmaschine unabhängig voneinander gesteuert, wobei insbesondere die Zustellkraft
der Schneidgruppe 160 hochgradig dynamisch in Abhängigkeit von der Hubposition des
Honwerkzeuges (gemessen entlang der Bohrungsachse) und der Winkelposition der Schneidgruppe
(in Umfangsrichtung) in schnellem Wechseln gezielt variiert werden kann.
[0044] Die Fig. 2 bis 4 zeigen Elemente verschiedener Ausführungsformen erfindungsgemäßer
Honwerkzeuge, die insbesondere für die Bearbeitung von Zylinderlaufflächen in Zylinderblöcken
ausgelegt sind. Das Honwerkzeug 200 in Fig. 2 hat eine auf einer Seite der Werkzeugachse
201 angeordnete Schneidgruppe 260 mit zwei am Umfang des Werkzeugkörpers 255 umfangsversetzt
angebrachten, durch Honleisten gebildeten Schneidstoffkörper 261, die während des
Honens in einem Eingriffswinkelbereich 265 von ca. 45° an der Bohrungsinnenwand angreifen.
Ihre axiale Länge beträgt zwischen 30% und 50% der axialen Länge 266 des Honwerkzeuges.
Weiterhin umfasst das Honwerkzeug eine integrierte Axialführungseinrichtung, die im
Beispielsfall durch eine Anzahl von gleichmäßig um den Umfang des Honwerkzeug verteilten
Führungsleisten 270 gebildet wird, die unabhängig von den Honleisten 261 der Schneidgruppe
260 radial zustellbar sind. Die Führungsleisten erstrecken sich im Wesentlichen über
die gesamte axiale Länge 266 des Honwerkzeuges, die Honleisten 261 sind im axialen
Mittelbereich (bei anderen Ausführungsformen im unteren Endbereich) der durch die
Führungsleisten definierten Abstützlänge angebracht.
[0045] Das Honwerkzeug 300 in Fig. 3 hat eine auf einer Seite der Werkzeugachse 301 angeordnete
Schneidgruppe 360 mit zwei am Umfang des Werkzeugkörpers 355 umfangsversetzt angebrachten,
durch Honleisten gebildeten Schneidstoffkörper 361, die während des Honens in einem
Eingriffswinkelbereich von ca. 45° an der Bohrungsinnenwand angreifen. Ihre axiale
Länge beträgt zwischen 60% und 80% der axialen Länge des Honwerkzeuges. Es gibt keine
Führungsleisten. Die Axialführungseinrichtung 370 des Honwerkzeuges umfasst einen
am spindelseitigen Ende des Werkzeugkörpers angebrachten Führungsabschnitt 371 mit
kreiszylindrischer Aussenfläche, der in einer außerhalb des Werkstückes angeordneten
und an der Honmaschine befestigten Führungseinheit 372 (obere Führung) axial und rotatorisch
geführt ist.
[0046] Fig. 4 zeigt einen senkrecht zur Werkzeugachse 401 geführten Schnitt durch ein Honwerkzeug
400, bei dem es sich um eine Variante des in Fig. 2 gezeigten doppelt aufweitbaren
Honwerkzeuges handelt. Die einseitig der Werkzeugachse 401 angebrachte Schneidgruppe
460 umfasst zwei um ca. 80° bis 90° winkelversetzt angeordnete und separat ansteuerbare
Schneidstoffkörper 461, 462, die einen Eingriffswinkelbereich 465 von ca. 90° definieren.
Die integrierte Axialführungseinrichtung umfasst sechs um den Umfang des Werkzeugkörpers
verteilte Führungsleisten 471-476, die mit Hilfe eines kraftbegrenzten Führungsleisten-Zustellsystems
480 in radialer Richtung auf die Bohrungsinnenwand zugestellt werden können, um das
Werkzeug axial gleitbeweglich, aber in Querrichtung zur Bohrungsachse im Wesentlichen
starr innerhalb der Bohrung zu führen. Die Führungsleisten bestehen aus einem harten,
abriebsfesten Elastomer (hier Vulkollan
®), haben eine im Wesentlichen glatte Andruckfläche und üben bei der axial oszillierenden
und rotierenden Bewegung des Honwerkzeuges in der Zylinderbohrung keinen Materialabtrag
aus.
[0047] Die Schneidgruppe 460 ist einseitig an dem Honwerkzeug angebracht. Dies bedeutet
insbesondere, dass alle bei der Honbearbeitung in materialabtragendem Eingriff mit
der Bohrungsinnenwand stehenden Schneidstoffkörper auf der gleichen Seite der werkzeughalbierenden
Werkzeugebene 490 liegen, die die Werkzeugachse 401 enthält und senkrecht auf der
Winkelhalbierenden der Schneidgruppe 460 steht. Auf der Seite der Schneidgruppe befindet
sich im Wesentlichen nur eine, zwischen den Schneidstoffkörper angebrachte Führungsleisten
471 sowie ein Teil der senkrecht dazu ausgerichteten Führungsleisten. Auf der der
Schneidgruppe im Bezug auf die Werkzeugachse 401 diametral gegenüberliegenden Seite
ist eine hohe räumliche Dichte von Führungsleisten entsprechend einer vergleichsweise
großen Andruckfläche vorgesehen, so dass sich die bei Andruck der Schneidstoffkörper
an die Bohrungsinnenwand entstehende, auf die gegenüberliegenden Führungsleisten 473
- 475 wirkende Gegenkraft in einen relativ niedrigen Anpressdruck dieser Führungsleisten
an der Bohrungsinnenwand umsetzt, wodurch eine die Bohrungswand schonende, leichtgängig
Axialführung des Honwerkzeuges innerhalb der Bohrung erreicht wird.
[0048] Die Zustellbewegung der Schneidstoffkörper 461 der Schneidgruppe 460 wird mit Hilfe
eines Schneidgruppen-Zustellsystems 450 gesteuert, welches in zwei unabhängig voneinander
betätigbare Teilsysteme unterteilt ist. Ein Basiszustellsystem 452 hat einen relativ
großen Verstellweg von mehreren Millimetern und dient dazu, die radialen Außenflächen
der Schneidstoffkörper 461, 462 nach Anlegen der Führungsleisten an die Bohrungsinnenwand
bis auf wenige Mikrometer an die Bohrungsinnenwand zuzustellen. Die durch diese Verstellbewegung
erreichte radiale Position von Trägerelementen 453 des Basiszustellsystems bleibt
während der Honbearbeitung unverändert. Der mechanische Antrieb für das Basiszustellsystem
sitzt in der Honmaschine, die Antriebsbewegung wird durch geeignete Zustellelemente
inklusive einem koaxial in dem Werkzeugkörper sitzenden Zustellkonus (vgl. Fig. 5)
bewirkt.
[0049] Weiterhin ist ein dynamisches Feinzustellsystem 454 vorgesehen, welches ausgehend
von der durch das Basiszustellsystem vorgegebenen Radialposition eine radiale Zustellung
bzw. ein radiales Zurückziehen der Schneidstoffkörper erlaubt. Als Antrieb des Feinzustellsystems
dienen piezoelektrische Elemente 455, die zwischen den Trägerelementen 453 des Basiszustellsystems
und den Schneidstoffkörpern angebracht sind und durch Anlegen einer elektrischen Spannung
so angesteuert werden können, dass sie eine dynamische Abstandsänderung zwischen den
Trägerelementen des Basiszustellsystems und den Schneidstoffkörpern ermöglichen. Das
durch niedrige bewegte Massen gekennzeichnete Feinzustellsystem ist auf diese Weise
hoch dynamisch ausgelegt und erlaubt während einer einzigen Umdrehung des Honwerkzeuges
mehrere, z.B zwischen zwei und zehn, periodische oder aperiodische Wechsel zwischen
Anstieg und Abnahme der Zustellkraft, um auch komplex gekrümmte und mit einer Vielzahl
von lokalen Maxima und Minima versehene Konturen der Bohrungsinnenwand mit hoher Genauigkeit
erzeugen zu können.
[0050] Das piezoelektrisch oder auf andere Weise angetriebene Feinzustellsystem kann auch
oberhalb des Zustellkonus zwischen diesem und dem Grobzustellsystem angeordnet sein.
In dieser Position kann das Feinzustellsystem sowohl auf dem rotierenden Teil der
Honspindel, als auch auf dem nicht-rotierenden Teil der Honmaschine angeordnet sein.
[0051] In Fig. 5 sind schematisch weitere Einzelheiten eines Basiszustellsystems und eines
Feinzustellsystems gezeigt, die auch bei den Honwerkzeugen gemäß Fig. 2 oder Fig.
4 in der gezeigten oder entsprechend modifizierter Weise eingesetzt werden können.
Die einseitig zur Werkzeugachse 501 an dem Honwerkzeug angebrachte Schneidgruppe 560
umfasst in diesem Beispielsfall fünf achsparallel ausgerichtete Honleisten 561, die
auf einem gemeinsamen Träger 562 angebracht sind und insgesamt einen Eingriffswinkel
von ca. 30° definieren. Das BasisZustellsystem 552 des Schneidgruppen-Zustellsystems
550 umfasst einen parallel zur Werkzeugachse axial verfahrbaren Konus 554. Dieser
arbeitet mit einem im Werkzeugkörper radial beweglich gelagerten Trägerelement 553
zusammen, das eine dem Konus angepasste Schrägfläche besitzt, so dass nach Art eines
Keilantriebes eine Axialbewegung des Konus 554 in eine Radialbewegung der Schneidgruppe
umgesetzt wird. Mit Hilfe dieses Basiszustellsystems kann das Trägerelement 553 gegen
die Kraft einer nach radial innen wirkenden Rückstellfeder auf eine vorgebbare Radialposition
verstellt werden.
[0052] An der radialen Außenseite des Trägerelementes 553 ist ein piezoelektrisches Antriebselement
555 des Feinzustellsystems 556 befestigt, welches zwischen dem Trägerelement 553 und
dem Trägerelement 562 für die Honleisten angeordnet ist. Die radiale Dicke des piezoelektrischen
Antriebs 555 ist durch Anlegen geeigneter Steuerspannungen, die von der Steuereinrichtung
180 (Fig. 1) bereitgestellt werden, radial in einem Verstellbereich von ca. 20 µm
bis ca. 60 µm verstellbar, um ggf. einen schnellen Wechsel des Zustelldruckes der
Schneidstoffkörper zu ermöglichen.
[0053] Anhand der Fig. 6 bis 8 werden nun Anwendungsmöglichkeiten der Honwerkzeuge bzw.
der Honmaschine am Beispiel der Bearbeitung der Zylinderlaufflächen eines Zylinderblockes
erläutert. Zur Charakterisierung der Makroform einer Zylinderlauffläche zeigt Fig.
6 (a) einen schematischen Umfangsschrieb und Fig. 6 (b) einen schematischen Längsschrieb
der Dimensionen einer Zylinderlauffläche. Für den Umfangsschrieb werden radiale Abstände
der Bohrungsinnenwand von der Bohrungsachse BA in Abhängigkeit von der Umfangsposition
entlang der Bohrungsinnenfläche gezeigt, wobei der Nullpunkt der Umfangsrichtung sowie
die 180°-Lage in der durch die Bohrungsachsen der Zylinder definierten Zylinderebene
112 (vgl. Fig. 1) liegen und die 90°- und 270°-Positionen die senkrecht dazu liegenden
Bereiche in der Nähe der vorderen und hinteren Breitseite des Zylinderkopfes repräsentieren.
Die Kurven R
O, R
M und R
U repräsentieren jeweils den Radius in der Nähe der oberen Eintrittsöffnung der Zylinderbohrung
(R
O), im axialen Mittelbereich der Zylinderbohrung (R
M) und in der Nähe des unteren Endes der Zylinderbohrung (R
U). In der dem Fachmann bekannten Weise sind die umlaufenden Messkurven des Umfangsschriebes
jeweils auf eine konzentrisch zur Bohrungsachse liegende Nulllinie bezogen, die bei
der Darstellung in Fig. 8 jeweils gestrichelt gezeichnet ist. Für alle Messkurven
dient der gleiche radiale Maßstab in Radialrichtung. Die Längsschriebe in Fig. 6 (b)
zeigen jeweils den Verlauf der Mantellinien (parallel zur Bohrungsachse) in den ausgewählten
Umfangsbereichen bei 0°, 90°, 180° und 270°.
[0054] Die schematischen Messschriebe in Fig. 6 repräsentieren bei der gewählten Auflösung
eine im Wesentlichen kreiszylindrische Form der Bohrungsinnenfläche mit einem Zylindrizitätsfehler
ΔZ von etwa 10 µm. Ein solcher, relativ geringer Zylindrizitätsfehler wird bei manchen
Anwendungen als ausreichend angesehen, um während des Betriebs der Brennkraftmaschine
im Zusammenspiel mit im Wesentlichen kreisförmigen Kolbenringen über die gesamte Länge
des Zylinders eine ausreichende Abdichtung zu gewährleisten.
[0055] Eine solche, im Wesentlichen kreiszylindrische Bohrungsform ist somit im Betriebszustand
des Motors, d.h. im betriebswarmen Zustand mit aufgeschraubtem Zylinderkopf, anzustreben.
Es hat sich jedoch gezeigt, dass dieses Ziel einer "einsatzoptimalen Bohrungsgeometrie"
nicht mit ausreichender Präzision erreicht werden kann, wenn bei dem Honprozess, d.h.
ohne aufgeschraubten Zylinderkopf und ggf. bei tieferen, von den Betriebstemperaturen
deutlich abweichenden Temperaturen, eine im Wesentlichen kreiszylindrische Bohrungsform
erzeugt wird. Vielmehr führen elastische Deformationen, die durch Verschraubung des
Zylinderkopfes mit dem Zylinderblock und durch erhöhte Temperaturen im Betrieb entstehen,
zu signifikanten Abweichungen von der gewünschten kreiszylindrischen Form. Zur Vermeidung
dieser Probleme wird bei einer Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Verfahrens
wie folgt vorgegangen.
[0056] In einem ersten Verfahrensschritt wird ein Zylinderblock einer zu fertigenden Serie
von Zylinderblöcken in die Honmaschine eingespannt. Dann wird der Zylinderblock mit
Hilfe einer Spanneinrichtung verspannt, die im Wesentlichen die Spannkräfte simuliert,
die auf den Zylinderblock wirken, wenn ein Zylinderkopf auf den Zylinderblock aufgeschraubt
ist.
[0057] Dadurch kann der Verspannungszustand des Zylinderblockes im Betriebszustand annähernd
eingestellt werden. Hierzu kann eine Spanneinrichtung gemäß der Patentschrift
DE 28 10 322 C2 verwendet werden, deren Inhalt insoweit durch Bezugnahme zum Inhalt dieser Beschreibung
gemacht wird. Alternativ kann auch eine Verspannung vorgenommen werden, wie sie in
der
japanischen Patentanmeldung JP 11 267960 beschrieben ist. Falls gewünscht kann der Zylinderblock noch deutlich über die Umgebungstemperatur
hinaus erwärmt werden, um insgesamt die Bedingungen bei einem betriebswarmen, fertig
montierten Rumpfmotor zu simulieren.
[0058] Im nächsten Verfahrensschritt werden die Zylinderbohrungen des verspannten und ggf.
aufgeheizten Zylinderblockes in einem einstufigen oder mehrstufigen Honverfahren gehont,
um eine möglich kreiszylindrische Bohrungsform zu erhalten. Bei typischen Verfahrensvarianten
wird in dieser Phase der Bearbeitung ein Zylinderformfehler ΔZ von weniger als 10
µm erreicht. Typische Messschriebe bei der Ermittlung der Bohrungsform können die
in Fig. 6 gezeigten Charakteristika zeigen. Eine typische bearbeitete Zylinderbohrung
hat nach diesem Fertigungsschritt in allen Axialpositionen einen weitgehend kreisrunden
Umfang mit einer Oberflächenkontur ohne ausgeprägte Maxima, Minima oder Wendepunkte
sowie in Axialrichtung (Längsschrieb) an unterschiedlichen Positionen entlang des
Umfanges praktisch keine oder nur eine sehr geringfügige, allmähliche Variation des
Radius bzw. des Durchmessers (Fig. 6 (b)).
[0059] Nach Abschluss dieser Phase der Bearbeitung wird die Spanneinrichtung abgenommen,
so dass die durch die Spanneinrichtung und ggf. durch Temperatureinwirkung erzeugten
elastischen Deformationen im Werkstück abgebaut werden und dieses einen entspannten
Zustand einnimmt.
[0060] In diesem entspannten Zustand wird die Bohrungsgeometrie der gehonten Zylinderbohrungen
vermessen, und zwar separat für jede der Zylinderbohrungen. Fig. 7 zeigt ein Beispiel
für die entsprechend Fig. 6 aufgenommenen Messschriebe in Umfangsrichtung (Fig. 7
a) und in Axialrichtung (Fig. 7b) der randständigen vierten Zylinderbohrung 104 in
Fig. 1. Es ist erkennbar, dass die Bohrung in der Nähe der zylinderkopfseitigen Eintrittsseite
(repräsentiert durch die Kurve R
o) eine annähernd 2-zählige Radialsymmetrie um die Bohrungsachse BA hat, bei der sich
der größte Durchmesser schräg zur Zylinderebene im bereich der Umfangswinkel 135°
bzw. 315° ergibt, während sich senkrecht dazu (entsprechend Winkelpositionen 45° und
225°) ebenfalls lokale Maxima des Radius ausbilden, die jedoch bei kleineren absoluten
Radiuswerten liegen. Der annähernd 2-zählig symmetrischen Grundform sind kleinere
Radiusschwankungen überlagert, beispielsweise im Bereich um 180°.
[0061] Im axialen Mittelbereich der Bohrung (Kurve R
M) ergibt sich ein weitaus komplexerer Zusammenhang zwischen Umfangsposition und Bohrungsradius
bzw. Bohrungsdurchmesser. Im gezeigten Beispiel ergeben sich in Umfangsrichtung etwa
acht lokale Maxima des Innenradius, die durch lokale Minima des Innenradius getrennt
sind. Tendenziell liegen die größten Radien weiterhin schräg zur Zylinderebene.
[0062] In dem der Zylinderkopfseite abgewandten Endbereich der Zylinderbohrung, repräsentiert
durch die Kurve R
U, ist der Bohrungsquerschnitt ebenfalls unsymmetrisch, wobei jedoch die am zylinderkopfseitigen
Ende noch angedeutete 2-zählige Radialsymmetrie nicht mehr dominiert und eine nahezu
völlig irreguläre Bohrungsquerschnittsform vorherrscht.
[0063] In Axialrichtung der Bohrungsinnenwand ergeben sich ebenfalls erheblich Schwankungen
des Bohrungsradius. Während entlang der Mantellinie bei 0° der Radius zum unteren
Ende der Bohrung abnimmt, ist die Bohrungswand auf der gegenüberliegenden Seite (bei
180°) erheblich in Axialrichtung verzogen, so dass sich ein starkes Radiusminimum
in der Nähe der Eingangsöffnung ergibt sowie im unteren Drittel, während im Mittelbereich
der Radius maximal wird. Legt man dagegen einen Schnitt senkrecht zur Zylinderebene
(bei 90° und 270°) so ergeben sich minimale Radien in der Nähe der oberen Eintrittsöffnung,
während im unteren Drittel der Bohrungsradius ein lokales Maximum einnimmt.
[0064] Die auf diese Weise charakterisierbare, unsymmetrisch verzogene Bohrungsform entspricht
im Beispielsfall einem Zylindrizitätsfehler ΔZ zwischen 30µm und 40µm. Diese komplex
und unsymmetrisch verformte Bohrungsgeometrie wird sich bei Aufsetzen und Verschrauben
eines Zylinderkopfes sowie Erwärmung des dadurch entstandenen Rumpfmotors in den Bereich
der Betriebstemperaturen wieder zu einer weitgehend zylindrischen Bohrungsform verformen,
wie sie anhand von Fig. 6 erläutert wurde.
[0065] Bei der hier beschriebenen Verfahrensvariante wird nun die komplex verformte Bohrungsgeometrie
nach Wegnahme der Spannvorrichtung vermessen, um auf diese Weise die lokalen Radien
der verzerrten Form in Abhängigkeit von der Axialposition und der Umfangsposition
zu ermitteln. Auf diese Weise wird ein Datensatz ermittelt, der die nach der Entspannung
vorliegende, komplex und unsymmetrisch verformte Bohrungsgeometrie darstellt. Diese
komplexe Bohrungsform entspricht einer "Negativform", die bei der Bearbeitung der
anderen Zylinderblöcke der Serie durch formgebende Honbearbeitung erzielt werden soll,
wenn die bearbeiteten Zylinderbohrungen im montierten Zustand des Motors eine weitgehend
zylindrische Form mit geringem Zylindrizitätsfehler haben sollen.
[0066] Die Geometriedaten, die die komplex unsymmetrische Bohrungsform gesondert für jede
Zylinderbohrung repräsentieren, werden in geeigneter Form in der Steuereinrichtung
180 gespeichert. Bei der Honbearbeitung können sie mit Messwerten eines Dimensionsmessystems
mit werkzeuginternen Sensoren (z.B. Luftmesssystem) verglichen und in zugehörige Daten
für den Zustelldruck umgerechnet werden, mit dem eine einseitige an einem Honwerkzeug
angebrachte Schneidgruppe beaufschlagt werden muss, um bei axial starrer Führung des
Honwerkzeuges und Steuerung der Zustellkraft der Schneidgruppe in Abhängigkeit von
der Axialposition und der Winkelposition des Honwerkzeuges die komplex unsymmetrisch
geformte Bohrungsform zu erzielen.
[0067] Auf Basis des erhaltenen Datensatzes werden nun nachfolgende Zylinderblöcke der Serie
mittels Formhonen bearbeitet. Bei der Serienbearbeitung ist kein Verspannen und/oder
Aufheizen der einzelnen Zylinderblöcke für die Honbearbeitung mehr nötig. Vielmehr
wird durch die Honbearbeitung an spannungsfreien Werkstücken die anhand Fig. 7 exemplarisch
erläuterte Negativform der Zylinderbohrung mit Hilfe der in der Steuereinrichtung
gespeicherten Daten erzeugt.
[0068] Fig. 8 zeigt exemplarisch für zwei Axialpositionen des Zylinders (repräsentiert durch
die Kurven R
O und R
M in Fig. 8 (a)) den hub- und drehwinkelabhängigen Radienverlauf der Bohrung (in Fig.
8 (a)) und in Fig. 8 (b) den Verlauf der Zustellkraft F über den Drehwinkel ϕ, jeweils
in die entsprechenden axialen Höhen. In Fig. 8 (b) repräsentiert die gestrichelte
Kurve F
O diejenige Variation der Zustellkraft über den Drehwinkel, die erforderlich wäre,
wenn ein Honwerkzeug, dessen Schneidgruppe im oberen Endbereich der Zylinderbohrung
rotiert, die Innenfläche bearbeitet. Die durchgezogene Linie F
M entspricht der zeitlichen Variation bzw. Winkelvariation, die im Mittelbereich der
Bohrung (R
M) erforderlich wäre. Während die annähernd, aber nicht exakt 2-zählig radialsymmetrische
Bohrungsquerschnittsform am oberen Ende im Wesentlichen durch eine Variation der Zustellkraft
mit zwei lokalen Maxima und dazwischenliegenden lokalen Minima sowie eine kurzzeitige
Zustellkraftspitze bei 180° erreicht werden kann, erfordert das Formhonen im Mittelbereich
der Bohrung (Kurve R
M) bei einer einzigen Umdrehung des Honwerkzeuges einen vielfachen, schnellen Wechsel
zwischen Anstieg und Zurücknahme der Zustellkraft, der zu einer Ausbildung von sechs
bis acht lokalen Minima und lokalen Maxima bei einer vollen Umdrehung führt. Einige
lokalen Maxima sind in Fig. 8 (b) durch Pfeile gekennzeichnet und entsprechen im Wesentlichen
den lokalen Radienmaxima der Kurve R
M. Wird bei der Honbearbeitung das Honwerkzeug axial oszillierend bewegt und gleichzeitig
um seine Werkzeugachse rotiert, so ergibt sich der tatsächliche zeitliche Verlauf
der auf die Schneidgruppe wirkenden Zustellkraft aus einer Überlagerung der hier zur
Vereinfachung erläuterten Verläufe, wobei sich auch die starke Variation in Axialrichtung
(Fig. 7(b)) in einen Beitrag zur Variation der Zustellkraft umsetzt.
[0069] Nach der Durchführung des Formhonens kann die Zylinderbohrung mit Hilfe eines Formmesssystems
gemessen werden. Eine eventuell noch vorhandene, gemessene Differenz der Ist-Form
zur Soll-Form kann zur Korrektur des Zustellsystems in Abhängigkeit von Hublage und
Drehwinkel genutzt werden. Insbesondere kann somit während und/oder nach einer formerzeugenden
Honoperation eine Vermessung der Bohrungsform zur Ermittlung von Form-Istwerten durchgeführt
werden und eine Differenz zwischen den Form-Iswerten und der Sollform kann zur Korrektur
der Steuerung der Zustellkraft verarbeitet werden. Durch diesen Regelkreis ist eine
verbesserte Genauigkeit des Formhonprozesses erzielbar.
[0070] In der Regel werden die materialabtragenden Bearbeitungsschritte zur Erzeugung der
komplexen, unrunden und ggf. unsymmetrischen Bohrungsformen mit Hilfe eines Honwerkzeuges
(oder mit Hilfe mehrerer nacheinander verwendeter Honwerkzeuge) erzeugt, wobei die
Schneidgruppe dieser Honwerkzeuge für einen substantiellen Materialabtrag ausgelegt
sind, um die Makroform der Bohrung in der gewünschten Weise zu erzeugen. Dies führt
dazu, dass die Mikrostruktur der bearbeiteten Bohrungsinnenfläche möglicherweise nicht
den für den Betrieb vorgegebenen Vorgaben hinsichtlich Oberflächenrauheit und/oder
Oberflächenstruktur genügt. Daher wird bei bevorzugten Verfahren nach den vorgebenden
Bearbeitungsschritten mindestens eine im Wesentlichen form neutrale, d.h. die Makroform
der Bohrung im Wesentlichen nicht verändernde Bearbeitungsoperation durchgeführt.
Dabei können Honwerkzeuge mit entsprechend an die Oberflächenanforderung angepasster
Körnung der Schneidstoffkörper und/oder Bürst- oder Plateauhonwerkzeuge und/oder andere
die Oberflächenstruktur verändernde Bearbeitungswerkzeuge eingesetzt werden, beispielsweise
berührungslos arbeitende Werkzeuge, wie Laser und/oder Wasserstrahlerzeuger, die die
Oberflächenstruktur der Bohrungsinnenfläche ohne Beeinflussung der Makroform verändern
können.
[0071] Die Fig. 9 und 10 zeigen in Draufsicht bzw. Querschnitt eine Schneidgruppe 960, die
für eine "Plateauhonbearbeitung" unsymmetrischer Bohrungsformen optimiert ist, um
die nach der formgebenden Honbearbeitung noch vorliegenden Spitzen des Rauheitsprofiles
zu schneiden und dadurch den Traganteil der Oberfläche zu erhöhen. Da in den vorangegangenen
Bearbeitungsschritten eine Bohrungsform mit ggf. sehr kleinen lokalen Radien im Bereich
von lokalen Minima oder Maxima erzeugt werden kann, wird ein Honwerkzeug bereitgestellt,
dessen Schneidgruppe 960 in der Lage ist, die gewellte Oberfläche einer gezielt unrund
bearbeiteten Bohrung mit einem Zylindrizitätsfehler von deutlich über 10 µm weitgehend
gleichmäßig zu bearbeiten. Hierzu ist ein stärker segmentiertes Honleistensystem vorgesehen,
bei dem die durch Honleistensegmente gebildeten Schneidstoffkörper 961 auf einem in
sich elastischen Grundkörper 965, beispielsweise einer Platte aus einem gummiartigen
Werkstoff, aufgebracht sind. Dieser in sich elastische Grundkörper ist auf dem eigentlichen
Grundmaterial 966 der Honleiste, beispielsweise einem Träger aus Stahl, Kupfer oder
dergleichen durch Verkleben oder auf andere Weise aufgebracht. Im Beispielsfall haben
die quadratischen Honleistensegmente 961 eine Ausdehnung von 10mm x 10mm. Damit ist
bei der Plateauhonbearbeitung eine flächige Anlage der Segmente an die formgehonte
Bohrung abgesichert, da sich die Schneidstoffkörper 961 unter lokaler elastischer
Verformung des elastischen Grundkörpers 965 dem welligen Verlauf der Bohrungsinnenfläche
anpassen können.
[0072] Honwerkzeuge mit einer oder mehreren derartigen Schneidgruppen können unabhängig
von den sonstigen Merkmalen der Erfindung und den hier beschriebenen Verfahren auch
bei anderen Honverfahren zur abschließenden Bearbeitung von Bohrungen in Werkstücken
eingesetzt werden.
1. Verfahren zum Honen der Innenfläche einer Bohrung in einem Werkstück, insbesondere
zum Honen einer Zylinderlauffläche bei der Herstellung von Zylinderblöcken für Brennkraftmaschinen,
bei dem ein Honwerkzeug innerhalb der Bohrung axial beweglich und um seine Werkzeugachse
rotierend angetrieben wird und eine an dem Honwerkzeug angebrachte Schneidgruppe mit
mindestens einem Schneidstoffkörper zur materialabtragenden Bearbeitung der Innenfläche
mit einer Zustellkraft an die Innenfläche angedrückt wird, gekennzeichnet durch eine im Wesentlichen starre Führung der Axialbewegung des Honwerkzeuges zur Erzeugung
einer Axialbewegung des Honwerkzeuges im wesentlichen parallel zur Bohrungsachse der
Bohrung und eine zeitlich asymmetrische Steuerung der Zustellkraft einer einseitig
der Werkzeugachse an dem Honwerkzeug angebrachten Schneidgruppe in Abhängigkeit von
der Hublage und/oder der Winkelposition des Honwerkzeuges derart, dass die Bohrung
zumindest in einem axialen Bohrungsabschnitt eine nicht-kreiszylindrische Bohrungsform
erhält, die von einer bezogen auf die Bohrungsachse 2-zählig radialsymmetrischen Form
signifikant abweicht.
2. Verfahren nach Anspruch 1, worin an der Bohrung Formabweichungen erzeugt werden, die
einem Zylindrizitätsfehler ΔZ von mehr als 10 µm entsprechen, wobei der Zylindrizitätsfehler
ΔZ vorzugsweise bei mehr als 20 µm, insbesondere zwischen 20 µm und ca. 60 µm liegt,
wobei der Zylindrizitätsfehler definiert ist als ΔZ=(DA-DI)/2, wobei DA der Durchmesser eines die Innenfläche der Bohrung außen berührenden Zylinders und
DI der Durchmesser eines die Innenfläche der Bohrung innen berührenden Zylinders ist.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, worin ein Honwerkzeug verwendet wird, das eine einzige
separat zustellbare Schneidgruppe hat, die vorzugsweise einen Eingriffswinkel von
weniger als 90° besitzt, wobei der Eingriffswinkel vorzugsweise zwischen 1° und 70°
liegt.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, worin die Steuerung der Zustellkraft
so durchgeführt wird, dass die Zustellkraft bei einer vollen Umdrehung des Honwerkzeuges
um die Werkzeugachse in einem vorgegebenen axialen Bohrungsbereich mehr als zwei,
insbesondere mehr als vier lokale Maxima und Minima durchläuft.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, worin das Honwerkzeug zur im Wesentlichen
starren Führung der Axialbewegung innerhalb der Bohrung axial gleitbeweglich und quer
zur Werkzeugachse im Wesentlichen unbeweglich abgestützt wird.
6. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, worin ein Honwerkzeug verwendet
wird, welches einen Satz von um den Umfang des Honwerkzeuges verteilten Führungsleisten
zur axialen Führung des Honwerkzeuges in der Bohrung umfasst, die vorzugsweise unabhängig
von der Schneidgruppe in Richtung auf die Innenfläche der Bohrung zustellbar sind,
wobei die im Wesentlichen starre Führung der Axialbewegung dadurch erreicht wird, dass die Führungsleisten während der Bewegung des Honwerkzeuges in
der Bohrung an die Innenfläche der Bohrung angedrückt werden.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, worin die im Wesentlichen starre Führung
der Axialbewegung des Honwerkzeuges dadurch erreicht wird, dass das Honwerkzeug außerhalb der Bohrung des Werkstückes axialbeweglich
und quer zur Werkzeugachse im Wesentlichen unbeweglich geführt ist.
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, worin nach der formerzeugenden
Honoperation zur Erzeugung der unrunden Bohrungsform mindestens eine im Wesentlichen
formneutrale Bearbeitungsoperation zur Bearbeitung oberflächen naher Bereiche der
Innenfläche durchgeführt wird, wobei die formneutrale Bearbeitungsoperation vorzugsweise
eine Plateauhonbearbeitung ist, bei der Spitzen des durch die vorangegangenen Honoperationen
erzeugten Rauheitsprofils geschnitten werden und/oder wobei bei der im Wesentlichen
formneutralen Bearbeitungsoperation die Innenfläche der Bohrung mit einer Vielzahl
von relativ zueinander beweglichen, elastisch gelagerten Schneidstoffkörpern bearbeitet
wird, die in Axialrichtung des Honwerkzeuges eine maximale Ausdehnung von weniger
als 10 % der Länge des Schneidbereiches des Honwerkzeuges haben.
9. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, worin während und/oder nach einer
formerzeugenden Honoperation eine Vermessung der Bohrungsform zur Ermittlung von Form-Istwerten
durchgeführt wird und eine Differenz zwischen den Form-Istwerten und der Sollform
zur Korrektur der Steuerung der Zustellkraft verarbeitet wird.
10. Honwerkzeug, insbesondere zur Durchführung des Verfahrens nach einem der vorhergehenden
Ansprüche, mit einem Werkzeugkörper, der eine Werkzeugachse (201, 301, 401, 501) definiert,
einer an dem Werkzeugkörper angebrachten Schneidgruppe (160, 260, 360, 460, 560) mit
mindestens einem Schneidstoffkörper zum materialabtragenden Bearbeiten der Innenfläche,
und einem der Schneidgruppe zugeordneten Schneidgruppen-Zustellsystem (450, 550) zur
Ausübung einer radial zur Werkzeugachse wirkenden Zustellkraft auf die Schneidstoffkörper
der Schneidgruppe, dadurch gekennzeichnet, dass die Schneidstoffkörper der Schneidgruppe ausschließlich an einer Seite des Honwerkzeuges
angeordnet sind und dass dem Honwerkzeug eine Axialführungseinrichtung (170, 270,
370, 470) zur im Wesentlichen starren Führung der Axialbewegung des Honwerkzeuges
im Wesentlichen parallel zu der Bohrungsachse zugeordnet ist, wobei die Axialführungseinrichtung
zur Aufnahme der durch die angedrückte Schneidgruppe erzeugten Reaktionskraft ausgelegt
ist.
11. Honwerkzeug nach Anspruch 10, worin die Axialführungseinrichtung einen Satz von um
den Umfang des Honwerkzeuges verteilten Führungsleisten (170, 270, 471 - 476) zur
axialen Führung des Honwerkzeuges in der Bohrung umfasst, wobei die Führungsleisten
mittels einer Führungsleisten-Zustelleinrichtung (480), vorzugsweise unabhängig von
der Schneidgruppe, in Richtung auf die Innenfläche der Bohrung zustellbar sind.
12. Honwerkzeug nach Anspruch 10 oder 11, worin das auf die Schneidgruppe wirkende Schneidgruppen-Zustellsystem
(450, 550) eine Kombination eines Basiszustellsystems (452, 552) mit einem dynamischen
Feinzustellsystem (454, 555) umfasst, wobei das Basiszustellsystem vorzugsweise so
ausgelegt ist, dass bei einer Grobzustellung die materialabtragenden Bereiche der
Schneidstoffkörper mit Hilfe des Basiszustellsystems der Innenfläche der Bohrung über
einen großen ersten Verstellweg bis auf einen geringen Abstand oder bis zur Berührung
angenähert werden können und das dynamische Feinzustellsystem für die Erzeugung kurzzeitiger
Wechsel des Zustelldruckes und relativ zu dem ersten Verstellweg kurze zweite Verstellwege
ausgelegt ist.
13. Honwerkzeug nach Anspruch 12, worin der erste Verstellweg des Basiszustellsystems
mindestens einem Millimeter, vorzugsweise mindestens 4 mm, beträgt und der zweite
Verstellweg des Feinzustellsystems im Bereich unterhalb 100 µm liegt, insbesondere
im Bereich zwischen 20 µm und 60 µm im Radius.
14. Honwerkzeug nach einem der Ansprüche 10 bis 13, worin das Basiszustellsystem des Honwerkzeuges
zur Übertragung der Zustellkraft eines außerhalb des Honwerkzeuges angeordneten, vorzugsweise
mechanischen oder hydraulischen, Antriebes ausgebildet ist und das Feinzustellsystem
mindestens einen innerhalb des Honwerkzeuges angeordneten, vorzugsweise elektromechanischen
oder piezoelektrischen, Antrieb besitzt.
15. Honmaschine, insbesondere zur Durchführung des Verfahrens nach einem der Ansprüche
1 bis 9, gekennzeichnet durch eine Zustellkraft-Steuerungseinrichtung zur Steuerung der Zustellkraft einer an einem
Honwerkzeug angebrachten Schneidgruppe in Abhängigkeit der Hublage und/oder der Winkelposition
des Honwerkzeuges in einer Bohrung, wobei die Zustellkraft-Steuerungseinrichtung (180)
derart konfiguriert ist, dass die Bohrung zumindest in einem axialen Bohrungsabschnitt
eine nicht-kreiszylindrische Bohrungsform erhält, die von einer bezogen auf die Bohrungsachse
2-zählig radialsymmetrischen Form signifikant abweicht.
16. Honmaschine nach Anspruch 15, bei der die Zustellkraft-Steuerungseinrichtung so konfiguriert
ist, dass die Zustellkraft bei einer vollen Umdrehung des Honwerkzeuges um die Werkzeugachse
in einem vorgegebenen axialen Bohrungsbereich mehr als zwei, insbesondere mehr als
vier lokale Maxima und Minima durchläuft.
17. Werkstück (100) mit mindestens einer Bohrung (101 - 104), die eine gehonte Innenfläche
(130) aufweist, wobei die Bohrung in mindestens einem axialen Bohrungsabschnitt eine
nicht-kreiszylindrische Bohrungsform hat, die von einer bezogen auf die Bohrungsachse
2-zählig radialsymmetrischen Form signifikant abweicht und einen Zylindrizitätsfehler
von mehr als ca. 20 µm aufweist, wobei die Formabweichung so ausgelegt ist, dass die
Bohrung im betriebsfertig montierten Zustand oder im Betriebszustand des Werkstückes
einen Zylindrizitätsfehler von weniger als 10 µm aufweist.
18. Werkstück nach Anspruch 17, worin das Werkstück ein Zylinderblock (100) und die Bohrung
eine Zylinderbohrung ist und die Formabweichung so ausgelegt ist, dass die Zylinderbohrung
im betriebsfertig montierten Zustand oder im Betriebszustand des Zylinderblockes mit
auf dem Zylinderblock aufgeschraubten Zylinderkopf einen Zylindrizitätsfehler von
weniger als 10 µm aufweist.