(19)
(11) EP 1 790 815 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
30.05.2007  Patentblatt  2007/22

(21) Anmeldenummer: 05025940.7

(22) Anmeldetag:  29.11.2005
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
E06B 5/12(2006.01)
E05D 15/52(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU LV MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR MK YU

(71) Anmelder: Sälzer Sicherheitstechnik GmbH
35037 Marburg (DE)

(72) Erfinder:
  • Sälzer, Heinrich
    35037 Marburg (DE)

(74) Vertreter: Bauer, Dirk 
BAUER WAGNER PRIESMEYER Patent- und Rechtsanwälte Grüner Weg 1
52070 Aachen
52070 Aachen (DE)

   


(54) Fenster- und/oder Fassadensystem


(57) Die Erfindung betrifft ein Fenster- und/oder Fassadensystem (100, 100-1), mit einer Füllung (110) zum Verschließen einer Öffnung (300) in einem Gebäude, die durch Gebäudeteile (400) oder damit verbundene Rahmenelemente begrenzt ist, wobei die Füllung (110) einen Hauptteil (111) und mindestens zwei sich daran jeweils nach außen erstreckende Ränder (113) aufweist, mit denen sich die Füllung (110) an den Gebäudeteilen (400) und/oder den Rahmenelementen abstützt. Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Fenster- und/oder Fassadensystem bereit zu stellen, das sich bei einer Einwirkung einer insbesondere explosionsbedingten Druckwelle kontrolliert verformt und/oder verlagert, keinen Splitterflug in das Innere des Gebäudes verursacht, und somit keine Verletzungsgefahr für Personen darstellt. Gelöst wird die Aufgabe erfindungsgemäß, indem die Ränder (113) derart ausgebildet sind, dass sie infolge einer insbesondere explosionsbedingten Druckwelle (D) derart gegenüber dem Hauptteil (111) der Füllung (110) verformt werden oder von diesem abbrechen, dass der Hauptteil (111) der Füllung (110) im Wesentlichen intakt bleibt und insgesamt in Ausbreitungsrichtung der Druckwelle (D) verlagerbar ist und dass eine Halteeinrichtung (130, 133) vorhanden ist, die die Verlagerung des Hauptteils (111) der Füllung (110) nach Bildung eines Druckentlastungsquerschnitts zwischen dem Innenbereich (1) und dem Außenbereich (A) des Gebäudes begrenzt.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Fenster- und/oder Fassadensystem, mit einer Füllung zum Verschließen einer Öffnung in einem Gebäude, die durch Gebäudeteile oder damit verbundene Rahmenelemente begrenzt ist, wobei die Füllung einen Hauptteil und mindestens zwei sich daran jeweils nach außen erstreckende Ränder aufweist, mit denen sich die Füllung an den Gebäudeteilen und/oder den Rahmenelementen abstützt.

[0002] Fenstersysteme werden unterschieden nach feststehenden Fenstern (Festfeld) und nach Dreh- und/oder Kippfenstern. Feststehende Fenster weisen lediglich einen eine Glasscheibe aufnehmenden Blendrahmen auf, der mit der Laibung einer Bauwerksöffnung fest verbunden ist. Ein Dreh- und/oder Kippfenster weist neben einem Blendrahmen, der in der Laibung fest verankert ist, zusätzlich einen Flügelrahmen auf. Die Glasscheibe wird von dem Flügelrahmen eingefasst, der wiederum mit dem Blendrahmen dreh- und/oder kippbar gelagert ist.

[0003] Fassaden bestehen aus Pfosten und Riegeln, die ebenfalls mit einer Füllung aus Glas oder zum Beispiel Paneelen ausgeführt sind. In einzelnen Fällen sind auch Einsetzrahmen mit Fensterflügeln möglich.

[0004] Aus der europäischen Patentschrift EP 1 223 288 B1 ist ein Fensterbeziehungsweise ein Türsystem mit zwei Glasscheiben bekannt, bei dem die eine Glasscheibe die andere Glasscheibe zumindest an einer Seite um einen Überstand überragt. Kann der Flügelrahmen nach innen geöffnet werden, überragt die innere Glasscheibe die äußere Glasscheibe und kann der Flügelrahmen nach außen geöffnet werden, überragt die äußere Glasscheibe die innere Glasscheibe. Dabei wird eine Versiegelung unterhalb eines die beiden Glasscheiben trennenden Abstandhalters aufgebracht, die die Breite des Zwischenraums der Scheiben teilweise überschreitet, so dass die Stirnfläche der kleineren Glasscheibe von der Versiegelung teilweise überdeckt wird. Das soll zu einer deutlich besseren Wärmedämmung führen.

[0005] Nachteil dieses Fenster- oder Türsystems bei der Variante, bei dem der Glasflügel nach innen geöffnet wird, ist eine geringere Einbruchsicherheit durch ein fehlendes inneres Befestigungselement für die Scheiben zum Innenraum hin. Beispielsweise kann ein gewaltsamer Stoß, beziehungsweise eine Folge von gewaltsamen Stößen, im Randbereich des Fensters zum Lösen oder zur Zerstörung der Verbindung führen, wodurch die gesamte Verbundglasscheibe aus dem Rahmen entfernt werden kann und der Zugang zum Innenbereich freigegeben ist. Für den Fall einer explosionsbedingten Druckentwicklung, für die das bekannte Fenster jedoch nicht konzipiert ist, kann dieses Fenstersystem abhängig von dem schwächsten Glied auf zwei Arten versagen. Zum Einen kann bei Versagen des Klebers die gesamte Glaseinheit aus dem Rahmen gesprengt werden und im Innenraum befindliche Personen gefährden. Zum Anderen kann bei Versagen der Glasscheiben die Glaseinheit als solche zerbersten und im Innenraum befindliche Personen werden durch Glas- oder Rahmensplitter gefährdet. Durch im Inneren des Gebäudes auftretende Explosionen können infolge nach außen abgängiger Glasscheiben Personen gefährdet werden, die sich im äußeren Umfeld des Gebäudes befinden.

[0006] Fassadensysteme weisen gegenüber Fenstersystemen sowohl in ihrem Aufbau als auch bei ihrer Montage große Unterschiede auf. Fassadenelemente werden typischer Weise nicht in Rahmen gefasst. Sie werden von außen an dem Bauwerk montiert und an Gebäudeteilen, wie beispielsweise Stützen oder Trägern, befestigt.

[0007] Die europäische Patentschrift 1 167 647 A1 offenbart eine Fassadenverkleidung, bestehend aus mehreren die Fassadenelemente bildenden lsolierglasscheiben wobei eine der Bauwerksseite abgewandte äußere Scheibe mit ihren Randbereichen umlaufend eine innere Scheibe überragt, was eine optisch ansprechendere Gestaltung der Fassade bewirkt. Die Scheiben werden nicht von einem Rahmen eingefasst. An den Randbereichen der lsollerglasscheiben ist ein gemeinsames Halteteil angeordnet beziehungsweise festgeklebt, das mit einem dem Bauwerk zugehörigen Bauteil, wie zum Beispiel einem Pfosten oder einem Riegel, fest verbunden wird und somit das zentrale Teil der Haltekonstruktion zwischen Bauwerk und Fassade bildet. Die Fassadenelemente können als feststehende Elemente und als nach außen öffenbare Elemente ausgebildet werden.

[0008] Im Falle einer explosionsbedingten Druckentwicklung, die auch in dieser Schrift nicht thematisiert ist, zerspringen auch hier die Glasscheiben unkontrolliert, was eine Gefahr für im Umfeld befindliche Personen darstellt.

Aufgabe



[0009] Ausgehend von diesem Stand der Technik ist es Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein Fenster- und/oder Fassadensystem bereit zu stellen, das sich bei einer Einwirkung einer insbesondere explosionsbedingten Druckwelle kontrolliert verformt und/oder verlagert, keinen Splitterflug in das Innere des Gebäudes verursacht, und somit keine Verletzungsgefahr für Personen darstellt.

Lösung



[0010] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass die sich nach außen erstreckenden Ränder der Füllung derart ausgebildet sind, dass sie infolge einer insbesondere explosionsbedingten Druckwelle derart gegenüber dem Hauptteil der Füllung verformt werden oder von diesem abbrechen, dass der Hauptteil der Füllung im Wesentlichen intakt bleibt und insgesamt in Ausbreitungsrichtung der Druckwelle verlagerbar ist und dass eine Halteeinrichtung vorhanden ist, die die Verlagerung des Hauptteils der Füllung nach Bildung eines Druckentlastungsquerschnitts zwischen dem Innenbereich und dem Außenbereich des Gebäudes begrenzt.

[0011] Im Normalzustand dienen die Ränder zu einer sicheren Abstützung beziehungsweise Befestigung der Füllung in einem Rahmenelement oder an einem Gebäudeteil. Die Ränder überragen den eigentlichen Öffnungsquerschnitt der Gebäudeteile beziehungsweise der Rahmenelemente, was hinsichtlich der Einbruchsicherung einen Vorteil schafft. Bei einer Krafteinwirkung von außen auf die Füllung kann diese nicht ohne Weiteres aus ihrer Einbettung gestoßen werden.

[0012] Die Ränder der Füllung zeichnen sich dadurch aus, dass sie bei einer Einwirkung, beispielsweise durch eine explosionsbedingte Druckwelle, abbrechen oder sich gegenüber dem Hauptteil der Füllung derart verformen, so dass eine Beweglichkeit der Füllung in Ausbreitungsrichtung der Druckwelle sicher gestellt ist, wobei die Ränder, je nach Ausführung, an dem Hauptteil der Füllung verbleiben oder von diesem abgetrennt sind. Obwohl die Füllung prinzipbedingt größer ist als die Öffnung im Bauwerk, kann im Explosionsfall durch die erfindungsgemäße Eigenschaft der Ränder eine kontrollierte Verlagerung der Füllung erreicht werden. Bei der Variante des Systems, bei dem die Ränder vom Hauptteil der Füllung abbrechen, erfolgt dieses Abbrechen an der Stelle des Übergangs von dem Hauptteil der Füllung in die Ränder und die abgebrochenen Ränder verbleiben in ihrer Einbettung, wodurch ein Splitterflug weitestgehend verhindert wird.

[0013] Entscheidend ist, dass die nach Entfernung oder Verformung der Ränder gewährleistete Beweglichkeit des Hauptteils der Füllung durch eine Halteeinrichtung begrenzt wird. Somit wird verhindert, dass die Füllung des Systems lose umher fliegt und eine Gefahr für im Inneren oder im Außenbereich des Gebäudes befindliche Personen darstellt. Weiterhin ist wesentlich, dass der Hauptteil der Füllung zusammenhängend bleibt, wodurch ein Splitterflug vermieden wird. Dies wird insbesondere durch eine Verbundglasscheibe auf der dem Gebäudeinneren zugewandten Seite der Füllung gewährleistet.

[0014] Bei einer vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung sind die Ränder um den Hauptteil der Füllung umlaufend angeordnet. So kann beispielsweise eine umlaufende Dämmung oder Isolierung angebracht werden, die die bauphysikalischen Eigenschaften des Systems verbessert. Weiterhin wird eine stabilere Lagerung des Systems im Normalzustand erreicht, da die Gesamtlänge der Abstützung entsprechend groß ist.

[0015] Die Halteeinrichtung zur Begrenzung des Druckentlastungsquerschnitts kann mindestens ein gebäudefest angeordnetes Halteelement aufweisen. Beispielsweise kann ein Anschlag an einem Gebäudeteil angebracht sein, der die Bewegung der Füllung nach einer gewissen Strecke unterbindet. Im Fall einer insbesondere explosionsbedingten Druckwelle wird der Hauptteil der Füllung nach Verformung oder Abbrechen der Ränder in Ausbreitungsrichtung der Druckwelle bewegt, bis er an das Halteelement angelangt, auf das dann Druck-, Biege- und/oder Scherkräfte wirken.

[0016] Bei einer weiteren Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung kann die Halteeinrichtung als ein den Hauptteil der Füllung mit einem Gebäudeteil verbindendes Zugmittel, insbesondere ein Seil oder ein Gurt, ausgebildet sein. Hier wird die Halteeinrichtung ausschließlich auf Zug beansprucht.

[0017] Vorteilhafter Weise ist die Füllung aus mehreren Schichten oder Scheiben zusammen gesetzt, und zwar aus einer äußeren Schicht, insbesondere einer Verglasung, und einer inneren Schicht, insbesondere einer Verbundverglasung, die durch einen gasgefüllten Zwischenraum von der äußeren Verglasung getrennt ist. Die Ränder werden jeweils nur von einer der Schichten ausgebildet. Durch den schichtartigen Aufbau der Füllung ist die Ausbildung eines Luftzwischenraums möglich, um die Isoliereigerischaften zu verbessern. Durch die Ausbildung als Verbundglasscheibe wird ein Zersplittern des Hauptteils der Füllung verhindert.

[0018] Eine Möglichkeit der Ränderausbildung sieht vor, dass die Ränder bei einer insbesondere explosionsbedingten Druckwelle dadurch bedingt abbrechen, dass die die Ränder bildende Verglasung eine sehr geringe Dicke aufweist, insbesondere aus einem Einscheibenglas besteht. Dabei muss gewährleistet sein, dass diese äußere Verglasung im Fall einer Explosion im Umfeld das schwächste Glied des Systems ist, beziehungsweise dass der Übergang von dem Hauptteil der Füllung in die Ränder am meisten beansprucht wird.

[0019] Eine weitere Möglichkeit der Ränderausbildung sieht vor, eine Sollbruchstelle im Übergangsbereich von dem Hauptteil der Füllung zu den Rändern vorzusehen, wodurch bei einer insbesondere explosionsbedingten Druckwelle das Abbrechen der Ränder hervorgerufen wird.

[0020] Eine Ausführungsform der vorliegenden Erfindung sieht als Füllung des Systems ein Wandpaneel vor, dessen Ränder aus einem plastisch verformbaren Material, insbesondere aus Blech, bestehen.

[0021] Nach einer Ausgestaltung der Erfindung werden die Ränder zwischen einem Gebäudeteil oder Rahmenelement einerseits und einem Befestigungsmittel andererseits eingespannt. Der Kraftfluss erfolgt auf direktem Weg von dem Befestigungsmittel über die Ränder in das Gebäudeteil oder in das Rahmenelement, das heißt die Kraftübertragung erfolgt ausschließlich durch die Ränder. Die übrigen Schichten der Füllung liegen außerhalb des Kraftflusses. Die Einspannkräfte können somit sehr hoch gewählt werden, so dass auch eine gute Einbruchhemmung erzielbar ist, insbesondere wenn die Dicke der die Ränder bildenden Schicht nicht allzu gering ist. Dabei stellt die Abstimmung der einbruch- und sprengwirkungshemmenden Eigenschaften kein ernstes Problem dar, weil die bei Explosionen wirksamen Druckkräfte typischerweise sehr hoch und die die Ränder bildende Schicht daher ohne Probleme eine gewisse Dicke aufweisen darf, woraus sich wiederum eine hinreichende Einbruchhemmung ergibt, da die hierzu erforderlichen Kräfte bei einer derartigen Schichtdicke bereits ohne Zerstörung aufnehmbar sind.

[0022] Im Gegensatz dazu kann das erfindungsgemäße Fenster- oder Fassadensystem auch so ausgeführt werden, dass die Füllung einerseits mit ihren Rändern an einem Gebäudeteil oder Rahmenelement abgestützt ist und andererseits von einem Befestigungsmittel gehalten ist, das an der der Druckwelle zugewandten Schicht angreift. Dabei kann die Anordnung der Befestigungsmittel, insbesondere durch das Vorsehen einer zusätzlichen kraftübertragenden Leiste zwischen Rändern und Befestigungsmittel, derart erfolgen, dass der Kraftfluss auch auf dem direkten Weg von dem Befestigungsmittel über die kraftübertragende Leiste in die Ränder und von dort in das Gebäudeteil oder das Rahmenelement eingeleitet wird. Bei fehlender kraftübertragender Leiste zwischen dem Befestigungsmittel und den Rändern erfolgt bedingt durch eine versetzte Lage von Befestigungsmittel und Rändern die Krafteintragung in das Gebäudeteil oder das Rahmenelement auf dem indirekten Weg über das Befestigungsmittel in den Hauptteil der Füllung und von dort über die Ränder in das Gebäudeteil.

[0023] Schließlich ist vorteilhaft, wenn der Hauptteil der Füllung zumindest auf der dem Gebäudeinneren zugewandten Seite eine Verbundglasscheibe aufweist, die durch ihre Eigenschaft einen Splitterflug in das Innere des Gebäudes vermeidet, selbst wenn die der Angriffsseite zugewandte Scheibe zerbrechen sollte.

Ausführungsbeispiel



[0024] Die Erfindung wird nachfolgend anhand von fünf Ausführungsbeispielen erläutert.

[0025] Es zeigen
Figur 1
einen Horizontalschnitt eines Flügelfensters mit einem ersten Ausführungsbeispiel einer Randbefestigung und einer Halteeinrichtung,
Figur 2
einen Horizontalschnitt eines Festfeldes mit der Randbefestigung und der Halteeinrichtung nach Figur 1,
Figur 3
einen Horizontalschnitt eines Fassadensystems mit Glasfüllungen in einem ersten Ausführungsbeispiel einer Halteeinrichtung,
Figur 4
wie Figur 3, jedoch mit einem zweiten Ausführungsbeispiel der Rückhalteeinrichtung, und
Figur 5
einen Horizontalschnitt eines Fassadensystems mit Wandpaneelen mit zwei weiteren Ausführungsbeispielen einer Halteeinrichtung.


[0026] Figur 1 zeigt als Beispiel für ein erfindungsgemäßes Fenstersystem 100 ein in eine Öffnung 300 eingebautes Flügelfenster in einem Horizontalschnitt. Der Blendrahmen 120 ist fest mit der Laibung 200 verbunden und die Füllung 110 wird von einem dreh- und kippbar gelagerten Flügelrahmen 121 eingefasst. Die Füllung 110 besteht aus mehreren Schichten und weist als äußere Schicht 114-1 ein Einscheibenglas, zum Beispiel aus Floatglas, auf. Die innere Schicht 114-2 besteht aus einer Verbundverglasung aus drei miteinander verklebten Einzelscheiben. Die Verbundverglasung ist durch Abstandhalter 112 von der äußeren Schicht 114-1 getrennt. Die Füllung 110 ist durch ein Vorlegeband 150 und eine Anpressdichtung 162 gegenüber dem Flügelrahmen 121 abgedichtet. Es ist ein Normalzustand dargestellt, in dem die umlaufenden Ränder 113 zur Befestigung der Füllung 110 herangezogen werden. Die Ränder 113 werden durch ein Befestigungsmittel, bestehend aus einem Anpressprofil 161, der Anpressdichtung 162, einer Anpressschraube 163 und einem Adapterprofil 164 fest eingespannt, insbesondere von der Innenseite her gegen einen freien Schenkel 122 an den Flügelrahmen 121 gepresst. Eine nachgebende Gummi-Glasdichtung 155 sitzt von innen auf der Füllung 110 auf, allerdings schränkt diese nicht die benötigte Bewegungsfreiheit des Hauptteils 111 der Füllung 110 bei einer auftretenden Druckwelle D ein, da sie in diesem Fall nachgibt oder abspringt.

[0027] Bei einer explosionsartigen Druckwelle D brechen die Ränder 113 an der Stelle des Übergangs von dem Hauptteil 111 der Füllung 110 in die Ränder 113 ab, wobei die abgebrochenen Ränder 113 weiterhin in der Anpresseinheit gehalten werden und ein Splitterflug weitestgehend verhindert wird. Der Hauptteil 111 der Füllung 110 bleibt weitestgehend als Einheit verbunden und kann sich in Ausbreitungsrichtung der Druckwelle D bewegen.

[0028] Um ein unkontrolliertes Umherfliegen des aus der Öffnung 300 heraus gesprengten Hauptteils 111 der Füllung 110 nach Einwirkung einer Druckwelle D zu verhindern, weist das erfindungsgemäße Fenstersystem eine Halteeinrichtung 130 auf. In Figur 1 ist ein Seil 132 oder Gurt als erstes Ausführungsbeispiel dieser Halteeinrichtung 130 dargestellt. Das Seil 132 oder der Gurt kann auf verschiedene Weisen geführt sein. Das Seil 132 umspannt die Füllung 110 entlang ihres Umfangs und ist in einer am Rand der Füllung 110 ausgebildeten Nut 131 geführt. Die durch die zurückspringenden Abstandhalter 112 gebildete Nut 131 ist mit einer Versiegelungsmasse 151 verfüllt, die das Seil 132 fest mit der Füllung 110 verbindet. In jedem Fall ist das Seil 132 beziehungsweise sind seine freien Enden fest mit dem Gebäudeteil 400, beziehungsweise zum Beispiel der Nase, verbunden.

[0029] Figur 2 zeigt einen Horizontalschnitt durch ein Fenstersystem 100 mit einem Festfeld. Abgesehen von dem Fehlen eines Flügelrahmens stimmen die wesentlichen Bestandteile aus Figur 1 überein. Als Abstandhalter 112-1 werden hier U-Profile verwendet, die mit einer Versiegelungsmasse 151 ausgefüllt werden und in dem das umlaufende Seil 134 der Halteeinrichtung 130 geführt ist.

[0030] In Figur 3 ist ein Fassadensystem 100-1 dargestellt, das von außen an ein Gebäudeteil 400, beispielsweise eine Stütze aus einem Aluminiumprofil, angebracht ist. Das Gebäudeteil 400 ist mit einer Nase 401 ausgestattet, die als Anschlag für die Füllungen 110 dient und diese voneinander trennt. Zum Innenbereich I des Gebäudes ist ein Dichtungsprofil 152 zwischen den Rändern 113 der Füllung 110 und dem Gebäudeteil 400 angeordnet. Das Befestigungsmittel 160-1, das von außen auf die Füllung 110 geschraubt wird, besteht aus einer Halteleiste 165 und einer darauf angebrachten Abdeckleiste 166. Die Halteleiste 165 ist mittels Schrauben, die nur durch ihre Mittellinie angedeutet sind, mit der Nase 401 verbunden. Die Abdeckleiste 166 wird nach der Montage auf die Halteleiste 165 aufgeklipst. Der Zwischenraum zwischen Befestigungsmittel 160-1 und Füllung 110 wird wiederum mit einem Dichtungsprofil 154 geschlossen. Zur Vermeidung von Kältebrücken ist der Zwischenraum von Befestigungsmittel 160-1 und der Nase 401 des Gebäudeteils 400 mit einem Isolierprofil 156 ausgefüllt. Der Kraftfluss Kd von dem Befestigungsmittel 160-1 auf das Gebäudeteil 400 erfolgt direkt über eine kraftübertragende Leiste 140 und die Ränder 113. Zur Vermeidung einer Kältebrücke, sowie einer Spannungsspizten erzeugenden direkten Anlage, ist hier ein elastisches Abdichtungsprofil 153 zwischen der Leiste 140 und den Rändern 113 vorgesehen.

[0031] Die mehrschichtig aufgebaute Füllung 110 besteht aus einer inneren Schicht 114-2 aus Floatglas und einer äußeren Schicht 114-1 aus Verbundglas, die wieder durch einen Abstandhalter 112 von der inneren Verglasung getrennt wird. Bei dieser erfindungsgemäßen Ausführungsform werden die Ränder 113 von der inneren Schicht 114-2 ausgebildet. Bei einer insbesondere explosionsbedingten Druckwelle D in Pfeilrichtung brechen auch hier die Ränder 113 der Füllung 110 ab und gestatten eine Verlagerung des Hauptteils 111 der Füllung 110 bis dass der von der Halteeinrichtung 130 ermöglichte Druckentlastungsquerschnitt erreicht ist. Die Halteeinrichtung 130 ist wieder als Seil 132 ausgebildet, das in einer mit Versiegelungsmasse 151 ausgefüllten Nut 131 geführt wird.

[0032] Figur 4 zeigt im Wesentlichen ein übereinstimmendes Fassadensystem 100-1 wie Figur 3, allerdings mit dem Unterschied, dass der Abstandhalter 112-1 wie in Figur 2 aus einem mit Versiegelungsmasse 151 ausgefüllten U-Profil besteht.

[0033] In Figur 5 ist ein Fassadensystem 100-1 bestehend aus einem Wand paneel im Horizontalschnitt dargestellt. Die Befestigung des Wandpaneels erfolgt mit dem selben Befestigungsmittel 160-1 wie in den Figuren 3 und 4. Zwischen dem Befestigungsmittel 160-1 und den Rändern 113 ist formschlüssig eine Wärmedämmung 157 angeordnet, die nicht zu einer Kraftübertragung herangezogen werden kann, wodurch der Kraftfluss Ki von dem Befestigungsmittel 160-1 indirekt in das Gebäudeteil 400 eingeleitet wird und zwar von dem Befestigungsmittel 160-1 über den Hauptteil 111 der Füllung 110 in die Ränder 113 und schließlich in das Gebäudeteil 400.

[0034] Das Wandpaneel weist als innere Schicht 114-2 ein inneres Deckblech auf, aus dem die Ränder 113 ausgebildet sind, die sich bei erhöhter Druckbelastung, beispielsweise infolge einer Explosion, verbiegen, um dem Hauptteil 111 der Füllung 110 eine Verlagerung an dem Gebäudeteil 400 vorbei zu ermöglichen.

[0035] Diese Verlagerung kann auf die selbe Art wie in den vorgenannten Figuren mit Hilfe eines Seils 132 begrenzt werden. Figur 5 zeigt eine weitere Möglichkeit für die Ausbildung einer Halteeinrichtung 133 und zwar durch die Ausbildung der Halteeinrichtung 133 als auf einer Seite der Füllung 110 in vertikaler Schwenkachse angeordneter gelenkig gelagerter Bolzen. Bei einer insbesondere explosionsbedingten Druckwelle D schwenkt nach Verformung der Ränder 113 auf den nicht durch Bolzen gelagerten Seiten der Füllung der Hauptteil 111 der Füllung 110 nach Art eines Drehflügels um diese Schwenkachse auf. Falls gewünscht, kann der maximale Schwenkungswinkel durch geeignete Begrenzungsmittel beschränkt werden.

Bezugszeichenliste:



[0036] 
100
Fenstersystem
100-1
Fassadensystem
110
Füllung
111
Hauptteil
112
Abstandhalter
112-1
Abstandhalter
113
Ränder
114-1
äußere Schicht
114-2
innere Schicht
120
Blendrahmen
121
Flügelrahmen
122
Schenkel
130
Halteeinrichtung
131
Nut
132
Seil
133
Halteeinrichtung
140
Leiste
150
Vorlegeband
151
Versiegelungsmasse
152
Dichtungsprofil
153
Abdichtungsprofil
154
Dichtungsprofil
155
nachgebende Gummi-Glasdichtung
156
Isolierprofil
157
Wärmedämmung
160
Befestigungsmittel
160-1
Befestigungsmittel
161
Anpressprofil
162
Anpressdichtung
163
Anpressschraube
164
Adapterprofil
165
Halte-Leiste
166
Abdeckleiste
200
Laibung
300
Öffnung
400
Gebäudeteil
401
Nase
D
Druckwelle
A
Außenbereich
I
Innenbereich
Kd
direkter Kraftfluss
Kl
indirekter Kraftfluss



Ansprüche

1. Fenster- und/oder Fassadensystem (100, 100-1), mit einer Füllung (110) zum Verschließen einer Öffnung (300) in einem Gebäude, die durch Gebäudeteile (400) oder damit verbundene Rahmenelemente begrenzt ist, wobei die Füllung (110) einen Hauptteil (111) und mindestens zwei sich daran jeweils nach außen erstreckende Ränder (113) aufweist, mit denen sich die Füllung (110) an den Gebäudeteilen (400) und/oder den Rahmenelementen abstützt,
dadurch gekennzeichnet, dass die Ränder (113) derart ausgebildet sind, dass sie infolge einer insbesondere explosionsbedingten Druckwelle (D) derart gegenüber dem Hauptteil (111) der Füllung (110) verformt werden oder von diesem abbrechen, dass der Hauptteil (111) der Füllung (110) im Wesentlichen intakt bleibt und insgesamt in Ausbreitungsrichtung der Druckwelle (D) verlagerbar ist und dass eine Halteeinrichtung (130, 133) vorhanden ist, die die Verlagerung des Hauptteils (111) der Füllung (110) nach Bildung eines Druckentlastungsquerschnitts zwischen dem Innenbereich (I) und dem Außenbereich (A) des Gebäudes begrenzt.
 
2. Fenster- und oder Fassadensystem (100, 100-1) nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass die Ränder (113) um den Hauptteil (111) der Füllung (110) umlaufend angeordnet sind.
 
3. Fenster- und oder Fassadensystem (100, 100-1) nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass die Halteeinrichtung (130, 133) mindestens ein gebäudefest angeordnetes Halteelement aufweist, insbesondere ein an einem Gebäudeteil (400) angebrachter Anschlag ist.
 
4. Fenster- und oder Fassadensystem (100, 100-1) nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass die Halteeinrichtung (130, 133) ein den Hauptteil (111) der Füllung (110) mit einem Gebäudeteil (400) verbindendes Zugmittel, insbesondere ein Seil (132) oder ein Gurt, ist.
 
5. Fenster- und oder Fassadensystem (100, 100-1) nach einem der vorigen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass das die Füllung (110) aus mehreren Schichten oder Scheiben zusammen gesetzt ist, und zwar aus einer äußeren Schicht (114-1), insbesondere einer Verglasung, und einer inneren Schicht (114-2), insbesondere einer Verbundverglasung, die durch einen gasgefüllten Zwischenraum von der äußeren Verglasung getrennt ist und dass die Ränder (113) jeweils nur von einer der Schichten (114-1, 114-2) ausgebildet sind.
 
6. Fenster- und oder Fassadensystem (100,100-1) nach einem der vorigen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Ränder (113) bei einer insbesondere explosionsbedingten Druckwelle (D) dadurch bedingt abbrechen, dass die die Ränder (113) bildende Verglasung eine sehr geringe Dicke aufweist, insbesondere aus einem Einscheibenglas besteht.
 
7. Fenster- und oder Fassadensystem (100, 100-1) nach einem der vorigen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass das Abbrechen der Ränder (113) bei einer insbesondere explosionsbedingten Druckwelle (D) durch eine Sollbruchstelle im Übergangsbereich von dem Hauptteil (111) der Füllung (110) und den Rändern (113) hervorgerufen wird.
 
8. Fenster- und oder Fassadensystem (100, 100-1) nach einem der vorigen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Füllung (110) ein Wandpaneel ist, dessen Ränder aus einem plastisch verformbaren Material, insbesondere aus Blech, bestehen.
 
9. Fenster- und oder Fassadensystem (100, 100-1) nach einem der vorigen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Ränder (113) zwischen einem Gebäudeteil (400) oder Rahmenelement einerseits und einem Befestigungsmittel (160) andererseits eingespannt sind.
 
10. Fenster- und oder Fassadensystem (100, 100-1) nach einem der vorigen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass die Füllung (110) einerseits mit ihren Rändern (113) an einem Gebäudeteil (400) oder Rahmenelement abgestützt ist und andererseits von einem Befestigungsmittel (160, 160-1) gehalten ist, das an der der Druckwelle (D) zugewandten Schicht (114-1, 114-2) angreift.
 
11. Fenster- und oder Fassadensystem (100, 100-1) nach einem der vorigen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass der Hauptteil (111) zumindest auf der dem Gebäudeinneren (I) zugewandten Seite eine Verbundglasscheibe aufweist.
 




Zeichnung



















Recherchenbericht










Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente