(19)
(11) EP 1 790 939 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
30.05.2007  Patentblatt  2007/22

(21) Anmeldenummer: 06023797.1

(22) Anmeldetag:  16.11.2006
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F41H 5/007(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HU IE IS IT LI LT LU LV MC NL PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA HR MK YU

(30) Priorität: 25.11.2005 DE 102005056178

(71) Anmelder: Rheinmetall Landsysteme GmbH
24107 Kiel (DE)

(72) Erfinder:
  • Töpfer, Jörg
    29614 Soltau (DE)

(74) Vertreter: Dietrich, Barbara 
Thul Patentanwaltsgesellschaft mbH Rheinmetall Allee 1
40476 Düsseldorf
40476 Düsseldorf (DE)

   


(54) Aktive Reaktivpanzerung


(57) Aktives Schutzsystem zum Schutz gegen anfliegende Projektile, das auf einem Fahrzeug adaptiert ist und das mindestens einen Sensor, eine Datenverarbeitungsanlage und einen Effektor aufweist und bei dem dieser Effektor ein reaktives Panzerungselement ist.




Beschreibung


[0001] Gefechtsfahrzeuge sind in der Regel heutzutage mit Panzerungen ausgestattet, um die wertvollen Fahrzeuge und die Besatzungen vor Beschuss durch gegnerische Gefechtsfahrzeuge oder mit panzerbrechenden Waffen ausgestattete Infanteristen zu schützen.

[0002] Bekannte Panzerungssysteme sind passive, reaktive und aktive Panzerungen, die je nach Wirkung mehr oder weniger Schutz gegen anfliegende Hohlladungen oder Kinetische Energie (KE)-Geschosse bieten. Dabei wirken diese Systeme wie folgt:
  1. 1. Wirkweise Passivpanzerung: Bei den passiven Panzerungen wird der Schutz durch Panzerungsmaterialkombinationen (Schottpanzerung) oder durch die Erhöhung der Wandstärke der Panzerung erreicht.
  2. 2. Wirkweise Reaktivpanzerung: Der Plasmastrahl eines auftreffenden Hohlladungsgeschosses soll sich bei der Ablösung der Stahlplatte der Reaktivpanzerung an der Stahlplatte aufbrauchen und es kommt bei optimalen Voraussetzung zu einem schlüssellochartigem Einbrand in diese Stahlplatte; außerdem wird durch die explosive Ablösung der Stahlplatte der Hohlladungsstrahl gestört. Darüber hinaus soll die Reaktivpanzerung auch gegen auftreffende KE-Geschosse schützen. Dabei zündet der mit der Geschwindigkeit vp auf die Reaktivpanzerung auftreffende Penetrator den zwischen den Platten befindlichen Sprengstoff. Durch die Explosion des Sprengstoffs trennen sich die beiden Plattenteile mit der Plattengeschwindigkeit vpl voneinander und die nun auf den eingedrungenen Penetrator wirkenden Scherkräfte brechen bzw. schädigen den Penetrator soweit, dass seine Wirkung stark gemindert wird. Dieses Prinzip der reaktiven Panzerung wird unter anderem auch in der Patentschrift DE 19707160 und DE 3515792 behandelt.
  3. 3. Wirkweise Aktive Panzerung: Hier soll das anfliegende Geschoss im Nah- oder Fernbereich vor Auftreffen auf die Panzerung zerstört werden. Hierfür ist ein Sensor zur Erfassung des anfliegenden Geschosses, eine Datenverarbeitungsanlage und eine Effektor zur Abwehr des Geschosses nötig. Als Effektoren werden im Fernbereich Splitter- oder High Explosive (HE)-Werfergranaten, im Nahbereich Flugplatten eingesetzt. So besteht das ARENA-System (im russischem T-80U M1 BARS integriert) aus einem hoch herausragenden Radarkopf, der DV-Anlage und als Effektor aus einem um dem Turm montiertem Kragen aus Splitterkassetten. Aus diesem werden beim russischem ARENA-System einem anfliegendem Geschoss einfache Stahlplatten "entgegengeworfen".


[0003] Weitere bekannte Aktive Panzerungssysteme sind z.B. das AFSS- oder AKE-System, die im folgenden beschrieben werden:
  1. 1. Aktives Fahrzeug-Schutz-System (AFSS), ein aktives Hardkill-System für gepanzerte Fahrzeuge gegen eine Bedrohung durch Hohlladungen (Panzerabwehrraketen / Panzerfäuste) mit v <= 800 m/s. Radarsensoren entdecken und verfolgen eine Bedrohung auf 400 m rundum. Die Vernichtung erfolgt etwa 25 m vor dem Fahrzeug durch Splittergranaten, die aus zwei Werfern eingesetzt werden. Es wird eine Wirkreduzierung der Hohlladung um ca. 90% angestrebt.
  2. 2. Aktives KE-Schutz-System (AKESS), ein aktives Hardkill-System gegen KE-Geschosse. Nach der Entdeckung bis zu 400 m vor dem Fahrzeug erfolgt der Einsatz einer Sprenggranate so, dass sie 10 m vor der Front des Panzers detoniert und damit die Eindringtiefe des KE-Geschosses zumindest drastisch reduziert wird.


[0004] Die beschriebenen aktiven Schutzsysteme weisen den Nachteil auf, dass die Wirksamkeit gegen KE-Geschosse stark eingeschränkt ist, da KE-Geschosse Geschwindigkeiten im Bereich von ca. 1800 m/s erreichen und aufgrund der hohen Dichte des Materials (zum Beispiel Wolfram) entsprechend eine hohe kinetische Energie besitzen. Der Wirkung von Splittern (AFSS) oder Spreng- bzw. Blastgranaten (AKESS) auf das schwere KE-Geschoss ist nur gering und wird es auf dem Weg in das Ziel nur noch gering beeinflusst.

[0005] Die reine Reaktivpanzerung ist direkt auf der Panzerung des Gefechtsfahrzeuges aufgebracht und hat ebenfalls den Nachteil, dass die kinetische Energie des KE-Geschosses nur schwer abgebaut werden kann, da sich das KE-Geschoss bereits in unmittelbarer Nähe des Fahrzeuges befindet und so auf jeden Fall auf die Panzerung bzw. auf das Fahrzeug einwirkt.

[0006] Aufgabe dieser Erfindung soll somit die Kombination von aktiven Schutzsystemen mit reaktiven Schutzelementen sein, um somit eine wirksame Abwehr gegen KE-Geschosse zu erzielen.

[0007] Die Lösung dieser Aufgabe wird beim bestehenden ARENA-Systems zum Beispiel so erreicht, dass nicht mehr einfache Schutzplatten, sondern Reaktivelemente dem anfliegenden KE-Geschoss entgegengeworfen werden. Der somit erzielte Vorteil dieses Schutzsystems liegt darin, dass das Reaktivelement bereits weit vor dem Fahrzeug und nicht auf dem Fahrzeug seine Schutzwirkung ausübt. Somit werden die Vorteile der Reaktivpanzerung (hohe Wirksamkeit bei Auftreffen von Geschossen) und der aktiven Panzerung (Wirkung der Schutzes bereits fern vom Gefechtsfahrzeug) verbunden.

[0008] Beschreibung eines Ausführungsbeispiels:

[0009] Das bestehende ARENA-System wird anstelle von dem Geschoss entgegengeworfenen einfachen Stahlplatten mit Reaktivplatten ausgerüstet. Da ein Reaktivelement aus 2 durch Sprengstoff getrennte Stahlplatten besteht, wird beim Auftreffen des Geschosses der Sprengstoff gezündet und nach dem Actio=Reactio-Prinzip eine Stahlplatte in Richtung des Geschosse beschleunigt und die andere entsprechend in die andere Richtung. Da das Reaktivelement aus einer Splitterkassette dem Geschoss vorher entgegengeworfen wurde, muss der eingesetzte Sprengstoff extrem reaktionsträge und darf erst beim Auftreffen des Geschosses zünden.

[0010] Der Bekämpfungsvorgang: besteht somit aus den folgenden 3 Bekämpfungsstufen:
  1. 1. Radar hat anfliegendes Ziel detektiert (siehe Fig. 1)
  2. 2. DV-Anlage berechnet optimalen Zeitpunkt zur Absprengung der Reaktivplatte und wirft die Reaktivplatte dem Geschoss entgegen (siehe Fig. 2)
  3. 3. Beim Aufprall Geschoss-Reaktivplatte wird der zwischen den Platten befindliche Sprengstoff gezündet. Durch die Explosion des Sprengstoffs trennen sich die beiden Plattenteile voneinander und die nun auf den in die Plattenteile eingedrungenen Penetrator wirkenden Scherkräfte brechen bzw. schädigen den Penetrator so weit, dass seine Wirkung stark gemindert wird (Prinzip der reaktiven Panzerung - siehe Patentschrift DE 3515792 oder DE 19707160)

Beschriftung der Fig.:



[0011] 
  1. 1 - Radarkopf
  2. 2 - Datenleitung zur DV (Datenverarbeitungsanlage)
  3. 3 - Ladung zum Ablösen der Reaktivplatte
  4. 4 - Reaktivelement, bestehend aus 2 Stahlplatten die durch Sprengstoff (schwarz) getrennt sind
  5. 5 - Element zur Initiierung der Ablösung der Reaktivplatte
  6. 6 - Datenleitung zur Ablöseeinrichtung
  7. 7-DV
  8. 8 - stilisierter Gefechtsfahrzeugturm
  9. 9 - anfliegendes Geschoss



Ansprüche

1. A ktives Schutzsystem, insbesondere zum Schutz gegen anfliegende Projektile, das auf einem Fahrzeug adaptiert ist und mindestens einen Sensor, eine Datenverarbeitungsanlage und einen Effektor aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass der Effektor ein reaktives Panzerungselement ist.
 




Zeichnung







Recherchenbericht










Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente