[0002] Radialverdichter werden etwa im Abgasturbolader oder als Industrieverdichter in der
Prozessindustrie eingesetzt. Abgasturbolader werden zur Leistungssteigerung von Brennkraftmaschinen
(Hubkolbenmotoren) eingesetzt. Ein Abgasturbolader besteht aus einer Abgasturbine
im Abgasstrom der Brennkraftmaschine und dem Verdichter im Ansaugtrakt der Brennkraftmaschine.
Das Turbinenrad der Abgasturbine wird vom Abgasstrom des Motors in Rotation versetzt
und treibt über eine Welle das Laufrad des Verdichters an. Der Verdichter erhöht den
Druck im Ansaugtrakt der Brennkraftmaschine, so dass beim Ansaugen eine größere Menge
Luft in die Brennkammern gelangt. Bei Radialverdichtern strömt die Luft axial in das
Laufrad der Verdichterstufe und wird dann nach außen, in die radiale Richtung abgelenkt.
In Radialverdichterstufen muss der aus dem Verdichterrad austretende Volumenstrom,
damit er der Brennkraftmaschine zugeführt werden kann, nach dem Radialdiffusor über
dem Umfang gesammelt werden. Hierzu werden als Sammelraum Spiralen oder Kollektoren
eingesetzt. Spiralen weisen eine anwachsende Querschnittsfläche über den Umfang auf,
wohingegen Kollektoren eine konstante Querschnittsfläche über den Umfang haben. In
modernen Radialverdichterstufen mit hohen Anforderungen an Wirkungsgrad und Druckverhältnis
werden in der Regel Spiralen eingesetzt, da diese gegenüber Kollektoren einen geringeren
Verlustbeiwert aufweisen. Der Querschnittsflächenzuwachs ist dabei generell so ausgelegt,
dass der Volumenstrom kontinuierlich aufgesammelt wird und sich ein möglichst homogenes
Strömungsfeld über den Umfang ausbildet.
Am Übergang zwischen Anfang und Ende der Spirale, im Folgenden als Zunge bezeichnet,
wird der aus dem Radialdiffusor strömende Volumenstrom geteilt, in einen ersten Teilstrom,
welcher über dem Umfang aufgesammelt wird und einen zweiten Teilstrom, welcher direkt
in den nachgeschalteten Diffusor strömt. Im zweiten Teilstrom wird die Strömung stärker
aufgerichtet, im ersten Teilstrom weniger stark. Dadurch kann sich über der Zunge
ein Drucksprung und damit eine Umfangsasymmetrie ergeben, die sich negativ auf die
Thermodynamik und die mechanische Belastung der vorgeschalteten Komponenten auswirken
kann. In modernen, kompakten Radialverdichterstufen findet eine starke Interaktion
zwischen den einzelnen Komponenten statt. Insbesondere bei beschaufelten Radialdiffusoren
kommt es im ersten Umfangsdrittel der Spirale zu einer ausgeprägten Wechselwirkung
zwischen Radialdiffusor und Spirale, die zu einer starken Umfangsasymmetrie führen
kann.
Ein Mass für die Beurteilung der Umfangsasymmetrie ist der normierte Druck bzw. die
normierte Druckdifferenz, auch Distortion genannt. Die Ausprägung der Umfangsasymmetrie
hängt von der Spiralgeometrie sowie der Diffusorschaufelzahl, dem Abstand der Diffusorschaufelhinterkante
zum Spiraleintritt, dem Diffusortyp, dem Laufrad bzw. dem Volumenstrom, etc. ab.
Durch die Umfangsasymmetrie kann es direkt und indirekt zu negativen Auswirkungen
auf den Wirkungsgrad der Verdichterstufe kommen. Direkt ergeben sich Ablösungen an
einzelnen Schaufeln des Radialdiffusors, und der Betriebspunkt des Laufrads variiert
mit der Umfangsposition, was in der Summe eine Wirkungsgradreduktion bedeutet. Aufgrund
der damit verbundenen höheren Schwingungsanregung der Laufradschaufeln müssen diese
in der Regel dicker ausgeführt werden, woraus sich indirekt eine weitere Wirkungsgradreduktion
ergibt.
Ferner kommt es durch den starken Druckgradienten im Bereich der Zunge zu einer Rückströmung
von wandnaher Luft, welche bereits in der Spirale gesammelt wurde, aus dem Diffusor
in die Spirale. Hierdurch ergeben sich zusätzliche Verluste und der Volumenstrom kann
nicht kontinuierlich über den Umfang gesammelt werden. Bei der klassischen Gestaltung
ist die Spiralfläche entlang des gesamten Spiralumfangs bis wieder zum Spiralanfang
ausgebildet. Um die Umfangsasymmetrie zu reduzieren, kann die Zunge modifiziert werden.
Dabei ist die Spiralfläche im Bereich der Durchdringung nicht ausgebildet, so dass
die Spirale nach der Durchdringung beginnt (man spricht dabei von einer "ausgeschnittenen
Zunge").
Um die Umfangsasymmetrie zu reduzieren, können auch asymmetrisch ausgebildete Radialdiffusoren
eingesetzt werden. Deren Fertigung ist aber aufwändig und teurer.
[0003] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, ein Austrittsgehäuse für einen Radialverdichter
derart zu modifizieren, dass die Umfangsasymmetrie und die daraus resultierende Druckvariation
deutlich reduziert werden.
Dies kann erreicht werden, indem die Querschnittsfläche des Sammelraums im Austrittsgehäuse
erfindungsgemäss modifiziert wird. Konkret wird bei der Auslegung der Spiralgeometrie
eine bestimmte Querschnittsfläche ausgewählt, beispielsweise die Querschnittsfläche
bei 120°. Diese Querschnittsfläche ersetzt erfindungsgemäss die ursprünglichen Querschnittsflächen
zwischen Spiralanfang und dieser Querschnittsfläche, so dass der Sammelraum auf den
ersten 120° eine konstante Querschnittsfläche aufweist. Der Rest des Sammelraums bleibt
als Spirale unverändert. Damit weist der Sammelraum einen Bereich mit konstanter und
einen Bereich mit anwachsender Querschnittsfläche auf, stellt also eine Kombination
eines Kollektors - auf den ersten 120° - und einer Spirale dar.
Je nach Zungengestaltung - ausgeschnitten / nicht ausgeschnitten - ergibt sich optional
eine Modifikation im Diffusorbereich, wobei die Diffusorquerschnittsfläche in beiden
Fällen unverändert bleibt.
Der erfindungsgemäss ausgestaltete Sammelraum führt zu einer homogeneren Durchströmung
der Verdichterstufen. Zudem wird die Laufradanregung reduziert, was bei der Konstruktion
zu mehr Freiraum in der Laufradschaufelgestaltung zum Zwecke der Wirkungsgradoptimierung
führt.
[0005] Fig. 1 zeigt eine erste Ausführungsform eines modifizierten Austrittsgehäuses 1 eines
Radialverdichters. Das Austrittsgehäuse weist zwei Öffnungen auf. Die erste Öffnung
ist kreisringförmig ausgestaltet und radial gegen innen geöffnet. Durch diese Öffnung
strömt die aus dem Verdichterrad und dem Radialdiffusor 42 kommende Luft in den Sammelraum,
welcher in der Fig. 1 mit grober Schraffur bezeichnet ist. Der Radialdiffusor erstreckt
sich zwischen dem Verdichterrad und dem Sammelraum im Austrittsgehäuse. Er kann optional
durch separate Bauteile begrenzt und/ oder mit Diffusorschaufeln bestückt sein. Die
zweite Öffnung liegt im Austrittsflansch 12, am Ende des Sammelraums und des daran
anschliessenden Diffusors 30, welcher in der Fig. 1 mit feiner Schraffur bezeichnet
ist. Durch die zweite Öffnung wird die Luft zur Brennkraftmaschine abgeführt. In dem
vom Diffusor 30 überlappten Abschnitt des Sammelraums ist die Zunge 15 eingezeichnet.
Fig. 5 zeigt einen entlang V-V geführten Schnitt durch diesen Bereich des Austrittsgehäuses.
Die Zunge kann optional, wie eingangs beschriebe, weggelassen werden. In diesem Fall
sind der Abschnitt 21 des Sammelraums und der Diffusor 30 im Anfangsbereich der Spiralwindung
durch kein Gehäuseteil abgegrenzt. Die aus dem Verdichterrad und dem angrenzenden
Radialdiffusor 42 mit den Leitschaufeln 41 austretende Luft ist in Fig. 1 mit den
gekrümmten Pfeilen angedeutet.
Der Sammelraum ist in zwei Abschnitte unterteilt. Ein erster Abschnitt 21 des Sammelraums
weist zwischen dem Anfang der Spirale bei 0° (Umfangswinkel - Phi), gekennzeichnet
durch die gepunktete Linie, und 120°, ebenfalls gekennzeichnet durch die gepunktete
Linie, einer konstanten Querschnittsfläche A
0 = A
60 = A
120 auf. In diesem Bereich weist das Austrittsgehäuse somit die Eigenschaften eines Kollektors
auf. Im anschliessenden zweiten Abschnitt 22 des Sammelraums nimmt die Querschnittsfläche
zu, wie dies für eine Spirale üblich ist. Die bezeichnete Querschnittsfläche A
180 ist bereits grösser als die Querschnittsfläche A
120 am Ende des ersten Abschnitts 21. Zur Verdeutlichung des Unterschiedes des erfindungsgemäss
ausgebildeten Austrittsgehäuses zu herkömmlichen Spiralen, ist der Verlauf einer herkömmlichen
Spirale im ersten Abschnitt 21 mit einer dünnen Linie angedeutet.
Die Querschnittsfläche des Sammelraums der ersten Ausführungsform ist schematisch
in der Fig. 2 dargestellt. Im Abschnitt 21, zwischen 0° und 120° ist die Querschnittsfläche
konstant, und im Abschnitt 22, von 120° bis zu 360° nimmt die Querschnittsfläche kontinuierlich
zu.
Fig. 3 zeigt eine zweite Ausführungsform eines modifizierten Austrittsgehäuses 1 eines
Radialverdichters. Der Sammelraum ist in vier Abschnitte unterteilt. Ein erster Abschnitt
21 des Sammelraums weist wiederum zwischen dem Anfang bei 0°, gekennzeichnet durch
die gepunktete Linie, und 120°, ebenfalls gekennzeichnet durch die gepunktete Linie,
eine konstante Querschnittsfläche A
0 = A
60 = A
120 auf. Im anschliessenden zweiten Abschnitt 22 zwischen 120° und 180° nimmt die Querschnittsfläche
zu, wie dies für ein Spirale üblich ist. Die bezeichnete Querschnittsfläche A
180 am Ende des zweiten Abschnitts 22 ist grösser als die Querschnittsfläche A
120 am Ende des ersten Abschnitts 21. Im anschliessenden dritten Abschnitt 23 weist der
Sammelraum zwischen 180° und 240° wiederum eine konstanten Querschnittsfläche A
180 = A
240 auf. Im abschliessenden vierten Abschnitt 24 zwischen 240° und 360° nimmt die Querschnittsfläche
wieder zu, wie dies für ein Spirale üblich ist. Die nicht bezeichnete Querschnittsfläche
am Ende des vierten Abschnitts 24 ist grösser als die Querschnittsfläche A
240 am Ende des dritten Abschnitts 23. Zur Verdeutlichung des Verlaufs der Querschnittsfläche
des Sammelraums ist im ersten Abschnitt 21 und im dritten Abschnitt 23 der normale
Verlauf des Sammelraums bei einer herkömmlichen Spirale mit einer dünnen Linie angedeutet.
Die Querschnittsfläche des Sammelraums der zweiten Ausführungsform ist schematisch
in der Fig. 4 dargestellt. Im Abschnitt 21, zwischen 0° und 120° und im Abschnitt
23, zwischen 180° und 240°, ist die Querschnittsfläche konstant, im Abschnitt 22,
von 120° bis zu 180°, und im Abschnitt 24, von 240° bis 360°, nimmt die Querschnittsfläche
kontinuierlich zu.
Die angegebenen Umfangswinkelwerte für die Begrenzung der einzelnen Abschnitte, insbesondere
bei der ersten Ausführungsform, sind das Resultat von Simulationsrechnungen. Fig.
6 zeigt im Vergleich zu einer herkömmlichen Spirale (durchgezogene Linie) den Verlauf
des normierten Druckes bei einem Austrittsgehäuse gemäss der ersten Ausführungsform.
Im Ergebnis resultiert eine um bis zu 30% reduzierte Distortion, wodurch sich eine
gleichmässigere Umströmung der Schaufeln des Radialdiffusors einstellt, woraus ein
erhöhter Wirkungsgrad resultiert.
Als Folge dieser reduzierten Distortion kann auch die Rückströmung von Luft aus dem
Diffusor in den Sammelraum deutlich reduziert werden, wodurch ein kontinuierlicheres
Aufsammeln des Volumenstroms erfolgt. Zudem ist im Sammelraum das impulsarme Gebiet
direkt nach der Zunge, in dem sich die rückströmende Luft sammelt, stark reduziert.
Zusammen mit der grösseren Querschnittsfläche ergibt sich damit eine Entdrosselung
und folglich ein höherer Durchsatz der Verdichterstufe.
Die beispielhaft aufgeführten Ausführungsformen sollen nicht einschränkend sein für
andere Ausführungsvarianten, welche durch die Patentansprüche abgedeckt sind. Insbesondere
kann der Sammelraum des Spiralgehäuses eine Anzahl n=0,1,2,... von Abschnitten mit
konstanter und eine Anzahl m=0,1,2,...von Abschnitten mit, gleichmässig oder ungleichmässig,
anwachsenden und/ oder abnehmenden Querschnittsflächen aufweisen. Die zweidimensionale
Ausgestaltung des Querschnitts kann entlang dem Umfang des Sammelraums variieren.