TECHNISCHES GEBIET
[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft einen Bürostuhl mit neigbarer Rückenlehne und
einem über eine Synchronmechanik mit der Rückenlehne zwangsgekoppelt neigbaren Sitz,
wobei die Synchronmechanik ein unter dem Sitz angeordnetes Gehäuse umfasst, an welchem
der Sitz über einen vorderen Sitzlenker gelagert ist und wobei Mittel zur Begrenzung
der möglichen Neigung der Rückenlehne im Gehäuse ortsfest montiert und über ein Handrad
verstellbar sind.
STAND DER TECHNIK
[0002] Eine solcher Bürostuhl ist aus
EP 1 716 785 bekannt. Bei diesem Stuhl ist das Handrad zur Verstellung der im Gehäuse ortsfest
montierten Mittel zur Begrenzung der möglichen Neigung der Rückenlehne ebenfalls ortsfest
im Gehäuse gelagert. Der vordere Sitzlenker ist relativ kurz ausgebildet und dient
nur dazu, Differenzen auszugleichen, die durch die Zwangskopplung des Sitzes mit der
Rückenlehne im Hinblick darauf entstehen, dass diese Teile an unterschiedlichen Drehachsen
im Gehäuse angelenkt sind.
[0003] Ein generelles Problem bei Bürostühlen mit Synchronmechanik ist ein mehr oder weniger
ausgeprägter Beckenkamm- oder Lordosenverlust sowie der sogenannte "Hemdauszieheffekt",
wobei diese Effkete auf die Veränderung der Abstände zwischen folgenden Referenzpunkten
bei der Neigung von Sitz und Lehne zurückgeführt werden können: Einem Hüftpunkt auf
der Hüftgelenksachse des Benutzers, wobei dieser Punkt relativ zum Sitz als fix angenommen
wird; einem Beckenkammpunkt an der Vorderseite der Rücklehne auf Höhe der Beckenkammknochen
des Benutzers; und einem Lordosenpunkt ebenfalls an der Vorderseite der Rückenlehne
jedoch auf Höhe der Lendenwirbelsäule des Benutzers.
[0004] Ein Beckenkammverlust tritt auf, wenn sich ausgehend von der vorderen Sitzhaltung,
in der der Benutzer durch geeignete Wahl seiner Sitzposition und somit des Hüftgelenkpunktes
auf dem Sitz Berührungskontakt mit dem Beckenkammpunkt hat, der Abstand zwischen dem
Hüftpunkt und dem Beckenkammpunkt beim Zurücklehnen vergrössert und der Benutzer dadurch
diesen Kontakt verliert. Entsprechendes gilt für den Lordosenverlust. Zum "Hemdauszieheffekt"
kommt es, wenn sich die Rückenlehne beim Verschwenken unter Reibung parallel zum Rücken
des Benutzers verschiebt.
DARSTELLUNG DER ERFINDUNG
[0005] Gegenstand der Erfindung ist gemäss Patentanspruch 1 ein Bürostuhl der eingangs genannten
Art, bei welchem das Handrad am vorderen Sitzlenker angebracht ist, sich mit diesem
bewegt und über Bowdenzüge mit den im Gehäuse ortsfest montierten Mitteln zur Begrenzung
der möglichen Neigung der Rückenlehne gekoppelt ist.
Die erfindungsgemässe Ausbildung macht es möglich, den vorderen Sitzlenker wesentlich
länger als zum Ausgleich der erwähnten Toleranzen lediglich erforderlich auszuführen
und den Sitz mit zunehmender Neigung so weit nach hinten gegen die Rückenlehne hin
zu verschieben, dass die erwähnten Beckenkamm- und Lordosenverluste bzw. der erwähnte
Hemdauszieheffekt weitgehend vermieden werden und ohne dass dabei das Handrad zur
Verstellung der Neigungsbegrenzung der Rückenlehne ausser Reichweite der auf dem Stuhl
sitzenden Person gerät und von dieser noch bequem mit der Hand erreicht werden kann.
[0006] Durch die Bowdenzüge wird die relative Verschiebung zwischen dem Handrad und den
im Gehäuse ortsfest angeordneten Mitteln zur Begrenzung der möglichen Neigung der
Rückenlehne ausgeglichen.
[0007] Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen gekennzeichnet.
[0008] Danach umfassen die im Gehäuse ortsfest montierten Mittel zur Begrenzung der möglichen
Neigung der Rückenlehne beispielsweise einen mehrfach treppenförmig abgestuften Endanschlag
und eine mit der Rückenlehne drehbar verbundene Sperrklinke, welche durch eine verstellbare
Zwangsführung bei der Neigung der Rückenlehne wahlweise in Anschlag an den unterschiedlichen
Stufen des ortsfesten Endanschlags gebracht werden kann.
[0009] Die verstellbare Zwangsführung kann eine im Gehäuse ortsfest gelagerte Seilscheibe
mit einem Führungsnocken umfassen, der in eine Führungskulisse der Sperrklinke eingreift.
[0010] Die Bowdenzüge dienen in diesem Fall zur Drehkopplung des Handrades mit der Seilscheibe
in beiden Drehrichtungen und sind dazu vorzugsweise jeweils gegensinnig an diesen
befestigt.
[0011] Zur elastischen Fixierung des Verstellsystems in bestimmten Positionen kann die Seilscheibe
in mehreren Drehstellungen durch elastischen Eingriff eines Nockens in Rastvertiefungen
elastisch fixiert sein.
KURZE ERLÄUTERUNG DER FIGUREN
[0012] Die Erfindung soll nachfolgend anhand von Ausführungsbeispielen im Zusammenhang mit
der Zeichnung näher erläutert werden. Es zeigen:
- Fig. 1
- einen Bürostuhl nach der Erfindung mit der Rückenlehne in ihrer Position mit geringster
Neigung;
- Fig. 2
- den Bürostuhl von Fig. 1 mit der Rückenlehne in ihrer Position mit maximaler Neigung;
- Fig. 3
- die Neigemechanik des Bürostuhls von Fig. 1 jedoch ohne das sie an sich einschliessende
Gehäuse, in ihrer Position mit geringster Neigung der Rückenlehne;
- Fig. 4
- in einer Darstellung gemäss Fig. 3 die Neigemechanik in einer Position mit teilweise
begrenzter Neigung der Rückenlehne;
- Fig. 6
- in vergrösserter Darstellung den Teil der Neigemechanik von Fig. 4, der eine einstellbare
Begrenzung der Neigung der Rückenlehne bewirkt;
- Fig. 6
- in einer Darstellung gemäss Fig. 5 die Neigemechanik mit noch stärker begrenzter Neigung
der Rückenlehne;
- Fig. 7
- die Teile zur Neigungsbegrenzung in perpektivischer Darstellung; und
- Fig. 8
- die Teile zur der Neigungsbegrenzung separat sowie jeweils in Ansicht von ihrer entgegengesetzten
Seite her dargestellt.
WEGE ZUR AUSFÜHRUNG DER ERFINDUNG
[0013] Bei dem Bürostuhl von Fig. 1 und 2 bezeichnen 10 den Sitz und 20 die Rückenlehne,
welche jeweils in einem unter dem Sitz 10 angeordneten, Gehäuse 30 schwenkbar gelagert
sind. Das Gehäuse 30 wird von einer Standsäule 40 getragen und ist Teil bzw beinhaltet
Teile einer Synronmechanik zur Zwangskopplung des Sitzes 10 mit der Rückenlehne. Der
Sitz 10 weist eine untere Sitzplatte 11 und darauf eine obere Polsterung 12 auf. Die
Rückenlehne 20 umfasst einen Lehnenträger 21 sowie eine ebenfalls mit einer Polsterung
23 vesehene Lehnenplatte 22.
[0014] Fig. 1 zeigt den Sitz 10 und die Rückenlehne 20 ihrer Grundposition mit jeweils geringster
Neigung, während Fig. 2 den Sitz 10 und die Rückenlehne 20 in ihrer Position mit maximaler
Neigung zeigt. Sitz 10 und Rückenlehne 20 können sich wegen ihrer erwähnten Zwangskopplung
nur gemeinsam bewegen. Bei maximaler Neigung ist der Sitz 10 um einen Winkel von 9,5°
und die Rückenlehne 20 um einen Winkel von 28,5° gegenüber der Grundposition verschwenkt,
so dass das Neigungsverhältnis etwa 3:1 beträgt. Ausserdem ist der Sitz 10 in der
Position von Fig. 2 gegenüber der Grundposition von Fig. 1 horizontal 36 mm nach hinten
gegen die Rückenlehne 20 verschoben. Die Abstände zwischen dem Hüftgelenkspunkt PH
und dem Beckenkammpunkt PB sowie zwischen dem Hüftgelenkspunkt PH und dem Lordosenpunkt
PL sind dadurch in beiden dargestellten Positionen annährend gleich. Die Abstandsänderungen
beim Übergang zwischen beiden Positionen betragen weniger als 10%. Damit ergibt sich
bei dem dargestellten Bürostuhl praktisch kein Beckenkamm- und Lordosenverlust und
auch der erwähnte "Hemdauszieheffekt" tritt nicht auf.
[0015] Die Verschiebung des Sitzes 10 gegen die Rückenlehne 20 bei Neigung der Rückenlehne
20 ergibt sich durch die Anlenkung des Sitzes 10 am Gehäuse 30 über einen hinteren
50 und einen vorderen Sitzlenker 60 sowie durch eine Zwangskopplung mittels einer
Verbindungsstange 70 (Fig. 7) zwischen dem hinteren Sitzlenker 50 und einem Lager
25 am Lehnenträger 21, wobei der Lehnenträger 21 an einem Lager 24 am Gehäuse 30 gelagert
ist. Die beiden Sitzlenker 50 und 60 sind relativ lang ausgebildet, so dass der Sitz
10 deutlich erhöht über dem Gehäuse 30 angeordnet ist.
[0016] Zur Begrenzung der möglichen Neigung der Rückenlehne und, verbunden damit, des Sitzes
10 in mehreren diskreten Stellungen sind im Gehäuse 30 Mittel vorgesehen, die über
ein Handrad 63 verstellbar sind. Diese Mittel umfassen einen im Gehäuse ortsfest montierten,
mehrfach treppenförmig abgestuften Endanschlag 31 für eine an dem bereits erwähnten
Lager 25 des Lehnenträgers 21 angelenkte Sperrklinke 26 sowie eine im Gehäuse 30 ebenfalls
ortsfest gelagerte Seilscheibe 32 mit einem Führungsnocken 33, der in eine Führungskulisse
27 der Sperrklinke 26 eingreift.
[0017] Das Handrad 63 ist am oberen Ende des vorderen Sitzlenkers 60 angebracht, wo es vom
Benutzer des Stuhls im Sitzen mit der Hand bequem erreichbar ist. Wäre es, wie beim
Stand der Technik vorgesehen, am Gehäuse 30 montiert, wäre es wegen der langen Sitzlenlenker
relativ tief unter dem Sitz 10 angeordnet und dort für den Benutzer nicht mehr so
bequem erreichbar.
[0018] Die Anordnung des Handrades 63 am vorderen Sitzlenker 60 hat zur Folge, dass es sich
mit diesem bewegt. Zum Ausgleich dieser Bewegung ist das Handrad 63 mit der ortsfesten
Seilscheibe 32 über zwei flexible Bodenzüge 64 und 65 drehgekoppelt. Die beiden Bowdenzüge
sind mit dem Handrad 63 bzw. einem auf dessen Achse drehfest montierten Seilring 66
und der erwähnten Seilscheibe 32 jeweils gegensinnig gekoppelt, so dass eine Verstellung
der Seilscheibe 32 in beiden Drehrichtungen mit dem Handrad 63 möglich ist.
[0019] Die beiden Bodenzügen 64, 65 sind vorzugsweise, wie dies Fig. 8 zeigt, mit einem
gemeinsamen Zugseil 67 ausgeführt, dessen beide Enden an der Seilscheibe 32 und dessen
Mitte an dem Ring 66 festgelegt ist/sind.
[0020] Durch Verdrehen der Seilscheibe 32 durch Drehen am Handrad 63 lässt sich die Stellung
des Führungsnockens 33 an der Seilscheibe 32 verändern.
[0021] Bei der Neigung der Rückenlehne 30 verschwenkt der Lehnenträger 21 in der Darstellung
der Figuren 1 - 7 jeweils im Uhrzeigersinn um das Lager 24, wobei die am Lager 25
angelenkte Sperrklinke 26 gegen den treppenförmigen Endanschlag 31 hin verschwenkt
wird. Der Führungsnocken 33 an der Seilscheibe 32 steuert dabei durch seinen Eingriff
in die Führungskulisse 27 die Spitze der Sperrklinke 26 gegen eine bestimmte Stufe
dieses Endanschlags 31, wodurch die mögliche Neigung der Rückenlehne 20 mehr oder
weniger begrenzt wird. Durch Verändern der Stellung des Führungsnockens 33 lässt sich
die gewünschte Neigungsbegrenzung verändern und einstellen.
[0022] In Fig. 3 ist die Rückenlehne nicht oder nur wenig geneigt, so dass die Spitze der
Sperrklinke 26 von dem Endanschlag 31 noch beabstandet ist. In Fig. 4 ist die Rückenlehne
stärker geneigt und die Spitze der Sperrklinke 26 befindet sind im Anschlag an der
obersten Stufe des Endanschlags 31, wodurch eine weitere Neigung verhindert wird.
Fig. 5 zeigt diesselben Verhältnisse in einem vergrösserten Ausschnitt. In Fig. 6
befindet sich die Spitze der Sperrklinke 26 im Anschlag an der untersten Stufe des
Endanschlags 31, wodurch die Neigung der Rückenlehne bereits bei einem geringeren
Neigungswinkel begrenzt ist. In den Figuren 5 und 6 sind deutlich die zwei unterschiedlichen
Drehstellungen der Seilscheibe 32 und des Führungsnockens 33 zu erkennen, die den
Anschlag der Sperrklinke 26 an den beiden unterschiedlichen Stufen des Endanschlags
31 zur Folge haben.
[0023] Damit die Sperrklinke 26 stets eindeutig mit einer bestimmten Stufe des Endanschlags
31 in Eingriff kommt, kann die Seilscheibe 32 in mehreren definierten Drehstellungen
durch elastischen Eingriff eines an ihr angeformten Rastnockens in Rastvertiefungen
einer angrenzenden Wandung elastisch fixiert sein. In Fig. 8 sind ein solcher Rastnocken
34 an der Rückseite der Seilscheibe 32 sowie auch eine solche angrenzende Wandung
35 dargestellt. Die Rastvertiefungen für den Rastnocken 34 befinden sich allerdings
an der in Fig. 8 nicht sichtbaren Vorderseite der Wandung 35.
[0024] In Fig. 8 sind an der Seilscheibe 32 sowie an dem Ring 66 auch die Zylindernippel
68 bzw. 69 des Zugseils 67 erkennbar, mit welchen dieses an der Seilscheibe 32 und
dem Ring 66 festgelegt. ist. Die beiden Nocken 36 an der Seilscheibe 32 dienen als
Endanschläge für ihre Verdrehung.
BEZEICHNUNGSLISTE
[0025]
- 10
- Sitz
- 11
- Sitzplatte
- 12
- Polsterung
- 20
- Rückenlehne
- 21
- Lehnenträger
- 23
- Polsterung
- 22
- Lehnenplatte.
- 30
- Gehäuse
- 40
- Standsäule
- 50
- hinterer Sitzlenker
- 24
- Lager des Lehnenträgers am Gehäuse
- 25
- Lager 25 am Lehnenträger
- 26
- Sperrklinke
- 27
- Führungskulisse 27 der Sperrklinke
- 31
- abgestufter Endanschlag
- 32
- Seilscheibe
- 33
- Führungsnocken
- 34
- Rastnocken
- 35
- Wandung
- 36
- Nocken
- 60
- vorderer Sitzlenker
- 63
- Handrad
- 64
- Bowdenzug
- 65
- Bowdenzug
- 66
- Seilring
- 67
- Zugseil
- 68
- Zylindernippel
- 69
- Zylindernippel
- 70
- Verbindungsstange
- PH
- Hüftgelenkspunkt
- PB
- Beckenkammpunkt
- PL
- Lordosenpunkt
1. Bürostuhl mit neigbarer Rückenlehne (20) und einem über eine Synchronmechanik mit
der Rückenlehne zwangsgekoppelt neigbaren Sitz (10), wobei die Synchronmechanik ein
unter dem Sitz angeordnetes Gehäuse (30) umfasst, an welchem der Sitz über einen vorderen
Sitzlenker (60) gelagert ist und wobei Mittel (31, 32) zur Begrenzung der möglichen
Neigung der Rückenlehne im Gehäuse ortsfest montiert und über ein Handrad (63) verstellbar
sind, dadurch gekennzeichnet, dass das Handrad (63) am vorderen Sitzlenker (60) angebracht ist, sich mit diesem bewegt
und über Bowdenzüge (64, 65) mit den im Gehäuse ortsfest montierten Mitteln zur Begrenzung
der möglichen Neigung der Rückenlehne gekoppelt ist.
2. Bürostuhl nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die im Gehäuse ortsfest montierten Mittel zur Begrenzung der möglichen Neigung der
Rückenlehne einen mehrfach treppenförmig abgestuften Endanschlag (31) für eine mit
der Rückenlehne drehbar verbundene Sperrklinke (26) sowie eine verstellbare Zwangsführung
umfassen, durch welche bei der Neigung der Rückenlehne die Sperrklinke wahlweise in
Anschlag an den unterschiedlichen Stufen des ortsfesten Endanschlags gebracht werden
kann.
3. Bürostuhl nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die verstellbare Zwangsführung eine im Gehäuse ortsfest gelagerte Seilscheibe (32)
mit einem Führungsnocken (33) umfasst, der in eine Führungskulisse (27) der Sperrklinke
(26) eingreift.
4. Bürostuhl nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Bowdenzüge (64, 65) zur Drehkopplung des Handrades (63) mit der Seilscheibe (32)
in beiden Drehrichtungen dienen und dazu jeweils gegensinning an diesen befestigt
sind.
5. Bürostuhl nach einem der Ansprüche 3 oder 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Seilscheibe (32) in mehreren Drehstellungen durch elastischen Eingriff eines
Rastnockens (34) in Rastvertiefungen elastisch fixiert ist.