(19)
(11) EP 2 080 722 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.07.2009  Patentblatt  2009/30

(21) Anmeldenummer: 08171612.8

(22) Anmeldetag:  15.12.2008
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B65H 18/14(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MT NL NO PL PT RO SE SI SK TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA MK RS

(30) Priorität: 18.01.2008 DE 102008000096

(71) Anmelder: Voith Patent GmbH
89522 Heidenheim (DE)

(72) Erfinder:
  • van Haag, Rolf
    47647 Kerken (DE)

   


(54) Rollenwickelvorrichtung und Verfahren zum Aufwickeln einer Materialbahn zu einer Wickelrolle


(57) Es wird eine Rollenwickelvorrichtung (1) angegeben mit mindestens einer Walze (2, 3), an der eine Wickelrolle (5) beim Wickeln anliegt, einer Schwingungssensoranordnung (16-19), die eine Schwingung der Walze (2, 3) ermittelt, einer Steuereinrichtung (29) und mindestens einem Stellorgan (10, 11), mit dem die Walze (2, 3) verlagerbar ist.
Man möchte Schwingungen beim Wickeln klein halten.
Hierzu ist vorgesehen, dass die Schwingungssensoranordnung (16-19) die Schwingung der Walze (2, 3) unmittelbar erfasst und eine Drehzahlmesseinrichtung (21, 22; 23, 24), die die Drehzahl der Wickelrolle (5) ermittelt, mit der Steuereinrichtung (20) verbunden ist.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft eine Rollenwickelvorrichtung mit mindestens einer Walze, an der eine Wickelrolle beim Wickeln anliegt, einer Schwingungssensoranordnung, die eine Schwingung der Walze ermittelt, einer Steuereinrichtung und mindestens einem Stellorgan, mit dem die Walze verlagerbar ist.

[0002] Ferner betrifft die Erfindung ein Verfahren zum Aufwickeln einer Materialbahn zu einer Wickelrolle, bei dem die Wickelrolle an einer Walze anliegt und man die Walze in Abhängigkeit von gemessenen Schwingungen verlagert.

[0003] Eine derartige Rollenwickelvorrichtung und ein derartiges Verfahren sind beispielsweise aus EP 1 260 470 B1 bekannt. Dort liegt die Wickelrolle beim Wickeln in einem Wickelbett, das durch zwei Tragwalzen gebildet ist. Die Materialbahn läuft über eine ortsfest angeordnete Tragwalze zu. Die andere Tragwalze ist durch eine Stelleinrichtung verlagerbar, die auf die Lager der Tragwalze wirkt. An der Stelleinrichtung ist ein Schwingungsaufnehmer befestigt. In einer anderen Ausgestaltung können auch beide Tragwalzen verlagerbar sein. Mit einer derartigen Ausgestaltung möchte man erreichen, dass das Gesamtsystem aus den beiden Tragwalzen und der Wickelrolle weniger stark schwingt als ohne diese Maßnahmen.

[0004] Eine andere Möglichkeit, um in einem Doppeltragwalzenwickler Schwingungen zu dämpfen, ist in DE 10 2005 000 082 A1 offenbart. Dort sind die beiden Tragwalzen entgegen der Schwerkraftrichtung abgestützt, wobei eine Abstützung eine Dämpferanordnung aufweist. Diese Dämpferanordnung entzieht dem Doppeltragwalzenwickler Energie auf passive Weise.

[0005] Eine vergleichbare Dämpfereinrichtung, die auf die Lager der Tragwalzen wirkt, ist aus DE 10 2005 000 052 A1 bekannt.

[0006] Mit derartigen Ausbildungen lässt sich zwar eine Schwingungsdämpfung erreichen. In der Praxis wird aber gelegentlich beobachtet, dass sich dennoch unerwünschte Schwingungen ausbilden.

[0007] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, Schwingungen klein zu halten.

[0008] Diese Aufgabe wird bei einer Rollenwickelvorrichtung der eingangs genannten Art dadurch gelöst, dass die Schwingungssensoranordnung die Schwingung der Walze unmittelbar erfasst und eine Drehzahlmesseinrichtung, die die Drehzahl der Wickelrolle ermittelt, mit der Steuereinrichtung verbunden ist.

[0009] Bisher konnte man beobachten, dass es trotz der aktiven oder passiven Dämpfungen beim Aufwickeln einer Materialbahn zu einer Wickelrolle zu Schwingungen kommt. Dies gilt insbesondere beim Aufwickeln von Papieren mit einem hohen Haftreibwert. Schwingungen treten insbesondere auf, wenn der Haftreibwert der Papierlagen untereinander größer ist als 0,5, insbesondere den Wert 0,7 und mehr erreicht. Man nimmt nun an, dass sich die Schwingungen durch eine Selbsterregung aus der Wickelrolle ergeben. Bedingt durch einen hohen Haftreibwert der Papierlagen untereinander werden die üblichen Lagenverschiebungen beim Aufwickeln der Papierbahn weitgehend unterdrückt. Dies hat zur Folge, dass sich dynamisch bedingte Wickelhärtedifferenzen am Umfang der Wickelrolle einstellen, die zu Radienveränderungen am Umfang der Wickelrolle führen, weil durch die fehlenden Papierlagenverschiebungen diese Wickelhärteunterschiede nicht ausreichend egalisiert werden.

[0010] Bei der erfindungsgemäßen Lösung geht man nun von der Überlegung aus, dass man durch die Ermittlung der Wickeldrehzahl Wickelharmonische bestimmen kann. Wenn man die Wickelharmonischen mit der Vielzahl der gemessenen Schwingfrequenzen vergleicht, dann kann man die kritischen Schwingfrequenzen ermitteln und somit gezielt auf die kritischen Schwingfrequenzen einwirken. Da die Materialbahn in der Regel mit einer konstanten Geschwindigkeit zuläuft, der Durchmesser der Wickelrolle beim Wickeln aber zunimmt, verändert sich die Wickeldrehzahl beim Wickeln. Damit verändern sich auch die kritischen Schwingfrequenzen, so dass man auch die Verlagerung der Walze beim Wickeln fortlaufend neu einstellen muss, um die Schwingungen mit einer höheren Wirksamkeit zu vermindern. Ein weiterer Aspekt besteht darin, dass man die Schwingungen der Walze unmittelbar an der Walze erfasst. Damit vermeidet man Fehler, die sich beispielsweise dadurch ergeben, dass die Walze in ihren Lagern mit einem gewissen Spiel gelagert ist und man die Schwingungen nur am Lagergehäuse ermittelt. Die Erfassung der Schwingungen unmittelbar an der Walze erlaubt daher eine wesentlich bessere Zuordnung der Walzenschwingungen zu kritischen Wickelfrequenzen.

[0011] Vorzugsweise weist die Drehzahlmesseinrichtung einen Geschwindigkeitssensor, der die Geschwindigkeit einer auf die Wickelrolle auflaufenden Materialbahn ermittelt, und eine Durchmessermesseinrichtung auf. Die Geschwindigkeit der Materialbahn lässt sich relativ einfach ermitteln. Der Durchmesser der Wickelrolle lässt sich ebenfalls mit einem vertretbaren Aufwand ermitteln, so dass der Geschwindigkeit und dem Durchmesser die Drehzahl problemlos errechnet werden kann. Die Drehzahl steht damit auch bei solchen Wickelrollen zur Verfügung, deren Stirnseiten nicht ohne Weiteres zugänglich sind. Dies sind beispielsweise Wickelrollen, die sich in einem Doppeltragwalzenwickler zwischen zwei anderen Wickelrollen befinden.

[0012] Alternativ oder zusätzlich kann vorgesehen sein, dass die Wickelrolle einen Wickelkern mit einer stirnseitigen Markierung aufweist und die Drehzahlmesseinrichtung mit der Markierung zusammenwirkt. Man kann die Markierung auf die Stirnseite des Wickelkerns beschränken, muss also nicht in die Wickelrolle eingreifen. Die Markierung kann optisch oder mechanisch ausgebildet sein. Sie lässt auf einfache Weise eine Drehzahlermittlung zu.

[0013] Vorzugsweise weist die Schwingungssensoranordnung mindestens einen Sensor auf, der innerhalb der Walze oder an einem Walzendeckel angeordnet ist. Der innerhalb der Walze oder an einem Walzendeckel angeordnete Sensor macht alle Bewegungen der Walze unmittelbar mit. Er wird jedoch nicht durch die Materialbahn gestört, so dass beispielsweise ein Abriss der Materialbahn keine Gefahr für den Sensor bedeutet.

[0014] Hierbei ist bevorzugt, dass der Sensor als Beschleunigungssensor ausgebildet ist. Mit dem Signal des Beschleunigungssensors steht die notwendige Information über die Schwingungsbewegung ohne Weiteres zur Verfügung. Zweckmäßigerweise wird man ein Paar senkrecht zueinander angebrachter, mitrotierender Beschleunigungsaufnehmer mit telemetrischer Übermittlung der Messwerte verwenden. Durch die Anordnung derartiger Beschleunigungsaufnehmer innerhalb der Walze ergibt sich auch eine Entkopplung der Walzenbewegung zur Ansteuerbewegung der Stelleinrichtung.

[0015] Vorzugsweise ist die Walze als zulaufseitige Tragwalze eines Tragwalzenwicklers ausgebildet. Die zu- oder einlaufseitige Tragwalze ist die Tragwalze, mit der die Materialbahn zuerst in Kontakt kommt. Damit lässt sich praktisch bei der ersten Berührung der Materialbahn mit der Tragwalze bereits die Information über den aktuellen Wickelzustand gewinnen, die sich möglicherweise durch das Zulaufen der Materialbahn verändert. Man kann also relativ schnell auf Erscheinungen reagieren, die ansonsten zu einer Schwingung führen könnten.

[0016] Vorzugsweise ist eine zweite Tragwalze vorgesehen, die ebenfalls eine Schwingungssensoranordnung und/oder ein Stellorgan aufweist. Man kann damit an beiden Tragwalzen angreifen, um eine Verminderung der Schwingungen zu erreichen.

[0017] In einer besonders bevorzugten Ausgestaltung ist eine Zentrumserfassungseinrichtung vorgesehen, die ein Wickelzentrum der Wickelrolle erfasst. Damit ist es möglich, die Wickelkompression der Wickelrolle mit hoher Genauigkeit zu bestimmen. Wenn Schwingungen auftreten, dann schwingt in der Regel nicht nur die Walze, an der die Wickelrolle anliegt, sondern auch die Wickelrolle selbst. Auf die Walze kann man eine "Gegenbewegung" aufprägen, so dass man die Walze selbst beruhigen kann. Damit ist aber nicht notwendigerweise auch eine Beruhigung der Wickelrolle verbunden. Dementsprechend kann es weiterhin zu Schwingungen kommen. Auf die Wickelrolle selbst hat man aber vielfach keinen Zugriff. Dies gilt insbesondere bei Wickelrollen, die im Wickelbett eines Doppeltragwalzenwicklers liegen. Mit der Erfassung des Wickelzentrums ist es nun möglich, die Walze unter Berücksichtigung der Bewegung der Wickelrolle zu bewegen, so dass das Gesamtsystem aus Wickelrolle und Walze eine Beruhigung erfährt. Damit lässt sich beispielsweise eine Schwingung vermindern, die sich aus einem ungleichförmigen Verlauf der Wickelkompression ergibt. In einem Doppeltragwalzenwickler können beispielsweise aus der Lage des Wickelzentrums und des Durchmessers die Belastungswinkel der Kontaktpunkte zwischen der Wickelrolle und den Walzen ermittelt werden. Aus den gemessenen Bewegungen der Walzen und der gemessenen Bewegung des Wickelzentrums können jetzt mit den sich zeitlich veränderlichen Winkelbeziehungen die Wickelkompressionen in Belastungsrichtung an den Kontaktstellen der Walzen berechnet werden. Die Minimierung der aus diesen Messwerten berechneten dynamischen Wickelkompression ist nun die Zielgröße einer Regelstrategie, die mit Hilfe der Steuereinrichtung verfolgt wird. Damit erfolgt die Anregung der Walzen in der Form, dass primär die Wickelkompression minimiert wird. Diese Regelstrategie kann allerdings auch zu einer erhöhten Bewegung der Walze führen, die eine Gegenschwingung auf die Wickelrolle einleitet.

[0018] Hierbei ist bevorzugt, dass die Zentrumserfassungseinrichtung einen insbesondere als Beschleunigungssensor ausgebildeten Geber aufweist, der in die Wickelrolle eingesetzt ist. Dies ist in der Regel auf einfache Weise möglich, weil sich die Wickelrolle auf einem Rollenkern bildet, der als Hülse aus Pappe oder einem anderen Material ausgebildet ist. In den hohlzylindrischen Innenraum lässt sich ein Geber leicht einbauen. Der Geber ist in der Lage, die Beschleunigungen, die die Wickelrolle beim Wickeln aufgrund von Vibrationen erfährt, zu ermitteln. Aus diesen Beschleunigungen lässt sich die aktuelle Position der Wickelrolle ermitteln, wobei es hier weniger auf die absolute Lage der Wickelachse ankommt, die sich mit zunehmendem Durchmesser der Wickelrolle verschiebt, sondern auf die kurzzeitigen Änderungen, die die Schwingungen oder Vibrationen anzeigen.

[0019] In einer besonders einfachen Ausgestaltung ist der Geber als Führungskopf ausgebildet. Auch bei einem Doppeltragwalzenwickler sind die Wickelrollen, die an den beiden axialen Enden angeordnet sind, vielfach mit solch einem Führungskopf versehen. Aus der Position der Führungsköpfe ermittelt man dann das Wickelzentrum. Dabei kann man in erster Näherung davon ausgehen, dass sich das Wickelzentrum für alle Wickelrollen gleichartig bewegt.

[0020] Die Erfindung wird bei einem Verfahren der eingangs genannten Art dadurch gelöst, dass man die Schwingung unmittelbar an der Walze ermittelt und die Drehzahl der Wickelrolle ermittelt, wobei man die Walze mit mindestens einer Frequenz verlagert, die zu einer Wickelharmonischen passt.

[0021] Wie oben im Zusammenhang mit der Rollenwickelvorrichtung beschrieben, kann man aus der Drehzahl der Wickelrolle fortlaufend Wickelharmonische ermitteln. Mit Hilfe der Wickelharmonischen lassen sich nun die Frequenzen ermitteln, die für eine Schwingungsausbildung kritisch sind. Dies sind die Frequenzen der Schwingungsbewegung der Walze, die mit dem zu Wickelharmonischen gehörenden Frequenzen übereinstimmen. Bei der Übereinstimmung einer Schwingungsfrequenz mit einer Wickelharmonischen besteht in erhöhtem Maße die Gefahr, dass sich das Gesamtsystem aus Wickelrolle und Walze aufschaukelt. Wenn man mit Hilfe der Stelleinrichtung eine Gegenbewegung mit dieser Frequenz überlagert, dann kann man die Walze hier besonders gut beruhigen, so dass die Schwingungsneigung zumindest vermindert wird.

[0022] Vorzugsweise ermittelt man eine Geschwindigkeit der zulaufenden Materialbahn und den Durchmesser der Wickelrolle. Dies ist eine besonders einfache Ausgestaltung, um die Drehzahl der Wickelrolle zu ermitteln, wenn die Stirnseite der Wickelrolle nicht zur Verfügung steht.

[0023] Bevorzugterweise verwendet man zur Schwingungsermittlung einen Sensor, der innerhalb der Walze oder an Walzendeckeln angeordnet ist. Ein derartiger Sensor wird durch die Materialbahn nicht gestört. Er erlaubt es auch, die Schwingungsbewegung der Walze unmittelbar zu ermitteln, vermeidet also Messfehler, die etwa durch ein Spiel innerhalb eines Lagers entstehen könnten.

[0024] Vorzugsweise verwendet man zum Aufwickeln einen Doppeltragwalzenwickler und ermittelt die Schwingungen zumindest an der einlaufseitigen Walze. In einem Doppeltragwalzenwickler ist die Schwingungsproblematik besonders kritisch, weil hier unter ungünstigen Bedingungen die Gefahr besteht, dass die Wickelrolle aus dem Wickelbett herausspringt, wenn die Schwingungen zu stark werden. Wenn man die einlaufseitige Walze verwendet, um die Schwingungen zu ermitteln, dann erfasst man die Schwingungen zum frühest möglichen Zeitpunkt, so dass man genauso frühzeitig in die Ausbildung der Schwingung eingreifen kann.

[0025] Vorzugsweise erfasst man die Position einer Achse der Wickelrolle. Die Achse ist das Wickelzentrum. Wenn die Information über den Ort des Wickelzentrums fortlaufend zur Verfügung steht, dann erfasst man nicht nur die Bewegung der Walze, an der die Wickelrolle anliegt, sondern auch die Bewegung der Wickelrolle selbst. Man kann dann die Bewegung der Walze so steuern, dass das Gesamtsystem aus Walze und Wickelrolle minimal schwingt. Es ist dabei zweckmäßig, einen Geber oder Sensor zu verwenden, der auch Beschleunigungen erfassen kann.

[0026] Die Erfindung wird im Folgenden anhand eines bevorzugten Ausführungsbeispiels in Verbindung mit der Zeichnung beschrieben. Hierin zeigt die
einzige Figur:
eine schematische Darstellung einer Rollenwickelvorrich- tung.


[0027] Figur 1 zeigt eine Rollenwickelvorrichtung 1, die als Doppeltragwalzenwickler ausgebildet ist. Die Rollenwickelvorrichtung 1 weist zwei Tragwalzen 2, 3 auf, die ein Wickelbett 4 bilden, in dem eine Wickelrolle 5 angeordnet ist. Die Wickelrolle 5 weist als Kern eine Wickelhülse 6 auf, auf die eine Materialbahn 7 aufgewickelt wird, die über die einlaufseitige Tragwalze 2 zuläuft. Die Materialbahn 7 umschlingt die einlaufseitige Tragwalze 2 und läuft dann in einem Nip 8 auf die Wickelrolle 5 auf.

[0028] Die beiden Tragwalzen 2, 3 sind angetrieben. Ein Antrieb ist allerdings aus Gründen der Übersicht nicht näher dargestellt.

[0029] Eine Andruckwalze 9 ist vorgesehen, um die Wickelrolle 5 in das Wickelbett 4 zu drücken. Die Andruckwalze 9 wird verwendet, um die Wickelhärte der Wickelrolle 5 zu beeinflussen. Ferner kann sie verwendet werden, um ein Auswerfen der Wickelrolle 5 aus dem Wickelbett 4 zu verhindern.

[0030] Die beiden Tragwalzen 2, 3 weisen jeweils Stellorgane 10, 11 auf, die hier zur Vereinfachung durch Pfeile dargestellt sind. Die Stellorgane 10, 11 wirken auf Lagergehäuse 12, 13, in denen Walzenzapfen 14, 15 gelagert sind. Mit Hilfe der Stellorgane 10, 11 ist es möglich, die Tragwalzen 2, 3 zu verlagern. Dargestellt ist eine Verlagerung in Schwerkraftrichtung. Andere Verlagerungsrichtungen sind möglich.

[0031] Die Tragwalze 2 weist eine durch im Wesentlichen senkrecht zueinander angeordnete Beschleunigungssensoren 16, 17 gebildete Schwingungssensoranordnung auf. Auch die Tragwalze 3 ist mit entsprechenden Beschleunigungssensoren 18, 19 versehen. Die jeweiligen Beschleunigungssensoren 16, 17 bzw. 18, 19 müssen nicht genau senkrecht zueinander angeordnet sein. Sie müssen aber jeweils Messrichtungen haben, die in Umfangsrichtung der jeweiligen Tragwalze 2, 3 gesehen einen Winkel einschließt. Die Beschleunigungssensoren 16-19 sind jeweils innerhalb der Tragwalze 2, 3 angeordnet. Sie können auch an einer Stirnseite der Tragwalze 2, 3 angeordnet sein, also an einem Walzendeckel. Sie rotieren mit der jeweiligen Tragwalze 2, 3 und übertragen ihre Signale jeweils telemetrisch an eine Steuereinrichtung 20. Diese Steuereinrichtung 20 weist hierzu Empfänger 16'-19' auf. Die Steuereinrichtung 20 ist also über die aktuelle Bewegung der Tragwalze 2, 3, die sich bei einer Schwingung ergeben, informiert.

[0032] Die Wickelhülse 6 ist an ihrer Stirnseite mit Markierungen 21 versehen, die von einem Aufnehmer 22 erfasst werden können. Der Aufnehmer 22 ist ebenfalls mit der Steuereinrichtung 20 verbunden. Die Steuereinrichtung 20 ist also fortlaufend über die aktuelle Drehzahl der Wickelrolle 5 informiert.

[0033] Zusätzlich oder anstelle der durch die Markierungen 21 und den Aufnehmer 22 gebildeten Drehzahlmesseinrichtung kann auch ein Sensor 23 vorgesehen sein, der die Geschwindigkeit der zulaufenden Materialbahn 7 ermittelt, und ein Sensor 24, der den Durchmesser der Wickelrolle 5 ermittelt. Die beiden Sensoren 23, 24 sind ebenfalls mit der Steuereinrichtung 20 verbunden. Der Sensor 24 tastet beispielsweise die Position der Andruckwalze 9 ab, wie dies schematisch dargestellt ist, um eine Information über den Durchmesser der Wickelrolle 5 zu gewinnen. Aus dem Durchmesser der Wickelrolle 5 und der Geschwindigkeit der Materialbahn 7 lässt sich die Drehzahl der Wickelrolle 5 ermitteln.

[0034] Weiterhin ist ein Sensor 25 vorgesehen, der die aktuelle Position der Achse der Wickelrolle 5 ermittelt. Hierzu kann die Wickelrolle 5 einen Einsatz 26 als Geber aufweisen. In nicht näher dargestellter Weise kann jedenfalls bei randseitig angeordneten Wickelrollen 5 auch vorgesehen sein, dass ein Führungskopf in die Wickelhülse 6 eingesetzt ist, dessen Position ausgewertet werden kann. Ein derartiger Sensor 25 ist vorzugsweise in der Lage, nur oder auch Beschleunigungen aufzunehmen.

[0035] Beim Betrieb einer derartigen Rollenwickelvorrichtung, die auch als "Rollenschneider" bezeichnet wird, kann es bei der Verarbeitung von Papieren mit einem hohen Haftreibwert zu starken unerwünschten Schwingungserscheinungen kommen. Man spricht bei diesen Papiersorten allgemein von vibrationskritischen Papieren. Diese liegen vor, wenn der Haftreibwert der Papierlagen untereinander größer ist als 0,5, insbesondere 0,7 und mehr. Beim Wickeln solcher Papiere kommt es häufig zu starken Schwingbewegungen der Wickelrollen 5 und der Tragwalzen 2, 3. Eine Frequenzanalyse der Schwingbewegung zeigt, dass das System aus Wickelrolle 5 und Tragwalzen 2, 3 und gegebenenfalls Andruckwalze 9 stets mit Harmonischen der Wickeldrehzahl schwingt. In Abhängigkeit der Produktionsgeschwindigkeit, also in Abhängigkeit vom Durchmesser der Wickelrolle 5, stellen sich unterschiedliche Harmonische der Wickeldrehzahl als Problemfrequenz ein.

[0036] Da man nun beim Wickeln fortlaufend über die Wickeldrehzahl informiert ist, kann man ohne Weiteres die kritischen Drehzahlen ermitteln und hieraus die kritischen Schwingungsfrequenzen. Die Steuereinrichtung kann dann die Stellorgane 10, 11 mit diesen Frequenzen ansteuern und dafür sorgen, dass zunächst die Tragwalzen 2, 3 in Ruhe verharren, d.h. der durch das System verursachten Schwingbewegung der Tragwalzen 2, 3 wird eine entsprechende Gegenbewegung überlagert. Diese Gegenbewegung kann über die Lagergehäuse 12, 13 in die Tragwalzen 2, 3 eingetragen werden. Eine Kopplung an die Beschleunigungsaufnehmer 16, 17 bzw. 18, 19 findet dabei nicht statt, weil diese Beschleunigungsaufnehmer 16-19 von den Stellorganen 10, 11 entkoppelt sind.

[0037] Man vermutet, dass die Schwingungsproblematik beim Wickeln durch einen Selbsterregungseffekt aus der Wickelrolle 5 begründet ist. Bedingt durch einen hohen Haftreibwert der Papierlagen untereinander werden die üblichen Lagenverschiebungen beim Aufwickeln der Materialbahn 7 weitgehend unterdrückt. Dies hat zur Folge, dass sich dynamisch bedingte Wickelhärtedifferenzen am Umfang der Wickelrolle 5 einstellen, die zu Radienveränderungen am Umfang der Wickelrolle 5 führen. Durch die fehlenden Papierlagenverschiebungen werden die Wickelhärteunterschiede nicht ausreichend ausgeglichen oder egalisiert. Mit anderen Worten verbleibt an jeder dynamischen Wickelverformung bzw. dynamischen Wickelbelastung an den Tragwalzen 2, 3 ein kleiner Anteil als bleibende, ortsfeste Verformung, welche dann beim Wiedereinlauf in den Nip 8 wie eine Wegerregung wirkt. Dieser regenerative Effekt führt beim Zusammentreffen einiger Harmonischer der Wickeldrehzahl mit bestimmten Eigenfrequenzen des Wickel systems aus Tragwalzen 2, 3, Wickelrolle 5 und Andruckwalze 9 zu einem Selbsterregungsprozess. Meistens handelt es sich dabei um Eigenfrequenzen, bei denen die Wickelrolle 5 selbst eine große dynamische Verformung erfährt. Dies ist insbesondere bei den so genannten Kontakteigenfrequenzen der Fall, bei denen die Tragwalzen 2, 3 und die Wickelrolle 5 in einer gegenphasigen Bewegung zueinander schwingen.

[0038] Problematisch bei dieser Ausgestaltung ist zweierlei. Zum Einen ändern sich die Schwingungsfrequenzen der Vorrichtung 1 fortlaufend, weil sich nicht nur der Durchmesser der Wickelrolle 5, sondern auch ihre Masse verändert. Zum Anderen bildet sich die Wickelwelligkeit an der Umfangsfläche der Wickelrolle 5 aus, wobei man auf die Wickelrolle 5 praktisch keinen direkten Zugriff hat, d.h. bei einem normalen Tragwalzenwickler, wie er in der Abbildung dargestellt ist, hat man praktisch keine Möglichkeiten, eine Gegenbewegung in die Wickelrolle 5 einzuleiten, so dass die Wickelrolle 5 ruht.

[0039] Mit der in der Figur dargestellten Rollenwickelvorrichtung hat man nun die Möglichkeit, die Regelstrategie nicht, wie bisher, auf die Minimierung der Schwingung eines Bauteils, z.B. einer Tragwalze 2, 3 zu beschränken, beispielsweise durch Einleitung einer Gegenschwingung oder Einleitung von Dämpfungskräften. Man kann sich auf die Minimierung der dynamischen Wickelkompression konzentrieren, die aller Wahrscheinlichkeit nach ursächlich für die Ausbildung der Wickelwelligkeit ist. Hierfür sind zwei Messwerte erforderlich, nämlich einmal die Drehzahl der Wickelrolle 5, damit aus der Vielzahl der gemessenen Schwingfrequenzen die Wickelharmonischen bestimmt werden können.

[0040] Zum Zweiten sind die Bewegungen der Tragwalzen 2, 3 in vertikaler und horizontaler Raumrichtung mindestens an der einlaufseitigen Tragwalze 2 zu erfassen, die von der Materialbahn 7 zuerst berührt wird. Vorzugsweise sollte man die Bewegungen der Tragwalzen 2, 3 aber an beiden Tragwalzen 2, 3 erfassen. Diese Messung kann jeweils durch das Paar senkrecht zueinander angebrachter, mitrotierender Beschleunigungsaufnehmer 16-19 mit telemetrischer Übermittlung der Messwerte erfolgen. Eine Messung der Schwingbewegung an den Lagegehäusen 12, 13 der Tragwalzen 2, 3 reicht hierbei nicht aus, da für die Regelung einer Entkopplung der Walzenbewegung zur Bewegung der Stellorgane 10, 11 erforderlich ist.

[0041] Zur eindeutigen Bestimmung der Wickelkompression wird auch noch die Bewegung des Zentrums der Wickelrolle 5 erfasst. Diese kann für die Wickelrollen am Rand relativ einfach mit Beschleunigungsaufnehmern gemessen werden, die unmittelbar an den Führungsköpfen (Achslosen) angeordnet sind. Über die momentane Geometrie der Wickelrolle 5, die sich aus der Position der Führungsköpfe oder der Position der Andruckwalze 9 berechnet, können die Belastungswinkel der Kontaktpunkte zu den Tragwalzen 2, 3 ermittelt werden. Man kann auch bei den in der axialen Mitte angeordneten Wickelrollen 5 den Einsatz 26 mit einem Geber, beispielsweise einem Magneten oder dergleichen, versehen, so dass man über den Sensor 25 auch bei mittig angeordneten Rollen über die Bewegung der Wickelachse informiert sein kann.

[0042] Aus den gemessenen Bewegungen der Tragwalzen 2, 3 und der gemessenen Bewegung der Wickelrolle 5 können jetzt mit den sich zeitlich veränderlichen Winkelbeziehungen die Wickelkompressionen in Belastungsrichtung an den Kontaktstellen beider Tragwalzen 2, 3 berechnet werden. Die Minimierung der aus diesen Messwerten berechneten, dynamischen Wickelkompression ist nun die Zielgröße der Regelstrategie.

[0043] Damit erfolgt die Anregung der Tragwalzen 2, 3 in der Form, dass primär die Wickelkompression minimiert wird. Diese Regelstrategie kann z.B. auch zu einer erhöhten Bewegung der Tragwalzen 2, 3 führen, die eine Gegenschwingung auf die Wickelrolle 5 einleiten.

[0044] Man kann sich diese Vorgehensweise auch so vorstellen, dass man die Wickelachse der Wickelrolle 5 als virtuellen Festpunkt bezeichnet und die Tragwalzen 2, 3 so bewegt oder schwingen lässt, dass dieses Zentrum immer in Ruhe bleiben kann.

[0045] Man kann auch Stellorgane 10, 11 verwenden, die in einer oder beiden Tragwalzen 2, 3 integriert werden, beispielsweise piezokeramische Folienmodule oder piezokeramisch angeregte Massen. In diesem Fall kann die zur Erfassung der Bewegung der Tragwalzen 2, 3 erforderliche Messung ebenfalls innerhalb der Tragwalzen 2, 3 erfolgen. Hier ist eine Entkopplung nicht erforderlich, da die Stellgröße unmittelbar erfasst wird.


Ansprüche

1. Rollenwickelvorrichtung mit mindestens einer Walze, an der eine Wickelrolle beim Wickeln anliegt, einer Schwingungssensoranordnung, die eine Schwingung der Walze ermittelt, einer Steuereinrichtung mit mindestens einem Stellorgan, mit dem die Walze verlagerbar ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Schwingungssensoranordnung (16-19) die Schwingung der Walze (2, 3) unmittelbar erfasst und eine Drehzahlmesseinrichtung (21, 22; 23, 24), die die Drehzahl der Wickelrolle (5) ermittelt, mit der Steuereinrichtung (20) verbunden ist.
 
2. Vorrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Drehzahlmesseinrichtung (23, 24) einen Geschwindigkeitssensor (23), der die Geschwindigkeit einer auf die Wickelrolle (5) auflaufenden Materialbahn (7) ermittelt, und eine Durchmessermesseinrichtung (24) aufweist.
 
3. Vorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Wickelrolle (5) einen Wickelkern (6) mit einer stirnseitigen Markierung (21) aufweist und die Drehzahlmesseinrichtung (22) mit der Markierung zusammenwirkt.
 
4. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Schwingungssensoranordnung (16-19) mindestens einen Sensor (16-19) aufweist, der innerhalb der Walze (2, 3) oder an einem Walzendeckel angeordnet ist.
 
5. Vorrichtung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Sensor (16-19) als Beschleunigungssensor ausgebildet ist.
 
6. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Walze (2, 3) als zulaufseitige Tragwalze (2) eines Tragwalzenwicklers ausgebildet ist.
 
7. Vorrichtung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass eine zweite Tragwalze (3) vorgesehen ist, die ebenfalls eine Schwingungssensoranordnung (18, 19) und/oder ein Stellorgan (11) aufweist.
 
8. Vorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass eine Zentrumserfassungseinrichtung (25, 26) vorgesehen ist, die ein Wickelzentrum der Wickelrolle (5) erfasst.
 
9. Vorrichtung nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Zentrumserfassungsseinrichtung einen insbesondere als Beschleunigungssensor ausgebildeten Geber (26) aufweist, der in die Wickelrolle (5) eingesetzt ist.
 
10. Vorrichtung nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass der Geber (26) als Führungskopf ausgebildet ist.
 
11. Verfahren zum Aufwickeln einer Materialbahn zu einer Wickelrolle, bei dem die Wickelrolle an einer Walze anliegt und man die Walze in Abhängigkeit von gemessenen Schwingungen verlagert, dadurch gekennzeichnet, dass man die Schwingungen unmittelbar an der Walze ermittelt und die Drehzahl der Wickelrolle ermittelt, wobei man die Walze mit mindestens einer Frequenz verlagert, die zu einer Wickelharmonischen passt.
 
12. Verfahren nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass man eine Geschwindigkeit der zulaufenden Materialbahn und den Durchmesser der Wickelrolle ermittelt.
 
13. Verfahren nach Anspruch 11 oder 12, dadurch gekennzeichnet, dass man zur Schwingungsermittlung einen Sensor verwendet, der innerhalb der Walze oder an einem Walzendeckel angeordnet ist.
 
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 11 bis 13, dadurch gekennzeichnet, dass man zum Aufwickeln einen Doppeltragwalzenwickler verwendet und die Schwingungen zumindest an der einlaufseitigen Walze ermittelt.
 
15. Verfahren nach einem der Ansprüche 11 bis 14, dadurch gekennzeichnet, dass man die Position einer Achse der Wickelrolle erfasst.
 




Zeichnung








Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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