[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Konfiguration von Einstellmöglichkeiten
an einem Hörgerät, wie sie beispielsweise zur Anpassung an unterschiedliche Hörsituationen
vorgesehen sein können, und ein Hörgerät, an welchem dieses Verfahren ausgeführt werden
kann.
[0002] Hörgeräte sollen hörgeschädigten Patienten ein möglichst natürliches Hörempfinden
ermöglichen und in erster Linie medizinisch bedingte Funktionsstörungen der Hörorgane
weitgehend ausgleichen. Dabei sind in zunehmenden Maße Komfortanforderungen zu berücksichtigen.
Aus der Aufgabe eines Hörgerätes, anliegenden Schalldruck in ein Hörempfinden des
Hörgeräteträgers umzusetzen, die auch bei physiologisch und anatomisch intakten Hörorganen
auftreten würden. Die Hörgeräte müssen deshalb an zahlreiche subjektive und objektive
Gegebenheiten angepasst werden können. Diese Gegebenheiten betreffen die individuellen
Besonderheiten der jeweils bestehenden Hörstörung, die Selektivität der Wahrnehmung
eines Hörgeräteträgers aber auch wechselnde Hörsituationen bzw. Umgebungseinflüsse,
die auf einen Hörgeräteträger wirken können. Moderne Hörgeräte verfügen in der Regel
über die Möglichkeit, eine Vielzahl von Parametern einzustellen, die Einfluss auf
die Übertragungs- und Verstärkungscharakteristik des jeweils eingesetzten Hörgerätes
haben. Die Einstellung dieser Parameter erfolgt zunächst herstellerseitig in Form
einer Grundeinstellung, die anschließend in einer oder mehreren Sitzungen bei einem
Hörgeräteakustiker am Patienten in Form einer Feineinstellung angepasst werden können.
Eine derartige Feinabstimmung ist jedoch mit einem erheblichen Aufwand, einerseits
für den Patienten, andererseits jedoch auch für den beteiligten Hörgeräteakustiker
verbunden, was seitens des Patienten häufig als lästig empfunden wird. Es haben sich
daher Hörgeräte etabliert, an denen zumindest ein Teil der Anpassung und/oder Feinabstimmung
des Hörgerätes unabhängig von einem Hörgeräteakustiker vorgenommen werden kann, was
vorzugsweise durch den Hörgeräteträger selbst erfolgt, beispielsweise unter Nutzung
einer Fernbedienung.
[0003] Eine gute Anpassung an eine tatsächliche Hörsituation, insbesondere bei komfortablen
Hörgeräten, ist jedoch häufig mit einer Anpassung zahlreicher technischer Parameter
verbunden, was teilweise recht hohe Anforderungen an das technische Wissen des Hörgeräteträgers
stellt, Wissen, das im Fall eines Laien möglicherweise nicht gegeben ist. Dadurch
besteht die Gefahr einer Fehlanpassung des Hörgerätes, die seitens des Hörgeräteträgers
möglicherweise nicht mehr selbst zu beseitigen ist, da das Auffinden der optimalen
Einstellungen sich als zu schwierig herausstellen kann. Alternativ muss der Hörgeräteträger
dann doch wieder einen Hörgeräteakustiker einschalten.
[0004] Die angesprochene Problematik gilt in besonderem Maße, wenn die einzelnen einstellbaren
Parameter gleichzeitig die Eingangsgrößen komplexer Signalverarbeitungsalgorithmen
bilden, die wiederum Einfluss auf die Übertragungs- und Verstärkungscharakteristik
des Hörgerätes haben. Derartige Algorithmen können beispielsweise zur Unterdrückung
von Störgeräuschen oder zur Hervorhebung gewünschter Schallquellen in Hörgeräten realisiert
sein. Beispiele dafür sind Algorithmen zur Einstellung der Richtcharakteristik, Algorithmen
zur Dämpfung von Nichtsprachanteilen, zur schnellen spektralen Störgeräuschschätzung,
zur Windgeräuschunterdrückung und viele weitere. Mit der Zahl der Einstellmöglichkeiten
steigt automatisch die Gefahr von Fehleinstellungen. Das gilt insbesondere, wenn die
einzelnen einstellbaren Parameter die Übertragungs- und Verstärkungscharakteristik
des Hörgerätes nicht völlig unabhängig voneinander beeinflussen und/oder Mehrdeutigkeiten
entstehen. Diese Mehrdeutigkeiten, in denen der subjektive Eindruck vermittelt werden
kann, dass unterschiedliche Einstellungen oder Parameterkombinationen zu scheinbar
identischen Übertragungs- und Verstärkungscharakteristika führen, erschweren ein reproduzierbares
Einstellen eines Hörgerätes erheblich. Die Gefahr von Fehleinstellungen steigt des
Weiteren, wenn von einem Hörgeräteträger die Wirkung eines einstellbaren Parameters
bzw. einer Verstellung desselben nicht akustisch wahrgenommen werden kann, was beispielsweise
aus Besonderheiten seiner individuellen Hörstörung folgen kann. Auch diese Problematik
gilt insbesondere für die Verwendung komplexer Signalverarbeitungsalgorithmen mit
einstellbaren Parametern als Eingangsgrößen.
[0005] Es ist bekannt, die Gefahr vieldimensionaler Fehleinstellungen dadurch zu reduzieren,
dass eine tatsächliche Hörsituation klassifiziert wird, was die anschließende Zuordnung
der klassifizierten Hörsituation zu mehreren hinterlegten Datensätzen mit voreingestellten
Parametern ermöglicht. Interaktiv erfolgt in diesem Fall anschließend nur noch die
Auswahl des am besten zu einer jeweiligen Hörsituation passenden Parametersatzes (
EP 0 814 634 B1). Diese Vorgehensweise erfordert jedoch das Hinterlegen relativ vieler Datensätze
mit voreingestellten Parametern, um eine feinstufige Auswahl des geeigneten Parametersatzes
vornehmen zu können, und setzt des weiteren die Fähigkeit des Hörgeräteträgers voraus,
die Unterschiede zwischen den hinterlegten Einstellungen akustisch bewerten und eine
qualifizierte Auswahl treffen zu können.
[0006] Es ist weiterhin bekannt, ausgehend von hinterlegten voreingestellten Parametern
und einer Klassifikation einer bestimmten Hörsituation voreingestellte Parametersätze
anzubieten, die automatisch variiert werden, nachdem sie vom Hörgeräteträger in der
angebotenen Voreinstellung abgewählt worden sind (
EP 1 453 356 A2). Auch in diesem Fall ist eine zielführende Optimierung nur möglich, wenn der Hörgeräteträger
in der Lage ist, den Effekt der variierten Parameter akustisch wahrzunehmen und zu
bewerten. Des Weiteren ist eine derartige Vorgehensweise zumindest teilweise an die
Vorhersehbarkeit aufkommender Hörsituationen gebunden, kann also eine freie Einstellung
von Parametern und/oder Signalverarbeitungsalgorithmen nicht vollständig ersetzen.
[0007] Die Aufgabe der Erfindung besteht somit darin, eine Möglichkeit anzugeben, ein Hörgerät
an möglichst viele, auch unvorhersehbare Hörsituationen anpassen zu können und die
Gefahr von Fehleinstellungen bzw. Fehlanpassungen möglichst gering zu halten, auch
wenn diese von einem Nichtfachmann vorgenommen werden.
[0008] Diese Aufgabe wird durch ein Verfahren zur Konfiguration mindestens einer Verstellmöglichkeit
an einem Hörgerät nach Anspruch 1 und durch ein Hörgerät nach Anspruch 10 gelöst.
Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen
angegeben.
[0009] Die Erfindung geht davon aus, dass es für eine sichere Vornahme von Verstellungen
an einem Hörgerät bzw. den erfolgreichen Einsatz von besonderen Features in Hörgeräten
zweckmäßig ist, vorher abzuschätzen, ob der jeweilige Anwender die Vorteile der Verstellmöglichkeit
oder des jeweiligen Features überhaupt nutzen kann. Dadurch kann insbesondere bei
interaktiven Features vorab geklärt werden, ob der Anwender, welcher die betreffenden
Verstellungen vornehmen würde, dazu neigt, durch seine Manipulationen die Einstellung
des Hörgerätes gegebenenfalls zu verschlechtern oder zumindest nicht reproduzierbar
zu verändern. Im Folgenden wird vorwiegend von Verstellungen von Parametern gesprochen.
Dabei sind jedoch alle Möglichkeiten der Einflussnahme auf die Wirkungsweise und/oder
Charakteristik eines Hörgerätes, also Zuschaltung, Abschaltung und Einstellung verschiedener
Features und Algorithmen zur Signalverarbeitung mit umfasst.
[0010] Der Kern der Erfindung besteht darin, solche Verstellmöglichkeiten eines Hörgerätes
zu identifizieren, die vom jeweiligen Träger eines Hörgerätes nicht zielführend genutzt
werden können. Das kann darin begründet liegen, dass ein Hörgeräteträger die Wirksamkeit
einer Verstellung eines Parameters oder eines Parametersatzes subjektiv als zu gering
wahrnimmt oder diese Wirksamkeit quantitativ nicht bewerten kann, wodurch es ihm unmöglich
ist, für eine vorzunehmende Verstellung einen jeweiligen Trend festzulegen, der zu
einer für ihn wahrnehmbaren Verbesserung der Übertragungs- und Verstärkungscharakteristik
des Hörgerätes führen würde. Nach der Identifizierung derartiger Verstellmöglichkeiten
werden diese Verstellmöglichkeiten gesperrt, d.h. anstelle eines einstellbaren Parameters
oder Parametersatzes werden fest vorgegebene Referenzwerte als Eingangsparameter verwendet,
wodurch die Zahl der verbleibenden Einstellmöglichkeiten reduziert wird. Die Festsetzung
der Referenzwerte kann dabei auch die Abschaltung bestimmter Features umfassen, deren
Einsatz für den jeweiligen Hörgeräteträger mit keinem Vorteil verbunden ist.
[0011] Allgemein besteht die Erfindung in einem Verfahren zur Konfiguration mindestens einer
Verstellmöglichkeit an einem Hörgerät, bei dem einem Hörgeräteträger die Aufgabe gestellt
wird, mit Hilfe der zu konfigurierenden Verstellmöglichkeit das Hörgerät nach Gehör
so einzustellen, dass sich am Hörgerät eine vorgegebene Charakteristik einstellt,
wobei die Verstellmöglichkeit freigegeben wird, wenn die vom Hörgeräteträger eingestellte
Charakteristik der vorgegebenen Charakteristik gleicht oder Abweichungen von dieser
aufweist, die innerhalb eines vorgegebenen Toleranzbereiches liegen. Gleiche Charakteristika
werden häufig dann auftreten, wenn es sich bei den getesteten Verstellmöglichkeiten
um solche Verstellmöglichkeiten handelt, die in diskreten Stellschritten ausgeführt
werden. Da bei kontinuierlich veränderbaren Stellgrößen in der Regel keine absolut
identischen Einstellungen reproduziert werden können, muss ein entsprechender Toleranzbereich
festgelegt werden, dessen Einhaltung erlaubt, die gestellte Aufgabe als gelöst anzusehen.
Mit der Lösung der gestellten Aufgabe qualifiziert sich der Hörgeräteträger als Kandidat
für die Nutzung der zu konfigurierenden Verstellmöglichkeit an seinem Hörgerät. Unter
Charakteristik des Hörgerätes ist im Sinne der Erfindung die Gesamtheit der akustisch
wahrnehmbaren Eigenschaften des Hörgerätes zu verstehen, von denen zumindest einige
über vorzunehmende Einstellungen variiert werden können.
[0012] Im Vorfeld der Entscheidung, ob eine Einstellmöglichkeit eines Parameters dem Hörgeräteträger
auch zugänglich werden soll oder nicht, wird das Hörgerät zur Ausführung des erfindungsgemäßen
Verfahrens zunächst mit einem festen Referenzwert dieses Parameters betrieben, der
entsprechend einer jeweils anliegenden Hörsituation so gewählt ist, dass eine Verstellung
dieses Parameters objektiv eine hohe Wirksamkeit dieser Verstellung nach sich zieht.
In dieser Einstellung wird dem Hörgeräteträger die Wahrnehmung eines Klangbeispiels
ermöglicht. Anschließend wird der Referenzwert des Parameters durch einen abweichenden
Wert des Parameters ersetzt und dem Hörgeräteträger die Aufgabe gestellt, durch Vornahme
entsprechender Verstellungen in der gleichen Hörsituation den einstellbaren Parameter
nach Gehör auf den Referenzwert zurückzuführen. Die Güte dieser Rückführung wird anschließend
bewertet.
[0013] Dazu kann nach Beendigung der Verstellungen durch den Hörgeräteträger beispielsweise
die Verstärkungs- und Übertragungscharakteristik des Hörgerätes ermittelt und mit
derjenigen verglichen werden, die das Hörgerät aufweist, wenn es mit dem fest vorgegebenen
Referenzwert des einstellbaren Parameters betrieben wird. Gleichen sich die beiden
Verstärkungs- und Übertragungscharakteristika oder weichen sie nur geringfügig von
einander ab, bzw. liegen die Abweichungen unterhalb eines vorzugebenden Schwellwertes,
welcher einen für die zutreffende Freigabeentscheidung maßgeblichen Toleranzbereich
beschreibt, so ist daraus ableitbar, dass die Wirksamkeit der getesteten Verstellmöglichkeit
vom Hörgeräteträger auch subjektiv wahrnehmbar sowie quantitativ bewertbar ist und
eine Verstellbarkeit dieses Parameters für den betreffenden Hörgeräteträger freigegeben
werden kann, da die Gefahr von Fehleinstellungen in diesem Fall gering ist. Verbleiben
nach Vornahme der Verstellungen durch den Hörgeräteträger jedoch große Unterschiede
zwischen den beiden Verstärkungs- und Übertragungscharakteristika, so muss davon ausgegangen
werden, dass die Wirksamkeit der getesteten Verstellmöglichkeiten vom Hörgeräteträger
subjektiv nicht mit ausreichender Schärfe wahrgenommen werden kann. Die entsprechende
Verstellmöglichkeit wird an seinem Hörgerät gesperrt, um der Gefahr von Fehleinstellungen
vorzubeugen. Alternativ zum Vergleich der Hörgerätecharakteristika können auch die
Referenzeinstellungen direkt mit den vom Hörgeräteträger vorgenommenen Parametereinstellungen
verglichen und analog bewertet werden, was insbesondere vorteilhaft ist, wenn einstellbare
Parameter auslesbar sind.
[0014] An Ausführungsbeispielen wird die Erfindung näher erläutert. Es zeigen:
- Fig.1
- einen Ablaufplan des erfindungsgemäßen Verfahrens am Beispiel eines einstellbaren
Parameters; und
- Fig. 2
- eine schematische Darstellung eines Hörgerätes, das zur Ausführung des erfindungsgemäßen
Verfahrens geeignet ist.
[0015] Fig. 1 zeigt einen Ablaufplan des erfindungsgemäßen Verfahrens am Beispiel eines
einstellbaren Parameters. Ein einstellbarer Parameter wird in einem ersten Schritt
auf einen festen Referenzwert P
Ref gesetzt. In einem nächsten Schritt wird durch eine Vergleichsoperation ein Vergleich
des eingehenden Signals mit dem Ausgangssignal des Hörgerätes vorgenommen und das
Ergebnis dieses Vergleiches in Form eines quantitativ bewertbaren Wertes Ein/Aus
Ref abgelegt. In einem weiteren Schritt wird der einstellbare Parameter P auf einen Wert
gesetzt, der um ein ΔP vom Referenzwert P
Ref abweicht. Anschließend wird dem Hörgeräteträger in einem weiteren Schritt die Möglichkeit
gegeben, den Parameter P durch Vornahme entsprechender Verstellungen zu variieren,
gleichzeitig wird ihm die Aufgabe gestellt, die Variation des Parameters P nach Gehör
so vorzunehmen, dass das Hörgerät eine Verstärkungs- und Übertragungscharakteristik
aufweist, die derjenigen möglichst gleicht, die es hatte, als der Parameter auf den
Referenzwert P
Ref gesetzt war. Der Hörgeräteträger wird also versuchen, dem um ΔP vom Referenzwert
P
Ref abweichenden Parameterwert ein weiteres Glied P
X hinzuzufügen und einen Zielwert P
Ziel zu erreichen, der möglichst nah am ursprünglich eingestellten Referenzwert P
Ref liegt. Anschließend wird in einem weiteren Schritt die verbleibende Abweichung zwischen
dem Referenzwert P
Ref des Parameters und dem vom Hörgeräteträger erreichten Zielwert P
Ziel ermittelt, indem quantitativ bewertbare Werte Ein/Aus
Ref und Ein/Aus
Ziel beider Einstellungen in einer Vergleichsoperation voneinander abgezogen werden. Die
ermittelte Abweichung Δ
Ziel ermöglicht eine Bewertung der durch den Hörgeräteträger vorgenommenen Verstellungen.
Anschließend kommt es in einem weiteren Schritt zu einer Fallunterscheidung in Abhängigkeit
von einem vorgegebenen Schwellwert S. Ist die Abweichung Δ
Ziel kleiner als der vorgegebene Schwellwert, so wird die Verstellmöglichkeit bezüglich
des getesteten Parameters im Anschluss freigegeben. Anderenfalls wird diese Verstellmöglichkeit
gesperrt und der getestete Parameter auf einen konstanten Wert P
const gesetzt. Dieser kann dem Referenzwert P
Ref entsprechen, aber auch wechselnde Werte in Abhängigkeit von jeweils identifizierten
Hörsituationen und/oder im Hörgerät verfügbaren Hörprogrammen annehmen. Während des
beschriebenen Ablaufs wird dafür gesorgt, dass sich die Hörsituation nicht ändert.
[0016] Generell lässt sich das erfindungsgemäße Verfahren unter Nutzung anderer quantitativ
bewertbarer Größen durchführen, die den jeweiligen Parametereinstellungen zugeordnet
werden können. Dazu zählen insbesondere die Stellzustände von Stellgliedern, über
deren Betätigung die Parametereinstellung realisiert wird und die in der Regel einfach
aus- oder abgelesen werden können. Die dargestellte Variante unter Nutzung eines Vergleiches
der Eingangs- und Ausgangssignale bei den verschiedenen Einstellungen ermöglicht jedoch
gleichzeitig eine Beurteilung der objektiven Wirkung der verfahrensgemäß vorgenommenen
Parametervariation bzw. des getesteten Features. Unter objektiver Wirksamkeit des
erfindungsgemäßen Verfahrens sind sowohl technisch nachweisbare Einflüsse auf akustische
Hörgeräteeigenschaften als auch objektive Tests wie z.B.
[0017] Sprachverständlichkeitstests zu verstehen. Dadurch kann gesichert werden, dass während
der Durchführung des Verfahrens keine Hörsituation bestanden hat, in der es dem Hörgeräteträger
allein aus objektiven Gründen unmöglich war, die geforderten Verstellungen zielführend
vorzunehmen, da diese in der betreffenden Hörsituation objektiv keine Wirkung gezeigt
hätten. Das ist immer dann von Vorteil, wenn das Verfahren nicht unter Laborbedingungen,
also unter Nutzung optimierter Parametervorgaben und Klangbeispiele ausgeführt werden
kann, wie das beispielsweise bei einer spontanen Anpassung eines Hörgerätes an eine
neue und bisher nicht klassifizierte Hörsituation der Fall ist. Das erfindungsgemäße
Verfahren umfasst stets eine interaktive Ermittlung einer subjektiven Wirksamkeit
einer untersuchten Parameterein- oder Verstellung. Weicht diese stark von der objektiven
Wirksamkeit im Sinne eines technisch nachweisbaren Einflusses auf die akustischen
Eigenschaften des Hörgerätes ab, so kann diese Abweichung zur Grundlage der Entscheidung
über eine Freigabe oder Sperrung der Möglichkeit der Verstellung des jeweiligen Parameters
gemacht werden.
[0018] Das erfindungsgemäße Verfahren liefert somit die Möglichkeit, die Wirksamkeit eines
Parameters bzw. die Wirksamkeit von dessen Verstellung zu testen und dieses Testergebnis
zur Grundlage einer Freigabeentscheidung zu machen. Das geschieht, ohne Daten aus
einem Tonaudiogramm, dem Alter des Hörgeräteträgers oder anderer weicher Faktoren
abschätzen und verwerten zu müssen.
[0019] Dadurch wird vermieden, den Anwender eines Hörgerätes ohne individualisierte Vorauswahl
mit einem Feature bzw. einer Verstellbarkeit eines Parameters zu versorgen, was für
ihn ohne Nutzen bliebe und mit der Gefahr verbunden wäre, dass das Hörgerät aufgrund
unübersichtlicher bzw. schlecht reproduzierbarer Einstellmöglichkeiten abgelehnt würde.
[0020] Fig. 2 zeigt eine schematische Darstellung eines Hörgerätes, das zur Ausführung des
erfindungsgemäßen Verfahrens geeignet ist. Dieses umfasst eine Signalübertragungsstrecke,
bestehend aus einer Eingabeeinheit 1 in Form eines Mikrofons, einer Signalverarbeitungs-
und/oder Verstärkungseinheit 2 sowie einer Ausgabeeinheit 3 in Form eines Lautsprechers.
Am Mikrofon eingehende Signale können verstärkt an die Ausgabeeinheit 3 weitergeleitet
werden. Des Weiteren sind ein oder mehrere Signalverarbeitungseinheiten umfasst, in
Fig. 1 z.B. sind vier solcher weiterer Signalverarbeitungseinheiten 4, 5, 6, 7 dargestellt,
in denen eingehende Signale durch einen bestimmten Algorithmus verändert werden können,
bevor sie wieder der Signalverarbeitungs- und/oder Verstärkungseinheit 2 zugeführt
werden und in das an der Ausgabeeinheit 3 anliegende Signal einfließen. Die weiteren
Signalverarbeitungseinheiten 4, 5, 6, 7 können dabei hardwaremäßig angelegt sein,
separat oder als Bestandteil der Signalverarbeitungs- und/oder Verstärkungseinheit
2 ausgeführt sein und/oder lediglich in der Bereitstellung einer entsprechenden Signalverarbeitungssoftware
bestehen. Für die Funktionsweise des erfindungsgemäßen Hörgerätes kann das außer Betracht
bleiben. Die unterschiedlichen Algorithmen in den Signalverarbeitungseinheiten 4,
5, 6, 7 können beispielsweise Algorithmen für verschiedene Formen der Störgeräuschunterdrückung
umfassen aber auch alle anderen Formen einer Signalverarbeitung, die in Hörgeräten
angestrebt wird, betreffen. Um die Wirksamkeit der enthaltenen Algorithmen beeinflussen
zu können, sind ein oder mehrere Stellelemente umfasst, in Fig. 1 z.B. sind vier solcher
weiterer Stellelemente 8, 9, 10, 11 dargestellt, über die ein oder mehrere Parameter,
von denen die Wirksamkeit des jeweiligen Algorithmus abhängt, variiert werden können.
Die Stellelemente 8, 9, 10, 11 können einzeln freigegeben oder gesperrt werden, was
einer Sperrung oder Freigabe der Einflussnahme auf den jeweils zu verstellenden Parameter
gleich kommt. Des weiteren ist ein Referenzgeber 12 umfasst, der anstelle der über
die Stellelemente 8, 9, 10, 11 einstellbaren Parameter jeweils einen Referenzwert
P
Ref bzw. verschiedene konstante Werte P
const erzeugen und an die entsprechenden Signalverarbeitungseinheiten 4, 5, 6, 7 anlegen
kann.
[0021] Im dargestellten Beispiel wurde das erfindungsgemäße Verfahren für die einzelnen
Algorithmen Alg
1 bis Alg
n ausgeführt, wobei für die Algorithmen Alg
1 und Alg
3 eine Freigabe der entsprechenden Verstellmöglichkeit festgelegt wurde, während für
die restlichen Algorithmen eine derartige Freigabe verweigert wurde (gestrichelt dargestellte
Anbindung der Stellelemente 9, 11). Im Vorfeld der Freigabe war also der Hörgeräteträger
nicht in der Lage, die mit den Stellelementen 9, 11 ausführbaren Verstellmöglichkeiten
so einzusetzen, dass entsprechend dem erfindungsgemäßen Verfahren eine zielführende
Rückführung der verstellten Parameter auf den geforderten Referenzwert P
Ref erzielt werden konnte. Mit den Stellelementen 8 und 10 konnte diese Rückführung dagegen
erfolgreich durchgeführt werden.
[0022] Anstelle der einstellbaren Parameter an den Signalverarbeitungseinheiten 5, 7 werden
konstante Parameterwerte angelegt, die als Ausgangswerte des Referenzgebers 12 den
für die Durchführung des Verfahrens erforderlichen Referenzwerten P
Ref entsprechen können, aber auch wechselnde konstante Werte P
const in Abhängigkeit von jeweils identifizierten Hörsituationen und/oder im Hörgerät verfügbaren
Hörprogrammen annehmen können. Auf diese Weise verbleiben in jedem Fall für eine Anpassung
des Hörgerätes nach Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens lediglich zwei einstellbare
Parameter, was die Gefahr von Fehleinstellungen gegenüber einer Freigabe aller Verstellmöglichkeiten
deutlich reduziert und die Einstellprozedur für den Hörgeräteträger insgesamt stark
vereinfacht.
[0023] Die vorgestellte Vorgehensweise kann auf unterschiedliche Weise in die Konfiguration
eines Hörgerätes einbezogen werden. Unterschiedliche Konfigurationen können mit unterschiedlichen
Hörsituationen bzw. Hörprogrammen verknüpft werden. Grundsätzlich kann eine erfindungsgemäße
Freigabe oder Sperrung von Verstellmöglichkeiten eines Hörgerätes zeitnah zu seiner
Auslieferung an den vorgesehenen Hörgeräteträger in einer Sitzung beim Hörgeräteakustiker
erfolgen. Dort können unter Laborbedingungen Hörsituationen simuliert und Klangbeispiele
generiert werden, die optimal auf die Bewertung der Fähigkeiten des Hörgeräteträgers
zur Nutzung bestimmter Features und Verstellmöglichkeiten abgestimmt sind. Entsprechende
Prüfalgorithmen können in diesem Fall in ein Programmiergerät des Hörgeräteakustikers
einbezogen sein.
[0024] In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung des erfindungsgemäßen Verfahrens erfolgt
unter realen Einsatzbedingungen nach Erkennen einer Hörsituation, in der bisher keine
Konfiguration der Einstellmöglichkeiten des Hörgerätes vorgenommen wurde, eine Neukonfiguration,
bevor dem Hörgeräteträger auch in dieser Hörsituation ausgewählte Verstellmöglichkeiten
zu Verfügung stehen. Für die Erkennung einer Hörsituation, die eine Neukonfiguration
erfordert, können in an sich bekannter Weise Klassifizierungssysteme genutzt werden,
die häufig für die automatisierte Auswahl verschiedener Hörprogramme zur Verfügung
stehen.
[0025] Besonders vorteilhaft ist das erfindungsgemäße Verfahren in Verbindung mit Lernalgorithmen,
beispielsweise in Zusammenhang mit sogenannten Trainable Hearing Aids, einzusetzen,
da in derartigen Systemen die Vornahme fehlerhafter Einstellungen möglicherweise zu
dauerhaft unbefriedigenden Anpassungen des Hörgerätes an wechselnde Hörsituationen
führt bzw. Lernprozesse behindert. Insbesondere im Vorfeld der Anwendung von Verstellmöglichkeiten,
die Parameter als Eingangsgrößen von Lernalgorithmen beeinflussen, wird der Anwender
bereits getestet, ob er in der Lage ist, das System sinnvoll und zielführend einzusetzen.
[0026] Vorteilhafterweise werden dem Anwender zusätzlich zu Hörprogrammen, die gegebenenfalls
zur automatischen Anpassung an unterschiedliche Hörsituationen in seinem Hörgerät
abgelegt sind, zwei weitere Programme angeboten, die der erfindungsgemäßen Konfiguration
der Verstellmöglichkeiten des Hörgerätes dienen. In einem Programm ist eine Referenzeinstellung
mindestens eines Parameters gespeichert, dessen Verstellmöglichkeit gesperrt oder
freigegeben werden soll. In einem zweiten Programm ist diese Referenzeinstellung so
verstellt, dass diese mit Hilfe der zu testenden Verstellmöglichkeit wieder in die
Referenzeinstellung gestellt werden kann. Dem Hörgeräteträger kann in diesem Fall
jederzeit eine nach Gehör zu lösende Aufgabe gestellt werden, deren Lösung in der
Auffindung einer Einstellung des zu prüfenden Parameters besteht, bei der das Hörgerät
in beiden Programmen für den Anwender gleich oder zumindest ähnlich klingt, beispielsweise
also eine gleiche Sprachverständlichkeit liefert. Die erfindungsgemäße Konfiguration
der Einstellmöglichkeiten des Hörgerätes lässt sich auf diese Weise ohne großen Aufwand
realisieren.
[0027] Das erfindungsgemäße Verfahren lässt sich ein- oder mehrstufig und in unterschiedlichen
Schwierigkeitsgraden ausführen. Bei einer mehrstufigen Ausführung kann jeweils die
nächste Stufe abhängig von der erfolgreichen Bewältigung einer vorangegangenen Stufe
eingeleitet werden, um einen unnötigen Aufwand für zu viele Prüfschritte zu vermeiden.
[0028] Dazu könnte so vorgegangen werden, dass das Prozedere in mehreren Schritten durchgeführt
wird, wobei in einem ersten Schritt nur einfach zu bewertende Verstellmöglichkeiten,
bei einem Trainable Hearing Aid beispielsweise der Lautstärkesteller, verwendet werden
müssten, um die nach Gehör zu lösende Aufgabe zu bewältigen. In weiteren Schritten
müssten dann komplexere Einstellungen vorgenommen werden, die zumindest die im ersten
Schritt bereits geprüften Fähigkeiten voraussetzen. Bei einem Trainable Hearing Aid
könnte das beispielsweise die Einstellung der Tonblende sein. Dazu könnte auch durch
eine Variation der dargebotenen Signale und/oder Klangbeispiele die Komplexität der
Aufgabe erhöht werden, um so noch differenzierter beurteilen zu können, ob der jeweilige
Hörgeräteträger für eine selbständige Vornahme der geprüften Verstellmöglichkeiten
geeignet ist.
[0029] An zwei konkrete Einstellmöglichkeiten eines Hörgerätes betreffenden Ausführungsbeispielen
wird das erfindungsgemäße Verfahren nochmals beschrieben. Das erste Beispiel betrifft
ein Hörgerät mit zuschaltbarem direktionalem Mikrofon. Das Hörgerät mit mehreren Hörprogrammen
verfügt unter anderem über ein Mikrofonsystem, das manuell zwischen omnidirektionaler
Richtcharakteristik und direktionaler Richtcharakteristik umgeschaltet und eingestellt
werden kann. Durch dieses Feature kann in störgeräuschbehafteter Umgebung Sprache
aus einer bestimmten Richtung besser verstanden werden, wenn das Hörgerät mit direktional
wirkendem Mikrofonsystem betrieben wird. Natürlich muss gewährleistet sein, dass diesbezüglich
vorzunehmende Einstellungen zur Variation der Richtcharakteristik so vorgenommen werden,
dass sich die Anpassung der Richtcharakteristik an eine bestimmte Hörsituation nach
Vornahme der Verstellung nicht verschlechtert, sondern möglichst verbessert wird.
[0030] Gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren wird zu diesem Zweck wie folgt vorgegangen:
[0031] Zunächst wird in einem ersten Hörprogramm des Hörgerätes eine Referenzeinstellung
abgelegt, bei der das Mikrofonsystem in einem Referenzmodus mit festgelegter Richtcharakteristik
betrieben wird. In einem zweiten Hörprogramm wird eine Hörgeräteeinstellung abgelegt,
bei der die Mikrofoneinstellung bezüglich der Richtcharakteristik im Vergleich zum
Referenzmodus verändert ist, jedoch vom Hörgeräteträger verändert werden kann. In
der Folge wird dem Hörgeräteträger ein Testsignal, beispielsweise ein Sprachsignal
aus 0° und ein Störgeräusch aus 180°, vorgespielt und der Hörgeräteträger hat die
Aufgabe, das Mikrofonsystem im zweiten Programm so einzustellen, dass ihm der Eindruck
vermittelt wird, dass die Sprache mit beiden Programmen gleich gut verstanden werden
kann, das subjektive Sprachverstehen also gleich ist.
[0032] Die verbleibende Abweichung der vom Hörgeräteträger vorgenommenen Endeinstellung
von der Referenzeinstellung wird direkt oder indirekt erfasst.
[0033] Anschließend wird geprüft, ob die erfasste Abweichung noch innerhalb eines Toleranzbereiches
liegt, der nach physiologischen und/oder technischen Randbedingungen festgelegt ist.
Liegt die Abweichung innerhalb des Toleranzbereiches, ist der Hörgeräteträger geeignet,
das Mikrofonsystem des Hörgerätes bezüglich seiner Richtcharakteristik interaktiv
einzustellen. Die entsprechende Verstellmöglichkeit wird freigegeben. Liegt die Abweichung
jedoch außerhalb des Toleranzbereiches, ist der Hörgeräteträger nicht geeignet, diese
Einstellung zur Anpassung seines Hörgerätes an unterschiedliche Hörsituationen selbst
vorzunehmen. In diesem Fall muss das Hörgerät auf andere Weise auf die individuellen
Bedürfnisse des Hörgeräteträgers eingestellt werden, beispielsweise durch Vorgabe
von Richtcharakteristika, die sich in klassifizierten Hörsituationen automatisch einstellen
und nicht verändert werden können.
[0034] Das zweite Beispiel betrifft ein Hörgerät mit getrennter Verstärkung in einem Hochton-
und einem Tieftonkanal. Ein Hörgerät mit mehreren Hörprogrammen verfügt über unabhängig
voneinander einstellbare Verstärkungen in einem Hochton-(GAIN
HB) und einem Tieftonkanal (GAIN
LB). Durch diese Anordnung kann die Verstärkung breitbandig verändert werden, indem
GAIN
HB und GAIN
LB gleichzeitig geändert werden, was einer Verstellung der Lautstärke entspricht. Es
können jedoch auch beide Verstärkungen getrennt voneinander verändert werden, so dass
eine Formung des Frequenzgangs erfolgt.
[0035] Zur Prüfung evtl. freizugebender Verstellmöglichkeiten bezüglich der Verstärkung
wird wie folgt vorgegangen:
[0036] Zunächst wird in einem ersten Hörprogramm des Hörgerätes eine Referenzeinstellung
mit vorgegebener Verstärkung abgelegt. In einem zweiten Hörprogramm wird eine Hörgeräteeinstellung
abgelegt, bei der die Verstärkung breitbandig abweichend von der Referenzeinstellung
eingestellt ist, jedoch vom Hörgeräteträger verändert werden kann. In der Folge wird
dem Hörgeräteträger ein Testsignal, beispielsweise ein Sprachsignal in Ruhe, vorgespielt
und der Hörgeräteträger hat die Aufgabe, die Verstärkung unter Nutzung der Verstellmöglichkeiten
gemäß dem zweiten Programm so zu verändern, dass das Testsignal in beiden Programme
gleich laut empfunden wird. Die verbleibende Abweichung der vom Hörgeräteträger vorgenommenen
Endeinstellung von der Referenzeinstellung wird direkt oder indirekt erfasst.
[0037] Anschließend wird geprüft, ob die erfasste Abweichung noch innerhalb eines Toleranzbereiches
liegt, der nach physiologischen und/oder technischen Randbedingungen festgelegt ist.
Ist das der Fall, wird anschließend die Verstärkung im zweiten Hörprogramm im Vergleich
zur Referenzeinstellung im ersten Hörprogramm in beiden Kanälen getrennt verändert,
so dass zusätzlich zur Gesamtverstärkung auch eine frequenzabhängige Komponente wirksam
wird. Erneut erhält der Hörgeräteträger die Aufgabe, unter Darbietung eines Testsignals
die Verstärkung unter Nutzung der Verstellmöglichkeiten des zweiten Hörprogrammes
so zu verändern, dass das Testsignal in beiden Programmen gleich laut und gleich klingend
wahrgenommen wird. Die verbleibende Abweichung der vom Hörgeräteträger vorgenommenen
Endeinstellung von der Referenzeinstellung wird erneut direkt oder indirekt erfasst.
[0038] Anschließend wird erneut geprüft, ob die erfasste Abweichung noch innerhalb eines
Toleranzbereiches liegt, der nach physiologischen und/oder technischen Randbedingungen
festgelegt ist.
[0039] Liegen die Abweichungen innerhalb der Toleranzbereiche, ist der Hörgeräteträger geeignet,
die Verstärkung des Hörgerätes sowohl breitbandig als auch frequenzselektiv interaktiv
einzustellen. Die entsprechenden Verstellmöglichkeiten werden freigegeben. Liegen
die Abweichungen jedoch außerhalb der Toleranzbereiche, ist der Hörgeräteträger nicht
geeignet, diese Einstellungen zur Anpassung seines Hörgerätes an unterschiedliche
Hörsituationen selbst vorzunehmen. In diesem Fall muss das Hörgerät auf andere Weise
auf die individuellen Bedürfnisse des Hörgeräteträgers eingestellt werden, beispielsweise
durch Vorgabe von Verstärkungscharakteristika, die sich in klassifizierten Hörsituationen
automatisch einstellen und nicht verändert werden können.
[0040] Im letzten Ausführungsbeispiel erfolgte eine zweistufige Prüfung vor der Freigabe
der jeweiligen Verstellmöglichkeiten. Diese Mehrstufigkeit birgt die Möglichkeit eines
vorzeitigen Abbruchs des erfindungsgemäßen Verfahrens zur Einsparung nachgeordneter
Prüfungen.
[0041] Wenn also im vorliegenden Beispiel der Hörgeräteträger die erste Einstellaufgabe
gelöst hat, an der zweiten jedoch scheitert, so wird für ihn lediglich eine breitbandige
Verstellung der Verstärkung im Sinne einer Lautstärkeregelung freigegeben. Scheitert
er jedoch bereits an der ersten Einstellaufgabe, entfällt auch diese Freigabe, und
es kann der nachgelagerte Schritt der Prüfung der Fähigkeit zur zielführenden Vornahme
frequenzselektiver Einstellungen vollständig entfallen.
[0042] Zur Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens sind Vorrichtungen zur Konfiguration
mindestens einer Verstellmöglichkeit an einem Hörgerät geeignet, die Mittel zur Vorgabe
mindestens einer Referenzeinstellung mindestens eines Parameters, Mittel zur Verstellung
dieses Parameters und Mittel zur Freigabe oder Sperrung der Verstellung dieses Parameters
umfassen, wobei die Mittel zur Freigabe oder Sperrung der Verstellung dieses Parameters
so ausgelegt sind, dass sie eine Freigabe der Verstellung bewirken, nachdem der Hörgeräteträger
unter Zielvorgabe der Referenzeinstellung nach Gehör eine Verstellung des Parameters
vorgenommen hat, so dass das Hörgerät eine Charakteristik aufweist, die der Charakteristik
des Hörgerätes in der Referenzeinstellung gleicht oder Abweichungen von dieser aufweist,
die innerhalb eines vorgegebenen Toleranzbereiches liegen. Einer Automatisierung des
Verfahrens kommt es vorteilhaft entgegen, wenn die Mittel zur Vorgabe mindestens einer
Referenzeinstellung mindestens eines Parameters, die Mittel zur Verstellung dieses
Parameters und die Mittel zur Freigabe oder Sperrung der Verstellung dieses Parameters
fest mit einem Hörgerät verbunden sind.
[0043] Vorteilhafterweise sind des Weiteren Mittel umfasst, die den mindestens einen Parameter,
der bei freigegebener Verstellmöglichkeit variiert werden kann, im Fall der nicht
freigegebenen Verstellmöglichkeit auf einen konstanten Wert P
const setzen.
[0044] Vorteilhafterweise umfassen die Mittel zur Verstellung des mindestens einen Parameters
Mittel zur Verstellung mindestens eines Parameters, der während des Trainierens eines
Hörgerätes zur Anpassung an unterschiedliche Hörsituationen verstellt werden kann,
mindestens eines Parameters, welcher die Wirkungsstärke von Algorithmen zur Störgeräuschunterdrückung
betrifft, mindestens eines Parameters, welcher die Einstellung der Frequenzabhängigkeit
der Übertragungs- und Verstärkungscharakteristik betrifft, und/oder mindestens eines
Parameters, welcher die Einstellung der Richtcharakteristik des Hörgerätes betrifft.
1. Verfahren zur Konfiguration mindestens einer Verstellmöglichkeit an einem Hörgerät
mit den folgenden Schritten:
- Festlegen eines einstellbaren Parameters (P) auf einen Referenzwert (PRef) für ein Referenzausgangssignal;
- Festlegen des einstellbaren Parameter (P) auf einen Testwert, der um ein vorgegebenen
Wert (ΔP) vom Referenzwert (PRef) abweicht und Ausgabe eines dem Testwert entsprechenden Ausgangssignals;
- Erfassen des vom Hörgeräteträger eingestellten Parameter zur Anpassung des Ausgangssignals
an das Referenzausgangssignal;
- Ermitteln der Abweichung zwischen dem Referenzwert (PRef) und dem vom Hörgeräteträger eingestellten Parameter; und
- Fallunterscheidung in Abhängigkeit von einem vorgegebenen Schwellwert (S), wobei
die Verstellmöglichkeit des Parameters freigegeben wird, wenn die erfasste Abweichung
unterhalb des vorgegebenen Schwellwertes (S) liegt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Parameter, der bei freigegebener Verstellmöglichkeit variiert werden kann, im
Fall der nicht freigegebenen Verstellmöglichkeit auf einen konstanten Wert (Pconst) gesetzt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Wert (Pconst) dem Referenzwert (PRef) entspricht, der zur Prüfung der subjektiven Wirksamkeit der Verstellmöglichkeit
genutzt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Wert (Pconst) jeweils in einem Hörprogramm abgelegt ist, das vom Hörgeräteträger eingestellt werden
kann oder sich automatisch nach Klassifizierung einer Hörsituation einstellt.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Verstellmöglichkeiten Parameter betreffen, die während des Trainierens eines
Hörgerätes zur Anpassung an unterschiedliche Hörsituationen verstellt werden können.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Verstellmöglichkeiten Parameter betreffen, welche die Wirkungsstärke von Algorithmen
betreffen.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Verstellmöglichkeiten Parameter zur Einstellung der Frequenzabhängigkeit der
Übertragungs- und Verstärkungscharakteristik betreffen.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Verstellmöglichkeiten Parameter zur Einstellung der Richtcharakteristik des Hörgerätes
betreffen.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Freigabe mindestens einer Verstellmöglichkeit automatisch überprüft wird, wenn
sich eine nicht klassifizierte oder erstmals klassifizierte Hörsituation einstellt.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass eine zweistufige Prüfung vor der Freigabe der Verstellmöglichkeiten erfolgt, wobei
bei einem freigegebenen ersten Parameter und einem gesperrten zweiten Parameter lediglich
eine breitbandige Verstellung der Verstärkung freigegeben wird und bei einem gesperrten
ersten Parameter die Freigabe zur breitbandigen Verstellung der Verstärkung entfällt.
11. Hörgerät aufweisend eine Ausgabesignaleinrichtung (2, 3, 4, 5, 6, 7) zum Erzeugen
eines Ausgangsignals für einen Hörgeräteträger, einen Referenzgeber (12) und ein Stellelement
(8, 9, 10, 11) für einen einstellbaren Parameter (P) des Ausgangssignal, wobei der
Referenzgeber (12) ausgelegt ist, den einstellbaren Parameter (P) auf einen Referenzwert
(PRef) und einen Testwert, der um einen vorgegebenen Wert (ΔP) vom Referenzwert (PRef) abweicht, festzulegen, wobei die Ausgangssignaleinrichtung (2, 3, 4, 5, 6, 7) ausgelegt
ist, um ein dem Testwert entsprechendes Ausgangssignal an den Hörgeräteträger auszugeben,
wobei der Referenzgeber (12) ausgelegt ist an dem Stellelement (8, 9, 10, 11) eingestellte
Parameter zur Anpassung des Ausgangssignal an das Referenzausgangssignal zu erfassen
und eine Abweichung zwischen dem Referenzwert (PRef) und den vom Hörgeräteträger eingestellten Parameter zu ermitteln sind, um die Verstellmöglichkeit
des Parameters frei zu geben, wenn die Abweichung unterhalb des vorgegebenen Schwellwertes
(S) liegt.
12. Hörgerät nach Anspruch 11, dadurch gekennzeichnet, dass der Referenzgeber (12) ausgelegt ist, den Parameter, der bei freigegebener Verstellmöglichkeit
variiert werden kann, im Fall der nicht freigegebenen Verstellmöglichkeit auf einen
konstanten Wert (Pconst) zu setzen.
13. Hörgerät nach einem der Ansprüche 11 bis 12, dadurch gekennzeichnet, dass das Stellelement (8, 9, 10, 11) zur Verstellung mindestens eines Parameters, der
während des Trainierens eines Hörgerätes zur Anpassung an unterschiedliche Hörsituationen
verstellt werden kann, mindestens eines Parameters, welcher die Wirkungsstärke von
Algorithmen betrifft, mindestens eines Parameters, welcher die Einstellung der Frequenzabhängigkeit
der Übertragungs- und Verstärkungscharakteristik betrifft, und/oder mindestens eines
Parameters, welcher die Einstellung der Richtcharakteristik des Hörgerätes betrifft,
ausgelegt ist.
14. Hörgerät nach Anspruch 13, dadurch gekennzeichnet, dass zwischen omnidirektionaler Richtcharakteristik und direktionaler Richtcharakteristik
umgeschaltet und eingestellt werden kann.