[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft eine Hörvorrichtung mit einem Filterbank-System,
das eine mehrstufige Analysefilterbank und/oder eine mehrstufige Synthesefilterbank
aufweist, um ein Eingangssignal der Hörvorrichtung durch mehrere Filterbankkanäle
in mehrere Teilbandsignale zu zerlegen und/oder um Teilbandsignale mehrerer Filterbankkanäle
wieder zusammenzufügen. Unter dem Begriff "Hörvorrichtung" wird jedes im oder am Ohr
tragbare, schallausgebende Gerät, insbesondere ein Hörgerät, ein Headset, Kopfhörer
und dergleichen, verstanden.
[0002] Hörgeräte sind tragbare Hörvorrichtungen, die zur Versorgung von Schwerhörenden dienen.
Um den zahlreichen individuellen Bedürfnissen entgegenzukommen, werden unterschiedliche
Bauformen von Hörgeräten wie Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte (HdO), Hörgerät mit externem
Hörer (RIC: receiver in the canal) und In-dem-Ohr-Hörgeräte (IdO), z.B. auch Concha-Hörgeräte
oder Kanal-Hörgeräte (ITE, CIC), bereitgestellt. Die beispielhaft aufgeführten Hörgeräte
werden am Außenohr oder im Gehörgang getragen. Darüber hinaus stehen auf dem Markt
aber auch Knochenleitungshörhilfen, implantierbare oder vibrotaktile Hörhilfen zur
Verfügung. Dabei erfolgt die Stimulation des geschädigten Gehörs entweder mechanisch
oder elektrisch.
[0003] Hörgeräte besitzen prinzipiell als wesentliche Komponenten einen Eingangswandler,
einen Verstärker und einen Ausgangswandler. Der Eingangswandler ist in der Regel ein
Schallempfänger, z. B. ein Mikrofon, und/oder ein elektromagnetischer Empfänger, z.
B. eine Induktionsspule. Der Ausgangswandler ist meist als elektroakustischer Wandler,
z. B. Miniaturlautsprecher, oder als elektromechanischer Wandler, z. B. Knochenleitungshörer,
realisiert. Der Verstärker ist üblicherweise in eine Signalverarbeitungseinheit integriert.
Dieser prinzipielle Aufbau ist in FIG 1 am Beispiel eines Hinter-dem-Ohr-Hörgeräts
dargestellt. In ein Hörgerätegehäuse 1 zum Tragen hinter dem Ohr sind ein oder mehrere
Mikrofone 2 zur Aufnahme des Schalls aus der Umgebung eingebaut. Eine Signalverarbeitungseinheit
3, die ebenfalls in das Hörgerätegehäuse 1 integriert ist, verarbeitet die Mikrofonsignale
und verstärkt sie. Das Ausgangssignal der Signalverarbeitungseinheit 3 wird an einen
Lautsprecher bzw. Hörer 4 übertragen, der ein akustisches Signal ausgibt. Der Schall
wird gegebenenfalls über einen Schallschlauch, der mit einer Otoplastik im Gehörgang
fixiert ist, zum Trommelfell des Geräteträgers übertragen. Die Energieversorgung des
Hörgeräts und insbesondere die der Signalverarbeitungseinheit 3 erfolgt durch eine
ebenfalls ins Hörgerätegehäuse 1 integrierte Batterie 5.
[0004] Schallsignale, die mit einem oder mehreren Mikrofonen einer Hörvorrichtung und insbesondere
eines Hörgeräts aufgenommen werden, werden häufig mittels einer oder mehrer frequenzselektiver
digitaler Analyse-Filterbänke (AFB) in K Teilbandsignale zerlegt. Die Teilbandsignale
werden dann einer teilbandspezifischen Signalmanipulation unterzogen. Schließlich
werden die manipulierten Teilbandsignale mittels einer digitalen Synthese-Filterbank
(SFB) resynthetisiert. Dabei erfolgt die Zerlegung und Resynthese durch eine aus mindestens
zwei kaskadierten Stufen zusammengesetzte Filterbank bzw. eine partiell mindestens
zweistufige (Analyse) Filterbank zur Zerlegung des Eingangssignals in K Teilbandsignale
mit verminderter Abtastrate. Das Filterbanksystem ist hierbei so konzipiert, dass
die zu manipulierenden K Teilbandsignale unterschiedliche Bandbreite B
i mit i=1, ... I aufweisen, wobei 2≤I<K ist.
[0005] Das gesamte Filterbank-System besteht also aus einer mehrstufigen AFB und einer mehrstufigen
SFB. Bei den einzelnen Filterbänken kann es sich jeweils um herkömmliche komplex modulierte
Filterbänke handeln.
[0006] Die oben skizzierte Filterbank zur Erzeugung von Teilbandsignalen unterschiedlicher
Bandbreiten B
i, mit i=1, ..., I und 2≤I<K bewirkt eine Verzögerung (Gruppenlaufzeit) der K Teilbandsignale,
die abhängig ist von der jeweiligen Signal- bzw. Kanalbandbreit B
i. Dadurch ergeben sich zwischen den Teilbandsignalen bzw. Teilbandsignalgruppen unterschiedlicher
Bandbreite B
i Sprünge in der Gesamtsignalverzögerung, die sich störend auf die Signalqualität auswirken.
[0007] Aus der Druckschrift
WO 98/02983 ist ein Geräuschreduktionsfilter mit geringer Verzögerung bekannt. Eine Analysefilterbank
zerlegt ein Eingangssignal in zwei Ausgangskanäle. Das Signal des ersten Kanals ist
eine Schätzung einer periodischen Komponente des Eingangssignals und das Signal des
zweiten Kanals ist eine Schätzung einer nichtperiodischen Komponente des Eingangssignals.
Im ersten Kanal wird das Signal einer Verzögerung unterzogen, während das Signal im
zweiten Kanal ein Geräuschreduktionsfilter passiert.
[0009] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung besteht somit darin, die Signalqualität bei
der Verarbeitung von Signalen in Hörvorrichtungen mit Hilfe mehrstufiger Filterbänke
zu verbessern.
[0010] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst durch eine Hörvorrichtung mit einem Filterbank-System,
das eine mehrstufige Analysefilterbank und/oder eine mehrstufige Synthesefilterbank
aufweist, um ein Eingangssignal der Hörvorrichtung durch mehrere Filterbank-Kanäle
in mehrere Teilbandsignale zu zerlegen und/oder um Teilbandsignale mehrerer Filterbank-Kanäle
wieder zusammenzufügen, wobei das Filterbank-System mit mindestens einem Entzerrungsfilter
ausgestattet ist, um Unterschiede der Frequenzgänge zwischen Filterbank-Kanälen auszugleichen.
[0011] In vorteilhafter Weise ist es mit dem Entzerrungsfilter (Equalizer) möglich, die
unterschiedlichen Gruppenlaufzeiten und gegebenenfalls unterschiedliche Betragsverläufe
der Frequenzgänge der Filterbank-Kanäle auszugleichen bzw. Laufzeitsprünge zu verschleifen
oder zu glätten.
[0012] Somit können Unstetigkeitsstellen im Frequenzgang des Filterbank-Systems beseitigt
und damit zusammenhängende Störungen unterdrückt werden.
[0013] Vorzugsweise ist sowohl die Analyse-Filterbank als auch die Synthese-Filterbank mehrstufig
aufgebaut, und das Entzerrungsfilter ist zwischen zwei hierarchischen Ebenen von Filtern
des Filterbank-Systems angeordnet. Alternativ kann das Entzerrungsfilter in der untersten
Stufe der Analyse-Filterbank oder der Synthese-Filterbank angeordnet sein. Damit sind
nur ein oder mehrere Equalizer notwendig, die bei der niedrigsten Abtastrate arbeiten
und somit weniger Rechenleistung erfordern.
[0014] Weiterhin alternativ kann das Entzerrungsfilter in der obersten Stufe der Synthese-Filterbank
angeordnet sein. Vorteilhaft daran ist, dass der Gruppenlaufzeit-/Betragsfrequenzgang-Übergang
über die maximale Frequenzbreite, nämlich die gesamte Signalbandbreite verteilt werden
kann.
[0015] Vorzugsweise wird das Entzerrungsfilter in der Synthese-Filterbank angeordnet. Hiermit
lassen sich auch Verzerrungen, die von der Analyse-Filterbank herstammen, entzerren.
[0016] Vorzugsweise sind in dem Filterbank-System mindestens zwei Paare nebeneinander liegender
Filterbänke vorhanden, die im Verhältnis zueinander unterschiedliche Bandbreite besitzen,
so dass bei jedem Filterbankpaar jeweils zwei Filterbank-Kanäle verschiedener Breite
nebeneinander liegen, und im breiteren der jeweils zwei Filterbankkanäle ist je ein
Entzerrungsfilter zur Gruppenlaufzeiterhöhung angeordnet. Damit lässt sich ohne weiteres
ein stetiger Übergang der Gruppenlaufzeit an den Teilbandgrenzen erreichen.
[0017] Die vorliegende Erfindung wird anhand der beigefügten Zeichnungen näher erläutert,
in denen zeigen:
- FIG 1
- den prinzipiellen Aufbau eines Hörgeräts gemäß dem Stand der Technik;
- FIG 2
- die Struktur einer gesamten Filterbank-Kaskade aus AFB und SFB mit Equalizer;
- FIG 3
- ein Gruppenlaufzeitdiagramm über mehrere Teilbänder der Filterbänke von FIG 2;
- FIG 4
- die Struktur eines Entzerrungsfilters realisiert als Kaskade von rekursiven Strukturen
zweiter Ordnung;
- FIG 5
- eine Allpassstruktur mit minimaler Multipliziereranzahl;
- FIG 6
- einen Signalflussgrafen eines Allpasses ersten Grades;
- FIG 7
- einen Signalflussgrafen eines Allpasses zweiten Grades;
- FIG 8
- ein Gruppenlaufzeitdiagramm mit Sprungkompensation;
- FIG 9
- die Spezifikation eines komplexen Entzerrungsfilters und
- FIG 10
- die Spezifikation eines reellen Entzerrungsfilters.
[0018] Die nachfolgend näher geschilderten Ausführungsbeispiele stellen bevorzugte Ausführungsformen
der vorliegenden Erfindung dar.
[0019] In FIG 2 ist eine Filterbank-Kaskade bestehend aus einer mehrstufigen Analyse-Filterbank
(AFB) und einer mehrstufigen Synthese-Filterbank (SFB) dargestellt. Die beispielhafte
Filterbank dient zur Signalverarbeitung in einer Hörvorrichtung und insbesondere in
einem Hörgerät. Die eingangsseitige Filterbank (FB1) der AFB zerlegt das Eingangssignal
in vier Kanäle. Die ausgangsseitigen Filterbänke FB2A, FB2B, FB2C und FB2D zerlegen
die vier Kanäle weiter in letztlich 24 Kanäle. Der unterste Kanal der FB1 wird dabei
durch die FB2A in zwölf Kanäle zerlegt, während die übrigen drei Kanäle der FB1 mit
Hilfe der ausgangsseitigen Filterbänke FB2B, FB2C und FB2D jeweils in vier Kanäle
zerlegt werden. Die Eingangsabtastrate der FB1 beträgt beispielsweise 4 kHz. Die Abtastrate
zwischen den beiden Filterbankstufen f
Zw beträgt im gewählten Beispiel 6 kHz. Die Abtastraten in den Teilbandkanälen am Ausgang
der AFB beträgt in den hohen Frequenzgruppen also nach den Filterbänken FB2B, FB2C
und FB2D jeweils 3kHz. Die Abtastrate nach der Filterbank FB2A der unteren Frequenzgruppe
beträgt 1,2 kHz. Es erfolgt hier also in vorteilhafter Weise eine Abwärtstastung.
[0020] Nach der AFB wird eine teilbandspezifische SignalManipulation durchgeführt, die in
FIG 2 jedoch nicht dargestellt ist. Der Übersicht halber schließt sich an die AFB
in FIG 2 unmittelbar die SFB zur Resynthese des Signals an. Die SFB ist hinsichtlich
der Filterbänke in den einzelnen Stufen symmetrisch zu der AFB aufgebaut. Demnach
befinden sich in der untersten Stufe der SFB die Filterbänke FB3A, FB3B, FB3C und
FB3D, die jeweils zwölf bzw. vier Teilbandsignale zu einem Signal zusammenfügen. Die
vier resultierenden Signale mit einer Abtastrate von 6 kHz werden der höheren Synthesestufe
FB4 zugeführt, die die Signale zu einem Ausgangssignal mit einer Abtastrate von 24
kHz zusammensetzt.
[0021] Die breiteren Filterbänke FB2A und FB3A in der unteren Frequenzgruppe führen hier
auch zu einer erhöhten Gruppenlaufzeit τ
g gegenüber der nächst höheren Frequenzgruppe mit den schmäleren Filterbänken FB2B
und FB3B. Dies kann FIG 3 anschaulich entnommen werden. Der Übersicht halber sind
dort lediglich die Wirkungen der Filterbänke FB3A, FB3B und FB3C der Synthese-Filterbank
eingezeichnet. An der Grenze zwischen den beiden Filterbänken FB3A und FB3B ergäbe
sich ein Gruppenlaufzeitsprung, der gestrichelt eingezeichnet ist. Ein derartiger
Sprung würde jedoch zu Störungen im Ausgangssignal führen.
[0022] Erfindungsgemäß wird daher der Filterbank FB3B ein Entzerrungsfilter (Equalizer EQ)
nachgeschaltet. Dieses Entzerrungsfilter EQ erhöht die Gruppenlaufzeit der Filterbank
FB3B an der oberen (höherfrequenten) Bandkante auf den Wert der Gruppenlaufzeit der
Filterbank FB3A an deren unterer Bandkante. Somit ergibt sich der in FIG 3 durchgezogene,
stetige Verlauf zwischen den beiden Filterbänken FB3A und FB3B. Störungen im Ausgangssignal
aufgrund von Gruppenlaufzeitunterschieden der Filterbänke können so größtenteils vermieden
werden. Das Entzerrungsfilter EQ kann aber auch an anderen Stellen in dem AFB-SFB-System
angeordnet sein. Dadurch wäre beispielsweise der gepunktete Übergang der Gruppenlaufzeit
von dem Wert der Filterbank FB3A zum Wert der Filterbank FB3C in FIG 3 möglich (näheres
siehe unten).
[0023] Entsprechend dem Grundgedanken der vorliegenden Erfindung wird ein AFB-SFB-System
generell mit mindestens einem Entzerrer (Equalizer EQ) ausgestattet, um Gruppenlaufzeitunterschiede
und/oder Dämpfungs-/Verstärkungsunterschiede zwischen Filterbank-Kanälen unterschiedlicher
Bandbreite B
i zu vermindern. Dabei sollte sich die Entzerrungsfunktion stets auf den Fall beziehen,
dass die Teilbandsignale der AFB-SFB-Filterbank keiner Manipulation unterworfen sind,
also ein so genannter "Ruhezustand" vorliegt. Ziel des Angleichungsverfahrens ist
dabei nicht die absolute Angleichung der Eigenschaften der Filterbank-Kanäle unterschiedlicher
Bandbreite, sondern die abrupten, auf einen sehr schmalbandigen Frequenzbereich beschränkten
Übergänge der Übertragungseigenschaften auf ein breiteres Frequenzband auszudehnen,
um damit störende Artefakte zu vermeiden. Allgemein sollen also mit dem Entzerrungsfilter
Gruppenlaufzeiten in gewissen Teilbändern erhöht bzw. Dämpfungen/Verstärkungen in
gewünschter Weise verändert werden. In einem Spezialfall könnte so auch in Anlehnung
an das Beispiel von FIG 3 die Gruppenlaufzeit der Filterbank FB3B an der oberen Bandkante
vom Wert der Gruppenlaufzeit der Filterbank FB3C auf den Wert der Gruppenlaufzeit
der Filterbank FB3A an der unteren Bandkante erhöht werden.
[0024] Nachfolgend werden weitere Ausführungsbeispiele für eine Anordnung von einem oder
mehreren Entzerrungsfiltern EQ in dem Filterbanksystem dargestellt:
[0025] Beispielsweise kann ein Entzerrungsfilter EQ auch in die AFB integriert werden. Insbesondere
könnte es analog zu dem Beispiel von FIG 2 zwischen den Ausgang der Filterbank FB1
und den Eingang der Filterbank FB2B geschaltet sein. Bei mehreren Mikrofonen, die
auch mehrere AFB erfordern, würde dies zu einem erhöhten Aufwand führen.
[0026] Entsprechend einem weiteren Ausführungsbeispiel könnte ein Entzerrungsfilter auf
der untersten Ebene der Teilbänder im breiteren (3kHz) Kanal mit der niedrigsten Mittenfrequenz
vorgesehen sein. In diesem Fall wird der Übergangsbereich nur über einen Kanal (der
Bandbreite 3 kHz) ausgedehnt, während er sich bei einer Anordnung des Entzerrungsfilters
in einer höheren Ebene beispielsweise über 3 x 3 kHz erstrecken kann. Alternativ muss
in vier benachbarten 3 kHz-Kanälen jeweils ein Entzerrungsfilter eingesetzt werden.
Vorteil beim Einsatz nur eines oder zweier Entzerrungsfilter auf dieser untersten
Ebene ist, dass sie bei niedrigster Abtastrate arbeiten können und somit in der Regel
weniger Rechenleistung erfordern.
[0027] Bei einem weiteren Ausführungsbeispiel wird das Entzerrungsfilter EQ in der höchsten
Ebene des kaskadierten Filterbank-Systems hier am Ausgang der Filterbank FB4, angeordnet.
Zwar erfordert dies eine höhere Abtastrate und damit einen höheren Aufwand, aber der
Gruppenlaufzeit - bzw. Betragsfrequenzgang -Übergang kann über die maximale Frequenzbreite,
d.h. die gesamte Signalbandbreite verteilt werden (vgl. gepunktete Linie in FIG 3)
[0028] In einem weiteren Ausführungsbeispiel besitzt das Filterbank-System mehr als zwei
unterschiedliche Bandbreiten. An jedem Übergang zwischen benachbarten Kanälen unterschiedlicher
Bandbreite ist ein Entzerrungsfilter EQ vorgesehen. Dabei ist das Entzerrungsfilter
jeweils in dem Kanal mit der größeren Bandbreite anzuordnen, da es dort die Gruppenlaufzeit
erhöhen muss. Im Fall einer Betragsfrequenzgangsentzerrung kann das verstärkende oder
abschwächende Entzerrungsfilter EQ auch in dem jeweils anderen Kanal angeordnet sein.
[0029] Wie die oben dargestellten Ausführungsbeispiele zeigen, bringt die erfindungsgemäße
Einführung von Entzerrern bzw. Entzerrungsfiltern EQ in einzelnen Filterbank-Kanälen
auf unterschiedlicher hierarchischer Ebene eine Vermeidung abrupter Übergänge der
Dämpfung/Verstärkung und/oder der Gruppenlaufzeit. Besondere Vorteile ergeben sich,
wenn eine möglichst kleine Anzahl von Entzerrungsfiltern EQ eingesetzt wird, in-dem
sie an denjenigen Stellen angeordnet werden, wo sie am wirksamsten sind. Sie können
aber auch dort angeordnet werden, wo sie am wenigsten Rechenaufwand verursachen.
[0030] Das Entzerrungsfilter EQ, mit dem auf einem sehr schmalbandigen Frequenzbereich beschränkte
Übergänge der Übertragungseigenschaften auf ein breiteres Frequenzband ausgedehnt
werden können, kann auf vielfältige Art und Weise realisiert werden. Nachfolgend sind
einige konkreten Realisierungsformen aufgezählt:
- 1. Rekursive (IIR) Realisierung des Entzerrers EQ mit einer der beiden Direktformen
(= 1. und 2. kanonische Form aus Karl-Dirk Kammeyer, Kristian Kroschel: "Digitale Signalverarbeitung, Filterung und
Spektralanalyse mit MATLAB-Übungen", 6. Auflage, Teubner Verlag 2006, Kapitel 4.1,
Seiten 78 ff.) mit hoher Koeffizientenempfindlichkeit. Eine weitere Realisierungsmöglichkeit besteht
in der Kaskadenform (= 3. kanonische Form; hierzu ebenso K-D Kammeyer et al. a.a.O.)
mit geringer Koeffizientenempfindlichkeit. FIG 4 zeigt eine derartige Struktur des
Entzerrungsfilters EQ. Es verhält sich beispielsweise wie ein Allpass und stellt eine
herkömmliche Kaskade aus rekursiven Filtern zweiter Ordnung dar. Die Filterkoeffizienten
von EQ sind beispielsweise mit der MATLAP-Funktion tf2sos in diese Form umzurechnen.
Aus dem Allpass sechster Ordnung ergeben sich so drei Sektionen (γ = 2, 3) zweiter
Ordnung mit dem Verstärkungsfaktor g•, dem Koeffizienten des FIR-Teils b0, •, b1, •, b2, • und den Koeffizienten des IIR-Teils a1, •, a2, •. Schließlich lässt sich der Entzerrer EQ auch mit einer Parallelform (= 4. kanonische
Form; vgl. ebenso K-D Kammeyer et al. a.a.O.) mit geringer Koeffizientenempfindlichkeit
realisieren.
- 2. Nichtrekursive (FIR) Realisierung des Entzerrers EQ mit einer der beiden Direktformen
(= 1. und 2. kanonische Form) mit in diesem Fall geringer Koeffizientenempfindlichkeit,
aber auch mit der Kaskadenform (= 3. kanonische Form) mit geringer Koeffizientenempfindlichkeit
(vgl. hierzu ebenso K-D Kammeyer et al. a.a.O.).
- 3. Ausführung des Entzerrers zur kombinierten Entzerrung von Betragsfrequenzgang und
Gruppenlaufzeit: Realisierung als IIR-System oder als FIR-System mit nicht symmetrischer
Impulsantwort (Koeffizienten) gemäß obiger Punkte 1 bzw. 2.
- 4. Ausführung des Entzerrers zur ausschließlichen Entzerrung von Betragsfrequenzgängen
von Filterbankkanälen: Realisierung als IIR-System oder als linearphasiges FIR-System
mit symmetrischer Impulsantwort (Koeffizienten) gemäß obiger Punkte 1 bzw. 2.
- 5. Ausführung des Entzerrers zur ausschließlichen Entzerrung der Gruppenlaufzeit von
Filterbankkanälen: Realisierung als IIR-Allpass gemäß obigem Punkt 1. Außerdem kann
der Entzerrer gemäß FIG 5 als sehr effizienter Allpass realisiert werden (vgl. K-D
Kammeyer et al., Kapitel 4.3 "Allpässe"). Die Allpassstruktur von FIG 5 ist zwar bezüglich
der Speicher nicht kanonisch, da 2n Speicherelemente für ein System n-ter Ordnung
benötigt werden, sie kommt dafür aber mit der Minimalzahl von Multiplizierern, nämlich
n+1, aus. Vom Standpunkt des Realisierungsaufwandes bietet diese Struktur gegenüber
der kanonischen Form daher Vorteile.
Der Entzerrer kann auch hier in Kaskadenform realisiert sein, wobei jeder Block erster
oder zweiter Ordnung ein bzw. zwei Verzögerungsglieder und einen (zwei) Mulizplizierer
benötigt. Ein entsprechender kanonischer Allpass erster Ordnung mit einem einzigen
Multiplizierer ist in FIG 6 wiedergegeben, während ein kanonischer Allpass zweiter
Ordnung mit zwei Multiplizierern in FIG 7 dargestellt ist.
- 6. Die Angleichung der Gruppenlaufzeit kann stetig durch einen Allpass in dem Entzerrungsfilter
EQ erfolgen. In FIG 8 ist der Gruppenlaufzeitsprung 10 dargestellt, der ohne das Laufzeitfilter
EQ auftritt. Damit die Gruppenlaufzeit möglichst monoton verändert wird, sind die
einzelnen Übergangsbereiche 11, 12, 13 und 14 der Filterübertragungsfunktionen H0, H1, H2 der Filterbänke FB3A, FB3B und FB3C zu beachten. Soll die Gruppenlaufzeit anstelle
des Sprungs 10 monoton verlaufen, so kann durch das Entzerrungsfilter EQ beispielsweise
die Gruppenlaufzeit addiert werden, die sich in FIG 8 unter der gestrichelten Linie
15 ergibt, welche die Übergangsbereiche 12 und 13 verbindet (vgl. auch FIG 3). Möchte
man des Weiteren die Gruppenlaufzeit für höhere Frequenzen möglichst niedrig halten,
so kann der Übergangsbereich für die Gruppenlaufzeit weiter eingeschränkt werden.
Der Verlauf der Gruppenlaufzeit kann dann entsprechend der durchgezogenen Linie 16
etwas steiler gehalten werden.
[0031] Das Entzerrungsfilter EQ kann weiter dadurch optimiert werden, dass ein möglichst
einfacher Allpass entworfen wird, der die Spezifikation nach FIG 8 näherungsweise
enthält. Dazu ist in FIG 9 zunächst die komplexwertige Spezifikation (resultierend
aus der Verarbeitung der Signale durch beispielsweise komplex modulierte Filterbank)eines
Allpasses normiert auf die Abtastrate f
zw im Teilband aufgetragen. Dabei beschreibt die gestrichelte Linie 17 einen Abfall
der zusätzlich eingeführten Gruppenlaufzeit, der technisch für eine einwandfreie Überlagerung
mindestens der Teilbänder nötig ist, und die durchgezogene Linie 18 einen steileren
Abfall im Sinne einer möglichst niedrigen Gruppenlaufzeit für höhere Frequenzen. Anstelle
eines komplexen Entzerrers gemäß FIG 9 kann aber gegebenenfalls auch ein reeller Entzerrer
entsprechend FIG 10 verwendet werden. Die durch die symmetrischen Anteile entstehenden
Artefakte stören hier nicht. Der Aufbau eines reellen Filters ist jedoch deutlich
einfacher als der eines komplexen Filters, so dass hier das reelle Filter zu bevorzugen
ist.
[0032] Die oben geschilderten Realisierungsformen ermöglichen einzeln oder in Kombination
miteinander in einer oder mehreren hierarchischen Ebenen einen Entzerrer in einzelnen
Filterbankkanälen zu verwirklichen, um abrupte Übergänge der Dämpfung/Verstärkung
und/oder der Gruppenlaufzeit zu vermeiden.
1. Hörvorrichtung mit
- einem Filterbank-System, das eine mehrstufige Analysefilterbank (AFB) und/oder eine
mehrstufige Synthesefilterbank (SFB) aufweist, um ein Eingangssignal der Hörvorrichtung
durch mehrere Filterbankkanäle in mehrere Teilbandsignale zu zerlegen und/oder um
Teilbandsignale mehrerer Filterbankkanäle wieder zusammenzufügen,
dadurch gekennzeichnet, dass
- das Filterbank-System mit mindestens einem Entzerrungsfilter (EQ) ausgestattet ist,
um Unterschiede der komplexen Frequenzgänge zwischen Filterbankkanälen auszugleichen.
2. Hörvorrichtung nach Anspruch 1, wobei mit dem Entzerrungsfilter (EQ) Gruppenlaufzeitunterschiede
zwischen den Filterbankkanälen ausgleichbar sind.
3. Hörvorrichtung nach Anspruch 1 oder 2, wobei mit dem Entzerrungsfilter (EQ) Dämpfungs-
oder Verstärkungsunterschiede zwischen den Filterbankkanälen ausgleichbar sind.
4. Hörvorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei sowohl die Analysefilterbank
(AFB) als auch die Synthesefilterbank (SFB) mehrstufig aufgebaut sind und das Entzerrungsfilter
(EQ) zwischen zwei hierarchischen Ebenen von Filtern des Filterbank-Systems angeordnet
ist.
5. Hörvorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Entzerrungsfilter
(EQ) in der Synthesefilterbank (SFB) angeordnet ist.
6. Hörvorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei das Entzerrungsfilter
(EQ) in der untersten Stufe der Analysefilterbank (AFB) oder der Synthesefilterbank
(SFB) angeordnet ist.
7. Hörvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, wobei das Entzerrungsfilter (EQ)
in der obersten Stufe der Synthesefilterbank (SFB) angeordnet ist.
8. Hörvorrichtung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, wobei in dem Filterbanksystem mindestens
zwei Paare nebeneinander liegender Filterbänke vorhanden sind, dabei die jeweils nebeneinander
liegenden Filterbänke im Verhältnis zueinander Kanäle unterschiedlicher Bandbreite
besitzen, so dass bei jedem Filterbankpaar jeweils zwei Filterbankkanäle verschiedener
Breite nebeneinander liegen, und im breiteren der jeweils zwei Filterbankkanäle je
ein Entzerrungsfilter (EQ) zur Gruppenlaufzeiterhöhung angeordnet ist.