[0001] Die vorliegenden Erfindung betrifft ein Verfahren zur Oberflächenbehandlung von nichtrostendem
Stahl (Beizen). Bei diesem Verfahren werden Zunder und Anlauffarben im Bereich von
Schweißnähten und wärmebehandelten Oberflächen in korrosionsbeständige Oxidschichten
umgewandelt. Ziel dieses Verfahrens ist eine verbesserte Korrosionsbeständigkeit ohne
dass dabei ein Metallabtrag stattfindet. Bei diesem Verfahren wird die Edelstahloberfläche
mit einer wässrigen oder pastösen Lösung/Mischung behandelt. Die Mischung umfasst
üblicherweise eine Kombination von Komplexbildnern und einem Oxydationsmittel.
STAND DER TECHNIK
[0002] Nicht rostender Stahl, der auch häufig als Edelstahl bezeichnet wird ist eine Eisenlegierung,
die neben Eisen und Chrom auch weitere Elemente wie Nickel, Molybdän, Titan, Kupfer
und andere enthalten kann. Wesentlicher Bestandteil der Edelstahllegierungen, deren
Behandlung Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist, ist das Element Chrom, das in
einer Mindestkonzentration von etwa 12 Gew.-% vorliegt, um eine erhöhte Beständigkeit
des Stahls gegen Korrosion sicherzustellen. Das Chrom, das in der Legierung vorhanden
ist, reagiert an der Oberfläche mit Sauerstoff aus der Umgebung und bildet eine Oxidschicht
auf der Oberfläche des Werkstoffs. Ab einem Chromgehalt von etwa 12 Gew.-% in der
Legierung des betreffenden Werkstoffs kann das entstehende Chromoxid zuverlässig eine
dichte Schicht an der Oberfläche bilden und schützt somit das Werkstück vor Korrosion.
Diese Schutzschicht wird als Passivschicht bezeichnet.
[0003] Eine solche Passivschicht ist in der Regel etwa 10 Moleküllagen dick und enthält
neben Chromoxid vor allem Eisenoxid in einer Konzentration von 10 - 55 Gew.-%. Je
geringer der Anteil von Eisenoxid in der Passivschicht ist, desto höher ist deren
chemische Beständigkeit.
[0004] Eine thermische Behandlung von Edelstahl in einer oxidierenden Atmosphäre bei Temperaturen
über 200 °C bewirkt eine fortschreitende thermische Oxidation des Werkstoffes unter
Bildung einer Oxidschicht, die im Wesentlichen aus Oxiden der in der Legierung vorhandenen
Metalle besteht und deren Mengenverhältnis zu einander im Wesentlichen dem Mengenverhältnis
der Metalle in der Legierung entspricht. Die thermischen Oxidschichten enthalten daher
je nach Legierung bis zu ca. 87 Gew.-% Eisenoxide. Diese Oxidschichten nehmen mit
wachsender Temperatur und Behandlungszeit an Dicke zu und führen zu Verfärbungen bis
hin zu schwarzen oder grauen Belägen. Diese sind als Zunder und Anlauffarben bekannt.
[0005] Derartige Oxidschichten, die deutlich mehr Eisenoxid als Chromoxid enthalten, sind
nicht gegen Korrosion beständig, weshalb der Edelstahl in diesen Bereichen nicht für
den allgemeinen Gebrauch ausreichend korrosionsbeständig ist. In feuchter Umgebung
reagiert das Eisenoxid mit Wasser zu Eisenhydroxid und bildet Rost.
[0006] Die zuverlässige und vollständige Entfernung von Zunder und Anlauffarben von Edelstahloberflächen
ist eine zwingende Voraussetzung für die nachfolgende Ausbildung einer intakten Passivschicht,
welche die Korrosionbeständigkeit des Edelstahls bewirkt. Nach dem bisherigen Stand
der Technik erfolgt die Beseitigung von thermischen Oxiden entweder durch mechanische
Reinigung mittels Schleifen, Bürsten oder Strahlen oder durch chemisches oder elektrolytisches
Beizen.
[0007] Die mechanischen Verfahren haben den Nachteil, dass die Reinigungswirkung nicht vollständig
und ausreichend ist und schwer zugängliche Bereiche wie Ecken, Spalte und Hohlräume
nicht erreicht. Kleine und empfindliche Werkstücke werden dabei leicht beschädigt.
[0008] Elektrolytisches Beizen setzt wässrige Gemische aus Mineralsäuren ein, die unter
Einwirkung von Gleichstrom zu einem anodischen Abtrag der obersten Metallschicht durch
elektrochemische Auflösung führen, wobei die aufliegenden Oxidschichten mit beseitigt
werden. Diese Verfahren können nur bei dünnen Oxidschichten angewandt werden, die
für Gleichstrom und Elektrolyt durchlässig sind. Desweiteren erfordern sie einen hohen
Aufwand hinsichtlich der Anlagentechnik. Sie arbeiten mit Gefahrstoffen wobei auch
schwermetallhaltige Abwässer entstehen, die aufwändig behandelt und entsorgt werden
müssen.
[0009] Chemische Beizverfahren lösen die Oxidschichten und das Metall der obersten Werkstoffschicht
chemisch auf, wodurch eine metallisch saubere Oberfläche erzeugt wird. Auf dieser
kann sich anschließend eine homogene Passivschicht bilden, die den Werkstoff wirksam
vor Korrosion schützt. Chemisches Beizen ermöglicht eine Behandlung der gesamten Oberfläche
von Werkstücken einschließlich schwer zugänglicher Bereiche. Nachteilig ist die Tatsache,
dass zur Auflösung der Oxide und des Werkstoffes extrem aggressive und gefährliche
Chemikalien erforderlich sind, die für Mensch und Umwelt ein hohes Risiko darstellen.
[0010] Wesentliche Bestandteile chemischer Beizen für Edelstahl sind Flusssäure (HF) oder
Fluoride aus Salzen der Flusssäure, die in wässriger Lösung Flusssäure bilden, sowie
Oxidationsmittel wie Salpetersäure oder Wasserstoffperoxid. Flusssäure ist extrem
giftg und kann schon bei relativ geringem Hautkontakt zum Tod führen. Salpetersäure
setzt beim Beizen giftige nitrose Gase frei, die stark lungenschädigend wirken. Flusssäure
und Salpetersäure sind gasende Säuren, weshalb die Luft in der Arbeitsumgebung abgesaugt
und gesondert behandelt werden muß. Das für chemisches Beizen eingesetzte Personal
muß entsprechende Schutzkleidung und ggf. Atemschutz tragen und unterliegt einer ständigen
ärztlichen Überwachung.
[0011] Herstellung, Transport, Lagerung und Verwendung der zum chemischen Beizen verwendeten
Chemikalien unterliegen strengen Sicherheitsauflagen. Die beim chemischen Beizen anfallenden
Abwässer enthalten in hoher Konzentration die in der Beize enthaltenen Säuren sowie
die in der Legierung enthaltenen Schwermetalle wie Chrom, Eisen, Nickel und Molybdän.
Sie müssen zur Entsorgung aufwändig chemisch behandelt und die anfallenden Feststoffe
als Sondermüll deponiert werden. Verbrauchte Beizlösungen sind als gefährlicher Sondermüll
zu entsorgen.
[0012] Aus der stark zunehmende Verwendung von Edelstahl in allen Bereichen des Lebens und
der Industrie und der damit zunehmenden Notwendigkeit des Beizens ergibt sich das
dringende Bedürfnis nach einem Beizverfahren für Edelstahl, das für Mensch und Umwelt
unschädlich ist.
[0013] Gegenstand der der vorliegenden Erfindung ist ein chemisches Beizverfahren für Edelstahl,
das für Mensch und Umwelt unschädlich und hinsichtlich der erzielbaren Korrosionsbeständigkeit
den Verfahren gemäss dem Stand der Technik zumindest gleichwertig, in weiten Teilen
jedoch deutlich überlegen ist.
BESCHREIBUNG DER ERFINDUNG
[0014] Alle bisher benutzten Verfahren zum Beizen von Edelstahl haben zur Grundlage die
bestehenden Oxidschichten einschließlich der obersten Werkstoffschicht abzutragen,
damit sich anschließend auf der gereinigten Metalloberfläche unter Einwirkung von
Sauerstoff aus der Umgebung allmählich eine Passivschicht der gewünschten Qualität
ausbilden kann.
[0015] Die vorliegende Erfindung wählt zur Lösung der Aufgabe einen neuen, bisher nicht
genutzten Weg:
[0016] Die Erfindung geht von der Vorstellung aus, dass es grundsätzlich nicht erforderlich
ist, die bestehenden thermischen Oxidschichten zu beseitigen. Stattdessen reicht es
auch, die Konzentration von Eisenoxiden in den thermischen Oxidschichten soweit zu
verringern, dass die thermischen Oxidschichten im Ergebnis ein Konzentrationsverhältnis
von Chromoxiden zu Eisenoxiden aufweisen, das zumindest dem von intakten Passivschichten
entspricht. Um Eisenoxide selektiv aus den thermischen Oxidschichten entfernen zu
können, bedarf es eines Mittels dessen chemische Affinität selektiv zu Eisen stärker
ist, als die Affinität von Eisen zu Sauerstoff. Dies macht es möglich, dass die Eisenoxide
aufgespalten werden. Das Eisen kann dann selektiv aus den thermischen Oxidschichten
entfernt werden.
[0017] Überraschend zeigte sich, dass zum Beispiel eine wässrige Lösung mit einer speziellen
Kombination von organischen Komplexbildnern in Verbindung mit einem Oxidationsmittel
diese gesuchten Eigenschaften aufweist. Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht
es selektiv das Eisen aus sämtlichen Oxidationsstufen des Eisens mit Ausnahme von
Hämatit zu entfernen. Hämatit ist jedoch auch unter korrosiven Bedingungen chemisch
ausreichend stabil so dass verbleibende Hämatitreste keine negativen Auswirkungen
auf die Korrosionsbeständigkeit von Edelstahl haben.
[0018] Gegenstand der Erfindung ist somit ein Verfahren zur Oberflächenbehandlung von nichtrostendem
Stahl, bei dem die thermischen Oxidschichten mit einer Zusammensetzung in Kontakt
gebracht werden, die ein selektives Herauslösen von Eisenionen aus der Oxidschicht
bewirkt.
[0019] Thermische Oxidschichten im Sinne der Erfindung sind Zunder und Anlauffarben wie
sie üblicherweise bei thermischer Behandlung oder beim Schweißen von nichtrostenden
Edelstählen auftreten. Diese Oberflächenschichten erkennt man regelmäßig daran, dass
sie zu einer Verfärbung der Oberfläche führen. Die Oberfläche kann dann eine strohgelbe
Einfärbung aufweisen, die aber, je nach Zeitdauer und Intensität der thermischen Behandlung
der Oberfläche, sogar in braune und blaue Farbtöne übergehen kann.
[0020] Bei hochlegierten Stählen beobachtet man regelmäßig die folgenden Anlauffarben und
Schichtdicken bei einer Temperung (erhöhter Temperatur) von etwa 350°C bis > 1200
°C:
Farbe |
Temperatur |
Schichtdicke |
Chromgelb |
< 400 °C |
<= 5 nm |
Strohgelb |
> 400 °C |
<= 25nm |
Goldgelb |
∼ 500 °C |
50-75 nm |
Braunrot |
∼ 650 °C |
75-100 nm |
Kobaltblau |
|
100-125 nm |
Lichtblau |
∼ 1000 °C |
125-175 nm |
Farblos |
|
175-275 nm |
Braungrau |
∼1200 °C |
> 275 nm |
[0021] Die chemische Zusammensetzung der erfindungsgemäß eingesetzten Lösung oder Mischung
wird nun derart gewählt, dass es zum einen nicht zu einem messbaren Abtrag der Oberfläche
kommt, andererseits aber ein Herauslösen der Eisenionen aus der Oberfläche stattfindet.
Im Ergebnis verhält sich das erfindungsgemäße Verfahren also wie ein Beizverfahren,
wobei im Gegensatz zum Beizen nach dem Stand der Technik die thermischen Oxidschichten
nicht abgelöst werden. Deshalb ist es auch möglich erfindungsgemäß solche Mischungen
einzusetzen, die nicht die Nachteile der im Stand der Technik zum Einsatz kommenden
Beizbäder mit sich bringen.
[0022] Das Herauslösen der Eisenionen aus der Oberfläche findet vorzugsweise selektiv statt.
"Selektiv" bedeutet hier, dass der Komplexbildner für Eisen eine stärkere Affinität
(das heißt stärkere Komplexbildung) als gegenüber den anderen Bestandteilen in den
thermischen Oxidschichten (beispielsweise Chrom oder Nickel) aufweist.
[0023] Üblicherweise umfassen die erfindungsgemäßen Lösungen/Mischungen eine Kombination
aus einem Komplexbildner für Eisen und einem Oxidationsmittel. Der Komplexbildner
ist üblicherweise eine solche Verbindung, die Eisenionen in wässriger Lösung komplexieren
kann. Als Komplexbildner lassen sich insbesondere Hydroxycarbonsäuren, Phosphonsäuren
sowie organische Nitrosulfonsäuren einsetzen.
[0024] Die bevorzugten Komplexbildner sind mehrzähnige Komplexbildner. Diese mehrzähnigen
Komplexbildner können mit Eisenionen Chelatkomplexe bilden. Dadurch wird es möglich
das Verhältnis Chromoxid zu Eisenoxid in den thermischen Oxidschichten zu erhöhen.
[0025] Beispiele für geeignete Komplexbildner umfassen weiterhin Hydroxycarbonsäure, die
1, 2 oder 3 Hydroxylgruppen und 1, 2 oder 3 Carboxylgruppen aufweisen bzw. deren Salze.
Eine besonders geeignete Hydroxycarbonsäure ist die Zitronensäure. Ein weiterer geeigneter
Komplexbildner ist die Phosphonsäure mit der allgemeinen Formel R'-PO(OH)
2, wobei R' ein monovalenter Alkyl-, Hydroxyalkyl- oder Aminoalkylrest ist. Auch Diphosphonsäure
der allgemeinen Formel R"[-PO(OH)
2]
2 kann erfindungsgemäß eingesetzt werden, wobei R" ein divalenter Alkyl-, Hydroxyalkyl-
oder Aminoalkylrest ist. Anstelle von oder zusätzlich zu diesen Phosphonsäuren und/oder
Diphosphonsäuren können auch ein oder mehrere Salze dieser Phosphonsäuren bzw. Diphosphonsäuren
eingesetzt werden. Ein besonders bevorzugtes Beispiel einer solchen Säure ist 1-Hydroxyethan-1,1-diphosphonsäure
(HEDP) bzw. deren Salz. Weitere geeignete Komplexbildner sind die organischen Nitrosulfonsäuren,
beispielsweise Nitroalkylsulfonsäuren, Nitroarylsulfonsäuren bzw. deren Salze. Eine
besonders bevorzugte Nitroarylsulfonsäure ist die meta-Nitrobenzolsufonsäure. Die
eingesetzten substituierten oder nicht substituierten Alkyl- oder Arylreste sollten
derart gewählt werden, dass die Säure bzw. das Salz eine ausreichende Löslichkeit
in der wässrigen Lösung/Mischung besitzt. Deshalb weist eine Kohlenwasserstoffkette
vorzugsweise nicht mehr als zwölf Kohlenstoffatome auf.
[0026] Die erfindungsgemäßen Zusammensetzungen können zusätzlich Oxidationsmittel enthalten.
Geeignete Oxidationsmittel sind beispielsweise Nitrate, Peroxoverbindungen, Iodate
und Cer(IV)-Verbindungen in Form der jeweiligen Säuren bzw. der wasserlöslichen Salze.
Beispiele für Peroxoverbindungen sind Peroxide, Persulfate, Perburate oder auch Percarboxylate
wie etwa Peracetat. Die Oxidationsmittel können alleine oder in Form von Gemischen
eingesetzt werden.
[0027] Als nichtrostender Stahl oder Edelstahl wird im Sinne der Erfindung eine Eisenlegierung
angesehen, die einen beträchtlichen Anteil beispielsweise etwa 13 Gew.-% und mehr
Chrom enthält.
[0028] Die erfindungsgemäßen Lösungen/Mischungen können außerdem noch einen oder mehrere
Netzmittel umfassen, die die Oberflächenspannung der wässrigen Zusammensetzungen herabsetzen.
Beispiele für geeignete Netzmittel sind etwa die bereits im Zusammenhang mit Komplexbildnern
beschriebenen Nitroalkyl-, bzw. Nitroarylsulfonsäuren, oder auch Alkylglykole der
allgemeinen Formel H-(O-CHR-CH
2)
n-OH, wobei R Wasserstoff oder ein Alkylrest mit 1, 2 oder 3 Kohlenstoffatomen ist,
und n vorzugsweise eine ganze Zahl zwischen 1 und 5 ist, beispielsweise 2 oder 3.
[0029] Eine ganz besonders geeignete Zusammensetzung, die zur Oberflächenbehandlung im Sinne
der Erfindung eingesetzt werden kann, hat die folgende Zusammensetzung:
- 0,5-10 Gew.-%, insbesondere 3,0-5,0 Gew.-%, mindestens einer Hydroxycarbonsäure mit
1-3 Hydroxyl- und 1-3 Carboxylgruppen bzw. deren Salz(e),
- 0,2-5,0 Gew.-%, insbesondere 0,5-3,0 Gew.-%, mindestens einer Phosphonsäure der allgemeinen
Formel R'-PO(OH)2 bzw. deren Salz(e), wobei R' ein monovalenter Alkyl-, Hydroxylalkyl- oder Aminoalkylrest
ist, und/oder der allgemeinen Formel R"[-PO(OH)2]2 bzw. deren Salz(e), wobei R" ein divalenter Alkyl-, Hydroxyalkyl- oder Aminoalkylrest
ist,
- 0,1-5,0 Gew.-%, insbesondere 0,5-3-0 Gew.-%, mindestens einer Nitroaryl- oder Nitroalkylsulfonsäure
bzw. deren Salz(e),
- 0,05-1,0 Gew.-%, insbesondere 0,1-0,5 Gew.-%, mindestens eines Alkylglykols der allgemeinen
Formel H-(O-CHR-CH2)n-OH, wobei R Wasserstoff oder ein Alkylrest mit 1-3 Kohlenstoffatomen ist und n 1-5
ist, und
- 0,2-20 Gew.-%, insbesondere 0,5-15 Gew.-% eines Oxidationsmittels,
wobei der Rest der Zusammensetzung Wasser ist.
[0030] In diesen Zusammensetzungen können zusätzlich weitere Netzmittel in einer Konzentration
zwischen 0,02 und 2,0 Gew.-%, vorzugsweise zwischen 0,05 und 1,0 Gew.-%, zugegeben
werden. Außerdem können diese Zusammensetzungen gegebenenfalls noch ein oder mehrere
Verdickungsmittel enthalten. Geeignete Verdickungsmittel sind beispielsweise Methylcellulose
und Kieselgur. Ein solches Verdickungsmittel dient dazu die Viskosität der Mischung
zu erhöhen.
[0031] Das erfindungsgemäße Verfahren wird regelmäßig bei einer Temperatur zwischen Raumtemperatur
und 95 °C durchgeführt. Es sind aber auch andere Temperaturen denkbar, wobei immer
gewährleistet sein muss, dass es nicht zu einem beträchtlichen Abtrag der behandelten
thermischen Oxidschichten kommt.
[0032] Die erfindungsgemäße Oberflächenbehandlung erfolgt üblicherweise über einen Zeitraum,
der zwischen 1 und 7 Stunden liegen kann.
[0033] Im Anschluss an die Oberflächenbehandlung wird die Edelstahloberfläche regelmäßig
gespült, wobei üblicherweise eine Spülung mit entionisiertem Wasser stattfindet.
[0034] Das Beizverfahren kann im Tauchbad oder durch Auftragen auf die zu reinigenden Oberflächen
als Flüssigkeit durch Sprühen, Rieseln, Wischen oder - leicht eingedickt durch ein
geeignetes Verdickungsmittel (Methylzellulose) - als streichfähige Paste erfolgen.
[0035] Die Anwendungstemperatur beträgt im Tauchbad. vorzugsweise 50 °C bis 95 °C, bevorzugt
50 °C bis 70 °C. Die Beizzeit beträgt 3 bis 5 Stunden je nach Grad der Verzunderung,
der zu beizenden Legierung und der angewandten Temperatur. Bei niedrigeren Temperaturen
kann die Einwirkzeit länger sein. Temperaturen unter 50°C werden nur bei Anwendungen
außerhalb des Bades eingesetzt. Die Temperatur der Tauchbäder sollte mindestens dauerhaft
50 °C betragen, um einen biologischen Abbau der Beizflüssigkeit zu vermeiden.
[0036] Die vorliegende Erfindung hat somit auch zum Gegenstand die Verwendung einer einen
Komplexbildner für Eisen enthaltenden Zusammensetzung, die im Wesentlichen frei von
Flusssäure und/oder von Fluoridionen sowie anderen Haloginidionen und Mineralsäuren
ist, zur Oberflächenbehandlung eines Werkstücks aus nichtrostendem Stahl, wobei diese
Oberfläche thermische Oxidschichten aufweist.
[0037] Hinsichtlich des Komplexbildners, der weiteren Bestandteile der Zusammensetzung und
der Vorgehensweise bei der Oberflächenbehandlung gelten die zuvor für das Verfahren
aufgestellten und angegebenen Voraussetzungen und Merkmale.
[0038] Die Angabe "im Wesentlichen frei von Flusssäure und/oder Fluoridionen" bedeutet,
dass die Zusammensetzung zum Beispiel nicht Flusssäure in einem Anteil enthält, wie
er bei üblichen Beizmitteln vorliegt. Vorzugsweise ist die Zusammensetzung aber vollständig
frei von Flusssäure. Üblicherweise enthält die Zusammensetzung auch praktisch keine
Mineralsäuren.
BEISPIELE
Beispiel 1:
[0039] Sechs 1 mm dicke Edelstahlbleche der Qualität 1.4301 (AISI 304) mit austenitischem
Gefüge und mit kaltgewalzter Oberfläche wurden aus einem Blech geschnitten und anschließend
paarweise zu drei Proben verschweisst (A B und C). Anschließend wurden die Proben
alkalisch entfettet, mit entionisiertem Wasser gespült und getrocknet.
Probe A blieb unbehandelt.
Probe B wurde in einer Beizlösung bestehend aus 5 Gew.-% Flusssäure und 15 Gew.-%
Salpetersäure, Rest Wasser, für die Dauer von 3 Stunden bei Raumtemperatur getaucht,
anschließend mit entionisiertem Wasser abgespült und für die Dauer von 30 Minuten
bei Raumtemperatur in einer Passivierungslösung bestehend aus 20 Gew.-% Salpetersäure,
Rest Wasser, getaucht. Abschließend wurde die Probe mit entionisiertem Wasser gespült
und getrocknet.
Probe C wurde in einer Beizlösung bestehend aus
3,3% Zitronensäure
2,1% Nitroalkylsulfonsäure
3,5% Hydroxyethandiphosphonsäure
0,2% Ethylenglykol
0,1% Netzmittel
25% Magnesiumnitrat · 6 H2O
Rest Entionisiertes Wasser
für die Dauer von 3 Stunden bei 70 °C getaucht, anschließend mit entionisiertem Wasser
gespült und getrocknet.
[0040] An den Proben A, B und C wurde anschließend potentiodynamisch in künstlichem Meerwaser
mit 20.000 ppm Chlorid das Lochfraßpotential gegen eine Ag/AgCl-Elektrode in Millivolt
gemessen. Die Messung erfolgte an drei Stellen und zwar im Bereich des blanken, nicht
wärmebeeinflußten Bereichs, im Bereich der Wärmeeinflußzone und im Bereich der Schweißnaht.
Die Ergebnisse sind in Tabelle1 dargestellt.
Tabelle 1: Lochfraßpotenzial an Werkstoff 1.4301
Probe |
Unbeeinflusster Bereich |
Wärmeeinflußzone |
Schweißnahtbereich |
A |
370 |
280 |
150 |
B |
350 |
320 |
340 |
C |
500 |
400 |
350 |
Beipiel 2:
[0041] Sechs 1,2 mm dicke Edelstahlbleche der Qualität 1.4571 (AISI 316 Ti) mit kalt gewalzter
Oberfläche wurden aus einem Blech geschnitten und anschließend paarweise zu drei Proben
verschweisst (D,E und F).Anschliessend wurden die Proben alkalisch entfettet, mit
entionisiertem Wasser gespült und getrocknet.
Probe D blieb unbehandelt,
Probe E wurde behandelt wie Probe B
Probe F wurde behandelt wie Probe C
[0042] An den Proben D,E und F wurde anschließend entsprechend dem Beispiel 1 das Korrosionspotential
gemessen im Bereich des blanken, nicht wärmebeeeinflußten Bereichs, in der Wärmeeinflußzone
und an der Schweißnaht. Die Ergebnisse sind in Tabelle 2 dargestellt
Tabelle 2: Lochfraßpotenzial an Werkstoff 1.4571
Probe |
Unbeeinflusster Bereich |
Wärmeeinflußzone |
Schweißnahtbereich |
D |
480 |
400 |
400 |
E |
520 |
550 |
550 |
F |
700 |
650 |
630 |
[0043] Beide Beispiele zeigen, dass die durch das erfindungsgemäße Beizverfahren auf den
behandelten Oberflächen erzielten Lochfraßpotenziale (Proben C und F) gleich oder
höher sind verglichen mit dem Beizverfahren nach dem Stand der Technik (Proben B und
E).
[0044] Das erfindungsgemäße Beizverfahren weist gegenüber den Beizverfahren nach dem bisherigen
Stand der Technik eine Reihe wesentlicher Vorteile auf:
- Die verwendeten Chemikalien sind keine Gefahrstoffe. Herstellung, Transport, Lagerung
und Anwendung unterliegen keinen Einschränkungen oder besonderen Vorschriften. Das
erfindungsgemäße Beizverfahren kann überall angewandt werden und erfordert keine besonderen
Schutzmaßnahmen für Mensch und Umwelt.
- Die verwendeten Chemikalien sind biologisch abbaubar und bedürfen ebenso wie die anfallenden
Spülwässer zur Entsorgung keines besonderen Aufwandes.
- Die verwendeten Chemikalien belasten die Luft nicht durch Gase oder Gerüche.
- Das erfindungsgemäße Beizverfahren löst selektiv Eisen ausschließlich aus der bereits
bestehenden thermischen Oxidschicht. Chrom, Nickel, Molybdän und andere Schwermetalle
sowie das Metall der Werkstückoberfläche werden regelmäßig nicht aufgelöst und frei
gesetzt. Sie gelangen somit nicht in die Beizchemikalien und in das Spülwasser. Die
Menge an Eisen, die aus der bestehenden Oxidschicht gelöst wird, ist so gering, dass
die gesetzlichen Grenzwerte für Eisen im Spülwasser bei weitem nicht erreicht werden.
Das Spülwasser erfordert daher keine besondere Behandlung und es fallen keine festen,
schwermetallhaltigen Schadstoffe zur Entsorgung an.
- Die Menge des gelösten Eisens ist zu gering um ein Erschöpfen der Beizbäder durch
Metallanreicherung zu bewirken. Der Ersatz der an den gebeizten Oberflächen haftenden
und ausgeschleppten Mengen an Beizchemikalien durch frische Chemikalien hält die Konzentration
an Eisen im Bad deutlich unter 10% der kritischen Konzentration. Eine Rückgewinnung
der Beize durch Verdampfen mit Kreislaufführung des Spülwassers ist problemlos möglich.
- Das erfindungsgemäße Beizverfahren greift das Metall der Werkstückoberfläche nicht
an, weshalb Aussehen und Qualität der Oberflächen durch das Beizen nicht leiden.
- Da die bestehende Oxidschicht nicht abgetragen wird, ist bereits unmittelbar nach
der Behandlung die volle Korrosionsbeständigkeit des Edelstahls gewährleistet, ohne
dass es einer zusätzlichen Passivierungsbehandlung oder Wartezeit zur Bildung einer
neuen Passivschicht bedarf. Die Korrosionsbeständigkeit ist unabhängig vom Sauerstoffangebot
aus der Umgebung sofort gewährleistet.
1. Verfahren zur Oberflächenbehandlung von nichtrostendem Stahl, bei dem thermische Oxidschichten
mit einer Zusammensetzung behandelt werden, dadurch gekennzeichnet dass die thermischen Oxidschichten mit einer Zusammensetzung in Kontakt gebracht werden,
die ein Herauslösen von Eisenionen aus den thermischen Oxidschichten bewirkt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Zusammensetzung einen Komplexbildner enthält, der mit Eisenionen Komplexe bilden
kann.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Zusammensetzung zusätzlich ein Oxidationsmittel enthält.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, dass die Zusammensetzung besteht aus:
- mindestens einer Hydroxycarbonsäure mit 1-3 Hydroxyl- und 1-3 Carboxylgruppen bzw.
deren Salz(en),
- mindestens einer Phosphonsäure der allgemeinen Struktur R'-PO(OH)2 bzw. deren Salz(en), wobei R' ein monovalenter Alkyl-, Hydroxyalkyl- oder Aminoalkylrest
ist, und/oder der allgemeinen Struktur R"[-PO(OH)2]2 bzw. deren Salz(en), wobei R" ein bivalenter Alkyl-, Hydroxyalkyl- oder Aminoalkylrest
ist, und
- mindestens einer Nitroaryl- oder Nitroalkylsulfonsäure bzw. deren Salz(en).
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, wobei das Oxidationsmittel mindestens
eine Verbindung umfasst, die ausgewählt ist aus der Gruppe bestehend aus Nitrat, Peroxid,
Persulfat, Perborat, den Percarboxylaten, Iodat und den Cer(IV)-Verbindungen im Form
der jeweiligen Säuren und/oder Salze.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, dass die wässrige Lösung umfasst:
- 0,5-10 Gew.-% mindestens einer Hydroxycarbonsäure mit 1-3 Hydroxyl- und 1-3 Carboxylgruppen
bzw. deren Salz(e),
- 0,2-5,0 Gew.-% mindestens einer Phosphonsäure der allgemeinen Struktur R'-PO(OH)2 bzw. deren Salz(e), wobei R' ein monovalenter Alkyl-, Hydroxyalkyl- oder Aminoalkylrest
ist, und/oder der allgemeinen Struktur R"[-PO(OH)2]2 bzw. deren Salz(e), wobei R" ein divalenter Alkyl-, Hydroxyalkyl- oder Aminoalkylrest
ist,
- 0,1-5,0 Gew.-% mindestens einer Nitroaryl- oder Nitroalkylsulfonsäure bzw. deren
Salz(e),
- 0,05-1,0 Gew.-% mindestens eines Alkylglykols der allgemeinen Struktur H-(O-CHR-CH2)n-OH, wobei R Wasserstoff oder ein Alkylrest mit 1-3 Kohlenstoffatomen ist und n 1-5
ist, und
- 0,2-20 Gew.-% eines Oxidationsmittels,
wobei der Rest der Lösung Wasser ist, dem wahlweise außerdem noch ein oder mehrere
Verdickungsmittel zugesetzt sein können.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6 dadurch gekennzeichnet, dass die thermischen Oxidschichten über einen Zeitraum von 1 bis 7 Stunden mit der Zusammensetzung
in Kontakt gebracht werden.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7 dadurch gekennzeichnet, dass das Inkontaktbringen in einem Temperaturbereich zwischen Raumtemperatur und 95 °C
stattfindet.
9. Verwendung einer einen Komplexbildner für Eisen enthaltenden Zusammensetzung, die
im Wesentlichen frei von Flusssäure oder Fluoridionen ist, zur Oberflächenbehandlung
eines Werkstücks aus nichtrostendem Stahl, wobei diese Oberfläche thermische Oxidschichten
aufweist.