(19)
(11) EP 2 228 047 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
15.09.2010  Patentblatt  2010/37

(21) Anmeldenummer: 10001180.8

(22) Anmeldetag:  05.02.2010
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
A61G 17/06(2006.01)
A61G 17/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA RS

(30) Priorität: 09.03.2009 DE 102009011746

(71) Anmelder: Teijin Monofilament Germany GmbH
86399 Bobingen (DE)

(72) Erfinder:
  • Berndt, Kurt-Günther Dr.
    86836 Graben (DE)
  • Klis, Gerhard
    65510 Idstein (DE)

(74) Vertreter: Ackermann, Joachim 
Postfach 11 13 26
60048 Frankfurt am Main
60048 Frankfurt am Main (DE)

   


(54) Bestattungsartikel aus biologisch abbaubaren Polyestern und deren Verwendung


(57) Beschrieben werden Bestattungsartikel aus textilen Fächen aufgebaut aus Fäden aus aliphatischem Polyester. Die textilen Flächen lassen sich insbesondere als Totenhemden, Sargauskleidungen oder Leichensäcke verwenden. Diese zeichnen sich neben einer hohen Festigkeit durch eine sehr gute Abbaubarkeit aus.


Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft Bestattungsartikel aus biologisch abbaubaren Materialien sowie deren Verwendung zur Bestattung.

[0002] Für Bestattungsartikel, wie Sargauskleidungen oder Totenhemden, werden häufig hochwertige Textilien verwendet. Beispiele dafür sind Seide, Leinen, oder Baumwolle. Insbesondere in ärmeren Regionen werden aber auch Bestattungsartikel aus synthetischen Materialien, wie aus Polyamiden oder aus Polyester, verwendet.

[0003] Gleiches gilt für die Bestattung von Leichen im Falle von Katastrophen, Seuchen und Kriegen. Um die Leichen sicherer transportieren und aufbahren zu können, werden Leichensäcke aus besonders festem Material, wie z.B. aus hochfesten Polyesterfilamenten, verwendet.

[0004] Bei einer normalen Erdbestattung verrotten einige der angesprochenen Naturfasern nur langsam, die synthetischen Fasern dagegen nahezu überhaupt nicht. Insbesondere bei der Verwendung von Leichensäcken ist dies ein Problem, da das textile Material eine wirksame Vermischung der organischen Substanzen mit dem Erdreich unterbindet und somit den natürlichen Zerfallsprozess der Leichen verlangsamt.

[0005] Es hat bereits unterschiedliche Versuche gegeben, Bestattungsartikel aus verrottbaren Materialien bereitzustellen.

[0006] So offenbart DE 195 08 737 A1 einen biologisch abbaubaren Polyester und einen Werkstoff daraus, der in natürlicher Umgebung unter der Einwirkung von Mikroorganismen abgebaut wird. Es wird unter anderem vorgeschlagen, extrudierte Formteile aus diesem Material für Friedhofs- oder Bestattungsbedarf einzusetzen. Der Polyester ist aus einem Polyol sowie aus einer aromatischen Polycarbonsäure sowie zusätzlich aus einer aliphatischen Polycarbonsäure aufgebaut.

[0007] DE 10 2005 024 791 A1 beschreibt einen Formkörper, der als Bestattungsurne oder als Aschekapsel eingesetzt werden kann. Dieser besteht aus einem Faserverbundwerkstoff mit einer Bewehrung und einem Bindemittel, die jeweils aus biologisch abbaubarem Material aufgebaut sind. Als Bindemittel wird insbesondere Polymilchsäure vorgeschlagen.

[0008] DE 197 44 331 A1 offenbart einen Sarg oder eine Urne, die als Formteil aus einem biologisch rückstandsfrei abbaubaren naturstoffbasierten Kunststoff ausgebildet sind. Ein Flächenabschnitt davon ist vorzugsweise durchsichtig und als Kunststoff dafür wird Polymilchsäure vorgeschlagen.

[0009] DE 20 2008 001 703 U1 beschreibt einen Sargbeschlag aus einer Mischung von biologisch abbaubarem, natürlichem Polyester, Lignin und natürlichen Wachsen bzw. Ölen.

[0010] Thermoplastische Polyester, abgeleitet von ε-Caprolacton, werden in der DE 600 25 619 T2 offenbart. Diese eignen sich unter anderem für Leichentücher.

[0011] In der DE Patentschrift Nr. 589 926 wird ein Leichensack aus gasdichtem, geschmeidigem Stoff beschrieben, der mit einem Gürtel versehen ist. Als Materialien werden Kautschuk oder Cellophan vorgeschlagen.

[0012] Aus der DE 40 20 711 A1 ist eine Leichenhülle bekannt, die aus biologisch abbaubarem Hüllenmaterial aufgebaut ist. Dafür wird biologisch abbaubares Polyethylen vorgeschlagen, das mit Stärke als Zusatz versehen ist.

[0013] DE 295 05 740 U1 beschreibt eine biologisch abbaubare, flexible Textil- und Kunststoffschicht als zeitlich begrenztes Dichtungs- und Schutzelement im feuchten, biologisch aktiven Milieu. Die Schichtkonstruktion ist aus einer folienartigen Kunststoffschicht und aus einer Textilschicht aufgebaut, wovon die Textilschicht vorzugsweise aus biologisch abbaubaren Faserstoffen und/oder biologisch abbaubaren Sekundärfaserstoffen besteht und die Folie ebenfalls vorzugsweise aus biologisch abbaubaren Stoffen aufgebaut. Die Schichtkonstruktion kann unter anderem im Bestattungswesen zum Einsatz gelangen.

[0014] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist die Bereitstellung von Bestattungsartikeln, die einerseits bis zur Bestattung optisch ansehnlich sind und genügend Festigkeit aufweisen, und die sich andererseits nach der Bestattung innerhalb kurzer Zeit rückstandsfrei biologisch abbauen.

[0015] Die Erfindung betrifft Bestattungsartikel enthaltend mindestens eine textile Fläche, welche Fäden aus aliphatischem Polyester enthält.

[0016] Die erfindungsgemäßen Bestattungsartikel enthalten textile Flächen, welche aus Fäden aufgebaut sind.

[0017] Unter textiler Fläche ist im Rahmen dieser Beschreibung ein aus Fäden aufgebautes Flächengebilde zu verstehen, dass durch eine textile Flächenbildungstechnik erzeugt worden ist. Beispiele dafür sind Gewebe, Gelege, Gestricke, Gewirke oder Vliesstoffe (non-wovens).

[0018] Fäden im Sinne dieser Beschreibung können Filamentgarne, Fasergarne, Zwirne oder bevorzugt Monofilamente sein.

[0019] Die den Bestattungsartikel aufbauenden Fäden weisen typischerweise Titer im Bereich von 550 dtex bis 80.000 dtex auf.

[0020] Besonders bevorzugt werden als Fäden runde Monofilamente mit Durchmessern von 50 µm bis 3 mm eingesetzt oder nicht runde Monofilamente mit Querschnittsflächen, die den Querschnittsflächen von runden Monofilamenten mit Durchmessern von 50 µm bis 3 mm entsprechen.

[0021] Die Querschnittsform der erfindungsgemäß eingesetzten Fäden kann beliebig sein, beispielsweise rund, oval oder n-eckig, wobei n größer gleich 3 ist.

[0022] Besonders bevorzugt werden nicht runde Monofilamente eingesetzt, deren Querschnittsfläche ein regelmäßiges oder unregelmäßiges n-Eck mit n ≥ 3 ist.

[0023] Die erfindungsgemäßen Bestattungsartikel eignen sich insbesondere als Totenhemden, Sargauskleidungen oder Leichensäcke. Bei diesen Anwendungen ist neben einer ausreichenden Festigkeit vor der Bestattung eine gute Abbaubarkeit des Materials nach der Bestattung gewünscht.

[0024] Als fadenbildende Materialien zur Herstellung der Fäden, welche die erfindungsgemäßen Bestattungsartikel aufbauen, werden aliphatische Polyester oder Mischungen davon eingesetzt. Dabei handelt es sich bekanntermaßen um biologisch abbaubare Polymere. Daneben können im erfindungsgemäßen Bestattungsartikel noch weitere, biologisch abbaubare Fäden vorhanden sein, beispielsweise Fäden aus Baumwolle oder aus Cellulose. Außerdem sind Kombinationen der texilen Fläche mit anderen Elementen möglich, beispielsweise mit Folien aus biologisch abbaubarem Material.

[0025] Aliphatische Polyester sind Polymere, abgeleitet von einem aliphatischen Monomeren mit einer Carboxylgruppe oder einem polyesterbildendenden Derivat, wie einer Carbonsäureestergruppe, und einer Hydroxylgruppe oder einem polyesterbildenden Derivat, wie einer Ethergruppe; oder es sind Polymere, abgeleitet von einer Kombination eines aliphatischen Monomeren mit zwei Carboxylgruppen oder polyesterbildenden Derviaten davon mit einem aliphatischen Diol oder polyesterbildenden Derivaten davon.
Der Begriff "aliphatischer Polyester" umfasst neben ausschließlich aus aliphatischen und/oder cycloaliphatischen Monomeren aufgebauten Polyestern auch solche Polyester, die neben aliphatischen und/oder cylcoaliphatischen Struktureinheiten geringe Anteile aromatischer Struktureinheiten, solange dadurch die Bioabbaubarkeit dieser Polyesters nicht nachteilig beeinträchtigt wird.

[0026] Polymere abgeleitet von aliphatischen Monomeren mit einer Carboxylgruppe und einer Hydroxylgruppe werden auch als Polyhydroxyalkanoate bezeichnet.

[0027] Beispiele für bevorzugte aliphatische Polyester dieses Typs sind Polyhydroxybutyrat, Poly-(hydroxybutyrat-co-hydroxyvalerat), Poly-(hydroxybutyrat-copolyhydroxy-hexanoat), Polyglycolsäure, Poly-(epsilon-caprolacton) und besonders bevorzugt Polymilchsäure.

[0028] Beispiele für bevorzugte aliphatische Polyester, die sich von einer Kombination aliphatischer Dicarbonsäuren mit einem aliphatischen Dialkohol ableiten, sind Poly-(butylensuccinat), Poly-(ethylensuccinat), Poly-(butylenadipat), Poly(ethylenadipat), Poly-(tetramethylenadipat/terephthalat).

[0029] Bei den erfindungsgemäß eingesetzten aliphatischen Polyestern kann es sich um unterschiedliche Typen handeln. Solche Polymere sind thermoplastisch und sind dem Fachmann als bioabbaubare Polymere bekannt.

[0030] Besonders bevorzugt eingesetzte aliphatische Polyester sind Homo- oder Copolymerisate abgeleitet von Milchsäure und gegebenenfalls damit copolymerisierbaren aliphatischen Comonomeren.

[0031] Die erfindungsgemäß eingesetzten Polyesterfäden zum Aufbau der textilen Fläche des Bestattungsartikels können neben dem Polymer oder Polymergemisch gegebenenfalls noch weitere Zusatzstoffe enthalten.

[0032] Beispiele dafür sind Hydrolysestabilisatoren, Verarbeitungshilfsmittel, Antioxidantien, UV-Stabilisatoren, Weichmacher, Gleitmittel, Pigmente, Farbstoffe, elektrische Leitfähigkeit vermittelnde Zusätze, Viskositätsmodifizierer, Kristallisationbeschleuniger oder Biozide.

[0033] Diese Zusätze sind dem Fachmann an sich bekannt. Die erfindungsgemäß eingesetzten Polyesterfäden bestehen hauptsächlich aus dem aliphatischen Polyester. Der Anteil an Zusatzstoffen bewegt sich typischerweise im Bereich von weniger als 10 Gew. %, vorzugsweise weniger als 5 Gew. %.

[0034] Die erfindungsgemäßen Bestattungsartikel zeichnen sich neben einer ausreichenden Festigkeit durch eine hervorragende Abbaubarkeit, insbesondere eine hervorragende biologische Abbaubarkeit aus.

[0035] Die textilen Flächen sowie die daraus gefertigten Bestattungsartikel lassen sich in dem Fachmann bekannter Weise herstellen und in üblicher Weise verarbeiten. Beispiele für die Herstellung und die Anwendung der Bestattungsartikel sind in den oben genannten Dokumenten zu finden.

[0036] Nach der Bestattung, beispielsweise der Erdbestattung oder der Seebestattung zerfallen die Bestattungsartikel ohne Probleme und ohne Rückstände.

[0037] Durch den Kontakt mit Bakterien beginnt sofort ein biologischer Abbau des aliphatischen Polyesters. Insbesondere die sortenreinen Bestattungsartikel bauen rasch und vollständig ab.

[0038] Auch für die Feuerbestattung eignen sich die erfindungsgemäßen Bestattungsartikel hervorragend, da diese problemlos und rückstandsfrei verbrennen.

[0039] Das nachfolgende Beispiel erläutert die Erfindung ohne diese zu begrenzen.

Beispiel:



[0040] Auf einer Schmelzspinnanlage zur Herstellung von Monofilamenten wurde ein aliphatischer Polyester (Nature Works Polylactide Resin 6400D, Fa. Nature Works LLC, Minnetonka, MN 55345 USA) in Schnitzelform eingesetzt. Nach der Trockung des Rohstoffs wurde dieser im Extruder aufgeschmolzen, über eine Spinnpumpe einem Spinnpack zugeführt, durch feine Bohrungen zu Monofilamenten versponnen, im Wasserbad abgeschreckt, anschließend unter Wärmeeinwirkung dreistufig gestreckt, mit Präparation als Verarbeitungshilfsmittel versetzt und aufgespult.

[0041] Es wurden Monofilamente mit Durchmessern von 1,25 mm bzw. von 0,50 mm hergestellt.

[0042] Diese Monofilamente wurden anschließend mittels bekannter Technik zu Geweben verarbeitet. Diese zeigten nach dem Einbringen in das Erdreich eine sehr gute Kompostierbarkeit und waren innerhalb von drei bis sechs Monaten, in Abhängigkeit von Temperatur, Feuchtigkeit und Anzahl der Mikroorganismen, rückstandsfrei zerfallen.


Ansprüche

1. Bestattungsartikel enthaltend mindestens eine textile Fläche, welche Fäden aus aliphatischem Polyester enthält.
 
2. Bestattungsartikel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass dieser ein Totenhemd, eine Sargauskleidung oder ein Leichensack ist.
 
3. Bestattungsartikel nach einem der Ansprüche 1 bis 2, dadurch gekennzeichnet, dass der aliphatische Polyester ausgewählt wird aus der Gruppe Polyhydroxybutyrat, Poly-(hydroxybutyrat-co-hydroxyvalerat), Poly-(hydroxybutyrat-co-polyhydroxyhexanoat), Polyglycolsäure, Poly-(epsilon-caprolacton), Polymilchsäure, Poly-(butylensuccinat), Poly-(ethylensuccinat), Poly(butylenadipat), Poly(ethylenadipat), Poly-(tetramethylenadipat/terephthalat) oder aus Gemischen von zwei oder mehreren davon.
 
4. Bestattungsartikel nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass der aliphatische Polyester ein Milchsäurehomo- oder -copolymer ist.
 
5. Bestattungsartikel nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Titer der Fäden 550 bis 80.000 dtex beträgt.
 
6. Bestattungsartikel nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass die Fäden runde Monofilamente mit Durchmessern von 50 µm bis 3 mm sind oder nicht runde Monofilamente mit Querschnittsflächen, die den Querschnittsflächen von runden Monofilamenten mit Durchmessern von 50 µm bis 3 mm entsprechen.
 
7. Bestattungsartikel nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die Monofilamente nicht runde Monofilamente sind, deren Querschnittsfläche ein regelmäßiges oder unregelmäßiges n-Eck mit n ≥ 3 ist.
 
8. Bestattungsartikel nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die textile Fläche ein Gewebe, Gelege, Gestrick, Gewirke oder Vliesstoff ist.
 
9. Verwendung von textilen Flächen enthaltend Fäden aus aliphatischen Polyestern zur Erd-, See- oder Feuerbestattung.
 






Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente