[0001] Gehhilfe zur Führung einer gehbehinderten Person gemäss dem Oberbegriff des unabhängigen
Patentanspruchs 1.
Stand der Technik
[0002] Aus dem Stand der Technik sind Gehhilfen für gehbehinderte Personen, bestehend aus
einem fahrbaren Rahmengestell und mit einer senkrecht auf diesem Gestell montierten
Säule bekannt, wobei an der Säule bspw. mittels Bändern die Person fixiert werden
kann. Derartige Gehhilfen sollen bspw. Kinder mit Bewegungsstörungen dynamisch beim
Stehen oder bei Gehbewegungen unterstützten. Behinderungen der vorliegenden Art sind
meist charakterisiert durch Störungen des Nerven- und Muskelsystems im Bereich der
willkürlichen Bewegungskoordination. Ein Merkmal der dafür vorgesehenen Gehhilfen
ist, dass die gehbehinderte Person mindestens vorübergehend mit der Gehhilfe verbunden
wird, was bspw. mittels Fixierbändern oder -gurten erreicht wird. Die bestehenden
Gehhilfen haben jedoch den Nachteil, dass die gehbehinderte Person auf die Hilfe von
Drittpersonen angewiesen ist, um mit der Gehhilfe lösbar fixiert und wieder von der
Gehhilfe losgebunden zu werden. Das An- und Ablegen des Geräts gestaltet sich oft
so aufwändig, dass frühzeitig von der Benutzung desselben abgesehen wird, was sich
nachteilig auf das angestrebte therapeutische Ergebnis auswirkt. Die Vorrichtungen
sind teilweise mechanisch so komplex, dass Erwachsene auf deren Anwendung geschult
werden müssen. Die Anordnung der Säule am Rahmengestell, an welche die Person, wie
gezeigt, mittels Bändern oder auch bspw. mittels einem Sicherungsgestell befestigt
wird, verhindert einen natürlichen Bewegungsablauf beim Gehen.
[0003] Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine Gehhilfe vorzuschlagen,
welche die Nachteile des Stands der Technik nicht aufweist. Insbesondere soll die
selbständige Bedienbarkeit der Gehhilfe durch die gehbehinderte Person ermöglicht
und die Unterstützung der Person beim Gehen verbessert werden.
[0004] Die Ziele der Erfindung werden insbesondere dadurch erreicht, dass die Gehhilfe zur
Führung einer gehbehinderten Person bei Schrittauslösung und/oder beim Gehen ein zwei
Vorderräder und mindestens ein Hinterrad aufweisendes Fahrgestell umfasst, dass die
Gehhilfe eine senkrecht am Fahrgestell montierte Sicherungsanordnung umfasst, dass
die Gehhilfe eine Halteanordnung umfasst, welche an der Sicherungsanordnung mittels
einer Kopplungseinrichtung lösbar verbunden ist, wobei die Person an der Gehhilfe
mittels der Halteanordnung gehalten ist, wobei die Halteanordnung eine annähernd vertikal
verlaufende Mittelebene zwischen den Vorderrädern und dem Hinterrad definiert, wobei
die Kopplungseinrichtung zur Befestigung der Halteanordnung an der Sicherungsanordnung
zwischen der Mittelebene und den Vorderrädern angeordnet ist. Die Kopplungseinrichtung
befindet sich dabei annähernd mittig zwischen den Vorderrädern und dem Hinterrad,
derart dass die gehbehinderte Person die Kopplungseinrichtung in deren Blickbereich
hat. Die Gehhilfe weist Mittel zur Unterstützung und/oder Führung der Beine bei Schrittauslösung
und/oder beim Gehen der Person auf, welche mit der Halteanordnung lösbar verbunden
und am Fahrgestell beweglich angeordnet sind.
[0005] Einer der Vorteile der Erfindung ist, dass die ventral, beim Bauch der Person angeordnete
Verbindung zwischen Sicherungsanordnung und Haltevorrichtung die Handhabung der Gehhilfe
erheblich erleichtert. Die gehbehinderte Person kann in Sitzposition die Sicherungsanordnung
an Hüften, Beinen, Schuhen und/oder Brust vorab befestigen. Die Person kann je nach
gesundheitlichem Zustand sogar selbständig aufstehen und die Sicherungsanordnung mit
der Halteanordnung verbinden. Da die Halteanordnung sich im Blickfeld der Person befindet,
ist die Situation für die Person überblickbar. Ein Ankoppeln der Sicherungsanordnung
ist damit ohne Dritteinwirkung möglich.
[0006] Ein weiterer Vorteil der Erfindung ist, dass gegenüber dem Stand der Technik die
Person nicht vorab auf den Boden gelegt werden muss, um die Person mit der Sicherungsanordnung
zu verbinden.
[0007] Ein zusätzlicher Vorteil der Erfindung ist, dass die Person nicht durch Dritte vom
Boden aufgehoben werden muss, was bspw. bei einem Körpergewicht von ca. 30 kg bereits
erheblicher Anstrengungen bedarf. Vorteilhaft ist daher, dass die gehbehinderte Person
die Gehhilfe selbständig verwenden kann, indem sie die Halteanordnung der Gehhilfe
selbständig an- und ablegen kann, bspw. aus dem Sitzen heraus. Dadurch ist ein selbständiger
Ein- oder Ausstieg, vom Sitzen hin zum Stehen sowie vom Stehen hin zum Sitzen möglich.
Die einfache Handhabung wird durch den waagrecht ankoppelbaren Kopplungsmechanismus
unterstützt.
[0008] Ein weiterer Vorteil der Erfindung ist, dass durch die Verwendung der erfindungsgemässen
Gehhilfe für die gehbehinderte Person sind therapeutische Bewegungsabläufe selbständig
ausführbar.
[0009] Ein anderer Vorteil der Erfindung besteht in der kontrollierten Führung der Beine.
Die Hüfte ist an der Halteanordnung fixiert und die Beine werden mit Hilfe eines reziproken,
wechselwirkenden Seilzug-Systems in einem alternierenden Gangmuster bewegbar. Dieses
Bewegungsmuster unterstützt den voll belastenden Schritt, wobei bei Vollbelastung
der Beine mit dem eigenen Körpergewicht die Führung der Beine und Füsse erwirkt wird.
Das Gehen wird durch eigene Kraft der gehbehinderten Person eingeleitet, aber durch
die Gehhilfe gesteuert.
[0010] Das vorne angeordnete Federsystem unterstützt die Auslösung einer Beschleunigung
beim Gehen durch das verlagern des Körperschwerpunktes nach vorne. Dadurch wird die
eigene verbleibende oft geringe Muskelkraft mit Leichtigkeit zum Gehen ausgenutzt,
wobei stets die volle Körperlast auf den Füssen bzw. Schuhen wirkt. Daraus folgt,
dass die Schrittauslösung mit Eigenkraft zu einer Vorwärtsbewegung führt.
[0011] In einer Ausführungsvariante der Gehhilfe ist die Kopplungseinrichtung mit einem
an der Halteanordnung angeformten Kopplungszapfen bzw. -bolzen realisiert ist, welcher
in eine an der Sicherungsanordnung angeformten Bohrung lösbar einsetzbar ist. Ein
Vorteil der Erfindung ist, dass die Halteanordnung durch die Person auf einfach handhabbare
Weise an der Sicherungsanordnung bzw. dem Masten befestigen kann. Die Anordnung ist
sehr übersichtlich und die Kopplung kann nahezu kraftlos erfolgen. Da der Bolzen nahezu
waagrecht in die Bohrung eingeführt werden kann, muss die Person nicht noch an- oder
hochgehoben werden. Zwecks Stabilisierung der Kopplung können ein, zwei, drei oder
mehr Bolzen verwendet werden. Vorzugsweise ist ein zentraler Bolzen vorhanden, welcher
gesichert werden kann, während zwei aussenliegende Bolzen der Stabilisierung bzw.
Führung der Kopplungseinrichtung beim An- oder Abkoppeln dienen.
[0012] In einer weiteren Ausführungsvariante der Gehhilfe umfasst das Fahrgestell ein Rahmenteil,
an welchem eine Schwinge mit einem freien Ende beweglich angeordnet ist, dass die
Schwinge mit einem am Rahmenteil angeordneten beweglichen Federbein verbunden ist,
wobei am freien Ende der Schwinge ein Querelement zur Aufnahme der zwei Vorderräder
realisiert ist. Ein Vorteil der Erfindung besteht darin, dass die Verlagerung des
Körperschwerpunkts der Person über die Halteanordnung auf das Fahrgestell übertragen
wird. Bewegt sich die Person vorwärts, indem sie ein Bein vor das andere stellt, so
verschiebt sich der Körperschwerpunkt über dem Fahrgestell nach vorne. Diese Bewegungsrichtung
wird als Hauptbewegungsrichtung oder Vorwärtsbewegung bezeichnet. Die Gehhilfe unterstützt
die Person natürlich auch bei Gehversuchen in andere Bewegungsrichtungen, wie etwa
seitwärts oder rückwärts. Da die Person mit der Halteanordnung verbunden ist, führt
die Gewichtsverlagerung dazu, dass das Federbein zusammengedrückt und die Bodenhaftung
des hinteren Fusses verstärkt wird. Es hat sich gezeigt, dass diese ergonomische Ausgestaltung
der Gehhilfe die natürliche Körperbewegung unterstützt. Die Gehhilfe erlaubt eine
koordinierte Verlagerung des Körpergewichts auf die Beine und Füsse. Die gehbehinderte
Person erfährt dadurch einen ausgeglichenen Bewegungsablauf. Das Fahrgestell weist
eine Vorderachse auf, an welcher die Räder angeordnet sind. Da bei der Fortbewegung
zeitweise eine Gewichtsverlagerung in Richtung der Vorderachse erfolgt, müssen Räder,
Radachse und Fahrgestell so abgestimmt sein, dass ein seitliches Kippen der Person
möglichst verhindert wird. Dazu werden die Räder vorzugsweise möglichst weit zueinander
beabstandet, um einen sicheren Stand zu gewährleisten. Vorzugsweise weist auch die
Hinterachse zwei zueinander beabstandete Räder auf. Es ist jedoch auch eine Ausführungsvariante
mit einem mittig angeordneten Hinterrad realisierbar.
[0013] In einer anderen Ausführungsvariante der Gehhilfe ist eine Kopplungseinrichtung vorhanden,
mittels welcher die wiederentfernbare Befestigung der Halteanordnung an der Sicherungsanordnung
realisiert ist. Einer der Vorteile der Erfindung ist, dass das An- und Ablegen der
Gehhilfe durch die gehbehinderte Person selbständig ausführbar ist. Die Kopplungseinrichtung
ist stets in deren Blickfeld und leicht zugänglich. Der Kopplungsmechanismus ist bspw.
durch ein Schnappelement realisiert, welches die Halteanordnung an der Sicherungsanordnung
einschnappen lässt. Die Sicherung des Verschlusses wird noch zusätzlich durch einen
Splint oder Bolzen gesichert, um eine ungewollten Auslösung zu verhindern. Anstelle
eines Splints oder Bolzens kann eine Verriegelungsvorrichtung eingesetzt werden, welche
einen Riegel und einen Schieber umfasst. Durch einen Hebel zum Lösen der Schnappvorrichtung
kann die Verbindung wieder gelöst werden.
[0014] In einer weiteren Ausführungsvariante der Gehhilfe umfasst das Fahrgestell ein Rahmenteil
und eine Schwinge mit einem freien Ende, wobei die Schwinge mit einem Federbein verbunden
ist, wobei am freien Ende der Schwinge ein Querelement zur Aufnahme von zwei Vorderrädern
realisiert ist. Ein Vorteil der Erfindung ist, dass das Fahrgestell mittels der Federung
den Bewegungen der Person, welche die Gehhilfe benutzt, nachgeführt wird, so dass
die Gehbewegungen unterstützt werden. Am Fahrgestell sind am hinteren Ende Hinterräder
an einer Querachse angeordnet. Es ist mindestens ein Hinterrad erforderlich. Ein weiterer
Vorteil dieser Ausführungsvariante besteht daher in der Wendigkeit der Gehhilfe, was
die Bewegungen der Person weiter unterstützt.
[0015] In einer Ausführungsvariante der Gehhilfe umfasst die Halteanordnung mindestens ein
mit der Person wiederentfernbar verbindbares Hüftgestell und/oder wiederentfernbar
verbindbare Beinschienen und/oder eine wiederentfernbar verbindbare Oberkörperfixation
und/oder wiederentfernbar verbindbare Schuhe, mittels welchen die Person beim Gehen
führbar ist. Vorteilhaft wirkt sich aus, dass die Kopplungseinrichtung im Brustbereich
der Person an der Halteanordnung angeordnet ist. Dadurch können Hüftgestell, Beinschienen,
Oberkörperfixation und Schuhe und mögliche weiter Fixationen in sitzender Stellung
der Person an dieser befestigt werden, wobei die Befestigung an der Sicherungsanordnung
der Gehhilfe durch die Person selbst möglich ist, da sie die Kupplung stets im Blickfeld
hat und entsprechende Manipulationen vornehmen kann. Das Hüftgestell besteht aus einem
starren Teil und einem beweglichen, flexiblen Teil, bspw. einem Gurt, wobei beide
Teile zusammen die Hüften der Person umschliessen. Im Brustbereich bzw. beim Oberkörper
ist ebenfalls ein Fixationsteil vorgesehen, welches über ein Gestänge auf der rechten
und linken Seite der Person mit dem Hüftgestell verbunden ist. Am Hüftgestell sind
weitere Gestänge seitlich angeordnet, an welchen die Beine über Gurten verbindbar
sind. An den freien Enden der Gestänge ist jeweils ein Schuh montierbar. Die Gestänge
sind über Gelenke miteinander flexibel verbunden, so dass die Gestänge den Bewegungen
der Beine folgen können bzw. die Bewegungen unterstützten. Des Weiteren können die
Bewegungen der Beine dadurch unterstützt werden, dass ein Band oder Gurt mit den Gestängen
ungefähr im Kniebereich verbunden wird, wobei das Band am Fahrgestell bspw. durch
eine Öse durchgeschlauft wird. Wird bspw. das eine Bein nach vorne geschoben, so zieht
das Band zugleich das andere Bein nach hinten. Ein derartiges Band kann auch im Bereich
der Schuhe montiert werden und ist mit dem Fahrgestell verbindbar.
[0016] In einer anderen Ausführungsvariante der Gehhilfe umfasst das Fahrgestell mindestens
drei an diesem befestigte Räder, wobei mindestens zwei Vorderräder und mindestens
ein Hinterrad vorgesehen sind. Ein Vorteil der Erfindung ist, dass eine Gewichtsverlagerung
der Person beim Vorwärtsgehen durch zwei Vorderräder ausreichend stabilisiert ist.
Die Person wird in ihren Bewegungen geführt und gestützt. Es kann ein Hinterrad verwendet
werden, um die geforderte Stabilität der Gehhilfe zu gewährleisten.
[0017] In einer weiteren Ausführungsvariante der Gehhilfe umfasst das Fahrgestell vier an
diesem befestigte Räder, wobei mindestens zwei Vorderräder und mindestens zwei Hinterräder
vorgesehen sind. Ein Vorteil der Erfindung ist, dass der Abstand zwischen den zwei
Hinterrädern bzw. der Abstand zwischen den zwei Vorderrädern den Bedürfnissen der
Person anpassbar ist. Vorzugsweise sind die beiden hinteren Räder enger beabstandet,
als die vorderen beiden Räder.
[0018] In einer Ausführungsvariante der Gehhilfe ist jedes Vorderrad in einer drehbaren
Gabel drehbar gelagert. Ein Vorteil der Erfindung ist, dass dem Fahrgestell sehr wendig
ausgebildet ist und dadurch den Bewegungen der gehbehinderten Person leicht nachführbar
ist. Die Person wird im Bewegungsablauf geführt und unterstützt.
[0019] In einer anderen Ausführungsvariante der Gehhilfe ist die Sicherungsanordnung wiederentfernbar
am Fahrgestell montiert. Ein Vorteil der Erfindung ist, dass die Sicherungsanordnung
bzw. der Mast aus dem Fahrgestell gelöst werden kann. Das erhöht die Mobilität der
Gehhilfe bspw. wenn sie mit einem Fahrzeug im Kofferraum transportiert werden soll.
Der Mast ist vorzugsweise in das Fahrgestell eingesteckt und durch Sicherungsmittel,
bspw. einer Schraube oder einem Splint, gesichert.
[0020] Im Folgenden wird die Erfindung anhand von in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispielen
näher erläutert. Hierbei gehen aus den Zeichnungen und ihrer Beschreibung weitere
wesentliche Merkmale und Vorteile der Erfindung hervor.
Fig. 1 zeigt eine perspektivische und vereinfachte Darstellung der erfindungsgemässen
fahrbaren Gehhilfe;
Fig. 2 zeigt eine schematische Seitenansicht der Gehhilfe;
Fig. 3 zeigt eine vereinfachte Darstellung der Gehhilfe von hinten;
Fig. 4 und Fig. 5 zeigen in einer Detailansicht aus Fig. 1 den Kopplungsmechanismus
zwischen der Sicherungsanordnung und der Halteanordnung der Gehhilfe in verbundener
Position (Fig. 4) sowie in gelöster Position (Fig. 5);
Fig. 6 zeigt eine schematische Darstellung der bewegbaren Halteanordnung der Gehhilfe;
Fig. 7a bis 7c zeigen die prinzipielle Abfolge eines Schrittes der gehbehinderten
Person, wobei die Schrittbetätigung der Person durch ein an den Beinen befestigtes
Band der Gehhilfe unterstützt wird;
Fig. 8a bis 8c zeigen Kompression bzw. Dekompression der Feder an der Gehhilfe bei
der in Fig. 7a bis 7c dargestellten Schrittbetätigung und
Fig. 9a bis 9c zeigen in einer seitlichen Ansicht der Gehhilfe die in Fig. 7a bis
7c dargestellte Schrittbetätigung der Person.
[0021] Figur 1 illustriert die mit Bezugszeichen 1 bezeichnete fahrbare Gehhilfe zur Führung
einer gehbehinderten Person 9. Die Gehhilfe 1 weist ein Fahrgestell 11 auf. Senkrecht
zum Fahrgestell ist an diesem eine Sicherungsanordnung 13 montiert. Diese kann wiederentfernbar
befestigt sein. Sie ist zudem höhenverstellbar ausgebildet. Üblicherweise ist die
Sicherungsanordnung 13 höhenverstellbar ausgeführt. In anderen Worten - die Person
befindet sich hinter der Sicherungsanordnung, so dass der Bauch der Sicherungsanordnung
zugewendet ist. An der Sicherungsanordnung 13 ist wiederentfernbar eine Halteanordnung
12 zum Halten und zur Sicherung der Person 9 an der Gehhilfe 1 befestigt. Die Halteanordnung
12 wird mittels einer Kupplung oder Koppelungseinrichtung 14 mit der Halteanordnung
lösbar verbunden. Dabei entsteht ein Kopplungspunkt- oder übergang. Insbesondere bei
Kindern muss die Halteanordnung verlängert und dem Wachstum eines Kindes angepasst
werden, was durch die Höhenverstellbarkeit der Halteanordnung erreicht wird. Die Sicherungsanordnung
13 ist vor der Person 9, also ventral, angeordnet. Dadurch wird die Handhabung der
Gehhilfe erheblich erleichtert, weil die Kupplungseinrichtung 14 zur Verbindung der
Halteanordnung 12 mit der Sicherungsanordnung 13 sich vor der Person 9 befindet. Die
mit der Sicherungsanordnung verbundene Halteanordnung definiert zugleich eine Mittelebene
M, welche ungefähr vertikal, also senkrecht zur Oberfläche, zum Boden bzw. zum Gelände
verläuft und zwischen Vorder- und Hinterrad angeordnet ist. Die Kupplung 14 ist zwischen
dieser Mittelebene M und den Vorderrädern angeordnet. Die Kupplung 14 ist leicht zugänglich.
Mit dem Bezugszeichen 110 sind die Vorderräder bezeichnet. Diese sind an einer Querstrebe
oder einem Querelement 116 angeordnet. Es werden vorzugsweise Vorderräder verwendet,
welche auch um ihre senkrechte Achse drehbar gelagert sind. Die Vorderräder 110 sind
üblicherweise um 360° um die senkrechte Achse drehbar. Die Hinterräder 111 sind an
einer Achse oder einem Querelement 115 angeordnet und können bspw. über ein Bremsgestänge
117 blockiert werden.
[0022] Figur 2 illustriert eine Seitenansicht der Gehhilfe 1. Dabei sind mit Bezugszeichen
110 die Vorderräder bezeichnet und mit 111 die Hinterräder. Das Bezugszeichen 117
bezeichnet das Bremsgestänge, welches um eine Achse schwenkbar gelagert und durch
Federmittel zwischen zwei Positionen, einer Bremsposition sowie einer Freilaufposition,
umgeschwenkt werden kann.
[0023] Figur 3 zeigt eine vereinfachte Darstellung der Gehhilfe von hinten. Dabei ist ersichtlich,
dass die die Hinterräder 111 vorzugsweise einen engeren Radstand haben, als die Vorderräder
110. Der Radstand zwischen den Hinterrädern kann aber nach Bedarf auch kleiner oder
grösser realisiert sein. Je breiter der Radstand, umso stabiler ist die Gehhilfe 1
auf der Unterfläche positioniert. Mit Bezugszeichen 120 ist ein Querelement bezeichnet.
Jedes Vorderrad 110 ist an einer Gabel 1101 gehalten und um die Senkrechte drehbar.
Die Gabel wiederum ist am Querelement 116 befestigt, so dass die Gabel frei drehbar
ist. Das Querelement 115 ist am Fahrgestell angeordnet und zur Aufnahme der Hinterräder
111 vorgesehen.
[0024] Figur 4 illustriert eine Detailansicht des Kopplungsmechanismus 14 zwischen der Sicherungsanordnung
13 und der Halteanordnung 12 der Gehhilfe 1. Figur 4 zeigt den Kopplungsmechanismus
bzw. die Kupplung in verbundener Position. Die Halteanordnung 12 weist ein Querelement
120 auf, welches als Strebe oder Querstrebe dient, wobei an deren äusseren beiden
Enden jeweils ein Hüftgestell 15 angeordnet ist, an welchem wiederum Beinschienen
16 und Öberkörperfixation 17 verbunden sind. Die Querstrebe 120 weist in deren Mitte
eine Kopplungszapfen bzw. Kopplungsbolzen 121 auf. Dieser Bolzen ist dazu ausgebildet,
in eine Bohrung 131 an der Sicherungsanordnung 13 eingeführt zu werden. Zum sicherbaren
Kopplungsbolzen können zusätzliche Bolzen vorhanden sein, welche beim An- bzw. Abkoppeln
ein Führungsfunktion haben, so dass der Kopplungsvorhang auch unter Last sicher und
zuverlässig funktioniert. Die Sicherungsanordnung ist vorzugsweise als Mast oder Säule
ausgebildet und ist mit dem Fahrgestell verbunden. Ist der Bolzen 121 in der Bohrung
131 eingeführt, so wird er durch einen Sicherungsbolzen bzw. Sicherungszapfen 133
gesichert, so dass der Bolzen 121 sich nicht selbständig löst. Der Sicherungszapfen
ist mit einem Griff 134 versehen. Eine Rückstellfeder 135, vorzugsweise als Spiralfeder
ausgebildet, drückt den Zapfen 133 in die am Bolzen 121 vorgesehene Bohrung. Der Bolzen
121 kann aus der Bohrung 131 herausragen, so dass das freie Ende noch zusätzlich mit
einem Splint oder Stift vorübergehend gesichert werden kann.
[0025] Figur 5 zeigt denselben Kopplungsmechanismus 14 in gelöster Position.
[0026] Figur 6 illustriert eine schematische Darstellung der Verlagerung des Körperschwerpunkts.
Bewegt bspw. die Person 9 ein Bein vorwärts, so verschiebt sich der Körperschwerpunkt
über dem Fahrgestell nach vorne. Da die Person 9 an der Halteanordnung 12 verbunden
ist, führt die Gewichtsverlagerung dazu, dass die Feder zusammengedrückt wird, wie
dies anhand des mit Bezugszeichen 9' bezeichneten Torso der Person in gestrichelter
Linie ersichtlich ist. Es hat sich gezeigt, dass die ergonomische Ausgestaltung der
Gehhilfe die natürliche Körperbewegung unterstützt. Die Gehhilfe 1 erlaubt eine koordinierte
Verlagerung des Körpergewichts auf die Beine und Füsse. Die gehbehinderte Person erfährt
dadurch einen ausgeglichenen Bewegungsablauf. Der Winkel α zeigt exemplarisch, wie
die Halteanordnung der Gehhilfe 1 in Abhängigkeit der Belastung bewegbar ist. Des
Weiteren illustriert Figur 6 ein Hüftgestell 15 der Halteanordnung 12, welches ungefähr
in Hüfthöhe mit der Person 9 bspw. mittels eines Gurts an deren Hüfte verbunden ist.
Zudem zeigt Figur 6 eine Beinschiene 16 der Halteanordnung 12, an welcher das hier
ersichtliche linke Bein fixierbar ist. Nicht dargestellt bzw. verdeckt ist die Beinschiene
16 für das rechte Bein. Mittels einer Öberkörperfixation 17 der Halteanordnung 12
ist der Oberkörper der Person 9 an der Halteanordnung 12 fixierbar. Der Schuh 91 kann
mit der Halteanordnung 12 lösbar oder dauerhaft verbunden sein. Das Bezugszeichen
M zeigt vereinfacht dargestellt die annähernd vertikal verlaufende Mittelebene, welche
durch die Halteanordnung 12 definiert wird.
[0027] Die Figuren 7a bis 7c zeigen die prinzipielle Abfolge bei der Betätigung eines Schrittes
der gehbehinderten Person, wobei die Schrittbetätigung der Person durch zwei an den
Beinen befestigten Bändern oder Seilen 160,162 der Gehhilfe 1 unterstützt wird. Jedes
Seil 160 weist zwei freie Enden 1601 auf, wobei jedes Seilende an der Halteanordnung
12, auch Gehänge oder Gestell genannt, verbunden wird. Jedes Seil wird entsprechend
durch ein Seilumlenkmittel durchgeschlauft, so dass sich zwei Seilabschnitte vom einen
Ende des Seils zum Seilumlenkmittel und von diesem zum andern Ende des Seils ergeben.
Wird der eine Seilabschnitt verlängert, so verkürzt sich der andere Seilabschnitt
entsprechend, da die Länge des Seils konstant bleibt. Durch dieses wechselseitige
oder reziproke Verhalten kann auf die Form des Gehens bzw. auf das Bewegungsmuster
Einfluss genommen werden. Das Zusammenwirken der beiden Seile hat zum Erfolg, dass
die Beine bei einer Schrittbetätigung aktiv geführt werden.
[0028] Anstelle eines Seils kann ein Gurt, ein Band, eine Kette oder dergleichen verwendet
werden. Das Seilumlenkmittel ist vorzugsweise als Öse oder Seilrolle ausgebildet und
mit dem Fahrgestell verbunden. Das Seilumlenkmittel kann an einer Säule erhöht angeordnet
sein.
[0029] Die Figuren 8a bis 8c zeigen die Kompression bzw. Dekompression der Feder im vorderen
Bereich der Gehhilfe bei der in Fig. 7a bis 7c dargestellten Schrittbetätigung infolge
Verlagerung des Körpers der Person.
[0030] Die Figuren 9a bis 9c zeigen in einer seitlichen Ansicht der Gehhilfe die in Fig.
7a bis 7c dargestellte Schrittbetätigung der Person. Im Wesentlichen wird bereits
bei geringer Verlagerung des Oberkörpers der Person 9 in Vorwärtsrichtung bei gleichzeitigem
leichten Anheben bspw. des rechten Fusses erreicht, dass das Federbein 112 komprimiert
und dadurch entsprechend eine noch stärkere Belastung des linken Beins erfolgt, worauf
sich auf den beiden Seilzügen eine Zugkraft am rechten Bein einstellt. Durch die Verlagerung
des Körperschwerpunkts nach vorne - bspw. durch ein sich nach vorne fallen lassen
- wird also ein Schritt ausgelöst. Das belastete rechte Bein bleibt am Boden stehen,
während sich die Gehhilfe 1 und somit auch das linke Bein nach vorne bewegen. Die
soeben beschriebene Schrittauslösung funktioniert sowohl für das linke, wie für das
rechte Bein.
[0031] Zwar werden hier zwei separate Seilstücke verwendet. Es ist jedoch klar, dass auch
ein endloses Seil oder ein langes einstückiges Seil verwendet werden könnte, um durch
die beiden Seilumlenkmittel hindurchgeschlauft und an den Beinen befestigt zu werden.
[0032] Vorzugsweise werden stets zwei Seilzüge bestehend aus zwei separaten Seilstücken
verwendet. Dabei wird der eine Seilzug 160 an dem im Bereich des mindestens einen
Hinterrads 111 befestigten Seilumlenkmittel 161 beweglich angeordnet. Das andere Seilstück
162 wird durch ein im Bereich der Vorderräder 110 angeordneten Umlenkmittel 163 durchgeschlauft.
[0033] Figur 10 illustriert in einer Detaildarstellung eine andere Ausführungsvariante der
Federung der erfindungsgemässen Gehhilfe 1. Das Fahrgestell 11 weist im Bereich der
Vorderachse eine schlittenähnliche Einrichtung auf. Die Einrichtung weist einen Schlitten
1140 auf, welcher vorzugsweise an zwei Stangen 1141 hin- und hergleitend gelagert
ist. Dabei ist der Schlitten vorzugsweise mit einer Feder in einer ersten Position
gehalten. Verlagert die gehbehinderte Person ihr Körpergewicht nun nach vorne, so
wird die Feder zusammengedrückt, wobei der Schlitten sich in Richtung einer zweiten
Position verlagert. Durch diese Verlagerung erfolgt ein Absenken der Halteanordnung,
wodurch die Person mehr Bodenhaftung gewinnt. Die Kopplungseinrichtung 14 ist somit
relativ zum Fahrgestell 11 beweglich gelagert.
Bezugszeichenlegende
[0034]
- 1
- Gehhilfe
- 11
- Fahrgestell
- 110
- Rad, Vorderrad
- 1101
- Gabel
- 111
- Rad, Hinterrad
- 112
- Federbein, Feder
- 113
- Rahmenteil
- 114
- Schwinge, Federschwinge, Schlitten
- 1141
- freies Ende der Schwinge
- 115
- Querelement, Achse
- 116
- Querelement, Achse
- 117
- Bremse, Radbremse
- 12
- Halteanordnung
- 120
- Querelement
- 121
- Kopplungszapfen, Kopplungsbolzen
- 13,13'
- Sicherungsanordnung, Mast
- 131
- Bohrung
- 133
- Sicherungsbolzen, Sicherungszapfen
- 134
- Griff
- 135
- Rückstellfeder
- 14
- Kopplungseinrichtung, Kupplung
- 15
- Hüftgestell
- 16
- Beinschiene
- 160
- Band, Gurt, Seil
- 161
- Seilumlenkmittel, Umlenkmittel
- 17
- Oberkörperfixation
- 8
- Oberfläche, Boden, Gelände
- 9,9'
- Person
- 91
- Schuh
- α
- Winkel
- M
- Mittelebene
1. Gehhilfe (1) zur Führung einer gehbehinderten Person (9), mit einem zwei Vorderräder
(110) und mindestens ein Hinterrad (111) aufweisenden Fahrgestell (11), mit einer
senkrecht am Fahrgestell montierten Sicherungsanordnung (13) und mit einer Halteanordnung
(12), welche mit der Sicherungsanordnung mittels einer Kopplungseinrichtung (14) entkoppelbar
verbunden ist, wobei die Person durch die Halteanordnung (12) mindestens an den Hüften,
den Beinen und/oder den Füssen an der Gehhilfe gehalten ist, dadurch gekennzeichnet,
dass die Kopplungseinrichtung (14) sich annähernd mittig zwischen den Vorderrädern (110)
und dem Hinterrad (111) befindet, derart dass die gehbehinderte Person (9) die Kopplungseinrichtung
(14) in deren Blickbereich hat,
dass Mittel zur Unterstützung und/oder Führung der Beine bei Schrittauslösung und/oder
beim Gehen der Person (9) vorhanden sind, welche mit der Halteanordnung (12) lösbar
verbunden und am Fahrgestell (11) beweglich angeordnet sind.
2. Gehhilfe (1) gemäss Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Kopplungseinrichtung (14) mit einem an der Halteanordnung (12) angeformten Kopplungszapfen
(121) realisiert ist, welcher in eine an der Sicherungsanordnung (13) angeformten
Bohrung (131) lösbar einsetzbar ist.
3. Gehhilfe (1) gemäss einem der Ansprüche 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Fahrgestell (11) ein Rahmenteil (113) umfasst, an welchem eine Schwinge (114)
mit einem freien Ende beweglich angeordnet ist, dass die Schwinge mit einem am Rahmenteil
(113) angeordneten beweglichen Federbein (112) verbunden ist, wobei am freien Ende
der Schwinge (114) ein Querelement (116) zur Aufnahme der zwei Vorderräder (110) realisiert
ist, derart, dass die Kopplungseinrichtung (14) zum Fahrgestell (11) relativ beweglich
gelagert ist.
4. Gehhilfe (1) gemäss einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Halteanordnung (12) mindestens ein mit der Person (9) wiederentfernbar verbindbares
Hüftgestell (15) und/oder wiederentfernbar verbindbare Beinschienen (16) und/oder
eine wiederentfernbar verbindbare Oberkörperfixation (17) und/oder wiederentfernbar
verbindbare Schuhe (91) umfasst, mittels welchen die Person (9) beim Gehen führbar
ist.
5. Gehhilfe (1) gemäss einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Fahrgestell vier an diesem befestigte Räder (111) umfasst, wobei mindestens zwei
Vorderräder und mindestens zwei Hinterräder vorgesehen sind.
6. Gehhilfe (1) gemäss einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass jedes Vorderrad (110) in einer drehbaren Gabel (1101) drehbar gelagert ist.
7. Gehhilfe (1) gemäss einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Sicherungsanordnung (13) wiederentfernbar am Fahrgestell (11) montiert ist.
8. Gehhilfe (1) gemäss einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass das Mittel zwei Seilumlenkmittel (161,163) und ein mit diesen beweglich verbundenen
Seil (160,162) besteht, wobei die Halteanordnung (12) im Bereich der Knie und/oder
an der Halteanordnung (12) im Bereich der Schuhe mit dem Seil verbunden ist.
9. Gehhilfe (1) gemäss Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass das Seil aus zwei Seilstücken gebildet ist, wobei deren jeweiligen Seilenden (1601,1621)
mit der Halteanordnung (12) im Bereich der Knie und/oder mit der Halteanordnung (12)
im Bereich der Schuhe verbunden sind.
10. Verwendung einer Gehhilfe (1) gemäss einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass mittels der Gehhilfe für die gehbehinderte Person therapeutische Bewegungsabläufe
selbständig ausführbar sind.
11. Verwendung einer Gehhilfe (1) gemäss einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Gehhilfe (1) durch die Person (9) selbständig an- und ablegbar ist.