(19)
(11) EP 2 233 120 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
29.09.2010  Patentblatt  2010/39

(21) Anmeldenummer: 10157909.2

(22) Anmeldetag:  26.03.2010
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
A61H 3/00(2006.01)
A61H 3/04(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
AL BA ME RS

(30) Priorität: 26.03.2009 CH 4752009

(71) Anmelder: Ruepp, Thomas
4132 Muttenz (CH)

(72) Erfinder:
  • Ruepp, Thomas
    4132 Muttenz (CH)

(74) Vertreter: Braun, André jr. 
Braunpat Braun Eder AG Reussstrasse 22
4054 Basel
4054 Basel (CH)

   


(54) Gehhilfe zur Führung einer gehbehinderten Person


(57) Die Erfindung betrifft eine Gehhilfe (1) zur Führung einer gehbehinderten Person (9), mit einem Fahrgestell (11) und mit einer senkrecht am Fahrgestell montierten Halteanordnung (12), wobei die Halteanordnung (12) vor der Person (9) angeordnet ist und wobei eine an der Halteanordnung (12) wiederentfernbare Sicherungsanordnung (13) zur Sicherung der Person (9) an der Gehhilfe (1) befestigt ist.




Beschreibung


[0001] Gehhilfe zur Führung einer gehbehinderten Person gemäss dem Oberbegriff des unabhängigen Patentanspruchs 1.

Stand der Technik



[0002] Aus dem Stand der Technik sind Gehhilfen für gehbehinderte Personen, bestehend aus einem fahrbaren Rahmengestell und mit einer senkrecht auf diesem Gestell montierten Säule bekannt, wobei an der Säule bspw. mittels Bändern die Person fixiert werden kann. Derartige Gehhilfen sollen bspw. Kinder mit Bewegungsstörungen dynamisch beim Stehen oder bei Gehbewegungen unterstützten. Behinderungen der vorliegenden Art sind meist charakterisiert durch Störungen des Nerven- und Muskelsystems im Bereich der willkürlichen Bewegungskoordination. Ein Merkmal der dafür vorgesehenen Gehhilfen ist, dass die gehbehinderte Person mindestens vorübergehend mit der Gehhilfe verbunden wird, was bspw. mittels Fixierbändern oder -gurten erreicht wird. Die bestehenden Gehhilfen haben jedoch den Nachteil, dass die gehbehinderte Person auf die Hilfe von Drittpersonen angewiesen ist, um mit der Gehhilfe lösbar fixiert und wieder von der Gehhilfe losgebunden zu werden. Das An- und Ablegen des Geräts gestaltet sich oft so aufwändig, dass frühzeitig von der Benutzung desselben abgesehen wird, was sich nachteilig auf das angestrebte therapeutische Ergebnis auswirkt. Die Vorrichtungen sind teilweise mechanisch so komplex, dass Erwachsene auf deren Anwendung geschult werden müssen. Die Anordnung der Säule am Rahmengestell, an welche die Person, wie gezeigt, mittels Bändern oder auch bspw. mittels einem Sicherungsgestell befestigt wird, verhindert einen natürlichen Bewegungsablauf beim Gehen.

[0003] Es ist daher die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, eine Gehhilfe vorzuschlagen, welche die Nachteile des Stands der Technik nicht aufweist. Insbesondere soll die selbständige Bedienbarkeit der Gehhilfe durch die gehbehinderte Person ermöglicht und die Unterstützung der Person beim Gehen verbessert werden.

[0004] Die Ziele der Erfindung werden insbesondere dadurch erreicht, dass die Gehhilfe zur Führung einer gehbehinderten Person bei Schrittauslösung und/oder beim Gehen ein zwei Vorderräder und mindestens ein Hinterrad aufweisendes Fahrgestell umfasst, dass die Gehhilfe eine senkrecht am Fahrgestell montierte Sicherungsanordnung umfasst, dass die Gehhilfe eine Halteanordnung umfasst, welche an der Sicherungsanordnung mittels einer Kopplungseinrichtung lösbar verbunden ist, wobei die Person an der Gehhilfe mittels der Halteanordnung gehalten ist, wobei die Halteanordnung eine annähernd vertikal verlaufende Mittelebene zwischen den Vorderrädern und dem Hinterrad definiert, wobei die Kopplungseinrichtung zur Befestigung der Halteanordnung an der Sicherungsanordnung zwischen der Mittelebene und den Vorderrädern angeordnet ist. Die Kopplungseinrichtung befindet sich dabei annähernd mittig zwischen den Vorderrädern und dem Hinterrad, derart dass die gehbehinderte Person die Kopplungseinrichtung in deren Blickbereich hat. Die Gehhilfe weist Mittel zur Unterstützung und/oder Führung der Beine bei Schrittauslösung und/oder beim Gehen der Person auf, welche mit der Halteanordnung lösbar verbunden und am Fahrgestell beweglich angeordnet sind.

[0005] Einer der Vorteile der Erfindung ist, dass die ventral, beim Bauch der Person angeordnete Verbindung zwischen Sicherungsanordnung und Haltevorrichtung die Handhabung der Gehhilfe erheblich erleichtert. Die gehbehinderte Person kann in Sitzposition die Sicherungsanordnung an Hüften, Beinen, Schuhen und/oder Brust vorab befestigen. Die Person kann je nach gesundheitlichem Zustand sogar selbständig aufstehen und die Sicherungsanordnung mit der Halteanordnung verbinden. Da die Halteanordnung sich im Blickfeld der Person befindet, ist die Situation für die Person überblickbar. Ein Ankoppeln der Sicherungsanordnung ist damit ohne Dritteinwirkung möglich.

[0006] Ein weiterer Vorteil der Erfindung ist, dass gegenüber dem Stand der Technik die Person nicht vorab auf den Boden gelegt werden muss, um die Person mit der Sicherungsanordnung zu verbinden.

[0007] Ein zusätzlicher Vorteil der Erfindung ist, dass die Person nicht durch Dritte vom Boden aufgehoben werden muss, was bspw. bei einem Körpergewicht von ca. 30 kg bereits erheblicher Anstrengungen bedarf. Vorteilhaft ist daher, dass die gehbehinderte Person die Gehhilfe selbständig verwenden kann, indem sie die Halteanordnung der Gehhilfe selbständig an- und ablegen kann, bspw. aus dem Sitzen heraus. Dadurch ist ein selbständiger Ein- oder Ausstieg, vom Sitzen hin zum Stehen sowie vom Stehen hin zum Sitzen möglich. Die einfache Handhabung wird durch den waagrecht ankoppelbaren Kopplungsmechanismus unterstützt.

[0008] Ein weiterer Vorteil der Erfindung ist, dass durch die Verwendung der erfindungsgemässen Gehhilfe für die gehbehinderte Person sind therapeutische Bewegungsabläufe selbständig ausführbar.

[0009] Ein anderer Vorteil der Erfindung besteht in der kontrollierten Führung der Beine. Die Hüfte ist an der Halteanordnung fixiert und die Beine werden mit Hilfe eines reziproken, wechselwirkenden Seilzug-Systems in einem alternierenden Gangmuster bewegbar. Dieses Bewegungsmuster unterstützt den voll belastenden Schritt, wobei bei Vollbelastung der Beine mit dem eigenen Körpergewicht die Führung der Beine und Füsse erwirkt wird. Das Gehen wird durch eigene Kraft der gehbehinderten Person eingeleitet, aber durch die Gehhilfe gesteuert.

[0010] Das vorne angeordnete Federsystem unterstützt die Auslösung einer Beschleunigung beim Gehen durch das verlagern des Körperschwerpunktes nach vorne. Dadurch wird die eigene verbleibende oft geringe Muskelkraft mit Leichtigkeit zum Gehen ausgenutzt, wobei stets die volle Körperlast auf den Füssen bzw. Schuhen wirkt. Daraus folgt, dass die Schrittauslösung mit Eigenkraft zu einer Vorwärtsbewegung führt.

[0011] In einer Ausführungsvariante der Gehhilfe ist die Kopplungseinrichtung mit einem an der Halteanordnung angeformten Kopplungszapfen bzw. -bolzen realisiert ist, welcher in eine an der Sicherungsanordnung angeformten Bohrung lösbar einsetzbar ist. Ein Vorteil der Erfindung ist, dass die Halteanordnung durch die Person auf einfach handhabbare Weise an der Sicherungsanordnung bzw. dem Masten befestigen kann. Die Anordnung ist sehr übersichtlich und die Kopplung kann nahezu kraftlos erfolgen. Da der Bolzen nahezu waagrecht in die Bohrung eingeführt werden kann, muss die Person nicht noch an- oder hochgehoben werden. Zwecks Stabilisierung der Kopplung können ein, zwei, drei oder mehr Bolzen verwendet werden. Vorzugsweise ist ein zentraler Bolzen vorhanden, welcher gesichert werden kann, während zwei aussenliegende Bolzen der Stabilisierung bzw. Führung der Kopplungseinrichtung beim An- oder Abkoppeln dienen.

[0012] In einer weiteren Ausführungsvariante der Gehhilfe umfasst das Fahrgestell ein Rahmenteil, an welchem eine Schwinge mit einem freien Ende beweglich angeordnet ist, dass die Schwinge mit einem am Rahmenteil angeordneten beweglichen Federbein verbunden ist, wobei am freien Ende der Schwinge ein Querelement zur Aufnahme der zwei Vorderräder realisiert ist. Ein Vorteil der Erfindung besteht darin, dass die Verlagerung des Körperschwerpunkts der Person über die Halteanordnung auf das Fahrgestell übertragen wird. Bewegt sich die Person vorwärts, indem sie ein Bein vor das andere stellt, so verschiebt sich der Körperschwerpunkt über dem Fahrgestell nach vorne. Diese Bewegungsrichtung wird als Hauptbewegungsrichtung oder Vorwärtsbewegung bezeichnet. Die Gehhilfe unterstützt die Person natürlich auch bei Gehversuchen in andere Bewegungsrichtungen, wie etwa seitwärts oder rückwärts. Da die Person mit der Halteanordnung verbunden ist, führt die Gewichtsverlagerung dazu, dass das Federbein zusammengedrückt und die Bodenhaftung des hinteren Fusses verstärkt wird. Es hat sich gezeigt, dass diese ergonomische Ausgestaltung der Gehhilfe die natürliche Körperbewegung unterstützt. Die Gehhilfe erlaubt eine koordinierte Verlagerung des Körpergewichts auf die Beine und Füsse. Die gehbehinderte Person erfährt dadurch einen ausgeglichenen Bewegungsablauf. Das Fahrgestell weist eine Vorderachse auf, an welcher die Räder angeordnet sind. Da bei der Fortbewegung zeitweise eine Gewichtsverlagerung in Richtung der Vorderachse erfolgt, müssen Räder, Radachse und Fahrgestell so abgestimmt sein, dass ein seitliches Kippen der Person möglichst verhindert wird. Dazu werden die Räder vorzugsweise möglichst weit zueinander beabstandet, um einen sicheren Stand zu gewährleisten. Vorzugsweise weist auch die Hinterachse zwei zueinander beabstandete Räder auf. Es ist jedoch auch eine Ausführungsvariante mit einem mittig angeordneten Hinterrad realisierbar.

[0013] In einer anderen Ausführungsvariante der Gehhilfe ist eine Kopplungseinrichtung vorhanden, mittels welcher die wiederentfernbare Befestigung der Halteanordnung an der Sicherungsanordnung realisiert ist. Einer der Vorteile der Erfindung ist, dass das An- und Ablegen der Gehhilfe durch die gehbehinderte Person selbständig ausführbar ist. Die Kopplungseinrichtung ist stets in deren Blickfeld und leicht zugänglich. Der Kopplungsmechanismus ist bspw. durch ein Schnappelement realisiert, welches die Halteanordnung an der Sicherungsanordnung einschnappen lässt. Die Sicherung des Verschlusses wird noch zusätzlich durch einen Splint oder Bolzen gesichert, um eine ungewollten Auslösung zu verhindern. Anstelle eines Splints oder Bolzens kann eine Verriegelungsvorrichtung eingesetzt werden, welche einen Riegel und einen Schieber umfasst. Durch einen Hebel zum Lösen der Schnappvorrichtung kann die Verbindung wieder gelöst werden.

[0014] In einer weiteren Ausführungsvariante der Gehhilfe umfasst das Fahrgestell ein Rahmenteil und eine Schwinge mit einem freien Ende, wobei die Schwinge mit einem Federbein verbunden ist, wobei am freien Ende der Schwinge ein Querelement zur Aufnahme von zwei Vorderrädern realisiert ist. Ein Vorteil der Erfindung ist, dass das Fahrgestell mittels der Federung den Bewegungen der Person, welche die Gehhilfe benutzt, nachgeführt wird, so dass die Gehbewegungen unterstützt werden. Am Fahrgestell sind am hinteren Ende Hinterräder an einer Querachse angeordnet. Es ist mindestens ein Hinterrad erforderlich. Ein weiterer Vorteil dieser Ausführungsvariante besteht daher in der Wendigkeit der Gehhilfe, was die Bewegungen der Person weiter unterstützt.

[0015] In einer Ausführungsvariante der Gehhilfe umfasst die Halteanordnung mindestens ein mit der Person wiederentfernbar verbindbares Hüftgestell und/oder wiederentfernbar verbindbare Beinschienen und/oder eine wiederentfernbar verbindbare Oberkörperfixation und/oder wiederentfernbar verbindbare Schuhe, mittels welchen die Person beim Gehen führbar ist. Vorteilhaft wirkt sich aus, dass die Kopplungseinrichtung im Brustbereich der Person an der Halteanordnung angeordnet ist. Dadurch können Hüftgestell, Beinschienen, Oberkörperfixation und Schuhe und mögliche weiter Fixationen in sitzender Stellung der Person an dieser befestigt werden, wobei die Befestigung an der Sicherungsanordnung der Gehhilfe durch die Person selbst möglich ist, da sie die Kupplung stets im Blickfeld hat und entsprechende Manipulationen vornehmen kann. Das Hüftgestell besteht aus einem starren Teil und einem beweglichen, flexiblen Teil, bspw. einem Gurt, wobei beide Teile zusammen die Hüften der Person umschliessen. Im Brustbereich bzw. beim Oberkörper ist ebenfalls ein Fixationsteil vorgesehen, welches über ein Gestänge auf der rechten und linken Seite der Person mit dem Hüftgestell verbunden ist. Am Hüftgestell sind weitere Gestänge seitlich angeordnet, an welchen die Beine über Gurten verbindbar sind. An den freien Enden der Gestänge ist jeweils ein Schuh montierbar. Die Gestänge sind über Gelenke miteinander flexibel verbunden, so dass die Gestänge den Bewegungen der Beine folgen können bzw. die Bewegungen unterstützten. Des Weiteren können die Bewegungen der Beine dadurch unterstützt werden, dass ein Band oder Gurt mit den Gestängen ungefähr im Kniebereich verbunden wird, wobei das Band am Fahrgestell bspw. durch eine Öse durchgeschlauft wird. Wird bspw. das eine Bein nach vorne geschoben, so zieht das Band zugleich das andere Bein nach hinten. Ein derartiges Band kann auch im Bereich der Schuhe montiert werden und ist mit dem Fahrgestell verbindbar.

[0016] In einer anderen Ausführungsvariante der Gehhilfe umfasst das Fahrgestell mindestens drei an diesem befestigte Räder, wobei mindestens zwei Vorderräder und mindestens ein Hinterrad vorgesehen sind. Ein Vorteil der Erfindung ist, dass eine Gewichtsverlagerung der Person beim Vorwärtsgehen durch zwei Vorderräder ausreichend stabilisiert ist. Die Person wird in ihren Bewegungen geführt und gestützt. Es kann ein Hinterrad verwendet werden, um die geforderte Stabilität der Gehhilfe zu gewährleisten.

[0017] In einer weiteren Ausführungsvariante der Gehhilfe umfasst das Fahrgestell vier an diesem befestigte Räder, wobei mindestens zwei Vorderräder und mindestens zwei Hinterräder vorgesehen sind. Ein Vorteil der Erfindung ist, dass der Abstand zwischen den zwei Hinterrädern bzw. der Abstand zwischen den zwei Vorderrädern den Bedürfnissen der Person anpassbar ist. Vorzugsweise sind die beiden hinteren Räder enger beabstandet, als die vorderen beiden Räder.

[0018] In einer Ausführungsvariante der Gehhilfe ist jedes Vorderrad in einer drehbaren Gabel drehbar gelagert. Ein Vorteil der Erfindung ist, dass dem Fahrgestell sehr wendig ausgebildet ist und dadurch den Bewegungen der gehbehinderten Person leicht nachführbar ist. Die Person wird im Bewegungsablauf geführt und unterstützt.

[0019] In einer anderen Ausführungsvariante der Gehhilfe ist die Sicherungsanordnung wiederentfernbar am Fahrgestell montiert. Ein Vorteil der Erfindung ist, dass die Sicherungsanordnung bzw. der Mast aus dem Fahrgestell gelöst werden kann. Das erhöht die Mobilität der Gehhilfe bspw. wenn sie mit einem Fahrzeug im Kofferraum transportiert werden soll. Der Mast ist vorzugsweise in das Fahrgestell eingesteckt und durch Sicherungsmittel, bspw. einer Schraube oder einem Splint, gesichert.

[0020] Im Folgenden wird die Erfindung anhand von in den Zeichnungen dargestellten Ausführungsbeispielen näher erläutert. Hierbei gehen aus den Zeichnungen und ihrer Beschreibung weitere wesentliche Merkmale und Vorteile der Erfindung hervor.

Fig. 1 zeigt eine perspektivische und vereinfachte Darstellung der erfindungsgemässen fahrbaren Gehhilfe;

Fig. 2 zeigt eine schematische Seitenansicht der Gehhilfe;

Fig. 3 zeigt eine vereinfachte Darstellung der Gehhilfe von hinten;

Fig. 4 und Fig. 5 zeigen in einer Detailansicht aus Fig. 1 den Kopplungsmechanismus zwischen der Sicherungsanordnung und der Halteanordnung der Gehhilfe in verbundener Position (Fig. 4) sowie in gelöster Position (Fig. 5);

Fig. 6 zeigt eine schematische Darstellung der bewegbaren Halteanordnung der Gehhilfe;

Fig. 7a bis 7c zeigen die prinzipielle Abfolge eines Schrittes der gehbehinderten Person, wobei die Schrittbetätigung der Person durch ein an den Beinen befestigtes Band der Gehhilfe unterstützt wird;

Fig. 8a bis 8c zeigen Kompression bzw. Dekompression der Feder an der Gehhilfe bei der in Fig. 7a bis 7c dargestellten Schrittbetätigung und

Fig. 9a bis 9c zeigen in einer seitlichen Ansicht der Gehhilfe die in Fig. 7a bis 7c dargestellte Schrittbetätigung der Person.



[0021] Figur 1 illustriert die mit Bezugszeichen 1 bezeichnete fahrbare Gehhilfe zur Führung einer gehbehinderten Person 9. Die Gehhilfe 1 weist ein Fahrgestell 11 auf. Senkrecht zum Fahrgestell ist an diesem eine Sicherungsanordnung 13 montiert. Diese kann wiederentfernbar befestigt sein. Sie ist zudem höhenverstellbar ausgebildet. Üblicherweise ist die Sicherungsanordnung 13 höhenverstellbar ausgeführt. In anderen Worten - die Person befindet sich hinter der Sicherungsanordnung, so dass der Bauch der Sicherungsanordnung zugewendet ist. An der Sicherungsanordnung 13 ist wiederentfernbar eine Halteanordnung 12 zum Halten und zur Sicherung der Person 9 an der Gehhilfe 1 befestigt. Die Halteanordnung 12 wird mittels einer Kupplung oder Koppelungseinrichtung 14 mit der Halteanordnung lösbar verbunden. Dabei entsteht ein Kopplungspunkt- oder übergang. Insbesondere bei Kindern muss die Halteanordnung verlängert und dem Wachstum eines Kindes angepasst werden, was durch die Höhenverstellbarkeit der Halteanordnung erreicht wird. Die Sicherungsanordnung 13 ist vor der Person 9, also ventral, angeordnet. Dadurch wird die Handhabung der Gehhilfe erheblich erleichtert, weil die Kupplungseinrichtung 14 zur Verbindung der Halteanordnung 12 mit der Sicherungsanordnung 13 sich vor der Person 9 befindet. Die mit der Sicherungsanordnung verbundene Halteanordnung definiert zugleich eine Mittelebene M, welche ungefähr vertikal, also senkrecht zur Oberfläche, zum Boden bzw. zum Gelände verläuft und zwischen Vorder- und Hinterrad angeordnet ist. Die Kupplung 14 ist zwischen dieser Mittelebene M und den Vorderrädern angeordnet. Die Kupplung 14 ist leicht zugänglich. Mit dem Bezugszeichen 110 sind die Vorderräder bezeichnet. Diese sind an einer Querstrebe oder einem Querelement 116 angeordnet. Es werden vorzugsweise Vorderräder verwendet, welche auch um ihre senkrechte Achse drehbar gelagert sind. Die Vorderräder 110 sind üblicherweise um 360° um die senkrechte Achse drehbar. Die Hinterräder 111 sind an einer Achse oder einem Querelement 115 angeordnet und können bspw. über ein Bremsgestänge 117 blockiert werden.

[0022] Figur 2 illustriert eine Seitenansicht der Gehhilfe 1. Dabei sind mit Bezugszeichen 110 die Vorderräder bezeichnet und mit 111 die Hinterräder. Das Bezugszeichen 117 bezeichnet das Bremsgestänge, welches um eine Achse schwenkbar gelagert und durch Federmittel zwischen zwei Positionen, einer Bremsposition sowie einer Freilaufposition, umgeschwenkt werden kann.

[0023] Figur 3 zeigt eine vereinfachte Darstellung der Gehhilfe von hinten. Dabei ist ersichtlich, dass die die Hinterräder 111 vorzugsweise einen engeren Radstand haben, als die Vorderräder 110. Der Radstand zwischen den Hinterrädern kann aber nach Bedarf auch kleiner oder grösser realisiert sein. Je breiter der Radstand, umso stabiler ist die Gehhilfe 1 auf der Unterfläche positioniert. Mit Bezugszeichen 120 ist ein Querelement bezeichnet. Jedes Vorderrad 110 ist an einer Gabel 1101 gehalten und um die Senkrechte drehbar. Die Gabel wiederum ist am Querelement 116 befestigt, so dass die Gabel frei drehbar ist. Das Querelement 115 ist am Fahrgestell angeordnet und zur Aufnahme der Hinterräder 111 vorgesehen.

[0024] Figur 4 illustriert eine Detailansicht des Kopplungsmechanismus 14 zwischen der Sicherungsanordnung 13 und der Halteanordnung 12 der Gehhilfe 1. Figur 4 zeigt den Kopplungsmechanismus bzw. die Kupplung in verbundener Position. Die Halteanordnung 12 weist ein Querelement 120 auf, welches als Strebe oder Querstrebe dient, wobei an deren äusseren beiden Enden jeweils ein Hüftgestell 15 angeordnet ist, an welchem wiederum Beinschienen 16 und Öberkörperfixation 17 verbunden sind. Die Querstrebe 120 weist in deren Mitte eine Kopplungszapfen bzw. Kopplungsbolzen 121 auf. Dieser Bolzen ist dazu ausgebildet, in eine Bohrung 131 an der Sicherungsanordnung 13 eingeführt zu werden. Zum sicherbaren Kopplungsbolzen können zusätzliche Bolzen vorhanden sein, welche beim An- bzw. Abkoppeln ein Führungsfunktion haben, so dass der Kopplungsvorhang auch unter Last sicher und zuverlässig funktioniert. Die Sicherungsanordnung ist vorzugsweise als Mast oder Säule ausgebildet und ist mit dem Fahrgestell verbunden. Ist der Bolzen 121 in der Bohrung 131 eingeführt, so wird er durch einen Sicherungsbolzen bzw. Sicherungszapfen 133 gesichert, so dass der Bolzen 121 sich nicht selbständig löst. Der Sicherungszapfen ist mit einem Griff 134 versehen. Eine Rückstellfeder 135, vorzugsweise als Spiralfeder ausgebildet, drückt den Zapfen 133 in die am Bolzen 121 vorgesehene Bohrung. Der Bolzen 121 kann aus der Bohrung 131 herausragen, so dass das freie Ende noch zusätzlich mit einem Splint oder Stift vorübergehend gesichert werden kann.

[0025] Figur 5 zeigt denselben Kopplungsmechanismus 14 in gelöster Position.

[0026] Figur 6 illustriert eine schematische Darstellung der Verlagerung des Körperschwerpunkts. Bewegt bspw. die Person 9 ein Bein vorwärts, so verschiebt sich der Körperschwerpunkt über dem Fahrgestell nach vorne. Da die Person 9 an der Halteanordnung 12 verbunden ist, führt die Gewichtsverlagerung dazu, dass die Feder zusammengedrückt wird, wie dies anhand des mit Bezugszeichen 9' bezeichneten Torso der Person in gestrichelter Linie ersichtlich ist. Es hat sich gezeigt, dass die ergonomische Ausgestaltung der Gehhilfe die natürliche Körperbewegung unterstützt. Die Gehhilfe 1 erlaubt eine koordinierte Verlagerung des Körpergewichts auf die Beine und Füsse. Die gehbehinderte Person erfährt dadurch einen ausgeglichenen Bewegungsablauf. Der Winkel α zeigt exemplarisch, wie die Halteanordnung der Gehhilfe 1 in Abhängigkeit der Belastung bewegbar ist. Des Weiteren illustriert Figur 6 ein Hüftgestell 15 der Halteanordnung 12, welches ungefähr in Hüfthöhe mit der Person 9 bspw. mittels eines Gurts an deren Hüfte verbunden ist. Zudem zeigt Figur 6 eine Beinschiene 16 der Halteanordnung 12, an welcher das hier ersichtliche linke Bein fixierbar ist. Nicht dargestellt bzw. verdeckt ist die Beinschiene 16 für das rechte Bein. Mittels einer Öberkörperfixation 17 der Halteanordnung 12 ist der Oberkörper der Person 9 an der Halteanordnung 12 fixierbar. Der Schuh 91 kann mit der Halteanordnung 12 lösbar oder dauerhaft verbunden sein. Das Bezugszeichen M zeigt vereinfacht dargestellt die annähernd vertikal verlaufende Mittelebene, welche durch die Halteanordnung 12 definiert wird.

[0027] Die Figuren 7a bis 7c zeigen die prinzipielle Abfolge bei der Betätigung eines Schrittes der gehbehinderten Person, wobei die Schrittbetätigung der Person durch zwei an den Beinen befestigten Bändern oder Seilen 160,162 der Gehhilfe 1 unterstützt wird. Jedes Seil 160 weist zwei freie Enden 1601 auf, wobei jedes Seilende an der Halteanordnung 12, auch Gehänge oder Gestell genannt, verbunden wird. Jedes Seil wird entsprechend durch ein Seilumlenkmittel durchgeschlauft, so dass sich zwei Seilabschnitte vom einen Ende des Seils zum Seilumlenkmittel und von diesem zum andern Ende des Seils ergeben. Wird der eine Seilabschnitt verlängert, so verkürzt sich der andere Seilabschnitt entsprechend, da die Länge des Seils konstant bleibt. Durch dieses wechselseitige oder reziproke Verhalten kann auf die Form des Gehens bzw. auf das Bewegungsmuster Einfluss genommen werden. Das Zusammenwirken der beiden Seile hat zum Erfolg, dass die Beine bei einer Schrittbetätigung aktiv geführt werden.

[0028] Anstelle eines Seils kann ein Gurt, ein Band, eine Kette oder dergleichen verwendet werden. Das Seilumlenkmittel ist vorzugsweise als Öse oder Seilrolle ausgebildet und mit dem Fahrgestell verbunden. Das Seilumlenkmittel kann an einer Säule erhöht angeordnet sein.

[0029] Die Figuren 8a bis 8c zeigen die Kompression bzw. Dekompression der Feder im vorderen Bereich der Gehhilfe bei der in Fig. 7a bis 7c dargestellten Schrittbetätigung infolge Verlagerung des Körpers der Person.

[0030] Die Figuren 9a bis 9c zeigen in einer seitlichen Ansicht der Gehhilfe die in Fig. 7a bis 7c dargestellte Schrittbetätigung der Person. Im Wesentlichen wird bereits bei geringer Verlagerung des Oberkörpers der Person 9 in Vorwärtsrichtung bei gleichzeitigem leichten Anheben bspw. des rechten Fusses erreicht, dass das Federbein 112 komprimiert und dadurch entsprechend eine noch stärkere Belastung des linken Beins erfolgt, worauf sich auf den beiden Seilzügen eine Zugkraft am rechten Bein einstellt. Durch die Verlagerung des Körperschwerpunkts nach vorne - bspw. durch ein sich nach vorne fallen lassen - wird also ein Schritt ausgelöst. Das belastete rechte Bein bleibt am Boden stehen, während sich die Gehhilfe 1 und somit auch das linke Bein nach vorne bewegen. Die soeben beschriebene Schrittauslösung funktioniert sowohl für das linke, wie für das rechte Bein.

[0031] Zwar werden hier zwei separate Seilstücke verwendet. Es ist jedoch klar, dass auch ein endloses Seil oder ein langes einstückiges Seil verwendet werden könnte, um durch die beiden Seilumlenkmittel hindurchgeschlauft und an den Beinen befestigt zu werden.

[0032] Vorzugsweise werden stets zwei Seilzüge bestehend aus zwei separaten Seilstücken verwendet. Dabei wird der eine Seilzug 160 an dem im Bereich des mindestens einen Hinterrads 111 befestigten Seilumlenkmittel 161 beweglich angeordnet. Das andere Seilstück 162 wird durch ein im Bereich der Vorderräder 110 angeordneten Umlenkmittel 163 durchgeschlauft.

[0033] Figur 10 illustriert in einer Detaildarstellung eine andere Ausführungsvariante der Federung der erfindungsgemässen Gehhilfe 1. Das Fahrgestell 11 weist im Bereich der Vorderachse eine schlittenähnliche Einrichtung auf. Die Einrichtung weist einen Schlitten 1140 auf, welcher vorzugsweise an zwei Stangen 1141 hin- und hergleitend gelagert ist. Dabei ist der Schlitten vorzugsweise mit einer Feder in einer ersten Position gehalten. Verlagert die gehbehinderte Person ihr Körpergewicht nun nach vorne, so wird die Feder zusammengedrückt, wobei der Schlitten sich in Richtung einer zweiten Position verlagert. Durch diese Verlagerung erfolgt ein Absenken der Halteanordnung, wodurch die Person mehr Bodenhaftung gewinnt. Die Kopplungseinrichtung 14 ist somit relativ zum Fahrgestell 11 beweglich gelagert.

Bezugszeichenlegende



[0034] 
1
Gehhilfe
11
Fahrgestell
110
Rad, Vorderrad
1101
Gabel
111
Rad, Hinterrad
112
Federbein, Feder
113
Rahmenteil
114
Schwinge, Federschwinge, Schlitten
1141
freies Ende der Schwinge
115
Querelement, Achse
116
Querelement, Achse
117
Bremse, Radbremse
12
Halteanordnung
120
Querelement
121
Kopplungszapfen, Kopplungsbolzen
13,13'
Sicherungsanordnung, Mast
131
Bohrung
133
Sicherungsbolzen, Sicherungszapfen
134
Griff
135
Rückstellfeder
14
Kopplungseinrichtung, Kupplung
15
Hüftgestell
16
Beinschiene
160
Band, Gurt, Seil
161
Seilumlenkmittel, Umlenkmittel
17
Oberkörperfixation
8
Oberfläche, Boden, Gelände
9,9'
Person
91
Schuh
α
Winkel
M
Mittelebene



Ansprüche

1. Gehhilfe (1) zur Führung einer gehbehinderten Person (9), mit einem zwei Vorderräder (110) und mindestens ein Hinterrad (111) aufweisenden Fahrgestell (11), mit einer senkrecht am Fahrgestell montierten Sicherungsanordnung (13) und mit einer Halteanordnung (12), welche mit der Sicherungsanordnung mittels einer Kopplungseinrichtung (14) entkoppelbar verbunden ist, wobei die Person durch die Halteanordnung (12) mindestens an den Hüften, den Beinen und/oder den Füssen an der Gehhilfe gehalten ist, dadurch gekennzeichnet,
dass die Kopplungseinrichtung (14) sich annähernd mittig zwischen den Vorderrädern (110) und dem Hinterrad (111) befindet, derart dass die gehbehinderte Person (9) die Kopplungseinrichtung (14) in deren Blickbereich hat,
dass Mittel zur Unterstützung und/oder Führung der Beine bei Schrittauslösung und/oder beim Gehen der Person (9) vorhanden sind, welche mit der Halteanordnung (12) lösbar verbunden und am Fahrgestell (11) beweglich angeordnet sind.
 
2. Gehhilfe (1) gemäss Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Kopplungseinrichtung (14) mit einem an der Halteanordnung (12) angeformten Kopplungszapfen (121) realisiert ist, welcher in eine an der Sicherungsanordnung (13) angeformten Bohrung (131) lösbar einsetzbar ist.
 
3. Gehhilfe (1) gemäss einem der Ansprüche 1 und 2, dadurch gekennzeichnet, dass das Fahrgestell (11) ein Rahmenteil (113) umfasst, an welchem eine Schwinge (114) mit einem freien Ende beweglich angeordnet ist, dass die Schwinge mit einem am Rahmenteil (113) angeordneten beweglichen Federbein (112) verbunden ist, wobei am freien Ende der Schwinge (114) ein Querelement (116) zur Aufnahme der zwei Vorderräder (110) realisiert ist, derart, dass die Kopplungseinrichtung (14) zum Fahrgestell (11) relativ beweglich gelagert ist.
 
4. Gehhilfe (1) gemäss einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Halteanordnung (12) mindestens ein mit der Person (9) wiederentfernbar verbindbares Hüftgestell (15) und/oder wiederentfernbar verbindbare Beinschienen (16) und/oder eine wiederentfernbar verbindbare Oberkörperfixation (17) und/oder wiederentfernbar verbindbare Schuhe (91) umfasst, mittels welchen die Person (9) beim Gehen führbar ist.
 
5. Gehhilfe (1) gemäss einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Fahrgestell vier an diesem befestigte Räder (111) umfasst, wobei mindestens zwei Vorderräder und mindestens zwei Hinterräder vorgesehen sind.
 
6. Gehhilfe (1) gemäss einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass jedes Vorderrad (110) in einer drehbaren Gabel (1101) drehbar gelagert ist.
 
7. Gehhilfe (1) gemäss einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Sicherungsanordnung (13) wiederentfernbar am Fahrgestell (11) montiert ist.
 
8. Gehhilfe (1) gemäss einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass das Mittel zwei Seilumlenkmittel (161,163) und ein mit diesen beweglich verbundenen Seil (160,162) besteht, wobei die Halteanordnung (12) im Bereich der Knie und/oder an der Halteanordnung (12) im Bereich der Schuhe mit dem Seil verbunden ist.
 
9. Gehhilfe (1) gemäss Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass das Seil aus zwei Seilstücken gebildet ist, wobei deren jeweiligen Seilenden (1601,1621) mit der Halteanordnung (12) im Bereich der Knie und/oder mit der Halteanordnung (12) im Bereich der Schuhe verbunden sind.
 
10. Verwendung einer Gehhilfe (1) gemäss einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass mittels der Gehhilfe für die gehbehinderte Person therapeutische Bewegungsabläufe selbständig ausführbar sind.
 
11. Verwendung einer Gehhilfe (1) gemäss einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Gehhilfe (1) durch die Person (9) selbständig an- und ablegbar ist.
 




Zeichnung



















Recherchenbericht