(19)
(11) EP 2 281 905 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
09.02.2011  Patentblatt  2011/06

(21) Anmeldenummer: 10005962.5

(22) Anmeldetag:  10.06.2010
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
C22C 5/04(2006.01)
C22F 1/18(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME RS

(30) Priorität: 29.06.2009 DE 102009031168

(71) Anmelder: W.C. Heraeus GmbH
63450 Hanau (DE)

(72) Erfinder:
  • Hortig, Uwe
    63526 Erlensee (DE)
  • Baier, Verena
    36093 Künzell (DE)
  • Manhardt, Harald
    63486 Bruchköbel (DE)
  • Warkentin, Oliver, Dr.
    64319 Pfungstadt (DE)
  • Lupton, David Francis, Prof. Dr.
    63571 Gelnhausen (DE)

(74) Vertreter: Kühn, Hans-Christian 
Heraeus Holding GmbH, Stabsstelle Schutzrechte Heraeusstrasse 12-14
63450 Hanau
63450 Hanau (DE)

   


(54) Festigkeitserhöhung von Iridium, Rhodium und Ihren Legierungen


(57) Wenn man Iridium und dessen Zr- und Hf-freie Legierungen und Rhodium und dessen Zr- und Hf-freie Legierungen jeweils 0,5 bis 30 ppm Bor und 0,5 bis 20 ppm Kalzium zusetzt, erhöht sich überraschenderweise die Zeitstandfestigkeit bei hohen Temperaturen, insbesondere um 1800°C.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft Iridium und dessen Zr- und Hf-freie Legierungen sowie Rhodium und dessen Zr- und Hf-freie Legierungen mit hoher Zeitstandfestigkeit bei hohen Temperaturen.

Hintergrund und Aufgabenstellung



[0002] Iridium als eines der Metalle der Platingruppe wird beispielsweise in Tiegeln zur Züchtung von Einkristallen hochschmelzender oxidischer Schmelzen, z.B. von Nd:YAG-Laserkristallen, oder in Bauteilen für die Glasindustrie eingesetzt. Für diese Anwendungen sind neben der Korrosionsbeständigkeit gegenüber oxidischen Schmelzen eine hohe Kriech- und Zeitstandfestigkeit des Iridiums bei hohen Temperaturen von entscheidender Bedeutung.

[0003] Eine Methode zur Erhöhung der Kriech- und Zeitstandfestigkeit von Iridium-Legierungen wird in DE 10 2005 032 591 A1 beschrieben. Es erfolgt eine Dotierung mit Molybdän, Hafnium und gegebenenfalls Rhenium, wobei die Summe aus Molybdän und Hafnium zwischen 0,002 und 1,2 Gew% beträgt (dadurch konnte die Standzeit im Vergleich zu undotiertem Iridium bei einer Belastung von 16,9 MPa auf über das Doppelte gesteigert werden.)

[0004] In WO 2004/007782 A1 werden Wolfram und/oder Zirkonium enthaltende Iridium-Legierungen für Hochtemperaturanwendungen beschrieben, die zusätzlich 0,01 bis 0,5 Gew% an weiteren Elementen wie Molybdän und Hafnium enthalten und ggf. Ruthenium mit 0,01 bis 10 Gew%.

[0005] In JP 56-81646 A werden Schmucklegierungen auf Platinbasis beschrieben, die Calciumborid oder Bor zur Erhöhung der Festigkeit, vor allem der Härte, nach einer Hochtemperaturbehandlung, wie z.B. Löten, enthalten.

[0006] Bei der Züchtung von einigen hochreinen Laserkristallen sind die vierwertigen Elemente Zr und Hf in den lridium-Tiegeln nicht erwünscht, da sie zu Verunreinigungen in der Kristallschmelze führen können, welche die Lasereigenschaften im späteren Einsatz beeinträchtigen. Deshalb liegt die Aufgabe der vorliegenden Erfindung darin, die Zeitstandfestigkeit des Iridiums bei hoher Temperatur unter Beibehaltung der Duktilität und Verarbeitbarkeit des Materials zu erhöhen, ohne die genannten Elemente zu verwenden. Es ist entsprechend von Vorteil, wenn das betreffende Material auch frei von Titan ist.

[0007] Überraschenderweise wurde gefunden, dass sich durch die Zugabe von Kalzium und Bor im Bereich von wenigen ppm die Zeitstandfestigkeit des auf diese Weise dotierten Iridiums bei einer Temperatur von 1800 °C im Vergleich zu undotiertem Iridium um 20 bis 30 % erhöht. Es ist davon auszugehen, dass dies auch für Iridiumlegierungen sowie Rhodium und seine Legierungen erreicht wird.

[0008] Die folgenden Beispiele erläutern die Erfindung näher. Teile- und Prozentangaben beziehen sich wie in der übrigen Beschreibung auf das Gewicht, sofern nicht anders angegeben.

Vergieichsbeispiel:



[0009] 8 kg Iridium wurden in einem ZrO2-Tiegel aufgeschmolzen und in eine wassergekühlte Kupferkokille abgegossen. Der Iridium-Barren wurde anschließend bei 1600 bis 1700°C geschmiedet und in mehreren Schritten auf eine Enddicke von 1 mm gewalzt. Vor und zwischen den jeweiligen Walzstichen wurde der Barren bzw. das Blech auf 1400 °C erhitzt. Das Blech wies eine Härte von HV10 = 270 auf. Aus dem gewalzten Blech wurden Proben für Zeitstandversuche entnommen.

[0010] Für die auf diese Weise hergestellte Iridium-Charge wurde in Zeitstandversuchen bei einer Temperatur von 1800 °C eine Zeitstandkurve aufgenommen. Dabei wurden die Standzeiten bei angelegten Spannungen zwischen 6,7 und 25 MPa ermittelt und die Werte anschließend durch eine Kurve angenähert. Die Messergebnisse sind in Tabelle 1 zusammengefasst.
Tabelle 1: Ergebnisse der Zeitstandversuche an reinem Iridium (ohne Dotierung mit Kalzium und Bor)
Spannung [MPa] Standzeit [h] Bruchdehnung [%] Dehnrate [s-1]
6,7 1403,7 18,2 3,2 · 10-8
8,3 385,9 22,3 1,2 · 10-7
9,5 225,0 23,9 2,6 · 10-7
10 95,0 36,9 6,4 · 10-7
13 56,8 50,0 9,4 · 10-7
16 17,48 22,4 1,6 · 10-6
18 10,1 > 50 1,4 · 10-5
21 4,38 98,8 2,7 · 10-5
23 1,67 13,5 1,5 · 10-5
25 0,73 59,8 2,0 · 10-4


[0011] Die Standzeiten bewegen sich in einem Bereich von 1403,7 h (ca. 58,5 Tage) bei 6,7 MPa bis 0,73 h bei 25 MPa und sinken mit zunehmender Spannung. Während die Dehnrate mit steigender Spannung zunimmt, zeigen die Bruchdehnungen keine signifikante Tendenz.

[0012] Aus der ermittelten Zeitstandkurve ergeben sich für vorgegebene Standzeiten folgende interpolierte Werte für die Zeitstandfestigkeit:
Tabelle 2: Werte aus der Zeitstandkurve der undotierten lr-Charge
Standzeit [h] Zeitstandfestigkeit [MPa] Dehnrate [s-1]
10 16,9 6,5 · 10-6
100 11,0 5,6 · 10-7
1000 7,2 4,9 · 10-8

1. Ausführungsbeispiel:



[0013] 8 kg Iridium wurden in einem ZrO2-Tiegel aufgeschmolzen und in eine wassergekühlte Kupferkokille abgegossen. Kurz vor dem Abguss wurde eine mit ca. 0,08 g (10 ppm) Kalzium und 0,08 g (10 ppm) Bor gefüllte Tasche aus Pt-Folie (20 mm x 20 mm x 0,05 mm) in die Schmelze gegeben.

[0014] Der Iridium-Barren wurde anschließend analog zur undotierten Iridium-Charge im Vergleichsbeispiel geschmiedet und auf eine Enddicke von 1 mm gewalzt. Die Härte der Bleche lag zwischen HV10 = 226 und 242. Aus dem gewalzten Blech wurden Proben für Zeitstandversuche und Analysen entnommen.

[0015] Auf diese Weise wurden insgesamt sieben Chargen Iridium hergestellt und untersucht. Mithilfe von GDL-Analysen (Glow Discharge Lamp) wurden zunächst die Gehalte an Kalzium und Bor bestimmt. Die Analyse-Ergebnisse sind in Tabelle 3 aufgeführt. Der Gehalt an Kalzium und Bor ist für alle Chargen nahezu identisch.
Tabelle 3: Ergebnisse der GDL-Analysen: Ca- und B-Gehalte der dotierten Ir-Chargen
Charge Gehalt an Ca [ppm] Gehalt an B [ppm]
A - -
B - -
C 4 3
D 4 3
E 4 3
F 4 3
G 5 3


[0016] Ausgehend von der Zeitstandkurve der undotierten Iridium-Charge wurden Zeitstandversuche bei einer Temperatur von 1800 °C und einer angelegten Spannung von 16,9 MPa durchgeführt. Im Vergleich zur Standzeit der undotierten Iridium-Charge von 10 h (Tabelle 2) wurden für die dotierten Chargen deutlich höhere Standzeiten von 17,93 bis zu 56,52 h erreicht (Tabelle 4).

[0017] Neben dem Anstieg der Standzeiten konnte außerdem eine tendenzielle Zunahme der Bruchdehnungen im Vergleich zum undotierten Iridium beobachtet werden. Der Minimalwert der gemessenen Bruchdehnungen liegt bei 23 %, während ein Maximalwert von 73 % erreicht wurde. Die Dehnraten der dotierten Iridium-Chargen liegen zwischen 8,3 10-7 und 3,4·10-6 s-1.
Tabelle 4: Ergebnisse der Zeitstandversuche bei 1800 °C und einer Spannung von 16,9 MPa
Charge Standzeiten [h] Bruchdehnung [%] Dehnrate [s-1]
A 32,85 55 2,7 · 10-6
45,39 51 1,5 · 10-6
33,47 44 1,2 · 10-6
B 22,48 51 2,2 · 10-6
17,93 68 2,2 · 10-6
19,30 64 3,4 · 10-6
C 50,65 65 1,3 · 10-6
38,66 48 1,2 · 10-6
56,52 73 1,0 · 10-6
D 29,94 73 2,0 · 10-6
18,88 56 2,2 · 10-6
42,67 29 9,8 · 10-7
E 54,89 46 8,3 · 10-7
29,03 23 1,0 · 10-7
34,89 35 1,2 · 10-6
F 53,79 56 9,0 · 10-7
35,66 39 1,1 · 10-6
29,32 45 1,5 · 10-6
G 19,31 57 2.1 · 10-6
47,02 35 7,1 · 10-7
43,83 38 1,2 · 10-6

2. Ausführungsbeispiel



[0018] Für die Charge F aus dem 1. Ausführungsbeispiel wurde bei einer Temperatur von 1800 °C zusätzlich zu dem Zeitstandversuch bei 16,9 MPa eine Zeitbruchlinie aufgenommen. Die angelegten Spannungen bewegten sich dabei in einem Bereich zwischen 14 MPa und 25 MPa. Die Ergebnisse sind in Tabelle 5 aufgeführt.
Tabelle 5: Ergebnisse der Zeitstandversuche bei verschiedenen Spannungen
Spannung [MPa] Standzeit [h] Bruchdehnung [%] Dehnrate [s-1]
14,0 95,53 28 2,6 · 10-7
16,9 39,59 47 1,2 · 10-6
18,5 21,71 75 1,5 · 10-6
20,0 14,43 69 2,4 · 10-6
23,0 8,81 69 9,0 · 10-6
25,0 3,44 76 1,7 · 10-5


[0019] Nach Ermittlung der Zeitbruchlinie ergaben sich für vorgegebene Standzeiten folgende interpolierte Zeitstandfestigkeitswerte:
Tabelle 6: Werte aus der Zeitstandkurve der mit Kalzium und Bor dotierten Ir-Charge
Standzeit [h] Zeitstandfestigkeit [MPa] Dehnrate [s-1]
10 21,3 5,0 · 10-6
100 14,3 3,1 · 10-7
1000 9,5 1,8 · 10-8


[0020] Bei Vergleich dieser Festigkeitswerte mit denen von reinem Iridium bei gleichen Standzeiten wird bei allen Standzeiten eine Erhöhung der Zeitstandfestigkeit von mindestens 23 % erreicht. Die Dehnraten der interpolierten Werte liegen vor allem bei den geringeren Spannungen deutlich unter denen des reinen Iridiums. Bezüglich der gemessenen Bruchdehnungen werden teilweise fast dreifach höhere Werte erreicht als bei reinem Iridium.


Ansprüche

1. Iridium und dessen Zr- und Hf-freie Legierungen, Rhodium und dessen Zr- und Hf-freie Legierungen, zusätzlich enthaltend 0,5 bis 30 ppm Bor und 0,5 bis 20 ppm Kalzium.
 
2. Verfahren zum Erhöhen der Zeitstandfestigkeit von Iridium und dessen Legierungen sowie von Rhodium und dessen Legierungen, dadurch gekennzeichnet, dass den Metallen oder deren Zr- und Hf-freien Legierungen Bor und Calcium zugesetzt werden.
 
3. Verwendung von Kalzium und Bor zum Erhöhen der Zeitstandfestigkeit von Iridium und dessen Zr- und Hf-freien Legierungen sowie von Rhodium und dessen Zr- und Hf-freien Legierungen.
 
4. Verfahren oder Verwendung nach einem der vorstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass 0,5 bis 30 ppm Bor und 0,5 bis 20 ppm Kalzium zugesetzt werden.
 





Recherchenbericht










Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente