[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von genetisch modifizierten
(rekombinanten) Ciliaten ohne den Einsatz von Negativselektionsmarkern und ein effizientes
Verfahren zur Herstellung von Proteinen mittels dergestalt modifizierter Protisten.
[0002] Die Produktion rekombinanter Proteine durch heterologe Proteinexpression stellt eine
Alternative zur Gewinnung von Proteinen aus natürlichen Quellen dar. Natürliche Quellen
für Proteine, die beispielsweise als Pharmazeutika dienen, sind oft limitiert, sehr
teuer in der Reinigung oder stehen einfach nicht zur Verfügung. Außerdem können sie
durch die Gefahr von toxischen oder insbesondere infektiösen Verunreinigungen sehr
problematisch sein. Die Biotechnologie ermöglicht dagegen heute eine wirtschaftliche
und sichere Produktion von einer ganzen Reihe von Proteinen in ausreichenden Mengen
mittels heterologer Expression für verschiedenste Einsatzgebiete: z.B.: Antikörper
(für die Diagnose, passive Immunisierung und Forschung), Hormone (wie Insulin, Erythropoietin
(EPO), Interleukine usw. für den therapeutischen Einsatz), Enzyme (z.B. für den Einsatz
in der Lebensmitteltechnologie, Diagnose, Forschung), Blutfaktoren (zur Behandlung
von Hämophilie), Impfstoffe usw. (
Glick & Pasternak 1998, Molecular Biotechnology, ASM Press, Washington DC, Chapter
10: 227-252).
[0003] Proteine für einen medizinischen Einsatz, besonders humane Proteine, müssen in ihren
biochemischen, biophysikalischen und funktionalen Eigenschaften identisch mit dem
natürlichen Protein sein. Bei einer rekombinanten Herstellung solcher Proteine durch
heterologe Genexpression ist dabei zu beachten, dass es in eukaryotischen Zellen im
Gegensatz zu Bakterien eine Reihe von posttranslationalen Proteinmodifizierungen gibt:
Ausbildung von Disulfidbrücken, proteolytische Spaltung von Vorläuferproteinen, Modifizierungen
von Aminosäureresten (Phosphorylierung, Acetylierung, Acylierung, Sulfatisierung,
Carboxylierung, Myristylierung, Palmitylierung und insbesondere Glycosylierungen).
Darüber hinaus werden Proteine in eukaryotischen Zellen oft erst durch einen komplexen
Mechanismus unter Beteiligung von Chaperonen in die richtige dreidimensionale Struktur
gebracht.
[0004] Diese Modifizierungen spielen eine sehr wichtige Rolle hinsichtlich der spezifischen
strukturellen und funktionalen Eigenschaften der Proteine, wie etwa der Aktivität
von Enzymen, der Spezifität (Rezeptorbindung, Zellerkennung), Faltung, Löslichkeit
etc. des Proteins (
Ashford & Platt 1998, in: Post-Translational Processing - A Practical Approach, Ed.
Higgins & Hames, Oxford University Press, Chapter 4: 135-174;
Glick & Pasternak 1998, Molecular Biotechnology, ASM Press, Washington DC, Chapter
7: 145-169).
[0005] Von der natürlichen Struktur abweichende Modifizierungen können beispielsweise zu
Inaktivierung der Proteine führen oder ein hohes allergenes Potential besitzen.
[0006] Obwohl eine ganze Reihe von bakteriellen und eukaryotischen Expressionssystemen für
die Produktion von rekombinanten Proteinen etabliert sind, gibt es kein universelles
System, welches dass ganze Spektrum der - insbesondere bei eukaryotischen Proteinen
- möglichen Proteinmodifikationen abdeckt und damit universell einsetzbar wäre (
Castillo 1995, Bioprocess Technology 21: 13-45;
Geise et al. 1996, Prot. Expr. Purif. 8: 271-282;
Verma et al. 1998 J. Immunological Methods 216: 165-181;
Glick & Pasternak 1998, Molecular Biotechnology, ASM Press, Washington DC, Chapter
7: 145-169). Eine weiteres Problem besteht darin, dass einige der vielfach genutzen Systeme
ungewöhnliche und teilweise unerwünschte posttranslationale Proteinmodifikationen
einführen. So sind rekombinant exprimierte Proteine aus Hefen mitunter extrem stark
mit Mannoseresten modifiziert. Diese sogenannten "high Mannose" Strukturen aus Hefen
bestehen dabei aus ca. 8-50 Mannoseresten und unterscheiden sich damit erheblich von
den mannosereichen Glycoproteinstrukturen aus Säugetierzellen, die maximal 5-9 Mannosereste
aufweisen (
Moremen et al. 1994, Glycobiology 4(2): 113-125). Diese hefetypischen Mannosestrukturen sind starke Allergene und somit bei der Produktion
von rekombinanten Glycoproteinen für einen therapeutischen Einsatz sehr problematisch
(
Tuite et al. 1999, in Protein Expression - A Practical Approach, Ed. Higgins & Hames,
Oxford University Press, Chapter 3: insbesondere Seite 76). Außerdem können in Hefen keine hybriden oder komplexen Glycoproteinstrukturen gebildet
werden, was deren Einsatz als Expressionssystem weiter einschränkt.
[0007] Pflanzen, die in letzter Zeit immer öfter als Produktionssysteme für rekombinante
Proteine diskutiert und genutzt werden, weisen dagegen statt der für Säuger typischen
Sialinsäure auf den Glykoproteinstrukturen Xylose auf (Ashford & Platt, s.o.). Xylose
und die ebenfalls bei Pflanzen nachgewiesene α-1,3 verknüpfte Fucose können ein allergisches
Risiko darstellen und sind somit problematisch (
Jenkins et al. 1996, Nature Biotech. 14: 975-981).
[0008] Deshalb besteht gerade für neue, alternative eukaryotische Expressionssysteme ein
großer Bedarf, vor allem als Alternative zu der sehr kostenintensiven und aufwendigen
Herstellung von rekombinanten Proteinen mittels Säugerkulturzellen.
[0009] Ein solches System sollte idealerweise folgende Anforderungen erfüllen: Es müssen
1) Selektionsmarker und regulative DNA-Elemente (wie Transkriptions- und Translationssignale
etc.) zur Verfügung stehen. 2) Das Expressionssystem sollte wichtige eukaryotische
posttranslationale Proteinmodifizierungen ermöglichen und 3) die Herstellung der rekombinanten
Proteine sollte möglichst einfach und wirtschaftlich sein, z.B. durch die Möglichkeit
der Fermentation der Zellen oder Organismen im Produktionsmaßstab (beispielsweise
mehrere 1000 L) auf einfachen Medien und einfache Aufarbeitung der Produkte.
[0010] Zu den bereits etablierten eukaryotischen Expressionssystemen wie z.B. Hefe-Säuger-
oder Insektenkulturzellen könnten Protozoen oder Protisten (als Definition siehe z.B.
Hendersons's dictionary of biological terms, 10th ed. 1989, Eleanor Lawrence, Longman
Scientific & Technical, England, oder
Margulis et al. (Eds) 1990. Handbook of Protoctista, Jones & Bartlett, Boston;
van den Hoek et al. 1995, Algae - An introduction to phycology, Cambridge University
Press) eine interessante Alternative darstellen. Bei diesen Organismen handelt es sich
um eine sehr heterogene Gruppe von eukaryotischen, in der Regel einzelligen Mikroorganismen.
Sie besitzen die für eukaryotische Zellen typische Kompartimentierung und Differenzierung.
Einige sind relativ nah verwandt mit höheren Eukaryoten, ähneln andererseits aber
betreffend Kultivierung und Wachstum eher Hefen oder sogar Bakterien und lassen sich
relativ leicht bei hoher Zelldichte auf einfachen Medien im großen Maßstab fermentieren.
[0011] Ein für die Expression heterologer Proteine interessanter Protist ist beispielsweise
der Ciliat
Tetrahymena, insbesondere
Tetrahymena thermophila. Es handelt sich dabei um einen nicht pathogenen, einzelligen, eukaryotischen Mikroorganismus,
der relativ nah verwandt zu höheren Eukaryoten ist und die dafür typischen Zelldifferenzierungen
aufweist. Die posttranslationalen Protein-Modifizierungen in
Tetrahymena ähneln denen in Säugerzellen stärker, als z.B. die in Hefe oder anderen eukaryotischen
Expressionssystemen nachgewiesenen. Beispielsweise findet man bei
Tetrahymena keine stark antigenen Zuckerketten auf Glykoproteinen, wie in Hefe ("high-Mannose"-Strukturen),
und pflanzlichen oder auf niederen Tierzellkulturen basierenden Expressionssystemen
(Xylosereste) (siehe oben). Obwohl
Tetrahymena ein echter, komplex differenzierter Eukaryot ist, ähnelt er in seinen Kultivierungs-
und Wachstumseigenschaften eher den einfachen Hefen oder Bakterien und lässt sich
gut auf relativ billigen Magermilchmedien im großen Maßstab fermentieren. Unter optimalen
Bedingungen beträgt die Generationszeit etwa 1,5 - 3 h und es können sehr hohe Zelldichten
(2,2 x 10
7 Zellen/ml, entsprechend 48 g/l Biotrockenmasse) erreicht werden (
Kiy und Tiedke 1992, Appl. Microbiol. Biotechnol. 37: 576-579;
Kiy und Tiedke 1992, Appl. Microbiol. Biotechnol. 38: 141-146). Dadurch ist
Tetrahymena für eine fermentative Produktion von rekombinanten Proteinen im großen Maßstab sehr
interessant.
[0013] Die Transformation von
Tetrahymena kann durch Mikroinjektion, Elektroporation oder Mikropartikelbeschuss erreicht werden.
Dafür stehen eine Reihe von Vektoren, Promotoren etc. zur Verfügung. Die Selektion
der Transformanten erfolgt üblicherweise mittels eines Resistenzmarkers. So wurde
Tetrahymena z. B. erfolgreich mit einem rDNA-Vektor transformiert. Selektion erfolgte in diesem
Fall durch eine Paromomycin-Resistenz-Mutation der rRNA (
Tondravi et al. 1986, PNAS 83:4396;
Yu et al. 1989, PNAS 86: 8487-8491). In weiteren Transformationsexperimenten wurden erfolgreich Cycloheximid- oder Neomycin-Resistenzen
in
Tetrahymena exprimiert (
Yao et al. 1991, PNAS 88:9493-9497;
Kahn et al. 1993, PNAS 90: 9295-9299). Neben diesen Markergenen haben
Gaertig et al. (1999, Nature Biotech. 17: 462-465) erfolgreich zwei rekombinante Proteine in
Tetrahymena exprimiert (ein Fischparasiten-Antigen und ein partielles Ovalbumin aus dem Huhn).
Die Selektion erfolgte mit Hilfe von Paclitaxel (Taxol). Dieses von Gaertig et al.
entwickelte System ist zum Patent angemeldet (
WO 00/46381).
[0014] Nur für einige wenige weitere Protisten oder Protozoen wurden Verfahren zur Transformation
und heterologen Proteinexpression beschrieben. Als weiterer Ciliat sei hier
Paramecium (
Boileau et al. 1999, J. Eukaryot. Microbiol. 46: 56-65) erwähnt. Verschiedene Versuche zur Transformation und Expression rekombinanter Proteine
wurden aber auch in parasitischen Protozoen, wie
Trypanosoma, Leishmania, Plasmodium u. a. unternommen (Beverly 2000,
WO 00/58483). Eine Übersicht darüber gibt
Kelly (1997, Advances in Parasitology, Vol 39, 227-270). Eine Möglichkeit zur heterologen Proteinexpression wurde auch im Schleimpilz
Dictyostelium discoideum gezeigt (
Manstein et al. 1995, Gene 162: 129-134,
Jung und Williams 1997, Biotechnol. Appl. Biochem. 25: 3-8) aber auch in photoautotrophen Protisten (Mikroalgen) wie
Chlamydomonas (
Hall et al. 1993, Gene 124: 75-81),
Volvox (
Schiedlmeier et al. 1994, PNAS 91: 5080-5084), bestimmten Dinoflagellaten (
ten Lohuis & Miller 1998, Plant Journal 13: 427-435) und Diatomeen (
Dunahay et al. 1995, J. Phycol. 31: 1004-1012). In den meisten Fällen wurden dabei jedoch lediglich einfache Resistenzmarker oder
nicht-humane Selektionsmarker exprimiert.
[0015] Keiner dieser Organismen wurde bisher in größerem Maßstab für die Produktion von
rekombinanten Proteinen eingesetzt. Ein großes Problem für viele dieser und weiterer,
möglicherweise interessanter Systeme ist das Fehlen gut etablierter gentechnologischer
Methoden und insbesondere von molekularbiologischen "Werkzeugen", wie beispielsweise
Vektoren, Markern etc.
[0016] Dabei ist das Vorhandensein eines selektiven Markers eine notwendige Voraussetzung,
um Zellen gezielt genetisch modifizieren zu können. In der Regel erfolgt die Selektion
transformierter Zellen oder Organismen durch Negativselektionsmarker, meist die Resistenz
gegen ein Antibiotikum (z.B. Ampicillin, Kanamycin, Tetracyclin, Neomycin usw.). Selten
kommt die Selektion durch Einbringen eines essentiellen Gens in einen - dieses Genprodukt
betreffenden- defekten Zelltyp zum Einsatz (positive Selektion oder Selektion durch
Komplementierung). Dazu gehören z.B. LEU- oder URA3- basierte Selektionssysteme bei
Hefen (siehe
Glick & Pasternak, Molecular Biotechnology, Principles and Applications of Recombinant
DNA, 1998, 2nd ed., ASM Press, Washington, D.C. Seiten 109-169). Für die noch wenig untersuchten "neuen Organismen" wie die bereits genannten Protisten,
steht dieser zweite Ansatz jedoch nicht zur Verfügung. Dadurch ist die Nutzbarkeit
dieser Systeme, vor allem für die Herstellung rekombinanter Proteine im Produktionsmaßstab,
stark eingeschränkt.
[0017] Die negative Selektion birgt generell gravierende Nachteile. Zum einen muss für das
gewünschte Produkt unnötige DNA in den Produktionsorganismus eingebracht werden, was
Bedenken hinsichtlich der biologischen Sicherheit, aber vor allem der öffentlichen
Akzeptanz hervorrufen kann. Zum anderen müssen die Organismen zur Aufrechterhaltung
des Selektionsdrucks während der gesamten Produktionszeit in Gegenwart der entsprechenden
Antibiotika kultiviert werden, was die Kosten ev. enorm in die Höhe treibt. Es sind
nicht nur die Kosten für das Antibiotikum selbst, bzw. die Entsorgung der Produktionsabfälle
(Medien, ...) zu berücksichtigen, sondern auch die Aufarbeitung der Proteine kann
sich ungleich schwieriger gestalten. Aber abgesehen von Wirtschaftlichkeit sind Umweltverträglichkeit,
biologische, bzw. gentechnologische Sicherheit und wiederum vor allem die öffentliche
Akzeptanz als sehr problematisch einzustufen. Zudem stellen sich Probleme rein technischer
Natur, wenn der Organismus mehrfach transformiert werden muss. Die gleichzeitige Gegenwart
mehrer Antibiotika bzw. die gleichzeitige Expression meherer Antibiotikumresistenzgene
kann sich, sofern überhaupt möglich, äußerst nachteilig auf die Organsimen auswirken,
bzw. zu ungeahnten Nebeneffekten führen.
[0018] In Anbetracht des Standes der Technik war es nun Aufgabe der vorliegenden Erfindung,
ein Verfahren zur positiven Selektion genetisch modifizierter Protisten zur Verfügung
zu stellen, das unter anderem eine effiziente Produktion von rekombinanten Proteinen
ermöglicht.
[0019] Gelöst wird diese, sowie weitere nicht explizit genannte Aufgaben, die jedoch aus
den hierin einleitend diskutierten Zusammenhängen ohne weiteres ableitbar oder erschließbar
sind, durch die in den Patentansprüchen definierten Ausführungformen der vorliegenden
Erfindung.
[0020] Ein Verfahren zur Herstellung rekombinanter Ciliaten zur Verfügung zu stellen, gelingt
auf erstaunlich einfache Art und Weise, indem man eine auxotrophe Mutante des Ciliaten
herstellt, diese Mutante anschliessend mit rekombinanter DNA, die mindestens ein Gen
zur Komplementierung der entsprechenden Auxotrophie enthält, transformiert und schließlich
die resultierenden rekombinanten Ciliaten auf einem Minimalmedium, das nur entsprechend
komplementierten Ciliaten das Wachstum ermöglicht, selektioniert, wobei Ciliaten der
Genera
Paramecium und
Tetrahymena eingesetzt werden. Insbesondere ist für dieses Verfahren, um den Selektionsdruck
dauerhaft aufrecht zu erhalten, schlussendlich weder eine Selektion auf eine Resistenz
gegen ein Antibiotikum notwendig, noch auch nur die Gegenwart unerwünschter ev. heterologer
Gene im rekombinanten Organismus. Eine Zugabe von Antibiotika zum Kultivierungsmedium
kann somit unterbleiben. Das Verfahren läßt sich auch problemlos mehrmals auf denselben
Organismen-Stamm anwenden, diesen mit verschiedensten gewünschten rekombinanten Genen
transformierend, ohne jedwede (Über-) Expression weiterer ev. unerwünschter Gene.
[0021] Unter einem anderen Aspekt der vorliegenden Erfindung kann auf ebenso einfache Art
und Weise ein Verfahren zur Herstellung rekombinanter Proteine zur Verfügung gestellt
werden, indem man in vorgehend beschriebener Weise rekombinante Ciliaten herstellt,
wobei die rekombinante DNA zur Transformation der Ciliaten zusätzlich mindestens ein
funktionelles rekombinantes Gen für ein zu exprimierendes Protein umfasst. Die rekombinanten
Ciliaten werden im Folgenden kultiviert, sodass die Proteine exprimiert werden und
anschliessend isoliert werden können.
[0022] Bei einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung erfolgt die Herstellung
der auxotrophen Mutante durch Knock-out eines essentiellen Gens. Der Knock-out kann
durch vollständige Deletion des entsprechenden Gens oder aber durch Mutation desselben
erreicht werden. Unter Mutationen versteht man beispielsweise Insertionen, Deletionen,
Inversionen oder auch nur den Austausch einzelner Basenpaare. Gen-Deletionen bzw.
Mutationen können mittels dem Fachmann bekannten Verfahren in den Zielorgansimus eingeführt
werden. Unter anderem bieten sich hier
in-vitro Mutagenese, beispielsweise durch ungenaue PCR (error-prone PCR) oder etwa nach der
Kunkel-Methode (
Sambrook et al. Molecular Cloning, A Laboratory Manual, Coldspring Harbor, NY) an, oder Exon-shuffling oder Gene site saturation mutagenization (GSSM) (siehe z.B.:
www.Diversa.com und www.Maxygen.com)
[0023] Für die Zwecke der vorliegenden Erfindung versteht man unter essentiellen Genen für
die Herstellung einer auxotrophen Knock-out Mutante essentielle Stoffwechselgene,
wie z.B. der Fettsäure-, Sterol-, Aminosäurebiosynthese etc., deren Ausfall durch
Zugabe der entsprechenden Moleküle (Fettsäuren, Sterole, Aminosäuren etc.) ins Kultivierungsmedium
ausgeglichen werden können (dann auch Marker genannt). Durch den gezielten Knock-out
solcher Gene werden die Zellen auxotroph für Produkte dieses Stoffwechselweges. In
der vorliegenden Erfindung wird dies beispielhaft für den Sterol- und die Fettsäurebiosynthese
beschrieben. Durch die Zugabe des entsprechenden Stoffwechselproduktes, d.h. Cholesterol,
bzw. Fettsäuren können die Zellen diesen Knock-out überleben. Ohne die Zusätze sterben
die Zellen rasch ab.
[0024] Gene, die beispielsweise für eine Triterpenoid-Cyclase (synonym für Tetrahymanol-Cyclase),
eine delta-6-Desaturase oder eine delta-9-Desaturase codieren, sind daher erfindungsgemäß
geeignete Ziele für einen Knock-out, um eine auxotrophe Mutante des respektiven Organismus
herzustellen.
[0026] Erfindungsgemäß erlangen die Zellen durch das Wiedereinbringen des ausgeschalteten
Gens, erneut ihre Autotrophie für dieses Stoffwechselprodukt. In diesem Falle spricht
man davon, dass die Auxotrophie komplementiert wird. Die Selektion auf erfolgreich
transformierte Zellen erfolgt in Minimalmedium, d. h. im Speziellen unter Weglassung
des Stoffwechselproduktes, für das die nicht erfolgreich transformierten Organismen
auxotroph sind. Erfindungsgemäß wird unter einem Minimalmedium ein Medium verstanden,
das alle notwendigen Bausteine, die ein Überleben der Zellen ermöglichen, enthält
(Kohlenstoffquelle(n), wie beispielsweise Zucker, Stickstoffquelle(n), ev. Aminosäuren,
Vitamine, Spurenelemente etc.), das aber eben jenes Stoffwechselprodukt nicht enthält,
für das der Ausgangsorganismus auxotroph ist.
[0027] Wird nun dieses die Auxotrophie komplementierende Gen an ein zu exprimierendes für
ein heterologes Protein codierendes Gen gekoppelt, können die Transformanten ohne
Zugabe eines Selektionsmarkers identifiziert werden und darüber hinaus ist die erfolgreiche
stabile Expression nicht abhängig von der Zugabe eines Selektionsmarkers, wie es z.
B. typischerweise bei rekombinanten
E. coli der Fall ist. Als weiterer positiver Effekt wird, außer dem zu exprimierenden Zielgen,
keinerlei Fremd-DNA in die Zelle eingebracht. Zusätzlich wird bei Organismen, bei
denen homologe Rekombination stattfindet (z. B.
Tetrahymena), die DNA nicht zufällig im Genom integriert sondern an einer bestimmten Position,
nämlich der natürlichen Position des Markergens.
[0028] Es ist dem Fachmann jedoch klar, dass eine Komplementierung der Auxotrophie auch
mittels entsprechender heterologer oder
in-vitro modifizierter Gene erfolgen kann.
[0029] Erfindungsgemäß sind für zur Selektion nach dem oben beschriebenen Verfahren geeignete
transformierte Ciliaten, der Genera
Paramecium oder
Tetrahymena, besonders bevorzugt der Spezies
Tetrahymena thermophila.
[0030] Rekombinante DNA zur Transformation der auxotrophen Protistenmutante kann z. B. ein
Vektor sein, d. h. jede Art von Nukleinsäre, wie z. B. ein Plasmid, Cosmid, Virus,
eine sich autonom replizierende Sequenz, ein Phage, ein lineares oder zirkuläres,
einzel- oder doppel-strängiges DNA oder RNA Molekül, das sich im Zielorganismus selbst
replizieren kann oder ins Genom eingebaut werden kann, zumindest aber im Zielorganismus
funktionelle Sequenzen enthält.
[0031] Erfindungsgemäß versteht man unter funktionellen Sequenzen solche DNA Abschnitte,
die ihre jeweilige Funktion auch im rekombinbanten Organismus erfüllen können.
[0032] Unter einem funktionellen Gen versteht man für die Zwecke der vorliegenden Erfindung
beispielsweise ein Gen, das im Zielorganismus exprimiert werden kann. Insbesondere
umfasst ein funktionelles Gen daher neben einer codierenden Sequenz, einen im Zielorganismus
funktionellen Promotor, der zur Transkription der codierenden Sequenz führt. Ein dergestalt
funktioneller Promotor kann
unter anderem eine oder mehrere TATA-Boxen, CCAAT-Boxen, GC-Boxen oder Enhancer-Sequenzen aufweisen.
Weiters kann das funktionelle Gen einen im Zielorganismus funktionellen Terminator
umfassen der zum Abbruch der Trankription führt und Signalsequenzen enthält, die zur
Polyadenylierung der mRNA führen. Die codierende Sequenz des funktionellen Gens weist
ferner alle für die Translation im Zielorgansimus notwendigen Eigenschaften auf (beispielsweise
Start-Codon (z.B. ATG), Stop-Codon (z.B. TGA, im Speziellen bei
Tetrahymena) A-reiche Regionen vor dem Start (Translation initiation sites), Kozak-Sequenzen,
Poly-A Stelle. Das Gen kann auch die für den jeweiligen rekombinanten Organismus spezifische
Codonusage aufweisen (für
Tetrahymena siehe beispielsweise
Wuitschick & Karrer, J. Eukaryot. Microbiol. (1999)).
[0033] Erfindungsgemäß handelt es sich bei einem rekombinanten Gen für ein in einem rekombinanten
Ciliaten zu exprimierendes Protein bei einem Verfahren zur Herstellung rekombinanter
Proteine um ein homologes oder ein heterologes Gen. Handelt es sich um ein heterologes
Gen wird es bevorzugterweise aus einem Vertebraten isoliert, besonders bevorzugt aus
dem Menschen. Ein bevorzugtes Beispiel hierfür ist menschliches Erythropoietin. Weitere
erfindungsgemäß bevorzugte rekombinante Gene für in rekombinanten Ciliaten zu exprimierende
Proteine sind solche aus Organismen, die beim Menschen oder bei Tieren Krankheiten
auslösen können (wie z. B.: Malaria), um mit Hilfe der rekombinanten Proteine oder
auch der die rekombinanten Proteine enthaltenden Biomasse oder Teilen davon, eine
aktive Immunisierung erreichen zu können.
[0034] Beschreibung der Abbildungen:
Abb. 1: Struktur des Tetrahymanol-Gens pgTHC
Abb. 2: Tetrahymanol-Knock-out Konstrukt pgTHC::neo
Abb. 3: Expressionskonstrukt pBTHC
Abb. 4: Struktur des Tetrahymanol-Cyclase/neo Konstruktes pgTHC+neo
Abb. 5: Delta-6 Desaturase Knock-out Konstrukt pgDES6::neo
Abb. 6: Struktur des genomischen delta-6 Desaturase-Gens pgDES6
Abb. 7: Struktur des delta-6 Desaturase/neo Konstruktes pgDES6+neo
[0035] Die nachfolgenden Beispiele dienen zur Erläuterung der Erfindung, ohne die Erfindung
auf diese Beispiele einzugrenzen.
BEISPIEL 1: Organismen und Kultivierungsbedingungen
[0036] Tetrahymena thermophila (Stämme B1868 VII, B2086 II, B*VI, CU428, CU427, CU522, zur Verfügung gestellt von
Dr. J. Gaertig, University of Georgia, Athens, GA, USA) wurden in modifiziertem SPP-Medium
(2% Proteosepeptone, 0,1% Hefeextrakt, 0,2% Glucose, 0,003% Fe-EDTA (Gaertig et al.
(1994) PNAS 91:4549-4553)) bzw. Magermilchmedium (2% Magermilchpulver, 0,5% Hefeextrakt,
1% Glucose, 0,003% Fe-EDTA) oder MYG-Medium (2% Magermilchpulver, 0,1% Hefeextrakt,
0,2% Glucose, 0,003% Fe-EDTA) mit Zusatz von Antibiotika-Lösung (100 U/ml Penicillin,
100 µg/ml Streptomycin und 0,25 µg/ml Amphotericin B (SPPA-Medium)) bei 30 °C in 50
ml Volumen in 250 ml Erlenmeyerkolben unter Schütteln (150 U/min) kultiviert.
BEISPIEL 2: Herstellung des Triterpenoid-Cyclase Knock-out Konstruktes
[0038] Für die Herstellung des Knock-out Konstruktes wurde in die genomische Sequenz der
Triterpenoid-Cyclase (Patentanmeldung
DE 199 57 889 A1) eine neo-Kassette aus dem Plasmid p4T2-1ΔH3 (
Gaertig et al. (1994) Nucl. Acids Res. 22:5391-5398) inseriert. Dabei handelt es sich um das Neomycin-Resistenzgen unter der Kontrolle
des
Tetrahymena Histon H4-Promoters und der 3' flankierenden Sequenz des BTU2 Gens. Dieses Konstrukt
vermittelt in
Tetrahymena eine Resistenz gegenüber Paromomycin. Das Plasmid p4T2-1ΔH3 wurde mit Eco RV/Sma
I geschnitten und das ca. 1,4 kb große Fragment, umfassend die neo-Kassette wurde
in das mit Eco RV geschnittene Plasmid pgTHC in die genomische Sequenz der Tetrahymena
Triterpenoid-Cyclase ligiert. Dadurch wurde das Plasmid pgTHC::neo erzeugt (s. Abb.
2). Bei einer erfolgreichen Transformation wurde durch homologe Rekombination das
Gen für die Triterpenoid-Cyclase durch dieses Konstrukt ersetzt, wodurch eine Resistenz
der Zellen gegenüber Paromomycin vermittelt wurde.
BEISPIEL 3: Herstellung des Expressionskonstruktes pBTHC
[0039] Der Vektor pBICH3 (
Gaertig et al. 1999 Nature Biotech. 17: 462-465,
WO 00/46381) enthält die kodierende Sequenz des Ichthyophthirius I-Antigen (G1) Präprotein flankiert
von den nicht kodierenden, regulativen Sequenzen des
Tetrahymena thermophila BTU1-Gens. Ein modifiziertes Plasmid (pBICH3-Nsi) mit einer Nsi I Schnittstelle am
Start (zur Verfügung gestellt von J. Gaertig, University of Georgia, Athens, GA, USA)
wurde benutzt, um das Tetrahymanol-Cyclase Expressionskonstrukt pBTHC herzustellen.
Dazu wurden mittels PCR Nsi I und Bam HI Schnittstellen am Start und Stop der kodierenden
Sequenzen der Tetrahymanol-Cyclase von Tetrahymena eingefügt. Für die PCR wurden isolierte
Plasmide, welche die vollständigen cDNA-Sequenzen der Tetrahymanol-Cyclase enthalten
(pTHC) als Template eingesetzt. Die Primer
THC-Nsi-F: 5'- CTCTTTCATACATGCATAAGATACTCATAGGC-3' (SEQ ID No 1) und
THC-Bam-R: 5'- GGCTTGGATCCTCAAATATTTTATTTTTATACAGG-3' (SEQ ID No 2)
erzeugten PCR-Produkte, welche die vollständige kodierende Sequenz der Tetrahymanol-Cyclase,
flankiert von Nsi I und Bam HI Schnittstellen, enthielten. Die PCR-Produkte und das
Plasmid pBICH3-Nsi wurden mit den Restriktionsenzymen Nsi I und Bam HI geschnitten,
über ein Agarosegel gereinigt und ligiert (s. Abb. 3). Das so entstandene Expressionskonstrukt
pBTHC enthielt die vollständige die Triterpenoid-Cyclase kodierende Sequenz inseriert
in einem korrekten Leseraster in die regulatorischen Sequenzen des BTU1 Gens. Für
die Transformation von
Tetrahymena wurden die Konstrukte durch einen Verdau mit den Restriktionsenzymen Xba I und Sal
I linearisiert.
[0040] Bei einer erfolgreichen Transformation wurde durch homologe Rekombination das BTU1-Gen
durch diese Konstrukte ersetzt, wodurch eine Resistenz der Zellen gegenüber Paclitaxel
vermittelt wurde.
BEISPIEL 4: Macronucleus-Transformation von Tetrahymena mit dem Tetrahymanol-Cyclase Expressionskonstrukt pBTHC
[0041] Für eine Transformation wurden 5 x 10
6 Tetrahymena thermophila Zellen (CU522) eingesetzt. Die Kultivierung der Zellen erfolgte in 50 ml SPPA-Medium
bei 30 °C in einem 250 ml Erlenmeyerkolben auf einem Schüttler bei 150 RPM bis zu
einer Zelldichte von ca. 3-5 x 10
5 Zellen/ml. Die Zellen wurden durch Zentrifugation (1200 g) für 5 min pelletiert und
das Zellpellet wurde in 50 ml 10 mM Tris-HCl (pH 7,5) resuspendiert und wie vorher
zentrifugiert. Dieser Waschschritt wurde wiederholt und die Zellen in 10 mM Tris-HCl
(pH 7,5, plus Antibiotika) bei einer Zelldichte von 3 x 10
5 Zellen/ml resuspendiert, in einen 250ml Erlenmeyerkolben überführt und für 16-20
h ohne Schütteln bei 30 °C inkubiert (Hungerphase). Nach der Hungerphase wurde erneut
die Zellzahl bestimmt, wie oben zentrifugiert und die Zellen mit 10 mM Tris-HCl (pH
7,5) auf eine Konzentration von 5 x 10
6 Zellen/ml eingestellt. Ein ml der Zell-Suspension wurde für die Transformation benutzt.
Die Transformation erfolgte mittels Mikropartikelbeschuss (siehe unten). Zur Regeneration
wurden die Zellen in SSPA-Medium aufgenommen und bei 30 °C ohne Schütteln im Erlenmeyerkolben
inkubiert. Nach 3 h wurde Paclitaxel® in einer Endkonzentration von 20 µM zugegeben
und die Zellen in Aliquots von 100 µl auf 96er Mikrotiterplatten überführt. Die Zellen
wurden in einer feuchten, abgedunkelten Box bei 30 °C inkubiert. Nach 2-3 Tagen konnten
Paclitaxel-resistente Klone identifiziert werden. Positive Klone wurden in frisches
Medium mit 25 µM Paclitaxel überimpft. Durch Kultivierung der Zellen in steigender
Paclitaxel-Konzentration (bis 80 µM) wurde ein komplettes "phenotypic assortment"
(Gaertig & Kapler (1999)) erreicht.
[0042] Zur Analyse der Klone wurden ca. 4 ml Kulturen in SPPA mit Paclitaxel angezogen,
DNA isoliert (
Jacek Gaertig et al. (1994) PNAS 91:4549-4553) und durch PCR die in den BTU1-Locus integrierte DNA amplifiziert. Als Primer dienten
die BTU1 spezifischen Primer
[0043] BTUI-5'F (AAAAATAAAAAAGTTTGAAAAAAAACCTTC (SEQ ID No 3), ca 50 bp vor dem Startcodon
und BTU1-3'R (GTTTAGCTGACCGATTCAGTTC (SEQ ID No 4), 3 bp hinter dem Stopcodon. Die
PCR-Produkte wurden ungeschnitten und mit Hind III, Sac I oder Pst I geschnitten auf
einem 1%igen Agarosegel analysiert. Vollständiges "phenotypic assortment" wurde über
RT-PCR mit den BTU1 spezifischen Primern (Gaertig & Kapler (1999)) überprüft.
BEISPIEL 5: Herstellung des delta-6-Desaturase Knock-out Konstruktes pgDES6::neo
[0044] Für die Herstellung des Knock-out Konstruktes wurde in die genomische Sequenz der
delta-6-Desaturase eine neo-Kassette aus dem Plasmid p4T2-1ΔH3 (Patentanmeldung
DE 100 44 468 A1) inseriert. Dabei handelt es sich um das Neomycin-Resistenzgen unter der Kontrolle
des
Tetrahymena Histon H4-Promoters und der 3' flankierenden Sequenz des BTU2 Gens. Dieses Konstrukt
vermittelt in
Tetrahymena eine Resistenz gegenüber Paromomycin. Das Plasmid P4T2-1ΔH3 wurde mit Eco RV/Sma
I geschnitten und das ca. 1,4 kb große Fragment der neo-Kassette wurde in das mit
Eco RV geschnittene Plasmid pgDES6 (Patentanmeldung
DE 100 44 468 A1) in die genomische Sequenz der
Tetrahymena delta-6-Desaturase ligiert (s. Abb. 5). Dadurch wurde das Plasmid pgDES6::neo erzeugt.
Bei einer erfolgreichen Transformation wurde durch homologe Rekombination das Gen
für die delta-6-Desaturase durch dieses Konstrukt ersetzt, wodurch eine Resistenz
der Zellen gegenüber Paromomycin vermittelt wurde.
BEISPIEL 6: Micronucleus- und Macronucleus-Transformation von Tetrahymena mit den Knock-out Konstrukten pgTHC::neo und pgDES6::neo
[0045] Tetrahymena Stämme unterschiedlichen Paarungstyps (CU428 VII und B2086 II) wurden getrennt in
SPPA-Medium bei 30 °C unter Schütteln (150 Upm) in Erlenmeyerkolben kultiviert. Bei
einer Zelldichte von 3-5 x 10
5 Zellen/ml wurden die Zellen 5 min bei Raumtemperatur zentrifugiert (1200 g). Die
Zellen wurden dreimal mit 50 ml 10 mM Tris-HCl (pH 7,5) gewaschen und schließlich
in 50 ml 10 mM Tris-HCl (pH 7,5) resuspendiert und mit Antibiotika-Lösung versetzt
und daraufhin ohne Schütteln in Erlenmeyerkolben bei 30 °C inkubiert. Nach ca. 4 h
wurde die Zellzahl beider Kulturen erneut bestimmt und mit 10 mM Tris-HCl (pH 7,5)
auf 3 x 10
5 Zellen/ml eingestellt. Daraufhin wurden die Kulturen für weitere 16-20 h bei 30 °C
inkubiert. Nach dieser Hungerphase wurde von beiden Kulturen die gleiche (absolute)
Zellzahl in einem 2-L Erlenmeyerkolben gemischt. Die Zellen wurden bei 30 °C inkubiert
(Beginn der Konjugation) und nach 2 h wurde die Effizienz der Konjugation bestimmt.
Für eine erfolgreiche Transformation sollten zu diesem Zeitpunkt ca. 30% der Zellen
als Paare vorliegen.
[0046] Für die Micronucleus-Transformation wurden 3 h, 3,5 h, 4 h und 4,5 h nach Beginn
der Konjugation jeweils 1 x 10
7 konjugierende Zellen (5 x 10
6 Paare) 5 min bei 1200 g zentrifugiert und das Zellpellet in 1 ml 10 mM Tris-HCl (pH
7,5) resuspendiert.
[0047] Für die Transformation der neuen Macronucleus-Anlagen wurden 11 h nach Beginn der
Konjugation Zellen wie oben zentrifugiert und in Tris-HCl resuspendiert.
[0048] Die Transformation erfolgte mittels Mikropartikelbeschuss (s. u.).
[0049] Für die Kultivierung der Tetrahymanol-Cyclase Knock-out-Mutanten wurden 10 µg/ml
Cholesterol zum Medium zugegeben.
[0050] Für die Kultivierung der delta-6-Desaturase Knock-out-Mutanten wurden 200 µg/ml Borage-Öl
(20-25% GLA; SIGMA) zum Medium zugegeben.
[0051] Durch Selektion auf Paromomycinresistenz konnten transformierte Zellen identifiziert
werden. Bei der Transformation des Mikronucleus wurde 11 h nach Beginn der Konjugation
Paromomycin (100 µg/ml Endkonzentration) zugegeben und die Zellen in Aliquots von
100 µl auf 96er Mikrotiterplatten verteilt. Die Zellen wurden in einer feuchten Box
bei 30 °C inkubiert. Nach 2-3 Tagen konnten resistente Klone identifiziert werden.
Echte Mikronucleus-Transformanten konnten anhand der Resistenz gegenüber 6-Methylpurin
von Macronucleus-Transformanten unterschieden werden. Bei der Transformation des Macronucleus
wurde ca. 4 h nach der Transformation Paromomycin (100 µg/ml Endkonzentration) zugegeben
und die Zellen in Aliquots von 100 µl auf 96er Mikrotiterplatten verteilt. Die Zellen
wurden in einer feuchten Box bei 30 °C inkubiert. Nach 2-3 Tagen konnten resistente
Klone identifiziert werden. Positive Klone wurden in frisches Medium mit 120 µg/ml
Paromomycin überimpft. Durch Kultivierung der Zellen in dieser hohen Paromomycin-Konzentration
wurde nach einigen Generationen ein komplettes "phenotypic assortment" (Gaertig &
Kapler (1999)) erreicht.
BEISPIEL 7: Biolistische Transformation (Mikropartikelbeschuss)
[0055] Vorbereitung der Goldpartikel: 60 mg der 0,6 µm Goldpartikel (Biorad) wurden in 1
ml Ethanol resuspendiert. Dazu wurden die Partikel 3 mal für je 1-2 min auf einem
Vortex kräftig gemixt. Anschließend wurden die Partikel für 1 min zentrifugiert (10000
g) und der Überstand vorsichtig mit einer Pipette abgenommen. Die Goldpartikel wurden
in 1 ml sterilem Wasser resuspendiert und wie oben zentrifugiert. Dieser Waschschrill
wurde einmal wiederholt, die Partikel in 1 ml 50%igem Glycerol resuspendiert und in
Aliquots zu 100 µl bei -20 °C gelagert.
[0056] Vorbereiten der Transformation: Die Macrocarrierhalter, Macrocarrier und Stopscreens
wurden für mehrere Stunden in 100% Ethanol, die Rupture Disks in Isopropanol gelagert.
Ein Macrocarrier wurde anschließend in den MacrocarrierHalter eingesetzt und an der
Luft getrocknet.
[0057] Beladung der Goldpartikel mit DNA: Alle Arbeiten erfolgten bei 4 °C. Goldpartikel,
vorbereiteter Vektor, 2,5 M CaCl
2, 1 M Spermidine, 70% und 100% Ethanol wurden auf Eis gekühlt. 10 µl der linearisierten
Vektor-DNA (1 µg/ml) wurden zu 100 µl vorbereiteten Goldpartikeln gegeben und für
10 sec vorsichtig gevortext. Anschließend wurden erst 100 µl 2,5 M CaCl
2 zugegeben, 10 sec gevortext und dann 40 µl 1 M Spermidine zugegeben und 10 min vorsichtig
gevortext. Nach Zugabe von 200 µl 70%igem Ethanol wurden die Partikel für 1 min gevortext
und dann 1 min bei 10000 g zentrifugiert. Das Pellet wurde in 20 µl 100%igem Ethanol
resuspendiert, zentrifugiert und dann in 35 µl 100%igem Ethanol resuspendiert.
[0058] Die so vorbereiteten Partikel wurden vorsichtig mit einer Pipette auf das Zentrum
eines Macrocarriers gegeben. Der Macrocarrierer wurde anschließend bis zur Transformation
in einer Box mit hygroskopischen Silicagel gelagert.
[0059] Transformation: Ein ml der vorbereiteten Zellen (siehe oben) wurde in die Mitte eines
mit 10 mM Tris-HCl (pH 7,5) angefeuchteten Rundfilters in einer Petrischale gegeben
und in die unterste Einschubleiste der Transformationskammer des Biolistic® PDS-1000/He
Particle Delivery Systems eingesetzt. Die Transformation erfolgte mit den vorbereiteten
Goldpartikeln bei einem Druck von 900 psi (zwei 450 psi Rupture Disks) und einem Vacuum
von 27 inches Hg in der Transformationskammer. Anschließend wurden die Zellen sofort
in einen Erlenmeyerkolben mit 50 ml SPPA-Medium überführt und bei 30 °C ohne Schütteln
inkubiert.
BEISPIEL 8: Wiederherstellungs-Transformation von Tetrahymanol Knock-out Mutanten mit dem genomischen
Tetrahymanol-Cyclase Plasmid pgTHC
[0060] Die Transformation erfolgte analog zu Bsp. 4. Für die Transformation wurden Tetrahymanol-Knock-out
Mutanten (s. Bsp. 2) von
Tetrahymena thermophila eingesetzt. Die Kultivierung der Zellen erfolgte in SPPA-Medium mit Zusatz von 10
mg/l Cholesterol. Nach der Transformation (s.o.) mit dem genomischen Fragment der
Tetrahymanolcyclase (s. Abb. 1) wurden die Zellen in SPPA-Medium ohne Cholesterol
aufgenommen und bei 30 °C ohne Schütteln im Erlenmeyerkolben inkubiert. Nach 3 h wurden
die Zellen in Aliquots von 100 µl auf 96er Mikrotiterplatten überführt. Die Zellen
wurden in einer feuchten, abgedunkelten Box bei 30 °C inkubiert. Nach etwa 2-3 Tagen
konnten die ersten Cholesterolautotrophen Klone identifiziert werden. Nach ca. 5-7
Tagen wurden die positiven Klone in frisches Medium überimpft. Durch tägliches Umimpfen
der Zellen über einen Zeitraum von ca. 2 Wochen und mehrfaches isolieren von Einzellzellen
wurde ein komplettes "phenotypic assortment" (Gaertig & Kapler (1999)) erreicht. Diese
Klone wurden zur Kontrolle in SPPA-Medium unter Zusatz von Paromomycin kultiviert.
Nach ca. 3-5 Tagen starben alle Kulturen ab. D. h. die Klone hatten ihre Resistenz
gegenüber Paromomycin verloren, was im Verlust des Neo-Gens durch die homologe Rekombination
begründet ist.
BEISPIEL 9: Wiederherstellungs-Transformation von delta-6 Desaturase Knock-out Mutanten mit dem
delta-6 Plasmid pgDES6
[0061] Die Transformation erfolgte analog zu Bsp. 4. Für die Transformation wurden delta-6
Desaturase-Knock-out Mutanten (s. Bsp. 5) von
Tetrahymena thermophila eingesetzt. Die Kultivierung der Zellen erfolgte in SPPA-Medium mit Zusatz von 200µg/ml
Borage-Öl (20-25% GLA; SIGMA). Nach der Transformation (s.o.) mit dem genomischen
delta-6 Desaturase DNA-Fragment (s. Abb. 6) wurden die Zellen in SPPA-Medium ohne
Borage-Öl aufgenommen und bei 30 °C ohne Schütteln im Erlenmeyerkolben inkubiert.
Nach 3 h wurden die Zellen in Aliquots von 100 µl auf 96er Mikrotiterplatten überführt.
Die Zellen wurden in einer feuchten, abgedunkelten Box bei 30 °C inkubiert. Nach etwa
2-3 Tagen konnten die ersten GLA-autotrophen Klone identifiziert werden. Nach ca.
5-7 Tagen wurden die positiven Klone in frisches Medium überimpft. Durch tägliches
Umimpfen der Zellen über einen Zeitraum von ca. 2 Wochen und mehrfaches isolieren
von Einzellzellen wurde ein komplettes "phenotypic assortment" (Gaertig & Kapler (1999))
erreicht. Diese Klone wurden zur Kontrolle in SPPA-Medium unter Zusatz von Paromomycin
kultiviert. Nach ca. 3-5 Tagen starben alle Kulturen ab. D. h. die Klone hatten ihre
Resistenz gegenüber Paromomycin verloren, was im Verlust des Neo-Gens durch die homologe
Rekombination begründet ist.
BEISPIEL 10: Wiederherstellungs-Transformation mit dem Plasmid pgTHC gekoppelt mit dem Neomycin-Gen
[0062] Die Transformation erfolgte analog zu Bsp. 8. Es wurde ein Vektor eingesetzt, der
wie folgt aufgebaut war:
[0063] Das genomische Fragment der Tetraymanol-Cyclase (pgTHC) wurde mit dem Restriktionsenzym
Bgl II geschnitten. Dieses Enzym schneidet das genomische Fragment außerhalb der kodierenden
Exons an Position 4537 im 3'-untranslatierten Bereich. Nach Inkubation mit T4 DNA-Polymerase
zum glätten der Enden wurde die Neomycin-Kassette in das Plasmid ligiert. Dazu wurde
das Plasmid p4T2-1ΔH3 mit Eco RV/Sma I geschnitten und das ca. 1,4 kb große Fragment,
umfassend die neo-Kassette, wurde in das bereits geschnittene Plasmid pgTHC in die
3'-untranslatierte Sequenz der Tetrahymena Triterpenoid-Cyclase ligiert.
[0064] Dieses Konstrukt (pgTHC+neo, s. Abb. 4) wurde für die Transformation der Tetrahymanol-Mutanten
benutzt. Nach der Transformation (s.o.) wurden die Zellen in SPPA-Medium ohne Cholesterol
aufgenommen und bei 30 °C ohne Schütteln im Erlenmeyerkolben inkubiert. Nach 3 h wurde
Paromomycin zugegeben und die Zellen in Aliquots von 100 µl auf 96er Mikrotiterplatten
überführt. Die Zellen wurden in einer feuchten, abgedunkelten Box bei 30 °C inkubiert.
Nach etwa 2-3 Tagen konnten die ersten cholesterolautotrophen Klone identifiziert
werden, die gleichzeitig Paromomycin resistent waren. Die positiven Klone wurden in
frisches Medium ohne Zusatz von Cholesterol oder Paromomycin überimpft. Durch tägliches
Umimpfen der Zellen über einen Zeitraum von ca. 2 Wochen und mehrfaches isolieren
von Einzellzellen wurde ein komplettes "phenotypic assortment" (Gaertig & Kapler (1999))
erreicht. Diese Zellen zeigten gutes Wachstum auch nach Zugabe von Paromomycin.
BEISPIEL 11: Wiederherstellungs-Transformation mit dem Plasmid pgDES6 gekoppelt mit dem Neomycin-Gen
[0065] Die Transformation erfolgte analog zu Bsp. 9. Es wurde ein Vektor eingesetzt, der
wie folgt aufgebaut war:
[0066] Das genomische Fragment der delta-6-Desaturase (pgDES6) wurde mit dem Restriktionsenzym
Sna BI geschnitten. Dieses Enzym schneidet das genomische Fragment außerhalb der kodierenden
Exons an Position 747 im 5'-untranslatierten Bereich. Das Plasmid p4T2-1ΔH3 wurde
mit Eco RV/Sma I geschnitten und das ca. 1,4 kb große Fragment, umfassend die neo-Kassette,
wurde in das bereits geschnittene Plasmid pgDES6 in die 5'-untranslatierte Sequenz
der Tetrahymena delta-6 Desaturase ligiert.
[0067] Dieses Konstrukt (pgDES6+neo, s. Abb. 7) wurde für die Transformation der delta-6
Desaturase-Mutanten benutzt. Nach der Transformation (s.o.) wurden die Zellen in SPPA-Medium
ohne Borage-Öl aufgenommen und bei 30 °C ohne Schütteln im Erlenmeyerkolben inkubiert.
Nach 3 h wurde Paromomycin zugegeben und die Zellen in Aliquots von 100 µl auf 96er
Mikrotiterplatten überführt. Die Zellen wurden in einer feuchten, abgedunkelten Box
bei 30 °C inkubiert. Nach etwa 2-3 Tagen konnten die ersten Cholesterolautotrophen
Klone identifiziert werden, die gleichzeitig Paromomycin resistent waren. Die positiven
Klone wurden in frisches Medium ohne Zusatz von Cholesterol oder Paromomycin überimpft.
Durch tägliches Umimpfen der Zellen über einen Zeitraum von ca. 2 Wochen und mehrfaches
isolieren von Einzellzellen wurde ein komplettes "phenotypic assortment" (Gaertig
& Kapler (1999)) erreicht. Diese Zellen zeigten gutes Wachstum auch nach Zugabe von
Paromomycin.