(19)
(11) EP 2 353 788 A2

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
10.08.2011  Patentblatt  2011/32

(21) Anmeldenummer: 10016108.2

(22) Anmeldetag:  27.12.2010
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B25B 21/00(2006.01)
B25B 23/145(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(30) Priorität: 08.01.2010 DE 102010004218
01.03.2010 DE 102010009712

(71) Anmelder: Liebherr-Werk Nenzing GmbH
6710 Nenzing (AT)

(72) Erfinder:
  • Galehr, Lothar
    6774 Tschagguns (AT)
  • Zint, Manuel
    6773 Vandans (AT)
  • Wachter, Jürgen, Ing.
    6791 Gortipohl (AT)

(74) Vertreter: Laufhütte, Dieter et al
Lorenz-Seidler-Gossel Widenmayerstrasse 23
80538 München
80538 München (DE)

   


(54) Verfahren zum Anziehen einer Schraubverbindung unter Längung der Schraube


(57) Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Anziehen einer Schraubverbindung unter Längung der Schraube, wobei ein Kraftschrauber eingesetzt wird, bei welchem Hübe eines Kraftgliedes, insbesondere eines Hydraulikzylinders, in eine Drehbewegung eines Schraubwerkzeugs umgesetzt werden. Dabei ist vorgesehen, dass in einem ersten Schritt (1) die Schraubverbindung zunächst bis zu einem vorbestimmten Fügemoment angezogen wird, und in einem zweiten Schritt die Schraubverbindung mit einer vorbestimmten Anzahl von ganzen Hüben (3) des Kraftgliedes des Kraftschraubers fertig angezogen wird.


Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Anziehen einer Schraubverbindung unter Längung der Schraube, wobei ein Kraftschrauber eingesetzt wird, bei welchem Hübe eines Kraftgliedes, insbesondere eines Hydraulikzylinders, in eine Drehbewegung eines Schraubwerkzeugs umgesetzt werden. Als Kraftschrauber werden insbesondere Werkzeuge eingesetzt, bei welchen der Drehwinkel pro Hub des Kraftgliedes eine Konstante bildet.

[0002] Bei der Herstellung von hochfest vorgespannten Schraubverbindungen ist es zur Einstellung der Vorspannung oftmals notwendig, eine definierte Längung der Schraube in einem relativ geringen Toleranzbereich prozeßsicher herzustellen.

[0003] Dabei ist es bekannt, die Schraubenlängung z. B. durch eine Ultraschallmessung fortlaufend zu überprüfen und hierdurch die korrekte Längung der Schraube sicherzustellen. Weiterhin sind Verfahren zum Anziehen von Schraubverbindungen bekannt, bei welchen der Drehwinkel der Schraube durch einen Drehwinkelsensor während des Anziehens gemessen und der Kraftschrauber anhand der Werte des Drehwinkelsensors angesteuert wird. Hierdurch sind konventionelle Kraftschrauber ohne solche Sensoren jedoch nicht mehr einsetzbar. Zudem sind diese Verfahren steuerungstechnisch alle recht aufwendig.

[0004] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein Verfahren zum Anziehen einer Schraubverbindung zur Verfügung zu stellen, welches einfach und kostengünstig umzusetzen ist und dennoch ein prozeßsicheres Erreichen einer gewünschten Schraubenlängung mit geringen Toleranzen ermöglicht.

[0005] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß durch ein Verfahren gemäß Anspruch 1 gelöst. Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren zum Anziehen einer Schraubverbindung unter Längung der Schraube wird ein Kraftschrauber eingesetzt, bei welchem Hübe eines Kraftgliedes, insbesondere eines Hydraulikzylinders, in eine Drehbewegung eines Schraubwerkzeugs umgesetzt werden. Das erfindungsgemäße Verfahren erfolgt dabei mindestens in zwei Schritten. In einem ersten Schritt wird die Schraubverbindung zunächst bis zu einem vorbestimmten Fügemoment angezogen. In einem zweiten Schritt wird die Schraubverbindung dann mit einer vorbestimmten Anzahl von ganzen Hüben des Kraftgliedes des Kraftschraubers fertig angezogen. Es wird also ein Drehmomentverfahren mit einem durch die Anzahl der Hübe gesteuerten Drehwinkelverfahren kombiniert.

[0006] Durch das erfindungsgemäße Verfahren lässt sich auch beim Einsatz konventioneller Kraftschrauber eine kontrollierte Längung mit geringen Toleranzen der Gesamtlängung erreichen. Insbesondere sind dabei Toleranzen von weniger als +/- 10% erreichbar. Damit kann auf den Einsatz kostenintensiver und relativ großer Drehwinkelschrauber mit Drehwinkelsensoren verzichtet werden. Weiterhin kann auf aufwendige Steuerungen, welche auf Sensorwerten wie z. B. auf Winkelsensoren, einer Volumenmessung des Hydraulikfluids oder einer Zeitmessung beruhen, komplett verzichtet werden.

[0007] Durch das erfindungsgemäße Verfahren wird der Einfluß von Reibbeiwerten beim Verschraubungsvorgang gegenüber reinen Drehmomentverfahren minimiert, so dass die Prozeßsicherheit verbessert wird. Insbesondere werden dabei die Einflüsse der Reibung ausschließlich in den ersten Schritt verlagert, d.h. in den Fügemomentbereich. Im zweiten, Hubzahl-gesteuerten Schritt des erfindungsgemäßen Verfahrens hat die Reibung dagegen keinen Einfluß mehr auf die Schraubenlängung. Zudem ist das Verfahren äußerst einfach und kostengünstig anwendbar.

[0008] Erfindungsgemäß wird dabei das Fügemoment so angepasst, dass anschließend durch vollständig ausgeführte Hübe des Werkzeugs die gewünschte Schraubenlängung mit hoher Genauigkeit und prozeßsicher erreicht werden kann. Das erfindungsgemäße Verfahren umfasst daher vorteilhafterweise weiterhin die Schritte einer Vorgabe einer gewünschten Gesamtlängung und einer Bestimmung eines Fügemoments zum Erreichen einer Fügelängung, welche so bemessen ist, dass die gewünschte Gesamtlängung durch die Fügelängung und eine Anzahl von ganzen Hüben des Kraftgliedes des Kraftschraubers erreicht werden kann. Die Gesamtlängung setzt sich damit aus der Fügelängung durch das Anziehen der Schrauberverbindung bis zum Fügemoment und durch die Längung durch die Anzahl von ganzen Hübe des Kraftgliedes des Kraftschraubers zusammen.

[0009] Das erfindungsgemäße Verfahren umfasst dabei weiterhin vorteilhafterweise den Schritt der Bestimmung eines durch einen ganzen Hub des Kraftgliedes des eingesetzten Kraftschraubers erzeugten Drehwinkels. Hierdurch ergibt sich eine Werkzeugkonstante, durch welche eine Berechung der für eine geforderte Längung notwenigen Anzahl an ganzen Huben ermittelbar ist.

[0010] Zur Bestimmung des gesamten Drehwinkels bei mehreren ganzen Hüben muss lediglich bestimmt werden, um welchen Drehwinkel das Schraubwerkzeug des Kraftschraubers durch einen ganzen Hub des Kraftgliedes bewegt wird. Daraufhin kann durch einfache Multiplikation mit der Anzahl von ganzen Hüben berechnet werden, welcher Gesamtdrehwinkel durch den zweiten Schritt des Verfahrens bewirkt wird. Alternativ kann jedoch auch der durch mehrere ganze Hübe erreichte Drehwinkel direkt bestimmt werden.

[0011] Weiterhin vorteilhafterweise umfasst die vorliegende Erfindung den Schritt einer Bestimmung einer durch einen ganzen Hub des Kraftgliedes des eingesetzten Kraftschraubers erzeugten Längung der eingesetzten Schraube. Ist die Längung der eingesetzten Schraube pro ganzem Hub des Kraftgliedes bekannt, kann mit einer einfachen Multiplikation mit der Anzahl an ganzen Hüben die während des zweiten Schritts erreichte Längung der Schraube berechnet werden. Alternativ kann jedoch auch die durch mehrere ganze Hübe erreichte Längung direkt bestimmt werden.

[0012] Die Längung der Schraube durch einen ganzen Hub ist dabei einerseits von dem vom Kraftschrauber durch einen ganzen Hub des Kraftgliedes erzeugten Drehwinkel sowie andererseits von der Geometrie der Schraube, insbesondere von der Steigungshöhe der Schraubenwindungen, abhängig.

[0013] Das erfindungsgemäße Verfahren kann dabei den Schritt einer Bestimmung einer durch einen bestimmten Drehwinkel erzeugten Längung der eingesetzten Schraube umfassen. Ist die Längung der eingesetzten Schraube bei einem bestimmten Drehwinkel bekannt, so kann bei Kenntnis des durch einen ganzen Hub erzeugten Drehwinkels die durch einen ganzen Hub des Kraftgliedes erzeugte Längung bestimmt werden. Alternativ kann die Längung der Schraube pro ganzem Hub auch direkt bestimmt werden.

[0014] Vorteilhafterweise ist erfindungsgemäß vorgesehen, dass die Bestimmung des durch einen ganzen Hub des Kraftgliedes des eingesetzten Kraftschraubers erzeugten Drehwinkels im Voraus für den eingesetzten Kraftschrauber bzw. für den eingesetzten Kraftschraubertyp bestimmt wird. Der Drehwinkel pro Hub des Kraftgliedes muss damit nur einmal für jeden Kraftschrauber bzw. Kraftschraubertyp bestimmt werden, und kann dann bei einer Vielzahl von Verschraubvorgängen eingesetzt werden.

[0015] Weiterhin vorteilhafterweise ist vorgesehen, dass die Bestimmung der durch einen bestimmten Drehwinkel erzeugten Längung der eingesetzten Schraube im Voraus für den eingesetzten Schraubentyp erfolgt. Hierdurch muss diese Bestimmung ebenfalls nur einmal im Voraus erfolgen und kann dann bei einer Vielzahl von Verschraubungen eingesetzt werden.

[0016] Weiterhin vorteilhafterweise kann die Längung der eingesetzten Schraube durch einen ganzen Hub des Kraftgliedes des eingesetzten Kraftschraubers im Voraus für den eingesetzten Kraftschraubertyp und den eingesetzten Schraubentyp bestimmt werden.

[0017] Die Bestimmung der oben genannten Werte kann dabei sowohl durch Versuche, als auch durch mathematische Berechnungen aus der Geometrie des Kraftschraubers und/oder der eingesetzten Schraube erfolgen. Vorteilhafterweise erfolgt die Bestimmung dabei durch eine Messung. Insbesondere kann dabei eine Messung an einer Mehrzahl von gleichartigen Kraftschraubern und/oder Schrauben erfolgen und eine Mittelwertbildung zur Bestimmung der benötigten Werte herangezogen werden. Weiterhin vorteilhafterweise kann die Messung bei unterschiedlichen Drehmomenten erfolgen, wobei der eingesetzte Wert durch eine Mittelwertbildung erfolgt.

[0018] Nach Kenntnis der entsprechenden Werte kann für eine gewünschte Längung der Schraube problemlos die Anzahl der hierfür benötigten ganzen Hübe sowie des notwendigen Fügemoments bestimmt werden, wobei das Fügemoment so eingestellt wird, dass durch die anschließend vollständig ausgeführten ganzen Hübe die gewünschte Gesamtlängung erreicht wird.

[0019] Alternativ zu diesem Verfahren kann für eine gewünschte Längung die notwendige Anzahl von ganzen Hüben sowie das notwendige Fügemoment auch direkt durch Versuch ermittelt werden. Auch diese Bestimmung erfolgt dabei vorteilhafterweise jeweils im Voraus für den eingesetzten Kraftschrauber und/oder Kraftschraubertyp und/oder den eingesetzten Schraubentyp. Die entsprechenden Werte können dann für das Anziehen der Schraubverbindung vorgegeben werden.

[0020] Bei dem erfindungsgemäßen Verfahren beträgt das Fügemoment vorteilhafterweise zwischen 5 % und 50 % des maximalen Anzugsdrehmoments. Das Fügemoment beträgt dabei weiterhin vorteilhafterweise zwischen 15 % und 35 % des maximalen Anzugsdrehmoments, weiterhin vorteilhafterweise ca. 25 % des maximalen Anzugsdrehmoments. Vorteilhafterweise ist das Fügemoment dabei so vorgegeben, dass bereits eine gewisse Längung der Schraube während des ersten Schritts des Verfahrens erfolgt.

[0021] Das Fügemoment muss dabei nicht notwendigerweise über den gleichen Kraftschrauber aufgebracht werden, welcher im zweiten Schritt mit einer vorbestimmten Anzahl von ganzen Hüben des Kraftgliedes die Schraubverbindung fertig anzieht. Insbesondere kann das Fügemoment auch durch einen Drehmomentschlüssel, einen durch einen Rotationsmotor angetriebenen Drehmomentschrauber oder ähnliches aufgebracht werden. Vorteilhafterweise wird das Fügemoment jedoch über den gleichen Kraftschrauber aufgebracht, welcher auch im zweiten Schritt eingesetzt wird. Insbesondere handelt es sich dabei um einen Drehmomentschrauber. Vorteilhafterweise wird das Fügemoment dabei durch den Druck des Hydraulikfluids, mit welchem der Hydraulikzylinder des Kraftschraubers beaufschlagt wird, eingestellt.

[0022] Das erfindungsgemäße Verfahren ist gegenüber schwer kontrollierbaren Beiwerten und anderen Einflußfaktoren beim Verschraubungsvorgang unempfindlicher als reine Drehmomentverfahren, da die Drehmomentsteuerung zunächst nur für das Aufbringen des Fügemoments eingesetzt wird, welches deutlich geringer ist als das maximale Anzugsdrehmoment. Damit sind auch die Einflüsse der Reibung auf diesen Bereich begrenzt. Daraufhin erfolgt durch die Verwendung ganzer Hübe eine ebenso einfache wie effektive Kontrolle der Länge der Schraube über den Drehwinkel.

[0023] Vorteilhafterweise wird bei dem erfindungsgemäßen Verfahren das maximale Anzugsdrehmoment des Kraftschraubers bzw. der maximale Druck, mit welchem das Kraftglied beaufschlagt wird, so eingestellt, dass der letzte Hub zur Gänze ausgeführt wird. Vorteilhafterweise wird zumindest dieser letzte Hub mit einer einfachen Steuerung überwacht.

[0024] Alternativ kann jedoch für das maximales Anzugsdrehmoment des Kraftschraubers bzw. den maximalen Druck, mit welchem das Kraftglied beaufschlagt wird, ein vorbestimmter Wert eingesetzt werden, welcher auch bei einem reinen drehmomentgesteuerten Verfahren als Endwert eingesetzt würde. Das erfindungsgemäße Anziehen einer Schraubverbindung in zwei Schritten erlaubt auch in diesem Fall ein besonders prozeßsicheres Längen der Schraube, wobei die maximale Längung sowohl über die Druckbegrenzung, als auch über die Fügelängung und die Anzahl der Hübe auf den gleichen Wert eingestellt wird.

[0025] Wie bereits oben dargestellt, kann durch das erfindungsgemäße Verfahren mit einfachsten Mitteln dennoch eine hochgenaue Schraubenlängung, insbesondere in einem Toleranzbereich von +/- 10% erreicht werden. Vorteilhafterweise erfolgt dabei keine Messung des Schraubwinkels über einen Drehwinkelsensor. Auf eine solche Messung des Schraubwinkels durch einen Drehwinkelsensor kann verzichtet werden, da im zweiten Schritt der Drehwinkel durch die ganzen Hübe aus der Werkzeug- und der Schraubengeometrie bestimmt werden kann. Insbesondere kann das Verfahren so mit Kraftschraubern durchgeführt werden, welche keinen Drehwinkelsensor aufweisen.

[0026] Weiterhin kann auch auf eine Steuerung, welche den Kraftschrauber anhand von Sensordaten wie Winkelsensoren, Volumenmessung und Zeitmessung ansteuert, verzichtet werden. Insbesondere kann dabei auf eine elektronische Steuerung verzichtet werden. Weiterhin kann auf eine Regelung der durch den Kraftschrauber erzeugten Drehbewegung über eine entsprechende Regelungselektronik und/oder Regelungshydraulik verzichtet werden.

[0027] Weiterhin vorteilhafterweise erfolgt erfindungsgemäß die Ansteuerung des Kraftschraubers manuell oder mittels einer einfachen Steuerung der Hubzahlvorgabe.

[0028] Die vorliegende Erfindung umfasst neben dem oben dargestellten Verfahren weiterhin die Verwendung eines Kraftschraubers, bei welchem Hübe eines Kraftgliedes, insbesondere eines Hydraulikzylinders in eine Drehbewegung eines Schraubwerkzeugs umgesetzt werden, in einem solchen Verfahren. Offensichtlich ergeben sich durch die Verwendung des Kraftschraubers die gleichen Vorteile, welche bereits oben bezüglich des Verfahrens dargestellt wurden.

[0029] Der für ein erfindungsgemäßes Verfahren eingesetzte Kraftschrauber kann als Kraftglied dabei insbesondere einen hydraulischen Kolbenzylinderantrieb aufweisen, dessen Linearbewegung über eine entsprechende Vorrichtung in eine Drehbewegung eines Schraubwerkzeugs umgesetzt wird. Das Schraubwerkzeug weist dabei insbesondere ein Verbindungselement zur lösbaren Verbindung mit einer Schraube und/oder einer Schraubenmutter auf. Bei dem Schraubwerkzeug kann es sich dabei insbesondere um Schraubschlüssel bzw. Schraubschlüsseleinsätze handeln, durch welche eine drehschlüssige Verbindung mit einer Schraube oder einer Schraubenmutter hergestellt werden kann. Insbesondere handelt es sich dabei um formschlüssige Werkzeugeinsätze.

[0030] Vorteilhafterweise wird dabei die Bewegung des Kraftgliedes in eine Richtung in eine Drehbewegung des Schraubwerkzeugs umgesetzt, während das Schraubwerkzeug bei der Rückbewegung des Kraftgliedes unbewegt bleibt. Weiterhin vorteilhafterweise umfasst der Kraftschrauber dabei eine Ratscheneinrichtung, durch welche diese intermittierende Bewegung des Kraftgliedes in eine Drehbewegung in eine bestimmte Richtung umgesetzt wird.

[0031] In vorteilhafter Weise kann weiterhin die Hubüberwachung des Kraftschraubers mittels einer einfachen Sensorik dicht am Kraftglied erfolgen, wodurch die Werkzeuggeometrie nicht verändert werden muß. Hierdurch ist eine Endlagenüberwachung aller Hübe gegeben.

[0032] Die vorliegende Erfindung wird nun anhand von Ausführungsbeispielen sowie einer Zeichnung näher beschrieben. Dabei zeigt:
Figur 1:
ein Diagramm, in welchem die Schraubenlängung während der Durchführung eines erfindungsgemäßen Verfahrens dargestellt ist.


[0033] Vor Durchführung der eigentlichen Verschraubung muss für den eingesetzten Kraftschrauber bzw. für den eingesetzten Kraftschraubertyp eine Werkzeugkonstante ϕ bestimmt werden, welche den durch einen kompletten Hub des Kraftgliedes erzeugten Drehwinkel beschreibt. Diese Konstante ϕ muss dabei nur einmal für jedes Werkzeug bzw. für jeden Werkzeugtyp ermittelt werden. Diese Werkzeugkonstante kann dabei sowohl durch entsprechende Versuche, als auch theoretisch anhand der Werkzeuggeometrie ermittelt werden.

[0034] Das erfindungsgemäße Verfahren kann dabei für alle Schrauberwerkzeuge, bei welchen ein solcher Zusammenhang zwischen Werkzeughub und Längung bzw. Drehwinkel ermittelbar ist, angewendet werden.

[0035] Weiterhin muss für den eingesetzten Schraubentyp die Längung I der Schraube in Abhängigkeit vom Drehwinkel bestimmt werden. Dies kann im Voraus für den jeweiligen Schraubentyp durchgeführt werden. Auch dies kann wiederum entweder durch eine Messung, oder durch eine entsprechende theoretische Berechnung anhand der Schraubengeometrie erfolgen.

[0036] Aus diesen beiden Werten lässt sich nun für jede Kombination aus Kraftschrauber und eingesetzter Schraube die Längung Iϕ pro ganzem Hub berechnen. Alternativ kann auch für eine jeweilige Kombination aus Kraftschrauber und Schraube die Längung pro ganzem Hub des Kraftgliedes direkt bestimmt werden.

[0037] Der eigentliche Verschraubungsvorgang erfolgt dann in zwei Stufen. In Stufe 1 wird ein vorbestimmtes Fügemoment in die Verschraubung eingebracht. In Stufe 2 erfolgt dann eine hubanzahlgesteuerte Schraubenlängung. Die vorgegebene Schraubenlängung kann dabei im erforderlichen Toleranzbereich prozeßsicher erreicht werden, indem das Fügemoment so angepasst wird, dass anschließend durch vollständig auszuführende Werkzeughübe die gewünschte Gesamtlängung erfolgt.

[0038] Das erforderliche Fügemoment kann dabei z. B. mittels Versuch ermittelt werden. Üblicherweise sollte dabei ein Fügemoment von ca. 25% des insgesamt erforderlichen Anzugdrehmoments eingesetzt werden. Das Fügemoment kann dabei beispielsweise durch Drehmomentschlüssel, Drehmomentschrauber und ähnliches aufgebracht werden. Auch die erforderliche Hubzahl des Werkzeugs bei der darauffolgenden Schraubenlängung mittels ganzer Hübe kann dabei durch Versuch ermittelt werden.

[0039] Die Gesamtlängung der Schraube kann wie folgt berechnet werden:


wobei

L die Gesamtlängung (geforderte bzw. berechnete Schraubenlängung),

Fü die Fügelängung,

n die Anzahl der Hübe,

I die Schraubenkonstante (Längung der Schraube pro Winkelgrad) und

ϕ die Werkzeugkonstante (Winkelgrad pro Werkzeughub)

darstellen.

[0040] Alternativ kann statt der Schraubenkonstante I und der Werkzeugkonstante ϕ auch eine einzige Konstante k eingesetzt werden, welche die Längung der Schraube pro Werkzeughub beschreibt, so dass L = Fü + n * k gilt.

[0041] Das erfindungsgemäße Vorgehen wird nochmals anhand von Figur 1 näher dargestellt. Dabei ist die Schraubenlängung L über die Zeit t in einem Diagramm aufgetragen. In Phase 1 erfolgt dabei eine Fügelängung durch Aufbringen eines vorbestimmten Fügemoments. Daraufhin wird die restliche Längung der Schraube durch einen oder mehrere ganze Hübe 3 vorgenommen. An Punkt 4 ist nun die geforderte Schraubenlängung erreicht. Das Fügemoment wird dabei so angepaßt, dass die geforderte Längung durch die darauffolgenden ganzen Hübe des Schraubwerkzeugs erreicht werden kann.

[0042] Die Plateauphasen 2 im Diagramm zwischen den der Fügelängung und den ganzen Hüben entsprechen dabei dem Rückhub des Kraftgliedes. Hier wird das Kraftglied in seine Ausgangsposition zurückgestellt, ohne dass eine Drehung der Schraube oder Schraubenlängung erfolgen würde.

[0043] Weiterhin wird das Drehmoment bzw. der Druck so begrenzt, dass der letzte Hub vollständig durchgeführt wird. Hierfür kann eine entsprechende Steuervorrichtung vorgesehen sein, welche zumindest den letzten Hub überwacht. Die Drehmoment- bzw. Druckbegrenzung kann dabei über den maximalen vom Werkzeugaggregat zur Verfügung gestellten Betriebsdruck für den Kraftschrauber erfolgen.

[0044] Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren ist eine ebenso einfache wie hochgenaue Schraubenlängung im ± 10%-Toleranzbereich ohne jegliche Sensoren oder Steuerung am Kraftschrauber möglich. Insbesondere kann dabei auf Winkelsensoren, eine Volumenmessung, eine Zeitmessung und ähnliches verzichtet werden. Hierdurch wird auch bei Einsatz konventioneller Drehmoment-Drehwinkelschrauber eine erhöhte Genauigkeit möglich.

[0045] Das erfindungsgemäße Verfahren realisiert dabei Drehmomement-Drehwikelverschraubungen, indem bei Werkzeugen mit Kolbenantrieb die Längung durch ganze Hübe des Kolbens erfolgt. Dabei bestimmten die Werkzeug- und Schraubengeometrie das Fügemoment und die Endlängung der Schraubenverbindung.

[0046] Insbesondere ergeben sich durch das erfindungsgemäße Verfahren dabei folgende Vorteile:
  • Mit diesem Verfahren ist eine hochgenaue Schraubenlänung im +-10% Toleranzbereich, ohne jegliche Sensoren, oder Steuerung (Winkelsensoren, Volumenmessung, Zeitmessung, usw, ...) möglich!
  • Verhinderung kostenintensiver Werkzeugumstellung (konventionelle Werkzeuge, bei welchen der Drehwinkel pro Hub bestimmbar ist, sind einsetzbar, z.B. übliche Drehmomentschrauber)
  • Minimierung der Werkzeugbaugröße
  • Platzbedarf für marktübliche Drehwinkelschrauber (Drehwinkelsensoren) nicht gegeben
  • Reibbeiwerteinfluss beim Verschraubungsvorgang minimiert
  • Verbesserung der Prozeßsicherheit
  • Prüfkostenreduktion, fortlaufende Prüfungen (Ultraschall-Messungen) können reduziert werden
  • Realisierung von Drehmoment-Drehwinkelverschraubungen ohne Drehwinkelsensoren bei Werkzeugen mit Kolbenantrieb
  • Werkzeug- und Schraubengeometrie bestimmen Fügemoment, Hubzahl und Endlängung der Schraubenverbindung
  • Nach dem Fügen wird durch die Ausführung von vollständigen Werkzeughüben die erforderliche Schraubenlängung erreicht
  • Eine Druckbegrenzung (Werkzeugaggregat max. Druckeinstellung) verhindert eine Überlastung der Schraube
  • Reibeinflüsse werden ausschließlich in den Fügemomentbereich (Drehmomentverfahren Fü) verlagert



Ansprüche

1. Verfahren zum Anziehen einer Schraubverbindung unter Längung der Schraube,
wobei ein Kraftschrauber eingesetzt wird, bei welchem Hübe eines Kraftgliedes, insbesondere eines Hydraulikzylinders, in eine Drehbewegung eines Schraubwerkzeugs umgesetzt werden,
dadurch gekennzeichnet,
dass in einem ersten Schritt die Schraubverbindung zunächst bis zu einem vorbestimmten Fügemoment angezogen wird, und
in einem zweiten Schritt die Schraubverbindung mit einer vorbestimmten Anzahl von ganzen Hüben des Kraftgliedes des Kraftschraubers fertig angezogen wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, mit den weiteren Schritten:

Vorgabe einer gewünschten Gesamtlängung,

Bestimmung eines Fügemoments zum Erreichen einer Fügelängung, welche so bemessen ist, dass die gewünschte Gesamtlängung durch die Fügelängung und eine Anzahl von ganzen Hüben des Kraftgliedes des Kraftschraubers erreicht werden kann.


 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, mit dem weiteren Schritt:

Bestimmung eines durch einen ganzen Hub des Kraftgliedes des eingesetzten Kraftschraubers erzeugten Drehwinkels.


 
4. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, mit dem weiteren Schritt:

Bestimmung einer durch einen ganzen Hub des Kraftgliedes des eingesetzten Kraftschraubers und/oder durch einen bestimmten Drehwinkel erzeugten Längung der eingesetzten Schraube.


 
5. Verfahren nach Anspruch 3 und/oder 4, wobei die Bestimmung des durch einen ganzen Hub des Kraftgliedes des eingesetzten Kraftschraubers erzeugten Drehwinkels und/oder der durch einen ganzen Hub des Kraftgliedes des eingesetzten Kraftschraubers und/oder der durch einen bestimmten Drehwinkel erzeugten Längung der eingesetzten Schraube im voraus für den eingesetzten Kraftschraubertyp und/oder den eingesetzten Schraubentyp erfolgt.
 
6. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei das Fügemoment zwischen 5 % und 50 % des maximalen Anzugsdrehmoments beträgt, vorteilhafterweise zwischen 15 % und 35 % des maximalen Anzugsdrehmoments, weiterhin vorteilhafterweise ca. 25 % des maximalen Anzugsdrehmoments.
 
7. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei das maximale Anzugsdrehmoment des Kraftschraubers und/oder der maximale Druck, mit welchem das Kraftglied beaufschlagt wird, so eingestellt wird, dass der letzte Hub zur Gänze ausgeführt wird.
 
8. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei keine Messung des Schraubwinkels über einen Drehwinkelsensor erfolgt und/oder der eingesetzte Kraftschrauber keinen Drehwinkelsensor aufweist.
 
9. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche, wobei die Ansteuerung des Kraftschraubers manuell oder mittels einer einfachen Steuerung der Hubzahlvorgabe.
 
10. Verwendung eines Kraftschraubers, bei welchem Hübe eines Kraftgliedes, insbesondere eines Hydraulikzylinders, in eine Drehbewegung eines Schraubwerkzeugs umgesetzt werden, in einem Verfahren zum Anziehen einer Schraubverbindung gemäß einem der vorangegangenen Ansprüche.
 




Zeichnung