[0001] Die Erfindung betrifft ein Dampfkraftwerk umfassend einen Hauptturbosatz, einen Kondensator,
eine Speisewasserpumpe, eine Tuning-Turbine zum Antreiben der Speisewasserpumpe, wobei
die Tuning-Turbine als Dampfturbine ausgebildet ist, wobei ein Dampfauslaß mit einer
Dampfzuführung aus dem Turbosatz strömungstechnisch verbunden ist.
[0002] In Dampfkraftwerken bzw. in Kraftwerksprozessen wird Speisewasser verwendet, um in
einem Dampferzeuger zu komprimierten und hoch temperierten Dampf umzuwandeln, der
anschließend in einem Dampf-Hauptturbosatz thermisch umgewandelt wird. Das Speisewasser
wird mit Hilfe von sogenannten Kesselspeisepumpen gegen den Widerstand des Frischdampf-Druckes
in den Kessel bzw. Dampferzeuger gepumpt. Häufig werden diese Kesselspeisepumpen durch
Dampfturbinen angetrieben und als Speisepumpen-Antriebsturbine (SPAT) bezeichnet.
Bei der Auslegung dieser Pumpen-Antriebssysteme muss berücksichtigt werden, dass die
Kesselspeisepumpe in Extremfällen einen 20% bis 30% erhöhten Leistungsbedarf benötigt
(Bypass-Betrieb des Hauptturbosatzes). Dieser erhöhte Leistungsbedarf muss durch die
Speisepumpen-Antriebsturbine bereitgestellt werden. Dazu wird bei der Konstruktion
bzw. Schaltung der Speisepumpen-Antriebsturbine eine entsprechende Reserve berücksichtigt
und vorgehalten.
[0003] In herkömmlichen oder typischen Kraftwerksprozessen mit einer einfachen oder doppelten
Zwischenüberhitzereinheit wird die Speisepumpen-Antriebsturbine aus einer Anzapfung
der Hauptdampfturbine gespeist (bei einem Druckniveau zwischen 10 und 15 bar) und
anschließend auf ein Kondensatorniveau expandiert. Die Speisepumpen-Antriebsturbine
kann hierbei einen eigenen Kondensator haben oder der Abdampf der Speisepumpen-Antriebsturbine
wird auf den Kondensator der Hauptdampfturbine geleitet. Im Falle einer erhöhten Leistungsanforderung
wird die Speisepumpen-Antriebsturbine zusätzlich aus einer Anzapfung gespeist, die
einen höheren Druck aufweist (typischerweise aus der kalten Zwischenüberhitzung).
[0004] Problematisch ist, wenn die Speisepumpen-Antriebsturbine als sogenannte Tuning-Turbine
mit einer Speisung aus einer obersten Anzapfung der Hauptdampfturbine und Abdampf
auf einen Regenerativ-Vorwärmer ausgeführt ist. Denn in diesem Fall ist eine Steigerung
der Leistung durch ein Umschalten auf eine im Druck höhere Anzapfung nicht möglich.
Eine mögliche technische Lösung zur Sicherstellung der Leistungsreserve ist eine ausreichende
Vordrosselung der Speisepumpen-Antriebsturbine im Nennbetrieb. Solch eine Androsselung
ist aber vom Standpunkt des Wirkungsgrades her im Dauerbetrieb ein Nachteil.
[0005] Aufgabe der Erfindung ist es, eine Speisepumpen-Antriebsturbine besser auszulasten.
[0006] Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Dampfkraftwerk gemäß Anspruch 1 sowie durch ein
Verfahren zum Betreiben einer Tuning-Turbine in einem Dampfkraftwerk gemäß Anspruch
4.
[0007] Eine erhöhte Leistungsanforderung an die Speisepumpen-Antriebsturbine erfolgt in
dem Falle, dass Drosselorgane vor der Speisepumpen-Antriebsturbine bereits komplett
bzw. voll geöffnet sind, durch Umschalten des Abdampfes auf den Hauptkondensator.
Dabei muss wiederum ein Drosselorgan zwischen der Speisepumpen-Antriebsturbinen-Abdampf
und Kondensator den Gegendruck so einstellen, dass entweder dieses Drosselorgan die
Leistungs- bzw. Drehzahlregelung übernimmt oder der Druck am Speisepumpen-Antriebsturbinen-Abdampf
so abgesenkt wird, dass zum einen die Beschaufelung der Speisepumpen-Antriebsturbine
nicht überlastet wird und zum anderen die Drosselorgane vor der Speisepumpen-Antriebsturbine
wieder eine Regelreserve aufweisen. Dadurch ist es möglich, für die Speisepumpen-Antriebsturbine
ein erhöhtes Enthalpiegefälle bereitzustellen, so dass eine höhere Leistung erreicht
werden kann. Dies wird erfindungsgemäß dadurch erreicht, dass der Abdampfdruck abgesenkt
wird. Im Stand der Technik wird dies durch eine Anhebung des Zudampfdruckes erreicht,
welcher bei der vorgesehenen Anwendung aufgrund der vorteilhaften Verschaltung der
Speisepumpen-Antriebsturbine auf die oberen Anzapfungen des Hauptturbosatzes nicht
mehr möglich ist.
[0008] In einer alternativen Ausführungsform kann anstelle des Hauptkondensators eine Umschaltung
auch auf einen (hinsichtlich des Druckes) tiefer liegenden Vorwärmer erfolgen.
[0009] In einer weiteren alternativen Ausführungsform kann der Abdampf der Speisepumpen-Antriebsturbine
in einen Leitungsabschnitt oder einem Turbinengehäuse der Hauptdampfturbine eingeleitet
werden. In diesem Falle sind regelungstechnische Maßnahmen zu treffen, die im Falle
eines Schnellschlusses der Hauptdampfturbine ein sicheres Abfahren gewährleisten,
z. B. durch doppelte Absperrungen, leittechnische Ausführung entsprechend der sicherheitstechnischen
Bedeutung.
[0010] In einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform wird der Vorwärmer bzw. die Einspeisestelle
als Funktion der Speisepumpen-Leistungsanforderung gezielt ausgewählt. Dies könnte
auch als "Wanderabdampf" bezeichnet werden.
[0011] In einer Ausgestaltung der Erfindung wird die Tuning-Turbine bzw. Speisepumpen-Antriebsturbine
mit Anzapfungen ausgeführt, welche zur regenerativen Speisewasservorwärmung der Dampfkraftanlage
dienen. Dadurch wird eine angepasste Temperatur des Anzapfdampfes erreicht und ein
Exergieverlust für die Speisewasservorwärmung vermieden, was sich vorteilhaft auf
den Gesamtwirkungsgrad der Gesamtanlage auswirkt.
[0012] Ein wesentlicher Vorteil ist, dass die neue Lösung eine Wirkungsgrad optimierte Schaltung
für den Nennbetrieb anbietet, bei dem die Tuning-Turbine bzw. Speisepumpen-Antriebsturbine
ohne eine wesentliche Drosselung betrieben werden kann (dadurch hoher Wirkungsgrad
im lang andauernden Nennbetrieb bzw. im oberen Teillastbetrieb). Dieser Vorteil stellt
zudem eine Wahrung der sicheren Betreibbarkeit des Hauptturbosatzes und der Tuning-Turbine
bzw. Speisepumpen-Antriebsturbine bei Sonderlastfällen wie Bypassbetrieb der Hauptdampfturbine
dar.
[0013] In einem sogenannten letzteren Betriebspunkt wird aufgrund der Umschaltung eine Mehrleistung
erreicht, die allerdings mit einem geringeren Wirkungsgrad verbunden ist, was aufgrund
der kurzen Betriebsdauer im Bypassbetrieb durchaus akzeptiert werden kann.
[0014] Um einen sicheren und zuverlässigen Betrieb der Tuning-Turbine bzw. Speisepumpen-Antriebsturbine
auch bei unterschiedlichen Anforderungen des Hauptturbosatzes zu ermöglichen, ist
eine parallele Stützung einzelner oder mehrerer Vorwärmer inklusive des Speisewasserbehälters,
welche durch Anzapfungen bzw. Abdampf der Speisepumpen-Antriebsturbine versorgt werden,
aus dem Hauptturbosatz oder dem Wasser-Dampf-Kreislauf vorzusehen. Im Falle einer
moderaten Erhöhung der Leistungsanforderung der Speisepumpen-Antriebsturbine bzw.
Tuning-Turbine können Anzapfmassenströme reduziert werden und durch Stützungsmassenströme
ersetzt werden. Vorteilhafte Weise ist die Tuning-Turbine bzw. Speisepumpen-Antriebsturbine
mit einer Drosselreserve ausgelegt, die typische lange langzeitige Betriebsarten ohne
Umschaltung auf den Kondensator abdecken können.
[0015] Erfindungsgemäß wird die Leistungsanforderung durch Erhöhung des Gefälles nicht durch
erhöhten Druck am Eintritt realisiert, sondern durch Absenkung des Gegendrucks. Eine
Erhöhung des Druckes am Eintritt wäre nur möglich durch Stützen der Speisepumpen-Antriebsturbine
aus dem Frischdampf, was aber zur Folge haben würde, dass die Speisepumpen-Antriebsturbine
einen großen Temperatursprung verkraften müsste und für vergleichsweise hohe Eintrittstemperaturen
ausgelegt werden müsste.
[0016] Ein Vorteil der Erfindung besteht darin, dass die Bauteilbeanspruchung und der Wirkungsgrad
sowie die Betreibbarkeit einer Dampfkraftanlage verbessert wird. Die Erfindung ist
in besonderer Weise für die Anwendung in Wirkungsgrad kritischen Großkraftwerksanlagen
mit einfacher oder doppelter Zwischenüberhitzung einsetzbar.
[0017] Die Erfindung wird anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert. Die Figuren
zeigen in schematischer Weise folgendes dar:
- Figur 1
- ein Dampfkraftwerk gemäß dem Stand der Technik;
- Figur 2
- ein erfindungsgemäßes Dampfkraftwerk;
- Figur 3
- eine graphische Darstellung der Leistung über den Ventilhub.
[0018] Die Figur 1 zeigt ein Dampfkraftwerk 1 gemäß dem Stand der Technik. Das Dampfkraftwerk
1 umfasst einen Hauptturbosatz 2, der eine Hochdruck-Teilturbine 3, eine erste Mitteldruck-Teilturbine
4 und eine zweite Mitteldruck-Teilturbine 5 sowie eine Niederdruck-Teilturbine 6 umfasst.
Die Hochdruck-Teilturbine 3 wird über eine Frischdampfleitung 7 mit einem Dampferzeuger
bzw. Kessel 8 mit Frischdampf versorgt. Der aus der Hochdruck-Teilturbine 3 ausströmende
Dampf wird in einer kalten Zwischenüberhitzerleitung 9 zu einem ersten Zwischenüberhitzer
10 geführt. In dem ersten Zwischenüberhitzer 10 wird der Dampf erhitzt und anschließend
über eine heiße Zwischenüberhitzerleitung 11 zur ersten Mitteldruck-Teilturbine 4
geführt. Der aus der ersten Mitteldruck-Teilturbine 4 ausströmende Dampf wird über
eine weitere kalte Zwischenüberhitzerleitung 12 in einen zweiten Zwischenüberhitzer
13 geführt. Dieser Dampf wird wiederum erhitzt und über eine weitere heiße Zwischenüberhitzerleitung
14 zur zweiten Mitteldruck-Teilturbine 5 geführt. Der aus der zweiten Mitteldruck-Teilturbine
5 ausströmende Dampf entspannt in einer Niederdruck-Teilturbine 6 und strömt anschließend
in einen Hauptkondensator 15. Im Hauptkondensator 15 kondensiert der entspannte Dampf
zu Wasser und wird über eine erste Leitung 16 zu einer Speisewasserpumpe 17 geführt.
Durch die Speisewasserpumpe 17 wird das Wasser gegen den Frischdampfdruck in den Dampferzeuger
bzw. Kessel 8 gedrückt. Angetrieben wird die Speisewasserpumpe durch eine Speisepumpen-Antriebsturbine
(SPAT), die auch als Tuning-Turbine bezeichnet werden kann.
[0019] Die Speisepumpen-Antriebsturbine 18 ist als eine Dampfturbine ausgebildet und wird
frischdampfseitig 19 über ein Drosselorgan 20 mit der kalten Zwischenüberhitzerleitung
19 strömungstechnisch verbunden. Die thermische Energie des in der kalten Zwischenüberhitzerleitung
9 befindlichen kalten Zwischenüberhitzerdampfes entspannt in der Speisepumpen-Antriebsturbine
18 und treibt einen nicht näher dargestellten Rotor 21, der schließlich die Speisewasserpumpe
17 antreibt. Die Speisepumpen-Antriebsturbine 18 weist eine Anzapfung 22 auf, aus
der Dampf zu einem weiteren Kondensator 23 geführt wird. Der in diesem weiteren Kondensator
23 geleitete Dampf kondensiert zu Wasser und strömt über eine zweite Leitung 24 zu
einem Vorwärmer 25. Der ausgangsseitige Abdampf 26 strömt über eine Abdampfleitung
27 ebenfalls zum Vorwärmer 25 und wärmt das Speisewasser vor. Das Drosselorgan 22
ist im Stand der Technik für eine Leistungs- bzw. Drehzahlregelung im Normalbetrieb
stark angedrosselt. Der Abdampf der Speisepumpen-Antriebsturbine 18 wird im Normalbetrieb
auf den Vorwärmer 25 geleitet. Der Hauptturbosatz 2 treibt schließlich einen elektrischen
Generator 28 zur Erzeugung von elektrischer Energie an.
[0020] Die Figur 2 zeigt eine erfindungsgemäße Dampfkraftwerksanlage 1. Der Unterschied
zur Dampfkraftanlage 1 gemäß dem Stand der Technik besteht darin, dass die Dampfleitung
27 zusätzlich über eine Kondensatorabdampfleitung 29 zum Hauptkondensator 15 geführt
wird. Das bedeutet, dass der aus der Speisepumpen-Antriebsturbine 18 ausströmende
Dampf sowohl zum Vorwärmer 25 als auch zum Hauptkondensator 15 strömen kann. In der
Kondensatorabdampfleitung 29 ist ein zweites Drosselorgan 30 angeordnet.
[0021] Das Drosselorgan 30 öffnet zu 100% in einem bestimmten Betriebszustand und gibt damit
dem ersten Drosselorgan 20 vor der Speisepumpen-Antriebsturbine 18 einen größeren
Regelspielraum. Der Abdampf der Speisepumpen-Antriebsturbine 18 wird bei einem erhöhten
Leistungsbedarf der Speisewasserpumpe auf den Hauptkondensator 15 geleitet.
[0022] In einer vorteilhaften Weiterbildung kann eine Stützleitung 31, die die kalte Zwischenüberhitzerleitung
12 mit einem Eingang 32 des Vorwärmers 25 verbindet, angeordnet werden.
[0023] Die Figur 3 zeigt das Verhältnis zwischen der Leistung 33 und dem Ventilhub 34. Die
erste Gerade 35 zeigt den Verlauf der Leistung über den Ventilhub 34, wenn die Kondensatorumschaltung
geöffnet ist. Die zweite Gerade 36 zeigt die Leistung über den Ventilhub 34, wenn
die Kondensatorumschaltung geschlossen ist.
1. Dampfkraftwerk (1) umfassend einen Hauptturbosatz (2), einen Kondensator (15), eine
Speisewasserpumpe (17), eine Tuning-Turbine (18) zum Antreiben der Speisewasserpumpe
(17),
wobei die Tuning-Turbine (18) als Dampfturbine ausgebildet ist,
wobei eine Frischdampfseite (19) mit einer Dampfzuführung (9) aus dem Hauptturbosatz
(2) strömungstechnisch verbunden ist,
dadurch gekennzeichnet, dass
eine Abdampfleitung (27) der Tuning-Turbine (18) mit dem Hauptkondensator (15) verbunden
ist.
2. Dampfkraftwerk (1) nach Anspruch 1,
wobei zwischen der Abdampfleitung (27) und dem Hauptkondensator (15) ein Drosselorgan
(30) angeordnet ist.
3. Dampfkraftwerk (1) nach Anspruch 1 oder 2,
wobei die Abdampfleitung (27) mit einem zweiten Kondensator (23) verbunden ist.
4. Verfahren zum Betreiben einer Tuning-Turbine (18) in einem Dampfkraftwerk (1),
wobei die Tuning-Turbine (18) eine Speisewasserpumpe (17) antreibt,
wobei die Tuning-Turbine (18) als Dampfturbine ausgebildet wird und
eine Abdampfleitung (27) der Tuning-Turbine (18) mit einem Hauptkondensator (15) eines
Hauptturbosatzes (2) strömungstechnisch verbunden wird.