[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung wenigstens eines
Reglerparameters eines Tänzerlage-Regelglieds sowie eine zur Durchführung des Verfahrens
eingerichtete Recheneinheit.
[0002] Obwohl die Erfindung nachfolgend im Wesentlichen unter Bezugnahme auf Druckmaschinen
beschrieben wird, ist sie nicht auf eine derartige Anwendung beschränkt, sondern vielmehr
bei allen Arten von Bearbeitungsmaschinen verwendbar, bei denen die Warenbahn bzw.
Materialbahn durch einen sog. Tänzer läuft, dessen Lage geregelt wird. Die Warenbahn
kann aus Papier, Stoff, Pappe, Kunststoff, Metall, Gummi, in Folienform usw. ausgebildet
sein.
Stand der Technik
[0003] Die vorliegende Erfindung betrifft das Gebiet der Bahnspannungsregelung in Bearbeitungsmaschinen.
Bei Bearbeitungsmaschinen, insbesondere Druckmaschinen, wird eine Warenbahn entlang
von angetriebenen Achsen (Bahntransportachsen), wie z.B. Zugwalzen oder Vorschubwalzen,
und nicht angetriebenen Achsen, wie z.B. Umlenk-, Leit-, Trocknungs- oder Kühlwalzen,
bewegt. Die Warenbahn wird gleichzeitig mittels meist ebenfalls angetriebener Bearbeitungsachsen
bearbeitet, bspw. bedruckt, gestanzt, geschnitten, gefalzt usw.
[0004] Bei Bearbeitungsmaschinen, wie Druckmaschinen, wird neben bspw. einem Längs- und/oder
Seitenregister oft auch die Bahnspannung geregelt oder eingestellt, um ein optimales
Bearbeitungsergebnis zu erzielen. Eine bekannte Möglichkeit zur Bahnspannungseinstellung,
insbesondere für einen Wickler (Auf- oder Abwickeleinrichtung), bedient sich eines
Tänzers, bei dem eine bewegliche Tänzerrolle die Bahnspannung einprägt. Die Position
der Tänzerrolle, die sog. Tänzerlage, wird von der Tänzerlageregelung auf einem Sollwert
gehalten. Solange sich der Tänzer innerhalb seiner beweglichen mechanischen Grenzen
befindet, wird die Bahnspannung im Wesentlichen durch die Krafteinprägung bspw. einer
Pneumatik aufrechterhalten. Dynamische Vorgänge werden hier nicht weiter erläutert.
Der Tänzer hat die vorteilhafte Eigenschaft, Unrundheiten im Bahnlauf innerhalb relativ
großer Grenzen auffangen zu können, ohne dass es zu einer wesentlichen Veränderung
der Bahnspannung käme.
[0005] Bekannte Regler, wie z.B. P-Regler, D-Regler, I-Regler usw. sowie beliebige Kombinationen
davon, beinhalten Reglerparameter, die eingestellt werden müssen. Übliche Reglerparameter
sind die Proportionalverstärkung
KP, die Integralverstärkung
KI, die Differentialverstärkung
KD, die Nachstellzeit
TN, die Vorhaltzeit
Tv, Verzögerungen T usw.
[0006] Im Stand der Technik sind keine Verfahren bekannt, die Parametrierung der Tänzerlageregelung
zu vereinfachen oder sogar zu automatisieren. Zwar sind von der Anmelderin eine Anzahl
von Verfahren entwickelt worden, die Parametrisierung von Bahnspannungsreglern zu
vereinfachen:
Bspw. ist in der EP 1 790 601 A2 dargestellt, dass Reglerparameter in Abhängigkeit von Warenbahnparametern (z.B. E-Modul),
Maschinenparametern (z.B. Warenbahnlänge, Warenbahngeschwindigkeit oder Trägheitsmoment)
und Betriebsparametern (z.B. Regelabweichung) bestimmt werden können.
[0007] In der
DE 10 2008 035 639 ist dargestellt, dass neben diesen Größen auch Totzeiten in der Regelstrecke vorhanden
sind und zur Ermittlung der Reglerparameter herangezogen werden können.
[0008] In der nicht vorveröffentlichten
DE 10 2009 019 624 ist eine Reglerparametrierung, in Abhängigkeit von wenigstens einem die Warenbahn
kennzeichnenden Parameter, wie z.B. dem Elastizitätsmodul und/oder dem Querschnitt,
wenigstens einem die Bearbeitungsmaschine kennzeichnenden Parameter, wie z.B. der
Bahngeschwindigkeit und/oder der Abschnittslänge, und wenigstens einer, insbesondere
konstanten (d.h. nicht bahngeschwindigkeitsabhängigen) und/oder geschwindigkeitsabhängigen,
Totzeit, wie z.B. einer Übertragungszeit und/oder einer Messzeit, beschrieben.
[0009] Die in den genannten Druckschriften beschriebenen Verfahren sind jedoch nicht auf
eine Tänzerlageregelung übertragbar, da sich bei der Tänzerlageregelung auch die Länge
der Warenbahn verändert und somit ein vollkommen anderes Verhalten der Regelstrecke
- nämlich ein integrales Verhalten - vorliegt. Die Parametrisierung einer Tänzerlageregelung
erfolgt daher im Wesentlichen von Hand. Dabei wird üblicherweise zur Bestimmung der
Streckenparameter eine Sprungantwort der Regelstrecke ausgewertet. Über die Streckenparameter
können dann mittels regelungstechnischen Wissens vom Bediener geeignete Reglerparameter
bestimmt werden.
[0010] Es ist daher wünschenswert, ein vereinfachtes und vorzugsweise automatisierbares
Verfahren zur Parametrisierung einer Tänzerlageregelung anzugeben.
Offenbarung der Erfindung
[0011] Erfindungsgemäß wird ein Verfahren zur Bestimmung wenigstens eines Reglerparameters
eines Tänzerlage-Regelglieds für eine Bearbeitungsmaschine sowie eine Recheneinheit
zur Durchführung des Verfahrens mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche
vorgeschlagen. Vorteilhafte Weiterbildungen sind Gegenstand der Unteransprüche sowie
der nachfolgenden Beschreibung.
Vorteile der Erfindung
[0012] Die Erfindung basiert im Wesentlichen auf der Erkenntnis, dass ein Tänzerlage-Regelglied
automatisch parametriert werden kann, wenn zur Bestimmung wenigstens eines Reglerparameters
der Durchmesser der vom Tänzerlageregler angesteuerten Achse bzw. Walze berücksichtigt
wird. Dies kann einerseits bei einem Wickler mit Tänzerlageregler der sich während
des Wickelvorgangs verändernde Durchmesser der Wickeleinrichtung, d.h. Auf- oder Abwickeleinrichtung
sein, oder andererseits bei einer Bahnspannungsregelung mit Tänzerlageregler der konstant
bleibende Durchmesser einer Bahntransportwalze. Letzteren Fall findet man beispielsweise
bei der Regelung eines Einzugs- oder Auszugswerkes. In der Folge kann die Parametrierung
automatisiert werden, so dass der Bediener der Maschine keine regelungstechnischen
Fachkenntnisse mehr besitzen muss. Einrichtfahrten, die bisher zur Ermittlung der
Streckenparameter (z.B. über eine Sprungantwort) nötig waren, können unterbleiben.
Obwohl im Wesentlichen von der Berücksichtigung des Durchmessers gesprochen wird,
versteht sich, dass damit auch die Berücksichtigung gleichwertiger bzw. davon ableitbarer
Größen, wie z.B. Radius oder Umfang, umfasst ist.
[0013] Bei bekannten Bahnspannungsregelungen mit direkter Bahnspannungsmessung, bspw. über
Kraftmessdosen, d.h. Bahnspannungsregler ohne Tänzer, welche über die Drehzahl einer
begrenzenden Klemmstelle als Stellsignal die Regelgröße (Bahnzugkraft) direkt regeln,
kann für die Regelstrecke in guter Näherung ein PT1-Glied mit Totzeit bzw. ein PT2-Glied
zugrunde gelegt werden. Betrachtet man hingegen eine Tänzerlageregelung, so ist das
Verhalten der Regelstrecke grundsätzlich davon verschieden, da hier nun eine integrierende
Regelstrecke vorliegt und die Position einer Tänzerwalze statt der Bahnspannung geregelt
wird.
[0014] Das Tänzerlage-Regelglied umfasst zweckmäßigerweise einen Proportionalanteil und
vorzugsweise weiterhin einen Integral- und/oder einen Differentialanteil. Insbesondere
umfasst es demnach ein P-, PI-, PD- oder ein PID-Glied. Als Reglerparameter werden
eine Proportionalverstärkung
KP und optional eine Nachstellzeit
TN und/oder eine Vorhaltzeit
TV automatisch bestimmt.
[0015] In Ausgestaltung wird der wenigstens eine Reglerparameter während des Betriebs regelmäßig
oder getriggert bestimmt. Die Häufigkeit des Bestimmungsvorgangs kann so zwischen
optimaler Regelung bei häufiger Parametrierung einerseits und geringem Rechenaufwand
bei weniger häufiger Parametrierung andererseits ausbalanciert werden. Wird die Geschwindigkeit
einer Walze mit veränderlichem Durchmesser als Stellgröße verwendet, ist eine häufigere
Bestimmung des wenigstens einen Reglerparameters zweckmäßig.
[0016] Zweckmäßigerweise wird bei der Bestimmung des wenigstens einen Reglerparameters ein
Messverhalten einer Tänzerlageerfassungsvorrichtung berücksichtigt. Die Tänzerlageerfassungsvorrichtung
gibt den Lageistwert als einen Spannungs- oder Stromwert aus. Dieses Verhältnis von
Lageistwert zu Messsignal kann ein lineares oder nichtlineares sowie ein statisches
oder dynamisches Verhalten zeigen. Eine statische Beziehung wird vorzugsweise über
eine Ein- bzw. Ausgangskennlinienkompensation (z.B. Wiener- oder Hammersteinmodell
berücksichtigt. Eine dynamische Beziehung kann andererseits über einen nichtlinearen
bzw. adaptiven Regler berücksichtigt werden.
[0017] Es ist vorteilhaft, dass der wenigstens eine Reglerparameter in Abhängigkeit von
einem vorgebbaren Gewichtungsfaktor bestimmt wird. Oft erweisen sich Reglerparameter,
die durch eine theoretische Auslegung berechnet werden, in der Praxis als nicht optimal.
Als Gründe hierfür können zusätzliche, nicht ermittelbare Verzögerungszeiten, Nichtlinearitäten,
Signalrauschen, falsch bestimmte Streckenparameter oder die Regelgüte bzw. das Bahnspannungsverhalten
im konstanten Lauf angeführt werden. Insbesondere der letzte Punkt ist meist nachteilig.
Zwar schwingt der Regelkreis schnell ein, im Konstantlauf ergibt sich aber aufgrund
der Diskretisierung bzw. Quantisierung der Messergebnisse bzw. Stellgrößen oft eine
Unruhe aufgrund eines relativ "kräftigen" Proportionalanteils. Vorzugsweise wird ein
Verfahren vorgeschlagen, bei dem als weitere Eingangsgröße ein Gewichtungsfaktor z.B.
als Maß für eine "Reglerschärfe" angegeben wird. Beispielsweise können eine oder alle
theoretisch ermittelten Reglerparameter mit dem Gewichtungsfaktor (z.B. zwischen 0
und 1, aber auch größer 1) multipliziert werden. Mit Hilfe dieses Eingangsparameters
kann der Anwender bei Bedarf die Reglerparameter anpassen. Beispielhaft könnte dies
bei einem PI-Regelglied dadurch erreicht werden, dass die Proportionalverstärkung
und/oder Nachstellzeit mit diesem prozentualen Faktor multipliziert wird. Alternativ
kann neben der freien Vorgabe eines Gewichtungsfaktors auch eine Auswahl aus vordefinierten
Werten möglich sein (z.B. 20%, 40%, 50%, 60%, 70%, 80%, 85%, 90%, 95%, 100%, 105%,...).
Der Anwender kann für seinen Maschinentyp eine geeignete Einstellung finden und diese
leicht auf andere physikalische Größen adaptieren. Auch verschiedene Maschinentypen
sind hierdurch vergleichbar einzustellen. Es ergibt sich eine wesentliche Vereinfachung
für den Anwender, da er nur noch (bekannte) physikalische Größen eingeben muss und
eine Veränderung der daraus automatisch berechneten Reglerparameter mit Hilfe dieses
einzigen Faktors "Reglerschärfe" herbeiführen kann. Komplexe Einstellungen der Reglerparameter
sind nicht mehr notwendig, was aufwändige Testreihen und Messfahrten erspart.
[0018] In Ausgestaltung wird ein Auslegungskriterium zur Bestimmung des wenigstens einen
Reglerparameters vorgegeben. Zur Auslegung von Reglerparametern sind in der Literatur
verschiedene Auslegungskriterien (z.B. Symmetrisches Optimum, Wurzelortskurvenauslegung,
Betragsoptimum oder Ziegler-Nichols) bekannt. Durch Vorgabe des insbesondere in der
erfindungsgemäßen Recheneinheit zu verwendenden Kriteriums zur Bestimmung des wenigstens
einen Reglerparameters kann die Qualität und Geschwindigkeit der Bestimmung beeinflusst
werden. Diese Auslegungskriterien sind teilweise auch für Führung- bzw. Störverhalten
auslegbar. Somit ergibt sich für den Anwender die Möglichkeit, je nach Maschinenanforderung
und Maschinenzustand (z.B. Einricht- oder Produktionsphase) zwischen Führungsverhalten
und Störverhalten umzuschalten.
[0019] Eine erfindungsgemäße Recheneinheit, z.B. ein Steuergerät einer Druckmaschine, ist,
insbesondere programmtechnisch, dazu eingerichtet, ein erfindungsgemäßes Verfahren
durchzuführen.
[0020] Auch die Implementierung der Erfindung in Form von Software ist vorteilhaft, da dies
besonders geringe Kosten ermöglicht, insbesondere wenn eine ausführende Recheneinheit
noch für weitere Aufgaben genutzt wird und daher ohnehin vorhanden ist. Geeignete
Datenträger zur Bereitstellung des Computerprogramms sind insbesondere Disketten,
Festplatten, Flash-Speicher, EEPROMs, CD-ROMs, DVDs u.a.m. Auch ein Download eines
Programms über Computernetze (Internet, Intranet usw.) ist möglich.
[0021] Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung
und der beiliegenden Zeichnung.
[0022] Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachfolgend noch zu erläuternden
Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen
Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden
Erfindung zu verlassen.
[0023] Die Erfindung ist anhand von Ausführungsbeispielen in der Zeichnung schematisch dargestellt
und wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnung ausführlich beschrieben.
Figurenbeschreibung
[0024]
- Figur 1
- zeigt einen Ausschnitt einer Bearbeitungsmaschine mit einer Abwickeleinrichtung, einem
Tänzer und einem Einzugswerk, die der Erfindung zugrunde liegen kann,
- Figur 2
- zeigt eine schematische Darstellung eines Regelkreises für die Bearbeitungsmaschine
gemäß Figur 1,
- Figuren 3 bis 6
- zeigen Ausgestaltungen von Funktionsbausteinen zur Bestimmung von Reglerparametern
gemäß unterschiedlicher bevorzugter Ausführungsformen der Erfindung.
[0025] Ohne Einschränkung wird nachfolgend eine Tänzerlageregelung für einen Abwickelvorgang
beschrieben. Es versteht sich jedoch, dass die Erfindung ebenso für die Tänzerlagereglung
für einen Aufwickelvorgang oder für die Tänzerlageregelung eines Einzugs- oder Auszugswerks
verwendbar ist. Die Darstellung ist so gewählt, dass anhand des Beispiels eines Abwicklers
mit Tänzer in Kombination mit einer nachfolgenden angetriebenen Walze beide Mechanismen,
d.h. die Ansteuerung einer Wickeleinrichtung mit sich veränderndem Durchmesser einerseits
und einer Zugwalze mit konstantem Durchmesser andererseits, erläutert werden können.
[0026] In Figur 1 ist ein Ausschnitt einer bahnverarbeitenden Maschine 100 schematisch dargestellt,
wobei eine Warenbahn 101 von einer Abwickeleinrichtung 102 als stromaufwärtige Klemmstelle
abgewickelt wird und über einen Tänzer 110 einer stromabwärtigen Klemmstelle, hier
einem Einzugswerk 103, zugeführt wird. Der Tänzer 110 umfasst zwei ortsfeste Umlenkrollen
111 sowie eine bewegliche Tänzerrolle 112, die eine Kraft
F01 und damit eine Bahnspannung in die Warenbahn einprägt. Der Abstand zwischen den Klemmstellen
ist mit
L01 bezeichnet. Der Tänzerlage-Istwert
xist wird von einer schematisch gezeigten Tänzerlageerfassungsvorrichtung 140 erfasst
und an eine Recheneinheit 150 übermittelt, welche insbesondere zur Regelung der Tänzerlage
eingerichtet ist. Aufgabe der Tänzerlageregelung ist es, die Position der Tänzerrolle
112 auf einer Soll-Position
xSoll zu halten. Die Recheneinheit 150 bestimmt ebenfalls gemäß einer Ausgestaltung der
Erfindung automatisch die dazu notwendigen Reglerparameter.
[0027] Die Drehzahlen der Abwickeleinrichtung 102 bzw. des Einzugswerks 103 sind von der
Recheneinheit 150 ansteuerbar, woraus sich in Abhängigkeit vom jeweiligen Durchmesser
die Umfangsgeschwindigkeiten (Bahngeschwindigkeiten, Fördergeschwindigkeiten)
v1 bzw.
v2 ergeben. Im vorliegenden Beispiel wird
v1 für die Tänzerlageregelung verwendet. Während des Abwickelvorgangs verändert d.h.
reduziert sich der Durchmesser D der Abwickeleinrichtung 102 bzw. des sich auf der
Abwickeleinrichtung befindlichen Warenbahnwickels.
[0028] Der Abstand der Umlenkrollen 111 des Tänzers 110 ist mit
LHypo bezeichnet und definiert zusammen mit dem Tänzerlage-Istwert
xist einen Umschlingungswinkel β der Warenbahn 101 um die Tänzerrolle 112. Häufig wird
der Abstand der ortsfesten Umlenkrollen so gewählt, dass die Umschlingung 180° beträgt.
Eine bevorzugte Ausführungsform der Erfindung ist jedoch so ausgebildet, dass die
Reglerparametrierung auch mit beliebigen Umschlingungswinkeln β bzw. beliebigen Umlenkrollenabständen
LHypo zurechtkommt. Die Länge der Warenbahn vom Scheitelpunkt der Umlenkrolle 111 zum Scheitelpunkt
der Tänzerrolle 112 ist mit
lBahn bezeichnet.
[0029] In Figur 2 wird die der Erfindung zugrundeliegende Tänzerlageregelung anhand eines
Regelkreises 200 schematisch dargestellt. Die Führungsgröße,
xSoll, wird einem Vergleichsglied bzw. Subtrahierglied zugeführt, dem auch die Regelgröße,
d.h. die Tänzerlage
xist, über Glieder 205 und 204, auf die weiter unten näher eingegangen werden wird, zugeführt
wird. Die sich daraus ergebende Regelabweichung e wird einem Tänzerlage-Regelglied
201 zugeführt, welches vorliegend als PI-Glied mit einer Proportionalverstärkung
KP und einer Nachstellzeit
TN ausgebildet ist. Ohne Einschränkung kann das Tänzerlage-Regelglied 201 auch als P-,
PD- oder PID-Glied oder als anderer Regler, wie beispielsweise ein Zustandsregler,
ausgeführt sein. Für nachfolgende Beschreibung wird jedoch ein PI-Regler mit folgender
Übertragungsfunktion angenommen:

[0030] Das Regelglied erzeugt im vorliegenden Fall als Stellsignal nv einen additiven Drehzahlsollwert,
welcher an eine Regelstrecke 202, welche vorliegend als I-Strecke ausgeführt ist,
geführt wird. Dieses Stellsignal veranlasst eine Geschwindigkeitsverstellung - je
nach Regelsinn - der Abwickeleinrichtung 102 oder des Einzugswerks 103. Bei der dargestellten
I-Strecke 202 wirkt sich eine Geschwindigkeitsveränderung als linearer Anstieg oder
Abfall der Gesamtlänge der Warenbahn 101 zwischen Abwickeleinrichtung 102 und Einzugswerk
103 und damit auf den Tänzerlage-Istwert
xist aus. Der Tänzerlage-Istwert
xist ist - wie nachfolgend dargestellt - eine Funktion der geometrischen Größen D,
L01,
LHypo.
[0031] Der Tänzerlage-Istwert
xist wird durch die Tänzerlagenerfassungsvorrichtung 140 erfasst, bei der ein bestimmtes
Verhältnis zwischen erfasstem Lageistwert und ausgegebenem Messwert vorliegt. Dieses
Verhältnis wird durch eine lineare oder nichtlineare Kennlinie (z.B. statische Kennlinie
eines Hammerstein-Modells) 205 im Rückführzweig dargestellt. Da das Messsignal immer
auch einer Übertragungstotzeit und meist einem zusätzlichen Signalfilter unterliegt,
ist weiterhin auch ein PT1-Glied 204 im Rückführzweig vorhanden.
[0032] Die Gesamtlänge
lges ergibt sich aus Figur 1 anhand nachfolgender Betrachtung:

[0033] Der Winkel
a kann über den Tänzerlage-Istwert
xist und den Abstand der Umlenkwalzen
LHypo bestimmt werden zu:

[0034] Die Gesamtlänge der Materialbahn ergibt sich zu
lges =
L01 - LHypo +2·
lBahn.
[0035] Durch Umformen erhält man den Tänzerlage-Istwert:
xist =
f(
lges,
L01,
LHypo).
[0036] Bei der verbreiteten Ausgestaltung mit einer Umschlingung der Materialbahn von β
= 180° ergibt sich die Gesamtlänge der Materialbahn zu:

wobei
LUmfang den Umfang der Tänzerrolle 112 und
DTänze den Durchmesser der Tänzerrolle bezeichnen.
[0037] Durch Umstellen ergibt sich der Tänzerlage-Istwert in Abhängigkeit von der Geometrie
und der aktuellen Gesamtlänge. Die in die Materialbahn eingeprägte Kraft entspricht
der Hälfte der aufgebrachten Kraft
F01.
[0038] Die integrierende Regelstrecke 202 kann - bei einer zugrunde gelegten üblichen Umschlingung
von 180° - über nachfolgende Gleichung beschrieben werden.
wobei v1 die Umfangsgeschwindigkeit der stromaufwärtigen Klemmstelle 102,
v2 die Umfangsgeschwindigkeit der stromabwärtigen Klemmstelle 103,
ε01 die Dehnung der Warenbahn 101 zwischen stromaufwärtiger Klemmstelle 102 und Tänzer
110 und
ε12 die Dehnung der Warenbahn 101 zwischen Tänzer 110 und stromabwärtiger Klemmstelle
103 ist.
[0039] Es ist zu erkennen, dass eine Erhöhung der Geschwindigkeit
v1(s) der Abwickeleinrichtung 102 einen Anstieg der gesamten Materialbahnlänge
lges und entgegengesetzt eine Erhöhung der Geschwindigkeit
v2(s) des Einzugswerks 103 eine Reduzierung der gesamten Materialbahnlänge bewirkt.
Hierdurch ist ein positiver und negativer Regelsinn, wie im Stand der Technik bei
einer Bahnzugkraftregelung bekannt, beschrieben. Der positive Regelsinn entspricht
somit der Regelung mittels des Abwicklers als Stellsignal, da hierbei ein Anstieg
des Stellsignals zugleich einen Anstieg des Ausgangssignals bewirkt. Umgekehrt veranlasst
ein Anstieg der Geschwindigkeit des Einzugwerks eine Reduzierung des Ausgangssignals,
was einem negativen Regelsinn entspricht.
[0040] Es wird insbesondere deutlich, dass beide Umfangsgeschwindigkeiten
v1(s) und
v2(s) in die Regelstrecke eingehen. In realen Steuerungen ist jedoch nicht die Umfangsgeschwindigkeit
v(
s), sondern die Winkelgeschwindigkeit
u(
s) bekannt, aus der sich die Umfangsgeschwindigkeit
v(
s) auf bekannte Weise ergibt:

[0041] Somit wird das Streckenverhalten abhängig vom Radius
r(s) der begrenzenden Klemmstellen. Da am Einzugswerk 103 von einem konstanten Radius
der Walzen ausgegangen werden kann, ist hier lediglich der Radius (bzw. Durchmesser
D) der Abwickeleinrichtung 102 zu berücksichtigen und wird gemäß der hier erläuterten
bevorzugten Ausführungsform bei der automatischen Bestimmung beider Reglerparameter
KP und
TN berücksichtigt. Aus dem oben beschrieben Streckenverhalten können die Reglerparameter
KP und
TN anhand üblicher Verfahren, wie z.B. symmetrisches Optimum, Wurzelortskurvenauslegung,
Chien-Rhones-Reswick (CHR) usw., automatisch und computerimplementiert bestimmt werden.
[0042] Für beliebige Umschlingungswinkel β (und damit beliebige a) ergibt sich die Übertragungsfunktion
der Regelstrecke (ohne Messaufnehmer, Signalfilterung und Übertragungstotzeiten) zu:

[0043] Hierbei kann die Funktion
f(α) in Abhängigkeit von den geometrischen Gegebenheiten ein lineares oder nichtlineares
Verhalten besitzen. Da diese Funktion lediglich eine statische Nichtlinearität aufgrund
der Winkelfunktionen darstellt, kann diese durch eine Ein- bzw. Ausgangskennlinienkompensation
(bspw. Wiener- oder Hammersteinmodell) berücksichtigt werden.
[0044] Dasselbe gilt für den Messaufnehmer, der über einen Spannungs- oder Stromwert den
Lageistwert wiedergibt. Das Verhältnis von Lageistwert zu Messsignal kann wiederum
ein lineares oder nichtlineares sowie ein statisches oder dynamisches Verhalten zeigen.
Eine statische Beziehung kann bspw. erneut über eine Ein- bzw. Ausgangskennlinienkompensation
(Wiener- oder Hammersteinmodell) berücksichtigt werden. Eine dynamische Beziehung
kann bspw. über einen nichtlinearen bzw. adaptiven Regler berücksichtigt werden.
[0045] Bei der Bestimmung der Reglerparameter kann in erster Näherung die Länge
L01 zwischen Abwickeleinrichtung 102 und Einzugswerk 103 vernachlässigt werden, wenn
der Regler im Arbeitspunkt linearisiert wird. Eine weitere Vereinfachung kann durch
Vernachlässigung der Elemente 204 und 205 im Rückführzweig erzielt werden. In der
Folge ergibt sich gemäß einer bevorzugten Ausführungsform eine Bestimmung der Reglerparameter
nur unter Berücksichtigung von Wickeldurchmesser D und Regelsinn, optional zusätzlich
unter Berücksichtigung von Verzögerungszeiten und optional zusätzlich unter Berücksichtigung
der Kennlinie der Tänzerlagerfassungseinrichtung
[0046] In den Figuren 3 bis 6 sind Funktionsbausteine 300, 400, 500 und 600 zur Bestimmung
der Reglerparameter
KP und
TN dargestellt. Es sind jeweils auf der linken Seite unterschiedliche Eingangsgrößen
vorhanden, die - gegebenenfalls auch optional - in die Bestimmung der Reglerparameter
einfließen.
[0047] Bevorzugterweise ist vorgesehen, den Regelsinn dem Funktionsbaustein zuzuführen.
Der Regelsinn ist mit +/- in den Figuren bezeichnet. Der Regelsinn beeinflusst im
Wesentlichen das Vorzeichen der Reglerausgangsgröße und kann somit auch an einer anderen
Stelle innerhalb des Regelkreises zugeführt werden. Weiterhin ist vorgesehen, den
aktuellen Durchmesser D der Wickeleinrichtung (bzw. den konstanten Durchmesser D einer
Zugwalze) jedem der dargestellten Funktionsbausteine zuzuführen.
[0048] Optional ist vorgesehen, den Funktionsbausteinen die Kennlinie KL der Tänzerlageerfassungsvorrichtung
und/oder Verzögerungszeiten T zuzuführen, deren Berücksichtigung - wie oben beschrieben
- die Bestimmung der Reglerparameter verbessert.
[0049] Der Funktionsbaustein 400 ist für die Bestimmung der Reglerparameter in Fällen vorgesehen,
in denen der Umschlingungswinkel β nicht 180° beträgt. Zur Bestimmung der Reglerparameter
wird hier vorzugsweise noch der Abstand
LHypo der Umlenkrollen 111 des Tänzers 110 und die Länge
L01 berücksichtigt. Alternativ zur Berücksichtigung der Größen
LHypo und
L01 können auch die Winkel a und β berücksichtigt werden.
[0050] Gemäß einer anderen bevorzugten Ausgestaltung, die durch den Funktionsbaustein 500
repräsentiert wird, wird zur Bestimmung der Reglerparameter auch ein Gewichtungsfaktor
w verwendet, der z.B. zwischen 0 und 100 % liegen kann (denkbar sind auch Werte größer
100%). Wie weiter oben erläutert, beeinflusst der Gewichtungsfaktor w die sogenannte
Reglerschärfe.
[0051] Der Funktionsbaustein 600 unterscheidet sich vom Funktionsbaustein 500 durch die
zusätzliche Möglichkeit der Angabe des Auslegungskriteriums K, z.B. CHR usw. (siehe
oben).
[0052] Wie erläutert, lassen sich die Reglerparameter in Abhängigkeit von physikalischen
Größen automatisch berechnen. Einige dieser Größen, insbesondere der Durchmesser der
Wickeleinrichtung, verändern sich während des Bearbeitungsprozesses. Neben der Messung
dieser Größen wird auch eine Bestimmung mit Hilfe regelungstechnischer Beobachter
und/oder eines Parameterschätzverfahrens vorgeschlagen.
1. Verfahren zur automatischen Bestimmung wenigstens eines Reglerparameters (KP, TN) eines Tänzerlage-Regelglieds (201) in einer Bearbeitungsmaschine (100) umfassend
einen Tänzer (110), dessen Tänzerlage (xist) erfasst wird, wobei auf Grundlage der erfassten Tänzerlage (xist) eine Drehzahl (nv) einer Walze (102, 103) vorgegeben wird, wobei der wenigstens
eine Reglerparameter (KP, TN) in Abhängigkeit von einem Durchmesser (D) der Walze (102, 103) automatisch bestimmt
wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die Drehzahl einer Wickeleinrichtung (102) zum Auf-
oder Abwickeln der Warenbahn (101) vorgegeben wird und der wenigstens eine Reglerparameter
(KP, TN) in Abhängigkeit von dem sich während des Wickelvorgangs verändernden Durchmesser
(D) der Wickeleinrichtung (102) automatisch bestimmt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei die Drehzahl einer Transportwalze (103) zum
Transport der Warenbahn (101) vorgegeben wird und der wenigstens eine Reglerparameter
(KP, TN) in Abhängigkeit von dem im Wesentlichen konstanten Durchmesser der Transportwalze
(103) automatisch bestimmt wird.
4. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei das Tänzerlage-Regelglied (201)
einen Proportionalanteil umfasst und der wenigstens eine Reglerparameter eine Proportionalverstärkung
(KP) umfasst.
5. Verfahren nach Anspruch 4, wobei das Tänzerlage-Regelglied (201) zusätzlich einen
Integralanteil und/oder einen Differentialanteil umfasst und der wenigstens eine Reglerparameter
zusätzlich eine Nachstellzeit (TN) bzw. eine Vorhaltzeit umfasst
6. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei die Bestimmung des wenigstens
einen Reglerparameters (KP, TN) während des Betriebs der Bearbeitungsmaschine (100) regelmäßig oder getriggert durchgeführt
wird.
7. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei bei der Bestimmung des wenigstens
einen Reglerparameters (KP, TN) wenigstens eine Verzögerungszeit, Totzeit und/oder Signalglättungszeit (T) berücksichtigt
wird.
8. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei bei der Bestimmung des wenigstens
einen Reglerparameters (KP, TN) ein Messverhalten (KL) einer Tänzerlageerfassungsvorrichtung (140) berücksichtigt
wird.
9. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei der Tänzer (110) zwei ortsfeste
Umlenkrollen (111) sowie eine bewegliche Tänzerrolle (112) umfasst und bei der Bestimmung
des wenigstens einen Reglerparameters (KP, TN) ein Abstand (LHypo) der zwei ortsfesten Umlenkrollen (111) und/oder ein Umschlingungswinkel (a, β) der
Umlenkrollen (111) und/oder der Tänzerrolle (112) durch die Warenbahn (101) berücksichtigt
wird.
10. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei in die Berechnung des wenigstens
einen Reglerparameters (KP, TN) ein vorgebbarer Gewichtungsfaktor (w) eingeht.
11. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei in die Berechnung des wenigstens
einen Reglerparameters (KP, TN) ein vorgebbares Auslegungskriterium (K) eingeht.
12. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei der Tänzer (110) zwischen einer
stromaufwärtigen Klemmstelle (102) und einer stromabwärtigen Klemmstelle (103) angeordnet
ist und der wenigstens eine Reglerparameter (
KP,
TN) berechnet wird anhand des Streckenverhaltens

wobei
v1 die Umfangsgeschwindigkeit der stromaufwärtigen Klemmstelle (102),
v2 die Umfangsgeschwindigkeit der stromabwärtigen Klemmstelle (103), ε
01 die Dehnung der Warenbahn (101) zwischen stromaufwärtiger Klemmstelle (102) und Tänzer
(110) und ε
12 die Dehnung der Warenbahn (101) zwischen Tänzer (110) und stromabwärtiger Klemmstelle
(103) ist.
13. Recheneinheit (150), die dazu eingerichtet ist, ein Verfahren nach einem der vorstehenden
Ansprüche durchzuführen.