(19)
(11) EP 2 439 813 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
11.04.2012  Patentblatt  2012/15

(21) Anmeldenummer: 11007389.7

(22) Anmeldetag:  10.09.2011
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
H01Q 1/28(2006.01)
H01Q 1/34(2006.01)
F41H 3/00(2006.01)
F42B 5/15(2006.01)
H01Q 15/14(2006.01)
H01Q 17/00(2006.01)
F41J 2/00(2006.01)
F42B 12/70(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(30) Priorität: 07.10.2010 DE 102010047860

(71) Anmelder: Rheinmetall Waffe Munition GmbH
29345 Unterlüss (DE)

(72) Erfinder:
  • Schmitz, Jürgen, Dr.
    38518 Gifhorn (DE)

(74) Vertreter: Dietrich, Barbara 
Thul Patentanwaltsgesellschaft mbH Rheinmetall Platz 1
40476 Düsseldorf
40476 Düsseldorf (DE)

   


(54) Täuschkörper zum Schutz von Objekten


(57) Vorgeschlagen wird ein Täuschkörper (2) zur Bildung einer Wolke (1) zum Schutz eines Objektes vor einer radargestützten Bedrohung, der aus Helices (2a) gebildet wird und als metallischer Helix (2a) eine chirale Wolke (1) ausbildet, die in der Lage ist, die Strahlungen zu absorbieren.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft einen Täuschkörper zum Schutz von Objekten mittels Absorption elektromagnetischer Strahlung und beschäftigt sich mit einem Täuschkörper als Gegenmaßnahme zum Schutz von Objekten gegen radargestützte Raketen, Flugkörper oder dergleichen Flugobjekte, insbesondere mit der Schaffung eines Täuschkörpers zur Ausbildung einer Schutzwolke oder Schutzwand, mit der hochfrequente, nichtsichtbare Strahlungen absorbiert werden können. Des Weiteren beschäftigt sich die Erfindung mit der Erhöhung der Wirkung dieser Täuschkörper durch Verwendung von frequenzspezifisch angepassten chiralen, radarabsorbierenden Materialien (CHIRRAM).

[0002] Bei Angriffen einer radargestützten Rakete etc., insbesondere auf mobilen Plattformen, wie Schiffe, Flugzeuge und Fahrzeuge als auch stationären Gebäuden sind mehrere Gegenmaßnahmen bekannt.

[0003] In einer ersten Variante sieht man als Gegenmaßnahme den Abschuss sogenannter Düppel aus metallischen Fasern, wie Staniol, zur Ausbildung einer Wolke vor, die einen größeren Radarquerschnitt hat als das ursprüngliche Ziel (http://de.wikipedia.org./wiki/Düppel (Radartäuschung)), US 6,876,320, US 2008/0198060, US 2009/02511353).

[0004] Alternativ werden auch Flugkörper verschossen, die das ankommende Radarsignal aufnehmen, analysieren und ein Täuschsignal senden (US 5,388,783, US 6,628,239, US 2009/0189799) oder ein ankommendes Signal retrodirektiv abstrahlen (Radarcorner, VAN-Atta-Array, US 3,496,570, US 3,731,313, US 3,938,151).

[0005] Eine direkte Bekämpfungsart ist das Verschießen von Raketen durch eigene Waffensysteme, wie Maschinenkanonen.

[0006] Auch Jammer kommen zum Einsatz, die das ankommende Radarsignal aufnehmen, analysieren und dann ein Täuschsignal senden (US 3,258,771, US 3,896,438, US 3,958,241, US 4,126,862, US 4,646,098).

[0007] Hier stellt sich die Erfindung die Aufgabe, einen einfachen Täuschkörper aufzuzeigen, der zum Schutz eines Objektes eingesetzt werden kann.

[0008] Gelöst wird die Aufgabe mit den Merkmalen des Patentanspruchs 1. Vorteilhafte Ausführungen sind in den Unteransprüchen aufgeführt.

[0009] Hier greift die Erfindung auf neuere Maßnahmen zur Tarnung von Objekten zurück, der sogenannten Tarnkappentechnologie, wobei auf den Oberflächen der Objekte bzw. Plattformen aufgebracht sind, die aus absorbierenden Materialien in Dickschicht- oder Komposit-Technologie bestehen. Dabei handelt es sich um isotrope Medien und Dielektrika, wie Salisbury Screen, Jaumann Absorber, Dallenbach Layer aus extrudierten/geschäumten Kunststoffen, Graphiten (http://de.wikipedia.org/wiki/Tarnkappentechnik, US 4,606,848). Auch magnetische Absorber und anisotrope Medien, wie Ferrite (US 3,662,387) sowie bianisotrope, chirale Absorber finden Einsatz (US 4,606,848).

[0010] Grundsätzlich sind hochfrequenzabsorbierende Materialien auf spezifische Frequenzbänder ausgelegt. Bei der Tarnkappentechnologie beispielsweise entspricht der Radarquerschnitt eines F-117 Jets etwa dem eines Insektes bei 10 GHz. Bei Frequenzen von unter 2 GHz reduziert sich jedoch das absorbierende Verhalten und wird stark abhängig von der Schichtdicke und Wahl des absorbierenden Materials. Diese beeinflussen jedoch maßgeblich die Kosten, die Masse sowie Manövrierfähigkeit eines insbesondere mobilen Systems gegen radargestützte Flugkörper. Auch wird nur ein frequenzeingeschränkter Schutz gewährleistet.

[0011] Der Erfindung liegt daher die Idee zugrunde, einen Täuschkörper zu schaffen, der hochfrequente (nichtsichtbare) elektromagnetische Strahlungen ähnlich der Tarnung absorbieren kann, sodass ein zu schützendes Objekt hinter einer durch die Täuschkörper geschaffenen Tarn-Wolke für ein radargelenktes Flugobjekt etc. nicht sichtbar ist. Damit wird im Gegensatz zu bekannten Schutzmaßnahmen kein Scheinziel erzeugt, sondern das Objekt selbst "versteckt".

[0012] Zur Schaffung einer derartigen Wolke ist der Einsatz von chiralen Materialien im Täuschkörper vorgesehen. Um eine effektiv wirkende Wolke auch in hochfrequenten Bereich zu schaffen, wird die Wirkung von insbesondere chiralen radarabsorbierenden Materialien erhöht. Dazu gibt es beispielsweise mehrere Ansätze. Als einfach beherrschbar haben sich die Erhöhungen der wirksamen Schichtdicken, insbesondere bei Frequenzen unterhalb von 2 GHz, gezeigt. Auch der Einsatz von chiralen Metallhelices frequenzspezifischer Größe ermöglichen - je nach Einsatz der Flugkörper-Radare - die Anpassung der Wolke auf den Radarsuchkopf.

[0013] Letztgenannter Ansatz - der Einsatz von metallischen Helices - soll nunmehr näher betrachtet werden.

[0014] Ein chirales Material wird üblicherweise durch eine Vielzahl regellos orientierter, elektrisch leitender chiraler Objekte gebildet, die in ein homogenes isolierendes Wirtsmaterial - zum Beispiel PU-Schäume - eingebettet sind.

[0015] Chirale Objekte, wie beispielsweise ein metallischer Helix, weisen eine Wechselwirkung mit einer elektromagnetischen Welle auf. Das elektrische Wechselfeld influenziert Ladungen, die einen Strom zur Folge haben, der nicht nur in den geraden Stücken der Helix fließt, sondern auch im kreisförmigen Segment. Folglich kommt es neben der elektrischen auch zu einer magnetischen Polarisation. Die vom magnetischen Wechselfeld induzierte Spannung führt analog zu einer magnetischen und einer zusätzlichen elektrischen Polarisation mit umgekehrten Vorzeichen.

[0016] Ein Material, aufgebaut aus chiralen Objekten ist somit in der Lage, sowohl die elektrische Verschiebungsdichte als auch die magnetische Induktion über elektrische Feldstärke und magnetische Feldstärke zu beeinflussen, was in der Praxis auch als magneto-elektrische Kopplung bezeichnet wird.

[0017] Ist das chirale Objekt beispielsweise ein Kupferhelix, so hat sich gezeigt, dass dieser für sich oder im Ensemble nur für bestimmte Frequenzen einer anregenden elektromagnetischen Welle in Resonanz ist (kommt). Infolge dessen ist ein dispersives Verhalten des chiralen Materials zu erwarten. Der qualitative Verlauf der komplexen Stoffparameter - Permittivität, Permeabilität und Chiralität als Funktion der Frequenz - gibt die Materialresonanzen an.

[0018] Die Imaginärteile, die Verlusten entsprechen, besitzen ihr Maximum in der Resonanz. Diverse frequenzabhängige Reflexionen bei verschiedenen chiralen Absorbern zeigt beispielsweise die US 5,202,535 auf.

[0019] Diese chiralen Objekte können beispielsweise durch Ausstoß und Bildung einer sogenannten chiralen Wolke entsprechender Dichte und Dimensionen oder mit frequenzspezifischer Grö-βe der chiralen Metallhelices umgesetzt werden. Ein bevorzugt impulsartiger Ausstoß und Beschleunigung der letztgenannten Metallhelices kann durch Abschuss von Granaten, Munition, Flugkörper, Wirkkörper oder dergleichen geschaffen werden, welche die Helices definiert ausstoßen. Ein Ausstoß mittels Luftdruck, d.h., mit Hilfe von zwischengespeichertem komprimiertem Gas ist gleichfalls möglich. Mit Pumpen, Gebläsen, Kompressoren etc. ist neben einem impulsartigen Ausstoß ein dauerhaftes Ausstoßen realisierbar. Weitere Möglichkeiten sind Katapulte, Bögen etc., also mittels Federkraft oder dergleichen vorgespannte Systeme, sowie Railguns (schlagartige elektromechanische Umformung gespeicherter elektrischer Energie) und Kombinationen der vorgenannten Möglichkeiten.

[0020] Damit soll ein flexibler Einsatz von Täuschkörpern gegenüber Radarerkennungen geschaffen werden - basierend auf die Ausbildung einer Wolke mit einem erhöhten oder verkleinerten Radarquerschnitt geschaffen durch chirale Objekte. Das System ermöglicht zugleich eine einfache Nachrüstbarkeit für jegliche zu schützende Objekte sowie die Nutzung der vorhandenen Ausstoßmechanismen.

[0021] Anhand eines einfachen Ausführungsbeispiels mit Zeichnung soll die Erfindung näher erläutert werden. Es zeigt:
Fig. 1
eine prinzipielle Darstellung der Ausbildung einer chiralen Wolke,
Fig. 1a
eine Darstellung der Wechselwirkung einer Helix aus Fig. 1,
Fig. 2 a-c
Anwendungen für die chirale Wolke aus Fig. 1.


[0022] Fig. 1 zeigt eine ausgebildete chirale Wolke 1, die aus Täuschkörpern 2, hier aus wenigstens einem metallischen Helix 2a, gebildet wird. Die chirale Wolke 1 selbst wird in Ausmaß und Wirkung entsprechend der Dichte (Anzahl, Menge) und Dimensionierung (bauliche Abmessungen) der Helices 2a bestimmt.

[0023] Fig. 1a zeigt das Verhalten von magnetischem Wechselfeld H und elektrischem Wechselfeld E beim Auftreffen einer entsprechenden Strahlung anhand einer metallischen Helix mit einer Windung. Mit P ist die elektrische Polarisation, mit M die magnetische Polarisation gekennzeichnet. Der Strom i wirkt in der Darstellung von unten auf den Helix 2a ein.
Zur Erhöhung der Wirkung der Wolke 1 werden bevorzugt metallische Helices 2a unterschiedlicher Dichte, Größe und / oder Anordnung ausgestoßen.

[0024] Alternativ besteht die Möglichkeit, mit den metallischen Helices 2a eine chirale Wolke 1 auszubilden, die den Radarquerschnitt aufgrund der Absorption der elektromagnetischen Wellen derart verkleinert, sodass entweder benachbarte Strukturen oder kein Ziel (Objekt 3-5) erfasst werden. Das eigentliche Objekt 3-5 ist hinter der chiralen Wolke 1 verborgen und kann sich im Schatten der Wolke 1 aus der Gefahrenzone entfernen. Der Schutz bzw. die Schutzzeit kann durch Vergrößerung der Wolke 1 verlängert werden. Entsprechend der Entfernungsrichtung des Objektes 3-5 kann der Verlauf der Wolke 1 gelegt werden durch Aussto-βen von nachfolgenden Täuschkörpern 2.

[0025] Das Ausstoßen kann wie bereits beschrieben mit Hilfe unterschiedlicher Vorrichtungen erfolgen. Bevorzugt wird ein impulsartiger Ausstoß sowie Beschleunigung.

[0026] Anwendungen findet eine derartige Wolke 1 beispielsweise zum Tarnen eines Schiffes 3, eines Fahrzeuges 4 und / oder eines Flugzeuges 5 (Fig. 2a-c). Spätestens mit dem Erkennen einer Gefahr 6, hier ein Flugkörper, werden über eine nicht näher dargestellte Vorrichtung die Täuschkörper 2 ausgestoßen, sodass sie ihrer Aufgabe entsprechend die chirale Wolke 1 zwischen dem zu schützenden Objekt 3-5 bilden. Diese absorbiert die vom Flugkörper 6 ausgesendete Strahlung 7 derart, dass das Flugobjekt 6 das zu schützende Objekt 3-5 als solches nicht "sieht" also wahrnimmt.

[0027] Es versteht sich, dass die vorgeschlagene Idee sich auch auf Bedrohungen anwenden lässt, die mittels separat angestrahlter und am Objekt 3-5 reflektierter Strahlung arbeiten, ähnlich endphasengelenkter Flugkörper (DE 196 04 745 C1). In diesem Fall fängt die Wolke 2 die vom Objekt 3-5 reflektierte Strahlung ab, absorbiert diese, sodass die gesteuerte Bedrohung das Objekt 3-5 ebenfalls nicht "sehen" kann (nicht näher dargestellt).


Ansprüche

1. Täuschkörper (2) zum Schutz eines Objektes stationärer als auch mobiler Art (3-5) durch Ausbildung einer Wolke vor einer radargestützten Bedrohung (6), dadurch gekennzeichnet, dass zumindest ein Helix (2a) einen Täuschkörper (2) der chiralen Wolke (1) bildet, wodurch die von der Bedrohung (6) ausgesendete elektromagnetische Strahlung oder eine zu empfangene Strahlung absorbiert wird.
 
2. Täuschkörper nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Helix (2a) ein metallischer Helix (2a) ist.
 
3. Täuschkörper nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass der metallische Helix (2a) ein Kupferhelix ist.
 
4. Täuschkörper nach Anspruch einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass entsprechend der Entfernungsrichtung des Objektes (3-5) der Verlauf der Wolke (1) gelegt werden kann durch Ausstoßen von nachfolgenden Täuschkörpern 2.
 
5. Täuschkörper nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass der Täuschkörper (2) mittels bekannten und / oder vorhandenen Vorrichtungen am Objekt (3-5) verbracht und / oder ausgestoßen werden kann.
 




Zeichnung







Recherchenbericht










Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente