Technisches Gebiet
[0001] Die Erfindung betrifft eine Pressenanordnung zum Umformen von flächigen Werkstücken,
umfassend eine Kopfpresse und mindestens eine nachgeordnete Presse sowie eine Liniensteuerung.
Die Erfindung betrifft weiter ein Verfahren zum Umformen eines flächigen Werkstücks.
Stand der Technik
[0002] Pressenlinien (Tandemlinien) zum Umformen von flächigen Werkstücken sind bekannt.
Sie umfassen mehrere Pressen, welche die Werkstücke nacheinander einem Bearbeitungsschritt
unterziehen. Neben den Pressen umfasst eine automatisierte Pressenlinie ein Transportsystem
zum Fördern der Werkstücke von der ersten Presse zur ersten nachfolgenden Presse und
weiter zu allen hintereinander angeordneten Pressen. Die Pressen und das Transportsystem
werden durch eine Liniensteuerung, z. B. eine Speicherprogrammierbare Steuerung (SPS)
gesteuert und synchronisiert. Schliesslich umfasst eine Pressenlinie auch Einrichtungen
zur Zuführung der Werkstücke in die erste Presse und zur Abführung der bearbeiteten
Werkstücke von der letzten Presse.
[0003] Automatisierte Pressenlinien werden heute entweder im Dauerlauf (Continuous Mode)
oder im Einzelhub (Intermitted Mode) betrieben. In der Betriebsart Einzelhub ("Intermitted
Mode") werden die Pressen im oberen Totpunkt (OT) nach jedem Hub angehalten und anschliessend
durch die Liniensteuerung wieder gestartet und somit auch synchronisiert. Im Dauerlauf
("Continous Mode") arbeiten alle Pressen im Dauherhub, d. h. ohne Stopp im OT, und
sind elektronisch zueinander synchronisiert.
[0004] Im Dauerlauf entspricht die Performance (Teileausbringung pro Minute) der eingestellten
Pressendrehzahl.
[0005] Der Einzelhub ermöglicht im Vergleich zum Dauerlauf eine relativ einfache Synchronisierung
der einzelnen Pressen über die Liniensteuerung. Weil aufgrund der Haltezeit, während
der die Stössel nicht bewegt werden, ein Zeitfenster für das Entnehmen und Einbringen
von Werkstücken geschaffen wird, kann die Hubhöhe der Pressen zudem gering gehalten
werden, was preislich von Vorteil ist. Ebenso haben die Pressen aufgrund der höheren
Drehzahl der Schwungmasse bei gegebener Performance ein hohes Arbeitsvermögen. Allerdings
ergibt sich aufgrund der Haltezeit in dieser Betriebsart eine gewisse Reduktion des
Durchsatzes. Soll eine vorgegebene Performance erreicht werden, müssen die Pressen
von im Einzelhub betriebenen Pressenlinien entsprechend schneller arbeiten als Pressen
von Pressenlinien im Dauerlauf. Eine Pressenlinie im Einzelhub, die 12 Teile pro Minute
bearbeiten soll, erfordert beispielsweise eine Stösselgeschwindigkeit, die etwa derjenigen
einer im Dauerlauf betriebenen Pressenlinie mit einer Performance von 15 Teilen pro
Minute entspricht.
[0006] Die höhere Geschwindigkeit des Stössels hat zudem eine negative Auswirkung auf das
Ziehverhalten des Materials. Um eine optimale Umformung zu erhalten, sollte die Geschwindigkeit
so tief wie möglich sein. Hohe Stösselgeschwindigkeiten und damit höhere Auftreffgeschwindigkeiten
bedeuten ausserdem einen hohen Verschleiss des Presswerkzeugs. Weil die Pressen im
Einzelhub in jedem Hub angehalten und wieder gestartet werden müssen, werden die Kupplung
und die Bremse schliesslich bedeutend stärker abgenutzt.
[0007] Eine Pressenlinie, die im Dauerlauf betrieben wird, ermöglicht somit eine tiefere
Stösselgeschwindigkeit. Damit einher gehen ein gutes Umformergebnis sowie geringerer
Verschleiss der Presswerkzeuge, der Kupplungen und der Bremsen. Ebenfalls ergibt sich
eine Energieeinsparung, weil die Pressen nicht für jeden Hub neu angefahren werden
müssen. Dem gegenüber steht das Erfordernis einer grösseren Hubhöhe, denn das Entnehmen
der bearbeiteten Werkstücke und das Einlegen der nächsten zu bearbeitenden Werkstücke
benötigt eine gewisse Zeit, die - aufgrund des kontinuierlichen Laufs der Pressen
- durch eine grössere Stösselbewegung zur Verfügung gestellt werden muss. Eine grössere
Hubhöhe bedeutet aber in der Regel substanziell höhere Kosten. Das geringere Arbeitsvermögen
(bedingt durch die niedrige Drehzahl an der Schwungmasse) muss zudem entweder durch
die Erhöhung der Motorenleistung oder Vergrösserung der Schwungmasse wieder kompensiert
werden, was ebenfalls höhere Kosten zur Folge hat. Ebenfalls ist die Synchronisation
der Pressen einer kontinuierlich betriebenen Pressenlinie anspruchsvoller, da keine
Haltezeit dafür genutzt werden kann.
Darstellung der Erfindung
[0008] Aufgabe der Erfindung ist es, eine dem eingangs genannten technischen Gebiet zugehörende
Pressenanordnung zu schaffen, welche die Nachteile der bekannten Pressenlinien vermeidet.
[0009] Die Lösung der Aufgabe ist durch die Merkmale des Anspruchs 1 definiert. Gemäss der
Erfindung ist im Rahmen desselben Umformprozesses eines der flächigen Werkstücke die
Kopfpresse im Dauerlauf betreibbar und die mindestens eine nachgeordnete Presse im
Einzelhub betreibbar.
[0010] Dies bedeutet, dass die erste Presse (Kopfpresse) aufgrund des Dauerlaufs mit einer
geringeren Stösselgeschwindigkeit betrieben werden kann als die nachfolgenden, im
Einzelhub betriebenen nachgeordneten Pressen. Entsprechend ergibt sich in der Kopfpresse
ein besseres Umformergebnis und eine geringere Abnutzung des Presswerkzeugs, vergleichbar
mit einer (teuren) im Dauerlauf betriebenen Pressenlinie. Die höheren Kosten - insbesondere
für die grössere Hubhöhe - fallen aber im Gegensatz zu einer solchen Pressenlinie
nur gerade für die Kopfpresse an, nicht für die weiteren Pressen, die im Einzelhub
betrieben werden.
[0011] Mit Vorteil wird nur genau die erste Presse im Dauerlauf betrieben, wobei alle nachgeordneten
Pressen im Einzelhub betrieben werden.
[0012] Bevorzugt sind die Kopfpresse und die mindestens eine nachgeordnete Presse durch
die Liniensteuerung miteinander synchronisiert. Auch diese Synchronisation der gesamten
Pressenlinie wird vereinfacht, weil sich die nachfolgenden Pressen untereinander aufgrund
der Haltezeit einfach synchronisieren lassen.
[0013] Üblicherweise handelt es sich beim ersten Verarbeitungsschritt, welcher in der Kopfpresse
durchgeführt wird, um ein Tiefziehen mit verhältnismässig grossem Hub (z. B. ca. 300
mm bei der Bearbeitung von Fahrzeugkarrosserie-Seitenteilen). Die nachfolgenden Pressen
("Trimming-Pressen") üben dann deutlich kleinere Hübe aus. Dies bedeutet aber auch,
dass die erhöhte Stösselgeschwindigkeit beim Einzelhub besonders im ersten Verarbeitungsschritt
kritisch ist. Oftmals ist die maximale Geschwindigkeit der gesamten im Einzelhub betriebenen
Pressenlinie denn auch durch die maximal mögliche Tiefziehgeschwindigkeit begrenzt.
Mit Hilfe der erfindungsgemässen Lösung lässt sich das Problem einer zu hohen Stösselgeschwindigkeit
beim Tiefziehen genau vermeiden. Die erfindungsgemässe Lösung ist also besonders vorteilhaft,
wenn ein Tiefziehhub der Kopfpresse grösser ist als ein Arbeitshub der mindestens
einen nachgeordneten Presse, insbesondere aller nachgeordneten Pressen. Weil die Tiefziehgeschwindigkeit
in der Kopfpresse mit Hilfe der erfindungsgemässen Lösung bei gleichem Durchsatz reduziert
werden kann, ergibt sich am Ende eine höhere maximale Geschwindigkeit der Pressenlinie.
[0014] Insgesamt ermöglicht die erfindungsgemässe Pressenanordnung also ein gutes Umformergebnis
bei geringem Verschleiss des Presswerkzeugs der Kopfpresse und - gegenüber einer im
Dauerlauf betriebenen Pressenlinie - günstigeren Kosten. Gegenüber einer im Einzelhub
betriebenen Pressenlinie sind - bei gleicher Umformqualität - höhere Geschwindigkeiten
möglich.
[0015] Bevorzugt beträgt eine Stösselgeschwindigkeit der Kopfpresse in einer Höhe von 350
mm vor einem unteren Totpunkt weniger als 90%, bevorzugt weniger als 80%, der Geschwindigkeit
der mindestens einen nachgeordneten Presse in der Höhe von 350 mm vor dem unteren
Totpunkt (UT). Dies gilt mit Vorteil für sämtliche nachgeordneten Pressen. Wie erwähnt,
ermöglicht dies ein verbessertes Umformergebnis in der Kopfpresse, insbesondere dann,
wenn der zum Umformen eingesetzte Hub deutlich grösser ist als derjenige in den nachfolgenden
Pressen. Die Höhe von 350 mm vor dem UT ist grundsätzlich arbiträr, sie dürfte aber
bei den üblichen Umformprozessen noch vor dem Kontakt mit dem Werkstück liegen. Massgeblich
ist letztlich die Auftreffgeschwindigkeit auf das Werkstück, welche jedoch von den
Dimensionen und der Lage des Werkstücks in den einzelnen Pressen abhängig ist.
[0016] Mit Vorteil beträgt eine Hubhöhe der mindestens einen nachgeordneten Presse weniger
als 80%, bevorzugt weniger als 70% einer Hubhöhe der Kopfpresse. Dies ermöglicht eine
günstigere Ausführung der Pressenanordnung und wird durch den Einzelhubbetrieb und
gegebenenfalls durch den geringeren Umformhub ermöglicht.
[0017] Bevorzugt ist eine Nennkraft der Kopfpresse mindestens doppelt so gross wie eine
Nennkraft der mindestens einen nachgeordneten Presse. Dies ermöglicht trotzdem eine
flexible Bearbeitung verschiedenster Werkstücke, da in der Regel der benötigte Arbeitshub
und damit die benötigten Presskräfte in der Kopfpresse deutlich grösser sind als in
den nachfolgenden Pressen.
[0018] Die erfindungsgemässe Pressenanordnung ist besonders für den Betrieb mit einem Transportsystem
mit Roboterkinematik geeignet. Unter einer Roboterkinematik versteht man mehrere durch
Gelenke miteinander verbundene Glieder, wobei die Gelenke (zumindest eine Mehrzahl
davon) motorisch angetrieben sind und so eine flexible Bewegung eines an einem freien
Ende der Kinematik angeordneten Objekts (z. B. eines Greifers) ermöglichen. Verglichen
mit herkömmlichen Lösungen, z. B. dedizierten Systemen mit lediglich linearen Achsen,
sind Industrieroboter verhältnismässig leicht und kostengünstig sowie flexibel einsetz-
und daher umrüstbar. Allerdings ermöglichen dedizierte, spezifisch an den Transportvorgang
angepasste Systeme oft höhere Transportgeschwindigkeiten und dadurch eine höhere Perofrmance
der Pressenlinie. Mit Hilfe des erfindungsgemässen Ansatzes kann eine Pressenlinie
geschaffen werden, die in der Kopfpresse durch den grösseren Gesamthub und in den
nachgeordneten Pressen durch den Einzelhubbetrieb ausreichend grosse Zeitfenster zum
Weg- und Heranfördern von Werkstücken auch durch Transportsysteme mit Roboterkinematik
bereitstellt. Insgesamt ergibt sich somit ein kostengünstiges und doch leistungsfähiges
Gesamtsystem.
[0019] Alternativ kann auch die erfindungsgemässe Pressenanordnung mit einem spezifisch
dafür ausgelegten Transportsystem (mit z. B. kartesischer Kinematik) betrieben werden.
[0020] Mit Hilfe der erfindungsgemässen Pressenanordnung lässt sich somit ein Verfahren
zum Umformen eines flächigen Werkstücks umsetzen, wobei das Werkstück zunächst in
einer im Dauerlauf betriebenen Kopfpresse tiefgezogen und anschliessend in mindestens
einer nachgeordneten, im Einzelhub betriebenen Presse weiter verarbeitet wird, z.
B. ausgestanzt und/oder weiter verformt.
[0021] Wenn ein flächiges Werkstück in aufeinanderfolgenden Schritten sukzessive verformt
wird, ist das erfindungsgemässe Verfahren besonders dann von Vorteil, wenn eine Ziehtiefe
auf der Kopfpresse mindestens doppelt so gross ist wie eine Ziehtiefe auf der mindestens
einen nachgeordneten Presse. Bei anderen vorteilhaften Anwendungen der Erfindung findet
bei den nachgeordneten Pressen keine weitere Umformung statt, sondern ein andersartiger
Bearbeitungsschritt, z. B. ein Ausstanzen.
[0022] Die Erfindung ermöglicht auch ein schnelles und kostengünstiges Umrüsten einer vorhandenen
Pressenanordnung mit einer im Einzelhub betriebenen Kopfpresse und mindestens einer
im Einzelhub betriebenen nachgeordneten Presse. Dazu wird zunächst die vorhandene
Kopfpresse durch eine im Dauerlauf betreibbare neue Kopfpresse, insbesondere mit einem
grösseren Hub als die vorhandene Kopfpresse, ersetzt. Zudem wird die vorhandene Liniensteuerung
neu so konfiguriert, dass im Rahmen desselben Umformprozesses eines flächigen Werkstücks
die Kopfpresse im Dauerlauf betreibbar ist und die mindestens eine nachgeordnete Presse
im Einzelhub betreibbar ist. Ist dies nicht möglich, wird die vorhandene Liniensteuerung
durch eine neue Steuerung ersetzt, welche diese Funktionalität ermöglicht.
[0023] Aus der nachfolgenden Detailbeschreibung und der Gesamtheit der Patentansprüche ergeben
sich weitere vorteilhafte Ausführungsformen und Merkmalskombinationen der Erfindung.
Kurze Beschreibung der Zeichnungen
[0024] Die zur Erläuterung des Ausführungsbeispiels verwendeten Zeichnungen zeigen:
- Fig. 1
- die zeitliche Abhängigkeit der Stösselposition in einer Presse im EinzelhubBetrieb;
- Fig. 2
- die zeitliche Abhängigkeit der Stösselposition in einer Presse im Dauerlauf;
- Fig. 3
- die Stösselgeschwindigkeit in Abhängigkeit der Stösselposition für eine Presse im
Einzelhub-Betrieb und eine Presse im Dauerlauf;
- Fig. 4
- ein Blockdiagramm einer Ausführungsform einer erfindungsgemässen Pressenanordnung;
und
- Fig. 5
- eine Seitenansicht der Ausführungsform.
[0025] Grundsätzlich sind in den Figuren gleiche Teile mit gleichen Bezugszeichen versehen.
Wege zur Ausführung der Erfindung
[0026] In der Figur 1 ist die zeitliche Abhängigkeit der Stösselposition in einer Presse
im Einzelhub-Betrieb dargestellt. Die x-Achse 10 entspricht der Zeit, wobei diese
in Grad angegeben ist (360° = ein Umlauf der Presse). Der Stössel befindet sich bei
0°=360° im oberen Totpunkt und bei 180° im unteren Totpunkt. Die y-Achse 20 bezeichnet
die Höhe des Stössels zu einer gegebenen Zeit. Wie gut aus der Figur 1 erkennbar ist,
sind nachfolgende Umläufe durch eine Wartezeit 30 getrennt. Im dargestellten Beispiel
werden 12 Werkstücke pro Minute bearbeitet, die Stösselgeschwindigkeit entspricht
jedoch aufgrund der Wartezeit 15 Hüben pro Minute (strokes per minute, SPM). Der Stössel
bewegt sich somit während jeweils 4 s und steht dann während der Wartezeit 30 1 s
still.
[0027] In der Figur 2 ist die zeitliche Abhängigkeit der Stösselposition in einer Presse
im Dauerlauf dargestellt, wobei diese Presse ebenfalls 12 Werkstücke pro Minute bearbeiten
soll. Die x-Achse 11 entspricht der Zeit, wobei diese in Grad angegeben ist (360°
= ein Umlauf der Presse). Der Stössel befindet sich bei 0°=360° im oberen Totpunkt
und bei 180° im unteren Totpunkt. Die y-Achse 21 bezeichnet die Höhe des Stössels
zu einer gegebenen Zeit. Einander nachfolgende Umläufe schliessen ohne Unterbrechung
aneinander an, die Stösselgeschwindigkeit entspricht somit den 12 SPM, ein Umlauf
dauert 5 s. Wie aus der Steigung der dargestellten Kurve erkennbar ist, werden bei
gleichem Hub im Dauerlauf geringere Stösselgeschwindigkeiten benötigt.
[0028] In der Figur 3 ist die Stösselgeschwindigkeit in Abhängigkeit der Stösselposition
für eine Presse im Einzelhub-Betrieb und eine Presse im Dauerlauf dargestellt. Die
x-Achse 40 gibt die Stösselposition in mm an, wobei 0 mm dem unteren Totpunkt (UT)
entsprechen. Die y-Achse 50 gibt die Stösselgeschwindigkeit in mm/s an. Die gestrichelte
Kurve 61 stellt die Stösselgeschwindigkeit in Abhängigkeit der Stösselposition für
eine im Einzelhub betriebene Presse dar, die punktiert-gestrichelte Kurve 62 stellt
die Stösselgeschwindigkeit in Abhängigkeit der Stösselposition für eine im Dauerlauf
betriebene Presse dar. Wie aus der Darstellung unmittelbar ersichtlich ist, weist
die im Dauerlauf betriebene Presse einen Gesamthub von 1'350 mm auf, die im Einzelhub
betriebene Presse von 1'000 mm.
[0029] Das Werkstück wird im Bereich vor dem unteren Totpunkt (0 mm) vom Presswerkzeug kontaktiert
und umgeformt. Wie gut aus der Darstellung ersichtlich ist, ist die Geschwindigkeit
des Stössels vor dem Kontaktieren des Werkstücks, z. B. bei einem Hub von 350 mm bei
der im Einzelhub betriebenen Presse (Kurve 61) deutlich grösser als bei der im Dauerlauf
betriebenen Presse (Kurve 62).
[0030] Die Figur 4 zeigt ein Blockdiagramm einer Ausführungsform einer erfindungsgemässen
Pressenanordnung 100, die Figur 5 zeigt eine Seitenansicht derselben.
[0031] Die Pressenanordnung 100 umfasst vier Pressen, nämlich eine Kopfpresse 110 sowie
drei nachgeordnete Pressen 120, 130, 140. Die Pressen 110, 120, 130, 140 werden durch
eine Liniensteuerung 105 gesteuert. Jede der Pressen 110, 120, 130, 140 umfasst ein
Pressegestell 111, 121, 131, 141, welches in einem Fundament steht. Am oberen Ende
des Pressegestells 111, 121, 131, 141 ist jeweils ein Oberteil 112, 122, 132, 142
mit einem Antrieb und einem durch den Antrieb vertikal bewegbaren Stössel 113, 123,
133, 143 befestigt. Die Figur 5 zeigt die Maschine in einer Ruhestellung, in welcher
sich alle Stössel im Bereich des oberen Totpunktes der jeweiligen Presse befinden.
[0032] Am Eingang der Pressenanordnung 100 sind in Verarbeitungsrichtung nacheinander ein
Aufnahmetisch 150, eine Waschstation 160 und eine Zentrierstation 170 angeordnet.
Von der Zentrierstation 170 wird das zu bearbeitende Werkstück entnommen und in die
Kopfpresse 110 befördert. Dazu wird eine Fördereinrichtung 180 eingesetzt, welche
einen Turm 181 und einen daran um eine horizontale, quer zur Verarbeitungsrichtung
verlaufende Achse schwenkbaren Balken 182 aufweist. Der Balken 182 ist teleskopisch
ausgeführt, so dass ein Greifer 183 in den Bereich der vorangehenden und der nachfolgenden
Station bewegt werden kann. Die Fördereinrichtung 180 ist im Detail in der
WO 2005/051563 A1 (Güdel Group AG) beschrieben. Weitere solche Fördervorrichtungen 180 sind zwischen
der Kopfpresse 110 und der ersten nachfolgenden Presse 120, zwischen dieser und den
weiteren nachfolgenden Pressen 130, 140 sowie zwischen der letzten nachfolgenden Presse
140 und einem Abgabetisch 190 angeordnet. Auch die Fördervorrichtungen 180 werden
durch die Liniensteuerung 105 gesteuert.
[0033] Der maximale Hub der Kopfpresse 110 ist grösser als der maximale Hub der nachgeordneten
Pressen 120, 130, 140. In Kombination mit einer entsprechenden Liniensteuerung ermöglicht
dies einen Betrieb, bei welchem die Kopfpresse 110 im Dauerlauf und die nachgeordneten
Pressen 120, 130, 140 im Einzelhub betrieben werden:
|
Kopfpresse 110 |
Presse 120 |
Presse 130 |
Presse 140 |
max. Hub [mm] |
1'350 |
1'000 |
1'000 |
1'000 |
Modus |
Dauerlauf |
Einzelhub |
Einzelhub |
Einzelhub |
äq. Geschwindigkeit [U/min] |
12 |
15 |
15 |
15 |
Wartezeit [s] |
0 |
1 |
1 |
1 |
Durchlauf [Stk/min] |
12 |
12 |
12 |
12 |
[0034] Der grössere Hub der Kopfpresse 110 ermöglicht zum einen das Be- und Entladen der
Kopfpresse 110, indem trotz des kontinuierlichen Betriebs ein genügend grosses Zeitfenster
zum Hineinbewegen der Greifer der Förderer geschaffen wird. Gleichzeitig wird auch
sichergestellt, dass in der Kopfpresse 110 Bearbeitungsschritte mit grossem Arbeitshub
durchführbar sind.
[0035] Die erste nachgeordnete Presse 120 wird anhand der Position der Kopfpresse 110 synchronisiert,
wobei im Wesentlichen der Durchlauf einer vorgegebenen Winkelposition, z. B. eines
gewissen Vorlaufs vor dem oberen Totpunkt, als Auslöser für einen Pressvorgang der
ersten nachgeordneten Presse 120 herangezogen werden kann. Die weiteren Pressen 130,
140 sind in an sich bekannter Weise auf der Basis der Auslösung der vorangehenden
Presse mit einem vorgegebenen Phasenversatz synchronisiert. Die Synchronisation wird
mit Vorteil so realisiert, dass eine maximale Abweichung ±5° nicht übersteigt.
[0036] Eine vorhandene, insbesondere im Einzelhub betriebene Pressenlinie kann auf einfache
Weise aufgerüstet werden, indem die vorhandene Kopfpresse durch eine kontinuierlich
betreibbare neue Kopfpresse mit vergrössertem Hub ersetzt wird. Ebenfalls wird die
Steuerung derart angepasst, dass der erfindungsgemässe kombinierte Dauerlauf/ Einzelhub-Betrieb
ermöglicht wird.
[0037] Die Erfindung ist nicht auf das dargestellte Ausführungsbeispiel beschränkt. Die
Art und Anzahl der Pressen kann sich vom dargestellten Beispiel unterscheiden. Die
Kopfpresse muss nicht zwingend einen grösseren Hub aufweisen als die nachgeordneten
Pressen. Ebenfalls kann ein anderes Fördersystem zum Einsatz kommen, z. B. ein konventionelles
System mit kartesischer Kinematik oder ein andersartiges roboterbasiertes System.
[0038] Zusammenfassend ist festzustellen, dass durch die Erfindung eine Pressenanordnung
geschaffen wird, welche die Nachteile der bekannten Pressenlinien vermeidet.
1. Pressenanordnung zum Umformen von flächigen Werkstücken, umfassend eine Kopfpresse
und mindestens eine nachgeordnete Presse sowie eine Liniensteuerung, dadurch gekennzeichnet, dass im Rahmen desselben Umformprozesses eines der flächigen Werkstücke die Kopfpresse
im Dauerlauf betreibbar ist und dass die mindestens eine nachgeordnete Presse im Einzelhub
betreibbar ist.
2. Pressenanordnung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass ein Pressenhub der Kopfpresse grösser ist als ein Pressenhub der mindestens einen
nachgeordneten Presse.
3. Pressenanordnung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Kopfpresse und die mindestens eine nachgeordnete Presse durch die Liniensteuerung
miteinander synchronisiert sind.
4. Pressenanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass eine Stösselgeschwindigkeit der Kopfpresse in einer Höhe von 350 mm vor einem unteren
Totpunkt weniger als 90%, bevorzugt weniger als 80%, der Geschwindigkeit der mindestens
einen nachgeordneten Presse in der Höhe von 350 mm vor dem unteren Totpunkt beträgt.
5. Pressenanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass eine Hubhöhe der mindestens einen nachgeordneten Presse weniger als 80%, bevorzugt
weniger als 70% einer Hubhöhe der Kopfpresse beträgt.
6. Pressenanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass eine Nennkraft der Kopfpresse mindestens doppelt so gross ist wie eine Nennkraft
der mindestens einen nachgeordneten Presse.
7. Pressenanordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, umfassend ein Transportsystem zum
Fördern der Werkstücke von der Kopfpresse zu der mindestens einen nachgeordneten Presse,
wobei das Transportsystem eine Roboterkinematik aufweist.
8. Verfahren zum Umformen eines flächigen Werkstücks, wobei das Werkstück zunächst in
einer im Dauerlauf betriebenen Kopfpresse tiefgezogen und anschliessend in mindestens
einer nachgeordneten, im Einzelhub betriebenen Presse weiter verarbeitet wird.
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass eine Ziehtiefe auf der Kopfpresse mindestens doppelt so gross ist wie eine Ziehtiefe
auf der mindestens einen nachgeordneten Presse.
10. Verfahren zum Umrüsten einer Pressenanordnung mit einer im Einzelhub betriebenen Kopfpresse
und mindestens einer im Einzelhub betriebenen nachgeordneten Presse, umfassend folgende
Schritte:
a) Ersetzen der vorhandenen Kopfpresse durch eine im Dauerlauf betreibbare neue Kopfpresse,
insbesondere mit einem grösseren Hub als die vorhandene Kopfpresse; und
b) Anordnen und/oder Konfigurieren einer Liniensteuerung, mittels welcher im Rahmen
desselben Umformprozesses eines flächigen Werkstücks die Kopfpresse im Dauerlauf betreibbar
ist und die mindestens eine nachgeordnete Presse im Einzelhub betreibbar ist.