(19)
(11) EP 2 607 282 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
26.06.2013  Patentblatt  2013/26

(21) Anmeldenummer: 11195470.7

(22) Anmeldetag:  23.12.2011
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B66B 5/02(2006.01)
B66B 5/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME

(71) Anmelder: Inventio AG
6052 Hergiswil NW (CH)

(72) Erfinder:
  • Sonnenmoser, Astrid
    6030 Ebikon (CH)
  • Kocher, Hans
    6044 Udligenswil (CH)
  • Escher, Jean-Philippe
    8800 Thalwil (CH)

(74) Vertreter: Blöchle, Hans et al
Inventio AG, Seestrasse 55 Postfach
6052 Hergiswil
6052 Hergiswil (CH)

   


(54) Sicherheitseinrichtung für einen Aufzug mit mehreren Kabinen


(57) Die Erfindung betrifft einen Aufzug 1 mit einer ersten und einer zweiten Kabine 2, 3, die entlang einer gemeinsamen Fahrbahn verfahrbar sind. Zudem umfasst der Aufzug 1 eine Sicherheitseinrichtung 22, 23, mit der die beiden Kabinen 2, 3 überwachbar sind, und ein Schachtinformationssystem, das mit der Sicherheitseinrichtung 22, 32 verbunden ist und mit dem die Geschwindigkeit und die Position der beiden Kabinen 2, 3 bestimmbar. Wenn die beiden Kabinen 2, 3 einen Sicherheitsabstand D, D' unterschreiten, ist mittels der Sicherheitseinrichtung 22, 32 für mindestens eine erste Kabine 2, 3 eine erste Bremsmassnahme einleitbar. Der Aufzug 1 zeichnet sich dadurch aus, dass mittels der Sicherheitseinrichtung 22, 32 beim Einleiten der ersten Bremsmassnahme eine Verzögerungskurve b, b' für die mindestens erste Kabine 3 vorgebbar ist. Dabei ist mittels der Sicherheitseinrichtung 22, 32 bei Überschreiten der Verzögerungskurve b, b' für die mindestens erste Kabine 3 eine zweite Bremsmassnahme einleitbar.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft einen Aufzug mit zwei unabhängig verfahrbaren Kabinen und mit einer Sicherheitseinrichtung zum Vermeiden einer Kollision zwischen den beiden Kabinen gemäss dem Gegenstand des unabhängigen Anspruchs.

[0002] Beim Betreiben von Aufzügen mit mindestens zwei Kabinen, die entlang einer gemeinsamen Fahrbahn verfahrbar sind, stellt sich stets die Problematik der Kollisionsvermeidung.

[0003] In der europäischen Patentschrift 1 562 848 Alwird eine Sicherheitseinrichtung vorgestellt, die obengenannter Problematik Rechnung trägt. Diese Sicherheitseinrichtung verhindert eine Kollision zwischen zwei Kabinen, indem die Sicherheitseinrichtung überwacht, ob die Kabinen einen minimalen Sicherheitsabstand einhalten. Bei Unterschreiten dieses Sicherheitsabstands leitet die Sicherheitseinrichtung einen Notstopp ein. Die Sicherheitseinrichtung überwacht bei der Ausführung des Notstopps weiterhin den Abstand zwischen den beiden Kabinen. Wenn trotz des Notstopps eine weitere Annäherung der Kabinen stattfindet und dabei ein kritischer Sicherheitsabstand unterschritten wird, so leitet die Sicherheitseinrichtung eine Fangbremsung ein.

[0004] Bei diesem zweistufigen Bremsverfahren in Abhängigkeit eines minimalen und eines kritischen Sicherheitsabstands, ist der Abstand der beiden Aufzugkabinen fortlaufend zu überwachen. Diese kontinuierliche Überwachung der Distanz stellt relativ hohe Anforderungen an die Rechenkapazität der Sicherheitseinrichtung.

[0005] Dementsprechend ist es die Aufgabe der vorliegenden Erfindung einen Aufzug mit einer Sicherheitseinrichtung zu entwickeln, die eine Kollision zwischen den Kabinen einfach und zuverlässig verhindert.

[0006] Die Aufgabe wird durch einen Aufzug gemäss dem Gegenstand des unabhängigen Anspruchs gelöst.

[0007] Der Aufzug umfasst eine erste und eine zweite Kabine, die entlang einer gemeinsamen

[0008] Fahrbahn verfahrbar sind, eine Sicherheitseinrichtung, mit der die beiden Kabinen überwachbar sind, und ein Schachtinformationssystem, das mit der Sicherheitseinrichtung verbunden ist und mit dem die Geschwindigkeit und Position der beiden Kabinen bestimmbar sind. Dabei ist mittels der Sicherheitseinrichtung für mindestens eine erste Kabine eine erste Bremsmassnahme einleitbar, wenn die beiden Kabinen einen Sicherheitsabstand unterschreiten. Der Aufzug zeichnet sich dadurch aus, dass mittels der Sicherheitseinrichtung beim Einleiten der ersten Bremsmassnahme eine Verzögerungskurve für die mindestens erste Kabine vorgebbar ist. Mittels der Sicherheitseinrichtung ist bei Überschreiten der Verzögerungskurve durch die mindestens erste Kabine eine zweite Bremsmassnahme einleitbar.

[0009] Der Vorteil dieses Aufzugs liegt darin, dass nach Einleiten der ersten Bremsmassnahme die Sicherheitseinrichtung eine Verzögerungskurve für die erste Kabine vorgibt. In der Folge muss der Abstand zwischen der ersten Kabine und der zweiten Kabine nicht mehr weiter überwacht werden. Die Sicherheitseinrichtung vergleicht während der Verzögerung lediglich die Geschwindigkeit der ersten Kabine mit dem vorgegebenen Geschwindigkeitswert der Verzögerungskurve pro zurückgelegten Bremsweg. Dieser einfache Wertvergleich stellt relativ geringe Anforderungen an die Rechenkapazität der Sicherheitseinrichtung.

[0010] Im Folgenden wird die Erfindung durch Ausführungsbeispiele und Figuren verdeutlicht und weiter beschrieben. Es zeigen:

Fig. 1 einen Aufzug mit einer Sicherheitseinrichtung zum Verhindern einer Kollision zwischen zwei entlang einer gemeinsamen Fahrbahn unabhängig verfahrbaren Kabinen.

Fig. 2 Weg-Geschwindigkeits-Verläufe zweier hintereinander herfahrender Kabinen bei Eingreifen der Sicherheitseinrichtung; und

Fig. 3 Weg-Geschwindigkeits-Verläufe zweier aufeinander zufahrender Kabinen bei Eingreifen der Sicherheitseinrichtung.



[0011] Die Figur 1 zeigt einen Aufzug 1 mit mindestens zwei Kabinen 2, 3. Jede dieser Kabinen 2, 3 ist im Wesentlichen entlang einer gemeinsamen Fahrbahn unabhängig verfahrbar. Im gezeigten Beispiel wird die Fahrbahn durch ein Paar Kabinenführungsschienen 5.1, 5.2 definiert, die in einem Aufzugsschacht 4 installiert sind.

[0012] Die Kabinen 2, 3 sind jeweils an einem Tragmittel 8, 9.1, 9.2 aufgehängt. Dabei stellt das hier dargestellte Aufhängungsverhältnis von 1:1 ein gängiges Aufhängungsverhältnis im Aufzugsbau dar. Dem Fachmann steht es aber frei ein davon abweichendes höheres Aufhängungsverhältnis von 2:1, 3:1 oder höher zu wählen.

[0013] Die obere Kabine 2 ist an einem ersten Aufhängungspunkt 21 an einem ersten Tragmittel 8 aufgehängt. Der Aufhängungspunkt 21 liegt vorzugsweise zentral auf der Oberseite der oberen Kabine 2. Vom ersten Aufhängungspunkt 21 aus verläuft das Tragmittel nach oben in den oberen Bereich des Aufzugschachts 4. Dort läuft das erste Tragmittel 8 über eine erste Treibscheibe. Mittels der Treibscheibe und optionaler erster Umlenkrollen wird das erste Tragmittel 8 wieder nach unten zu einem ersten Gegengewicht geführt. Das erste Gegengewicht ist ebenfalls am ersten Tragmittel 8 aufgehängt und balanciert die Gewichtskraft der oberen Kabine 2 aus.

[0014] Eine untere Kabine 3 ist an zweiten und dritten Aufhängungspunkten 31.1, 31.2 an einem zweiten Tragmittel, das zwei zweite Tragmittelstränge 9.1, 9.2 umfasst, befestigt. Die untere Kabine 3 ist vorzugsweise in seinem unteren Bereich auf gegenüberliegenden Seiten an den zweiten Tragmittelsträngen 9.1, 9.2 aufgehängt. Von den zweiten und dritten Aufhängungspunkten 31.1, 31.2 aus verlaufen die Tragmittelstränge 9.1, 9.2 seitlich an der oberen Kabine 2 vorbei nach oben in den oberen Bereich des Aufzugschachts 4. Dort laufen die zweiten Tragmittelstränge 9.1, 9.2 über zweite Treibscheiben. Mittels der zweiten Treibscheiben und optionaler zweiter Umlenkrollen werden die zweiten Tragmittelstränge 9.1, 9.2 wieder nach unten zu einem zweiten Gegengewicht geführt. Das zweite Gegengewicht ist schliesslich ebenfalls an den zweiten Tragmittelsträngen 9.1, 9.2 aufgehängt und balanciert die Gewichtskraft der unteren Aufzugskabine 3 aus.

[0015] Die ersten und zweiten Treibscheiben werden je von einem ersten und zweiten Antrieb angetrieben. Die ersten und zweiten Antriebe übertragen mittels der jeweils zugeordneten Treibscheiben ein Antriebsmoment auf die ersten und zweiten Tragmittel 8, 9.1, 9.2. Dementsprechend sind die beiden Kabinen 2, 3 weitgehend unabhängig voneinander von einem zugeordneten Antrieb verfahrbar. Dazu verfügen die ersten und zweiten Antriebe je über einen zugeordneten Motor und je über eine zugeordnete Antriebsbremse.

[0016] Desweiteren ist eine Aufzugsteuerung 6 vorgesehen, die die beiden Antriebe der Kabinen 2, 3 steuert. Mittels Rufeingabegeräte, die jeweils auf einem Stockwerk angeordnet und mit der Aufzugsteuerung 6 verbunden sind, ruft ein Fahrgast eine Kabine 2, 3 auf ein Stockwerk. Vorzugsweise sind diese Rufeingabegeräte als Zielrufeingabegeräte ausgelegt. Bei der Bedienung eines solchen Zielrufeingabegeräts zeigt ein Fahrgast nicht nur seinen Standort bei einem Stockwerk, auf welchem er auf eine Kabine 2, 3 wartet, an, sondern teilt der Aufzugsteuerung 6 zudem sein gewünschtes Zielstockwerk mit. Die Aufzugsteuerung 6 teilt eine geeignete Kabine 2, 3 diesem Ruf zu und verfährt die zugeteilte Kabine 2, 3 auf das Stockwerk und schliesslich auf das Zielstockwerk. Dazu steuert die Aufzugssteuerung 6 den Motor und die Antriebsbremse des der zugeteilten Kabine 2, 3 zugeordneten Antriebs an.

[0017] Zudem verfügt der Aufzug 1 über ein Schachtinformationssystem. Dieses Schachtinformationssystem umfasst beispielsweise einen Codestreifen 7 mit Codemarken und je Kabine 2, 3 einen Sensor 24, 34 zum Lesen der Codemarken. Der Codestreifen 7 ist entlang der Fahrbahn im Aufzugschacht 4 montiert. Die Codemarken stellen vorzugsweise eine eindeutige, unverwechselbare Positionsinformation dar Mittels einer Auswertung der Positionsinformationen über die Zeit sind Geschwindigkeitsinformationen erzeugbar. Das Schachtinformationssystem stellt also für jede Kabine 2, 3 zumindest Informationen über deren Position und Geschwindigkeit der Aufzugsteuerung 6 und der Sicherheitseinrichtung 22, 32 zur Verfügung. Die Sicherheitseinrichtung 22, 32 wertet die von den Sensoren 24, 34 eingehenden Positionsinformationen- und/oder Geschwindigkeitsinformationen aus. Dies umfasst auch die Berechnung eines Abstands zwischen den Kabinen 2, 3 aus deren Positionsinformationen.

[0018] Optional verfügt das Schachtinformationssystem über einen Abstandsensor 25, der an der oberen Kabine 2 angeordnet ist. Mittels dieses Abstandsensors 25 ist der Abstand zur unteren Kabine 3 feststellbar. Ebenso ist die untere Kabine 3 mit einem Abstandsensor 36 ausrüstbar, mit welchem ein Abstand zur benachbarten oberen Kabine 2 feststellbar ist. Die Abstandsensoren 25, 36 sind jeweils mit der Sicherheitseinrichtung 22, 32 verbunden. Die Sicherheitseinrichtung 22, 32 wertet die von den Abstandsensoren 25, 36 eingehenden Abstandinformationen aus. Ein Abstandsensor 25, 36 ist beispielsweise als Laserabstandmesssensor oder als Ultraschallabstandmesssensor ausgelegt

[0019] Zudem kann die Sicherheitseinrichtung 22, 32 die eingehenden Abstandinformationen der jeweiligen Abstandsensoren 25, 36 auf Gleichheit überprüfen. Bei diesem Plausibilitätstest stellt die Sicherheitseinrichtung 22, 32 fest, ob die Abstandsensoren 25, 32 zuverlässig funktionieren. Stimmen die Abstandinformationen der Abstandsensoren 25, 36 nicht überein, ergreift die Sicherheitseinrichtung 22, 32 zweckmässige Massnahmen, um den Aufzug 1 in einen sicheren Zustand zu bringen. So kann die Sicherheitseinrichtung 22, 32 den Aufzug 1 beispielsweise still legen, da bei einer fehlerhaften Auswertung der Abstandinformationen eine Kollision zwischen den Kabinen 2, 3 nicht mehr ausgeschlossen werden kann. Die Abstandinformationen der Abstandsensoren 25, 36 sind in einem Plausibilitätstest auch mit dem vom Schachtinformationssystem aus den Positionsangaben der Kabinen 2, 3 berechneten Abstand vergleichbar.

[0020] Im gezeigten Beispiel ist jeder Kabine 2, 3 eine dezentral operierende Sicherheitseinrichtung 22, 32 zugeordnet, die jeweils mit der einer Kabine 2, 3 zugeordneten Kabinenbremse 23.1, 23.2, 33.1, 33.2 sowie den Sensoren 24, 34 in Verbindung steht. Die Sensoren 24, 34 übermitteln Positions- und Geschwindigkeitsinformationen an die Sicherheitseinrichtung 22, 32. Die Kabinenbremsen 23.1, 23.2, 33.1, 33.2 sind durch die Sicherheitseinrichtung 22, 32 ansteuerbar. Zudem kommuniziert die Sicherheitseinrichtung 22, 32 mit der Aufzugssteuerung 6 und steuert über diese den ersten und zweiten Antrieb sowie dessen zugeordneten Antriebsbremsen und Motoren mittelbare an. Über die Aufzugsteuereinheit 6 verfügt eine jeweilige Sicherheitseinrichtung 22, 32 auch über Informationen zu Position und Geschwindigkeit der jeweils anderen Kabine 3,2. Alternativ ist die Sicherheitseinrichtung 22, 32 einer Kabine 2, 3 unmittelbar mit dem jeweiligen Antrieb und deren zugeordneten Antriebsbremsen verbunden und kann gegebenenfalls direkt den Antrieb bzw. die Antriebsbremsen oder Motoren ansteuern. Abweichend von der Konfiguration mit zwei Sicherheitseinrichtungen 22, 32, die je einer Kabine 2, 3 zugeordnet sind, ist auch eine zentrale Sicherheitseinrichtung einsetzbar, die beide Kabinen 2, 3 überwacht und die die Antriebe und Kabinenbremsen 23.1, 23.2, 33.1, 33.2 ansteuert. Ebenso ist ein direkter Informationsaustausch über Position und Geschwindigkeit der jeweils anderen Kabine 2, 3 zwischen den beiden Sicherheitseinrichtungen 22, 32 möglich.

[0021] Zudem ist die Sicherheitseinrichtung 22, 33 einer Kabine 2, 3 mit einer der jeweiligen Kabine 2, 3 zugeordneten Kabinenbremse 23.1, 23.2, 33.1, 33.2 verbunden und kann diese bei einer gefährlichen Annäherung der beiden Kabinen 2, 3 ansteuern.

[0022] Das in Fig. 1 gezeigte Beispiel betrifft eine Momentaufnahme, in welcher die obere Kabine 2 in eine Richtung A vorausfährt und eine untere Kabine 3 in eine gleiche Richtung B der oberen Kabine 2 nachfährt.

[0023] Die Sicherheitseinrichtung 32 der unteren nachfahrenden Kabine 3 vergleicht den aktuellen Abstand mit einem zulässigen Sicherheitsabstand D. Dazu verfügt die Sicherheitseinrichtung 32 zumindest über einen Prozessor und eine Speichereinheit, wobei ein Programm zum Vergleichen eines aktuellen Abstands mit dem Sicherheitsabstand D auf der Speichereinheit abgelegt ist und der Prozessor dieses Programm aufruft und den Vergleich durchführt. Dieses Programm vergleicht Abstandsinformationen, die vom Schachtinformationssystem bereitgestellt werden, mit einem Sicherheitsabstand D. Dieser Sicherheitsabstand D ist entweder als fix vorgegebener Wert oder als weiteres Programm, das eine geschwindigkeitsabhängige Berechnung des Sicherheitsabstands D ermöglicht, auf der Speichereinheit abgelegt.

[0024] Der zulässige Sicherheitsabstand D stellt einen Abstand dar, bei welchem gerade noch eine sichere Abbremsung der nachfahrenden unteren Kabine 3 möglich ist. Falls dieser zulässige Sicherheitsabstand unterschritten wird, so leitet die Sicherheitseinrichtung 32 eine erste Bremsmassnahme ein, um eine Kollision zwischen den beiden Kabinen 2 und 3 zu verhindert. Dazu steuert die Sicherheitseinrichtung 32 den Antrieb der nachfahrenden unteren Kabine 3 an, die untere Kabine 3 abzubremsen. Die erste Bremsmassnahme wird vorzugsweise mittels Betätigung einer dem Antrieb zugeordneten Antriebsbremse durchgeführt. Alternativ oder ergänzend ist die erste Bremsmassnahme mit einem dem Antrieb zugeordneten Motor mittels Aufbringung eines der Drehbewegung einer zugeordneten Treibscheibe entgegengesetzten Drehmoments durchführbar.

[0025] Beim Einleiten der ersten Bremsmassnahme gibt die Sicherheitseinrichtung 32 der nachfahrenden unteren Kabine 3 eine Verzögerungskurve vor. In einer ersten Ausführungsvariante ist diese Verzögerungskurve fix auf der Speichereinheit abgelegt. Hierbei richtet sich die Verzögerungskurve vorzugsweise nach der Nenngeschwindigkeit, die eine Kabine 2, 3 im Normalbetrieb des Aufzugs 1 erreicht. Bei einer zweiten Ausführungsvariante ist die Verzögerungskurve mittels eines weiteren Programms, das auf der Speichereinheit abgelegt ist, geschwindigkeitsabhängig berechenbar. Dazu ruft der Prozessor dieses Programm auf und führt die entsprechende Berechnung durch.

[0026] Während der ersten Bremsmassnahme vergleicht die Sicherheitseinrichtung 22, 32 die pro zurückgelegtem Bremsweg momentane Geschwindigkeit der nachfahrenden unteren Kabine 3 mit dem von der Verzögerungskurve vorgegebenen Geschwindigkeitswert. Für diesen Vergleich ist auf der Speichereinheit ein weiteres Programm abgelegt, das der Prozessor aufruft und durchführt. Wenn diese Verzögerungskurve mittels der ersten Bremsmassnahme nicht eingehalten werden kann, d.h., wenn eine für einen erreichten Bremsweg zugeordnete Geschwindigkeit überschritten wird, leitet die Sicherheitseinrichtung 32 eine zweite Bremsmassnahme ein.

[0027] Bei dieser zweiten Bremsmassnahme steuert die Sicherheitseinrichtung 32 die der nachfahrenden unteren Kabine 3 zugeordnete Kabinenbremse 33.1, 33.2 an, die untere Kabine 3 zu bremsen.

[0028] Bei zwei in die gleiche Richtung verfahrende Kabinen 2, 3 wird vorzugsweise nur die nachfahrende untere Kabine 3 mit der ersten Bremsmassnahme bzw. zweiten Bremsmassnahme gebremst. Die vorausfahrende erste obere Kabine 2 kann die Fahrt fortsetzen und entschärft dabei die gefährliche Annäherung der beiden Kabinen 2, 3. Selbstverständlich sind obige Angaben entsprechend auf eine vorausfahrende unteren Kabine 3 und eine nachfahrenden oberen Kabine 2 anwendbar. Hierbei wird bei einer gefährlichen Annäherung zwischen den beiden Kabinen 2, 3 lediglich die nachfahrende obere Kabine 2 mittels einer ersten oder zweiten Bremsmassnahme abgebremst.

[0029] Genauso kann die Erfindung auf einander entgegengesetzte Fahrtrichtungen der Kabinen 2, 3 angewendet werden, wobei die untere Kabine 3 wie in der Fig. 1 gezeigt in eine Richtung B fährt und die obere Kabine 2 in eine der Richtung A entgegengesetzten Richtung auf die untere Kabine 3 zufährt. Bei zwei aufeinander zufahrenden Kabinen 2, 3 verdoppelt sich der Sicherheitsabstand D auf 2*D. Wird dieser Sicherheitsabstand 2*D unterschritten steuert die Sicherheitseinrichtung 22, 32 beide Antriebe bzw. Antriebsbremsen oder Motoren an, um eine erste Bremsmassnahme einzuleiten. Dabei werden beide Kabinen 2, 3 abgebremst. Auch hier ist der Sicherheitsabstand 2*D geschwindigkeitsabhängig von der Sicherheitseinrichtung 22, 32 festlegbar. Je schneller eine Kabine 2, 3 verfahren wird, desto grösser ist der Sicherheitsabstand D festlegbar.

[0030] Bei der Einleitung der ersten Bremsmassnahme für die obere und untere Kabine 2, 3 gibt die Sicherheitseinrichtung 22, 32 für jede Kabine 2, 3 eine Verzögerungskurve vor. Wenn eine der beiden Kabinen 2, 3 oder sogar beide Kabinen 2, 3 diese Verzögerungskurve nicht einhalten kann oder können bzw. eine Geschwindigkeit für einen vorgegebenen erreichten Bremsweg überschreitet oder überschreiten, so leitet die Sicherheitseinrichtung 22, 32 eine zweite Bremsmassnahme für die betroffene Kabine 2, 3 ein. Dazu steuert die Sicherheitseinrichtung 22, 32 die Kabinenbremse 23.1, 23.2, 33.1, 33.2 der jeweiligen Kabine 2, 3 an, um die Kabine 2, 3 abzubremsen. Bei entgegengesetzten Fahrtrichtungen A, B der beiden Kabinen 2, 3 ist also mittels der Sicherheitseinrichtung 22, 32 für die erste und für die zweite Kabine 2, 3 je eine erste oder gegebenenfalls eine zweite Bremsmassnahme einleitbar.

[0031] In den Fig. 2 und 3 sind zwei Bremsbeispiele anhand eines Weg-Geschwindigkeitsverlaufs der beiden Kabinen 2, 3 dargestellt.

[0032] Fig. 2. zeigt eine Situation, die derjenigen aus Fig. 1 entspricht. Beide Kabinen 2, 3 werden in dieselbe Fahrtrichtung A, B verfahren. Eine erste vorausfahrende Kabine 2 wird in Fahrtrichtung A verfahren und eine zweite nachfahrende Kabine 3 wird in Fahrtrichtung B verfahren. Die nachfahrende Kabine 3 wird vor einem Zeitpunkt t1 mit einer Geschwindigkeit c1 verfahren, die unterhalb der Nenngeschwindigkeit n liegt. Die vorausfahrende Kabine 2 hingegen wird vor einem Zeitpunkt t1 mit einer Geschwindigkeit verfahren, die kleiner als c1 ist. Dies ist beispielsweise nach einem Halt auf einem Stockwerk beim Anfahren der vorausfahrenden Kabine 2 der Fall. Die Fahrt der vorausfahrenden Kabine 2 vor dem Zeitpunkt t1 ist in der Fig. 2 aus Übersichtlichkeitsgründen nicht dargestellt. Beim Zeitpunkt t1 wird der Sicherheitsabstand D zwischen der vorausfahrenden und der nachfahrenden Kabine 2, 3 unterschritten. Dementsprechend leitet die Sicherheitseinrichtung 32 eine erste Bremsmassnahme ein. Gleichzeitig gibt die Sicherheitseinrichtung 32 eine Verzögerungskurve b vor. Nach Einleiten der ersten Bremsmassnahme wird die nachfahrende Kabine 3 der Verzögerungskurve c2 entsprechend abgebremst. Zum Zeitpunkt t2 liegt die Geschwindigkeit der nachfahrenden Kabine 3 über der vorgegebenen Verzögerungskurve b. Dies veranlasst die Sicherheitseinrichtung 32 für die nachfahrende Kabine 3 eine zweite Bremsmassnahme einzuleiten. Nach Einleiten der zweiten Bremsmassnahme wird die nachfahrende Kabine 3 der Verzögerungskurve c3 entsprechend bis zum Stillstand abgebremst. Während dieses zweistufigen Bremsvorgangs der nachfahrenden Kabine 3 kann die vorausfahrende Kabine 2 mit der Geschwindigkeit c1 weiter verfahren werden.

[0033] Fig. 3. hingegen zeigt eine Situation, in der die beiden Kabinen 2,3 aufeinander zufahren. Beide Kabinen 2, 3 werden entsprechend in die Fahrtrichtungen A', B' verfahren. Eine obere Kabine 2 wird in Fahrtrichtung A' verfahren und eine untere Kabine 3 wird in entgegengesetzter Fahrtrichtung B' verfahren. Beide Kabinen 2, 3 werden vor einem Zeitpunkt t1' mit einer Geschwindigkeit c1' verfahren, die unterhalb der Nenngeschwindigkeit n' liegt. Beim Zeitpunkt t1' wird der Sicherheitsabstand D' zwischen der ersten und der zweiten Kabine 2, 3 unterschritten, wobei der Sicherheitsabstand D'=2D beträgt. Dementsprechend leitet die Sicherheitseinrichtung 22, 32 für beide Kabinen 2, 3 eine erste Bremsmassnahme ein. Gleichzeitig gibt die Sicherheitseinrichtung 22, 32 je für beide Kabinen 2, 3 eine Verzögerungskurve b' vor. Nach Einleiten der ersten Bremsmassnahme werden die erste und zweite Kabine 2, 3 der Verzögerungskurve c2' entsprechend abgebremst. Zum Zeitpunkt t2' liegt die Geschwindigkeit der unteren Kabine 3 über der vorgegebenen Verzögerungskurve b'. Dies veranlasst die Sicherheitseinrichtung 32 für die untere Kabine 3 eine zweite Bremsmassnahme einzuleiten. Nach Einleitung der zweiten Bremsmassnahme wird die untere Kabine 3 bis zum Stillstand der Verzögerungskurve c3' entsprechend abgebremst. Die obere Kabine 2 hingegen bleibt nach Einleitung der ersten Bremsmassnahme bis zum Erreichen des Stillstands stets unterhalb der vorgegebenen Verzögerungskurve b'. Eine zweite Bremsmassnahme ist für die obere Kabine 2 nicht notwendig.


Ansprüche

1. Aufzug (1) mit

- einer ersten (3) und einer zweiten Kabine (2), die entlang einer gemeinsamen Fahrbahn verfahrbar sind,

- einer Sicherheitseinrichtung (22, 32), mit der die Kabinen (2, 3) überwachbar sind, und

- einem Schachtinformationssystem (7), das mit der Sicherheitseinrichtung verbunden ist und mit dem die Geschwindigkeit und die Position der beiden Kabinen bestimmbar sind,
wobei mittels der Sicherheitseinrichtung (22, 32) für mindestens eine erste Kabine (3) eine erste Bremsmassnahme einleitbar ist, wenn die beiden Kabinen (2, 3) einen Sicherheitsabstand (D, D') unterschreiten, dadurch gekennzeichnet, dass mittels der Sicherheitseinrichtung (22, 32) beim Einleiten der ersten Bremsmassnahme eine Verzögerungskurve (b, b') für die mindestens erste Kabine (2, 3) vorgebbar ist, wobei mittels der Sicherheitseinrichtung (22, 32) bei Überschreiten der Verzögerungskurve (b, b') für die mindestens erste Kabine (3) eine zweite Bremsmassnahme einleitbar ist.


 
2. Aufzug (1) nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass beide Kabinen (2, 3) je über einen Antrieb verfügen, wobei mittels der Sicherheitseinrichtung (22, 32) der Antrieb ansteuerbar ist, um die erste Bremsmassnahme einzuleiten.
 
3. Aufzug (1) nach einem der Ansprüche 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass beide Kabinen (2, 3) je über eine Kabinenbremse (23.1, 23.2, 33.1, 33.2) verfügen, wobei mittels der Sicherheitseinrichtung (22, 32) die Kabinenbremse (23.1, 23.2, 33.1, 33.2) ansteuerbar ist, um die zweite Bremsmassnahme einzuleiten.
 
4. Aufzug (1) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die erste Kabine (2, 3) über einen Abstandsensor (25, 36) verfügt, mittels dem ein Abstand zur zweiten Kabine (2, 3) feststellbar ist.
 
5. Aufzug nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass bei gleichgerichteter Fahrtrichtung (A, B) der beiden Kabinen (2, 3), mittels der Sicherheitseinrichtung (22, 23) nur für die nachfahrende erste Kabine (2, 3) eine erste oder zweite Bremsmassnahme einleitbar ist.
 
6. Aufzug (1) nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass bei entgegengesetzten Fahrtrichtung (A, B) der beiden Kabinen (2, 3), mittels der Sicherheitseinrichtung (22, 32) für die erste und für die zweite Kabine (2, 3) je eine erste oder zweite Bremsmassnahme einleitbar ist.
 
7. Aufzug (1) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Sicherheitsabstand (D, D') geschwindigkeitsabhängig und/oder fahrtrichtungsabhängig vorgebbar ist.
 
8. Aufzug (1) nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Verzögerungskurve (b, b') geschwindigkeitsabhängig vorgebbar ist.
 




Zeichnung













Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente