[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft einen mitochondrialen Expressionsvektor und Verfahren
zum Einbringen exogener DNA in Mitochondrien von Säugerzellen.
Einleitung
[0002] Mitochondriale Erkrankungen bzw. Mitochondriopathien führen zum Versagen des zellulären
Energiestoffwechsels und spielen heute eine wichtige Rolle in der pädiatrischen und
neurologischen Klinik, wobei die Prävalenz dieser Erkrankungen immer noch schwer abzuschätzen
ist (ca. 1:5.000; Friedrich-Baur-Institut).
[0003] Sehr häufig treten bei Mitochondriopathien typische Symptomenkomplexe auf, zu denen:
- Muskelschwächen
- verschlechterte Sehkraft bis hin zur Erblindung
- epileptische Anfälle und
- Gleichgewichtsstörungen
gezählt werden. Aufgrund ihrer Schlüsselstellung im aeroben Stoffwechsel der Zelle
führt eine Störung der Mitochondrienfunktion allerdings meist zu einem klinischen
Mischbild mit Multiorganbeteiligung, bei dem besonders die Gewebe mit hohem Energiebedarf
betroffen sind. Das sind das zentrale Nervensystem (Epilepsie, Ataxie, Leukodystrophie,
Leigh-Syndrom, mentale Retardierung), die Muskulatur (Myopathie, Muskelschmerzen,
Kardiomyopathie, externe Ophthalmoplegie), die endokrinen Organe (Hypothyreose, Hypoparathryreoidismus,
Diabetes mellitus Typ I), die Leber (akutes Leberversagen, Leberzirrhose), die Sinnesorgane
(Nervus-opticus-Atrophie, Retinitis pigmentosa, Innenohrschwerhörigkeit), das Knochenmark
(aregeneratorische Anämie) und die Nieren (Niereninsuffizienz, Fanconi-Syndrom).
[0004] Im Folgenden sind die wichtigsten Mitochondriopathien aufgeführt, die durch Akronyme
anhand der Symptome bezeichnet werden. MELAS: "Mitochondriale Enzephalopathie, Laktatazidose
und schlaganfallähnliche Episoden", MERRF: "Myoklonusepilepsie mit Ragged-Red-Fibers",
NARP: "Neuropathie, Ataxie, Retinitis pigmentosa", CPEO: "chronisch progressive externe
Ophthalmoplegie (Lähmung der äußeren Augenmuskeln), KSS: "Kearns-Sayre-Syndrom" (eine
spezielle Variante der CPEO, multisystemische Erkrankung) und LHON: "
Leber'sche hereditäre Optikusneuropathie" (Leitlinien Pädiatrie, A13 Mitochondriale
Erkrankungen, Schuelke, M., Stand Dezember 2010, Elsevier GmbH, München;
Finsterer, J., Eur. J. Paediatr. Neurol., 2010, 14: 29-44).
[0005] Ursachen können genetisch bedingte Defekte in der Pyruvatdehydrogenase, der Pyruvatcarboxylase,
in den Proteinen des Zitratzyklus, in den Atmungskettenkomplexen I bis IV oder den
ATP-Transportproteinen sein, wobei weitere genetische Defekte Proteine oder Proteinkomplexe
betreffen können, welche an der Regulation der mitochondrialen Replikation, Transkription
oder der Translation beteiligt sind.
[0006] Da die oben genannten Proteine sowohl durch die mitochondriale DNA (mtDNA; maternaler
Erbgang) als auch durch das Kerngenom (nDNA; Mendel'scher Erbgang) kodiert werden,
können Mutationen in beiden Genomen die Auslöser dieser Erkrankungen darstellen. Allerdings
lassen sich Veränderungen der mitochondrialen DNA - im Gegensatz zum Kerngenom - bisher
nicht korrigieren, weshalb bei einem großen Teil der mitochondrialen Erkrankungen
nur die Symptome und nicht die Auslöser behandelt werden können. Beispielsweise werden
mitochondriale Erkrankungen mit der Gabe stoffwechselaktiver Substanzen (z.B. Cofaktoren
von Atmungskettenenzymen) therapiert, die die Defekte im oxidativen Stoffwechsel kompensieren
sollen. Allerdings konnte diese Therapieform nur in Ausnahmefällen eine deutliche
Verbesserung des Gesundheitszustands des Patienten erzielen, wobei eine Heilung ausgehend
von Therapieansätzen, die auf der Behandlung von Symptomen basieren, nicht zu erwarten
ist (
Chinnery, P. F and D. M. Turnbull, Am. J. Med. Genet., 2001, 106: 94-101). Somit sind Therapien, die auf den Krankheitsauslöser der Erkrankung abzielen, als
chancenreicher anzusehen.
[0007] Die somatische Gentherapie stellt eine mögliche Therapieform mitochondrialer Erkrankungen
dar, bei der der Gendefekt der mitochondrialen DNA korrigiert wird. Dazu müsste der
Anteil der mutierten mtDNA unter den für die Ausprägung klinischer Symptome notwendigen
Schwellenwert gedrückt werden, um die Wiederherstellung des normalen Phänotyps zu
ermöglichen. Ideal wäre jedoch eine vollständige Entfernung der mutierten DNA.
[0008] Eine somatische Gentherapie kann mittels unterschiedlicher Strategien erfolgen:
- Kompetitierung der mutierten Gene durch Einschleusen intakter replikativer und transkriptionsaktiver
Gene;
- Austausch der mutierten Gene gegen intakte Gene durch Rekombination;
- Inhibierung der Replikation mutierter mtDNA durch Antisense-Oligonukleotide;
- Degradation mutierter mtDNA.
[0009] Allerdings sind die ersten drei Strategien auf den Transport von Nukleinsäuren in
die Mitochondrien angewiesen. Bislang stellt dies jedoch eine große Hürde dar. Der
aktive Transport von kernkodierten RNAs und tRNAs in die Mitochondrien ist bei Hefen
(
Martin, R. P. et al., Biochemistry, 1979, 18: 4600-4605), Protozoen (
Simpson L. and J. Shaw, Cell, 1989, 57: 355-366) und Pflanzen (
Gray, M. W. and Boer, P. H., Philos. Trans. R. Soc. London B Biol. Sci., 1988, 319:
135-147) bekannt. An isolierten humanen Mitochondrien wurde ebenfalls der Import einer Hefe-tRNA
dokumentiert (
Entelis, N. S. et al., J. Biol. Chem., 2001, 276: 45642-45653). Allerdings ist es bisher nicht gelungen, den Import größerer Nukleinsäuren in Säuger-Mitochondrien
in-vivo nachzuweisen.
[0010] Eine Möglichkeit besteht in der Nutzung physikalischer Transformationsmethoden. So
wurde bereits DNA durch Elektroporation in Mitochondrien eingeführt, jedoch waren
diese Mitochondrien vorher aus den Zellen isoliert worden (
Collombet, J. M. et al., J. Biol. Chem., 1997, 272: 5342-5347). Als weitere physikalische Methode wurde die
Gene Gun bzw.
Particle Gun eingesetzt, bei der Mikroprojektile aus Gold oder Wolfram genutzt werden, um DNA
in Zellen zu bringen. Die DNA wird dabei an die Oberfläche der Partikel gebunden und
kann am Zielort wieder freigesetzt werden. Bei der Transformation von Chloroplasten
in Pflanzen wird diese Methode schon erfolgreich eingesetzt (
Kanevski, I. and P. Maliga, Proc. Natl. Acad. Sci., 1994, 91: 1969-1973;
Barone, P. et al., J. Exp. Bot., 2009, 60: 3195-3202;
De Marchis, F. et al., Transgenic Res., 2009, 18: 17-30). Auch in der Grünalge
Chlamydomonas reinhardtii gelang die Transformation von Chloroplasten und Mitochondrien (
Boynton, J. E. et al., Science, 1988, 240: 1534-1538;
Yamasaki, T. et al., Plant Mol. Biol., 2005, 58: 515-527;
Remacle, C. et al., Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A., 2006, 103: 4771-4776). In Hefezellen konnten ebenfalls Mitochondrien mittels der
Gene Gun mit exogener DNA beladen werden (
Fox, T. D. et al., Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A., 1988, 85: 7288-7292;
Johnston, S. A. et al., Science, 1988, 240: 1538-1541;
Sulo, P. et al., Nucleic Acid Res., 1995, 23: 856-860;
Meunier, B., Biochem. J., 2001, 354: 407-412).
[0011] Diese positiven Ergebnisse beruhen darauf, dass die Zielorganellen in den verwendeten
Organismen im Vergleich zu Mitochondrien in Säugerzellen sehr groß sind. Da die verwendeten
Partikel einen Durchmesser von mindestens 0,3 µm haben, ist es allerdings nahezu unmöglich,
die kleinen Mitochondrien von Säugerzellen zu penetrieren, ohne sie dabei zu zerstören.
Aufgrund dieses Problems ist auch eine weitere physikalische Transformations-Methode,
die Mikroinjektion, in Mitochondrien bisher nicht realisierbar.
[0012] In der Patentanmeldung
PCT/EP2009/004454 wird ein
in-vitro-Verfahren zur reversiblen Induktion von Megamitochondrien beschrieben, bei dem die
Säugerzellen in einem Kulturmedium wachsen, das mit Milchsäure auf einen pH-Wert zwischen
5,6 und 6,7 angesäuert worden war, was zur Ausbildung von Megamitochondrien führte.
Diese Megamitochondrien sind im Vergleich zu nicht induzierten Mitochondrien größer,
so dass postuliert wird, dass sie penetriert werden können, ohne sie dabei zu zerstören.
Allerdings ist die Beschreibung der Patentanmeldung
PCT/EP2009/004454 auf das Verfahren zur reversiblen Induktion von Megamitochondrien beschränkt, wobei
ihre Transfektion und ihr Einsatz zur Untersuchung bzw. Behandlung von Mitochondriopathien
lediglich postuliert werden. Zudem führt die Induktion mittels Milchsäure lediglich
zur Bildung von Megamitochondrien mit Durchmessern von maximal 2-3 µm führen, die
kleiner als die durchschnittliche Größe eines Zellkerns sind, wodurch keine idealen
Voraussetzungen zur Transfektion mittels einer physikalischen Transfektionsmethode,
z.B. Mikroinjektion, bereit gestellt werden.
Problem der Erfindung
[0013] Somit liegt das Problem der vorliegenden Erfindung in der Bereitstellung eines mitochondrialen
Expressionsvektors und Verfahrens zum Einbringen exogener DNA in Mitochondrien von
Säugerzellen.
Zusammenfassung der Erfindung
[0014] Das technische Problem der Erfindung wird durch den Gegenstand der unabhängigen Ansprüche
1, 2, 12 und 14 gelöst, wobei bevorzugte Ausführungsformen Gegenstand der abhängigen
Ansprüche sind.
[0015] Die Lösung des oben genannten technischen Problems liegt insbesondere in der Bereitstellung
eines mitochondrialen Expressionsvektors und physikalischer Transfektionsmethoden,
mittels derer exogene DNA, die in einem mitochondrialen Expressionsvektor integriert
ist, in die Mitochondrien von Säugerzellen
in vivo oder
in vitro eingebracht wird, wobei die Mitochondrien vor Anwendung der physikalischen Transfektionsmethode
zu Megamitochondrien induziert werden.
[0016] Somit stellt die vorliegende Erfindung zunächst mitochondriale Expressionsvektoren
bereit, die dazu verwendet werden können, exogene DNA aufzunehmen und die dazu in
der Lage sind, die exogene DNA ausschließlich in Mitochondrien zu exprimieren.
[0017] Ferner ist der Gegenstand der vorliegenden Erfindung auf ein verbessertes Verfahren
zur reversiblen Induktion von Megamitochondrien gerichtet, da die reversible Induktion
der vorliegenden Erfindung zu Megamitochondrien mit Durchmessern führt, die größer
als die durchschnittliche Größe eines Zellkerns sind, d.h. eine Größe von bis zu 10
µm aufweisen. Somit stellt die vorliegende Erfindung ideale Voraussetzungen zur Transfektion
mittels einer physikalischen Transfektionsmethode, z.B. Mikroinjektion, bereit.
[0018] Darüber hinaus werden physikalische Transfektionsmethoden offenbart, mittels derer
Megamitochondrien von Säugerzellen transfiziert werden können.
[0019] Außerdem stellt die vorliegende Erfindung ein Verfahren zum Einbringen exogener DNA
in Mitochondrien von Säugerzellen bereit, das die folgenden Schritte umfasst:
(i) Konstruktion eines mitochondrialen Expressionsvektors,
(ii) reversible Induktion von Megamitochondrien und
(iii) Transfektion der Megamitochondrien mit dem mitochondrialen Expressionsvektor
mittels einer physikalischen Transfektionsmethode.
[0020] Der mitochondriale Expressionsvektor der vorliegenden Erfindung muss, um seine Funktion
erfüllen zu können, mindestens zwei Bestandteile aufweisen: exogene DNA, d.h. ein
zu exprimierendes Gen und/oder ein Selektionsmarker, und einen mitochondrialen Promotorbereich.
In einer bevorzugten Ausführungsform sind noch andere Bestandteile vorhanden, wie
beispielsweise ein Selektionsmarker bzw. Reportergene, Signalsequenzen bzw. Transkriptions-Terminations-Sequenzen
(TSS), Replikationsursprünge und/oder ein Sicherheitsmechanismus.
[0021] Vor dem Einbringen dieser mitochondrialen Expressionsvektoren in die Mitochondrien
ist es notwendig, die Mitochondrien reversibel zu Megamitochondrien zu induzieren.
Die reversible Induktion der Megamitochondrien erfolgt vorzugsweise durch Ansäuerung
bzw. Azidifizierung des Kulturmediums, das die Säugerzellen umfasst. Die Ansäuerung
des Kulturmediums erfolgt entweder durch Zugabe oder durch Entstehenlassen von pH-Wert
senkenden Substanzen, vorzugsweise von Säuren oder Salzen davon, bevorzugt Milchsäure,
Essigsäure oder Natriumacetat, vorzugsweise Essigsäure oder Natriumacetat, wobei der
pH-Wert im Kulturmedium vorzugsweise auf zwischen 5,3 und 6,7 eingestellt wird, um
ein saures Kulturmedium zu erzeugen. Die Konzentrationen der Säuren oder der Salze
davon liegen im angesäuerten Kulturmedium vorzugsweise bei zwischen 5 bis 100 mM,
wobei die bevorzugte Konzentration für Essigsäure bei zwischen 30 bis 35 mM und für
Natriumacetat bei zwischen 50 bis 60 mM liegt. Die Säugerzellen werden zur reversiblen
Induktion der Megamitochondrien gemäß der vorliegenden Erfindung im angesäuerten Medium
vorzugsweise für zwischen 20 min und 2 Tagen inkubiert, wobei die Induktion der Megamitochondrien
durch Austauschen des angesäuerten Kulturmediums mit einem Kulturmedium, das einen
pH-Wert ≥ 7,0, vorzugsweise einen pH-Wert ≥ 7,4 und keine zusätzlichen pH-Wert senkenden
Substanzen aufweist, reversibel ist.
[0022] Die reversible Induktion der Megamitochondrien bzw. die Auswahl der/des für die Ansäuerung
verwendeten Säure/Salzes erfolgt in Abhängigkeit zur physikalischen Transfektionsmethode,
wobei die physikalische Transfektionsmethode aus der Gruppe ausgewählt ist, die aus
dem Beschießen der Zellen mit DNA-beschichteten Mikropartikeln in einer Genkanone,
der Transfektion mithilfe magnetischer Partikel und der Mikroinjektion besteht, wobei
die Mikroinjektion die bevorzugteste Methode darstellt, da bei der Mikroinjektion
sehr große Mitochondrien (vorzugsweise > 3µm) verwendet werden und man somit optisch
verfolgen kann, ob die Mitochondrien wirklich transfiziert bzw. penetriert wurden.
In einer spezifischen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung werden vor dem Beschießen
der Säugerzellen mit DNA-beschichteten Goldpartikeln in einer Genkanone oder vor der
Transfektion mithilfe magnetischer Partikel die Megamitochondrien durch Ansäuerung
des Kulturmediums mittels Milchsäure und vor der Mikroinjektion der Säugerzellen die
Megamitochondrien durch Ansäuerung des Kulturmediums mittels Zugabe von Natriumacetat
oder Essigsäure induziert.
Kurze Beschreibung der Abbildungen
[0023] Abbildung 1 zeigt die Vektorkarte von pMAG11-1.
[0024] Abbildung 2A zeigt die Vektorkarte von pEGFP-Mito.
[0025] Abbildung 2B zeigt die Vektorkarte von pEGFP-OMP, der das Gen für EGFP trägt, an
dessen C-Terminus das Signalpeptid der menschlichen Cytochrom-c-Oxidase-Untereinheit
8 fusioniert wurde. Dadurch wird das Protein in die Matrix der Mitochondrien transportiert.
[0026] Abbildung 2C zeigt die Vektorkarte von pEGFP-N1. Der Vektor pEGFP-N1 der Firma Clontech
ermöglicht die Expression eines Fusionsproteins, an dessen N-Terminus EGFP lokalisiert
ist. Wird der Vektor ohne einklonierte Sequenzen eingesetzt, ist das EGFP im gesamten
Cytoplasma und dem Zellkern sichtbar.
[0027] Abbildung 3 zeigt die Vektorkarte von pMAG2-2.
[0028] Abbildung 4 zeigt die Vektorkarte von pMAG11-2.
[0029] Abbildung 5 zeigt die Vektorkarte von pMAG2-1.
[0030] Abbildung 6 zeigt die Vektorkarte von pMAG12-1.
[0031] Abbildung 7 zeigt die Vektorkarte von pMAG13-1.
[0032] Abbildung 8 zeigt die Vektorkarte von pMAG14-1.
[0033] Abbildung 9 zeigt die Vektorkarte von pCRII-TOPO-mtEGFP.
[0034] Abbildung 10 zeigt die Vektorkarte von pMAG14-2.
[0035] Abbildung 11 zeigt die Vektorkarte von pMAG14-3.
[0036] Abbildung 12 zeigt die Induktion von Megamitochondrien durch Natriumacetat, d.h.
Fluoreszenz- und Phasenkontrastaufnahmen von mit Natriumacetat induzierten Megmitochondrien
in der mit pEGFP-Mito transfizierten Zelllinie 143.B.TK
-. Die Eichstriche entsprechen 10 µm.
[0037] Abbildung 13 zeigt Megamitochondrien. Aufnahmen der mit pEGFP-OMP stabil transfizierten
Zelllinie 143B.TK
-. Megamitochondrien sind mit Pfeilen markiert. A+D: Fluoreszenzaufnahmen, B+E: Phasenkontrastaufnahmen,
C+F: Überlagerung von A und B bzw. D und E. Die Eichstriche entsprechen 10 µm.
[0038] Abbildung 14 zeigt die Induktion von Megamitochondrien durch Essigsäure, d.h. Fluoreszenz-
und Phasenkontrastaufnahmen von mit Essigsäure induzierten Megamitochondrien in der
mit pEGFP-Mito transfizierten Zelllinie 143B.TK-. Die Eichstriche entsprechen 10 µm.
[0039] Abbildung 15 zeigt die Optimierung der Versuchsparameter zur Nutzung der Genkanone,
15 und 20 in Hg. A-D bzw. M-P: Fluoreszenzaufnahmen der Zelllinie 143B.TK-; E-H bzw.
Q-T: Phasenkontrastaufnahmen; I-L bzw. U-X: Überlagerung aus Fluoreszenz- und Phasenkontrastaufnahmen.
Die Eichstriche entsprechen 100 µm.
[0040] Abbildung 16 zeigt die Optimierung der Versuchsparameter zur Nutzung der Genkanone,
25 und 27 in Hg. A-D bzw. M-P: Fluoreszenzaufnahmen der Zelllinie 143B.TK-; E-H bzw.
Q-T: Phasenkontrastaufnahmen; I-L bzw. U-X: Überlagerung aus Fluoreszenz- und Phasenkontrastaufnahmen.
Die Eichstriche entsprechen 100 µm.
[0041] Abbildung 17 zeigt die Vergleichs-Transfektionsrate von FuGENE
® HD. Die Eichstriche entsprechen 100 µm.
[0042] Abbildung 18 zeigt die Induktion von Megamitochondrien durch Milchsäure-medium bzw.
Zugabe von Valinomycin. Fluoreszenzaufnahmen, A-D: 143B.TK
- +pEGFP-Mito in normalem Kulturmedium, E-H: 143B.TK
-+pEGFP-Mito in mit Milchsäure auf einen pH-Wert von 6,3 eingestelltem Kulturmedium,
I-L: 143B.TK
-+pEGFP
- Mito in Kulturmedium mit 10 µM Valinomycin. Die Eichstriche entsprechen 100 µm.
[0043] Abbildung 19 zeigt die Wachstumshemmung durch Behandlung mit Valinomycin. Phasenkontrastaufnahmen,
A-C: 143B.TK
- ohne Valinomycinbehandlung, D-F: 143B.TK
- nach einstündiger Valinomycinbehandlung, G-I: 143B.TK
- nach zweistündiger Valinomycinbehandlung, J-L: 143B.TK
- nach vierstündiger Valinomycinbehandlung. Die Eichstriche entsprechen 100 µm.
[0044] Abbildung 20 zeigt die Sichtbarkeit der Megamitochondrien im Phasenkontrast. Phasenkontrastaufnahmen
von 143B.TK
- in mit Milchsäure auf einen pH-Wert von 6,3 eingestelltem Kulturmedium. Die Eichstriche
entsprechen 10 µm.
[0045] Abbildung 21 zeigt die Aggregation der Goldpartikel durch mtDNA. Phasenkontrastaufnahmen
von Goldpartikeln nach dem Beschuss einer Kulturschale. A: mit pMAG13-1 beschichtete
Goldpartikel als Kontrolle, B: mit mtDNA beschichtete Goldpartikel, C: Vergrößerung
von B. Die Eichstriche entsprechen 30 µm.
[0046] Abbildung 22 zeigt fluoreszierende Mitochondrien nach Genkanonen-Beschuss mit pMAG13-1.
A: Fluoreszenzaufnahme (verstärkt) der Zellen, B: Phasenkontrastaufnahme der Zellen,
C: Überlagerung von A und B. Die Eichstriche entsprechen 20 µm.
[0047] Abbildung 23 zeigt die Vektorkarte von pMAG17-1.
[0048] Abbildung 24 zeigt die Fluoreszenz der MATra-A-Partikel. Aufnahmen von MATra-A-Partikeln
ohne DNA auf 143B.TK
--Zellen, A: Fluoreszenzaufnahme B: Phasenkontrastaufnahme, C: Überlagerung von A und
B. Die Eichstriche entsprechen 20 µm.
[0049] Abbildung 25 zeigt fluoreszierende Mitochondrien nach Mikroinjektion mit pMAG13-1.
A: Fluoreszenzaufnahme (verstärkt) der Zellen, B: Phasenkontrastaufnahme der Zellen,
C: Überlagerung von A und B. Die Eichstriche entsprechen 20 µm.
[0050] Abbildung 26 zeigt die optimierte Sequenz mtoGFP, wobei die obere Zeile jeweils die
RNA-Sequenz (U statt T) angibt und die untere Zeile die daraus resultierende Aminosäuresequenz
nach einer Translation in den Mitochondrien aufführt (* = Stop). Das veränderte Tryptophan-Codon
Trp58 fettgedruckt und unterstrichen.
Ausführliche Beschreibung der Erfindung
[0051] Die vorliegende Erfindung stellt physikalische Transfektionsmethoden bereit, mittels
derer exogene DNA, die in einem mitochondrialen Expressionsvektor integriert ist,
in die Mitochondrien von Säugerzellen bzw. Zellen
in vivo oder
in vitro eingebracht wird, wobei die Mitochondrien vor Anwendung der physikalischen Transfektionsmethode
zu Megamitochondrien induziert werden. Diese Transfektionsmethoden können beispielsweise
dazu verwendet werden, mitochondriale Erkrankungen durch somatische Gentherapie zu
behandeln, wobei der Anteil mutierter mitochondrialer DNA (mtDNA) entweder unter den
für die Ausprägung klinischer Symptome notwendigen Schwellenwert gedrückt oder die
mutierte mtDNA vollständig entfernt wird.
[0052] Die menschliche mitochondriale DNA bzw. mtDNA ist eine ringförmige Doppelhelix aus
16 595 Basenpaaren (bp) und liegt in einer
supercoiled-Konformation vor. Die Sequenz ist seit 1981 bereits vollständig aufgeklärt (
Anderson, S. et al., Nature, 1981, 290: 457-465) und beinhaltet die Sequenz für 37 Gene. Dreizehn Gene davon codieren Polypeptide,
die integrale Bestandteile von vier der fünf Atmungskettenkomplexe sind. Sieben dieser
Gene (ND1 bis ND6 sowie ND4L) codieren für Untereinheiten der NADH-Ubichinon-Oxidoreduktase
(Komplex I) und eines (CYTB) für Cytochrom b, einen Bestandteil der Ubichinol-Cytochrom
c-Oxidoreduktase (Komplex III). Außerdem liegen drei Gene (COX1 bis COX3) für Untereinheiten
der Cytochrom c-Oxidase (Komplex IV) sowie zwei Gene (ATP6/8) für Untereinheiten der
ATP-Synthase (Komplex V) auf der mitochondrialen DNA vor. Daneben befinden sich auf
dem Genom noch zwei ribosomale RNAs (rRNAs) und 22 Gene für transfer-RNAs (tRNAs),
die für das mitochondriale Translations-System essentiell sind.
[0053] Die beiden DNA-Stränge der DNA-Doppelhelix werden aufgrund ihres unterschiedlichen
Purin- und Pyrimidingehalts in einen schweren (H-Strang,
heavy) und einen leichten Strang (L-Strang,
light) unterschieden (
Berk, A. J. und D. A. Clayton, J. Mol. Biol., 1974, 86: 801-824). Der Großteil der Information ist mit den Genen für zwei rRNAs, 14 tRNAs und zwölf
Polypeptiden auf dem H-Strang codiert, während hingegen der L-Strang nur ein Protein-
und acht tRNA-Gene trägt (
Anderson, S. et al., Nature, 1981, 290: 457-465).
[0054] Im Gegensatz zum nukleären Genom ist das mitochondriale Genom extrem kompakt strukturiert.
Neben dem Fehlen von Introns grenzen die Gene teilweise ohne jegliche nicht-codierende
Sequenz direkt aneinander oder überlappen sogar, so dass manche Terminations-Codons
erst nach der Transkription durch Polyadenylierung der mRNAs vervollständigt werden.
Dabei sind die Protein- und rRNA-codierenden Gene meistens von einem tRNA-Gen flankiert.
Insgesamt gibt es nur drei nicht-codierende Regionen, von denen der größte 1123 bp
umfasst und als
Displacement-Loop (
D-Loop) bezeichnet wird (
Anderson, S. et al., Nature, 1981, 290: 457-465). Die Bezeichnung
D-Loop beschreibt eine der Hauptkonformationen der mitochondrialen DNA, die an dieser Stelle
eine Tripel-DNA-Struktur aufweist. Sie enthält ein kurzes, neu synthetisiertes H-Strang-Molekül
(7S-DNA), welches mit dem L-Strang Basenpaarungen eingeht (
Tapper, D. P. und D. A. Clayton, J. Biol. Chem., 1981, 256: 5109-5115). Ferner stellt der
D-Loop einen Bereich dar, der für die Regulation der Replikation und Transkription des mitochondrialen
Genoms verantwortlich ist. In ihm liegen der Startpunkt der Replikation bzw. der Replikationsursprung
(ori) des H-Stranges (O
H), konservierte Sequenzblöcke (CSB I-III), Terminations-assoziierte Sequenzen (TAS)
sowie die Promotoren für die Transkription mit der Bezeichnung HSP1
(heavy strand Promotor 1, H1-Promotor) und LSP
(light strand Promotor), und HSP2
(heavy strand Promotor 2, H2-Promotor), die sich hinsichtlich ihrer Transkriptionsraten unterscheiden, wobei
der H1-Promotor eine 20-30-fach höhere Transkriptionsrate als der H2-Promotor besitzt
und ungefähr doppelt so stark wie der L-Strang-Promotor ist (
King, M. P. und G. Attardi, J. Biol. Chem., 1993, 268: 10228-10237)..
[0055] Der "mitochondriale Expressionsvektor" bzw. "Expressionsvektor" bzw. das "mitochondriale
Expressionsplasmid" bzw. "Expressionsplasmid" der vorliegenden Erfindung muss somit,
um seine Funktion erfüllen zu können, mindestens zwei Bestandteile aufweisen: exogene
DNA, d.h. ein zu exprimierendes Gen, und einen mitochondrialen Promotorbereich. In
einer bevorzugten Ausführungsform sind noch andere Bestandteile vorhanden, wie beispielsweise
ein Selektionsmarker bzw. Reportergene, Signalsequenzen bzw. Transkriptions-Terminations-Sequenzen
(TSS), Replikationsursprünge und/oder ein Sicherheitsmechanismus.
[0056] In einer bevorzugten Ausführungsform ist mit dem Begriff "mitochondrialer Expressionsvektor"
bzw. "Expressionsvektor" bzw. "mitochondriales Expressionsplasmid" bzw. "Expressionsplasmid"
ein komplettes mitochondriales Genom oder ein Derivat davon gemeint..
[0057] Die "exogene DNA" bzw. das zu "exprimierende Gen" stellt einen essentiellen Bestandteil
des Expressionsvektors der vorliegenden Erfindung dar, der in den Expressionsvektor
integriert wird, um beispielsweise eine somatische Gentherapie der oben bereits erwähnten
mitochondrialen Erkrankungen zu ermöglichen. Dann stellt das zu exprimierende Gen
ein "therapeutisches Gen" dar. Dabei umfasst der Begriff "therapeutisches Gen" ein
intaktes replikatives und transkriptionsaktives Gen, um die mutierten Gene zu kompetitieren;
ein intaktes Gen, um die mutierten Gene durch Rekombination auszutauschen; Gene, die
für Antisense-Oligonukleotide codieren, um die Replikation der mutierten mtDNA zu
inhibieren.
[0058] Die "mutierten Gene" der vorliegenden Erfindung umfassen beispielsweise die mutierten
Formen von Genen der mtDNA, die Gene für die Pyruvatdehydrogenase, die Pyruvatcarboxylase,
für die Proteine des Zitratzyklus, der Atmungskettenkomplexe I bis IV oder der ATP-Transportproteine
oder Gene, die für Proteine oder Proteinkomplexe codieren, welche an der Regulation
der mitochondrialen Replikation, Transkription oder der Translation beteiligt sind,
umfassend beispielsweise die Gene für Transkriptionsfaktoren (TFAM, TFB1M, TFB2M),
die mitochondriale RNA-Polymerase (POLRMT), mitochondriale Terminationsfaktoren (mTERF1-mTERF4),
die mitochondriale DNA-Polymerase γ (POLG), das mitochondriale Einzelstrangbindeprotein
mtSSB
(single strand binding), die Helikase TWINKLE, mitochondriale Topoisomerasen vom Typ I und II, die mitochondrialen
Peptidasen MIP
(mitochondrial intermediate peptidase) und MPP
(mitochondrial processing peptidase), das mitochondriale Hitzeschockprotein mtHSP70
(mitochondrial heat shock protein).
[0059] Die Veränderungen in den mutierten Genen der mtDNA der vorliegenden Erfindung werden
durch Genmutationen hervorgerufen, die aus der Gruppe ausgewählt sind, die aus Punktmutationen
durch Substitution, Deletionsmutationen durch Deletion, Insertionsmutationen durch
Insertion und Duplikationsmutationen durch Duplikation besteht, insbesondere aus Deletionsmutationen
oder Punktmutationen. Die Deletionen in den mutierten Genen sind zwischen 1,0 und
10 kb groß, insbesondere zwischen 1,3 und 8,0 kb groß, und befinden sich meistens
zwischen den beiden mitochondrialen Replikationsursprüngen O
H und O
L und sind in der Regel von kurzen Repeatsequenzen flankiert. Im Gegensatz zu Deletionsmutationen
befinden sich die Punktmutationen der mutierten Gene der mtDNA der vorliegenden Erfindung
überall auf der mtDNA, z.B. in Proteingenen, tRNA- oder rRNA-Genen, insbesondere in
den tRNA-Genen. Während Punktmutationen in Proteingenen nur einzelne Bestandteile
der Atmungskette betreffen, wird durch Punktmutationen in den tRNA- und rRNA-Genen
die gesamte mitochondriale Proteinbiosynthese und somit alle mitochondrial codierten
Atmungskettenuntereinheiten beeinträchtigt.
[0060] Die "intakten Gene" der vorliegenden Erfindung umfassen somit die entsprechenden
nicht-mutierten Formen der oben bereits aufgelisteten Gene, die für die Pyruvatdehydrogenase,
die Pyruvatcarboxylase, für die Proteine des Zitratzyklus, der Atmungskettenkomplexe
I bis IV oder der ATP-Transportproteine oder für Proteine oder Proteinkomplexe codieren,
welche an der Regulation der mitochondrialen Replikation, Transkription oder der Translation
beteiligt sind.
[0061] Ferner kann in den Expressionsvektor zusätzlich zum oder anstelle des zu exprimierenden
Gens auch ein "Selektionsmarker" bzw. Marker- bzw. Reportergen integriert werden,
um beispielsweise die Anwendung des mitochondrialen Expressionsvektors in der Grundlagenforschung
zu ermöglichen. Der "Selektionsmarker" lässt die Unterscheidung zwischen transfizierten
Zellen und nichttransfizierten Zellen, insbesondere lebender Zellen, zu. Dabei umfasst
der Selektionsmarker die kodierende Sequenz oder das Gen, das für ein fluoreszierendes
Protein oder für ein Reporterenzym codiert, oder ein Antibiotika-Resistenzgen.
[0062] Bevorzugte fluoreszierende Proteine sind z.B. das grün fluoreszierende Protein (GFP),
das blau fluoreszierende Protein (BFP), das cyan fluoreszierende Protein (CFP) oder
das gelb fluoreszierende Protein (YFP) oder Derivate davon, wobei die Derivate aus
der Gruppe ausgewählt sind, die aus dem 25-kDa
enhanced GFP (EGFP), Derivaten des blau fluoreszierenden Proteins (z.B. EBFP, EBFP2, Azurit oder
mKalama1), Derivaten des cyan fluoreszierenden Proteins (z.B. ECFP, Cerulean oder
CyPet) und Derivaten des gelb fluoreszierenden Proteins (z.B. Citrin, Venus oder YPet)
besteht, wobei EGFP das bevorzugteste Derivat darstellt.
[0063] Bevorzugte Reporterenzyme bzw. Gene, die für ein Reporterenzym codieren sind: z.B.
das LacZ-Gen aus
Escherichia coli, codiert für eine β-Galactosidase (β-Gal); das phoA-Gen aus
Escherichia coli, codiert für eine Alkalische Phosphatase (AP); das gusA-Gen aus
Escherichia coli, codiert für eine β-Glucuronidase (GUS) (früher bekannt als uidA-Gen); das cat-Gen,
codiert für eine Chloramphenicol Acetyltransferase (CAT); das
Luciferase-Gen aus
Photinus pyralis und
Renilla reniformis, codiert für das Biolumineszenz-Enzym Luciferase, vorzugsweise für die Firefly-Luciferase.
[0064] Bevorzugte Antibiotika-Resistenzgene sind z.B. das Ampicillin-Resistenzgen ampR (auch
bekannt unter der Bezeichnung blaTEM1), das Tetrazyclin-, das Kanamycin-, Neomycin-Resistenzgen
oder das Chloramphenicol-Resistenzgen (Cam
R), wobei das Chloramphenicol-Resistenzgen das Bevorzugteste ist.
[0065] In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung werden in den Expressionsvektor
der vorliegenden Erfindung mehr als ein Selektionsmarker, z.B. zwei Selektionsmarker
integriert, beispielsweise die codierende Sequenz für EGFP und das Chloramphenicol-Resistenzgen.
In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung werden der/die
Selektionsmarker zusammen mit dem zu exprimierenden Gen in den Expressionsvektor der
vorliegenden Erfindung integriert.
[0066] In einer spezifischen Ausführungsform der Erfindung sind an beide Seiten des jeweiligen
integrierten Gens, z.B. des zu exprimierenden Gens bzw. Selektionsmarkers, "flankierende
tRNAs" fusioniert, um die korrekte Prozessierung eigener Genkonstrukte zu gewährleisten.
Diese tRNAs markieren nach der Transkription durch Ausbildung ihrer klassischen Kleeblattstrukturen
als "Erkennungsstellen" für die Prozessierungsenzyme die Prozessierungsstellen, indem
sie als Sekundärstruktur ihre klassische Kleeblattstruktur einnehmen und werden dann
aus dem Transkript mittels Restriktionsspaltung herausgeschnitten. Dadurch werden
die RNAs der flankierten Genbereiche freigesetzt und können anschließend weitergehend
modifiziert werden, z.B. Polyadenylierung der mRNAs und rRNAs am 3'-Ende durch eine
mitochondriale Poly(A)-Polymerase. Die "flankierenden tRNAs" der vorliegenden Erfindung
können alle mitochondrialen und nukleären tRNAs sein, vorzugsweise die tRNAs bzw.
tRNA-Paare für Glycin und Arginin, Leucin und Valin, Aspartat und Lysin umfassen.
[0067] Neben dem zu exprimierenden Gen und/oder dem Selektionsmarker weist der Expressionsvektor
der vorliegenden Erfindung noch einen weiteren essentiellen Bestandteil auf: einen
mitochondrialen Promotorbereich. Unter dem Begriff "mitochondrialer Promotorbereich"
ist gemäß der vorliegenden Erfindung der D-Loop des mitochondrialen Genoms gemeint,
der die für die Transkriptionsinitiation wichtigen Sequenzen enthält. Dazu zählen
die drei unabhängigen mitochondrialen Promotoren für den L- bzw. H-Strang: HSP1, HSP2
und/oder LSP, der Startpunkt der Replikation bzw. Replikationsursprung des H-Stranges
(O
H), konservierte Sequenzblöcke (CSB I-III), sowie Terminations-assoziierte Sequenzen
(TAS).
[0068] Der mitochondriale Promotorbereich ermöglicht die regulierte Expression eines Gens,
das in den Expressionsvektor der vorliegenden Erfindung integriert worden ist, wobei
RNA-Polymerasen die Enzyme sind, die die Synthese von RNA bei der Transkription der
DNA katalysieren. Die Transkription von Säuger- mtDNA erfolgt normalerweise durch
eine "mitochondriale RNA-Polymerase" (POLRMT oder mtRNApol), die eine hohe Sequenzähnlichkeit
zu RNA-Polymerasen aus Bakteriophagen aufweist (
Masters, B. S. et al., Cell, 1987, 51: 89-99). Allerdings gehört das mitochondriale RNA-Polymerase-Gen nicht zu den essentiellen
Bestandteilen, die in den Expressionsvektor der vorliegenden Erfindung zu integrieren
sind, so dass im Rahmen der vorliegenden Erfindung normalerweise die bereits vorhandene
mitochondriale RNA-Polymerase des transfizierten Mitochondriums verwendet wird. Da
POLRMT allerdings nicht die Fähigkeit besitzt, selbstständig mit der Promotor-DNA
zu interagieren und so die Transkription zu initiieren, sondern dafür zusätzliche
trans-aktive Faktoren bzw. Transkriptionsfaktoren benötigt, wie beispielsweise der
mitochondriale Transkriptionsfaktor A (TFAM, mtTFA), B1 (TFB1 M) oder B2 (TFB2M),
werden im Rahmen der vorliegenden Erfindung neben der mitochondrialen RNA-Polymerase
des transfizierten Mitochondriums ebenfalls die Transkriptionsfaktoren des transfizierten
Mitochondriums verwendet. Diese Transkriptionsfaktoren binden in der Nähe der Promotoren
an die mitochondriale DNA und ermöglichen dadurch die Bindung von POLRMT, die dann
mit der Transkription beginnen kann.
[0069] In einer weiteren bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung kann neben
der mitochondrialen RNA-Polymerase noch eine weitere RNA-Polymerase genutzt werden,
um die Expressionsrate z.B. des zu exprimierenden Gens und/oder des Selektionsmarkers
zu verstärken, z.B. die hoch-prozessive RNA-Polymerase aus dem Bakteriophagen T7 ("T7-RNA-Polymerase"),
die RNA-Polymerase aus dem Bakteriophagen T3 ("T3-RNA-Polymerase") und die RNA-Polymerase
aus dem Bakteriophagen SP6 ("SP6-RNA-Polymerase"). Das Gen, das für die T7-RNA-Polymerase
codiert, ist in dieser Ausführungsform in den Expressionsvektor zu integrieren und
unter die Kontrolle des mitochondrialen Promotors zu stellen. Um die Transkriptionsverstärkung
durch die T7-RNA-Polymerase zu nutzen, ist in dieser weiteren bevorzugten Ausführungsform
das zu exprimierende Gen noch mit dem T7-Promotor zu versehen, der neben den H- und
L-Strang-Promotoren im Expressionsvektor integriert sein kann. Dadurch steht die T7-RNA-Polymerase
vorzugsweise unter der Kontrolle der mitochondrialen Promotoren, wobei das zu exprimierende
Gen und/oder der Selektionsmarker durch die hoch-prozessive T7-RNA-Polymerase produziert
werden.
[0070] In einer bevorzugten Ausführungsform ist im Falle eines weiteren Promotors neben
den H- und L-Strang Promotoren, z.B. im Falle des integrierten T7-Promotors, eine
"Signalsequenz" bzw. "Transkriptions-Terminations-Sequenz" (TTS) im Expressionsvektor
vorhanden, die verhindert, dass die T7-Promotor-gesteuerte Expression des z.B. zu
exprimierenden Gens und/oder des Selektionsmarkes durch die mitochondrialen Transkriptionsvorgänge
behindert wird. Die TTS der vorliegenden Erfindung befindet sich vorzugsweise hinter
dem Sequenzbereich des zu exprimierenden Gens und/oder des Selektionsmarkes, um die
Transkription zu stoppen. In einer bevorzugten Ausführungsform der vorliegenden Erfindung
stellt eine der flankierenden tRNAs die TTS dar, vorzugsweise die flankierende tRNA
für Leucin, die die vom mitochondrialen Promotor, z.B. HSP1, ausgehende Transkription
stoppt, wodurch die Expression z.B. des zu exprimierenden Gens und/oder des Selektionsmarkers
verstärkt wird.
[0071] Eine weitere Verstärkung der Expression gemäß der vorliegenden Erfindung ist dadurch
erreichbar, dass eine Vermehrung bzw. Replikation des Expressionsvektors innerhalb
der Mitochondrien ermöglicht wird, da dann nach einer Zellteilung der Expressionsvektor
an beide Tochterzellen weitergegeben wird, was eine dauerhafte Expression erlaubt.
Die mtDNA wird mittels einer eigenen Replikationsmaschinerie dupliziert, wobei ein
im Stand der Technik angenommenes Modell beschreibt, dass die mitochondriale Replikation
von zwei Replikationsursprüngen aus asymmetrisch verläuft (z.B.
Shadel, G. S. und D. A. Clayton, Annu. Rev. Biochem., 1997, 66: 409-435).
[0072] Beim asymmetrischen Modell beginnt die Replikation des H-Stranges am O
H, der stromabwärts des LSP liegt. Der für die Initiation benötigte Primer wird durch
die vom LSP ausgehende Transkription gebildet. Das dabei entstehende RNA-Fragment
bleibt über die konservierten Sequenzblöcke (CSB I-III) an die DNA gebunden. Zusammen
mit dem verdrängten H-Strang bildet dieses RNA/DNA-Hybrid eine stabile dreisträngige
Struktur, die als R-Loop bezeichnet wird. Der RNA-Strang wird durch eine Endonukleaseaktivität
an bestimmten Stellen in der O
H-Region gespalten und kann daraufhin als Primer für die DNA-Synthese des H-Stranges
durch die mitochondriale DNA-Polymerase γ (POLG) dienen. Die Replikation des H-Stranges
bricht in den meisten Fällen im Bereich der Terminations-assoziierten Sequenzen (TAS,
700 bp stromabwärts des O
H) ab. Durch den Terminationsvorgang entsteht die sogenannte 7S DNA, die zusammen mit
den beiden Strängen der mtDNA die charakteristische dreisträngige Struktur des
D-Loop ergibt. Wird jedoch die H-Strang-Synthese weitergeführt, erreicht sie nach 2/3 der
Elongation den O
L, wodurch die Replikation des L-Stranges in entgegengesetzter (asymmetrischer) Richtung
beginnt. Die verdrängte einzelsträngige DNA am O
L bildet eine
stem-loop-Struktur aus, die zur Rekrutierung einer möglichen mitochondrialen Primase führt.
Diese synthetisiert in der thymidinreichen Region des
Loops den RNA-Primer für die Replikation des L-Stranges. Im Bereich einer Pentanukleotidsequenz
an der Basis der Sekundärstruktur erfolgt der Übergang zwischen RNA- und DNA-Synthese.
Sind beide Stränge repliziert, werden die RNA-Primer entfernt, Lücken aufgefüllt sowie
ligiert und superhelikale Windungen in die geschlossenen zirkulären mtDNA-Moleküle
eingeführt (z.B.
Shadel, G. S. und D. A. Clayton, Annu. Rev. Biochem., 1997, 66: 409-435).
[0073] Somit weisen die Expressionsvektoren der vorliegenden Erfindung, die lediglich den
Replikationsursprung für den H-Strang, der im mitochondrialen Promotorbereich integriert
ist, beinhalten, den Nachteil auf, dass sie in den Mitochondrien nicht repliziert
werden, wodurch nach einer Zellteilung die Weitergabe des Expressionsvektors an beide
Tochterzellen verhindert wird und somit eine dauerhafte Expression nicht möglich ist.
Insofern wird in einer spezifischen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung zusätzlich
der Replikationsursprung für den L-Strang in den Expressionsvektor integriert, vorzugsweise
hinter das zu exprimierende Gen und/oder den Selektionsmarker, um die genannten Nachteile
zu umgehen und so die Expression zu verstärken.
[0074] Ein weiterer Mechanismus kann in den Expressionsvektor der vorliegenden Erfindung
eingebaut sein, um die Expression z.B. des zu exprimierenden Gens und/oder des Selektionsmarkers
nach einer möglichen Integration ins Kerngenom zu verhindern. Dazu wird z.B. das zu
exprimierende Gen und/oder der Selektionsmarker so verändert, dass es/sie nach der
Translation in den Mitochondrien funktionell ist/sind, während eine Translation im
Zytosol ein nicht funktionsfähiges Protein entstehen lässt. Hierzu werden in einer
bevorzugten Ausführungsform "Sicherheitsmechanismen" eingebaut, die darauf basieren,
dass die mtDNA im Vergleich zum Kerngenom einige Unterschiede in der Codon-Nutzung
aufweisen.
[0075] Zusätzlich lässt sich die Translation durch den Einsatz "Codonusage"-optimierter
Gene verbessern. Beispielsweise ist in dieser bevorzugten Ausführungsform ein Kern-Stop-Codon,
vorzugsweise TGA, im mitochondrialen Expressionsvektor z.B. im zu exprimierenden Gen
und/oder im Selektionsmarker integriert, dass in den Mitochondrien jedoch für Tryptophan
codiert. Somit wird bei einer Translation des z.B. zu exprimierenden Gens und/oder
des Selektionsmarkers im Zytosol ein Abbruch initiiert und das Protein in einer nicht
aktiven Form erhalten.
[0076] Folglich weist der "mitochondriale Expressionsvektor" bzw. "Expressionsvektor" der
vorliegenden Erfindung mindestens die zwei Bestandteile auf: exogene DNA, d.h. ein
zu exprimierendes Gen und/oder einen Selektionsmarker, und einen mitochondrialen Promotorbereich.
Erst in bevorzugten Ausführungsformen sind noch andere Bestandteile vorhanden, wie
beispielsweise weitere Selektionsmarker, Signalsequenzen bzw. Transkriptions-Terminations-Sequenzen
(TTS), Replikationsursprünge und/oder ein Sicherheitsmechanismus. Bevor die exogene
DNA, die in dem mitochondrialen Expressionsvektor der vorliegenden Erfindung integriert,
mittels einer physikalischen Transfektionsmethode in die Mitochondrien von Säugerzellen
eingebracht wird, werden die Mitochondrien zuvor reversibel zu Megamitochondrien induziert,
da Mitochondrien aufgrund ihrer geringen Dicke von 0,5-1 µm nur schwer transfiziert
werden können.
[0077] Mitochondrien, die gegenüber normalen Mitochondrien erheblich vergrößert sind, so
dass sie im Lichtmikroskop ohne Anfärben zu erkennen sind, werden gemäß der vorliegenden
Erfindung als "Megamitochondrien" bzw. "Riesenmitochondrien" bezeichnet. Diese zeichnen
sich insbesondere dadurch aus, dass sie angeschwollen sind (
PCT/EP2009/004454), wobei sie vorzugsweise einen Durchmesser von ≥ 2 µm, bzw. von 2-10 µm, bevorzugt
von 2, 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 oder 10 µm, am bevorzugtesten zwischen 4-10 µm oder 4,
5, 6, 7 oder 10 µm aufweisen.
[0078] Die reversible Induktion der Megamitochondrien erfolgt vor der physikalischen Transfektion
der Mitochondrien, wobei gemäß der vorliegenden Erfindung die Megamitochondrien entweder
durch die Gabe von Wirkstoffen bzw. Chemikalien in das Kulturmedium, vorzugsweise
Valinomycin (
Malka, F. et al., EMBO Rep., 2005, 6: 853-859), Chloramphenicol (
Albring, M. et al., Naturwissenschaften, 1975, 62: 43-44), Cuprizon (
Suzuki, K., Science, 1969, 163: 81-82) oder H
2O
2 oder Hydrazin (
Teranishi, M. et al., J. Electron. Microsc., (Tokyo), 1999, 48: 637-651), mehr bevorzugt Valinomycin, oder durch die Inkubation der Zellen im sauren Kulturmedium
reversibel induziert werden, wobei das Kulturmedium durch Zugabe oder durch Entstehenlassen
von pH-Wert senkenden Substanzen, beispielsweise Säuren oder deren Salze, angesäuert
bzw. azidifiziert wird (
PCT/EP2009/004454), vorzugsweise durch Zugabe oder Entstehenlassen von Milchsäure, Lactat, Essigsäure
und/oder Natriumacetat bzw. Gemischen davon.
[0079] Unter dem Begriff "Kulturmedium" bzw. "Nährmedium" wird gemäß der vorliegenden Erfindung
das Substrat gemeint, das zur Kultur der Zellen dient. Die für die vorliegende Erfindung
geeigneten Kulturmedien sind beispielsweise das Iscove's Medium, RPMI Medium, Dulbecco's
MEM Medium, MEM Medium, F12 Medium, Dulbecco's modified Eagle's medium (DMEM) oder
Eagle's Minimum Essential Medium (EMEM). Diese Medien können mit Zusatzstoffen angereichert
werden, wie beispielsweise mit fetalem Kälberserum, Bromdesoxyuridin, Pyruvat, Uridin,
Earle's Salze, L-Glutamin, Natriumbicarbonat oder nicht-essentiellen Aminosäuren.
[0080] "Valinomycin" ist ein K
+-selektives Zyklosidpeptid, welches als lonophor agiert und die oxidative Phosphorylierung
entkoppelt. Zur reversiblen Induktion von Megamitochondrien sind die Zellen vor der
physikalischen Transfektion der Mitochondrien für 1-5 h in Kulturmedium mit 1-20 µM
Valinomycin zu inkubieren, vorzugsweise für 1, 2 oder 4 h in Kulturmedium mit 10 µM
Valinomycin.
[0081] Neben der reversiblen Induktion der Megamitochondrien durch die Zugabe von Chemikalien,
ist auch die Inkubation der Zellen in saurem Kulturmedium eine Möglichkeit, Mitochondrien
zum Schwellen zu bringen. Das Kulturmedium ist hierfür durch Zugabe oder durch Entstehenlassen
pH-Wert senkender Substanzen, beispielsweise Säuren oder Salzen davon, auf einen pH-Wert
von zwischen 5,3 und 6,7, vorzugsweise von zwischen 5,7 und 6,3 oder von zwischen
6,4 und 6,5 anzusäuern.
[0082] Die Ansäuerung mittels pH-Wert senkender Substanzen kann zum einen durch die Zugabe
von Milchsäure oder ihrer Salze, beispielsweise Lactat, erfolgen, so dass die finale
Konzentration von Milchsäure oder des Salzes im Kulturmedium vorzugsweise bei zwischen
5 bis 100 mM, vorzugsweise bei zwischen 40 bis 70 mM liegt. Das erzeugt einen pH-Wert
im Kulturmedium von zwischen 5,3 und 7,0, vorzugsweise von zwischen 5,3 bis 6,7, bevorzugt
von zwischen 5,7 und 6,3 oder von zwischen 6,4 und 6,5, am bevorzugtesten einen pH-Wert
von 6,3 (siehe
PCT/EP2009/004454).
[0083] Weitere Säuren, die als pH-Wert senkende Substanzen zur Ansäuerung des Kulturmediums
im Rahmen der vorliegenden Erfindung verwendet werden können, umfassen beispielsweise
Essigsäure und ihre Salze. Die Zugabe von Essigsäure oder ihrer Salze erfolgt so,
dass die ihre finale Konzentration im Kulturmedium bei zwischen 5 bis 100 mM, vorzugsweise
bei zwischen 25 bis 40 mM, mehr bevorzugt bei zwischen 30 bis 35 mM liegt. Das erzeugt
einen pH-Wert im Kulturmedium von zwischen 5,3 bis 7,0, vorzugsweise von 5,7 bis 7,0,
bevorzugt von zwischen 6,3 und 7,0, am bevorzugtesten einen pH-Wert von 6,3
[0084] Im Hinblick auf die Essigsäure kann insbesondere ihr Natriumsalz Natriumacetat als
pH-Wert senkende Substanz verwendet werden, wobei dessen Zugabe so erfolgt, dass die
finale Konzentration bei zwischen 5 bis 100 mM, vorzugsweise bei zwischen 45 bis 65
mM, vorzugsweise bei 45, 50, 55, 60 oder 65 mM, am bevorzugtesten bei zwischen 50
oder 60 mM liegt. Das erzeugt einen pH-Wert im Kulturmedium von zwischen 5,3 bis 7,0,
vorzugsweise von zwischen 5,7 bis 7,0, bevorzugt von zwischen 6,3 und 7,0, am bevorzugtesten
einen pH-Wert von 6,3.
[0085] Ferner kann die Ansäuerung auch durch Stoffwechselprodukte erfolgen, die durch Kultivierung
der Zellen ohne Medienwechsel im Kulturmedium entstehen, d.h. die Ansäuerung kann
durch "Entstehenlassen von pH-Wert senkenden Substanzen" im Kulturmedium erfolgen,
beispielsweise Lactat, das beim Abbau von Zuckern durch die Milchsäuregärung als Stoffwechselzwischenprodukt
in einer Konzentration von zwischen 15 bis 50 g/I, vorzugsweise von zwischen 25 bis
30 g/I entsteht und somit von den Säugerzellen selbst produziert wird und einen pH-Wert
von zwischen 6,3 und 7,0, vorzugsweise von zwischen 6,7 und 6,8 erzeugt.
[0086] Die Säugerzellen werden zur reversiblen Induktion der Megamitochondrien gemäß der
vorliegenden Erfindung im angesäuerten Medium inkubiert, vorzugsweise für zwischen
10 min und 5 Tage, vorzugsweise für zwischen 20 min und 2 Tage, mehr bevorzugt für
20 min, 60 min und 2 Tage. Die Inkubation erfolgt vorzugsweise bei 37°C, einer relativen
Luftfeuchtigkeit von 95% und 5% CO
2-Begasung.
[0087] Unter dem Begriff "Säugerzellen" bzw. "Zellen" sind gemäß der vorliegenden Erfindung
Zellen von Säugerzelllinien gemeint, wobei "Säugerzelllinien" die Zelllinien 143B.TK
-, 143B.TK
-+pEGFP-Mito, 143B.TK
-+pEGFP-OMP, 143B.TK
-K7 und He-Ia296-1 umfassen. Zum Zeitpunkt der reversiblen Induktion der Megamitochondrien
wiesen die Säugerzellkulturen eine Zelldichte von zwischen 1-5 × 10
5 Zellen pro 35 mm-Schale, vorzugsweise von 3 × 10
5 Zellen pro 35 mm-Schale. Umgerechnet bedeutet dies ca. 1-5 × 10
4 Zellen pro cm
2. In einer weiteren Ausführungsform umfasst der Begriff "Säugerzellen" bzw. "Zellen"
gemäß der vorliegenden Erfindung "rho
0-Zellen" bzw. "ρ
0-Zellen" (siehe
PCT/EP2008/010586), die für erfindungsgemäße Transfektionsversuche mit mtDNA verwendet werden, bei
denen komplette mitochondriale Genome oder Teile/Derivate davon aufzunehmen sind.
[0088] Die Induktion der Megamitochondrien, die gemäß der vorliegenden Erfindung durchgeführt
wird, zeichnet sich dadurch aus, dass sie reversibel ist, wobei unter dem Begriff
"reversibel" bzw. "Reversibilität" die Umkehrung zu verstehen ist, dass sich die durch
Induktion hergestellten Megamitochondrien in den Zustand vor ihrer Induktion ohne
Veränderungen zurückbilden können. Hierfür wird das mit Wirkstoffen angereicherte
bzw. angesäuerte Kulturmedium jeweils mit einem Kulturmedium ausgetauscht, das entweder
nicht mit Wirkstoffen, z.B. nicht mit pH-Wert senkenden Substanzen angereichert oder
nicht angesäuert ist, d.h. vorzugsweise einen pH-Wert von ≥ 7,0, vorzugsweise einen
pH-Wert ≥ 7,4 aufweist.
[0089] Die Methode für die Induktion der Megamitochondrien bzw. die Auswahl des für die
Anreicherung verwendeten Wirkstoffes bzw. der für die Ansäuerung verwendeten Säure
oder Salzes erfolgt in Abhängigkeit von der Transfektionsmethode. Unter dem Begriff
"Transfektion" ist gemäß der vorliegenden Erfindung das Einbringen von Fremd-DNA in
eukaryontische Zellen zu verstehen, wodurch der Zelle erlaubt wird, fremde bzw. heterologe
Gene nach der DNA-Aufnahme zu exprimieren. Man unterscheidet zwischen zwei Arten der
Transfektion: Bei der "transienten Transfektion" wird ein Vektor in die Wirtszelle
eingebracht, um eine vorübergehend starke Expression eines heterologen Gens zu erreichen.
Diese Expression geht jedoch mit der Verdünnung des Vektors bei jeder Zellteilung
rapide zurück. Sehr selten kommt es durch illegitime Rekombination zu einer Integration
des Vektors in das Genom der Zelle, so dass die Verdünnung nicht mehr fortschreitet.
Bei der "stabilen Transfektion" wird durch den dauerhaften Einbau der Vektor-DNA in
das Wirtsgenom eine langfristige Genexpression anvisiert. Voraussetzung ist allerdings,
dass ein selektierbares Gen mittransfiziert wird. Werden retrovirale Expressionsvektoren
eingesetzt, ist eine stabile Integration der Vektor-DNA gewährleistet.
[0090] Gemäß der vorliegenden Erfindung ist eine physikalische Transfektionsmethode zu verwenden,
wobei die physikalische Transfektionsmethode aus der Gruppe ausgewählt ist, die aus
dem Beschießen der Zellen mit DNA-beschichteten Mikropartikeln in einer Genkanone,
der Transfektion mithilfe magnetischer Partikel und der Mikroinjektion besteht.
[0091] Das Beschießen der Zellen mit DNA-beschichteten Mikropartikeln, vorzugsweise Gold-
oder Wolframpartikeln, erfolgt gemäß der vorliegenden Erfindung in einer Genkanone
(Gene Gun), wobei es sich hierbei um ein biolistisches, d.h. um ein rein mechanisches, Verfahren
handelt, DNA mit Hilfe von Partikeln in Zellen zu schießen. Die DNA wird dabei auf
die Oberfläche der Partikel aufgebracht, die anschließend unter hohem Druck auf die
Säugerzelle geschossen werden. Am Zielort, d.h. in den Mitochondrien, wird die DNA
anschließend freigesetzt und kann dort exprimiert werden. Im Rahmen der vorliegenden
Erfindung wurden spezifische Parameter eingestellt, um eine Transfektionsrate von
bis zu 8% zu erreichen. Die Mikropartikel (Wolfram- oder Goldpartikel, vorzugsweise
Goldpartikel) besitzen einen Durchmesser von zwischen 0,2 bis 5 µm, vorzugsweise von
0,6 bis 2,5 µm, bevorzugt von 0,6; 1,0, 1,2 oder 1,6 µm, mehr bevorzugt von 0,6 µm,
wobei pro Transfektionsansatz zwischen 0,1 bis 5 µg, vorzugsweise zwischen 0,5 bis
2 µg, bevorzugt 1 µg des mitochondrialen Expressionsplasmids und 0,05 bis 2,5 µg,
vorzugsweise 0,1 bis 1,0 µg, vorzugsweise 0,5 µg Partikel zu verwenden sind.
[0092] Das Beschießen der Zellen mit DNA-beschichteten Partikeln hat gemäß der vorliegenden
Erfindung bei Kammerdrücken zwischen 5 bis 50 in Hg, vorzugsweise zwischen 15 bis
27 in Hg, vorzugsweise bei 15, 20, 25 und 27 in Hg, mehr bevorzugt bei ≥ 25 in Hg,
am bevorzugtesten bei 27 in Hg Unterdruck oder im Vakuum, unter Verwendung von 100-3000
psi, vorzugsweise von 1350-2000 psi, bevorzugt von 1350, 1550, 1800 oder 2000 psi,
mehr bevorzugt von 1800 psi Berstscheiben (
Rupture Disks); und/oder auf einer der Einschubebenen A-D der Genkanone, wobei A die oberste und
D die unterste Einschubebene darstellt, vorzugsweise auf der zweitobersten Einschubebene
(Ebene B) oder der zweituntersten Ebene (Ebene C), bevorzugt auf der zweituntersten
Ebene (Ebene C) der Genkanone zu erfolgen, wobei die Zellen für den Beschuss in Kunststoff-Kulturschalen
mit einem Durchmesser von 35-150 mm, vorzugsweise von 35, 60, 100 oder 150 mm, bevorzugt
von 35 kultiviert werden sollten. Das Aufbringen der DNA auf die Mikropartikel geschieht
gemäß der vorliegenden Erfindung dadurch, dass die DNA im Beisein der Partikel vorzugsweise
durch Neutralsalze, vorzugsweise durch CaCl
2 ausgefällt wird, wobei dieser Vorgang durch die Zugabe von 0,05-0,2 M, vorzugsweise
von 0,1 M Spermidin noch verstärkt werden kann.
[0093] Neben dem Beschießen der Zellen mit DNA-beschichteten Mikropartikeln in einer Genkanone
kann die physikalische Transfektion der Megamitochondrien noch mithilfe magnetischer
Partikel erfolgen. Bei dieser Methode werden magnetische Partikel, vorzugsweise magnetische
Nanopartikel, z.B. MagTag™, genutzt, um DNA in die Zellen zu transportieren, wobei
die magnetischen Partikel mit DNA beschichtet, über den Zellen im Kulturmedium verteilt
und durch eine Magnetplatte in die Zellen gezogen werden, wo sie die DNA freigeben.
Diese Methode hat den Vorteil, dass die Zellmembran nicht durch chemische Reagenzien
beeinflusst wird. Hierfür werden Transfektionsreagenzien verwendet, die die magnetischen
Nanopartikel beinhalten, z.B. MaTra-A (IBA, Göttingen, Deutschland).
[0094] Eine weitere physikalische Transfektionsmethode stellt die Transfektion durch Mikroinjektion
von DNA dar, bei der eine Glaskapillare durch die Zellmembran geschoben wird, durch
die anschließend unterschiedliche Nukleinsäuren, z.B. der mitochondriale Expressionsvektor
bzw. das mitochondriale Expressionsplasmid, in die Zelle eingebracht werden kann.
[0095] Für die Mikroinjektion gemäß der vorliegenden Erfindung sind die Zellen auf Glasbodenschalen
mit integriertem Raster auszusäen, um die injizierten Zellen später leichter auffinden
zu können. Nach der Induktion von Megamitochondrien sind die Säugerzellen an einem
Mikromanipulator zu injizieren, wozu die Injektionskapillare mit 10-500 ng/µl, vorzugsweise
mit 50-350 ng/µl DNA-Lösung enthaltend das mitochondriale Expressionsplasmid befüllt,
an die Apparatur anzuschließen und mit dem Mikromanipulator an die zu injizierenden
Säugerzellen heranzuführen ist. Die eigentliche Injektion erfolgt direkt axial in
die Megamitochondrien mit einem Injektionsdruck von 50-150 hPa, vorzugsweise von 90-120
hPa, einer Injektionszeit von 0,1-0,2 s und/oder einem Haltedruck von 40-50 hPa.
[0096] Die Mikroinjektion stellt die bevorzugteste physikalische Transfektionsmethode der
vorliegenden Erfindung dar Methode, da bei der Mikroinjektion sehr große Mitochondrien
(bevorzugt >3 µm) verwendet werden und man somit optisch verfolgen kann, ob die Mitochondrien
wirklich transfiziert bzw. penetriert wurden.
[0097] In einer spezifischen Ausführungsform der vorliegenden Erfindung werden vor dem Beschießen
der Säugerzellen mit DNA-beschichteten Goldpartikeln in einer Genkanone oder vor der
Transfektion mithilfe magnetischer Partikel die Megamitochondrien durch Ansäuerung
des Kulturmediums mittels Milchsäure und vor der Mikroinjektion der Säugerzellen die
Megamitochondrien durch Ansäuerung des Kulturmediums mittels Zugabe von Natriumacetat
oder Essigsäure induziert.
[0098] Folglich ist der Gegenstand der vorliegenden Erfindung zudem ein Verfahren zum Einbringen
exogener DNA in Mitochondrien von Säugerzellen, das die folgenden Schritte umfasst:
(i) Konstruktion eines mitochondrialen Expressionsvektors,
(ii) reversible Induktion von Megamitochondrien und
(iii) Transfektion der Megamitochondrien mit dem mitochondrialen Expressionsvektor
mittels einer physikalischen Transfektionsmethode.
[0099] Die folgenden Beispiele dienen der Veranschaulichung des Gegenstands der vorliegenden
Erfindung.
Beispiel 1: Mikrobiologische Methoden
Flüssigkulturen von Bakterien
[0100] Benötigtes Material:
LB-Medium
Antibiotikum-Stammlösung
Durchführung:
[0101] Für eine Flüssigkultur wurden je nach benötigter Menge 10 ml LB-Medium in einem 50-ml-Röhrchen
oder 5 ml in einem 15-ml-Röhrchen vorgelegt. Bei Bedarf wurde zur Selektion des gewünschten
Bakterienstammes das benötigte Antibiotikum (Tab. 1) hinzugefügt. Das Medium wurde
mittels einer sterilen Pipettenspitze mit einer gepickten Kolonie von einer Agar-Platte
und über Nacht bei 37°C unter Schütteln inkubiert.
Tabelle 1: Eingesetzte Antibiotika-Konzentrationen
Antibiotikum |
Konzentration der Stocklösung |
gelöst in |
Stocklösung/ml Medium |
Endkonzentration im Medium |
Ampicillin |
50 mg/ml |
ddH2O |
2-3 µl |
100-150 µg/ml |
Kanamycin |
10 mg/ml |
ddH2O |
5 µl |
50 µg/ml |
Tetracyclin |
5 mg/ml |
Ethanol |
10 µl |
50 µg/ml |
Chloramphenicol |
34 mg/ml |
Ethanol |
0,5-5 µl |
17-170 µg/ml |
[0103] Humane mitochondriale DNA kann in größeren Mengen aus Placenta präpariert werden.
Dies ist der einfachste Weg, da andere humane Gewebe nur schwer zugänglich sind, während
Placenten bei jeder Geburt anfallen. Die Präparation beruht hauptsächlich auf einer
differenziellen Zentrifugation, bei der die Mitochondrien vom Kern und Zelltrümmern
gereinigt werden und anschließend die DNA aus ihnen präpariert wird.
[0104] Benötigtes Material:
Sucrose-TE-Puffer (STE)
Sucrose-TE-Puffer+ (STE+)
Sucrose-TE-Puffer mit MgCl2 (STEM)
0,5 M EDTA
5 M NaCl
0,5 M SDS
DNase I (RNase-frei)
RNase A (DNase-frei)
Verbandmull
Miracloth
Glas-Homogenisator
Corex-Glas-Zentrifugenröhrchen
Durchführung:
[0105] Nach der Abholung aus dem Kreißsaal wurde die Placenta auf Eis abgekühlt. Anschließend
wurde die Placenta in kleine Stücke geschnitten, wobei das Bindegewebe und größere
Gefäße abgetrennt wurden. Die Stücke wurden dann solange in STE gewaschen, bis nahezu
kein Blut mehr austrat. Nach dem Wiegen (normalerweise 300-350 g) wurden die Stücke
bis zur weiteren Verarbeitung in Form einer dünnen Platte bei -80°C eingefroren. Nach
dem Antauen für ca. 1 h bei RT folgte die Zerkleinerung (durch Brechen) der Platte
in kleine Stücke, die dann für 1,5 h langsam in 1 I STE gerührt wurden, bis sie völlig
aufgetaut waren. Nach dem Überführen der Stücke in 600 ml neuen STE erfolgte die Zerkleinerung
im Mixer für 3 × 20 s bei niedriger Geschwindigkeit. Nach einer Zentrifugation für
15 min bei 500 × g und 4°C zur Entfernung der Zelltrümmer wurden die Überstände durch
zwei Lagen Mull geschüttet und für die spätere Verwendung aufgehoben. Die Pellets
wurden in 200 ml STE resuspendiert und nochmals für 3 × 20 s im Mixer zerkleinert.
Nach der erneuten Zentrifugation für 15 min bei 500 × g und 4°C wurden die Überstände
durch die bereits benutzten Mulllagen geschüttet und die Pellets durch zwei neue Lagen
Mull und eine Lage MiraCloth ausgedrückt, um die restliche Flüssigkeit zu erhalten.
Die vereinigten Überstände (ca. 500 ml) wurden im Glas-Homogenisator durch 4-5 Hübe
bei 100 rpm weiter zerkleinert und bei 4°C und 1500 × g für 15 min zentrifugiert.
Die Zentrifugation wurde mit den Überständen mindestens zweimal wiederholt, bis nahezu
kein Pellet mehr zu sehen war. Anschließend wurden die Mitochondrien aus dem Überstand
bei 10.800 × g und 4°C für 20 min abzentrifugiert. Das Pellet wurde entweder für die
Herstellung eines
in-vitro-Transkriptionsextraktes verwendet oder in 120 ml STEM resuspendiert und mit zwei
Hüben bei 100 rpm im Glas-Homogenisator gepottert. Es wurde in STEM gelöste DNase
mit der Endkonzentration von 0,1 mg/ml zugegeben, die Proben auf vier 50-ml-Reaktionsgefäße
verteilt und für 30 min bei 37°C im Wasserbad inkubiert. Nach der Inaktivierung der
DNase I durch Zugabe von 7 ml 0,5 M EDTA pro Reaktionsgefäß und einer anschließenden
Inkubation bei RT für 10 min wurden die Mitochondrien für 20 min bei 4°C und 15.000
× g abzentrifugiert. Die Pellets wurden in 80 ml STE+ aufgenommen, auf zwei 50-ml-Reaktionsgefäße
verteilt und jeweils 0,8 ml 5 M NaCl zugegeben. Anschließend wurde solange 0,5 M SDS
zugegeben (ca. 0,5-1 ml), bis die Mitochondrien lysiert waren und die Lösung klar
wurde. Die Lösung wurde danach mit 2,5 mg DNase-freier RNase A pro Reaktionsgefäß
versetzt und im Wasserbad bei 37°C für 1 h inkubiert. Die Proben wurden vereinigt,
auf sechs 50-ml-Reaktionsgefäße verteilt, einer Phenol-/Chloroform-Extraktion unterzogen,
auf 16 Corex-Glas-Zentrifugenröhrchen verteilt und über Nacht bei -20°C ohne Zugabe
von Natriumacetat gefällt. Nach dem Lufttrocknen wurden die Pellets jeweils in 500
µl ddH
2O aufgenommen, vereinigt, dialysiert und wiederum gefällt. Das Pellet wurde in 500
µl ddH2O aufgenommen, nach einer Restriktionsspaltung mit P
vuII gelelektrophoretisch analysiert und bei -20°C gelagert. Waren genügend Proben (5-8
Stück) aufgereinigt, wurden sie vereinigt, mit 50 µg/ml DNase-freier RNase A versetzt
und für 1 h bei 37°C im Wasserbad inkubiert. Anschließend wurde eine Reinigung mittels
CsCI-Gradienten-Zentrifugation durchgeführt. Nach der Dialyse wurde die DNA gefällt,
in 100 µl ddH
2O aufgenommen und nach einer Restriktionsspaltung mit
PvuII gelelektrophoretisch sowie durch einen Southern Blot analysiert. Die DNA wurde
bis zur weiteren Verwendung bei -20°C gelagert. Die aufgereinigten Mitochondrien aus
humaner Placenta wurden in zwei Volumen MS-Puffer aufgenommen und anschließend für
10 min bei 4°C und 13.000 × g abzentrifugiert. Das Pellet wurde in einem Volumen ML-Puffer
aufgenommen, mit 0,5% Tween 20 sowie 0,5% KCI versetzt und 10 Minuten auf Eis inkubiert.
Das Lysat wurde im Glas-Homogenisator durch 10 Hübe bei 100 rpm suspendiert und bei
4°C und 13.000 × g für 45 min zentrifugiert. Der klare Überstand (S-13-Extrakt) wurde
vorsichtig abgenommen, aliquotiert in flüssigem Stickstoff eingefroren und anschließend
bei -80°C gelagert. Der Extrakt blieb mindestens ein Jahr lang aktiv.
Beispiel 3: In-vitro-Transkription mitochondrialer Plasmide
[0107] Bei der i
n-
vitro-Transkription erfolgt die Synthese der RNA anhand einer Template-DNA in einem zellfreien
System. Da die Mitochondrien ein eigenes Transkriptionssystem besitzen, kann für die
in-
vitro-Transkription mitochondrialer Gene keines der etablierten Transkriptionssysteme genutzt
werden. Durch die Herstellung eines Transkriptionsextraktes aus isolierten Mitochondrien
ist es jedoch möglich, die Transkription mit mitochondrialen Promotoren zu nutzen.
Benötigtes Material:
[0108]
aufgereinigte Mitochondrien aus Placenta
MS-Puffer (mitochondria suspension buffer)
ML-Puffer (mitochondria lysis buffer)
Tween 20
5 M KCl
Durchführung:
[0109] Die aufgereinigten Mitochondrien aus humaner Placenta wurden in zwei Volumen MS-Puffer
aufgenommen und anschließend für 10 min bei 4°C und 13.000 × g abzentrifugiert. Das
Pellet wurde in einem Volumen ML-Puffer aufgenommen, mit 0,5% Tween 20, sowie 0,5%
KCI versetzt und 10 Minuten auf Eis inkubiert. Das Lysat wurde im Glas-Homogenisator
durch 10 Hübe bei 100 rpm suspendiert und bei 4°C und 13.000 × g für 45 min zentrifugiert.
Der klare Überstand (S-13-Extrakt) wurde vorsichtig abgenommen, aliquotiert in flüssigem
Stickstoff eingefroren und anschließend bei -80°C gelagert. Der Extrakt blieb mindestens
ein Jahr lang aktiv.
3.2. In-vitro-Transkription
[0110] Die Template-DNA muss vor dem Einsatz in der
in-vitro-Transkription durch eine Restriktionsendonuklease stromabwärts des Promotors und
des zu transkribierenden Fragmentes linearisiert werden. Geschieht dies nicht, erhält
man aufgrund der Prozessivität der RNA-Polymerasen eine Vielzahl unterschiedlicher
RNAs. Zum Schutz der entstehenden RNA-Moleküle vor eventuell vorhandenen RNasen ist
die Zugabe eines RNase-Inhibitors sinnvoll.
Benötigtes Material:
[0111]
linearisierte Template-DNA
RiboLock™ RNase-Inhibitor
rNTP-Mix, 25 mM each
DEPC-H2O
S-13-in-vitro-Transkriptionsextrakt
2 × Transkriptionspuffer
Transkriptions-Stop-Puffer
Durchführung:
[0112] Zur
in-
vitro-Transkription wurde der folgende Ansatz mit einem Reaktionsvolumen von 100 µl auf
Eis zusammenpipettiert:
× µl |
Template-DNA (2 µg) |
2,5 µl |
RiboLock™ RNase-Inhibitor (100 U) |
4 µl |
rNTP-Mix |
ad 35 µl |
DEPC-H2O |
15 µl |
S13-in-vitro-Transkriptionsextrakt |
50 µl |
2 × Transkriptionspuffer |
[0113] Der Ansatz wurde bei 30°C für 45 min inkubiert und anschließend wurde die Reaktion
durch Zugabe von 200 µl Transkriptions-Stop-Puffer gestoppt.
3.3. Aufreinigung der RNA aus dem in-vitro-Transkriptionsextrakt
[0114] Um RNA aus dem Reaktionsansatz, der einen hohen Proteinanteil besitzt, isolieren
zu können, wird der Ansatz einer Phenol-/Chloroform-Extraktion unterzogen. Durch den
Einsatz von Phenol mit einem pH-Wert von 4,5-5 wird die RNA in der wässrigen Phase
angereichert, während sich die DNA eher in der Interphase ansammelt, so dass die DNA-Kontamination
im RNA-Eluat vermindert wird. Das Lösungsmittel Phenol stört nachfolgende enzymatische
Reaktionen und muss deshalb sorgfältig durch mehrmaliges Ausschütteln mit Chloroform
entfernt werden.
Benötigtes Material:
[0115]
Phenol pH 4,5-5
Phenol/Chloroform/Isoamylalkohol, 25:24:1 (v/v/v)
Chloroform/Isoamylalkohol, 24:1 (v/v)
Chloroform
DEPC-H2O
Durchführung:
[0116] Die RNA-Lösung wurde nacheinander mit einem Volumen Phenol, einem Volumen Phenol/Chloroform/Isoamylalkohol
und einem Volumen Chloroform/Isoamylalkohol ausgeschüttelt. Dazwischen wurde jeweils
bei RT bei 14.000 x g zentrifugiert, bis die Phasen vollständig getrennt waren und
anschließend wurde die obere wässrige Phase, die die RNA enthielt, in ein neues Reaktionsgefäß
überführt. Um sicherzustellen, dass kein Phenol mehr in der RNA-Lösung vorhanden ist,
erfolgte die Chloro-form/Isoamylalkohol-Extraktion bis zu fünf Mal (es durfte keine
Interphase mehr zu sehen sein). Beim letzten Schritt wurde Chloroform statt Chloroform/Isoamylalkohol
verwendet. Anschließend erfolgte eine Fällung der Nukleinsäuren mittels Ethanol. Das
Pellet wurde in 25 µl DEPC-H
2O aufgenommen.
Beispiel 4: Zellkultur
4.1. Kultivierung von Zellen
[0117] Die Kultivierung von Zellen wurde unter Einhaltung aller Sicherheitsmaßnahmen bei
keimarmen Bedingungen durchgeführt. Das Zellwachstum wurde mithilfe eines Inversmikroskops
mit Phasenkontrasteinrichtung überprüft. Grundsätzlich galten die in Tab. 2 angegebenen
Richtwerte für die verwendeten Kulturgefäße.
Tabelle 2: Richtwerte für die Kultivierung von Zellen
Gefäß |
Fläche (cm2) |
Zelldichte beim Aussäen |
Zelldichte bei Konfluenz |
Wachstumsmedium (ml) |
PBS (ml) |
Trypsin (ml) |
Flaschen |
|
|
|
|
|
|
TC 25 |
25 |
0,7 × 106 |
2,8 × 106 |
5 |
2 |
1 |
TC 80 |
75 |
2,0 × 106 |
8,0 × 106 |
15 |
6 |
2 |
Schalen |
|
|
|
|
|
|
35 mm |
8 |
0,3×106 |
1,2×106 |
25 |
2 |
0,5 |
60 mm |
21 |
0,7×106 |
3,2×106 |
5 |
4 |
1 |
100 mm |
55 |
2,0×106 |
8,0×106 |
10 |
8 |
2 |
150 mm |
148 |
5,0×106 |
2,1×107 |
20 |
15 |
4 |
[0118] Um etwaige Kontaminationen mit Mykoplasmen zu detektieren, wurden regelmäßig
[0119] Kontrollen mit Hilfe des VenorGeM
® Mycoplasma Detection Kit nach Herstellerangaben durchgeführt. Die Zellen wurden routinemäßig
bei 37°C und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 95% im CO
2-begasten Brutschrank kultiviert und je nach Wachstumseigenschaften alle zwei bis
vier Tage passagiert.
4.2. Transfektion eukaryontischer Zellen
4.2.1. Transfektion mit dem Transfektionsreagenz METAFECTENE® PRO
[0120] METAFECTENE
® PRO ist ein polykationisches Transfektionsreagenz, das in Kombination mit einem neutralen
Kolipid in liposomaler Form vorliegt. Der Eintritt von DNA in die Zellen findet statt,
indem die zu transfizierende DNA zunächst in kompakte Strukturen komplexiert und endozytotisch
in die Zellen aufgenommen wird. Innerhalb der Zelle wird die Freisetzung der Nukleinsäuren
aus den Endosomen durch Puffereigenschaften der Komplexbildner bewerkstelligt, die
zu einem Anstieg des osmotischen Druckes in dem Endosom führen, so dass die Membran
aufbricht. Dieser Prozess wird durch die Eigenschaften der kationischen Lipide unterstützt,
die durch die Ansäuerung durch Protonen die Endosomen destabilisieren
(Repulsive Membrane Acidolyis). Da die Aufnahme der DNA in den Zellkern überwiegend während des Zusammenbruchs der
Kernhülle (Mitose) erfolgt, sollte die Transfektion am besten mit stark proliferierenden
Zellen durchgeführt werden.
Benötigtes Material:
[0121] METAFECTENE
® PRO (Biotex, Martinsried, Deutschland)
Durchführung:
[0122] Die Transfektionen erfolgten nach der mitgelieferten Anleitung (Stand: Juli 2005).
Um eine mögliche Adsorption der Reagenzien an die Gefäßwände zu verhindern, wurden
für die Transfektion ausschließlich Gefäße aus Polystyrol verwendet.
4.2.2. Transfektion mit dem Transfektionsreagenz FuGENE® HD
[0123] Bei FuGENE® HD handelt es sich um ein nicht-liposomenbasiertes Transfektionsreagenz,
das einen Komplex mit der zu transfizierenden DNA bildet und diese anschließend in
die Zelle transportiert. Ebenso wie bei METAFECTENE
® PRO sollte eine Transfektion mit FuGENE
® HD nur an stark proliferierenden Zellen durchgeführt werden.
Benötigtes Material:
[0124] FuGENE
® HD (Roche, Mannheim, Deutschland)
Durchführung:
[0125] Die Transfektionen erfolgten nach der mitgelieferten Anleitung (Stand: Oktober 2005).
4.2.3. Transfektion mit dem Transfektionsreagenz MATra-A
[0126] Diese Transfektionsreagenz nutzt magnetische Nanopartikel (MagTag™), um die gewünschte
DNA in die Zellen einzuschleusen. Im ersten Schritt wird die DNA an die Nanopartikel
gebunden, welche dann durch magnetische Anziehung (mittels einer Magnetplatte, die
unter die Kulturschale gestellt wird) in die Zellen eindringen und dort die DNA auf
ihrer Oberfläche abgeben können. Diese Methode hat den Vorteil, dass die Zellmembran
nicht durch chemische Reagenzien beeinflusst wird und sie auch bei Zellen gute Ergebnisse
liefert, die mit auf Liposomen basierenden Transfektionsreagenzien nur schlecht zu
transfizieren sind.
Benötigtes Material:
[0127]
MATra-A (IBA, Göttingen, Deutschland)
Magnetplatte
Durchführung:
[0128] Die Transfektionen erfolgten nach der mitgelieferten Anleitung (Stand: Juli 2006).
Beispiel 5: Selektion transfizierter Zellen durch Antibiotika
[0129] Für eine stabile Transfektion ist eine Selektion positiver Klone unabdingbar. Nur
so wird eine Reinkultur an Zellen erzielt, die das gewünschte Konstrukt enthält.
Benötigtes Material:
[0130]
Selektionsantibiotikum
Durchführung:
[0131] Die Selektion der transfizierten Zellen wurde über Antibiotika sichergestellt, für
die auf den jeweiligen Konstrukten die entsprechenden Resistenzgene vorhanden waren,
um ein Überleben der positiven Klone zu gewährleisten. Für jedes Antibiotikum wurde
zunächst ermittelt, ab welcher Konzentration alle untransfizierten Zellen einer Kulturschale
abstarben bzw. das Wachstum einstellten. Dazu wurden die verschiedenen Zelllinien
in den entsprechenden Kulturmedien ausgesät und mit dem jeweiligen Antibiotikum in
verschiedenen Konzentrationen inkubiert. Das selektive Medium wurde alle zwei Tage
gewechselt und die Zellen über insgesamt acht Tage hinweg beobachtet. Als Negativkontrolle
dienten Zellen, die ohne Antibiotikum in dem Standardmedium inkubiert wurden. Die
benötigte Menge an Antibiotikum für die Selektion nach einer Transfektion wurde durch
die Konzentration ermittelt, bei der nach vier bis fünf Tagen alle Zellen in der Kulturschale
abgestorben waren. Mit der Selektion wurde zwischen 24 und 48 h nach der Transfektion
begonnen.
Beispiel 6: Selektion von mit mtDNA transfizierten ρ0-Zellen
[0132] Für die Selektion von mit mtDNA transfizierten ρ
0-Zellen steht nur ein metabolischer Test zur Verfügung. Bei diesem Test wird die Abhängigkeit
der ρ
0-Zellen von Uridin und Pyruvat ausgenutzt, um die mit mtDNA repopulierten Zellen zu
selektieren. Diese Zellen können im Gegensatz zu den ρ
0-Zellen auch ohne Zugabe von Uridin und Pyruvat wachsen und bilden somit Klone auf
der Kulturplatte, während die ρ
0-Zellen nach einiger Zeit absterben.
Benötigtes Material:
[0133] ρ
0-Selektionsmedium
Durchführung:
[0134] Die zu untersuchenden Zellen wurden enzymatisch von der Zellkulturschale abgelöst
und auf eine 150-mm-Kulturschale mit Selektionsmedium neu ausgesät. Das Medium wurde
ungefähr eine Woche lang alle zwei Tage und danach jeden vierten Tag gewechselt. Wenn
nach drei bis vier Wochen keine Klone zu erkennen waren, wurde die Kulturschale entsorgt.
Beispiel 7: Herstellung von dialysiertem FCS
[0135] Durch Dialyse können niedermolekulare Bestandteile des FCS schonend entfernt werden.
Dies ist vor allem für die Verwendung des FCS im Selektionsmedium für ρ
0-Zellen wichtig, da hierbei eventuell vorhandene Uridin- und Pyruvat-Moleküle stören.
Benötigtes Material:
[0136]
Dialyseschlauch, MWCO 3,5 kDa
Verschlussklammern
FCS-Dialyse-Puffer
Sterilfilter
Durchführung:
[0137] Zunächst wurde das eine Ende des Dialyseschlauches doppelt umgefaltet und anschließend
mit einer Verschlussklammer verschlossen. Danach wurde das FCS in den Dialyseschlauch
eingefüllt und genauso wie am anderen Ende sorgfältig verschlossen. Dabei wurde darauf
geachtet, dass sich keine Luftblasen im Inneren des Schlauches befanden. Der Schlauch
wurde in einem 10-I-Kunststoffeimer mit 8 I FCS-Dialyse-Puffer so befestigt, dass
er nicht mit dem Rührfisch in Berührung kam. Die Dialyse erfolgte bei 4°C, wobei der
Dialyse-Puffer nach zwei und weiteren vier Stunden gewechselt wurde. Anschließend
wurde die Dialyse noch über Nacht weitergeführt. Am nächsten Morgen wurde das FCS
aus dem Schlauch entnommen, sterilfiltriert und aliquotiert bei -20°C gelagert.
Beispiel 8: Färbung von Mitochondrien mit MitoTracker®-Farbstoffen
[0138] Mit Hilfe der MitoTracker
®-Farbstoffe können selektiv Mitochondrien in lebenden Zellen gefärbt werden. Die rot
fluoreszierenden MitoTracker
®-Farbstoffe sind Derivate entweder von Tetramethylrosamin oder X-Rosamin und enthalten
eine thiolreaktive Chlormethyl-Einheit, die wahrscheinlich für ihre Assoziation mit
den Mitochondrien verantwortlich ist.
Benötigtes Material:
[0139] MitoTracker
® Red CMXRos bzw. MitoTracker
® Deep Red FM von Invitrogen, Karlsruhe, Deutschland
Durchführung:
[0140] Zum Medium lebender Zellen wurde MitoTracker
® Red CMXRos oder MitoTracker
® Deep Red FM in einer 1:1.000-Verdünnung gegeben und 30 min bei 37°C im Brutschrank
inkubiert. Anschließend erfolgte ein Medienwechsel und eine weitere Inkubation von
15 bis 120 Minuten im Brutschrank bei 37°C, bevor die Zellen am Mikroskop untersucht
bzw. fixiert wurden.
Beispiel 9: Induktion von Megamitochondrien
9.1. Induktion über Ansäuerung des Mediums mit Milchsäure
[0141] Die Ansäuerung des Kulturmediums mit Milchsäure stellt eine Möglichkeit dar, ein
Anschwellen der Mitochondrien zu induzieren.
Benötigtes Material:
Durchführung:
[0143] Das Kulturmedium wurde bis zu einem pH-Wert von 6,4-6,5 mit 2 M Milchsäure versetzt
und anschließend in einer Kulturschale im Brutschrank für einige Stunden bei 5% CO
2 und 37°C inkubiert. Danach wurde der pH-Wert nochmals überprüft und bei Bedarf nochmals
mit 2 M Milchsäure eingestellt. Die Zellen wurden mit dem angesäuerten Kulturmedium
für eine bis mehrere Stunden im Brutschrank inkubiert, bevor sie für die entsprechenden
Versuche verwendet wurden.
9.2. Induktion über Zugabe von Valinomycin
[0144] Valinomycin ist ein K
+-selektives Zyklodepsipeptid, welches als lonophor agiert und die oxidative Phosphorylierung
entkoppelt. Dabei kommt es innerhalb weniger Stunden zu einem Anschwellen der Mitochondrien.
Benötigtes Material:
[0145] Valinomycin-Stammlösung (10 mM in DMSO)
Durchführung:
[0146] Die Induktion erfolgte durch Zugabe der Valinomycin-Stammlösung im Verhältnis von
1:1.000 zum Kulturmedium.
9.3. Induktion über Ansäuerung des Mediums mit Natriumacetat
Benötigtes Material:
[0147] 3 M Natriumacetat, pH 5,2
Durchführung:
[0148] Das Natriumacetat wurde in der gewünschten Endkonzentration zusammen mit dem Kulturmedium
in einer 60-mm-Kulturschale für 20 min bei Raumtemperatur vorinkubiert und anschließend
auf die ausgesäten Zellen gegeben.
9.4. Induktion über Ansäuerung des Mediums mit Essigsäure
Benötigtes Material:
Durchführung:
[0150] Die Essigsäure wurde in der gewünschten Endkonzentration zusammen mit dem Kulturmedium
in einer 60-mm-Kulturschale für 20 min bei Raumtemperatur vorinkubiert und anschließend
auf die ausgesäten Zellen gegeben.
Beispiel 10: Partikelbeschuss mit der Genkanone
[0151] Bei dem hier genutzten Gerät handelte es sich um das PDS-1000/He-System der Firma
Bio-Rad.
10.1. Vorbereitung des Geräts
[0152] Zu Beginn jeder Nutzung muss das Gerät, sowie ein Teil der später genutzten Materialien
vorbereitet werden. Dabei werden das gesamte Leitungssystem, sowie der Druckkolben
mit Helium gespült. Außerdem werden die Macrocarrier für die spätere Nutzung vorbereitet.
Benötigtes Material:
[0153]
Helium-Druckflasche
Macrocarrier
Edelstahlhalter für Macrocarrier
Rupture Disk (entsprechend dem verwendeten Druck)
Stopping Screen
Durchführung:
[0154] Zum Spülen des Systems mit Helium wurde der Druckkolben wie in der Anleitung beschrieben
mit einer
Rupture Disk verschlossen und eine Stopping Screen in den dafür vorgesehenen Halter (oberste Ebene)
eingelegt. Nach dem Anlegen eines Kammervakuums wurde der Druckaufbau bis zum Reißen
der Disk durchgeführt. Danach wurde die Kammer belüftet und der Druckkolben gleich
wieder mit einer neuen
Rupture Disk verschlossen. Die
Macrocarrier wurden in die zugehörigen Edelstahlhalter eingelegt, wobei darauf zu achten war,
dass die
Macrocarrier genau in die dafür vorgesehen Rille eingepasst wurden.
10.2. Präparation der Goldpartikel
[0155] Vor der Beschichtung mit DNA müssen die Goldpartikel vorbereitet werden. Durch die
Vorbehandlung soll sichergestellt werden, dass die Partikel steril und frei von sonstigen
Verunreinigungen sind und dass sie möglichst nicht als Konglomerate vorliegen.
Benötigtes Material:
[0156]
Goldpartikel (0,6 µm, 1,0 µm oder 1,6 µm Durchmesser)
70% Ethanol p.a. (v/v)
50% Glycerin (v/v), steril
Steriles Wasser
Durchführung:
[0157] Zunächst wurden 30 mg der Goldpartikel in einem 1,5-ml-Reaktionsgefäß abgewogen.
Nun wurde 1 ml 70% Ethanol zugegeben, für 4-5 min auf dem Vortexer bei höchster Geschwindigkeit
durchgemischt und für 15 min bei RT inkubiert. Die Goldpartikel wurden für 5 s abzentrifugiert
(mittels der Short Spin-Taste) und der Überstand verworfen. Anschließend wurden die
Goldpartikel in 1 ml sterilem Wasser für 1 min auf dem Vortexer gemischt und 3 min
bei RT inkubiert. Daraufhin erfolgte eine Abzentrifugation der Goldpartikel und nach
dem Verwerfen des Überstandes wurde dieser Waschschritt noch zweimal wiederholt. Zum
Schluss wurden die Goldpartikel in 500 µl 50% Glycerin aufgenommen (Endkonzentration:
60 mg/ml) und für 3x 10 s durch Ultraschall vereinzelt. Die Lagerung erfolgte bei
4°C im Kühlschrank.
10.3. Beschichten der Goldpartikel mit DNA
[0158] Damit die DNA mit den Goldpartikeln in die Zelle eingebracht werden kann, muss die
DNA erst auf die Partikel aufgebracht werden. Dies geschieht, indem die DNA im Beisein
der Partikel durch CaCl
2 ausfällt. Dabei bindet die DNA auf der Oberfläche der Partikel und kann anschließend
mit diesen präpariert werden. Durch die Zugabe von Spermidin kann dieser Vorgang noch
verstärkt werden.
Benötigtes Material:
[0159]
Goldpartikel (60 mg/ml, aus 3.5.1.2)
DNA-Lösung (333 ng/µl)
2,5 M CaCl2
0,1 M Spermidin
70% Ethanol p.a. (v/v)
100% Ethanol p.a.
Durchführung:
[0160] Die vorbereiteten Goldpartikel aus 10.2. wurden nochmals durch Ultraschall vereinzelt
und 60 µl in ein neues 1,5-ml-Reaktionsgefäß überführt. Um eine gleichmäßige Verteilung
der DNA auf den Goldpartikeln sicherzustellen, erfolgte im Abstand von jeweils 10
s die Zugabe von 20 µl DNA-Lösung, 75 µl 2,5 M CaCl
2 und 30 µl 0,1 M Spermidin unter kontinuierlichem Mischen auf dem Vortexer (mittlere
Geschwindigkeit). Nach weiteren 3 min auf dem Vortexer wurden die nun beschichteten
Goldpartikel für 5-10 min bei RT stehen gelassen, damit sie sich am Boden des Reaktionsgefäßes
absetzen konnten. Nach einer Zentrifugation für 2-3 s (keinesfalls länger! mittels
Short-Spin-Taste) wurde der Überstand verworfen und die Goldpartikel unverzüglich
mit einer Pipette in 180 µl 70% Ethanol resuspendiert. Nachdem die Goldpartikel sich
für 5-10 min bei RT sedimentieren konnten erfolgte wiederum eine Zentrifugation für
2-3 s. Dieser Waschschritt wurde noch zweimal mit 100% Ethanol wiederholt, die Partikel
in 60 µl 100% Ethanol aufgenommen und anschließend gleich zum Beschuss eukaryontischer
Zellen eingesetzt.
10.4. Partikelbeschuss humaner Zellen
[0161] Humane Zelllinien sollten für den Beschuss mit Mikropartikeln in Kunststoff-Kulturschalen
mit einem Durchmesser von 35 mm kultiviert werden. Da die maximale beschossene Fläche
ungefähr der Größe einer 35-mm-Schale entspricht bringt der Einsatz größerer Schalen
keine Vorteile.
Benötigtes Material:
[0162]
DNA-beschichtete Goldpartikel
Macrocarrier in den Edelstahlhaltern
Rupture Disks (entsprechend dem verwendeten Druck, meist 1800 psi)
Stopping Screens
humane Zellen auf 35-mm-Schale (30-70% Konfluenz, je nach Anwendung und Zelllinie)
Kulturmedium (evtl. mit Antibiotikum)
Durchführung:
[0163] Die DNA-beschichteten Goldpartikel wurden nochmals sorgfältig mit einer Pipette resuspendiert
und jeweils 10 µl auf die Mitte der vorbereiteten Macrocarrier getropft. Nach dem
Trocknen (ca. 10 min) wurden ein Edelstahlhalter mit einem Macrocarrier sowie eine
Stopping Screen laut Bedienungsanleitung in den dafür vorgesehenen Halter eingesetzt
(Goldpartikel auf der Unterseite). Das Kulturmedium auf den Zellen wurde nahezu vollständig
abgenommen und die Kulturschale unverzüglich in die Apparatur eingesetzt (zweite Ebene
von unten). Nach dem Evakuieren (je nach Versuch, meist 25-27 in Hg) der Kammer erfolgte
der Beschuss mit dem Druck entsprechend der eingesetzten Rupture Disk. Auf die Kulturschale
wurde nach dem sofortigen Belüften der Kammer 2 ml Kulturmedium gegeben und anschließend
die Schale in den Brutschrank gestellt. Dieses Vorgehen wurde mit den restlichen Kulturschalen
(insg. sechs Stück) wiederholt. Der Erfolg des Partikelbeschusses wurde nach 24-48
h am Mikroskop kontrolliert.
Beispiel 11: Konstruktion mitochondrialer Expressionsvektoren
[0164] Die Benennung der mitochondrialen Expressionsvektoren erfolgte nach folgendem Schema:
pMAGx-y (MAG: Mitochondrial Arfificial Genome)
[0165] Dabei entspricht x der Gruppe (beginnend mit 11), die sich nach den in dem jeweiligen
Vektor verwendeten Bestandteilen der mitochondrialen DNA sowie dem genutzten Promotor
richtet (Tab. 3), und y der fortlaufenden Nummer innerhalb der jeweiligen Gruppe.
Tabelle 3: Gruppeneinteilung der konstruierten mitochondrialen Expressionsvektoren |
Vektorgruppe |
mitochondriale Bestandteile |
genutzter Promotor |
11 |
D-Loop+TTS |
L-Strang |
12 |
D-Loco + TTS |
H-Strang |
13 |
D-Loop + TTS + L-Strang-Replikationsursprung |
H-Strang |
14 |
D-Loop + L-Strang-Replikationsursprung + 16S rRNA (CamR) |
H-Strang |
15 |
D-Loop + 16S rRNA(CamR) |
H-Strang |
16 |
D-Loop |
H-Strang |
17 |
D-Loop + L-Strang-Replikationsursprung |
H-Strang |
11.1. pMAG11-1
[0166] Bei diesem Vektor wurde EGFP als Reportergen eingebaut um einen einfachen und schnell
nachzuvollziehenden Nachweis für eine gelungene Transfektion zu erhalten (Abb. 1).
Die flankierenden tRNAs wurden so ausgewählt, dass sie in derselben Orientierung wie
in der mitochondrialen DNA vorlagen. In diesem Fall wurden die tRNAs für Glycin und
Arginin genutzt die normalerweise das ND3-Gen flankieren das eine Untereinheit der
NADH-Ubiquinon-Oxidoreduktase codiert. Dabei war zu beachten, dass das Stop-Codon
des ND3-Gens unvollständig ist d.h. dass es nur aus einem T das durch die Polyadenylierung
zu einem TAA vervollständigt wird besteht (
Ojala D. et al. Nature 1981, 290, 470-474).
[0167] Die beiden tRNAs wurden jeweils aus vier Oligonukleotiden (GFP Link 1-4 bzw. GFP-Link
5-8) zusammengesetzt, die in einer Annealing-Reaktion aneinander binden konnten. An
beiden Enden entstanden Überhänge mit einer Länge von vier Nukleotiden, um an das
EGFP-Gen sowie den Vektor binden zu können. Das EGFP-Gen wurde aus dem Vektor pEGFP-Mito,
der das Gen für EGFP trägt, an dessen C-Terminus das Signalpeptid der menschlichen
Cytochrom-c-Oxidase Untereinheit 8 fusioniert wurde (Abb. 2A). mit den Primern EGFP-001-FOR
(4) [5'-CTTTTGGTCTCAATGATGGTGAGCAAGGG-3'] und EGFP-716-REV (4) [5'-GTTAGTGGTCTCTATTTGTACAGCTCGTCC-3']
amplifiziert. Dabei wurden an den Enden Bsal-Schnittstellen angebracht, um zu den
tRNAs kompatible Überhänge zu erhalten. Dieses Enzym spaltet die DNA nicht in ihrer
Erkennungssequenz, sondern um ein Nukleotid versetzt in 3'-Richtung. Dabei entsteht
ein vier Basen umfassender 5'-Überhang, der durch die Sequenz des verwendeten PCR-Primers
definiert werden konnte. Anschließend wurden die tRNAs zusammen mit dem
BsaI-behandelten PCR-Produkt in den mit
BclI und
HindIII aufgeschnittenen Vektor pMAG2-2 (Abb. 3) ligiert, der wie der Vektor pMAG2-1 den
vollständigen D-Loop der humanen mitochondrialen DNA enthält und zusätzlich die Transkriptions-Terminations-Sequenz
(TTS) trägt. Der entstandene Vektor wurde sequenziert und erhielt den Namen pMAG11-1.
11.2. pMAG11-2
[0168] Bei dem Vektor pMAG11-2 wurde ein zusätzlicher Sicherheitsmechanismus eingebaut,
um eine Expression des EGFP-Gens nach einer möglichen Integration in das Kerngenom
zu verhindern. Bei der Mutagenese-PCR des Vektors pMAG11-1 wurden die Primer EGFP-156-FOR
[5'-CAAGCTGCCCGTGCCCTGACCCACCCTCGTGACCAC-3'] und EGFP-191-REV [5'-GTGGTCACGAGGGTGGGTCAGGGCACGGGCAGCTTG-3']
eingesetzt, um das Tryptophan an der Stelle 58 (Trp58) des EGFP von TGG zu TGA zu
verändern. Nach der Sequenzierung wurde das korrekte mitochondriale EGFP (mtEGFP)
und einige umgebende Bereiche mit den Restriktionsendonukleasen
PstI und
NotI ausgeschnitten und in den ebenso behandelten Vektor pMAG11-1 ligiert. Das neu entstandene
Plasmid trug den Namen pMAG11-2 (Abb. 4).
[0169] Alternativ zu dem hier aufgeführten mtEGFP kann auch ein vollständig an die Codon-Usage
der Mitochondrien angepasstes GFP (mtoGFP) in diesem Vektor und den folgenden Vektoren
verwendet werden. Es enthält auch die Veränderung des Trp58 und zusätzlich zahlreiche
Veränderungen auf DNA-Ebene, die aber keine Auswirkungen auf restliche die Aminosäuresequenz
bei einer Translation in Säuger-Mitochondrien haben. Durch diese Veränderungen wird
jedoch die Translation in Mitochondrien optimiert und die Effizienz einer möglichen
Translation (bis zum Stop-Codon an der Stelle 58) im Zytoplasma verringert (Abb. 26).
11.3. pMAG12-1
[0170] Um die Expression des mtEGFP zu optimieren, wurde das mtEGFP-Gen inklusive der angehängten
tRNAs und der TTS in umgekehrter Orientierung auf die andere Seite des
D-Loops kloniert. Dazu wurde das Plasmid pMAG2-1 (Abb. 5) mit
XhoI und das Plasmid pMAG11-2 mit
XhoI und
NruI geschnitten. Da die Enden nicht zueinander kompatibel waren, wurden alle freien
DNA-Enden durch eine Behandlung mit dem Klenow-Fragment aufgefüllt. Nach der anschließenden
Kontrolle der korrekten Orientierung der mtEGFP-Kassette wurde der Vektor sequenziert
und erhielt den Namen pMAG12-1 (Abb. 6).
11.4. pMAG13-1
[0171] Der Vektor pMAG12-1 konnte zwar in Bakterien, nicht aber in den Mitochondrien repliziert
werden, da er nur den Replikationsursprung für den H-Strang trug, der sich im
D-Loop-Bereich befindet. Der Replikationsursprung für den L-Strang liegt in der mitochondrialen
DNA jedoch in einem Bereich, der nicht im konstruierten Plasmid pMAG12-1 vorhanden
war. Deshalb wurde ein 800 bp großer Bereich um den L-Strang-Replikationsursprung
der mitochondrialen DNA in den Bereich des f1 (-) Origin des Vektors pMAG12-1 integriert.
Der Bereich um den Replikationsursprung des L-Strangs wurde durch Amplifikation mit
den Primern 05465-FOR und 06266-REV aus aufgereinigter Placenta-mtDNA gewonnen. Der
Vektor pMAG12-1 wurde mit Hilfe der Restriktionsendonuklease
DraIII linearisiert und die überstehenden 3'-Enden anschließend mit Klenow-Fragment entfernt.
Nach der Ligation des PCR-Produktes in den Vektor wurde die Orientierung überprüft
und der Vektor sequenziert. Der entstandene Vektor erhielt den Namen pMAG13-1 (Abb.
7).
11.5. pMAG14-1
[0172] Im Vektor pMAG14-1 (Abb. 8) enthielt eine Chloramphenicol-Resistenz (Cam
R) als zweites Markergen neben mtEGFP, das zur Ausübung eines Selektionsdrucks auf
die Zellen genutzt werden konnte. Hierfür wurde das 16S rRNA-Gen zusammen mit den
flankierenden tRNAs für Valin und Leucin aus einer Gesamt-DNA-Extraktion der Zelllinie
HeLa 296-1, mit der gewünschten Chloramphenicol-Resistenz, mit Hilfe der Primer 01562-FOR
[5'-GCGCTGCAGTAACATGGTAAGTGTACTGGAAAGTGCAC-3'] und 03351-REV [5'-AATCTCGAGATTAGAATGGGTACAATGAG-3']
amplifiziert und das PCR-Produkt anschließend in den Vektor ligiert. Nach einer Sequenzierung
des gesamten Inserts wurde durch eine Restriktionsspaltung mit
XhoI und
BclI das 16S rRNA-Gen mit den tRNAs herausgeschnitten. Der Vektor pMAG13-1 wurde ebenfalls
mit
XhoI und
BclI behandelt, so dass die TTS-Sequenz entfernt wurde. Das 16S rRNA-Gen konnte nun mit
dem Vektorfragment zu dem neuen Vektor pMAG14-1 ligiert werden. Dabei wurde automatisch
die vorher entfernte TTS-Sequenz wieder eingefügt, da sie sich in der Leucin-tRNA
befindet, welche als flankierender Bereich der 16S rRNA mitkloniert wurde.
11.6. pMAG14-3
[0173] Der Vektor pMAG14-3 enthielt neben dem Replikationsursprung des L-Stranges, die Chloramphenicol-Resistenz
und das Gen das für die T7-RNA-Polymerase codiert unter Kontrolle des mitochondrialen
Promotors und das mtEGFP-Gen unter Kontrolle des T7-Promotors. Das mtEGFP-Gen wurde
hinter der Leucin-tRNA am Ende des 16S rRNA-Gens in den Vektor integriert, wobei die
tRNA, die die Transkriptions-Terminationsstelle enthält, den größten Teil der mitochondrialen
Transkriptionsvorgänge stoppt.
[0174] Zur Herstellung des Vektors pMAG14-3 wurde in einem ersten Schritt das mtEGFP aus
dem Hilfsvektor pCRII-TOPO-mtEGFP (Abb. 9) mit den Restriktionsendonukleasen
Psil und
XhoI herausgeschnitten und anschließend mit dem durch
XhoI und
NdeI aus dem Vektor pMAG14-2 gewonnenen und dephosphorylierten 16S rRNAGen über die
XhoI-Überhänge ligiert. Im zweiten Schritt wurde das entstandene DNA-Fragment aus 16S
rRNA und mtEGFP in den mit
PsiI und
NdeI behandelten Vektor pMAG14-2 (Abb. 10) ligiert. Der entstandene Vektor erhielt die
Bezeichnung pMAG14-3 (Abb. 11).
Beispiel 12: Ergebnisse der Induktion von Megamitochondrien
12.1. Induktion mit Natriumacetat
[0175] Zwischen 2×10
5 und 3×10
5 Zellen der mit dem Plasmid pEGFP-Mito (Abb. 2A) transfizierten Zelllinie 143B.TK-
wurden auf 35-mm-Glasbodenschalen ausgesät und in Kulturmedium mit unterschiedlichen
Konzentrationen (45, 50, 55, 60 und 65 mM) Natriumacetat kultiviert. Am Tag 1 und
Tag 2 nach der Zugabe des angesäuerten Mediums wurden die Zellen am Mikroskop auf
die Bildung von vergrößerten Mitochondrien untersucht. Während die Kontrollzellen
in Natriumacetat-freiem Medium nach dem ersten Tag ein Netzwerk aus dünnen schlauchförmigen
Mitochondrien enthielten (Abb. 12, A+B), zeigten die Zellen mit 45 mM Natriumacetat
erste Ansätze von verdickten Mitochondrien (Abb. 12, E+F). Bei 50 und 55 mM waren
fast kugelförmige Mitochondrien mit einem Durchmesser von bis zu 4 µm erkennbar (Abb.
12, I+J und M+N), während in denselben Zellen teilweise auch noch ein schlauchförmiges
Netzwerk zu sehen war. Bei den weiter erhöhten Konzentrationen von 60 und 65 mM Natriumacetat
nahm die Größe der Mitochondrien wieder ab und auch ihre Form veränderte sich zu teils
tropfenförmigen Verdickungen des Netzwerks (Abb. 12, Q+R und U+V).
[0176] Am zweiten Tag war das Kulturmedium der Kontrollzellen leicht orangefarbig und auch
die Mitochondrien bildeten kein Netzwerk mehr, sondern lagen fast punktförmig vor
(Abb. 12, C+D). Bei 45, 55, 60 und 65mM zeigten sich nahezu keine Veränderungen zum
Vortag (Abb. 12, G+H, O+P, S+T und W+X), während die Mitochondrien der Zellen in 50
mM Natriumacetat nun nur noch als Kugeln mit bis zu 6 µm Größe vorlagen (Abb. 12,
K+L). In weiteren Versuchsreihen stellte sich heraus, dass die optimale Konzentration
bei jeder neuen Kulturmedium- und FCS-Charge neu zu bestimmen war; sie lag aber meist
zwischen 50 und 60 mM Natriumacetat.
[0177] Bei einigen Versuchen konnte ein Anschwellen der Mitochondrien bis fast auf die Größe
des Zellkerns erzielt werden. In Abb. 13 sind solche riesigen Megamitochondrien zu
sehen (Pfeile bei A und D). Bei der hier verwendeten Zelllinie handelte es sich wiederum
um die Zelllinie 143B.TK-, die stabil mit pEGFP-OMP (Abb. 2B) transfiziert wurde und
bei der deshalb die äußere Mitochondrienmembran angefärbt war.
12.2. Induktion mit Essigsäure
[0178] Für die Induktion der Megamitochondrien mit Essigsäure wurde das Kulturmedium mit
unterschiedlichen Konzentrationen (25-40 mM) Essigsäure versetzt und anschließend
in ihm 2×10
5 bis 3×10
5 Zellen der mit pEGFP-Mito (Abb. 2A) transfizierten Zelllinie 143B.TK- in 30 mm Glasbodenschalen
weiterkultiviert. Nach einem und einem weiteren Tag erfolgte eine Untersuchung am
Mikroskop.
[0179] Die Zellen in 40 mM Essigsäure waren schon am ersten Tag abgestorben, während die
anderen Konzentrationen keine Auswirkungen auf die Lebensfähigkeit der Zelllinie zeigten.
Wie erwartet zeigten die Zellen der Kontrolle ein fadenförmiges Mitochondriennetzwerk
(Abb. 14, A+B), während die Zellen bei den beiden niedrigen Essigsäurekonzentrationen
bis 1 µm durchmessende Verdickungen des Netzwerks aufwiesen (Abb. 14, F+G und J+K).
Bei der 35 mM Essigsäure konnten zusätzlich auch einzelne Mitochondrien mit einem
Durchmesser von bis zu 5 µm entdeckt werden (Abb. 14, M+N).
[0180] Am Tag 2 zeigten sich bei der Kontrolle und der Zelllinie in 25 mM Essigsäure keine
nennenswerten Veränderungen (Abb. 14, C+D und G+H), bei den Mitochondrien der Zellen
in 30 mM Essigsäure wurden vereinzelt Durchmesser von 4 µm gemessen (Abb. 14, K+L).
Die Zellen mit der höchsten Konzentration Essigsäure konnten gegenüber dem Vortag
noch einmal vergrößerte Riesenmitochondrien vorweisen, die zum Teil 7 µm durchmaßen.
Gleichzeitig war in einigen Zellen immer noch ein schlauchförmiges Netzwerk zu erkennen
(Abb. 14, O+P).
Beispiel 13: Ergebnisse der Methoden zur Transfektion von Mitochondrien mit mitochondrialen
Expressionsplasmiden
13.1. Partikelbeschuss mit der Genkanone
13.1.2. Bestimmung der Durchführungsbestimmungen
[0181] Um die Variablen einzugrenzen, wurde ein Vergleich zu der zytoplasmatischen Transfektion
der später verwendeten Zelllinie 143B.TK- angestellt. In ersten Vorversuchen wurde
das Streuungsverhalten der Partikel in Abhängigkeit von der verwendeten Einschubebene
(A-D) untersucht. Dabei stellte sich heraus, dass bei Nutzung der untersten Ebene
(D) viele Goldpartikel über den Rand der verwendeten 35-mm-Kulturschalen hinaus verteilt
wurden. Ein Einsetzen des Kulturschalenträgers auf der obersten Ebene (A) direkt unterhalb
des Macrocarrier-Halters mündete in einem Trefferbild, bei dem nur eine rund 1 cm
durchmessende kreisförmige Region in der Mitte der Schale von den Goldpartikeln getroffen
wurde. In dieser Region lagen die Partikel so dicht aneinander, dass dort - entweder
durch den plötzlich einwirkenden Heliumstrahl oder direkt durch den Aufschlag der
Partikel - keine Zellen mehr zu finden waren. Bei der nächsten darunterliegenden Ebene
(B) konnte ein ähnlicher, jedoch abgeschwächter Effekt beobachtet werden: Die Goldpartikel
konnten nur in einem ungefähr zwei cm durchmessenden Bereich gefunden werden und auch
hier zeigte sich, dass ein großer Teil der Zellen innerhalb dieser Region abgelöst
bzw. zerstört wurden. Bei der Verwendung der zweituntersten Ebene (C) war der Anteil
an abgelösten Zellen viel niedriger und die Goldpartikel zeigten ein homogeneres Verteilungsmuster
über fast die gesamte Fläche der Kulturschale. Jedoch konnte auch in der Schalenmitte
weiterhin ein kleiner Bereich ausgemacht werden, bei dem die Goldpartikel in einer
relativ hohen Konzentration zu finden waren. Da hier die besten Ergebnisse bezüglich
der Partikelverteilung und der Überlebensrate der Zellen erzielt werden konnten, wurden
alle folgenden Versuche mit Kulturschalen auf dieser Ebene durchgeführt.
[0182] Im nächsten Schritt erfolgte die Optimierung der Kombination aus angelegtem Unterdruck
(in
in Hg, inches of mercury) und der verwendeten Rupture Disk-Drücke (in
psi, pounds per square inch). Dafür wurden je zwei 35 mm-Kulturschalen mit Zellen (ca. 40-60% Konfluenz) mit
je 600 µg der 0,6 um durchmessenden Goldpartikel beschossen, die vorher mit 600 ng
des Plasmids pEGFP-N1 (Abb. 2C) beschichtet wurden. Zum Vergleich der Transfektionsrate
mit herkömmlichen Methoden erfolgte zusätzlich eine Transfektion einer Kulturschale
mit dem Reagenz FuGENE
® HD (Fa. Roche, Mannheim, Deutschland). Nachdem alle Kombinationen aus 15, 20, 25
und 27 in Hg Unterdruck und den
Rupture Disks für 1350, 1550, 1800 und 2000 psi angewendet wurden, erfolgte am nächsten Tag die
Untersuchung am Fluoreszenzmikroskop. Es wurden jeweils mehrere Fluoreszenz- und Phasenkontrastaufnahmen
angefertigt und anschließend mit ihnen die transfizierten sowie die Gesamtzahl der
Zellen durch Auszählen ermittelt. Die Ergebnisse dieser Zählung und die daraus errechneten
Transfektionsraten sind in der nachfolgenden Tabelle 4 aufgeführt:
Tabelle 4: Bestimmung der Transfektionsrate unter verschiedenen Reaktionsbedingungen
Versuchsbedingungen (Rupture Disk Unterkluck) |
Gesamtzahl der Zellen |
Anzahl transfizierter Zellen |
Transfektionsrate |
1350 psi / 15 in Hg |
13534 |
3 |
0,022% |
1550 psi / 15 in Hg |
13038 |
4 |
0,031% |
1800 psi / 15 in Hg |
13700 |
5 |
0,036% |
2000 psi / 15 in Hg |
13886 |
7 |
0,050% |
1350 psi / 20 in Hg |
19014 |
12 |
0,063% |
1550 psi / 20 in Hg |
21808 |
16 |
0,073% |
1800 psi / 20 in Hg |
18730 |
16 |
0,085% |
2000 psi / 20 in Hg |
18828 |
9 |
0,048% |
1350 psi / 25 in Hg |
15492 |
23 |
0,148% |
1550 psi / 25 in Hg |
14560 |
65 |
0,446% |
1800 psi / 25 in Hg |
20572 |
95 |
0,462% |
2000 psi / 25 in Hg |
17810 |
61 |
0,343% |
350 psi / 27 in Hg |
2888 |
85 |
2,94% |
1550 psi / 27 in Hg |
2179 |
140 |
6,42% |
1800 psi / 27 in Hg |
3846 |
310 |
8,06% |
2000 psi / 27 in Hg |
3348 |
127 |
379% |
FuGENE® HD |
20102 |
4372 |
24,7% |
[0183] Bei dem Kammervakuum von 15 in Hg konnten nur vereinzelt transfizierte Zellen gefunden
werden (Abb. 15, A-D). Die Transfektionsraten erreichten dementsprechend nur sehr
niedrige Werte, die sich mit steigendem Schussdruck von 0,022 auf 0,050% erhöhten.
Die Steigerung des Kammervakuums auf 20 in Hg brachte nur wenig Besserung: Die Transfektionsraten
schwankten zwischen 0,048 und 0,085%, was auch auf den entsprechenden Aufnahmen (Abb.
15, M-P) anhand weniger Transfektanten zu sehen war. Erneut zeigte sich, dass sich
die Transfektionsrate mit steigendem Druck erhöhte, jedoch bei Verwendung der stärksten
Rupture Disks (2000 psi) auf den niedrigsten Wert absank.
[0184] Bei 25 in Hg Kammervakuum waren auf den Fluoreszenzaufnahmen vermehrt grün leuchtende
Zellen zu erkennen (Abb. 16, A-D) und auch die Transfektionsrate stieg dementsprechend
auf bis zu 0,462% bei 1800 psi Schussdruck an. Durch die Verwendung des höchsten Kammervakuums
von 27 in Hg konnte die Transfektionsrate nochmals um ungefähr Faktor 20 erhöht werden:
Es wurden Werte zwischen 2,94% bei Verwendung von
Rupture Disks für 1350 psi und 8,06% bei 1800 psi-
Rupture Disks erzielt. Dies konnte auch durch die Betrachtung der Fluoreszenzaufnahmen bestätigt
werden (Abb. 16, M-P).
[0185] Im Vergleich dazu lieferte der Einsatz des Transfektionsreagenz FuGENE
® HD eine nochmals 3-fach erhöhte Transfektionsrate von 24,7% (Abb. 17).
[0186] Aufgrund dieser Ergebnisse wurden die weiteren Transfektionsversuche an der Genkanone
mit den folgenden Parametern durchgeführt:
- Nutzung der zweiten Ebene von unten,
- Kammervakuum von 27 in Hg,
- Verwendung von Rupture Disks für 1800 psi.
13.1.3. Induktion von Megamitochondrien
[0187] Da Mitochondrien nur einen Durchmesser von 0,5-1 µm aufweisen, ist es nahezu unmöglich,
sie in lebenden Zellen mit Goldpartikeln von 0,6 µm so zu treffen, dass die DNA auf
den Goldpartikeln die Mitochondrienmatrix erreicht.
[0188] Zu Beginn wurde ausgetestet, welche Methode am besten geeignet ist, um Megamitochondrien
vor den Transfektionsversuchen mit der Genkanone zu induzieren. Dazu wurde die stabile
Zelllinie 143B.TK
-+pEGFP-Mito, die grüne Mitochondrien besitzt, über einen Tag zum einen in mit Milchsäure
auf einen pH-Wert von 6,3 eingestelltem Kulturmedium und zum anderen mit Kulturmedium,
das 10 µM Valinomycin enthielt, kultiviert. Als Kontrolle wurde dieselbe Zelllinie
in unverändertem Kulturmedium mitgeführt. Nach einer, zwei, fünf und 24 Stunden erfolgte
eine Untersuchung am Fluoreszenzmikroskop. Die Mitochondrien in der Kontrollzelllinie
zeigten in den ersten fünf Stunden keine Morphologieänderungen - sie bildeten ein
Netzwerk ohne nennenswerte Verdickungen (Abb. 18, A-C). Nach einem Tag jedoch war
das Kulturmedium leicht orange gefärbt und einige der Mitochondrien waren kugelförmig
angeschwollen bzw. verdickt (Abb. 18, D). Bei der mit Milchsäure behandelten Zellline
war nach einer Stunde das gesamte mitochondriale Netzwerk aufgelöst und es konnten
nur noch kugelförmige Mitochondrien erkannt werden, die zum Teil schon eine Vergrößerung
zeigten (Abb. 18, E). In den folgenden Stunden und am nächsten Tag konnte eine weitere
Größenzunahme festgestellt werden, so dass die Megamitochondrien sehr deutlich zu
sehen waren (Abb. 18, F-H). Die Zugabe von Valinomycin induzierte ebenfalls schon
nach einer Stunde kugelförmige Mitochondrien, die allerdings etwas größer als im Milchsäuremedium
waren, was auch nach zwei Stunden der Fall war (Abb. 18, I+J). Nach fünf bzw. 24 Stunden
konnten nahezu keine Unterschiede in der Mitochondriengröße zwischen den Versuchsreihen
festgestellt werden (Abb. 18, K+L).
[0189] Bei der Beobachtung der mit Valinomycin behandelten Zelllinie fiel auf, dass sich
die Zellen nach 24 Stunden nahezu nicht vermehrt hatten. Da dies zu Problemen bei
der folgenden Transfektion führen könnte, wurde eine Versuchsreihe durchgeführt, bei
der die Zelllinie 143B.TK
- für eine, zwei und vier Stunden in Kulturmedium mit 10 µM Valinomycin inkubiert wurde.
Als Kontrolle diente dieselbe Zelllinie in Valinomycin-freiem Medium. Nach der Inkubation
wurden die Zellen dreimal für 10 Minuten in normalem Kulturmedium gewaschen, um das
Valinomycin zu entfernen. Im Anschluss an die Waschschritte erfolgten Aufnahmen am
Mikroskop, um die Ausgangsdichte der Zellen zu dokumentieren (Abb. 19, A-D). An den
zwei folgenden Tagen wurden erneut Aufnahmen angefertigt. Dabei zeigte sich, dass
sich unabhängig von der Inkubationsdauer alle mit Valinomycin behandelten Zellen im
Gegensatz zu den Kontrollzellen nahezu nicht mehr teilten (Abb. 19, E-H). Die Aufnahmen
vom zweiten Tag nach der Inkubation zeigten sogar eine Abnahme der Zelldichte, was
den Schluss zuließ, dass einige Zellen nach der Valinomycinbehandlung abstarben (Abb.
19, I-L). Die schnelle Induktion von Megamitochondrien durch Valinomycin wäre wünschenswert,
aber aufgrund dieser Beobachtungen wurde von der Induktion von Megamitochondrien durch
die Zugabe von Valinomycin zum Kulturmedium zunächst abgesehen, da nicht bekannt war,
ob dadurch das Transfektionsergebnis beeinflusst werden könnte.
[0190] In einer weiteren Versuchsreihe sollte untersucht werden, ob die Dauer der Inkubation
in angesäuertem Medium einen Einfluss auf die anschließende Transfektion mit der Genkanone
hat. Dabei zeigte sich, dass eine Inkubation für mehr als zwei Stunden zu einem verstärkten
Ablösen der Zellen beim Beschuss mit Goldpartikeln führte. Aus diesem Grund wurden
die Zellen bei den folgenden Versuchen ungefähr 60 bis 120 Minuten vor Versuchsbeginn
mit Milchsäure-Medium behandelt.
[0191] Nach dieser Zeit waren die vergrößerten Mitochondrien bereits im Phasenkontrast sichtbar
(Abb. 20, A+B). Nach fünf Stunden Inkubation waren diese - wie nach den Ergebnissen
der vorigen Versuchsreihe erwartet - noch besser sichtbar (Abb. 20, C).
13.1.4. Transfektion mit mtDNA
[0192] Zu Beginn wurde pro Transfektionsansatz 1 µg einer Cäsiumchloridgradienten-gereinigten
mtDNA mit 0,5 µg Goldpartikeln mit einem Durchmesser von 0,6 µm verwendet. Schon beim
Beschichten der Goldpartikel zeigte sich eine starke Aggregatbildung, die nach dem
Beschuss der ρ
0-Zelllinie 143B.TK- K7 auch lichtmikroskopisch auf der Kulturplatte nachgewiesen werden
konnte. Im Vergleich zu mit dem Plasmid pMAG13-1 beschichteten Goldpartikeln (Abb.
21, A) war bei der Verwendung von mtDNA deutlich eine Bildung großer Aggregate zu
erkennen (Abb. 21, Pfeile bei B+C). Die Verteilung der Goldpartikel beschränkte sich
größtenteils auf einen 1-1,5 cm durchmessenden Bereich in der Mitte der Kulturschale,
in dem sich auch die Zellen sehr stark ablösten. Um diese vermutlich DNA-abhängige
Aggregatbildung zu reduzieren, wurde die Menge der mtDNA auf 0,5 µg pro Transfektionsansatz
verringert, wodurch tatsächlich eine leichte Besserung auftrat. Zusätzlich wurden
auch Goldpartikel mit 1,0 bzw. 1,6 µm Durchmesser ausgetestet. Auch hier konnte eine
weitere leichte Verringerung der Aggregation festgestellt werden. Aufgrund dieser
Resultate erfolgten je 18 Transfektionen mit 0,5 µg mtDNA und 0,5 µg Goldpartikeln
mit den drei aufgeführten Durchmessern. Die Zellen wurden nach einer eintägigen Kultivierung
in ρ
0-Medium auf 150-mm-Kulturschalen umgesetzt und in ρ
0-Selektionsmedium weiterkultiviert. Nach jeweils drei bis vier Wochen konnten jedoch
keine lebenden Klone gefunden werden.
13.1.5. Transfektion mit mitochondrialen Expressionsvektoren
[0193] Vor Beginn der jeweiligen Versuchsreihen wurden je fünf 35-mm-Kulturschalen mit dem
verwendeten Plasmid und dem Transfektionsreagenz FuGENE
® HD transfiziert, um eine Kontamination der DNA-Präparation mit anderen EGFP-exprimierenden
Vektoren ausschließen zu können. Wenn am nächsten Tag keine grün fluoreszierenden
Zellen gefunden wurden, konnte die DNA-Präparation für die Transfektionsversuche mit
der Genkanone eingesetzt werden.
[0194] Pro Transfektionsansatz wurden 1 µg des jeweiligen Plasmids und 0,5 µg Goldpartikel
mit dem Durchmesser von 0,6 µm verwendet. Damit die Zellen nach 1,5-2 Tagen noch gut
beobachtet werden konnten, wurden Kulturschalen verwendet, bei denen die Zellen ungefähr
eine Konfluenz von 50-60% aufwiesen. Zur Auswertung wurde jede Schale am übernächsten
Tag vollständig am Fluoreszenzmikroskop bei 200-facher Vergrößerung gründlich auf
Fluoreszenzsignale abgesucht. Da unbekannt war, wie stark die Expression des mtEGFP-Gens
war, wurde die Zeitspanne bis zur Beobachtung absichtlich so groß gewählt.
[0195] Zu Beginn wurde das Plasmid pMAG12-1 verwendet, mit dem insgesamt 66 Kulturschalen
mit der Zelllinie 143B.TK
- behandelt wurden. Allerdings konnten keine Zellen mit fluoreszierenden Mitochondrien
gefunden werden. Mit der Fertigstellung des Plasmids pMAG13-1 wurden die Transfektionsversuche
mit pMAG12-1 eingestellt. Der Vektor pMAG13-1 enthielt zusätzlich noch einen Replikationsursprung
für den L-Strang, so dass eine Vermehrung innerhalb der Mitochondrien stattfinden
konnte und somit eine Verstärkung der Expression möglich war. Das Plasmid wurde mit
den gleichen Bedingungen wie sein Vorgänger pMAG12-1 für die Transfektionsversuche
eingesetzt. Es kam wiederum die Zelllinie 143B.TK
- zum Einsatz, welche 96-mal behandelt wurde. Beim Absuchen der Platten konnten sehr
schwache Fluoreszenzsignale entdeckt werden, die nach dem Vergleich mit dem entsprechenden
Phasenkontrastbild eine Lokalisierung der Signale in den Mitochondrien der Zelle ergaben
(Abb. 22). Zwei Tage später konnten die Zellen jedoch nicht mehr aufgefunden werden.
[0196] Um die Zellen bzw. ihre Mitochondrien einem Selektionsdruck für die eingebrachten
Plasmide zu unterwerfen, wurde ein weiterer mitochondrialer Expressionsvektor eingesetzt:
Bei dem Plasmid pMAG14-1 war zusätzlich zu den Genen des Plasmids pMAG13-1 noch ein
16S rRNA-Gen integriert, das eine Resistenz gegen das Antibiotikum Chloramphenicol
vermittelt.
[0197] Nach der Behandlung von 72 Schalen der Zelllinie 143B.TK
- konnten keine fluoreszierenden Mitochondrien gefunden werden. Die gleichzeitige Zugabe
von Chloramphenicol in das Kulturmedium erlaubte die Nutzung einer zusätzlichen Screeningmethode,
die mit der Selektion von mit mtDNA transfizierten ρ
0-Zellen übereinstimmte. Die Zellen wurden jeweils auf 150-mm-Schalen umgesetzt und
nach zwei bis drei Wochen Kultivierung im Selektionsmedium mit Chloramphenicol auf
Klone hin untersucht. Allerdings konnten auch mit dieser Methode keine Transfektanten
nachgewiesen werden. Um die Expression des mtEGFP noch zu verstärken, wurden daraufhin
Vektoren entwickelt, bei denen das mtEGFP-Gen durch die hochprozessive T7-RNA-Polymerase
transkribiert werden sollte. In einem ersten Schritt wurde versucht, das Plasmid pCRII-TOPO
mtEGFP (Abb. 9) mit der Genkanone in Zellen zu transfizieren, die die T7-RNA-Polymerase
mit einer N-terminalen mitochondrialen Signalsequenz im Kern exprimierten. Bei einer
geglückten Transfektion würde somit die in die Mitochondrien importierte T7-RNA-Polymerase
das mtEGFP-Gen auf dem Plasmid transkribieren und ein Fluoreszenzsignal wäre sichtbar.
[0198] Das Plasmid wurde entsprechend der bisher verwendeten mitochondrialen Expressionsplasmide
in 60 Transfektionsversuchen eingesetzt, jedoch konnten auch hier keine transfizierten
Zellen am Fluoreszenzmikroskop gefunden werden.
[0199] Anschließend wurden die Plasmide pMAG17-1 (Abb. 23) und pMAG14-3 bei den Transfektionsversuchen
eingesetzt, die beide das Gen für die T7-RNA-Polymerase unter der Kontrolle des mitochondrialen
H-Strang-Promotors enthielten. Bei diesen beiden Plasmiden zeigte sich - ähnlich wie
bei den Transfektionsversuchen mit der mitochondrialen DNA - eine Aggregation der
Goldpartikel, die aber nicht so stark war und durch die Reduktion der pro Versuch
eingesetzten DNA-Menge vollständig verhindert werden konnte. Dementsprechend wurden
nur 0,5 µg Plasmid-DNA auf 0,5 µg Goldpartikel eingesetzt. Nachdem 78 Schalen mit
dem Plasmid pMAG17-1 (Abb. 23) behandelt wurden, konnten wiederum keine Transfektanten
gefunden werden und es wurde mit dem Plasmid pMAG14-3 fortgefahren, das zusätzlich
das 16S rRNA-Gen für die Chloramphenicol-Resistenz enthielt. Nach 66 Transfektionsversuchen
wurden auch bei diesem Plasmid keine fluoreszierenden Mitochondrien am Fluoreszenzmikroskop
entdeckt, und auch die Selektion auf die Chloramphenicol-Resistenz endete ohne positives
Ergebnis.
13.2. Transfektion mit magnetischen Partikeln
[0200] Bei den im Rahmen der vorliegenden Erfindung durchgeführten Versuchen mit MATra-A,
wurden die Megamitochondrien durch eine eintägige Inkubation in mit Milchsäure auf
einen pH-Wert von 6,3 eingestelltem Kulturmedium (vgl. Beispiel 13.1.3) in 35-mm-Kulturschalen
induziert. Anschließend erfolgte die eigentliche Transfektion mit 3 µg des entsprechenden
Plasmids.
[0201] Nach der Transfektion mit dem Plasmid pMAG13-1 konnten nach zwei Tagen mit dem Fluoreszenzmikroskop
überall auf der Schale leicht grün leuchtende Strukturen entdeckt werden. Da die,
nach den Genkanone-Versuchen erwartete Intensität der Fluoreszenzsignale ebenfalls
nur sehr niedrig war, wurden diese Strukturen näher untersucht. Aufgrund von Vergleichen
mit den entsprechenden Phasenkontrastbildern wurden die Partikel als Auslöser der
Fluoreszenz verdächtigt. Nach dem Einsatz von MATra-A-Partikeln ohne Plasmid-DNA konnten
diese Strukturen wiederum in bzw. auf den Zellen entdeckt werden (Abb. 24), was diese
Vermutung bestätigte.
[0202] Aufgrund dieser Beobachtungen wurden die mit MATra-A transfizierten Zellen nicht
auf die Expression des mtEGFP-Gens hin untersucht. Daraufhin erfolgten noch 25 Transfektionen
mit dem Plasmid pMAG14-1, das eine Chloramphenicol-Resistenz vermitteln kann. Nach
dem Umsetzen der Zellen auf 150-mm-Kulturschalen konnten jedoch auch hier nach einer
drei bis vier Wochen dauernden Weiterkultivierung keine Chloramphenicol-resistenten
Klone gefunden werden.
13.3. Transfektion durch Mikroiniektion von DNA
[0203] Die Zelllinie 143B.TK
- wurde auf Glasbodenschalen ausgesät und die Megamitochondrien mit Natriumacetat induziert
(Beispiel 12.1). Das Plasmid pMAG13-1 fand in Konzentrationen von 50-350 ng/µl Verwendung,
wobei die Injektionseinstellungen ebenfalls variiert wurden. Nach der Injektion wurden
die Zellen mit Antibiotika weiterkultiviert, um mögliche Kontaminationen durch die
Injektion an der offenen Schale zu minimieren. Am nächsten Tag wurden die Kulturschalen
am Fluoreszenzmikroskop auf Transformanten abgesucht. Es konnten sehr schwache Signale
innerhalb von Zellen entdeckt werden, die auf eine gelungene Transfektion von Mitochondrien
schließen ließen (Abb.25). Injektionsversuche mit mitochondrialer DNA in ρ
0-Zellen wurden nicht durchgeführt, da es in diesen Zellen nicht gelang, Megamitochondrien
in entsprechender Größe zu induzieren.