[0001] Für die Herstellung von hochpermeablem kornorientiertem Elektroband, in der Fachsprache
auch kurz als "KO-Elektroband" bezeichnet, existieren unterschiedliche Verfahren.
[0002] Kornorientierte Elektrobänder oder -bleche zeichnen sich durch eine besonders scharf
ausgeprägte {110}<001> Textur aus, welche eine leichte Magnetisierungsrichtung parallel
zur Walzrichtung besitzt. Eine solche Textur wird nach ihrem Entdecker auch "Goss-Textur"
genannt.
[0003] Die Bildung der Goss-Textur erfolgt über ein selektives anomales Kornwachstum, welches
auch als Sekundärrekristallisation bezeichnet wird. Dabei wird das natürliche Bestreben
einer metallischen Matrix zur Kornvergrößerung durch die Anwesenheit von Kornwachstumsinhibitoren
unterdrückt, die in der Fachsprache auch kurz "Inhibitoren" oder "Inhibitorphase"
genannt werden.
[0004] Die Inhibitorphase besteht aus sehr feinen und möglichst homogen verteilten Partikeln
einer oder mehrerer Fremdphasen. Die betreffenden Partikel besitzen an ihrer Grenzfläche
zur Matrix bereits eine natürliche Grenzflächenenergie. Durch diese wird eine sich
darüber hinweg bewegende Korngrenze behindert, weil die weitere Einsparung an Grenzflächenenergie
im Gesamtsystem stark vermindert wird.
[0005] Die Inhibitorphase hat demzufolge eine zentrale Bedeutung für die Entstehung der
Goss-Textur und damit einhergehend für die magnetischen Eigenschaften des jeweiligen
Werkstoffes.
[0006] Zweck der Teilchen-Inhibition ist es möglich, das Kornwachstum im Primärgefüge des
Kaltbandes nach und während der Entkohlungsglühung zu unterdrücken. Erst während der
abschließenden Hochglühung, bei der die Kaltbänder bei Temperaturen von bis zu 1200
°C geglüht werden, soll bei 950 - 1100 °C ein kontrolliertes abnormales Kornwachstum
erfolgen, um eine hohe Texturschärfe mit Gossorientierung {110}<001> zu ermöglichen.
[0007] Damit ein optimales abnormales Kornwachstum mit hoher Texturschärfe einsetzt, muss
nach der Entkohlungsglühung ein idealer Gleichgewichtszustand zwischen treibenden
und rücktreibenden Kräften eingestellt werden. Die treibende Kraft für das Kornwachstum
während der Hochglühung ist die im Gefüge gespeicherte Korngrenzenenergie. Diese ist
im Wesentlichen durch die Korngröße nach der Primärrekristallisation bestimmt. Bedingt
durch die schwächere inhärente Inhibition beim low-heating Verfahren ist die mittlere
Primärkorngröße nach Entkohlungsglühung größer als beim konventionellen Verfahren
und unterliegt größeren Schwankungen durch den Kaltprozess. Die treibende Kraft für
das abnormale Kornwachstum ist somit generell geringer.
[0008] Auf der anderen Seite wird die rücktreibende Kraft durch die im Kaltband ausgeschiedenen
nichtmagnetischen Ausscheidungen (Inhibitoren) bestimmt. Dabei kommt es darauf an,
viele fein verteilte Teilchen vorliegen zu haben.
[0009] Eines der Verfahren zur Herstellung von KO-Elektroband ist unter der Bezeichnung
"Low-Heating-Verfahren" bekannt. Bei diesem Verfahren wird ein geeignet zusammengesetzter
Stahl zu Brammen vergossen, die nach ihrer Erstarrung bei vergleichbar niedrigen,
unterhalb von 1300 °C, typischerweise bei 1250 °C oder darunter liegenden Brammenvorwärmtemperaturen
geglüht werden. Beim so genannten Low-Heating Verfahren werden also die relevanten
Partikel nicht im Warmband, sondern vor, nach oder während der Entkohlungsglühung
bzw. während der Aufheizphase der Schlussglühung mit den verschiedensten Nitrierverfahren
erzeugt.
[0010] Bei den in der
EP 0 950 119 B1 und
EP 0 950 120 B1 beschriebenen Verfahren wird über den Warmwalzprozess eine Inhibitionsstärke Iz durch
Nitride und Sulfide eingestellt, so dass das primäre Kornwachstum beim Kaltprozess
auch bei höheren Temperaturen gehemmt wird. Vor dem Warmwalzen werden die Brammen
auf 1100 - 1320 °C erwärmt. Eine simultan zur Entkohlungsglühung durchgeführte Nitrierbehandlung
bei Temperaturen von 850 - 1050 °C in Ammoniak enthaltender Atmosphäre ermöglicht
die direkte Bildung von Aluminiumnitriden. Die anschließende Hochglühung muss gegenüber
dem herkömmlichen Herstellungsweg der KO-Elektrobandfertigung nicht modifiziert werden.
[0011] Dem gegenüber ist in der
EP 0 219 611 B1 ein Verfahren beschrieben, bei dem die Nitrierung nach der Primärrekristallisation,
jedoch vor dem Einsetzen des abnormalen Kornwachstums durchgeführt wird. Die Nitrierung
kann hier durch eine Atmosphäre mit Nitriervermögen oder durch einen Stickstoff spendenden
Klebschutzzusatz erfolgen. Speziell beim Nitrieren unter einer Ammoniak enthaltenden
Atmosphäre und bei einer Nitriertemperatur von weniger als 850 °C liegen nach der
Nitrierung nahe der Oberfläche Silizium-Mangan-Nitride vor (
Materials Science Forum 204-206 (1996), 143-154). Aufgrund der geringeren thermodynamischen Stabilität lösen sich diese während der
Aufheizphase der Hochglühung auf. Der Stickstoff diffundiert in die Stahlmatrix und
rekombiniert mit dem dort vorliegenden freien Aluminium zu Aluminiumnitrid (
Materials Science Forum 204-206 (1996), 593-598). Die Aluminiumnitride sind dann die wirksamen Inhibitoren für das Sekundärkornwachstum.
[0012] Die auf diesem Wege bewirkte Inhibition ist dennoch im Vergleich zum konventionellen
KO-Prozess schwächer, ermöglicht aber eine vollständige Sekundärrekristallisation
bei höheren Temperaturen mit einer größeren Sekundärkorngröße im Fertigband (
TMS Proceedings 3 (2008), 49-54). Der Nachteil dieser Vorgehensweise besteht in der Notwendigkeit eines modifizierten
Zeit-Temperatur-Zyklusses der Hochglühung. Die Auflösung der Silizium-Mangan-Nitride
bzw. die Neubildung von AlN durch Stickstoff-Diffusion erfolgt bei Temperaturen zwischen
700 bis 800 °C. Um diesen entscheidenden Prozessschritt vollständig zu ermöglichen,
ist eine isotherme Haltestufe von mindestens vier Stunden während der Aufheizphase
der Hochglühung erforderlich.
[0013] Ein weiteres Verfahren zum Herstellen von kornorientiertem Elektroband ist aus der
EP 1 752 548 A1 bekannt. Bei diesem Verfahren wird so genanntes CGO-Material (
Conventional
Grain
Oriented - Material) auf Basis von Dünnbrammen-Strangguss dadurch erzeugt, dass basierend
auf einer Stahlschmelze mit (in Masse-%) Si: 2,5 - 4,0 %, C: 0,01 - 0,10 %, Mn: 0,02
- 0,50 %, S und Se in Gehalten, deren Summe 0,005 bis 0,04 % beträgt, Rest Eisen und
unvermeidbare Verunreinigungen, die Arbeitsschritte "sekundärmetallurgisches Behandeln
der Schmelze in einer Vakuumanlage und / oder einem Pfannenofen", "kontinuierliches
Abgießen der Schmelze zu einem Strang", "Zerteilen des Strangs in Dünnbrammen", "Aufheizen
der Dünnbrammen in einem in Linie stehenden Ofen", "kontinuierliches Warmwalzen der
Dünnbrammen in einer in Linie stehenden mehrgerüstigen Warmwalzstraße zu einem Warmband",
"Abkühlen des Warmbands, Haspeln des Warmbands", "Kaltwalzen des Warmbandes zu einem
Kaltband", "rekristallisierendes und entkohlendes Glühen des Kaltbands", "Auftrag
eines Glühseparators", "Schlussglühen des geglühten Kaltbands zur Ausprägung einer
Gosstextur" so aufeinander abgestimmt sind, dass unter Verwendung von konventionellen
Aggregaten ein Elektroblech mit optimierten elektro-magnetischen Eigenschaften erhalten
wird.
[0014] Ein vergleichbares Verfahren ist aus der
EP 1 752 549 A1 für die Herstellung von so genanntem HGO-Material (
Highly
Grain
Oriented - Material) bekannt, wobei hier von einer Stahllegierung mit (in Masse-%)
Si: 2,5 - 4,0 %, C: 0,02 - 0,10 %, Al: 0,01 - 0,065 %, N: 0,003 - 0,015 %, Rest Eisen
und unvermeidbare Verunreinigungen, ausgegangen wird.
[0015] Ein genereller Nachteil aller hier beschriebenen Varianten von Low-Heating-Verfahren,
bei denen die Inhibition durch Ammoniak enthaltende Atmosphären eingestellt wird,
ist die nach dem Nitrierprozess erhaltene Zusammensetzung und Morphologie der Oxidschicht.
Dabei ist es unerheblich, bei welchen Temperaturen zuvor entkohlt und nitriert wurde.
[0016] Während des Nitrierens werden in die oberflächennahen Schichten sowie in der Oxidschicht
Nitride ausgeschieden, da die Löslichkeitsgrenze von Stickstoff in Fe-Si überschritten
wird. Generell hat der in der Nitrierzone ausgeschiedene Stickstoff einen hohen Rekombinationsdruck,
so dass z. T. molekularer Stickstoff in den Korngrenzen der Oxid-/Nitrierschicht ausgeschieden
wird (
Z. Werkst. Wärmebeh. Fertigung 63 (2008), 3). Die Folge dieses Phänomens sind Risse und Poren in der Oxidschicht, die im weiteren
Verlauf des Kaltbandprozesses die Oxidation während der Glasfilmbildung negativ beeinflussen.
[0017] Ein weiterer Nachteil der in
EP 0 219 611 B1 oder auch
EP 0 494 730 B1 beschriebenen Verfahren ist die längere Zeit, die benötigt wird, um die Auflösung
und Wiederausscheidung von Nitriden über Diffusionsprozesse in der Hochglühung zu
ermöglichen. Hierzu muss entweder die Aufheizrate abgesenkt oder eine Haltestufe bei
mittleren Temperaturen von 500 - 800 °C durchgeführt werden.
[0018] Vor dem Hintergrund des voranstehend erläuterten Standes der Technik bestand die
Aufgabe der Erfindung darin, ein Verfahren zu schaffen, das die Herstellung von kornorientiertem
Elektroband mit verbesserten Oberflächeneigenschaften ermöglicht und mit dem sich
zudem die Auflösung der Nitride während der Aufheizphase der Hochglühung beschleunigen
lässt.
[0019] Zur Lösung dieser Aufgabe schlägt die Erfindung das in Anspruch 1 angegebene Verfahren
vor.
[0020] Vorteilhafte Ausgestaltungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen angegeben
und werden nachfolgend wie der allgemeine Erfindungsgedanke im Einzelnen erläutert.
[0021] Die Erfindung geht demnach aus von den konventionellen Prozessen zur Herstellung
von KO-Elektroband, bei denen eine geeignet zusammengesetzte Schmelze zu Dünnbrammen
vergossen wird und bei denen die Nitrierung simultan zum Entkohlungsprozess in einer
Ammoniak enthaltenden Atmosphäre bei Temperaturen oberhalb von 850 °C vollzogen wird.
Entsprechende Verfahren sind in der
EP 1 752 548 A1, der
EP 1 752 549 A1, der
EP 0 950 119 B1 und der
EP 0 950 120 B1 beschrieben, deren Inhalt hiermit in die vorliegende Offenbarung einbezogen wird.
Aus diesen Veröffentlichungen sind die üblichen Arbeitsschritte und Parameter bekannt,
die ein Fachmann bei der Herstellung von kornorientiertem Elektroband anwendet und
berücksichtigt und die auch hier einschlägig sind.
[0022] Gemäß der Erfindung werden die in den voranstehend erwähnten Veröffentlichungen beschriebenen
Verfahren um eine nach dem Nitrieren erfolgende Nachoxidation ergänzt, bei der die
auf der Oberfläche vorhandene Oxidschicht und die Ausscheidungszone des erfindungsgemäß
erzeugten KO-Elektrobands passiviert wird.
[0023] Erfindungsgemäß werden also bei der Herstellung von kornorientiertem Elektroband
auf Basis von Dünnbrammen-Strangguss mindestens folgende Arbeitsschritte durchlaufen:
- a) Erschmelzen eines Stahls, der neben Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen (in
Masse-%) Si: 2,5 - 4,0 %, C: 0,01 - 0,10 % und zusätzlich jeweils optional eines oder
mehrere der nachfolgend aufgezählten Elemente mit folgender Maßgabe enthalten kann:
bis zu 0,50 % Mn, 0,003 - 0,04 % S, 0,003 - 0,04 % Se, bis zu 0,07 % Al, bis zu 0,015
% N, bis zu 0,05 % Ti, bis zu 0,3 % P, eines oder mehrere Elemente aus der Gruppe
As, Sn, Sb, Te, Bi mit Gehalten von jeweils bis zu 0,2 %, eines oder mehrere Elemente
aus der Gruppe Cu, Ni, Cr, Co, Mo mit Gehalten von jeweils bis zu 0,5 %, eines oder
mehrere Elemente aus der Gruppe B, V, Nb mit Gehalten von jeweils bis zu 0,012 %;
- b) kontinuierliches Abgießen der Schmelze zu einem Strang;
- c) Abteilen von Dünnbrammen von dem gegossenen Strang;
- d) Glühen der Dünnbrammen in einem in Linie stehenden Ofen bei einer Dünnbrammentemperatur
von 1050 - 1300 °C;
- e) kontinuierliches Warmwalzen der Dünnbrammen in einer in Linie stehenden mehrgerüstigen
Warmwalzstraße zu einem Warmband mit einer Dicke von 0,5 - 4,0 mm;
- f) Abkühlen des Warmbands;
- g) Haspeln des Warmbands zu einem Coil;
- h) optional: Glühen des Warmbands nach dem Haspeln bzw. vor dem Kaltwalzen;
- i) Kaltwalzen des Warmbandes zu einem Kaltband mit einer Enddicke von 0,15 mm bis
0,50 mm;
- j) rekristallisierendes und entkohlendes Glühen des Kaltbands;
- k) während oder nach dem entkohlenden Glühen erfolgendes Nitrieren des Kaltbands unter
einer ammoniakhaltigen Atmosphäre bei einer 850 - 1050 °C betragenden Nitriertemperatur;
- l) Auftrag eines Glühseparators auf die Bandoberfläche;
- m) Schlussglühen des rekristallisierend und entkohlend geglühten Kaltbands zur Ausprägung
einer Gosstextur;
- n) optional: Beschichten des schlussgeglühten Kaltbands mit einer elektrischen Isolierung
und anschließendes Spannungsfreiglühen des beschichteten Kaltbands
und
- o) optional: Domainenverfeinerung des beschichteten Kaltbandes.
[0024] Erfindungsgemäß durchläuft nun das Kaltband nach dem Nitrieren (Arbeitsschritt k)
und vor dem Auftrag des Glühseparators (Arbeitsschritt l) eine Nachoxidationsglühung
bei einer Glühdauer von 15 - 180 s und einer Nachoxidationsglühtemperatur T
NO von 750 - 900 °C unter einer wasserstoffhaltigen Glühatmosphäre, deren Partialdruckverhältnis
p
H2O/p
H2 aufgetragen über die jeweilige Temperatur T
NO innerhalb einer Fläche liegt, die durch die Eckpunkte P1 (T
NO = 750 °C; p
H2O/p
H2 = 0,1), P2 (T
NO = 900 °C; P
H2O/P
H2 = 0,2), P3 (T
NO = 750 °C; P
H2O/P
H2 = 0,42) und P4 (T
NO = 900 °C; P
H2O/PH2= 0,52) bestimmt ist.
[0025] Figur 1 zeigt schematisch den erfindungsgemäß in Abhängigkeit von der jeweiligen
Nachoxidationsglühtemperatur für die Glühatmosphäre der Nachoxidationsbehandlung einzuhaltenden
Partialdruckbereich im Stabilitätsdiagramm der elektrobandtypischen Oxide Fayalit
(Fe
2SiO
4) und Wüstit (FeO) (s. auch ISIJ
9 (1969), 66).
[0026] Durch eine erfindungsgemäß zusätzlich zu der konventionellen Vorgehensweise durchgeführte
Nachoxidationsglühung ist auf dem für den Auftrag des Glühseparators im Arbeitsschritt
l) bereitgestellten Kaltband eine Oxidschicht vorhanden, die durch innere Oxidation
des Grundwerkstoffs bis in die Zone der Nitridausscheidung vorgedrungen ist. Die überwiegende
Anzahl der zuvor ausgeschiedenen Nitride hat nun eine oxidische Umgebung, wie anhand
der Figuren 2a,2b verdeutlicht. Dort sind die Oxidschichtmorphologien vor (Fig. 2a)
und nach der Nachoxidationsglühung (Fig. 2b) schematisch verdeutlicht. Wie in Fig.
2b dargestellt, ist nach der erfindungsgemäßen Nachoxidationsglühung zwischen der
riss- und porenbehafteten Oxidschicht durch innere Oxidation eine Nitrierschicht entstanden.
Diese passiviert das Grundmaterial gegen die zuvor durch den Nitriervorgang in der
Oxidschicht entstandenen Risse und Poren.
[0027] Damit ein ausreichender Sauerstofftransport durch die Oxidschicht in den Grundwerkstoff
stattfinden kann, hat sich gezeigt, dass bei der Oxidationsglühung die Gleichgewichtskurve
von Fayalit überschritten werden muss. Auf der anderen Seite sollte eine übermäßige
Oxidation vermieden werden, weshalb als Obergrenze des Verfahrens der Zersetzungsdruck
von Wüstit angegeben wird.
[0028] Durch die Nachoxidation der Grundschicht liegen nach der Glühung die überwiegende
Anzahl der Nitride nun in einer oxidischen Umgebung vor. Die oxidische Umgebung der
Nitride bewirkt eine katalytisch getriebene Auflösung während der Aufheizphase der
Hochglühung, wodurch eine gleichmäßige Verteilung des Stickstoffs und somit der Inhibitorpartikel
erreicht wird. Die gleichmäßige Inhibitorverteilung hat zur Folge, dass die Sekundärrekristallisation
stabilisiert wird.
[0029] Die erfindungsgemäß durchgeführte Nachoxidation bewirkt demnach Zweierlei:
a) eine Verbesserung der Ausbildung des im Zuge der Schlussglühung ausgebildeten Glasfilms
durch eine zusätzliche passivierende innere Oxidationszone und
b) eine Verbesserung der magnetischen Eigenschaften durch die katalytisch bedingte
Homogenisierung der Inhibitorteilchen.
[0030] Die in den Arbeitsschritten a) - o) des erfindungsgemäßen Verfahrens eingestellten
Betriebsparameter entsprechen den aus dem Stand der Technik bekannten Vorgaben. So
kann die Temperatur des Warmbands beim Haspeln 520 - 720 °C betragen.
[0031] Im Fall, dass das rekristallisierende und entkohlende Glühen (Arbeitsschritt j) gleichzeitig
mit der Nitrierbehandlung (k) durchgeführt wird, kann es zweckmäßig sein, wenn das
rekristallisierende und entkohlende Glühen und das gleichzeitig erfolgende Nitrieren
des Kaltbands bei einer Temperatur von 800 - 1050 °C unter einer Glühatmosphäre, die
aus 0,1 - 10 Vol.-% NH
3, 30 - 75 Vol.-% H
2 und 30 - 75 Vol.-% N
2 besteht und deren Taupunkt 5 - 75 °C beträgt, über eine Dauer von 60 - 300 s durchgeführt
wird.
[0032] Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Ausführungsbeispielen näher erläutert.
[0033] Es wurden zwei Stahlschmelzen S1,S2 erschmolzen, die nach der sekundärmetallurgischen
Behandlung in einem Pfannenofen und einer Vakuumanlage die in Tabelle 1 angegebenen
Zusammensetzungen aufwiesen.
Tabelle 1, Rest Eisen und unvermeidbare Verunreinigungen
|
Si [%] |
C [ppm] |
Al [ppm] |
N [ppm] |
Mn [ppm] |
S [ppm] |
Cu [ppm] |
Sn [ppm] |
Cr [ppm] |
S1 |
3,10 |
350 |
260 |
70 |
1200 |
70 |
2000 |
580 |
1000 |
S2 |
3,32 |
500 |
320 |
100 |
1500 |
100 |
1800 |
720 |
800 |
[0034] Die so zusammengesetzten und behandelten Schmelzen S1,S2 sind jeweils kontinuierlich
zu einem 63 mm dicken Strang abgegossen worden.
[0035] Von dem Strang sind anschließend Dünnbrammen abgetrennt worden, die einer Ausgleichsglühung
in einem Ausgleichsofen bei Temperaturen von 1120 °C bis 1190 °C für eine Dauer von
10 - 90 min zugeführt worden sind, wobei die mittlere Verweilzeit typischerweise 20
- 35 Minuten betrug.
[0036] Nach dem Ausgleichsglühen sind die Dünnbrammen entzundert und in sieben Warmwalzschritten
in einer Fertigwarmwalzstraße auf eine Enddicke von 2,3 mm warmgewalzt worden.
Beispiel 1
[0037] Die aus der Schmelze S2 erzeugten Warmbänder sind bei einer Temperatur von 630 °C
zu einem Coil gewickelt worden und anschließend einer zweistufig absolvierten Warmbandglühung
unterzogen worden. Die Glühtemperatur in der ersten Stufe der Warmbandglühung betrug
1100 °C bei einer Glühdauer von 90 s und die Glühtemperatur in der zweiten Stufe betrug
900 °C bei einer Glühdauer von 200 s. Alternativ wäre auch eine einstufige Warmbandglühung
bei 1050 °C über eine Dauer von 350 s möglich gewesen.
[0038] Nach der Warmbandglühung ist das Warmband einstufig zu einem Kaltband mit einer Enddicke
von 0,285 mm kaltgewalzt worden.
[0039] Anschließend sind von dem Kaltband abgeteilte Bleche für die Dauer von 150 s bei
870 °C in einem feuchten Wasserstoff/Stickstoff-Gemisch (p
H20/p
H2=0,50) geglüht worden. Im Anschluss erfolgte bei 900 °C für 30 Sekunden eine Glühung
unter einer feuchten Ammoniak-Wasserstoff-Stickstoff-Atmosphäre (Trägergas N
2/H
2 50:50 mit 5 % NH
3 und Partialdruck p
H2O/p
H2 = 0,1), so dass die jeweilige Blechprobe zum einen restentkohlt und zum anderen nitriert
wurde.
[0040] Im Anschluss an die kombinierte Entkohlungs- und Nitrierbehandlung sind die Blechproben
einer Nachoxidationsglühung (aufgrund des durch diese Glühung erzielten Effekts auch
"Passivierungsglühung" genannt) bei T
NO = 860 °C unter einer ebenfalls feuchten Wasserstoff/Stickstoff-Glühatmosphäre unterzogen
worden. Das Partialdruckverhältnis der Glühatmosphäre p
H2O/p
H2 variiert dabei im Bereich von 0,006 - 0,44.
[0041] Die in Abhängigkeit vom Partialdruckverhältnis p
H2O/p
H2 erhaltenen Oxidationsgradänderungen O-O
initial sind in Figur 3 dargestellt. O
initial bezeichnet dabei den Sauerstoffgehalt der Bleche ohne Nachoxidationsglühung. Wie
zu erkennen ist, wirkt sich die Nachoxidationsglühung erst dann positiv auf den Sauerstoffgehalt
aus, wenn das Partialdruckverhältnis p
H2O/p
H2 größer als 0,16 ist.
[0042] Fig. 4a zeigt exemplarisch eine Schnittabbildung der Oxidschicht vor der Nachoxidationsbehandlung,
während Fig. 4b eine Schnittabbildung der Oxidschicht nach der Nachoxidationsbehandlung
bei p
H2O/p
H2=0,44 zeigt, jeweils in 10000-facher Vergrößerung. Die Oxidschicht wird durch die
Nachoxidationsglühung kompakter und dringt in den Bereich der nitridischen Ausscheidungen
vor.
[0043] Die Bleche sind im Anschluss mit Magnesiumoxid beschichtet und unter einer Atmosphäre,
die zu 75 % aus Wasserstoff und zu 25 % aus Stickstoff bestand, schlussgeglüht. Die
Ummagnetisierungsverluste als Funktion des Partialdruckverhältnisses p
H2O/p
H2 sind in Figur 5 gezeigt.
Beispiel 2
[0044] Die aus den Schmelzen S1 und S2 jeweils erzeugten 2,3 mm dicken Warmbänder sind nach
dem Warmwalzen einer zweistufigen Warmbandglühung unterzogen worden. Die Temperatur
der Warmbandglühung in der ersten Stufe betrug auch in diesem Fall bei einer Glühdauer
von 90 s auch hier 1100 °C, wogegen die Glühtemperatur in der 200 s dauernden zweiten
Stufe der Warmbandglühung bei 900 °C lag. Auch hier wäre alternativ eine einstufige
Warmbandglühung bei 1050 °C über eine Dauer von 350 s möglich gewesen.
[0045] Nach der Warmbandglühung sind die Warmbänder einstufig zu einem Kaltband kaltgewalzt
worden. Die Enddicke des Kaltbands betrug 0,175 mm.
[0046] Anschließend sind aus dem Kaltband gewonnene Blechproben für die Dauer von 150 s
bei einer Temperatur von 850 °C in einem feuchten Wasserstoff/Stickstoff-Gemisch (p
H2O/p
H2=0,50) geglüht worden.
[0047] Dann erfolgte bei 900 °C für 30 Sekunden eine Glühung in einem feuchten Ammoniak/
Wasserstoff/ Stickstoff-Gemisch, wodurch die Proben zum einen restentkohlt und zum
anderen nitriert wurden.
[0048] Einige der Blechproben sind im Anschluss einer Nachoxidationsglühung bei T
NO = 770 °C in einer feuchten Wasserstoff/Stickstoff-Atmosphäre unterzogen worden. Dabei
wurde für die Nachoxidation ein Partialdruckverhältnis von p
H2O/P
H2=0.238 gewählt.
[0049] Die Blechproben sind im Anschluss mit Magnesiumoxid beschichtet und unter einer Atmosphäre,
die zur Hälfte aus Wasserstoff und zur anderen Hälfte aus Stickstoff bestand, schlussgeglüht
worden. Die für die so erhaltenen Blechproben ermittelten typischen Polarisationen
J800 und die bei 50 Hz ebenfalls ermittelten Ummagnetisierungsverluste P
1.7,50 sind in Tabelle 2 angegeben. Es zeigt sich hier eine deutliche Überlegenheit der
erfindungsgemäß erzeugten Proben.
Tabelle 2
|
Proben ohne Nachoxidationsglühung |
Proben mit Nachoxidationsglühung |
Schmelze |
J800 (T) |
P1.7,50 (Wkg-1) |
J800 (T) |
P1.7,50 (Wkg-1) |
S1 |
1,853 |
0,973 |
1,889 |
0,863 |
S2 |
1,861 |
0,962 |
1,903 |
0,841 |
1. Verfahren zur Herstellung von kornorientiertem Elektroband auf Basis von Dünnbrammen-Strangguss,
umfassend folgende Arbeitsschritte:
a) Erschmelzen eines Stahls, der neben Eisen und unvermeidbaren Verunreinigungen (in
Masse-%)
Si: 2,5 - 4,0 %,
C: 0,01 - 0,10 %,
jeweils optional
- bis zu 0,50 % Mn,
- 0,003 - 0,04 % S,
- 0,003 - 0,04 % Se,
- bis zu 0,07 % Al,
- bis zu 0,015 % N,
- bis zu 0,05 % Ti,
- bis zu 0,3 % P,
- eines oder mehrere Elemente aus der Gruppe As, Sn, Sb, Te, Bi mit Gehalten von jeweils
bis zu 0,2 %,
- eines oder mehrere Elemente aus der Gruppe Cu, Ni, Cr, Co, Mo mit Gehalten von jeweils
bis zu 0,5 %,
- eines oder mehrere Elemente aus der Gruppe B, V, Nb mit Gehalten von jeweils bis
zu 0,012 %,
enthält,
b) kontinuierliches Abgießen der Schmelze zu einem Strang,
c) Abteilen von Dünnbrammen von dem gegossenen Strang,
d) Glühen der Dünnbrammen in einem in Linie stehenden Ofen bei einer Dünnbrammentemperatur
von 1050 - 1300 °C,
e) kontinuierliches Warmwalzen der Dünnbrammen in einer in Linie stehenden mehrgerüstigen
Warmwalzstraße zu einem Warmband mit einer Dicke von 0,5 - 4,0 mm,
f) Abkühlen des Warmbands,
g) Haspeln des Warmbands zu einem Coil,
h) optional: Glühen des Warmbands nach dem Haspeln bzw. vor dem Kaltwalzen,
i) Kaltwalzen des Warmbandes zu einem Kaltband mit einer Enddicke von 0,15 mm bis
0,50 mm,
j) rekristallisierendes und entkohlendes Glühen des Kaltbands,
k) während oder nach dem entkohlenden Glühen erfolgendes Nitrieren des Kaltbands unter
einer ammoniakhaltigen Atmosphäre bei einer 850 - 1050 °C betragenden Nitriertemperatur,
l) Auftrag eines Glühseparators auf die Bandoberfläche,
m) Schlussglühen des rekristallisierend und entkohlend geglühten Kaltbands zur Ausprägung
einer Gosstextur,
n) optional: Beschichten des schlussgeglühten Kaltbands mit einer elektrischen Isolierung
und anschließendes Spannungsfreiglühen des beschichteten Kaltbands,
o) optional: Domainenverfeinerung des beschichteten Kaltbandes
dadurch gekennzeichnet, dass das Kaltband nach dem Nitrieren (Arbeitsschritt k) und vor dem Auftrag des Glühseparators
(Arbeitsschritt l) eine Nachoxidationsglühung bei einer Glühdauer von 15 - 180 s und
einer Nachoxidationsglühtemperatur TNO von 750 - 900 °C unter einer wasserstoffhaltigen Glühatmosphäre durchläuft, deren
Partialdruckverhältnis pH2O/pH2 aufgetragen über die jeweilige Temperatur TNO innerhalb einer Fläche liegt, die durch die Eckpunkte P1 (TNO = 750 °C; pH2O/pH2 = 0,1), P2 (TNO = 900 °C; pH2O/pH2 = 0,2), P3 (TNO = 750 °C; pH2O/pH2 = 0,42) und P4 (TNO = 900 °C; pH2O/pH2= 0,52) bestimmt ist.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Temperatur des Warmbands beim Haspeln 520 - 720 °C beträgt.
3. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das rekristallisierende und entkohlende Glühen (Arbeitsschritt j) gleichzeitig mit
der Nitrierbehandlung (k) durchgeführt wird.
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass das rekristallisierende und entkohlende Glühen und das gleichzeitig erfolgende Nitrieren
des Kaltbands bei einer Temperatur von 800 - 1050 °C unter einer Glühatmosphäre, die
aus 1 - 10 Vol.-% NH3, 30 - 75 Vol.-% H2 und 30 - 75 Vol.-% N2 besteht und deren Taupunkt 5 - 75 °C beträgt, über eine Dauer von 60 - 300 s durchgeführt
wird.