[0001] Die Erfindung betrifft ein Hörhilfegerät, wobei das Hörhilfegerät einen akusto-elektrischen
Wandler, eine Signalverarbeitungseinrichtung, eine Rückkopplungsunterdrückungseinheit
und einen elektro-akustischen Wandler aufweist.
[0002] Hörhilfegeräte sind tragbare Hörvorrichtungen, die zur Versorgung von Schwerhörenden
dienen. Um den zahlreichen individuellen Bedürfnissen entgegenzukommen, werden unterschiedliche
Bauformen von Hörhilfegeräten wie Hinter-dem-Ohr-Hörgeräte (HdO), Hörgerät mit externem
Hörer (RIC: receiver in the canal) und In-dem-Ohr-Hörgeräte (IdO), z.B. auch Concha-Hörgeräte
oder Kanal-Hörgeräte (ITE, CIC), bereitgestellt. Die beispielhaft aufgeführten Hörgeräte
werden am Außenohr oder im Gehörgang getragen. Darüber hinaus stehen auf dem Markt
aber auch Knochenleitungshörhilfen, implantierbare oder vibrotaktile Hörhilfen zur
Verfügung. Dabei erfolgt die Stimulation des geschädigten Gehörs entweder mechanisch
oder elektrisch.
[0003] Hörhilfegeräte besitzen prinzipiell als wesentliche Komponenten einen Eingangswandler,
einen Verstärker und einen Ausgangswandler. Der Eingangswandler ist in der Regel ein
akusto-elektrischer Wandler, z. B. ein Mikrofon, und/oder ein elektromagnetischer
Empfänger, z. B. eine Induktionsspule. Der Ausgangswandler ist meist als elektroakustischer
Wandler, z. B. Miniaturlautsprecher, oder als elektromechanischer Wandler, z. B. Knochenleitungshörer,
realisiert. Der Verstärker ist üblicherweise in eine Signalverarbeitungseinrichtung
integriert. Die Energieversorgung erfolgt üblicherweise durch eine Batterie oder einen
aufladbaren Akkumulator.
[0004] Bei Hörhilfegeräten besteht wegen der unmittelbaren Nähe des Mikrofons zu dem Lautsprecher
bzw. Hörer und einer hohen Verstärkung, um ein vermindertes Hörvermögen zu kompensieren,
die Gefahr von akustischen Rückkopplungen, die sich als lästiges Pfeifen für den Träger
äußern.
[0005] Aus der Offenlegungsschrift
US 2008/0273728 A1 ist ein Hörhilfegerät bekannt, das ein adaptives Filter zum Erzeugen eines Rückkopplungsunterdrückungssignals
und eine Schätzvorrichtung zum Schätzen einer oberen Verstärkungsgrenze aufweist.
[0006] Adaptive Filter sind in ihrer Realisierung begrenzt, da Filter mit einer großen Länge,
d.h. Filter, die auch stark verzögerte Signale berücksichtigen, lange Verzögerungszeiten
aufweisen und Speicherplatz für das Zwischenspeichern von Abtastwerten und Koeffizienten
benötigen. Im Stand der Technik wird daher die Rückkopplungsunterdrückung durch adaptive
Filter auf Signale mit kurzer Laufzeit auf dem Rückkopplungspfad begrenzt.
[0007] Aus der
DE 60 2004 006 912 T2 ist ein Verfahren zur Verarbeitung eines akustischen Signals zu entnehmen, welches
zur Unterdrückung einer Rückkopplung (Nachhall) ausgebildet ist. Für ein Eingangssignal
wird dabei ein Dämpfungswert bestimmt, welcher mit einer Signalentwicklung verglichen
wird, um ein Signal-Hallgeräusch-Verhältnis zu bestimmen. Auf dieser Grundlage wird
dann eine Verstärkung für das Eingangssignal berechnet, um so ein Ausgangssignal zu
erhalten.
[0008] Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, ein Hörhilfegerät und ein Verfahren
zum Betrieb des Hörhilfegeräts bereitzustellen, dass auch unter schwierigen Bedingungen
in der Lage ist, eine Rückkopplung zu unterdrücken.
[0009] Die erfindungsgemäße Aufgabe wird durch ein Verfahren zum Betrieb eines Hörhilfegeräts
nach Anspruch 1 sowie durch ein Hörhilfegerät nach Anspruch 7 gelöst.
[0010] Das erfindungsgemäße Verfahren reduziert Rückkopplungen bei einem Hörhilfegerät,
wobei das Hörhilfegerät einen akusto-elektrischen Wandler, eine Signalverarbeitungseinrichtung,
eine Rückkopplungsunterdrückungseinheit und einen elektro-akustischen Wandler aufweist.
[0011] Das Verfahren weist einen Schritt auf, eine erste Übertragungsfunktion zu schätzen,
die einen Rückkopplungspfad über den elektro-akustischen Wandler, einen akustischen
Signalpfad von dem elektro-akustischen Wandler zu dem akusto-elektrischen Wandler
und über den akusto-elektrischen Wandler zurück zu der Signalverarbeitungseinrichtung
und eine von der Signalverarbeitungseinrichtung gegebene Übertragungsfunktion umfasst.
Die Schätzung erfolgt für einen ersten Abschnitt einer Signalantwort. Als Signalantwort
wird hier eine Folge von Werten oder Koeffizienten bezeichnet, die eine Antwort der
ersten Übertragungsfunktion auf eine Anregung oder ein Signal beschreibt. Eine Ordnungszahl
in der Folge von Werten korrespondiert beispielsweise über die Abtastrate zu einer
Zeit, die zwischen der Anregung und einem Abtasten des Wertes in der Folge mit der
entsprechenden Ordnungszahl vergangen ist.
[0012] Das erfindungsgemäße Verfahren weist weiterhin den Schritt auf, eine Energie eines
Rückkopplungssignals einer zweiten Übertragungsfunktion des Rückkopplungspfades für
einen zweiten Abschnitt der Signalantwort zu schätzen, wobei der erste Abschnitt und
der zweite Abschnitt disjunkt sind oder nur teilweise überlappen und der zweite Abschnitt
dem ersten Abschnitt bezüglich einer Laufzeit nachgeordnet ist. Beispielsweise wird
die Signalantwort für die Folge von Werten durch eine erste und eine zweite Übertragungsfunktion
beschrieben, die für unterschiedliche Abschnitte der Folge und damit für unterschiedliche
zeitliche Abstände der Folgewerte und der entsprechenden Übertragungsfunktionswerte
von der Signalanregung stehen. Die erste Übertragungsfunktion ist damit für einen
früheren Zeitabschnitt der Signalantwort des Rückkopplungspfades definiert als die
zweite Übertragungsfunktion.
[0013] Das erfindungsgemäße Verfahren weist einen Schritt auf, einen Parameter der Signalverarbeitungseinrichtung
und/oder der Rückkopplungsunterdrückungseinheit in Abhängigkeit von der geschätzten
Energie einzustellen. Beispielhafte Parameter sind in den Unteransprüchen ausgeführt.
Die Abhängigkeit des Parameterwerts kann eine beliebige Abhängigkeit sein, beispielsweise
eine proportionale, quadratische, exponentielle, logarithmische oder andere funktionaler
Abhängigkeit sein, beispielsweise auch eine binäre, d.h. oberhalb eines Schwellwerts
der geschätzten Energie wird ein Parameter von wahr auf falsch oder umgekehrt gesetzt
und damit eine Funktionalität der Signalverarbeitung oder der Rückkopplungsunterdrückung
aktiviert oder deaktiviert.
[0014] Auf vorteilhafte Weise ermöglicht es das erfindungsgemäße Verfahren, dass auch ein
zweiter Abschnitt einer Signalantwort, der einer längeren Signalverzögerung entspricht,
bei der Einstellung der Signalverarbeitung bzw. Rückkopplungseinrichtung berücksichtigt
wird und so eine Rückkopplung auch unter ungünstigen Bedingungen eine Rückkopplung
verhindert werden kann.
[0015] Das erfindungsgemäße Hörhilfegerät des Anspruchs 8 teilt die Vorteile des erfindungsgemäßen
Verfahrens.
[0016] Weitere vorteilhafte Fortbildungen der Erfindung sind in den abhängigen Ansprüchen
angegeben.
[0017] In einer denkbaren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens weist das Verfahren
weiterhin den Schritt auf, in Abhängigkeit von der ersten Übertragungsfunktion die
zweite Übertragungsfunktion zu extrapolieren.
[0018] Die erste Übertragungsfunktion wird gemäß dem Verfahren geschätzt. Das Schätzen erfolgt
dabei zum Beispiel mittels adaptiver Filter, die die zu schätzende Funktion mittels
parametrisierter mathematischer Funktionen modellieren. Die Parameter werden dabei
an eingehende Signale derart angepasst, dass ein Abweichung zwischen der modellierten
Übertragungsfunktion und den realen Signalen minimiert werden (z.B. Least Mean Square
LMS, NMLS etc.). Derartige Verfahren erfordern mit zunehmender Länge und Anzahl der
Koeffizienten zunehmend Speicher und Prozessorleistung. Indem die zweite Übertragungsfunktion
aus der ersten Übertragungsfunktion extrapoliert wird, ist ein wesentlich geringerer
Ressourcenbedarf für größere Längen erforderlich. Beispielsweise kann die erste Übertragungsfunktion
mit einem modellierten Dämpfungsfaktor fortgesetzt werden.
[0019] In einer denkbaren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird die Energie
des zweiten Abschnitts des Rückkopplungssignals mittels der zweiten Übertragungsfunktion
bestimmt. Somit kann auch der Ressourcenbedarf für das Schätzen der Energie auf vorteilhafte
Weise reduziert werden.
[0020] In einer denkbaren Ausführungsform gibt der eingestellte Parameter einen adaptiven
Kompensationsfilteranteil an. Zur Unterdrückung von Rückkopplungen ist es möglich,
das Rückkopplungssignal abzuschätzen, beispielsweise mittels der bereits zuvor dargestellten
adaptiven Filter, und das geschätzte Rückkopplungssignal von dem Eingangssignal zu
subtrahieren, sodass sich bei idealer, genauer Schätzung beide Signale aufheben. In
der vorgeschlagenen Ausführungsform wird zumindest ein Parameter des adaptiven Filters
nicht unmittelbar durch ein adaptives Anpassen an das Eingangssignal, sondern in Abhängigkeit
der geschätzten Energie ermittelt, was eine einfachere Berechnung erlaubt.
[0021] In einer möglichen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens beeinflusst der
Parameter eine Verstärkung eines Signals zwischen dem akusto-elektrischen Wandler
und dem elektro-akustischen Wandler in der Signalverarbeitungseinrichtung.
[0022] Eine weitere vorteilhafte Möglichkeit, eine Rückkopplung zu unterdrücken ist es,
die Verstärkung in dem Hörhilfegerät zu verändern, sodass die Gesamtverstärkung kleiner
1 wird.
[0023] In einer denkbaren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird in dem Schritt
des Einstellens die Verstärkung um einen Wert in Abhängigkeit zu der geschätzten Energie
verringert oder auf einen Wert in Abhängigkeit zu der geschätzten Energie begrenzt.
[0024] Ist bereits ein Rückkopplungsgeräusch aufgetreten und durch die geschätzte Energie
in dem zweiten Abschnitt ersichtlich, so kann auf vorteilhafte Weise das Rückkopplungsgeräusch
unterdrückt werden, indem die Verstärkung beispielsweise mit zunehmender Energie oder
bei Überschreiten eines Schwellwerts reduziert wird. Ist noch kein Geräusch aufgetreten,
aber beispielsweise aufgrund einer anwachsenden Energie in dem zweiten Abschnitt des
Rückkopplungssignals zu erwarten, so kann eine Begrenzung der Verstärkung ein Eintreten
der Rückkopplung verhindern.
[0025] In einer denkbaren Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens wird in mindestens
zwei von einer Mehrzahl von disjunkten oder nur teilweise überlappenden Frequenzbereichen
jeweils ein Parameter eingestellt. Dazu ist es bevorzugter weise möglich, dass auch
die anderen Schritte des Verfahrens jeweils für eines oder mehrere der Frequenzbänder
separat ausgeführt werden.
[0026] Bei Hörhilfegeräten ist es üblich, ein Eingangssignal in mehrere Frequenzbänder aufzuteilen,
um eine frequenzabhängige Verstärkung zur frequenzabhängigen Kompensation eines Hörverlusts
bereitzustellen. Das erfindungsgemäße Verfahren nutzt dies auf vorteilhafte Weise,
indem jeweils in den einzelnen Frequenzbändern ein Parameter eingestellt wird. Beispielsweise
tritt ein Rückkopplungspfeifen vorzugsweise in einem eng begrenzten Frequenzbereich
auf, sodass die Rückkopplung durch ein Reduzieren nur in diesem Frequenzbereich unterdrückt
werden kann, ohne die Verstärkung in anderen Frequenzbereichen zu reduzieren.
[0027] Die oben beschriebenen Eigenschaften, Merkmale und Vorteile dieser Erfindung sowie
die Art und Weise, wie diese erreicht werden, werden klarer und deutlicher verständlich
im Zusammenhang mit der folgenden Beschreibung der Ausführungsbeispiele, die im Zusammenhang
mit den Zeichnungen näher erläutert werden.
[0028] Es zeigen:
- Fig. 1
- eine beispielhafte schematische Darstellung eines erfindungsgemäßen Hörhilfegeräts;
- Fig. 2
- ein schematisches Ablaufdiagramm eines erfindungsgemäßen Verfahrens;
- Fig. 3
- eine schematische Darstellung in Funktionsblöcken einer möglichen Implementierung
eines erfindungsgemäßen Hörhilfegeräts.
[0029] Fig. 1 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines erfindungsgemäßen Hörhilfegeräts 100.
In ein Hörhilfegerätegehäuse 10, 20 sind ein oder mehrere Mikrofone, auch als akusto-elektrische
Wandler 2 bezeichnet, zur Aufnahme des Schalls bzw. akustischer Signale aus der Umgebung
eingebaut. Die Erfindung ist jedoch nicht auf das dargestellte In-dem-Ohr-Hörhilfegeräte
(IdO) beschränkt, sondern kann genauso Anwendung in Hinter-dem-Ohr (HdO)- oder CiC-Hörhilfegeräten
finden. Die Mikrofone sind akusto-elektrische Wandler 2 zur Umwandlung des Schalls
in erste elektrische Audiosignale. Eine Signalverarbeitungseinrichtung 3, die ebenfalls
in dem Hörhilfegerätegehäuse 10, 20 angeordnet ist, verarbeitet die ersten Audiosignale.
Das Ausgangssignal der Signalverarbeitungseinrichtung 3 wird an einen Lautsprecher
bzw. Hörer 4 übertragen, der ein akustisches Signal ausgibt. Der Schall wird gegebenenfalls
über einen Schallschlauch, der mit einer Otoplastik im Gehörgang fixiert ist, zum
Trommelfell des Geräteträgers übertragen. Es ist aber auch ein anderer elektro-mechanischer
Wandler denkbar, wie beispielweise ein Knochenleitungshörer. Die Energieversorgung
des Hörgeräts und insbesondere die der Signalverarbeitungseinrichtung 3 erfolgt durch
eine ebenfalls in das Hörgerätegehäuse 1 integrierte Batterie 5.
[0030] In Fig. 2 ist die Signalverarbeitung eines beispielhaften erfindungsgemäßen Hörhilfegeräts
100 als Blockschaltbild dargestellt. Das Hörhilfegerät 100 weist eine erfindungsgemäße
Rückkopplungsunterdrückungseinheit 6 auf. Diese steht in Signalverbindung mit der
Signalverarbeitungseinrichtung 3, um Informationen über ein durch das Mikrofon 2 aufgenommenes
akustische Signal und ein an den Hörer 4 ausgegebenes Signal zu erfassen. Darüber
hinaus ist die Rückkopplungsunterdrückungseinheit 6 in der Lage, über eine Signalverbindung
Einfluss auf die Signalverarbeitungseinrichtung 3 zu nehmen, beispielsweise die Verstärkung
zu verändern.
[0031] Dabei ist es genauso denkbar, dass die Funktion der Rückkopplungsunterdrückungseinheit
6 in der Signalverarbeitungseinrichtung 3 selbst implementiert ist, beispielsweise
als Schaltkreise in einem ASIC oder als Funktionsblock in einem Signalprozessor.
[0032] Fig. 3 zeigt ein schematisches Ablaufdiagramm eines erfindungsgemäßen Verfahrens.
[0033] In einem Schritt S10 wird von dem Hörhilfegerät 100 eine erste Übertragungsfunktion
geschätzt, die einen Rückkopplungspfad über den elektro-akustischen Wandler 4, einen
akustischen Signalpfad von dem elektro-akustischen Wandler zu dem akusto-elektrischen
Wandler 2 und über den akusto-elektrischen Wandler 2 zurück zu der Signalverarbeitungseinrichtung
3 und eine von der Signalverarbeitungseinrichtung 3 gegebene Übertragungsfunktion
umfasst.
[0034] Das Schätzen kann beispielsweise mit einem adaptiven Filter erfolgen, bei dem die
Übertragungsfunktion durch eine parametrisierte Funktion modelliert wird und die Parameter
der Übertragungsfunktion durch ein Näherungsverfahren angenähert werden, sodass eine
Abweichung zwischen den realen Signalen, die von dem akusto-elektrischen Wandler 2
aufgenommen bzw. von dem akusto-elektrischen Wandler 4 ausgegeben werden und den mit
der parametrisierten Funktion ermittelten Signalen minimiert wird.
[0035] Gängige Verfahren hierzu sind Least Mean Square (LMS, minimale quadratische Abweichung
oder auch NMLS). Die Übertragungsfunktion der Signalverarbeitung 3 kann auch direkt
ohne Näherungsverfahren aus internen Parametern der Signalverarbeitung 3 ermittelt
werden. Dies ist besonders einfach, wenn die Rückkopplungsunterdrückungseinheit 6
in die Signalverarbeitung 3 integriert ist.
[0036] Die Schätzungsverfahren wie z.B. LMS verarbeiten dazu eine begrenzte Anzahl von Abtastwerten
der Audiosignale, um zum einen die Signalverzögerung zu begrenzen, denn ein Schätzwert
kann ja erst berechnet werden, wenn die Abtastwerte im Speicher verfügbar sind. Zum
anderen nimmt auch der Bedarf an Rechenleistung zu, da die Anzahl der Rechenoperationen
auch mit der Anzahl der Abtastwerte steigt. Daher wird in Schritt 10 die Schätzung
nur für einen ersten Abschnitt einer Signalantwort mit N Abtastwerten ausgeführt,
wobei N beispielsweise gleich einer Anzahl von 10, 20, 50, 100, 500 oder auch von
dazwischenliegenden Zweierpotenzen sein kann.
[0037] In einem Schritt S20 wird eine Energie eines Rückkopplungssignals einer zweiten Übertragungsfunktion
des Rückkopplungspfades für einen zweiten Abschnitt der Signalantwort geschätzt, wobei
der erste Abschnitt und der zweite Abschnitt disjunkt sind oder nur teilweise überlappen
und der zweite Abschnitt dem ersten Abschnitt bezüglich einer Laufzeit nachgeordnet
ist. Wie bereits zu S10 ausgeführt, ist die Schätzung einer Signalantwort in der Realität
auf eine Länge eines Filters beschränkt, die zuvor mit der Variablen N bezeichnet
wurde. Aus N Abtastwerten lassen sich maximal N voneinander unabhängige Parameter
bestimmen. Unter ungünstigen Bedingungen, z.B. bei einer Umgebung mit hoher Reflexion
und geringer Dämpfung können aber auch Signale, die um mehr als N Abtastwerte verzögert
sind, eine nennenswerte akustische Energie aufweisen und zu einer Rückkopplung führen.
Um einen stabilen Betrieb des Hörhilfegeräts 100 zu gewährleisten, kann es daher notwendig
sein, auch in einem zweiten Abschnitt der Signalantwort, der sich an den ersten Abschnitt
anschließt, mit diesem teilweise überdeckt, aber im wesentlichen disjunkt ist oder
auch mit zeitlichem Abstand darauf folgt, eine Energie der Signalantwort zu schätzen.
[0038] In einer denkbaren Ausführungsform wird dazu die erste geschätzte Übertragungsfunktion
extrapoliert. Ein denkbares Modell ist es dabei, dass eine Dämpfung vorhanden ist,
und die erste Übertragungsfunktion mit einem exponentiellen Abfall fortgesetzt wird
und für den so ermittelten zweiten Abschnitt die Energie geschätzt wird, indem beispielsweise
Quadratsummen für extrapolierten Abtastwerte gebildet werden.
[0039] Es ist aber auch möglich, direkt die bestimmte Energie am Ende des ersten Abschnitts
als Ausgangswert zu nehmen und diese exponentiell abfallen zu lassen.
[0040] Viele weitere Verfahren sind vorstellbar, die unterschiedliche physikalische Annahmen
machen oder in Bezug auf die Berechnung optimiert sind, um die Energie des zweiten
Abschnitts zu schätzen.
[0041] In einem Schritt S30 wird ein Parameter der Signalverarbeitungseinrichtung und/oder
der Rückkopplungsunterdrückungseinheit in Abhängigkeit von der geschätzten Energie
eingestellt.
[0042] Wenn beispielweise die in Schritt S20 geschätzte Energie einen Schwellwert überschreitet,
kann eine Verstärkung in der Signalverarbeitungseinrichtung reduziert werden oder
mit einer Begrenzung versehen werden. Umgekehrt ist es auch denkbar, dass die Verstärkung
wieder erhöht wird, wenn die geschätzte Energie unter einen Schwellwert fällt.
[0043] Es ist aber auch denkbar, dass in der Rückkopplungsunterdrückungseinheit 6 beispielsweise
ein oder mehrere Gewichtungsfaktoren für Parameter des adaptiven Filters erhöht oder
erniedrigt werden.
[0044] Obwohl die Erfindung im Detail durch das bevorzugte Ausführungsbeispiel näher illustriert
und beschrieben wurde, so ist die Erfindung nicht durch die offenbarten Beispiele
eingeschränkt und andere Variationen können vom Fachmann hieraus abgeleitet werden,
ohne den Schutzumfang der Erfindung zu verlassen.
1. Verfahren zur Reduktion von Rückkopplungen in einem Hörhilfegerät (100), wobei das
Hörhilfegerät einen akusto-elektrischen Wandler (2), eine Signalverarbeitungseinrichtung
(3), eine Rückkopplungsunterdrückungseinheit (6) und einen elektro-akustischen Wandler
(4) aufweist, wobei das Verfahren die Schritte aufweist:
(S10) Schätzen einer ersten Übertragungsfunktion, die einen Rückkopplungspfad über
den elektro-akustischen Wandler (4), einen akustischen Signalpfad von dem elektro-akustischen
Wandler (4) zu dem akusto-elektrischen Wandler (2) und über den akusto-elektrischen
Wandler (2) zurück zu der Signalverarbeitungseinrichtung (3) und eine von der Signalverarbeitungseinrichtung
(3) gegebene Übertragungsfunktion umfasst, für einen ersten Abschnitt einer Signalantwort;
(S20) Schätzen einer Energie eines Rückkopplungssignals einer zweiten Übertragungsfunktion
des Rückkopplungspfades für einen zweiten Abschnitt der Signalantwort, wobei der erste
Abschnitt und der zweite Abschnitt disjunkt sind oder nur teilweise überlappen und
der zweite Abschnitt dem ersten Abschnitt bezüglich einer Laufzeit nachgeordnet ist;
(S30) Einstellen eines Parameters der Signalverarbeitungseinrichtung (3) und/oder
der Rückkopplungsunterdrückungseinheit (6) in Abhängigkeit von der geschätzten Energie.
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei das Verfahren weiterhin den Schritt aufweist, in
Abhängigkeit von der ersten Übertragungsfunktion die zweite Übertragungsfunktion zu
extrapolieren.
3. Verfahren nach Anspruch 2, wobei die Energie des zweiten Abschnitts des Rückkopplungssignals
mittels der zweiten Übertragungsfunktion bestimmt wird.
4. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei der eingestellte Parameter
einen adaptiven Kompensationsfilteranteil angibt.
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei der Parameter eine Verstärkung
eines Signals zwischen dem akusto-elektrischen Wandler (2) und dem elektro-akustischen
Wandler (4) in der Signalverarbeitungseinrichtung (6) beeinflusst.
6. Verfahren nach Anspruch 4 oder 5, wobei in dem Schritt des Einstellens die Verstärkung
um einen Wert in Abhängigkeit zu der geschätzten Energie verringert wird oder auf
einen Wert in Abhängigkeit zu der geschätzten Energie begrenzt wird.
7. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, wobei in mindestens zwei von einer
Mehrzahl von disjunkten oder nur teilweise überlappenden Frequenzbereichen jeweils
ein Parameter eingestellt wird.
8. Hörhilfegerät, wobei das Hörhilfegerät (100) einen akusto-elektrischen Wandler (2),
eine Signalverarbeitungseinrichtung (3), einen elektro-akustischen Wandler (4) und
eine Steuerung aufweist,
wobei die Steuerung ausgelegt ist,
eine erste Übertragungsfunktion, die einen Rückkopplungspfad über den elektro-akustischen
Wandler (4), einen akustischen Signalpfad von dem elektro-akustischen Wandler (4)
zu dem akusto-elektrischen Wandler (2) und über den akusto-elektrischen Wandler (2)
zurück zu der Signalverarbeitungseinrichtung (3) und eine von der Signalverarbeitungseinrichtung
(3) gegebene Übertragungsfunktion umfasst, für einen ersten Abschnitt einer Signalantwort
zu schätzen;
eine Energie eines Rückkopplungssignals einer zweiten Übertragungsfunktion des Rückkopplungspfades
für einen zweiten Abschnitt der Signalantwort zu schätzen, wobei der erste Abschnitt
und der zweite Abschnitt disjunkt sind oder nur teilweise überlappen und der zweite
Abschnitt dem ersten Abschnitt bezüglich einer Laufzeit nachgeordnet ist;
einen Parameter der Signalverarbeitungseinrichtung (3) und/oder der Rückkopplungsunterdrückungseinheit
(6) in Abhängigkeit von der geschätzten Energie einzustellen.
9. Hörhilfegerät nach Anspruch 8, wobei die Steuerung weiterhin ausgelegt ist, in Abhängigkeit
von der ersten Übertragungsfunktion die zweite Übertragungsfunktion in dem zweiten
Abschnitt zu extrapolieren.
10. Hörhilfegerät nach Anspruch 9, wobei die Steuerung ausgelegt ist, die Energie des
zweiten Abschnitts des Rückkopplungssignals mittels der zweiten Übertragungsfunktion
zu bestimmen.
11. Hörhilfegerät nach einem der Ansprüche 8 bis 10, wobei der Parameter eine Verstärkung
eines Signals zwischen dem akusto-elektrischen Wandler (2) und dem elektro-akustischen
Wandler (4) in der Signalverarbeitungseinrichtung (3) beeinflusst.
12. Hörhilfegerät nach Anspruch 10 oder 11, wobei die Steuerung ausgelegt ist, die Verstärkung
um einen Wert proportional zu der geschätzten Energie zu verringern.
13. Hörhilfegerät nach einem der Ansprüche 8 bis 12, wobei die Steuerung ausgelegt ist,
in mindestens zwei von einer Mehrzahl von disjunkten oder nur teilweise überlappenden
Frequenzbereichen jeweils die Übertragungsfunktion zu schätzen, die Energie eines
verbleibenden Rückkopplungssignals zu schätzen und den Parameter der Signalverarbeitungseinrichtung
(3) in Abhängigkeit von der geschätzten Energie einzustellen
14. Hörhilfegerät nach einem der Ansprüche 8 bis 13, wobei die Steuerung Teil der Signalverarbeitungseinrichtung
(3) ist.