[0001] Die Erfindung betrifft eine Einrichtung zur steuerbaren Druckentlastung eines Wirksystems,
umfassend eine in einer Hülle angeordnete Sprengladung sowie eine kombinierte Zündeinrichtung
für deflagrative und detonative Initiierung der Sprengladung.
[0002] Eine wichtige Voraussetzung ist dabei jedoch, dass die deflagrative Umsetzung räumlich
und zeitlich stabil abläuft. Dies ergibt sich aus den Raten der Energiedissipation
im Vergleich zur Energieerzeugung, wobei verschiedene Systemparameter wie Initiierung,
Sprengladungseigenschaften, sowie Verdämmung und Entlüftung der Sprengladung maßgeblich
sind. Für ein spezifisches Wirkladungssystem existiert somit eine bestimmte Kombination
dieser Parameter. Die vorliegende Erfindung konzentriert sich deshalb auf die notwendige
Entlüftung während einer Deflagration, damit diese auch bei vollständiger Verdämmung
der Wirkladung stabil ablaufen kann.
[0003] In der Patentanmeldung
DE 10 2014 004 003 B3 ist ein Zündsystem beschrieben, das eine einstellbare Leistungsabgabe des Wirksystems
vor dem Erreichen des Zieles in einem weiten Bereich ermöglicht. Hierfür wird das
Verhältnis zwischen detonativer und deflagrativer Umsetzung der Sprengladung auf einen
gewünschten Wert eingestellt. Dies kann mittels zweier räumlich weit beabstandeter
Zündeinrichtungen erfolgen, wie dies aus dem Stand der Technik bekannt ist. Gemäß
der neuen Patentanmeldung ist es vorgesehen beide Zündeinrichtungen unmittelbar nebeneinander
anzuordnen. Hinsichtlich der Entlüftung des Wirksystems wird jedoch kein Hinweis auf
eine wirksame Umsetzung gegeben.
[0004] Die
US 2011 / 0 203 475 A1 zeigt die vorgenannte Anordnung zweier Zündstellen mit einem unabhängig voneinander
wählbaren Zündzeitpunkt. Um eine innere, entlang der Zentralachse angeordnete Sprengladung
ist ein Luftraum angeordnet, der seinerseits von Röhren aus Kunststoff bzw. Metall
umgeben ist. Damit kann die äußere Sprengladung auch deflagrativ initiiert werden.
[0005] Die
DE 10 2009 017 160 C2 betrifft eine Wirkladung mit drei auf der Zentralachse angeordneten Zündstellen,
mit deren Hilfe nicht nur die Leistung der Wirkladung, sondern auch die Größe der
radial abgegebenen Splitter einstellbar ist. Eine der Zündstellen bewirkt die Deflagration
der Sprengladung.
[0006] In der
DE 100 08 914 C2 ist das Grundprinzip einer Wirkladung mit zwei auf der Zentralachse angeordneten
und entgegengesetzt wirkenden Zündstellen bekannt geworden. Mittels Wahl der Zündzeitpunkte
kann die detonativ abgegebene Leistung in einem sehr großen Bereich eingestellt werden.
[0007] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, für ein Wirksystem eine geeignete Entlüftung
für den Fall der deflagrativen Umsetzung der Sprengladung anzugeben, welche eine destruktive
Beeinflussung der Hülle des Wirksystems vermeidet.
[0008] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass die Einrichtung zur Druckentlastung
vor oder gleichzeitig mit der Initiierung der deflagrativen Reaktion der Sprengladung
auslösbar ist, dass die Einrichtung zur Druckentlastung in der oder unmittelbar benachbart
zur Zündeinrichtung angeordnet ist und dass das Mittel zur Druckentlastung wenigstens
einen Kanal aufweist, der gesteuert zu öffnen ist und den Innenraum des Wirksystems
mit der externen Umgebung des Wirksystems verbindet.
[0009] Ausgestaltungen der Erfindung sind den nachgeordneten Ansprüchen zu entnehmen.
[0010] Ausführungsbeispiele der Erfindung sind in der Zeichnung dargestellt ohne dass die
Erfindung darauf eingeschränkt wäre. Sie werden im Folgenden näher beschrieben.
[0011] Es zeigen:
Fig. 1: eine erste Variante mit zentralem Entlüftungskanal innerhalb des Zündergehäuses,
Fig. 2: eine zweite Ausführungsform mit wenigstens einem außerhalb des Zündergehäuses
angeordneten Entlüftungskanal,
Fig. 3: verschiedene Ausführungsformen des Lüftungskanals bei einem Zündergehäuse
mit rundem Querschnitt.
[0012] In der Figur 1 ist ein schematisch vereinfachter Schnitt durch eine Zündeinrichtung
ZE dargestellt, die sowohl eine erste Zündstelle
Z1 für detonative Initiierung als auch eine weitere Zündstelle
Z2 für deflagrative Initiierung der die Zündeinrichtung
ZE umgebenden Sprengladung SP umfasst. Das Gehäuse G der Zündeinrichtung
ZE ist mit einem Teil der Hülle HE des Wirksystems verbunden.
[0013] Die erste Zündstelle
Z1 ist im Ausführungsbeispiel als ringförmige Sprengladung S1 ausgeführt. Diese wird
derart initiiert, dass ihre Vorzugswirkrichtung 1 radial zur Hauptachse H des Wirksystems
verläuft, damit eine möglichst gleichmäßige Initiierung der Sprengladung SP in allen
radialen Richtungen erzielt werden kann. Hierfür wird als Primärzünder beispielsweise
ein erster EFI (Exploding Foil Initiator) E1 eingesetzt, der auf einer Platte P montiert
ist, welche die ringförmige Sprengladung S1 auf einer Seite abdeckt. In der Platte
P sind vom EFI E1 ausgehend Zündleitungen gleicher Länge vorgesehen, die zu Detonatoren
D führen, die ihrerseits an der ringförmigen Sprengladung anliegen. Hierfür werden
mindestens zwei gleichmäßig auf der Oberfläche der ringförmigen Sprengladung S1 verteilt
angeordnete Detonatoren D eingesetzt.
[0014] Auch die weitere Zündstelle
Z2 für die deflagrative Initiierung kann einen weiteren EFI E2 als Primärzünder aufweisen.
Dieser wirkt dann über eine Verstärkerladung V auf eine Ladung ein, die beispielsweise
als Sprengschnur SS oder besser als angepasster Sprengladungskern ausgeführt ist.
Mittels der relativen Lage der Zündzeitpunkte der ersten und der weiteren Zündstelle
lässt sich dann die Leistungsabgabe des Wirksystems über das Verhältnis von detonativ
umgesetztem Sprengstoff zu deflagrativ umgesetzten Sprengstoff einstellen.
[0015] Das erfindungsgemäße Mittel zur Druckentlastung ist in diesem Ausführungsbeispiel
als zentraler und in Richtung der Hauptachse H des Wirksystems verlaufender rohrförmiger
Kanal K ausgebildet. Dieser beginnt unmittelbar am weiteren EFI E2 und führt bis durch
den genannten Teil der Hülle HE und die Öffnung O ins Freie. Somit dient dieser Kanal
K zum einen zur unmittelbaren Druckentlastung nach der Zündung des weiteren EFI E2,
wobei die Öffnung O des Kanals K frei gegeben wird. Zum anderen wirkt 1 die ringförmigen
Sprengladung S1 nicht nur auf die Sprengladung SP, sondern sie öffnet auch den Kanal
K, wodurch ebenfalls eine Druckentlastung nach außen möglich wird.
[0016] Hinsichtlich der erforderlichen Querschnittsfläche des Kanal K gilt erfahrungsgemäß,
dass wenigstens 7 mm
2 und bezogen auf die mittlere Querschnittsfläche der Sprengladung SP mindestens 1/1000
davon - ohne Berücksichtigung der Dicke der Hülle beträgt. Die gilt beispielsweise
für Sprengladungen mit einem Innendurchmesser von 50 mm, wobei bereits in diesem Fall
eher eine Kanalquerschnittsfläche von 1/50 der Querschnittsfläche der Sprengladung
angestrebt wird. Grundsätzlich gilt, dass die Querschnittsfläche der Druckentlastungsöffnung
O weniger als proportional zum Durchmesser der Sprengladung SP anwächst je größer
dieser Durchmesser gewählt wird.
[0017] Grundsätzlich soll die Druckentlastungsöffnung O dort angeordnet sein, wo die Deflagration
beginnt und hierdurch der Druck auch zuerst ansteigt. Dies ist in jedem Fall günstiger
als eine Entlüftung über einen in der Hülle des Wirksystems angeordneten Deckel oder
über Sollbruchstellen oder Öffnungen in der Hülle. Mittels der rechtzeitigen und andauernden
Entlüftung über die Zeit der Deflagration wird ein Druckniveau innerhalb der Sprengladung
erzielt, das eine stabile Deflagrationsreaktion aufrecht erhält.
[0018] Entscheidend ist der Zeitpunkt der Öffnung der Druckentlastung. Dieser muss rechtzeitig
vor der Initiierung der Deflagration stattfinden, damit während der hochlaufenden
Deflagration ein zu rascher Druckaufbau vermieden wird. Weiterhin ist es durchaus
hilfreich, schon aus Redundanzgründen wenigstens eine zweite Druckentlastungsöffnung
vorzusehen, wobei die Summe der Querschnitte die angegebene Mindestquerschnittsfläche
erreichen muss.
[0019] In der Figur 2 ist eine zweite Ausführungsform mit wenigstens einem außerhalb des
Zündergehäuses G angeordneten Entlüftungskanal K dargestellt. Die Zündstellen
Z1 und
Z2 für die deflagrative und die detonative Initiierung der Sprengladung SP sind ebenso
angeordnet wie im Ausführungsbeispiel in der Figur 1, wobei aufgrund des Entfalls
des zentralen und in Richtung der Hauptachse H des Wirksystems verlaufenden Kanals
auch die Platte P mit der Zündenergieverteilung entfällt, welche die Sprengladung
S1 auf einer Seite abdeckt. Es ist stattdessen ein zentraler EFI E11 auf der Hauptachse
H vorgesehen. Die Initiierung der deflagrativen Umsetzung der Sprengladung SP erfolgt
in gleicher Weise wie beim Ausführungsbeispiel nach Figur 1 mittels des EFI E2.
[0020] Die Druckentlastung findet hier mittels mindestens einen Lüftungskanals K statt,
der in unmittelbarer Nähe zur Zündstelle
Z2 für die deflagrative Initiierung beginnt und an der Außenseite des Zündergehäuses
G entlang auf kurzem Weg ins Freie führt. Auch hier ist die oben genannte Mindestquerschnittsfläche
einzuhalten.
[0021] Die möglichen Ausführungsformen des Lüftungskanals K können der Bauform des Zündergehäuses
angepasst werden. Beispielhaft ist in der Figur 3 einmal eine Version mit drei rohrförmigen
Kanälen K dargestellt und zum anderen eine Ausführung mit einem koaxialen auf der
Außenseite des Zündergehäuses G umlaufenden Kanal K, der sich mittels Stegen oder
Streben S an dem Zündergehäuse G abstützt. Auch dieser Kanal K führt über Öffnungen
O in der Hülle HE des Wirksystems ins Freie. Es kann eine Vorrichtung zum Verschluss
des Kanals K gegenüber Umwelteinflüssen vorgesehen sein, welche etwa zeitgleich mit
der Initiierung der deflagrativen Umsetzung geöffnet oder entfernt wird.
1. Einrichtung zur steuerbaren Druckentlastung eines Wirksystems, umfassend eine in einer
Hülle angeordnete Sprengladung (SP) sowie eine kombinierte Zündeinrichtung (ZE) für deflagrative und detonative Initiierung der Sprengladung (SP),
dadurch gekennzeichnet,
dass die Einrichtung zur Druckentlastung vor oder gleichzeitig mit der Initiierung der
deflagrativen Reaktion der Sprengladung (SP) auslösbar ist,
dass die Einrichtung zur Druckentlastung in der oder unmittelbar benachbart zur Zündeinrichtung
angeordnet ist,
dass die Einrichtung zur Druckentlastung wenigstens einen Kanal (K) aufweist, der gesteuert
zu öffnen (O) ist und den Innenraum des Wirksystems mit der externen Umgebung des
Wirksystems verbindet, wodurch eine Druckentlastung während der Deflagration nach
außen möglich wird.
2. Einrichtung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Kanal (K) einen Mindestquerschnitt aufweist, der vom Durchmesser der Sprengladung
abhängt und mit wachsendem Ladungsdurchmesser degressiv und mit intensiverer Initiierung
progressiv zunimmt.
3. Einrichtung nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Querschnittsfläche des Kanals (K) wenigstens 7 mm2 und in Abhängigkeit vom Durchmesser der Sprengladung typischerweise zwischen 1/1000
und 1/50 der Querschnittsfläche der Sprengladung beträgt.
4. Einrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Öffnung (O) des Kanals (K) zeitlich steuerbar ist oder zeitweise permanent offen
ist.
5. Einrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Öffnung (O) des Kanals (K) mit Hilfe eines Antriebs erfolgt.
6. Einrichtung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Zeitpunkt der Öffnung des Kanals (K) zwischen der Schärfung der Zündeinrichtung
(ZE) und der deflagrativen Initiierung frei wählbar ist.
7. Einrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Öffnung des Kanals (K) in Abhängigkeit vom Erreichen einer wählbaren Beschleunigung,
insbesondere in Richtung der Hauptachse (H) des Wirkkörpers, aktivierbar ist.
8. Einrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Öffnung des Kanals (K) mittels wenigstens eines Gasgenerators erfolgt.
9. Einrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Öffnung des Kanals (K) anhand eingearbeiteter Sollbruchstellen bei einem zuvor
definierten Mindestdruck erfolgt.