(19)
(11) EP 3 034 842 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
22.06.2016  Patentblatt  2016/25

(21) Anmeldenummer: 15003533.5

(22) Anmeldetag:  11.12.2015
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
F02D 9/06(2006.01)
F02D 13/04(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
MA MD

(30) Priorität: 15.12.2014 AT 9092014

(71) Anmelder: MAN Truck & Bus Österreich AG
4400 Steyr (AT)

(72) Erfinder:
  • Rammer, Franz
    4493 Wolfern (AT)
  • Kreuzriegler, André
    4462 Reichraming (AT)

(74) Vertreter: Liebl, Thomas 
Neubauer - Liebl - Bierschneider Patentanwälte Münchener Straße 49
85051 Ingolstadt
85051 Ingolstadt (DE)

   


(54) VERFAHREN ZUM STEUERN EINER MOTORBREMSVORRICHTUNG SOWIE MOTORBREMSVORRICHTUNG


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Steuern einer Motorbremsvorrichtung für eine Brennkraftmaschine in Kraftfahrzeugen, insbesondere in Nutzfahrzeugen, die ein Ansaugsystem, ein Abgassystem, brennkraftmaschinenseitige Gaswechselventile, eine Kraftstoff in wenigstens einen Brennraum einspritzende Kraftstoffeinspritzeinrichtung, eine Abgasturboaufladung mittels zumindest eines in das Abgassystem und das Ansaugsystem integrierten Abgasturboladers sowie eine Motorbremseinrichtung aufweist, wobei die Motorbremseinrichtung eine wenigstens ein Auslassventil der Gaswechselventile beeinflussende Dekompressionsbremse und eine im Abgassystem angeordnete, das Abgas rückstauende Bremsklappe aufweist. Erfindungsgemäß wird mit einsetzender Motorbremsung (B) oder während der Motorbremsung für eine definiert vorgegebene Zeitdauer Kraftstoff in wenigstens einen Brennraum der Brennkraftmaschine (1) eingespritzt.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Steuern einer Motorbremsvorrichtung für eine Brennkraftmaschine in Kraftfahrzeugen, insbesondere in Nutzfahrzeugen, gemäß dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1, eine Motorbremsvorrichtung nach dem Oberbegriff des Anspruchs 14 sowie ein Fahrzeug nach Anspruch 15.

[0002] Es ist insbesondere bei luftverdichtenden (Diesel-) Brennkraftmaschinen in Nutzkraftfahrzeugen bekannt, im Schubbetrieb durch eine Bremsklappe im Abgassystem einen Abgasgegendruck zu erzeugen, der eine wirkungsvolle Motorbremsung bewirkt, indem die Kolben der Brennkraftmaschine im Ausstoßtakt (Auslassventile offen) gegen diesen Abgasgegendruck arbeiten.

[0003] Um die Wirkung einer solchen Motorbremsvorrichtung deutlich zu erhöhen, ist es zum Beispiel aus der DE 39 22 884 A1 bekannt, zusätzlich eine Dekompressionsbremse vorzusehen, bei der die Auslassventile überlagert zur regulären Ventilbetätigung nach dem Viertaktprinzip auch im Verdichtungstakt teilweise geöffnet sind. Die zusätzliche Bremswirkung entsteht hier durch das gedrosselte Abblasen der Verbrennungsluft in das Abgassystem.

[0004] Die Dekompressionsbremse kann entweder abgasgesteuert oder zwangsgesteuert sein. Im abgasgesteuerten Betrieb ist die Ventilsteuerung der Auslassventile so ausgelegt, dass die Auslassventile durch den bei geschlossener Bremsklappe vorliegenden Abgasgegendruck gezielt irregulär öffnen (sogenanntes Ventilspringen) und durch einen Mechanismus bis zur nächsten regulären Ventilöffnung offengehalten werden.

[0005] Bei einer zwangsgesteuerten Dekompressionsbremse wird zumeist hydraulisch und mechanisch in die reguläre Ventilsteuerung eingegriffen, um die Auslassventile zumindest auch im Verdichtungstakt gezielt teilweise offen zu halten.

[0006] Aufgabe der Erfindung ist es, ein Verfahren und eine Motorbremsvorrichtung vorzuschlagen, mittels dem bzw. der die Motorbremsleistung bei einer Brennkraftmaschine der gattungsgemäßen Art und mit Abgasturboaufladung erhöht werden kann, wobei die Temperaturbelastung der Brennkraftmaschine im Motorbremsbetrieb möglichst niedrig gehalten werden soll.

[0007] Die Lösung dieser Aufgabe gelingt mit den Merkmalen der unabhängigen Ansprüche. Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind Gegenstand der Unteransprüche.

[0008] Gemäß Anspruch 1 wird ein Verfahren zum Steuern einer Motorbremsvorrichtung für eine Brennkraftmaschine in Kraftfahrzeugen, insbesondere in Nutzfahrzeugen, vorgeschlagen, die ein Ansaugsystem, ein Abgassystem, brennkraftmaschinenseitige, insbesondere im Viertaktprinzip gesteuerte, Gaswechselventile, eine Kraftstoff in wenigstens einen Brennraum einspritzende Kraftstoffeinspritzeinrichtung, eine Abgasturboaufladung mittels zumindest eines in das Abgassystem und das Ansaugsystem integrierten Abgasturboladers sowie eine Motorbremseinrichtung aufweist, wobei die Motorbremseinrichtung eine wenigstens ein Auslassventil der Gaswechselventile beeinflussende Dekompressionsbremse und eine im Abgassystem angeordnete, das Abgas rückstauende Bremsklappe aufweist. Erfindungsgemäß wird vorgeschlagen, dass mit einsetzender Motorbremsung bzw. während der Motorbremsung für eine definiert vorgegebene Zeitdauer, insbesondere kurzzeitig, Kraftstoff in den wenigstens einen Brennraum bzw. in die Brennräume der Brennkraftmaschine eingespritzt wird.

[0009] Diese erfindungsgemäße Maßnahme führt insgesamt zu einer Erhöhung der Motorbremsleistung, was darauf zurückzuführen ist, dass durch die höhere Abgasenergie im Abgassystem bzw. an der Abgasturbine des Abgasturboladers der Ladedruck im Ansaugsystem der Brennkraftmaschine progressiv und schnell ansteigt und damit den Gasmassendurchsatz durch die Brennkraftmaschine verstärkt. Dies bewirkt einerseits die Erhöhung der Bremsleistung, insbesondere durch die eingesetzte Dekompressionsbremse, und führt andererseits zu einer stärkeren Wärmeabfuhr in der Brennkraftmaschine über das Abgassystem.

[0010] Die Einspritzung des Kraftstoffs kann gemäß einer besonders bevorzugten Ausführungsform abhängig von einem im Ansaugsystem stromab eines Verdichters des Abgasturboladers vorherrschenden Ladedruck gesteuert werden.

[0011] Insbesondere kann die Einspritzung erst ab Erreichen eines definierten, unteren Ladedruckschwellwert einsetzen, um die Einspritzung dann einzusteuern, wenn die Abgasturbine des Abgasturboladers bereits einen im Wirkungsgrad günstigen Betriebspunkt erreicht hat (effiziente Kraftstoffausnutzung bei niedrigem Verbrauch). Besonders bevorzugt ist hierbei der untere Ladedruckschwellwert größer oder gleich 0,5 bar (relativ zur Umgebung), höchst bevorzugt größer oder gleich 1,0 bar (relativ zur Umgebung).

[0012] Des Weiteren kann die Dauer der Einspritzung durch das Erreichen eines definierten, oberen Ladedruckschwellwertes begrenzt werden. Besonders vorteilhaft wird der obere Ladedruckschwellwert so vorgegeben, dass die Einspritzung spätestens bei oder zeitlich vor Erreichen des im momentanen Betriebspunkt maximal erreichbaren Ladedrucks (PLmax) eingestellt wird. Besonders bevorzugt ist vorgesehen, dass die Einspritzung vor Erreichen des im momentanen Betriebspunkt der Brennkraftmaschine maximal erreichbaren Ladedrucks eingestellt wird, da einerseits der ladedrucksteigernde Effekt noch weiter fortwirken kann und andererseits mögliche Ladedruckschwankungen unterschiedlicher Brennkraftmaschinen berücksichtigt werden können. Der obere Ladedruckschwellwert für die Einstellung der Einspritzung zeitlich vor Erreichen des im momentanen Betriebspunkt maximal erreichbaren Ladedrucks (PLmax) ist beispielhaft wie folgt vorgegeben: PLmax - 0,3 bis 0,7 bar, insbesondere PLmax - 0,5 bar.

[0013] Alternativ oder zusätzlich kann die Einspritzung des Kraftstoffs innerhalb einer Zeitschranke gesteuert werden, das heißt die Zeitdauer der Einspritzung zeitlich beschränkt sein, um zu verhindern, dass bei langsamen Ladedruckanstiegen bzw. ungünstigen Betriebszuständen der Brennkraftmaschine lange Einspritzphasen zu einem erhöhten Kraftstoffverbrauch führen könnten. Die Zeitdauer der Einspritzung ist zum Beispiel auf maximal 30 Sekunden, bevorzugt auf maximal 20 Sekunden begrenzt.

[0014] Aus Fahrkomfortgründen kann es ferner vorteilhaft sein, wenn die Einspritzmenge, bezogen auf den Einspritzbeginn oder auf eine definierte Zeitspanne nach Einspritzbeginn, im Sinne einer Rampenfunktion linear und/oder kontinuierlich bis gegen den Wert Null zurückgesteuert wird.

[0015] Besonders vorteilhaft kann die Einspritzmenge an Kraftstoff im Wesentlichen der Einspritzmenge im Leerlaufbetrieb der Brennkraftmaschine entsprechen. Damit können eine zufriedenstellende Ladedrucksteigerung im Motorbremsbetrieb bei nur geringem, zusätzlichem Kraftstoffverbrauch und adäquaten Abgasemissionswerten erzielt werden.

[0016] In einer vorteilhaften Weiterbildung des Verfahrens kann der Einspritzzeitpunkt während der Motorbremsung gegenüber der regulären Kraftstoffeinspritzung verändert, insbesondere im Bereich von 15° bis 30° KW vor OT des jeweiligen Kolbens im Verdichtungstakt der Brennkraftmaschine gesteuert werden, um besonders günstige Ladedruckanstiege bei niedrigem Kraftstoffverbrauch und hoher Motorbremsleistung zu erreichen.

[0017] Eine erfindungsgemäße Motorbremsvorrichtung für eine Brennkraftmaschine in Kraftfahrzeugen weist ein Ansaugsystem, ein Abgassystem, brennkraftmaschinenseitige, insbesondere im Viertaktprinzip gesteuerte, Gaswechselventile, eine Kraftstoff in wenigstens einen Brennraum einspritzende Kraftstoffeinspritzeinrichtung, eine Abgasturboaufladung mittels zumindest eines in das Abgassystem und das Ansaugsystem integrierten Abgasturboladers sowie eine Motorbremseinrichtung auf, wobei die Motorbremseinrichtung eine wenigstens ein Auslassventil der Gaswechselventile beeinflussende Dekompressionsbremse und eine im Abgassystem angeordnete, das Abgas rückstauende Bremsklappe aufweist. Erfindungsgemäß ist eine die Kraftstoffeinspritzung steuernde Steuer- und/oder Regeleinrichtung, insbesondere ein elektronisches Steuergerät, vorgesehen, die bei Vorliegen eines Motorbremssignals für eine definiert vorgegebene Zeitdauer eine Kraftstoffeinspritzung während des Motorbremsbetriebs bewirkt.

[0018] Die sich mit dieser Motorbremsvorrichtung ergebenden Vorteile ergeben sich analog zu den bereits vorher in Verbindung mit der erfindungsgemäßen Verfahrensführung gewürdigten Vorteilen. Insofern wird auf die zuvor gemachten Ausführungen verwiesen.

[0019] Besonders bevorzugt ist hierbei eine Verfahrensführung bzw. Ausgestaltung, bei der die Bremsklappe stromauf einer Abgasturbine des Abgasturboladers, vorzugsweise unmittelbar stromauf und benachbart einer Abgasturbine des Abgasturboladers, angeordnet und als eine die Beaufschlagung der Abgasturbine mit einem Gasstrom beeinflussende Strömungsleitklappe ausgebildet ist. Damit gelingt es nahezu ohne baulichen Mehraufwand, den einlassseitigen Ladedruck im Motorbremsbetrieb stark anzuheben und somit den für die erzielbare Bremsleistung notwendigen Massendurchsatz in der Brennkraftmaschine zu erhöhen. Die Bremsklappe erfüllt somit mehrere Funktionen gleichzeitig: Sie sorgt bevorzugt geregelt für einen ausreichenden Abgasgegendruck und zusätzlich ähnlich der Funktion einer Regelklappe bei Abgasturbinen mit variabler Turbinengeometrie für eine vorteilhafte Anströmung der Turbine bei verringertem Abgasdurchsatz und geringerer Abgasenthalpie.

[0020] Konkret bewirkt dabei die stromauf der Abgasturbine angeordnete Bremsklappe (insbesondere eine unmittelbar stromauf und benachbart der Abgasturbine angeordnete Bremsklappe) im Gegensatz zu einer stromab der Abgasturbine angeordneten Bremsklappe ein höheres Druckgefälle über die Abgasturbine, wodurch, bedingt durch den dann möglichen höheren Massen- und Volumenstrom durch die Abgasturbine, der Ladedruck und der Abgasgegendruck deutlich erhöht werden kann und somit auch die Motorbremsleistung auf funktionssichere Weise ohne thermische Überlastung der Brennkraftmaschine deutlich gesteigert werden kann. Durch das Druckgefälle über die stromauf angeordnete Bremsklappe wird hierbei eine geringere Belastung der Abgasturbine bei gleichem Abgasgegendruck erzielt, was somit bei einer Steigerung des Abgasgegendrucks zur gewünschten Steigerung der Bremsleistung ohne höhere Belastung der Abgasturbine führt.

[0021] Besonders bevorzugt ist hierbei vorgesehen, dass die Bremsklappe stromauf und außerhalb, vorzugsweise unmittelbar stromauf und außerhalb, eines Turbinengehäuses einer Abgasturbine des Abgasturboladers (und damit stromauf eines turbinengehäuseseitigen Einströmkanals) angeordnet ist. Durch die Anordnung der wenigstens einen Bremsklappe stromauf und damit außerhalb eines Turbinengehäuses bzw. eines Einströmkanals der Abgasturbine bildet diese keinen Bestandteil der Abgasturbine, wodurch sich eine montageleichte Positionierung der Bremsklappe mit erhöhten konstruktiven Freiheitsgraden ergibt. Insbesondere können hier dann bauliche Eingriffe in die Abgasturbine vermieden werden und brauchen nicht eine Vielzahl unterschiedliche Turbinen für unterschiedliche Modellreihen vorgehalten werden. Gemäß einer hierzu besonders bevorzugten konkreten ersten Ausgestaltung kann die Abgasturbine, insbesondere ein Turbinengehäuse der Abgasturbine, hier dann mit einem, über wenigstens einen, vorzugsweise über mehrere, Zylinder der Brennkraftmaschine mit Abgas beaufschlagten Abgaskrümmer strömungstechnisch gekoppelt sein, wobei zwischen der Abgasturbine und dem Abgaskrümmer, insbesondere zwischen einem Turbinengehäuse der Abgasturbine und dem Abgaskrümmer, und damit unmittelbar stromauf und außerhalb eines Turbinengehäuses der Abgasturbine eine die Bremsklappe aufweisende separate Baueinheit verbaut ist, die sowohl mit dem Turbinengehäuse als auch mit dem Abgaskrümmer fest verbunden ist. Baulich besonders kompakt und vorteilhaft ist gemäß einer zweiten konkreten Ausführungsvariante vorgesehen, dass die Abgasturbine bzw. ein Abgasturbinengehäuse des Abgasturboladers unmittelbar an einen über wenigstens einen, vorzugsweise über mehrere, Zylinder der Brennkraftmaschine mit Abgas beaufschlagten Abgaskrümmer angebaut ist, wobei die Bremsklappe im Bereich des Abgaskrümmers und damit unmittelbar stromauf und außerhalb eines Turbinengehäuses der Abgasturbine angeordnet ist.

[0022] Auch wenn die Erfindung vorstehend stets in Verbindung mit einer Bremsklappe erläutert worden ist, ist dieser Begriff "Bremsklappe" ausdrücklich in einem weiten und umfassenden Sinne zu verstehen und nicht nur auf schwenkbare Klappenanordnung beschränkt. So sollen von dem Begriff "Bremsklappe", sofern dies nicht anders erläutert ist, ausdrücklich auch jedwede andere geeignete und/oder nicht schwenkbare Drosseleinrichtungen, wie zum Beispiel Schieber oder Drehschieber, umfasst sein.

[0023] Bezüglich der sich mit dem erfindungsgemäßen Fahrzeug ergebenden Vorteile wird ebenfalls auf die zuvor gemachten Ausführungen verwiesen.

[0024] Ein Ausführungsbeispiel der Erfindung ist im Folgenden mit weiteren Einzelheiten näher erläutert. Es zeigen:
Fig. 1
in nur skizzenhafter Darstellung eine Brennkraftmaschine für ein Nutzkraftfahrzeug mit einem Ansaugsystem, einem Abgassystem, einer Kraftstoffeinspritzeinrichtung, einem Abgasturbolader und einer Motorbremsvorrichtung mit einer Bremsklappe stromauf der Abgasturbine, wobei die Einrichtungen über ein elektronisches Motorsteuergerät gesteuert sind; und
Fig. 2
eine Grafik zur mit der Motorbremsvorrichtung nach Fig. 1 erzielbaren Motorbremsleistung und des Ladedrucks PL, aufgetragen über einer definierten Messzeit des Motorbremsbetriebs.


[0025] In der Fig. 1 ist nur skizzenhaft eine Brennkraftmaschine 1 (zum Beispiel eine Sechszylinder-Diesel-Brennkraftmaschine) für ein Kraftfahrzeug, insbesondere für ein Nutzfahrzeug, dargestellt, mit einem Ansaugsystem 2 und einem Abgassystem 3 (soweit nicht beschrieben üblicher Bauart). Im Ansaugkrümmer 4 des Ansaugsystems 2 kann gegebenenfalls eine Drosselklappe 5 vorgesehen sein.

[0026] Das Abgassystem 3 weist einen an die Brennräume der Brennkraftmaschine 1 angeschlossenen Abgaskrümmer 6 auf, der mittelbar oder unmittelbar an die Abgasturbine 8 eines Abgasturboladers 7 angeschlossen ist. Die Abgasturbine 8 treibt in bekannter Weise einen Verdichter 9 an, der wiederum über eine Leitung 10 mit dem Ansaugkrümmer 4 verbunden ist und der Verbrennungsluft unter einem definierten Ladedruck PL zu den Brennräumen der Brennkraftmaschine 1 fördert. Das über den Abgaskrümmer 6 und die Abgasturbine 8 abströmende Abgas wird über eine Abgasleitung 11 weiter abgeführt. Die weiteren Leitungen des Ansaugsystems 2 und des Abgassystems 3 der Brennkraftmaschine 1 im Kraftfahrzeug sind nicht dargestellt.

[0027] Als Motorbremsvorrichtung weist die Brennkraftmaschine 1 eine Dekompressionsbremse (nicht dargestellt) auf, die auf die Gaswechselventile bzw. die Auslassventile der Brennkraftmaschine 1 wirkt. Ferner ist eine Bremsklappe 12 stromauf der Abgasturbine 8 vorgesehen, mittels der ein definierter Abgasgegendruck PA erzeugt werden kann.

[0028] Die Dekompressionsbremse kann in bekannter Weise gasgesteuert über den erhöhten Abgasgegendruck PA bei zumindest teilweise geschlossener Bremsklappe 12 initiiert werden, bei dem gezielt ein "Flattern" oder "Ventilspringen" der Auslassventile ausgelöst wird (zum Beispiel DE 10 2008 061 412 A1) oder es kann eine dem Ventiltrieb überlagerte, mechanisch-hydraulische Öffnung der Auslassventile (Zwangssteuerung) im Verdichtungstakt der Brennkraftmaschine gesteuert sein (vgl. DE 39 22 884 A1).

[0029] Hinsichtlich der detaillierten Ausführung der Dekompressionsbremse wird hilfsweise auf die genannten Veröffentlichungen verwiesen.

[0030] Ferner ist die Brennkraftmaschine 1 mit einer Kraftstoffeinspritzeinrichtung versehen, deren Einspritzdüsen 13 (es ist der Einfachheit halber nur eine Einspritzdüse 13 angedeutet) in bekannter Weise Kraftstoff in die Brennräume der Brennkraftmaschine 1 einspritzen.

[0031] Die Kraftstoffeinspritzeinrichtung kann zum Beispiel nach dem common-rail-System betrieben sein, mit elektrisch betätigten Einspritzdüsen 13, die über ein elektronisches Steuergerät 14 gesteuert Kraftstoff zuführen.

[0032] Im Steuergerät 14 werden dabei die über Sensoren erfassten, relevanten Betriebsparameter wie beispielsweise Fahrzeuggeschwindigkeit, Motordrehzahl, Temperatur, Lastanforderung α, etc. logisch verknüpft und die jeweils erforderliche Einspritzmenge berechnet und gesteuert.

[0033] Im Ansaugkrümmer 4 ist des Weiteren ein Ladedrucksensor 15 angeordnet, mittels dem der Ladedruck PL erfasst und dem Steuergerät 14 über eine Signalleitung zugeführt wird. Ferner ist im Abgaskrümmer 6 ein den Abgasgegendruck PA messender Drucksensor 16 eingesetzt, dessen Werte ebenfalls über eine Signalleitung zum Steuergerät 14 geführt sind.

[0034] Zudem wird dem Steuergerät 14 ein bei Einleitung einer Motorbremsung im Schubbetrieb des Nutzkraftfahrzeugs entsprechendes Signal B zugeführt. Das Signal kann mittels eines entsprechenden Schalters oder eines eine veränderliche Motorbremsleistung steuernden Motorbremsmanagements (nicht dargestellt) abgegeben werden.

[0035] Das Steuergerät 14 kann gegebenenfalls neben der Kraftstoffeinspritzung auch ein rein optional vorgesehenes Bypassventil 17 an der Abgasturbine 8 des Abgasturboladers 7 und/oder ein rein optional vorgesehenes Abgasrückführventil 18 in einer zwischen dem Ansaugsystem 2 und dem Abgassystem 3 angeordneten Leitung 19, basierend auf betriebsspezifischen Vorgaben zur Motorleistung und/oder zu Abgasemissionen, steuern.

[0036] Das elektronische Steuergerät 14 ist neben den bekannten Funktionen so modifiziert, dass es bei erkanntem Schubbetrieb und bei Vorliegen des Motorbremssignals B die Bremsklappe 12 in vorgegebener Weise mehr oder minder schließt und ferner in definierter Menge (abhängig vom momentanen Betriebspunkt der Brennkraftmaschine 1) eine Kraftstoff-Hilfseinspritzung steuert.

[0037] Die Einspritzmenge kann dabei in der Größenordnung der Leerlaufmenge der Brennkraftmaschine 1 liegen und nur kurzzeitig abhängig vom Ladedruck PL im Ansaugkrümmer 4 und gegebenenfalls abhängig vom Abgasgegendruck PA gesteuert sein. Der Zeitraum der Hilfseinspritzung kann bis zu 30 Sekunden betragen.

[0038] Die Einspritzmenge, der Einspritzzeitpunkt und die Einspritzdauer sind so abgestimmt, dass bei bestmöglichem Ladedruckaufbau eine kaum erkennbare Erhöhung des Kraftstoffverbrauchs und der Abgasemissionen auftritt.

[0039] Als besonders vorteilhaft hat es sich erwiesen, wenn die Hilfseinspritzung erst ab einem bestimmten Ladedruck PL von zum Beispiel > 0,5 bar (relativ zur Umgebung) einsetzt, weil erst dann ein relativ effizienter Anstieg des Ladedrucks PL und damit verbunden eine hohe Motorbremsleistung zu beobachten ist. Dieser "Start-Ladedruck" gewährleistet auch günstige Zündbedingungen für den eingespritzten Kraftstoff.

[0040] Die Dauer der Hilfseinspritzung im Motorbremsbetrieb wird längstens durch das Erreichen des im aktuellen Betriebspunkt der Brennkraftmaschine 1 bei Dauerbremsung erreichbaren Ladedrucks begrenzt. Bevorzugt wird jedoch vorgeschlagen, die Hilfseinspritzung bereits bei einem niedrigeren Ladedruck PL abzubrechen (zum Beispiel PLmax - 0,5 bar). Damit können Überschwingungen im Ladedruckverlauf vermieden und mögliche Ladedruckschwankungen unterschiedlicher Brennkraftmaschinen 1 unterbunden werden.

[0041] Die zeitliche Dauer der Hilfseinspritzung im Motorbremsbetrieb kann begrenzt sein (zum Beispiel auf 20 Sekunden), um zu verhindern, dass bei langsamen Ladedruckanstiegen in ungünstigen Betriebspunkten der Brennkraftmaschine 1 lange Einspritzphasen zu einem unerwünschtem Anstieg des Kraftstoffverbrauchs führen.

[0042] Aus Komfortgründen kann es ferner angezeigt sein, die Hilfseinspritzung mittels einer Rampenfunktion gleitend gegen Null zurückzunehmen.

[0043] Des Weiteren kann der Einspritzzeitpunkt bei der Hilfseinspritzung im Motorbremsbetrieb bevorzugt im jeweiligen Verdichtungstakt der Brennkraftmaschine 1 liegen, wobei beste Ergebnisse im Bereich von 15° bis 30° KW vor OT des jeweiligen Kolbens erzielt wurden.

[0044] Die Fig. 2 zeigt dazu ein Diagramm, das beispielsweise den Einfluss der beschriebenen Hilfseinspritzung auf den Ladedruckverlauf PL und damit auf die Bremsleistung der Brennkraftmaschine 1 über einer Messzeit zwischen 0 (Einsetzen der Motorbremsung) und 10 Sekunden darstellt.

[0045] Die Messkurve 20 beschreibt dabei die herkömmliche, vom Ladedruckaufbau abhängige Bremsleistung in Prozent, während die darüber liegende Messkurve 21 den Ladedruckaufbau und die erzielbare Motorbremsleistung bei durchgeführter Hilfseinspritzung angibt.

[0046] Wie den besagten Messkurven 20, 21 ohne weiteres entnehmbar ist, bewirkt die zusätzliche Kraftstoff-Hilfseinspritzung im Motorbremsbetrieb einen Ladedruckverlauf mit einem anfangs sehr steilen Gradienten, der eine analog dazu ansteigende Motorbremsleistung bis nahezu 100% erreichen kann. Der Ladedruck PL kann dabei kurzfristig sogar über 100% der systembedingten Auslegung erreichen.

[0047] Obwohl die gemessenen Werte an einer Brennkraftmaschine 1 mit einer gasdruckgesteuerten Dekompressionsbremse festgestellt wurden, sind sie auch für Brennkraftmaschinen 1 mit Abgasturboaufladung und Verwendung einer zwangsgesteuerten Dekompressionsbremse relevant.
Bezugszeichenliste
1 Brennkraftmaschine 21 Messkurve mit Hilfseinspritzung
2 Ansaugsystem    
3 Abgassystem    
4 Ansaugkrümmer    
5 Drosselklappe    
6 Abgaskrümmer    
7 Abgasturbolader    
8 Abgasturbine    
9 Verdichter    
10 Ansaugleitung    
11 Abgasleitung    
12 Bremsklappe    
13 Einspritzventil    
14 Steuergerät    
15 Drucksensor    
16 Drucksensor    
17 Bypassventil    
18 Abgasrückführventil    
19 Leitung    
20 Messkurve ohne Hilfseinspritzung    



Ansprüche

1. Verfahren zum Steuern einer Motorbremsvorrichtung für eine Brennkraftmaschine in Kraftfahrzeugen, insbesondere in Nutzfahrzeugen, die ein Ansaugsystem, ein Abgassystem, brennkraftmaschinenseitige Gaswechselventile, eine Kraftstoff in wenigstens einen Brennraum einspritzende Kraftstoffeinspritzeinrichtung, eine Abgasturboaufladung mittels zumindest eines in das Abgassystem und das Ansaugsystem integrierten Abgasturboladers sowie eine Motorbremseinrichtung aufweist, wobei die Motorbremseinrichtung eine wenigstens ein Auslassventil der Gaswechselventile beeinflussende Dekompressionsbremse und eine im Abgassystem angeordnete, das Abgas rückstauende Bremsklappe aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass mit einsetzender Motorbremsung (B) oder während der Motorbremsung (B) für eine definiert vorgegebene Zeitdauer Kraftstoff in wenigstens einen Brennraum der Brennkraftmaschine (1) eingespritzt wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Einspritzung abhängig von einem im Ansaugsystem (2) stromab eines Verdichters (9) des Abgasturboladers (7) vorherrschenden Ladedrucks (PL) gesteuert wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Einspritzung erst ab Erreichen eines definierten, unteren Ladedruckschwellwertes gesteuert wird.
 
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass der untere Ladedruckschwellwert größer oder gleich 0,5 bar (relativ zur Umgebung), höchst bevorzugt größer oder gleich 1,0 bar (relativ zur Umgebung) beträgt.
 
5. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Dauer der Einspritzung durch das Erreichen eines definierten, oberen Ladedruckschwellwertes begrenzt wird.
 
6. Verfahren nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass der obere Ladedruckschwellwert so vorgegeben wird, dass die Einspritzung spätestens bei oder zeitlich vor Erreichen des im momentanen Betriebspunkt maximal erreichbaren Ladedrucks (PLmax) eingestellt wird.
 
7. Verfahren nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, dass der obere Ladedruckschwellwert für die Einstellung der Einspritzung zeitlich vor Erreichen des im momentanen Betriebspunkt maximal erreichbaren Ladedrucks (PLmax) wie folgt vorgegeben ist: PLmax - 0,3 bis 0,7 bar, insbesondere PLmax - 0,5 bar.
 
8. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Zeitdauer der Einspritzung zeitlich beschränkt ist.
 
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass die Zeitdauer der Einspritzung auf maximal 30 Sekunden, bevorzugt auf maximal 20 Sekunden begrenzt ist.
 
10. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Einspritzmenge, bezogen auf den Einspritzbeginn oder auf eine definierte Zeitspanne nach Einspritzbeginn, im Sinne einer Rampenfunktion linear und/oder kontinuierlich bis gegen den Wert Null zurückgesteuert wird.
 
11. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Einspritzmenge an Kraftstoff im Wesentlichen der Einspritzmenge im Leerlaufbetrieb der Brennkraftmaschine (1) entspricht.
 
12. Verfahren nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass der Einspritzzeitpunkt während der Motorbremsung gegenüber der regulären Kraftstoffeinspritzung verändert wird.
 
13. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass der Einspritzzeitpunkt während der Motorbremsung im Bereich von 15° bis 30° KW vor OT des jeweiligen Kolbens im Verdichtungstakt der Brennkraftmaschine gesteuert wird.
 
14. Motorbremsvorrichtung für eine Brennkraftmaschine (1) in Kraftfahrzeugen, insbesondere nach einem der vorhergehenden Ansprüche, die ein Ansaugsystem (2), ein Abgassystem (3), brennkraftmaschinenseitige Gaswechselventile, eine Kraftstoff in wenigstens einen Brennraum einspritzende Kraftstoffeinspritzeinrichtung, eine Abgasturboaufladung mittels zumindest eines in das Abgassystem (3) und das Ansaugsystem (2) integrierten Abgasturboladers (7) sowie eine Motorbremseinrichtung aufweist, wobei die Motorbremseinrichtung eine wenigstens ein Auslassventil der Gaswechselventile beeinflussende Dekompressionsbremse und eine im Abgassystem (3) angeordnete, das Abgas rückstauende Bremsklappe (12) aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass eine die Kraftstoffeinspritzung steuernde Steuer- und/oder Regeleinrichtung, insbesondere ein elektronisches Steuergerät (14), vorgesehen ist, die bei Vorliegen eines Motorbremssignals (B) für eine definiert vorgegebene Zeitdauer eine Kraftstoffeinspritzung während des Motorbremsbetriebs bewirkt, wobei bevorzugt vorgesehen ist, dass die Bremsklappe (12) stromauf der Abgasturbine (8) angeordnet und als eine die Beaufschlagung der Abgasturbine (8) mit einem Gasstrom beeinflussende Strömungsleitklappe ausgebildet ist.
 
15. Fahrzeug, insbesondere Nutzfahrzeug, mit einer Motorbremsvorrichtung nach Anspruch 14 und/oder mit einer Motorbremsvorrichtung, die nach einem der Ansprüche 1 bis 13 betrieben wird.
 




Zeichnung










Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente