(19)
(11) EP 2 467 512 B1

(12) EUROPÄISCHE PATENTSCHRIFT

(45) Hinweis auf die Patenterteilung:
14.09.2016  Patentblatt  2016/37

(21) Anmeldenummer: 10742745.2

(22) Anmeldetag:  03.08.2010
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
C23C 18/12(2006.01)
(86) Internationale Anmeldenummer:
PCT/EP2010/004730
(87) Internationale Veröffentlichungsnummer:
WO 2011/020556 (24.02.2011 Gazette  2011/08)

(54)

FORM- UND/ODER STRUKTURTEIL AUS ALUMINIUM ODER EINER ALUMINIUMLEGIERUNG UND VERFAHREN ZU DEREN OBERFLÄCHENSCHUTZ

ALUMINIUM OR ALUMINIUM ALLOY FORMED PART AND/OR STRUCTURAL PART AND METHOD FOR PROTECTING THE SURFACE THEREOF

PIÈCE MOULÉE ET/OU STRUCTURALE EN ALUMINIUM OU ALLIAGE D'ALUMINIUM ET PROCÉDÉ POUR PROTÉGER SA SURFACE


(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO SE SI SK SM TR

(30) Priorität: 19.08.2009 DE 102009037928

(43) Veröffentlichungstag der Anmeldung:
27.06.2012  Patentblatt  2012/26

(73) Patentinhaber: Strojmetal Aluminium Forging GmbH
78224 Singen (DE)

(72) Erfinder:
  • STERZL, Wolfgang
    78343 Gaienhofen (DE)
  • GILLICH, Volkmar
    CH-8212 Neuhausen (CH)

(74) Vertreter: Heisel, Wolfgang 
Heisel Patente Marken Designs Zeppelinstrasse 2
78464 Konstanz
78464 Konstanz (DE)


(56) Entgegenhaltungen: : 
US-A- 6 162 498
   
  • H. SCHMIDT ET AL: "A new corrosion protection coating system for pressure-cast aluminium automotive parts", MATERIALS AND DESIGN, Bd. 18, Nr. 4,6, 22. Dezember 1998 (1998-12-22), Seiten 309-313, XP002628926,
  • A. CONDE ET AL: "Polymeric sol-gel coatings as protective layers of aluminium alloys", PROGRESS IN ORGANIC COATINGS, Bd. 46, 28. März 2003 (2003-03-28), Seiten 288-296, XP002628927,
   
Anmerkung: Innerhalb von neun Monaten nach der Bekanntmachung des Hinweises auf die Erteilung des europäischen Patents kann jedermann beim Europäischen Patentamt gegen das erteilte europäischen Patent Einspruch einlegen. Der Einspruch ist schriftlich einzureichen und zu begründen. Er gilt erst als eingelegt, wenn die Einspruchsgebühr entrichtet worden ist. (Art. 99(1) Europäisches Patentübereinkommen).


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Form- und/oder Strukturteils aus Aluminium oder einer Aluminiumlegierung mit einer aus einem Sol-Gel-System resultierenden Korrosionsschutzschicht gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1.

[0002] Derartige Form- und Strukturteile werden mit Fertigungsverfahren oder Kombinationen von verschiedenen Fertigungsverfahren gemäß DIN 8580 hergestellt. Dazu zählen insbesondere Verfahren der Hauptgruppen Urformen, Umformen, Trennen und Stoffeigenschaften ändern. Durch die Kombination verschiedener Formteile können derartig gefertigte Teile auch durch Verfahren der Hauptgruppe Fügen miteinander zu Baugruppen oder Strukturen verbunden werden. Anhand von zur Lastaufnahme bestimmten Schmiedeteilen, die eine bedeutende Produktgruppe innerhalb der die Erfindung betreffende Form- und Strukturteile darstellen, wird der bisherige Stand der Technik sowie die Aufgabenstellung und deren erfindungsgemäße Lösung dargestellt.

[0003] Zur Lastaufnahme bestimmte Schmiedeteile (geschmiedete Formteile) aus Aluminium und dessen Legierungen sind bekannt. Zur Herstellung derartiger, meist sicherheitsrelevanter Schmiedeteile werden Rohlinge (Schmiedevormaterial), beispielsweise gegossene, gewalzte oder stranggepresste Rohlinge, in Stangenform, als Stäbe, Stababschnitte, Knüppel oder Brammen aus Aluminium oder einer Aluminiumlegierung in einem Gesenk über eine oder mehrere Umformstufen schmiedend verarbeitet. Zu den Umformstufen gehören das Vorformen, wie Stauchen, Biegen, Recken, Reck- oder Querkeilwalzen, Vorschmieden, das Fertigschmieden, Nachformen und Kalibrieren. Dem eigentlichen Schmiedevorgang können sich metall- und legierungsspezifische Wärmebehandlungen anschließen, insbesondere um den technologischen Zustand (beispielsweise T4, T5, T6 oder T73) gemäß DIN EN 515 zu erreichen. Darüber hinaus ist es bekannt, die Schmiedeteile einer Oberflächenbehandlung so wie Beizen oder Strahlen zu unterziehen.

[0004] Bekannte, auf Last beanspruchbare Schmiedeteile weisen verschiedene Nachteile hinsichtlich ihrer Korrosionsanfälligkeit auf. Sie können bei unsachgemäßer Lagerung, unsachgemäßem Transport oder während des Einsatzes in widriger, insbesondere feuchter oder schadstoffhaltiger, Umgebung, Korrosionsangriffen ausgesetzt sein, die u.a. an der Bauteiloberfläche zu optischen, maßlichen und/oder mechanischen Qualitätseinbußen führen. Schmiedeteile, die zusätzlich im Betriebseinsatz korrosiv wirkenden Medien, wie z.B. Salz- Lösungen, Bremsstaub oder ähnlichen ausgesetzt sind, erfahren einen intensivierten und beschleunigten Korrosionsangriff. Die Art des Korrosionsangriffs, beispielsweise Spannungsrisskorrosion, interkristalline Korrosion oder Schichtkorrosion ist dabei abhängig von der Legierung und ihrem technologischen Zustand sowie von der Art und der Konzentration der korrosionsauslösenden Medien und den herrschenden Prozessparametern, beispielsweise der Temperatur. Konventionell gefertigte Schmiedeteile, die nicht in erster Linie zu dekorativen Zwecken eingesetzt werden, sind in der Regel nicht bzw. nur geringfügig, beispielsweise durch Oberflächenstrahlen, gegen einen vorbeschriebenen Korrosionsangriff geschützt. Bisher bekannte Beschichtungsprozesse sind durch vergleichsweise größere Schichtdicken, schlechtere Umweltverträglichkeit, signifikant verlängerte Prozessketten und/oder erhöhten Anlagenaufwand charakterisiert und kommen folglich bei auf Last beanspruchbaren Aluminiumschmiedeteilen kaum zur Anwendung.

[0005] Auf dem technischen Gebiet der (nicht zur Lastaufnahme bestimmten) Reflektorkörperherstellung ist es, wie sich aus der EP 1 287 389 B1 ergibt, bekannt, aus Aluminium ausgebildete Reflektorkörper mit einem Sol-Gel-Lack zu beschichten, wobei der Sol-Gel-Lack nicht unmittelbar auf das Aluminium, sondern auf eine auf diesem vorgesehene Reflektionsschicht aufgetragen ist.

[0006] Im Artikel A new corrosion protection coating system for pressure-cast aluminium automotive parts, Materials & Design, Band 18, Ausgaben 4-6, 1 Dezember 1997, Seiten 309-313offenbaren H Schmidt u.a. ein Verfahren zum Herstellen eines Kraftfahrzeugteils, wobei zunächst ein Bauteil aus einer Aluminiumlegierung (AIMgSi1, AIMg3) hergestellt und oberflächenbehandelt wird, und wobei ein Sol-Gel-Lack, umfassend eine alkoholische kolloidale Kieselsäure in Kombination mit einer GPTS-Lösung, unmittelbar durch Eintauchen auf das Aluminium aufgetragen und in eine Korrosionsschutzschicht bei einer Temperatur zwischen 100 und 150°C umgewandelt wird.

[0007] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein kostengünstig und möglichst einfach herstellbares witterungsbeständiges und korrosionsgeschütztes, mit einem gegen mechanische Einflüsse hinreichend beständigem Oberflächenschutz versehenes Form- und/oder Strukturteil aus Aluminium oder einer Aluminiumlegierung sowie ein Verfahren zu dessen Herstellung anzugeben. Bevorzugt soll sich das Teil durch eine sehr gute Oberflächenbeschaffenheit, homogene Topographie und geringe Rauheit auszeichnen. Insbesondere soll das Erscheinungsbild auch nach langfristigem Betriebseinsatz, insbesondere unter verschärften Umgebungsbedingungen optisch ansprechend sein. Darüber hinaus ist es bevorzugt, wenn die Form- und/oder Strukturteile sich durch gute mechanische Eigenschaften und eine ebenso gute Bearbeitbarkeit auszeichnen. Ferner wäre es von Vorteil, wenn die Form- und/oder Strukturteile mit denselben nicht zerstörenden Prüfmethoden prüfbar wären, wie diese bei konventionell hergestellten Form-und/oder Strukturteilen eingesetzt werden.

[0008] Diese Aufgabe wird hinsichtlich des Herstellungsverfahrens mit den Merkmalen des Anspruchs 1 gelöst.

[0009] Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung sind in den Unteransprüchen angegeben. In den Rahmen der Erfindung fallen sämtliche Kombinationen aus zumindest zwei von in der Beschreibung, den Ansprüchen und/oder den Figuren offenbarten Merkmalen. Zur Vermeidung von Wiederholungen sollen verfahrensgemäß offenbarte Merkmale als vorrichtungsgemäß offenbart gelten und beanspruchbar sein. Ebenso sollen vorrichtungsgemäß offenbarte Merkmale als verfahrensgemäß offenbart gelten und beanspruchbar sein.

[0010] Der Erfindung liegt der Gedanke zugrunde, das Form- und/oder Strukturteil mit einer Korrosionsschutzschicht zu versehen, die aus einem Sol-Gel-System hergestellt, d.h. geschaffen ist, wobei die Korrosionsschutzschicht unmittelbar auf dem Aluminium bzw. der Aluminiumlegierung realisiert wird. Anders ausgedrückt wird auf jegliche Zwischenschicht zwischen der Korrosionsschutzschicht und dem Aluminium bzw. der Aluminiumlegierung verzichtet. Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, dass die Korrosionsschicht bei derartigen Bauteilen überraschend auch ohne eine im Stand der Technik als notwendig angesehene

[0011] Zwischenschicht (dort Reflektionsschicht) fest unmittelbar auf dem Aluminium bzw. der Aluminiumlegierung haftet. Somit kann auf das Aufbringen einer Zwischenschicht, beispielsweise einer Reflektionsschicht, wie bei bekannten Reflektionsaluminiumteilen, etwa mittels Voranodisieren, Chromatieren oder Phosphatieren zur verbesserten Haftbarkeit der Deckschicht entfallen. Hierdurch kann die Prozesskette (Transport der Teile, Logistik, Qualitätssicherung) auf ein Minimum reduziert werden. Ebenso führt der Verzicht auf eine Zwischenschicht zu geringen Material- und Energiekosten.

[0012] Bei der unmittelbar auf dem Aluminium bzw. der Aluminiumlegierung realisierten Korrosionsschicht handelt es sich um einen Sol-Gel-Lack, der hervorgegangen ist aus einem unmittelbar auf das Aluminium bzw. die Aluminiumlegierung aufgebrachten, Sol-Gel-System. Als Gele bezeichnet man formbeständige, leicht deformierbare, an Flüssigkeit reichhaltige disperse Systeme, die aus einem festen, unregelmäßigen, dreidimensionalen Netzwerk und einer Flüssigkeit bestehen. Unter einem Sol-Gel-System ist dabei ein nach der Sol-Gel- Technologie hergestellter Sol-Gel-Lack zu verstehen, der nach produktgerechter Applizierung und Aushärtung eine mit dem Substrat - in diesem Fall ein Form- bzw. Strukturteil -fest verbundene, gehärtete, Schutzschicht bildet. Die Schutzschicht ist vorzugsweise ein transparent aushärtender Sol-Gel-Lack, der den farblichen Grundton des metallischen Substrates erkennen lässt. Unter transparent aushärtendem Sol-Gel-Lack ist insbesondere eine klare, farblose, durchsichtige Schutzschicht zu verstehen. Die auf die gereinigte Oberfläche des Substrates aufgebrachte Schutzschicht ist ein Sol-Gel-Lack aus einem Polysiloxan und vorteilhaft ein Sol-Gel- Lack aus einem aus einer alkoholischen Silan-Lösung, insbesondere einer Alkoxysilan-Lösung und einer wässrigen kolloidalen Kieselsäure-Lösung hergestellten Polysiloxan. Polysiloxan ist dabei der Begriff für Polymere aus vernetzten Siloxanen. Das Polysiloxan wird insbesondere durch eine Kondensationsreaktion zwischen hydrolisierten und vernetzbaren Silanen, insbesondere Alkoxysilanen, und kolloidaler Kieselsäure erzeugt.

[0013] Die Kondensationsreaktion zwischen hydrolisierten Silanen, insbesondere Alkoxysilanen, untereinander sowie hydrolisierten Silanen, insbesondere Alkoxysilanen, und kolloidaler Kieselsäure führt zur Ausbildung eines anorganischen Netzwerkes von Polysiloxanen. Gleichzeitig werden organische Gruppen, insbesondere Alkylgruppen bzw. einfache Alkylgruppen über Kohlenstoffbindungen in das anorganische Netzwerk eingebaut. Die organischen Gruppen, bzw. die Alkylgruppen, nehmen jedoch nicht direkt an der Polymerisation bzw. der Vernetzung der Siloxane teil, d.h. sie dienen nicht zur Ausbildung eines organischen Polymersystems sondern lediglich zur Funktionalisierung. Die Funktion liegt darin, dass die organischen Gruppen, insbesondere die Alkylgruppen, während des Sol-Gel-Prozesses an den Außenseiten der Polysiloxane angehängt werden und dadurch eine nach außen wasserabstoßende Lage ausbilden, welche dem Sol-Gel-Lack eine ausgeprägte hydrophobe Eigenschaft verleiht.

[0014] Der beschriebene Sol-Gel-Prozess führt, wie erwähnt, durch gezielte Hydrolyse und Kondensation von Alkoxiden des Siliziums und Kieselsäure zu einem Sol- Gel-Lack aus einem anorganischen Netzwerk mit eingebauten Alkylgruppen. Die dadurch erhaltenen Polysiloxane sind deshalb eher den anorganischen Polymeren zuzuordnen.

[0015] Bei der Herstellung einer bevorzugten Ausführung eines Sol-Gel-Lackes als Schutzschicht wird zweckmäßig von zwei Basislösungen A und B ausgegangen.

[0016] Die Lösung A ist eine alkoholische Lösung eines oder mehrerer verschiedener Alkoxysilane, wobei die Alkoxysilane in einem wasserfreien Medium in nicht hydrolisierter Form vorliegen. Als Lösungsmittel wird zweckmäßig ein Alkohol, wie beispielsweise Methyl-, Ethyl-, Propyl- oder Butylalkohol und bevorzugt Isopropylalkohol, verwendet.

[0017] Die Alkoxysilane werden durch die allgemeine Formel XnSi(OR)4-n beschrieben, in welcher "R" ein einfaches Alkyl ist, vorzugsweise aus der Gruppe umfassend Methyl, Ethyl, Propyl und Buthyl. "X" ist zweckmäßig ebenfalls ein Alkyl, vorzugsweise aus der Gruppe umfassend Methyl, Ethyl, Propyl und Buthyl. Zweckmäßige Alkoxysilane sind beispielsweise Tetramethoxysilane (TMOS) und bevorzugt Tetraethoxysilan (TEOS) und Methyltrimethoxysilan (MTMOS) und weitere Alkoxysilane.

[0018] In besonders bevorzugter Ausführungsform wird die Lösung A aus Tetraethoxysilan (TEOS) und/oder Methyltrimethoxysilan (MTMOS)mit einem Methyl-, Ethyl- oder Propyl-Alkohol und insbesondere mit einem Isopropyl-Alkohol als Lösungsmittel zubereitet. Die Lösung A kann z.B. 25 -35 Gew.-% (Gewichts-%), insbesondere 30 Gew.-%, TEOS und 15 - 25 Gew.-%, insbesondere 20 Gew.-%, MTMOS enthalten, beides gelöst in 40-60 Gew.-%, insbesondere 50 Gew.-%, Isopropyl-Alkohol.

[0019] Die Lösung B enthält in Wasser gelöste kolloidale Kieselsäure. In zweckmäßiger Ausführung wird die Lösung B mittels Säure, vorzugsweise mittels Salpetersäure (HNO3), auf einen pH-Wertzwischen2,0-4,vorzugsweisezwischen 2,5- 3,0 und insbesondere von 2,7 eingestellt.

[0020] Die verwendete Kieselsäure ist zweckmäßig eine in saurem Milieu stabilisierte Kieselsäure, wobei der pH-Wert der Kieselsäure vorteilhaft bei 2 -4 liegt. Die Kieselsäure ist vorteilhaft möglichst alkaliarm. Der Alkaligehalt (z.8. Na2O) der Kieselsäure liegt bevorzugt unter 0,04 Gew.-%.

[0021] Die Lösung B enthält beispielsweise 70-80 Gew.-%, insbesondere 75 Gew.-%, Wasser als Lösungsmittel und 20 -30 Gew.-%, insbesondere25 Gew.-%, kolloidale Kieselsäure. Die Lösung B ist zweckmäßig mittels Salpetersäure (HN03) aufeinen pH-Wertzwischen 2,0-3,5, vorzugsweisezwischen 2,5-3,0 und insbesondere von 2,7 eingestellt.

[0022] Das Zusammenführen und Mischen der beiden Basislösungen A und B führt in Gegenwart der Salpetersäure zu einer Hydrolysereaktion zwischen dem in Lösung B enthaltenen Wasser und den in Lösung A enthaltenen Alkoxysilanen.

[0023] Hydrolyse-Reaktion:

        Si(OR)n + nH20 → Si(OH)n + nR(OH)



[0024] Gleichzeitig tritt eine Kondensationsreaktion ein, bei der unter Wasser- Abspaltung aus jeweils zwei Si-OH-Gruppen eine Siloxan-Bindung (Si-0-Si) aufgebaut wird. Durch fortschreitende Polymerisation entsteht dabei ein Netzwerk von Polysiloxanen, an welche Alkyl-Gruppen angegliedert sind. Die neue Mischlösung liegt in einem gelförmigen Zustand vor. Die beiden Lösungen A und B werden bevorzugt in einem Gewichtsverhältnis von 7:3 Teilen gemischt.

[0025] Der Sol-Gel-Lack wird zweckmäßig in Gel-Form auf das Form- oder Strukturteil, bzw. auf die entsprechende Oberfläche, aufgetragen bzw. abgeschieden und anschließend getrocknet bzw. gehärtet. Der Trocknungsprozess besteht darin, die im Sol-Gel-Lack verbleibenden Wasser und Alkohole auszutreiben, wodurch der Sol-Gel-Lack aushärtet und eine korrosions- und witterungsbeständige Schutzschicht auf der Formteil - bzw. Strukturteiloberfläche entsteht.

[0026] Die Beschichtung erfolgt, beispielsweise durch Auftragen, Schleudern oder Spritzen, zweckmäßig in einem kontinuierlichen Verfahren, welches für die Behandlung von vorstehend beschriebenen Form- bzw. Strukturteilen, auch in sehr hohen Stückzahlen (Großserien), geeignet ist. Besonders bevorzugte Beschichtungsverfahren sind das Sprühen, Spritzen, Tauchen bzw. Tauchziehbeschichten.

[0027] Insbesondere eignen sich Sol-Gel-Systeme, die beispielsweise unter dem Markennamen CERAPAINT des Unternehmens Akzo Nobel erhältlich sind zur Ausbildung der Korrosionsschutzschicht.

[0028] Korrosionsschutzschichten (Sol-Gel-Lacke), die durch Auftragen eines Sol-Gel-Systems, also das Beschichten des eigentlichen Form- und/oder Strukturteils mit einem Sol-Gel-System, geschaffen werden, benötigen zu deren Herstellung einen Härtungs- bzw. Trocknungsprozess, bei dem das Sol-Gel-System in den beständigen Sol-Gel-Lack umgewandelt wird.

[0029] Das mit dem Sol-Gel-Lack beschichtete Form- bzw. Strukturteil wird zweckmäßig mittels Strahlung, wie UV-Strahlung, Elektronenstrahlung, Laserstrahlung, oder mittels Wärmestrahlung, wie IR-Strahlung (infrarot), oder mittels Konvektionserwärmung oder einer Kombination der vorgenannten Trocknungs- bzw. Härtungsverfahren, getrocknet bzw. gehärtet.

[0030] Die Konvektionserwärmung kann zweckmäßig durch eine Beaufschlagung mit erwärmten Gasen, wie Luft, Stickstoff, Edelgase oder Gemischen daraus, erfolgen. Die Sol-Gel-Lackschicht wird bevorzugt in einem Durchlaufofen getrocknet bzw. gehärtet.

[0031] Erfindungsgemäß wird jedoch im Herstellungsverfahren zur Herstellung des Form- und/oder Strukturteils auf einen derartigen zusätzlichen Härtungs- bzw. Trocknungsprozess verzichtet und stattdessen dieser Härtungs- bzw. Trocknungsprozess Bestandteil eines ohnehin realisierten Prozessschrittes, beispielsweise einer Wärmebehandlung zur Optimierung der Bauteilseigenschaften realisiert wird. Anders ausgedrückt ist es erfindungsgemäß, das Sol- Gel-System durch einen zur Optimierung der Bauteileigenschaften vorgesehenen Wärmebehandlungsschritt zu härten, so dass auf einen separaten (zusätzlichen) Härtungsschritt verzichtet werden kann. Wird eine solche Wärmebehandlung, wie sie insbesondere bei zur Lastaufnahme bestimmten bzw. ausgelegten Schmiedeteilen sinnvoll ist, nicht realisiert, muss ein entsprechender Härtungsschritt in das Herstellungsverfahren integriert werden. Das Aufbringen des Sol-Gel-Systems lässt sich insbesondere bei der Ausbildung des Form- und/oder Strukturteils als zur Lastaufnahme bestimmtes Schmiedeteil in ein bestehendes Produktionsumfeld inline oder als BypassProzessstufe mit geringem Aufwand integrieren.

[0032] Die nach dem Konzept der Erfindung ausgebildeten Form- und Strukturteile können aus Reinaluminium odereiner Aluminiumlegierung bestehen. Bevorzugt enthalten die Schmiedeteile Aluminiumlegierungen der Werkstoffgruppen 2xxx, 6xxx oder 7xxx oder bestehen daraus. Bei gegossenen Form- und/oder Strukturteilen kommen bevorzugt Aluminiumlegierungen der Art AlSiMg, AlSiCu, AlCu sowie AlZnMg in Betracht. Bei Knetlegierungen der Werkstoffgruppe 2xxx kommen bevorzugt die Legierungen AA 2014, AA 2014A, AA 2017A, AA 2024 und 2618A zum Einsatz, bei den Knetlegierungen der Werkstoffgruppe 7xxx kommen bevorzugt die Legierungen AA 7003, AA 7018, AA 7020, AA 7022 und AA 7075 zum Einsatz, besonders bevorzugt AA 7075. Bei Knetlegierungen der Werkstoffgruppe 6xxx kommen bevorzugt die Legierungen AA 6005, AA 6005A, AA 6008, AA 6014, AA 6060, AA 6061, AA 6063, AA 6063A, AA 6056, AA 6066, AA 6110, AA 6110A, AA 6182, AA 6401 und AA 6463 zum Einsatz, besonders bevorzugt die Legierungen AA 6060, AA 6063 und AA 6082 und AA 6110, insbesondere AA 6082. Darüber hinaus können erfindungsgemär1e Form- und Strukturteile auch aus Magnesium und Magnesiumguss- und knetlegierungen gefertigt sein.

[0033] Die erfindungsgemär1en Farm- und/oder Strukturteile mit einer Korrosionsschutzschicht, die aus einem Sol-Gel-System hervorgegangen sind, zeichnen sich durch eine glatte, extrem dünne, homogene, dekorative und transparente Schutzschicht aus, die dem statischen und dynamischen Anforderungsprofil an hochwertige Schmiedeteile gerecht wird. Derartige beschichtete Teile, die statisch belastet einer korrosiven Umgebung ausgesetzt werden, weisen auch nach einer Langzeitbelastung ein makelloses Oberflächenerscheinungsbild auf. Die erfindungsgemär1en Farm- bzw. Strukturteile weisen keine Korrosionserscheinungen nach 1000h Salzsprühnebelprüfung (Prüfung DIN 50021 -SS) nach DIN 50021 auf. Darüber hinaus weisen die erfindungsgemässen Form- bzw. Strukturteile unter diesen Konditionen keine Filiformkorresion im Sinne der DIN EN ISO 3665 auf. Beschichtete Farm- und/oder Strukturteile, insbesondere Schmiedeteile, die einer dynamisch-korrosiven Beanspruchung unterzogen werden, ermöglichen höhere Lastspielzahlen als unbeschichtete Form- und/oder Strukturteile in Folge eines verzögerten Korrosionsangriffs.

[0034] Darüber hinaus können die nach dem Konzept der Erfindung beschichteten Farm- und Strukturteile, insbesondere aufgrund der geringen Schichtdicke der Korrosionsschutzschicht sowie des hinreichend plastischen Materialverhaltens und der Konsistenz der Farm- und/oder Strukturteile, insbesondere Korrosionsschutzschicht, ebenso wie nicht-beschichtete Farm- und/oder Strukturteile, insbesondere Schmiedeteile einer nicht zerstörenden Bauteilprüfung, beispielsweise Messung der Leitfähigkeit oder der Brinellhärte, unterzogen werden. Bei mechanischer Nachbearbeitung oder zerstörender statischer oder dynamischer Bauteilprüfung ist die Bruchfläche der Oberflächenbeschichtung kongruent mit der Bruchfläche des Grundwerkstoffs; dies bedeutet, es treten keine abstehenden oder freiwerdenden Partikel oder Splitter auf, die bei Berührung eine Verletzungsgefahr hervorrufen könnten. Durch die Kongruenz der Bruchflächen und die exzellente Haftung der Korrosionsschutzschicht werden zudem Unterwanderungen von flüssigen Medien unterbunden, wodurch das bei diversen anderen Beschichtungssystemen bekannte Risiko der Filiformkorrosion vermieden werden kann. Demzufolge erhält das Farm- und Strukturteil bei einer partiellen Zerstörung der Beschichtung keine fortschreitende Beschädigung entlang der Grenzschicht infolge von Flüssigkeitsausbreitung und daraus resultierenden Korrosionsangriffen. Die Farm- und/oder Strukturteile mit einer nach dem Konzept der Erfindung ausgebildeten Korrosionsbeschichtung können so- mit auch im Anschluss an eine Oberflächenveredelung mit hoher Maßhaltigkeit spanend bearbeitet werden. Die zuvor beschriebenen beschichteten Schmiede teile lassen sich hervorragend spanend bearbeiten, haben sehr gute, d.h. sehr hohe, statisch-mechanische und dynamisch-mechanische Kennwerte und weisen ein hohes Maßan Umweltverträglichkeit auf.

[0035] Die konstruktive Auslegung der nach dem Konzept der Erfindung ausgebildeten Farm- und/oder Strukturteile kann nach Kundenanforderungen erfolgen, insbesondere denen der Automobilindustrie. Ein wesentlicher Vorteil der Teile, insbesondere der zur Lastaufnahme bestimmten Schmiedeteile, besteht darin, dass konstruktive Sicherheitszuschläge und tragende Querschnitte im Vergleich zu Schmiedeteilen nach dem Stand der Technik reduziert werden können, da
das Auftreten von Korrosionserscheinungen zumindest erheblich verzögert wird.

[0036] Zusammengefasst können bei einem nach dem Konzept der Erfindung ausgebildeten Form- und/oder Strukturteil bzw. durch die Anwendung des erfindungsgemäßen Sol-Gel-Beschichtungsverfahrens folgende Vorteile erreicht werden:
  • eine sehr hohe Korrosions- und Korrosionsermüdungsbeständigkeit,
  • eine gute Schutzwirkung gegen Witterungseinflüsse,
  • eine vernachlässigbar geringe Gewichtszunahme infolge von extrem dünn realisierbaren Korrosionsschutzbeschichtungen,
  • eine sehr gute Schichthaftung des Sol-Gel-Systems auf Aluminiumwerkstoffen,
  • eine sehr gute Temperaturbeständigkeit der Korrosionsschutzbeschichtung,
  • eine sehr hohe Maßhaltigkeit,
  • sehr homogene, dekorative Oberflächeneigenschaften,
  • sehr gute, d.h. hohe, statisch-mechanische Kennwerte,
  • eine sehr hohe Duktilität und hohe Energieabsorptionseigenschaften,
  • eine sehr hohe dynamische Belastbarkeit,
  • eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen Rißinitiierung,
  • eine hohe Kratzfestigkeit und hohe Beständigkeit gegen mechanischen Abbau und Abrieb,
  • eine sehr gute, gleichmäßige Spanbarkeit,
  • hervorragende, homogene Gefügeeigenschaften,
  • eine hohe UV-Strahlen-Resistenz,
  • eine umweltfreundliche, schmelztechnologische Recyclierbarkeit ohne vorheriges chemisches und/oder mechanisches Abtragen der Schutzschicht.


[0037] In Weiterbildung der Erfindung ist mit Vorteil vorgesehen, dass es sich bei den Form- und/oder Strukturteilen um Schmiedeteile, noch weiter bevorzugt um zur Lastaufnahme bestimmte (tragende) Schmiedeteile handelt. Anders ausgedrückt sind die Schmiedeteile zur Lastaufnahme ausgelegt, d.h. im eingebauten Zustand (last-) tragend. Bevorzugt handelt es sich bei den zur Lastaufnahme bestimmten Schmiedeteilen (tragende Teile) um gesenkgeschmiedete Teile. Wie später noch erläutert werden wird, handelt es sich bei den in Rede stehenden, zur Lastaufnahme bestimmten Schmiedeteilen um tragende und/oder stark beanspruchte Teile in Fahrzeugen, insbesondere Kraftfahrzeugen. Alternativ handelt es sich bei dem Form- und/oder Strukturteil beispielsweise um ein Gussteil, ein Pressteil, ein Extrusionsteil oder durch Umformen eines Bleches hergestelltes Teil.

[0038] Zur Lastaufnahme bestimmte Schmiedeteile werden bevorzugt aus aushärtbaren Aluminiumlegierungen gefertigt und zwecks ihrer Einsatzbestimmung mit einer festigkeitssteigernden Wärmebehandlung versehen. Dabei wird das Bauteil je nach Werkstoff bei Temperaturen von 460°C- 550°C im lösungsgeglühten Zustand beispielsweise mit Luft oder Wasser abgeschreckt und anschließend bei Temperaturen von 80°C- 200°C warmausgelagert. Ein typisches Beispiel stellen Schmiedeteile im Werkstoff EN AW-6082 dar, die im warmausgelagerten Zustand T5 oder T6 bzw. T64 häufig eine Mindestzugfestigkeit Rm >= 340 MPa, eine Mindestdehngrenze Rp0,2 >=310 MPa und eine Mindestbrinellhärte HBW2,5/625 >= 100 bei einer Mindestbruchdehnung A5 >= von 10% aufweisen müssen.

[0039] Besonders geeignet zur Herstellung der Korrosionsschutzschicht (Sol-Gel-Lack) sind Sol-Gel-Systeme, die sich durch mindestens einen der folgenden Parameter und/oder Substanzen auszeichnen: Eine wässrige kolloidale Kieselsäure, die in zweckmäßiger Kombination mit einer alkoholischen Silan-Lösung, insbesondere einer Alkoxysilan-Lösung durch Hydrolyse, Kondensation und Trocknung zur Bildung eines Sol-Gel-Lackes aus vernetzten Polysiloxanen führt.

[0040] Besonders bevorzugt sind Sol-Gel-Systeme, die beispielsweise unter dem Handelsnamen CERAPAINT von der Firma Akzo Nobel erhältlich sind. Die vorgenannten Sol-Gel-Systeme und die daraus hergestellten Korrosionsschutzschichten zeichnen sich durch eine chemische Zusammensetzung aus, die ein unmittelbares schmelztechnologisches Recycling der beschichteten Schmiedeteile ermöglicht, ohne dass es notwendig wäre, die Korrosionsschutzschicht chemisch oder mechanisch abzutragen. Es können also zusätzliche umwelttechnische Maßnahmen vor dem Recyceln vermieden werden. Sämtliche vorgenannten Sol-Gel-Typen sind ungiftig, geruchsneutral und nicht ätzend und somit ohne erhöhte Sicherheits- und Schutzmaßnahmen verarbeitbar.

[0041] Ganz besonders bevorzugt ist es, wenn, wie eingangs bereits angedeutet, die Korrosionsschutzschicht eine äußerst geringe Dicke aufweist. Bevorzugt beträgt die Dicke weniger als 10 m. besonders bevorzugt weniger als 5 m. insbesondere 2 m bis 4 m. Bevorzugt wird eine minimale Dicke von 0,5 m nicht unterschritten. Neben anderen Vorteilen führt eine geringe Dickenerstreckung der Korrosionsschutzschicht zu einem minimierten Gewichtszuwachs. Somit wird gegenüber konventionellen Beschichtungssystemen ein erhöhtes Leichtbaupotenzial angeboten.

[0042] In Weiterbildung der Erfindung ist mit Vorteil vorgesehen, dass es sich bei dem Form- und/oder Strukturteil um eine Kraftfahrzeugkomponente handelt, ganz besonders bevorzugt um ein sicherheitsrelevantes, d.h. tragendes, und/oder zur Kraftaufnahme, Kraftfahrzeugbauteil, insbesondere um einen Stoßfänger, einen Seitenaufprallträger oder um ein Bauteil des Fahrwerks des Kraftfahrzeugs, beispielsweise einen Längslenker, Schräglenker, Traglenker oder Querlenker. Auch ist es möglich, das Schmiedeteil als Bestandteil einer Rad- oder Motoraufhängung eines Kraftfahrzeugs auszubilden. Andere Anwendungen sind ebenfalls denkbar. So kann das Form- und/oder Strukturteil beispielsweise als Verbindungsglied, zweckmäßig als Scharnier oder Beschlag ausgebildet werden. Alternativ ist eine Ausbildung als Hydraulikkomponente bzw. als Armatur- oder Sitzbefestigung realisierbar. Ebenso kann das Form- und/oder Strukturteil als dekorative Automobilkomponente, insbesondere für den Fahrzeuginnenraum ausgebildet werden. Auch ist die Realisierung des Form- und/oder Strukturteils als Exterieur-Automobilkomponente, beispielsweise als Außenspiegelgehäuse, Türgriff oder Dachreling möglich.

[0043] Besonders zweckmäßig ist es, das Form- und/oder Strukturteil, insbesondere das Schmiedeteil, als Lastentragteil für Anwendungen in der Bauindustrie auszubilden. Darüber hinaus eignet sich ein mit einer Korrosionsschutzschicht versehenes, zur Lastaufnahme ausgelegtes Schmiedeteil für Offshore- Anwendungen, bei denen sehr raue Umweltbedingungen herrschen. Auch können die Schmiedeteile, insbesondere als Lastentragteile, in der Luftfahrt, der Elektroindustrie oder der Transportindustrie eingesetzt werden.

[0044] Die Erfindung führt, wie bereits angedeutet, auch auf ein Verfahren zum Herstellen eines wie zuvor beschrieben ausgebildeten Form- und/oder Strukturteils, insbesondere eines Schmiedeteils, welches sich durch eine Korrosionsschutzschicht (Sol-Gel-Lack) auszeichnet, welche aus einem Sol-Gel-System hervorgegangen ist. Kern des Verfahrens ist es, das, vorzugsweise geschmiedete, insbesondere gesenkgeschmiedete, Bauteil aus Aluminium oder einer Aluminiumlegierung mit einem Sol-Gel-System zu benetzen bzw. zu beschichten, aus dem dann die Korrosionsschutzschicht entsteht, ggf. durch
einen dem Beschichtungsvorgang nachgeordneten Härtungs- bzw. Trocknungs- und/oder Wärmebehandlungsvorgang.

[0045] Das Verfahren lässt sich inline oder als Bypassprozessstufe mit geringem Aufwand in eine bestehende Produktionslinie integrieren.

[0046] Erfindungsgemäß ist es, das Sol-Gel-System zur Ausbildung der Korrosionsschicht durch eine Wärmebehandlung zu härten, indem die beschleunigte Härtung kombinatorisch mit der für Schmiedeteile im warm ausgelagerten Zustand angewandten Wärmebehandlung erfolgt. Die erhöhte Temperatür zur kombinatorischen Trocknung bzw. Härtung des Sol-Gel-Lackes und der werkstoffspezifischen Wärmebehandlung ist größer als 80°C, vorzugsweise größer als 115°C und insbesondere größer als 140°C. Die erhöhte Temperatur ist kleiner als 210°C. Die erhöhte Temperatur liegt besonders bevorzugt zwischen 150°C und 200°C.

[0047] Mit Vorteil erfolgt der Auftrag des Sol-Gel-Lackes vor oder während der Warmauslagerung, so dass auf einen separaten Härtungsschritt verzichtet werden kann.

[0048] Im Hinblick auf die Beschichtungsmethoden zum Aufbringen des Sol-Gel- Systems auf das Aluminium- bzw. Aluminiumlegierungsbauteil, welches eine glatte, gestrahlte oder strukturierte Oberfläche aufweisen kann, gibt es unter- schiedliche Möglichkeiten, beispielsweise das Lackieren. Bevorzugt sind hierbei Spritz-, Sprüh- und/oder Tauch- bzw. Tauchziehverfahren.

[0049] Besonders zweckmäßig ist es, wenn das zweckmäßig entfettete oder gebeizte und anschließend gespülte bzw. gereinigte Bauteil aus Aluminium oder einer Aluminiumlegierung vor und/oder nach dem Aufbringen und/oder Härten des Sol-Gel-Systems nachbearbeitet wird, beispielsweise mittels eines spanenden Trennverfahrens mit geometrisch unbestimmten oder bestimmten Schneiden oder einem nicht spanenden Trennverfahren, bei dem kein formloser Stoff im Sinne von Spänen anfällt (z.B. Scherschneiden, Feinschneiden). Auch ist eine Nachbearbeitung durch thermische, chemische und/oder elektro-chemische Abtragverfahren, beispielsweise im Sinne der DIN-Norm 8580, möglich. Insbesondere ermöglicht die aus einem Sol-Gel-System hergestellte Korrosionsschutzschicht die Bearbeitung nach der Ausbildung der Korrosionsschutzschicht, d.h. nach dem Härten des Sol-Gel-Systems, da die Korrosionsschutzschicht aufgrund der Anordnung unmittelbar auf dem Aluminium bzw. der Aluminiumlegierung nicht zum Abplatzen bei der Bearbeitung neigt und insofern die nicht unmittelbar bearbeiteten Bereiche optimal vor Korrosionsangriffen geschützt bleiben.

[0050] Die Erfindung führt auch auf die Verwendung eines Sol-Gel-Systems, insbesondere von Sol-Gel-Lack aus einem Polysiloxan und vorteilhaft ein Sol-Gel- Lack aus einem aus einer alkoholischen Silan-Lösung, insbesondere einer Alkoxysilan-Lösung und einer wässrigen kolloidalen Kieselsäure-Lösung hergestellten Polysiloxan zur Ausbildung einer Korrosionsschutzschicht, vorzugsweise mit einem dekorativen Erscheinungsbild, auf einem geschmiedeten Bauteil aus Aluminium odereiner Aluminiumlegierung.

[0051] Bevorzugt weist ein nachbearbeitetes oder zerstörend geprüftes Bauteil aufgrund der guten Schichthaftung und der Kongruenz der Trennflächen der Beschichtung und des Grundwerkstoffs keine Filiformkorrosion auf.

[0052] Weiter bevorzugt weist ein nachbearbeitetes oder zerstörend geprüftes Bauteil aufgrund der guten Schichthaftung und der Kongruenz der Trennflächen der Beschichtung und des Grundwerkstoffs keine Verletzungsgefahr (etwa durch scharkantige Partikel oder Kantenüberstand) auf.

[0053] Ganz besonders bevorzugt zeichnet sich ein mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens hergestelltes Form- und/oder Strukturteil durch eine chemische Zusammensetzung der Korrosionsschutzschicht aus, die ein unmittelbares schmelztechnologisches Recycling der beschichteten Form- bzw. Strukturteile ermöglicht, ohne vorheriges chemisches und/oder mechanisches Abtragen der Korrosionsschutzschicht.

[0054] Weitere Vorteile, Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus der nachtalgenden Beschreibung eines bevorzugten Ausführungsbeispiels sowie anhand der Zeichnungen.

[0055] Diese zeigen in:
Fig. 1:
eine schematische Darstellung eines als Traglenker ausgebildeten Schmiedeteils für ein Kraftfahrzeug,
Fig. 2:
eine schematische Darstellung eines als Querlenker ausgebildeten Schmiedeteils für ein Kraftfahrzeug,
Fig. 3:
das Schmiedeteil gemäß Fig. 1 in einer Schnittansicht,
Fig. 4:
das Schmiedeteil gemäß Fig. 2 in einer Schnittansicht, und
Fig. 5:
eine schematische Darstellung eines vergrößerten Details aus den Fig. 3 und 4, aus dem ersichtlich ist, dass die Korrosionsschutzschicht ohne Zwischenschicht unmittelbar auf der Aluminiumlegierung des Farm- und/oder Strukturteils aufgebracht ist.


[0056] In den Figuren sind gleiche Elemente und Elemente mit der gleichen Funktion mit den gleichen Bezugszeichen gekennzeichnet.

[0057] Fig. 1 zeigt in einer schematisierten Darstellung ein als Traglenker eines KFZ ausgebildetes, zur Lastaufnahme bestimmtes Form- und/oder Strukturteil 1, hier ein Schmiedeteil. Fig. 3 zeigt eine Schnittansicht dieses Schmiedeteils 1.

[0058] In Fig. 2 ist exemplarisch ein als Querlenker ausgebildetes Form- und/oder Strukturteil 1 für ein KFZ dargestellt, wobei in Fig. 4 die zugehörige Schnittansicht wiedergegeben ist.

[0059] Fig. 5 zeigt ein Detail aus den Schnittansichten gemäß der Fig. 3 und 4 des Schmiedeteils 1. Zu erkennen ist, dass das Form- und/oder Strukturteil 1 einen Körper 3 aus einer Aluminiumlegierung 4 umfasst, wobei die Aluminiumlegierung 4 unmittelbar, d.h. ohne eine Zwischenschicht vorzusehen, mit einer Korrosionsschutzschicht 2 versehen ist, die eine Dickenerstreckung von etwa 2 m aufweist.

[0060] Die Korrosionsschutzschicht 2 resultiert aus einem Sol-Gel-System, das bevorzugt durch Spritzen, Besprühen, Tauchen bzw. Tauchziehen des geschmiedeten Bauteils auf dieses aufgebracht wurde. Ausgehärtet, d.h. in die Korrosionsschutzschicht 2 umgewandelt wird das Sol-Gel-System durch eine Wärmebehandlung des Form- und/oder Strukturteils 1, hier des Schmiedeteils, welche gleichzeitig zu einer Optimierung der mechanischen Kennwerte, beispielsweise der Festigkeit des Bauteils führt. Auf einen zusätzlichen Härtungsschritt kann somit mit Vorteil verzichtet werden.


Ansprüche

1. Verfahren zum Herstellen eines Form- und/oder Strukturteils (1) aus Aluminium oder einer Aluminiumlegierung (4) mit einer aus einem Sol-Gel-System resultierenden Korrosionsschutzschicht (2) wobei

- zunächst ein Bauteil aus Aluminium oder einer Aluminiumlegierung (4) hergestellt wird I

- unmittelbar auf das Aluminium bzw. die Aluminiumlegierung (4) ein Sol-Gel-System aufgetragen und in eine Korrosionsschutzschicht umgewandelt wird

dadurch gekennzeichnet, dass
das Sol-Gel-System zur Ausbildung der Korrosionsschutzschicht (2) gehärtet wird, wobei
das Sol-Gel-System einen Sol-Gel-Lack aus einem Polysiloxan umfasst und wobei
die Härtung des Sol-Gel-Systems durch die Wärmebehandlung des Bauteils zur Optimierung der Bauteileigenschaften, insbesondere der Gefügeeigenschaften, im warmausgelagerten Zustand in Kombination mit der für das Strukturteil (1) angewandten Wärmebehandlung bei einer Temperatur zwischen 80°C und 210°C durchgeführt wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die Härtung des Sol-Gel-Systems durch die Wärmebehandlung bei einer Temperatur zwischen 150 °C und 200°C durchgeführt wird.
 
3. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 oder 2 dadurch gekennzeichnet, dass der Sol-Gel-Lack vor oder während der Warmauslagerung aufgetragen wird.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Bauteil durch Fertigungsverfahren gemäss DIN 8580 ff., bevorzugt durch Schmieden, insbesondere Gesenkschmieden, aus einem Rohling geformt wird.
 
5. Verfahren nach Anspruch 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die zur Lastaufnahmebestimmte Schmiedeteile aus aushärtbaren Aluminiumlegierungen gefertigt und zwecks ihrer Einsatzbestimmung mit einer festigkeitssteigernden Wärmebehandlung versehen werden.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass das Bauteil je nach Werkstoff bei Temperaturen von 460°C - 550°C im lösungsgeglühten Zustand beispielsweise mit Luft oder Wasser abgeschreckt und anschliessend bei Temperaturen von 80°C - 200°C warmausgelagert wird.
 
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Korrosionsschutzschicht (2) eine Dicke aus einem Dickenbereich zwischen 0,5 µm und 10 µm, vorzugsweise zwischen 1,0 µm und 5 µm, bevorzugt zwischen 2,0 µm und 4 µm aufweist.
 
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass das Sol-Gel-System durch Spritzen, Besprühen, Eintauchen oder Tauchziehen des Bauteils oder einer Kombination von zumindest zwei der vorgenannten Methoden aufgebracht wird.
 
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass das Bauteil vor und/oder nach dem Aufbringen und/oder Härten des Sol-Gel-Systems nachbearbeitet wird, insbesondere mittels eines spanenden oder nichtspanenden, Trennverfahrens und/oder durch thermische, chemische und/oder elektro-chemische Abtragverfahren.
 
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass das Bauteil vor dem Aufbringen des Sol-Gel-Systems oberflächenbehandelt wird, insbesondere durch Beizen oder Strahlen.
 


Claims

1. Method for producing a shaped part and/or structural part (1) from aluminium or an aluminium alloy (4) with a corrosion control coat (2) resulting from a sol-gel system, where

- first of all a component is produced from aluminium or an aluminium alloy (4),

- a sol-gel system is applied directly to the aluminium or the aluminium alloy (4) and is converted into a corrosion control coat,

characterized in that
the sol-gel system is cured to form the corrosion control coat (2), where
the sol-gel system comprises a sol-gel coating material comprising a polysiloxane, and where
the curing of the sol-gel system through the heat treatment of the component, for the purpose of optimizing the properties of the component, especially the microstructure properties, in the hot age-hardened state, in combination with the heat treatment applied for the structural part (1), is carried out at a temperature of between 80°C and 210°C.
 
2. Method according to Claim 1, where the curing of the sol-gel system through the heat treatment is carried out at a temperature of between 150°C and 200°C.
 
3. Method according to either of Claims 1 and 2, characterized in that the sol-gel coating material is applied before or during the hot age-hardening.
 
4. Method according to any of Claims 1 to 3, characterized in that the component is shaped on a blank by manufacturing methods according to DIN 8580 ff., preferably by forging, more particularly drop forging.
 
5. Method according to Claims 1 to 4, characterized in that the forged parts intended for accommodating loads are manufactured from hardenable aluminium alloys and, for the purpose of their intended use, are given a strength-increasing heat treatment.
 
6. Method according to any of Claims 1 to 5, characterized in that the component, depending on material, is quenched at temperatures of 460°C-550°C in the solution-annealed state, for example with air or water, and subsequently is hot age-hardened at temperatures of 80°C-200°C.
 
7. Method according to any of Claims 1 to 6, characterized in that the corrosion control coat (2) has a thickness from a thickness range of between 0.5 µm and 10 µm, preferably between 1.0 µm and 5 µm, more preferably between 2.0 µm and 4 µm.
 
8. Method according to any of Claims 1 to 7, characterized in that the sol-gel system is applied by injecting, spraying, immersing or dip drawing of the component, or by a combination of at least two of the aforesaid techniques.
 
9. Method according to any of Claims 1 to 8, characterized in that the component, before and/or after the application and/or curing of the sol-gel system, is machined, in particular by means of a cutting or non-cutting separation method and/or by thermal, chemical and/or electrochemical removal methods.
 
10. Method according to any of Claims 1 to 9, characterized in that the component, before the sol-gel system is applied, is surface-treated, in particular by pickling or blasting.
 


Revendications

1. Procédé de fabrication d'une pièce moulée et/ou structurale (1) en aluminium ou en un alliage d'aluminium (4), avec une couche (2) de protection contre la corrosion, obtenue à partir d'un système sol-gel, dans lequel

- on fabrique d'abord un composant en aluminium ou en un alliage d'aluminium (4),

- on applique directement sur l'aluminium ou l'alliage d'aluminium (4) un système sol-gel, et on le convertit en une couche de protection contre la corrosion,

caractérisé en ce que
le système sol-gel subit un durcissement pour former la couche de protection contre la corrosion (2), où
le système sol-gel comprend un vernis sol-gel en un polysiloxane, et où
le durcissement du système sol-gel est mis en oeuvre grâce au traitement thermique du composant pour optimiser les propriétés du composant, en particulier ses propriétés structurales, à l'état vieilli à chaud en combinaison avec le traitement thermique utilisé pour la pièce structurale (1), à une température comprise entre 80 et 210°C.
 
2. Procédé selon la revendication 1, dans lequel le durcissement du système sol-gel est mis en oeuvre par le traitement thermique à une température comprise entre 150 et 200°C.
 
3. Procédé selon l'une des revendications 1 ou 2, caractérisé en ce que le vernis sol-gel est appliqué avant ou pendant le vieillissement à chaud.
 
4. Procédé selon l'une des revendications 1 à 3, caractérisé en ce que le composant est façonné à partir d'une ébauche par des procédés de fabrication selon DIN 8580 et suivants, de préférence par forgeage, en particulier par matriçage.
 
5. Procédé selon les revendications 1 à 4, caractérisé en ce que les pièces forgées, destinées à supporter une charge, sont fabriquées en des alliages d'aluminium durcissables et, selon leur application, sont soumises à un traitement thermique augmentant leur résistance mécanique.
 
6. Procédé selon l'une des revendications 1 à 5, caractérisé en ce que le composant subit, selon le matériau, une trempe à des températures de 460 à 550°C à l'état recuit de mise en solution, de préférence avec de l'air ou de l'eau, puis subit un vieillissement à chaud à des températures de 80 à 200°C.
 
7. Procédé selon l'une des revendications 1 à 6, caractérisé en ce que la couche de protection contre la corrosion (2) présente une épaisseur comprise dans une plage d'épaisseurs de 0,5 µm à 10 µm, de préférence de 1,0 µm à 5 µm, préférentiellement de 2,0 µm à 4 µm.
 
8. Procédé selon l'une des revendications 1 à 7, caractérisé en ce que le système sol-gel est appliqué par pulvérisation, aspersion, par trempage ou par trempage-retrait du composant, ou par une combinaison d'au moins deux des méthodes mentionnées ci-dessus.
 
9. Procédé selon l'une des revendications 1 à 8, caractérisé en ce que le composant subit un post-usinage avant et/ou après l'application et/ou le durcissement du système sol-gel, en particulier à l'aide d'un procédé de séparation avec ou sans enlèvement de copeaux ou par des procédés d'enlèvement thermiques, chimiques et/ou électrochimiques.
 
10. Procédé selon l'une des revendications 1 à 9, caractérisé en ce que le composant subit un traitement superficiel, en particulier par décapage ou grenaillage, avant l'application du système sol-gel.
 




Zeichnung














Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente




In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur