(19)
(11) EP 3 150 461 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
05.04.2017  Patentblatt  2017/14

(21) Anmeldenummer: 15188071.3

(22) Anmeldetag:  02.10.2015
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B61L 19/06(2006.01)
B61L 19/08(2006.01)
B61L 27/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
MA

(71) Anmelder: Siemens Schweiz AG
8047 Zürich (CH)

(72) Erfinder:
  • KOLLER, Bernhard
    9554 Tägerschen (CH)
  • REICHLIN, Anton
    8400 Winterthur (CH)

(74) Vertreter: Maier, Daniel Oliver 
Siemens AG Postfach 22 16 34
80506 München
80506 München (DE)

   


(54) SYSTEM UND VERFAHREN ZUM AUTOMATISCHEN BESEITIGEN EINER ÜBERHÖHTEN BEEINFLUSSUNGSSPANNUNG IN EINEM ENERGIEBUS


(57) Erfindungsgemäss sind ein System (Sys) und ein Verfahren zum automatischen Beseitigen einer überhöhten Beeinflussungsspannung in einem Energiebus (EB) offenbart, über den in einer industriellen Anlage angeordnete dezentrale Funktionseinheiten (E) mit elektrischer Energie versorgt werden, wobei:
a) ein übergeordnetes Steuerungssystem (STW) vorgesehen ist, das mit den dezentralen Funktionseinheiten (E) mittels Datentelegrammen Informationen über einen Datenbus (CB, NB1, NB2) austauscht,
b) Netzknoteneinheiten (SND) sequentiell zwischen zwei Speisepunkten (PS1, PS2) eines ringartig aufgebauten Energiebusses (EB) angeordnet sind, die den dezentralen Funktionseinheiten (E) den Zugang zu dem Energiebus (EB) und optional auch zum Datenbus (CB, NB1, NB2) bereitstellen,
c) die Netzknoteneinheiten (SND) über ein steuerbares Schaltmodul (S) verfügen, das einen ersten Schalter (S1) und einen zweiten Schalter (S2) umfasst, wobei mit den beiden Schaltern (S1, S2) je ein Zugang zu den beiden Speisepunkten (PS1, PS2) schaltbar ist,
d) ein Auswertemodul (CPU, SL) vorgesehen ist, das die Beeinflussungsspannung misst und mit einem Grenzwert vergleicht und/oder den Energiebus (EB) auf das Vorliegen eines Erdschlusses einer der Adern des Energiebusses untersucht, wobei bei einer Überschreitung des Grenzwerts für die Beeinflussungsspannung und/oder bei dem Vorliegen eines Erdschlusses einer der beiden Schalter (S2) einer Netzknoteneinheit (SND4) öffenbar ist.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung bezieht sich auf ein System und ein Verfahren zum automatischen Beseitigen einer überhöhten Beeinflussungsspannung in einem Energiebus, über den in einer industriellen Anlage angeordnete dezentrale Funktionseinheiten mit elektrischer Energie versorgt werden.

[0002] Derartige dezentrale Funktionseinheiten werden im Besonderen in Schienenverkehrsnetzwerken z.B wie die Eisenbahn eingesetzt, wo diese genutzt werden, um Fahrzeug beeinflussende und/oder Fahrzeug überwachende Einheiten zu steuern und bezüglich der Funktionalität zu überwachen und um Prozessdaten aufzunehmen und zurück an eine zentrale Steuerungs- und/oder Überwachungszentrale, wie zum Beispiel eine Leitstelle oder ein Stellwerk, zu melden. Als zugbeeinflussende Einheiten, die also Anweisungen an den Fahrzeugführer geben oder sogar direkt Eingriffe in der Fahrzeugsteuerung vornehmen oder direkt einen sicheren Fahrweg einstellen, können beispielsweise Signale, Weichen, Balisen, Linienleiter, Gleismagnete und dergleichen sowie auch Sensoren zum Erfassen von Prozessgrössen des fahrenden Zuges, wie Leistungsaufnahme, Geschwindigkeit und dergleichen, betrachtet werden. Als Zug- und Gleisabschnitt überwachende Einheiten können ebenfalls Balisen und Linienleiter, aber auch Achszähler und Gleisstromkreise und andere Gleisfreimeldesysteme genannt werden. Grundsätzlich betrifft die vorliegende Erfindung aber alle industriellen Anlagen, in denen funktionale Einheiten über grössere Strecken verteilt sind und dennoch zentral gesteuert werden müssen. Die zentrale Steuerung kann dabei von einer ortsfesten Leitstelle, aber auch durch eine nicht-ortsfeste virtuelle Leitstelle wahrgenommen werden.

[0003] Im Eisenbahnverkehr ist es üblicherweise so, dass diese dezentralen Funktionseinheiten von einem Stellwerk oder einem abgesetzten Stellwerkrechner gesteuert werden. Für den Datentransfer zwischen dem Stellwerk und den Funktionseinheiten im Gleisbereich sind heute in der Regel standardisierte Kupferkabel vorgesehen, für deren klassische Stelldistanzlängen wegen der physikalischen Übertragungsparameter, den Kabelbelägen (RLC), bei 10 km in der Praxis die obere Grenze liegt. Bei gewissen Typen von Funktionseinheiten kann diese obere Limite jedoch auch nur bei maximal 6,5 km liegen.

[0004] Aus dem Projekt Sinet® der Siemens Schweiz AG und der dazu korrespondierenden europäischen Patentanmeldung EP 2 301 202 A1 sind eine Einrichtung und ein Verfahren zur Steuerung und/oder Überwachung von entlang eines Verkehrsnetzwerks angeordneten dezentralen Funktionseinheiten bekannt, welche folgenden Kernpunkte umfassen:
  1. a) ein übergeordnetes Steuerungssystem, das mit den dezentralen Funktionseinheiten mittels Datentelegrammen Informationen austauscht,
  2. b) ein Datentransportnetzwerk mit einer Anzahl von Netzzugangspunkten, wobei das übergeordnete Steuerungssystem über mindestens einen Netzzugangspunkt an dem Datentransportnetzwerk angekoppelt ist;
  3. c) Kommunikationseinheiten, die jeweils an einem Netzzugangspunkt angeschlossen sind, wobei:
  4. d) die dezentralen Funktionseinheiten zu Untergruppen mit jeweils eigenem Subnetzwerk zusammengefasst sind; und wobei
  5. e) das Subnetzwerk jeder der Untergruppen an jedem seiner beiden Ende jeweils über eine Kommunikationseinheit und über einem Netzzugangspunkt an dem Datentransportnetzwerk angekoppelt ist.


[0005] Auf diese Weise kann für die Ankopplung der dezentralen Funktionseinheiten ein digitales Datentransportnetzwerk genutzt werden, welches in jeder Weise robust gegen ein einfaches Fehlerereignis ist, dennoch eine sehr geschickte Verwendung von sehr breit in der Bahntechnik eingesetzten Cu-Kabeln, zum Beispiel bisher vorhandenen Stellwerkskabeln, erlaubt und schliesslich auch nur eine vergleichsweise geringe Zahl von Netzzugangspunkten benötigt.

[0006] Eine derartige Einrichtung ist dabei in besonders vorteilhafter Weise für ein Schienennetz für den Eisenbahnverkehr einsetzbar. Folglich ist dann zweckmässig, mittels den dezentralen Funktionseinheiten verkehrsüberwachende und verkehrssteuernde Funktionseinheiten, wie insbesondere Signale, Weichen, Achszähler, Gleisstromkreise, punkt- und linienförmige Zugbeeinflussungselemente, an das Datentransportnetzwerk anzukoppeln.

[0007] Der Aufbau von technischen Anlagen, besonders auch in der Bahninfrastruktur, ist aufgrund der über 100 jährigen Geschichte des Industrieanlagenbaus und des Eisenbahnwesens auf Robustheit und Zuverlässigkeit ausgelegt. In der damaligen Konzeption wurden besonders die Aussenelemente der Bahnsicherungsanlagen über relativ kräftige Kabeladern angeschlossen, um die Schaltzustände über die definierten Distanzen sicher detektieren zu können, d.h. die Auslegung erfolgt entsprechend der Spitzenbelastungen mit ausreichender Reserve. Mit dem Schaltvorgang der Aussenelemente wird über die Energiezuführung auch die Information übermittelt. Daraus folgt aber in naheliegender Weise auch, dass die möglichen Distanzen durch den detektierbaren Energiefluss begrenzt sind. Unter heutigen Flexibilitäts-, Kosten- und Ressourcenpolitischen -Aspekten sind diese etablierten Konzepte neben der durch die EP 2 301 202 A1 offenbarten Kommunikationsstruktur dringend auch im Bereich der Energiezuführung zu innovieren und so die bisherige Kopplung von Information und Energie aufzulösen.

[0008] Hierzu offenbart die internationalen Patentanmeldung WO 2013/013908 A1 eine Lösung. Diese Lösung sieht eine Einrichtung und ein Verfahren zum Betreiben von in einer industriellen Anlage angeordneten dezentralen Funktionseinheiten vor, umfassend:
  1. a) ein übergeordnetes Steuerungssystem, das mit den dezentralen Funktionseinheiten mittels Datentelegrammen Informationen austauscht,
  2. b) ein Datentransportnetzwerk mit einer Anzahl von Netzzugangspunkten, wobei das übergeordnete Steuerungssystem über mindestens einen Netzzugangspunkt an dem Datentransportnetzwerk angekoppelt ist;
  3. c) Kommunikationseinheiten, die an einem Netzzugangspunkt angeschlossen sind und den dezentralen Funktionseinheiten den Zugang zu dem Datentransportnetzwerk bereitstellen, und
  4. d) ein Energietransportnetz, an das die dezentralen Funktionseinheiten angeschlossen sind und das die dezentralen Funktionseinheiten mit elektrischer Energie versorgt. Auf diese Weise ist nun auch das Energietransportnetz vollkommen von einem Stellwerk entkoppelt.


[0009] Ausgehend von der heutigen Stellwerkarchitektur mit dezentralen Stationen, aber Punkt-zu-Punkt-Energiezuführung, wird hiermit ein neuer, innovativer Ansatz beschritten, der von der Siemens Schweiz AG unter dem Namen Sigrid® vertrieben. Die heutigen kabel- und arbeitsintensiven Punkt- zu Punkt-Verbindungen für die Stromversorgung bzw. die Energieversorgung der peripheren Elemente entlang dem Gleis (Element Controller oder auch dezentrale Funktionseinheit genannt) werden ersetzt durch adernsparende und einfach zu montierende Bus- oder Ringleitungen.

[0010] Die in der WO 2013/013908 A1 offenbarte Lösung beschränkt sich aber längst nicht nur auf den beschriebenen Anwendungsfall der Stellwerksarchitektur von Bahnanlagen, sondern geht weit darüber hinaus. Als zukünftige Beispiele werden das Energiemanagement für Gebäude oder für Grossanlagen in der produzierenden oder verarbeitenden Industrie auf der Basis dezentraler Energieversorgung gesehen.

[0011] Wenn der Energiebus zwischen zwei Stellwerken oder sonstigen Einrichtungen mit Anschluss zu den Energieversorgungsnetzen verlegt wird, so kann die Versorgung der angeschlossenen Verbraucher (dezentrale Funktionseinheiten) von beiden Speiseseiten erfolgen. Dadurch wird eine bisher noch nicht verfügbare Redundanz der Energieversorgung geschaffen. Die dezentralen Funktionseinheiten - auch Element Controller oder kurz EC genannt) werden dabei durch Netzknoteneinheiten - auch Buskoppler oder kurz SND - Smart Node Device genannt - an den Datenbus und den Energiebus angeschlossen, die Steuerungs-, Überwachungs- und Diagnosefunktionen übernehmen können. Die SND können beispielsweise den Energiebus unterbrechen bzw. durchschalten, sowie Ströme und Spannungen im Energiebus messen.

[0012] Einfache Defekte, also beispielsweise Kurzschlüsse, Erdschlüsse oder Unterbrüche, im Energiebus führen bei korrekter Behandlung aufgrund der Redundanz nicht unmittelbar zu einem Ausfall von Elementen. Im Fall einer ausfallenden Speiseseite würde die Versorgung aller dezentralen Funktionselemente von der zweiten Speiseseite übernommen.

[0013] Bei der Versorgung der dezentralen Funktionseinheiten sollen nun für den Energiebus Distanzen von 20 km und mehr erreicht werden können. Alle Kabel und hier besonders im vorliegenden Fall des Energiebusses für den Bahnbetrieb die Adern des Energiebusses, die in der Nähe der Bahnstromversorgung (Fahrdraht) angeordnet sind, sind einer Beeinflussungsspannung aufgrund des Kabelbelags ausgesetzt. Dabei kann die Beeinflussung ohmscher, kapazitiver und/oder induktiver Natur sein. Die induktive Beeinflussungsart ist mit dem Vorliegen der Bahnstromversorgung hierbei die dominante Beeinflussung und wirkt als Gleichtaktquelle, die bei potentialfreien Adern ein gleich grosses, phasengleiches Störsignal mit der Frequenz der Fahrdrahtspeisung einkoppelt.

[0014] Gemäss den gültigen Vorschriften im Bahnbereich sind anlagenseitig Vorkehrungen zu treffen, damit die Beeinflussungsspannung bei den Kabeln entlang der Bahnstrecke nie grösser als ein vorgegebener Grenzwert für die Beeinflussungsspannung, z.B. 250 VAC, wird. Mit der Kenntnis des maximal möglichen Fahrstroms und weiterer die Beeinflussungsspannung beeinflussenden Grössen, wie z.B. die Eigenschaften des Energiekabels, die Erdungsverhältnisse usw.) und des vorgegebenen Grenzwerts ist es möglich, die maximal zulässige Länge des Energiebusses rechnerisch zu ermitteln. Aktuelle Berechnungen zeigen hier derzeit, dass bei konventionellen Anlagen, bei TSI-Bahnstrecken (TSI = Technische Spezifikationen für Interoperabilität) oder bei Hochgeschwindigkeitsstrecken bei Energiebuslängen im Bereich von 10 km die zulässigen Grenzwerte erreicht werden, was hinsichtlich der eigentlich gewünschten Länge von 20 km und mehr unbefriedigend ist. Daher sind die Auswirkungen der Beeinflussungsspannungen genau zu betrachten.

[0015] Der vorliegenden Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein System und ein Verfahren zum automatischen Beseitigen einer überhöhten Beeinflussungsspannung in einem Energiebus anzugeben, der in einer industriellen Anlage angeordnete dezentrale Funktionseinheiten mit elektrischer Energie vorsorgt. Dabei soll eine zu hohe Beeinflussungsspannung im Energiebus und/oder ein Erdschluss zuverlässig und schnell detektierbar sein, sodass umgehend Massnahmen zur Wiederherstellung der korrekten Funktion des Energiebusses eingeleitet werden können.

[0016] Die Aufgabe wird bezüglich des Systems erfindungsgemäss durch ein System zum automatischen Beseitigen einer überhöhten Beeinflussungsspannung in einem Energiebus gelöst, über den in einer industriellen Anlage angeordnete dezentrale Funktionseinheiten mit elektrischer Energie versorgt werden, wobei:
  1. a) ein übergeordnetes Steuerungssystem vorgesehen ist, das mit den dezentralen Funktionseinheiten mittels Datentelegrammen Informationen über einen Datenbus austauscht,
  2. b) Netzknoteneinheiten sequentiell zwischen zwei Speisepunkten eines ringartig aufgebauten Energiebusses angeordnet sind, die den dezentralen Funktionseinheiten den Zugang zu dem Energiebus und optional auch zum Datenbus bereitstellen,
  3. c) die Netzknoteneinheiten über ein steuerbares Schaltmodul verfügen, das einen ersten Schalter und einen zweiten Schalter umfasst, wobei mit den beiden Schaltern je ein Zugang zu den beiden Speisepunkten schaltbar ist,
  4. d) ein Auswertemodul vorgesehen ist, das die Beeinflussungsspannung misst und mit einem Grenzwert vergleicht und/oder den Energiebus auf das Vorliegen eines Erdschlusses einer der Adern des Energiebusses untersucht, wobei bei einer Überschreitung des Grenzwerts für die Beeinflussungsspannung und/oder bei dem Vorliegen eines Erdschlusses einer der beiden Schalter einer Netzknoteneinheit öffenbar ist.


[0017] Bezüglich des Verfahrens wird diese Aufgabe erfindungsgemäss durch ein Verfahren zum automatischen Beseitigen einer überhöhten Beeinflussungsspannung in einem Energiebus gelöst, über den in einer industriellen Anlage angeordnete dezentrale Funktionseinheiten mit elektrischer Energie versorgt werden, wobei:
  1. a) ein übergeordnetes Steuerungssystem vorgesehen ist, das mit den dezentralen Funktionseinheiten mittels Datentelegrammen Informationen über einen Datenbus austauscht,
  2. b) Netzknoteneinheiten sequentiell zwischen zwei Speisepunkten eines ringartig aufgebauten Energiebusses angeordnet sind, die den dezentralen Funktionseinheiten den Zugang zu dem Energiebus und optional auch zum Datenbus bereitstellen,
  3. c) die Netzknoteneinheiten über ein steuerbares Schaltmodul verfügen, das einen ersten Schalter und einen zweiten Schalter umfasst, wobei mit den beiden Schaltern je ein Zugang zu den beiden Speisepunkten schaltbar ist,
  4. d) ein Auswertemodul vorgesehen ist, das die Beeinflussungsspannung misst und mit einem Grenzwert vergleicht und/oder den Energiebus auf das Vorliegen eines Erdschlusses einer der Adern des Energiebusses untersucht, wobei bei einer Überschreitung des Grenzwerts für die Beeinflussungsspannung und/oder bei dem Vorliegen eines Erdschlusses einer der beiden Schalter einer Netzknoteneinheit geöffnet wird.


[0018] Auf diese Weise ist sichergestellt, dass durch die gezielte Auftrennung eines der beiden Schalter einer Netzknoteneinheit der Energiebus zwar unterbrochen wird, wobei aber aufgrund der redundanten Einspeisung in den Energiebus von den beiden Seiten her kein Verbraucher vom Energiebus abgetrennt wird und damit sämtliche dezentrale Funktionseinheiten für den Industrie-/Bahnbetrieb verfügbar bleiben.

[0019] In einer vorteilhaften Ausgestaltung der vorliegenden Erfindung können die beiden Speisepunkte ihre Energie von zwei voneinander unabhängigen Energienetzen beziehen und diese potentialgetrennt in den Energiebus einspeisen. Somit ist der Energiebus potentialfrei darstellbar und weist wegen der Unabhängigkeit der beiden Energienetze eine extrem hohe Verfügbarkeit auf.

[0020] Besonders vorteilhaft kann es weiter sein, wenn die einen Schalter öffnende Netzknoteneinheit zuvor für diesen Anwendungsfall projektiert worden ist. Auf diese Weise ist keinerlei Kommunikation unter den Netzknoteneinheiten untereinander erforderlich, sondern es genügt allein die Detektion einer überhöhten Beeinflussungsspannung und/oder eines Erdschlusses. Die derart vorbestimmte Netzknoteneinheit kann die Busauftrennung auch dann ausführen, wenn sich der Energiebus in dem Zustand Erdschluss befindet und ggfs. zusätzlich auch noch die Beeinflussungsspannung den entsprechenden Grenzwert übersteigt. Diese Messung kann dabei dieser vorbestimmten Netzknoteneinheit allein überlassen bleiben.

[0021] In einer weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung kann die einen Schalter öffnende Netzknoteneinheit im Bereich des geographischen Mitte des Energiebusses angeordnet sein. So ist es zum Beispiel im Falle eines Erdschlusses möglich die induktive Wirkung des Fahrdrahtes auf den Energiebus in etwa zu halbieren, sodass doppelt so hohe Distanzen für den Energiebus realisierbar sind. Zudem kann im Falles eines Erdschlusses die Gefahr für das Unterhaltspersonal ebenso etwa halbiert werden.

[0022] Eine weitere vorteilhafte Ausgestaltung der Erfindung, die diesbezüglich praktisch keine Kommunikation zwischen den Netzknoteneinheiten benötigt, kann erreicht werden, wenn jede Netzknoteneinheit selbst über das Auswertemodul verfügt.

[0023] Weitere vorteilhafte Ausgestaltungen der vorliegenden Erfindung sind den übrigen Unteransprüchen zu entnehmen.

[0024] Vorteilhafte Ausführungsbeispiele der vorliegenden Erfindung werden anhand der Zeichnung näher erläutert. Dabei zeigen:
Figur 1
in schematischer Ansicht eine Stellwerkarchitektur mit einem Datenbus und einem Energiebus;
Figur 2
in schematischer Ansicht eine Netzknoteneinheit zur Verbindung einer dezentralen Funktionseinheit mit dem Datenbus und Energiebus; und
Figur 3
in schematischer Ansicht ein Beispiel für die Unterbrechung des Energiebusses durch eine Netzknoteneinheit.


[0025] Figur 1 zeigt schematisch eine Stellwerkarchitektur mit einem System Sys, das u.a. ein Stellwerk STW, einen redunant abgebauten Datenbackbone NB1, NB2, einen Datenbus CB und einen Energiebus EB mit zwei Speisestellen PS1 und PS2 aufweist. Das Stellwerk STW steuert einen Zugverkehr auf einem Gleisabschnitt G, in welchem Signale S, Weichen W, ein Bahnübergang Bue und Achszähler AC angeordnet sind. Diese Zugsicherungs- und Zugbeeinflussungskomponenten koppeln jeweils mit einer dezentralen Funktionseinheit - auch Element Controller Unit E genannt - an dem Datenbus CB und dem Energiebus EB an. Die dezentralen Funktionseinheiten E sind dabei so an den ringförmigen Datenbus CB angeschlossen, dass über jede Seite des ringförmigen Datenbusses CB entweder der Zugriff auf den Datenbackbone NB1 bzw. NB2 gegeben ist. Der Datenbus CB koppelt dabei mit entsprechenden Routern/Switches SW an dem jeweiligen Datenbackbone NB1, NB2 an.Zudem gewährleistet der sequentielle Anschluss der Element Controller Unit E an den ringförmigen Energiebus EB, dass jede Element Controller Unit E von beiden Seiten her und damit redundant mit elektrischer Energie versorgt werden kann.

[0026] Figur 2 zeigt nun schematisch die daten- und energieversorungstechnische Anschaltung der Element Controller Unit E einer Zugbeeinflussungskomponente, hier zum Beispiel eine Weiche W, an den Datenbus CB und den Energiebus EB. Ein derartiger Anschaltpunkt umfasst eine Netzknoteneinheit SND und den eigentlichen Element Controller EC. Die Netzknoteneinheit SND umfasst eine Kommunikationseinheit SCU zum Datenaustausch über beide Äste des Datenbusses CB. Energieseitig ist die Netzknoteneinheit SND so ausgestaltet, dass sie an beiden Ästen des Energiebusses EB ankoppelt und damit immer, ggfs. über andere Netzknoteneinheiten SND hinweg - ein Zugang zu beiden Einspeisepunkten PS1 und PS2 besteht (wie in Figur 1 gezeigt).

[0027] Die Netzknoteneinheit SND verfügt weiter über eine Steuer- und Auswertelogik SL, die zum Beispiel in ein Schaltmodul S integriert sein kann, und steuert und überwacht damit den Energiebus EB. Im Besonderen detektiert die Steuer-und Auswertelogik SL Stromüberschreitungen und/oder Spannungseinbrüche und/oder Beeinflussungsspannungen innerhalb des Energiebusses EB und/oder beim angeschlossenen Verbraucher (SPU mit EC) und wertet diese Daten u.a. auf einen möglicherweise vorliegenden Erdschluss einer Ader des Energiebusses EB und/oder ein Überschreiten des Grenzwerts für die Beeinflussungsspannung aus.

[0028] Somit wird die Netzknoteneinheit SND immer in redundanter Weise von zwei Seiten her mit elektrischer Energie versorgt und verfügt daher im Rahmen des Schaltmoduls S über einen linken Schalter S1 und einen rechten Schalter S2 sowie über einen Lastschalter S3 zur Versorgungseinheit SPU des Element Controllers EC.

[0029] Die Netzknoteneinheit SND versorgt auch die Kommunikationseinheit SCU mit Spannung und kann mit dieser auch über eine Ethernet-Verbindung Daten austauschen und ist damit in den Datenbus CB eingebunden (z.B. Aktivieren des Handbetriebs des SND über Fernzugriff und Betätigen der Schalter S1 bis S3, Abgabe von Diagnosedaten an das Stellwerk oder ein übergeordnetes Service- und Diagnosesytem, Abfrage der aktuellen Spannungen, Ströme, Energie- und Leistungswerte, Parametrierung des SND, Daten für Aufladung eines hier nicht weiter dargestellten Energiespeichers oder die Anmeldung eines zukünftigen Leistungsbedarfs). In die Netzknoteneinheit SND ist hier über den Schalter S3 die Versorgungseinheit SPU integriert, die die Spannung des Energiebusses EB auf die für den Element Controller EC erforderliche Eingangsspannung konvertiert. Zudem ist eine Datenverbindung zwischen dem Schaltmodul S der Netzknoteneinheit SND und der Versorgungseinheit SPU, z.B. in Form einer serielle RS 422, vorgesehen. Energietechnisch typisch ist hier zum Beispiel eine dreiphasige Verbindung mit 400 VAC. Der Element Controller EC steuert und versorgt in Figur 2 vorliegend die Weiche W. Dabei empfängt der Element Controller EC Datentelegramme von einem übergeordneten Stellwerksrechner CPU via einer Ethernet-Verbindung von der Kommunikationseinheit SCU und gibt über diese Kommunikationseinheit SCU die Rückmeldungen an den Stellwerksrechner CPU. Der Stellwerksrechner CPU kann auch ein entsprechendes Auswertemodul repräsentieren, dass die empfangenen Daten bestimmungsgemäss auswertet. Vorliegend wird aber in diesem Ausführungsbeispiel der Schwerpunkt auf die in die Netzknoteneinheit integrierte Steuer- und Auswertelogik SL gelegt.

[0030] Figur 3 zeigt in schematischer Ansicht ein Beispiel für die Auftrennung des Energiebusses EB im Fall der Detektion eines Erdschlusses und/oder eines überhöhten Wertes für die Beeinflussungsspannung. PS1 bzw. PS2 sind die Einspeisestellen für den Energiebus EB. Im weiteren Verlauf wird die Einspeisestelle PS1 auch als linke Einspeisestelle PS1 und entsprechend die Einspeisestelle PS2 als rechte Einspeisestelle PS2 bezeichnet. In der vorliegenden Darstellung sind sieben Netzknoteneinheiten SND1 bis SND7 sequentiell in den Energiebus EB geschaltet. Die gesamten Stromverbraucher der Element Controller Unit E werden hier vereinfacht entsprechend als Verbraucher V1 bis V7 bezeichnet. Stromverbraucher in diesem Sinne sind dabei u.a. die Element Controller EC und die vorgeschaltete Versorgungseinheit SPU.

[0031] Jede Netzknoteneinheit SND1 bis SND7 misst die Beeinflussungsspannungen und prüft auf das Vorliegen eines nicht betriebskonformen Erdschlusses. Wenn nun der Grenzwert für die Beeinflussungsspannung überschritten wird und/oder das Vorliegen eines Erdschlusses detektiert wird, wird der Energiebus EB projektierungsgemäss durch die Netzknoteneinheiten SND4 aufgetrennt. Hierzu ist die Netzknoteneinheit SND 4 so projektiert, dass sie ihren rechten Schalter S2 öffnet. Die Verbraucher V1 bis V4 werden dann nur noch einseitig von der linken Einspeisestelle PS1 versorgt und die Verbraucher V5 bis V7 entsprechend nur noch von der rechten Einspeisestelle PS2. Durch die Auftrennung des Energiebusses im Fehlerfall "Erdschluss" und/oder im Fehlerfall "Überhöhte Beeinflussungsspannung", die etwa an der am nächsten zur geographische Mitte des Energiebusses gelegenen Netzknoteneinheit SND4 vorgenommen wird, wird die Wirkung der induktiven Beeinflussung der Adern des Energiebusses EB durch einen hier nicht weiter dargestellten Fahrdraht etwa halbiert. Auf diese Weise kann der Energiebus, wie in Figur 3 gezeigt, eine Länge von etwa 20 km haben.

[0032] Im vorliegenden Fall wird der Energiebus EB von zwei voneinander unabhängigen Energienetzen EN1, EN2 gespeist. Die Einspeisung an den Einspeisestellen PS1, PS2 erfolgt potentialgetrennt. Bei der Lösung durch die Auftrennung des Energiebusses EB wird besonders berücksichtigt, dass die Beeinflussungsspannung in der Regel dann systemrelevant wird, wenn bedingt durch einen Fehler bei einer Ader des Energiebusses EB ein Erdschluss vorliegt, der zudem für das Unterhaltspersonal eine erhebliche Gefahrquelle für einen Stromschlag darstellt. Durch die Auftrennung des Energiebusses EB etwa in der geographischen Mitte wird auch diese Gefahr in etwa halbiert. Nach der Auftrennung setzt die entsprechend projektierte Netzknoteneinheit SND4 eine entsprechende Meldung an eine Diagnose- und Wartungseinheit ab, die sich dann um die Behebung des Erdschlusses und/oder der überhöhten Beeinflussungsspannung kümmern kann.


Ansprüche

1. System (Sys) zum automatischen Beseitigen einer überhöhten Beeinflussungsspannung in einem Energiebus (EB), über den in einer industriellen Anlage angeordnete dezentrale Funktionseinheiten (E) mit elektrischer Energie versorgt werden, wobei:

a) ein übergeordnetes Steuerungssystem (STW) vorgesehen ist, das mit den dezentralen Funktionseinheiten (E) mittels Datentelegrammen Informationen über einen Datenbus (CB, NB1, NB2) austauscht,

b) Netzknoteneinheiten (SND, SND1 bis SND7) sequentiell zwischen zwei Speisepunkten (PS1, PS2) eines ringartig aufgebauten Energiebusses (EB) angeordnet sind, die den dezentralen Funktionseinheiten (E) den Zugang zu dem Energiebus (EB) und optional auch zum Datenbus (CB) bereitstellen,

c) die Netzknoteneinheiten (SND) über ein steuerbares Schaltmodul (S) verfügen, das einen ersten Schalter (S1) und einen zweiten Schalter (S2) umfasst, wobei mit den beiden Schaltern (S1, S2) je ein Zugang zu den beiden Speisepunkten (PS1, PS2) schaltbar ist,

d) ein Auswertemodul (CPU, SL) vorgesehen ist, das die Beeinflussungsspannung misst und mit einem Grenzwert vergleicht und/oder den Energiebus (EB) auf das Vorliegen eines Erdschlusses einer der Adern des Energiebusses untersucht, wobei bei einer Überschreitung des Grenzwerts für die Beeinflussungsspannung und/oder bei dem Vorliegen eines Erdschlusses einer der beiden Schalter (S2) einer Netzknoteneinheit (SND4) geöffnet wird.


 
2. System nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, dass
die beiden Speisepunkte ihre Energie von zwei voneinander unabhängigen Energienetzen beziehen und diese potentialgetrennt in den Energiebus einspeisen.
 
3. System nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, dass
die einen Schalter öffnende Netzknoteneinheit zuvor für diesen Anwendungsfall projektiert worden ist.
 
4. System nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
die einen Schalter öffnende Netzknoteneinheit im Bereich des geographischen Mitte des Energiebusses angeordnet ist.
 
5. System nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet, dass
jede Netzknoteneinheit (SND, SND1 bis SND7) über ein Auswertemodul (SL) verfügt.
 
6. Verfahren zum automatischen Beseitigen einer überhöhten Beeinflussungsspannung in einem Energiebus (EB), über den in einer industriellen Anlage angeordnete dezentrale Funktionseinheiten (E) mit elektrischer Energie versorgt werden, wobei:

a) ein übergeordnetes Steuerungssystem (STW) vorgesehen ist, das mit den dezentralen Funktionseinheiten (E) mittels Datentelegrammen Informationen über einen Datenbus (CB, NB1, NB2) austauscht,

b) Netzknoteneinheiten (SND) sequentiell zwischen zwei Speisepunkten (PS1, PS2) eines ringartig aufgebauten Energiebusses (EB) angeordnet sind, die den dezentralen Funktionseinheiten (E) den Zugang zu dem Energiebus (EB) und optional auch zum Datenbus (CB, NB1, NB2) bereitstellen,

c) die Netzknoteneinheiten (SND) über ein steuerbares Schaltmodul (S) verfügen, das einen ersten Schalter (S1) und einen zweiten Schalter (S2) umfasst, wobei mit den beiden Schaltern (S1, S2) je ein Zugang zu den beiden Speisepunkten (PS1, PS2) schaltbar ist,

d) ein Auswertemodul (CPU, SL) vorgesehen ist, das die Beeinflussungsspannung misst und mit einem Grenzwert vergleicht und/oder den Energiebus (EB) auf das Vorliegen eines Erdschlusses einer der Adern des Energiebusses untersucht, wobei bei einer Überschreitung des Grenzwerts für die Beeinflussungsspannung und/oder bei dem Vorliegen eines Erdschlusses einer der beiden Schalter (S2) einer Netzknoteneinheit (SND4) öffenbar ist.


 
7. Verfahren nach Anspruch 6,
dadurch gekennzeichnet, dass
die beiden Speisepunkte ihre Energie von zwei voneinander unabhängigen Energienetzen beziehen und diese potentialgetrennt in den Energiebus einspeisen.
 
8. Verfahren nach Anspruch 6 oder 7,
dadurch gekennzeichnet, dass
die einen Schalter öffnende Netzknoteneinheit zuvor für diesen Anwendungsfall projektiert worden ist.
 
9. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche 6 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass
die einen Schalter öffnende Netzknoteneinheit in der Nähe der geographischen Mitte des Energiebusses angeordnet ist.
 
10. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche 6 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass
jede Netzknoteneinheit (SND, SND1 bis SND7) über ein Auswertemodul (SL) verfügt.
 




Zeichnung













Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente