(19)
(11) EP 3 151 214 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
05.04.2017  Patentblatt  2017/14

(21) Anmeldenummer: 16187814.5

(22) Anmeldetag:  08.09.2016
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
G08G 1/07(2006.01)
G08G 1/087(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
MA MD

(30) Priorität: 30.09.2015 DE 102015218857

(71) Anmelder: Siemens Aktiengesellschaft
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Düsterwald, Michael
    80802 München (DE)
  • Kellermann, Astrid
    80993 München (DE)
  • Schwingenschlögl, Christian
    85567 Grafing (DE)

   


(54) SYSTEM ZUR PRIORISIERUNG EINES VERKEHRSTEILNEHMERS, INSBESONDERE EINES RADFAHRERS, AN EINEM LICHTSIGNALGESTEUERTEN KNOTENPUNKT


(57) Die Erfindung betrifft ein System zur Priorisierung eines Verkehrsteilnehmers an einem lichtsignalgesteuerten Knotenpunkt. Es umfasst eine den Verkehrsfluss am Knotenpunkt steuernde Lichtsignalanlage mit schaltbaren Signalgebern. Es umfasst ferner eine Verkehrszentrale, die dazu eingerichtet ist, eine Freigabeanforderung für einen Signalgeber der Lichtsignalanlage zu empfangen und in den Signalprogrammablauf des Steuergeräts zur Anschaltung des angeforderten Freigabesignals einzugreifen. Erfindungsgemäß umfasst das System ein tragbares, von einem Radfahrer mitgeführtes Endgerät. Dieses weist eine Positionsbestimmungseinheit zur laufenden Bestimmung der Radfahrerposition und eine Speichereinheit zur Speicherung von den Zufahrten zugeordneten Meldepositionen und Fahrrichtungen auf. Es weist ferner eine Auswertungseinheit auf, die dazu eingerichtet ist, aus den bestimmten Radfahrerpositionen des Radfahrers zu ermitteln, ob der Radfahrer eine gespeicherte Meldeposition in der zugeordneten Fahrtrichtung passiert hat. Schließlich weist es eine Kommunikationseinheit auf, die dazu eingerichtet ist, automatisch eine Freigabeanforderung für den Signalgeber einer Zufahrt abzusenden, falls eine Radfahrerpassage für die der Zufahrt zugeordnete Meldeposition in zugeordneter Fahrtrichtung ermittelt wird. Hierdurch wird ein verkehrstechnisches System geschaffen, das den Verkehrsfluss an Straßenknoten nicht nur für Kraftfahrzeug führende Verkehrsteilnehmer optimiert.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein System zur Priorisierung eines Verkehrsteilnehmers, insbesondere eines Radfahrers, an einem lichtsignalgesteuerten Knotenpunkt eines Straßennetzes nach dem Oberbegriff des Patentanspruches 1.

[0002] Städtische Verkehrsnetze stoßen zunehmend an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Insbesondere durch den Straßenverkehr ergeben sich dabei negative Folgen hinsichtlich Luftqualität, Verkehrslärm, Wirtschaft und Sicherheit.

[0003] Es sind Priorisierungssysteme für Fahrzeuge des Öffentlichen Personennahverkehrs oder für Sonderfahrzeuge, wie Einsatz- oder Rettungsfahrzeuge bekannt. Sobald diese in Bezug auf einen Knotenpunkt definierte Anmeldepunkte erreichen, erfolgt eine Freigabeanforderung zum Beispiel über eine lokale Kommunikation des Fahrzeugs mit einem die Lichtsignalanlage am Knotenpunkt steuernden Steuergerät, woraufhin der entsprechende Signalgeber der Lichtsignalanlage zur Abgabe eines Freigabesignals angeschaltet wird.

[0004] Ein solches System ist beispielsweise aus der Offenlegungsschrift DE 31 35 774 A1 bekannt, wobei ein Funkfernsteuerungssender im Fahrzeug und eine Richtantenne auf dem Fahrzeugdach dazu dienen, eine vor einem Fahrzeug befindliche Lichtsignalanlage durch Sendeimpulse über eine an der Lichtsignalanlage installierte Empfangseinrichtung auf ein Sperrsignal zu schalten, um dem Fahrzeug eine freie Fahrbahn zu schaffen.

[0005] Die Gebrauchsmusterschrift DE 298 16 791 U1 offenbart eine Steuereinrichtung zur Fahrwegfreischaltung für Einsatzfahrzeuge mit Sonderbefugnissen unter Nutzung des GPS-Systems.

[0006] Über ein Datenfunkmodul stehen Einsatzfahrzeug, Freischalteinrichtung und Leitstelle in Funkverbindung und übertragen geografische Koordinaten, Adressen, Statusmeldungen und Modi. Jedes Einsatzfahrzeug enthält neben dem Datenfunkmodul einen GPS-Empfänger und einen Bordcomputer.

[0007] Aus der Offenlegungsschrift DE 10 2007 038 723 A1 ist ein Verfahren zur Bevorrechtigung von Sonderfahrzeugen an einem lichtsignalgesteuerten Knotenpunkt bekannt, bei dem ein sich dem Knotenpunkt näherndes Fahrzeug als Sonderfahrzeug über digitale Bildaufnahmen erkannt wird.

[0008] Weiterhin werden Lichtsignalanlagen an aufeinanderfolgenden Knotenpunkten eines Straßenzuges derart koordiniert, dass bei Einhaltung einer bestimmten Fahrgeschwindigkeit eine Grüne Wellen für den motorisierten Individualverkehr entsteht. Hierdurch werden die Anzahl der Halte, der Brems- und Beschleunigungsvorgänge zugunsten der Hauptverkehrsrichtung optimiert, was Treibstoff spart und Schadstoffemissionen sowie Verkehrslärm reduziert.

[0009] Aus der Offenlegungsschrift DE 10 2008 049 568 A1 ist ein Verfahren zur Optimierung der Verkehrssteuerung an einem lichtsignalgesteuerten Knoten in einem Straßenverkehrsnetz bekannt. Der Fahrzeugverkehr in Zufahrten zu dem Knoten wird durch Signalgruppen einer Lichtsignalanlage nach zugeordneten Signalzeiten gesteuert. Für sich der Signalgruppe nähernde Fahrzeuge werden aus Verkehrsdaten anhand eines Verkehrsmodells in Abhängigkeit der Signalzeiten Verkehrskenngrößen wie Wartezeiten und Anzahl von Halten bestimmt. Die Verkehrskenngrößen werden gewichtet und aufsummiert und die derart gebildete Zielfunktion durch Variation von Signalzeiten optimiert.

[0010] Jedoch ist das innerstädtische Verkehrsnetz häufig dermaßen überlastet, dass die Kraftfahrzeuge auch mehrere Signalumläufe an den Lichtsignalanlagen warten müssen. Eine Optimierung der Steuerung im Sinne einer Grünen Welle für Kraftfahrzeuge ist dann nicht mehr möglich.

[0011] Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, ein verkehrstechnisches System zu schaffen, das den Verkehrsfluss an Straßenknoten nicht nur für Kraftfahrzeug führende Verkehrsteilnehmer optimiert.

[0012] Die Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein System zur Priorisierung eines Verkehrsteilnehmers, insbesondere eines Radfahrers, der eingangs genannten Art mit den im kennzeichnenden Teil des Patentanspruches 1 angegebenen Merkmalen. Demnach umfasst das System eine den Verkehrsfluss am Knotenpunkt steuernde Lichtsignalanlage. Diese weist schaltbare Signalgeber zur Abgabe von Freigabe- und Sperrsignalen an sich dem Knotenpunkt auf Zufahrten nähernde Verkehrsteilnehmer auf. Ferner weist sie ein Steuergerät zur Anschaltung der Signalgeber nach einem vorgebbaren Signalprogrammablauf. Das System umfasst ferner eine mit dem Steuergerät kommunizierende Verkehrszentrale des Straßennetzes, die dazu eingerichtet ist, eine Freigabeanforderung für einen Signalgeber der Lichtsignalanlage zu empfangen und in den Signalprogrammablauf des Steuergeräts zur Anschaltung des angeforderten Freigabesignals einzugreifen. Erfindungsgemäß umfasst das System ein tragbares, von einem Radfahrer mitgeführtes Endgerät. Dieses weist eine Positionsbestimmungseinheit zur laufenden Bestimmung einer aktuellen Radfahrerposition des Radfahrers im Straßennetz auf. Außerdem weist das Endgerät eine Speichereinheit zur Speicherung von den Zufahrten zugeordneten Meldepositionen und Fahrrichtungen auf. Es weist ferner eine Auswertungseinheit auf, die dazu eingerichtet ist, aus den bestimmten Radfahrerpositionen des Radfahrers zu ermitteln, ob der Radfahrer eine gespeicherte Meldeposition in der zugeordneten Fahrtrichtung passiert hat. Das Endgerät weist auch eine Kommunikationseinheit auf, die dazu eingerichtet ist, automatisch eine Freigabeanforderung für den Signalgeber einer Zufahrt abzusenden, falls eine Radfahrerpassage für die der Zufahrt zugeordnete Meldeposition in zugeordneter Fahrtrichtung ermittelt wird.

[0013] Die Erfindung schlägt eine Optimierung der Verkehrssteuerung für Fahrradfahrer vor, wobei die Freigabe nicht mittels fester Schaltung einer Grünen Welle erfolgt, sondern bedarfsgerecht auf Anforderung durch den Fahrradfahrer, der mit einem mobilen Endgerät, beispielsweise einem Smartphone, ausgestattet ist, auf welchem ein mobiles Anwendungsprogramm zur Priorisierung installiert wird. Die Auslösung der Anforderung wird automatisiert durchgeführt, sobald der Radfahrer sich aus einer definierten Fahrtrichtung kommend in einem definierten Bereich vor dem Knotenpunkt befindet. Hierzu werden vom Anwendungsprogramm die aktuelle Radfahrerposition, beispielsweise mittels eines GPS-Empfangsmoduls erfassbar, und seine Fahrtrichtung mit definierten Parametern verglichen. Die Freigabeanforderung wird an eine zentrale Komponente übermittelt, zum Beispiel an eine Verkehrsrechnerzentrale oder Verkehrsmanagementzentrale, in der diese ausgewertet und die Aktivierung der Freischaltung an das Steuergerät der Lichtsignalanlage übermittelt wird. Dort wird die Freischaltung ausgelöst. Eine Meldeposition liegt auf einer Knotenpunktzufahrt in ausreichendem Abstand vor der Haltelinie, so dass die Freischaltung aktiv ist, wenn der Radfahrer den Knotenpunkt erreicht. Die Erfassung der Fahrtrichtung des Radfahrers verhindert eine unnötige Freigabeanforderung, wenn ein Radfahrer mit seinem Endgerät zufällig die Knotenpunktzufahrt an der Meldeposition schräg oder quer zur Verkehrsrichtung überquert. Insgesamt wird damit die Attraktivität des Radverkehrs erhöht. Da die Nutzung des Fahrrades als schnelles, flexibles und kostengünstiges Verkehrsmittel in Städten zunehmend an Bedeutung gewinnt, wird mit einem erheblichen Nutzungspotential für ein derartiges Anwendungsprogramm besteht. Gleichzeitig wird ein Anreiz für eine umweltfreundliche Verkehrsmittelwahl in den Städten geschaffen. Es wird davon ausgegangen, dass selbst bei geringer Ausstattungsquote die Freigabeanforderung und Freischaltung zu einer Pulkbildung der Fahrräder führt, so dass die Freischaltung dem gesamten Fahrradkollektiv zugutekommt, indem die Anzahl der Halte minimiert wird.

[0014] In einer vorteilhaften Ausführungsform des erfindungsgemäßen Systems ist eine Meldeposition durch eine durch deren Ortskoordinaten verlaufende Fanglinie definiert, welche quer zur zugeordneten Fahrtrichtung über eine vom Radfahrer zu befahrende Zufahrt verläuft, wobei die Auswertungseinheit dazu ausgebildet ist, eine zwei aufeinanderfolgend bestimmte Radfahrerpositionen gerade verbindende Fahrlinie zu bilden und zu bestimmen, ob sich die Fahrlinie und die Fanglinie schneiden und ob ein Schnittwinkel zwischen Fahrlinie und Fanglinie im Wesentlichen 90° beträgt. Die Fanglinie erstreckt sich dabei vorzugsweise über einen von Radfahrern zu benutzenden Radweg neben der Zufahrt oder auf den von Radfahrern benutzten rechten Teilbereich der Zufahrt. Über die Länge und Ausrichtung der Fanglinie lassen sich Meldepositionen sehr genau definieren und von anderen - gegebenenfalls dicht benachbarten - Meldepositionen gut unterscheiden. Die Positionsbestimmungseinrichtung des Endgerätes liefert einen Polygonzug von Radfahrerpositionen, aus dem sich die jeweilige Fahrtrichtung des Radfahrers ergibt.


Ansprüche

1. System zur Priorisierung eines Verkehrsteilnehmers an einem lichtsignalgesteuerten Knotenpunkt eines städtischen Verkehrsnetzes, umfassend eine den Verkehrsfluss am Knotenpunkt steuernde Lichtsignalanlage mit schaltbaren Signalgebern zur Abgabe von Freigabe- und Sperrsignalen an sich dem Knotenpunkt auf Zufahrten nähernde Verkehrsteilnehmer und mit einem Steuergerät zur Anschaltung der Signalgeber nach einem vorgebbaren Signalprogrammablauf, ferner umfassend eine mit dem Steuergerät kommunizierende Verkehrszentrale des Straßennetzes, die dazu eingerichtet ist, eine Freigabeanforderung für einen Signalgeber der Lichtsignalanlage zu empfangen und in den Signalprogrammablauf des Steuergeräts zur Anschaltung des angeforderten Freigabesignals einzugreifen, gekennzeichnet durch ein tragbares, von einem Radfahrer mitgeführtes Endgerät mit einer Positionsbestimmungseinheit zur laufenden Bestimmung einer aktuellen Radfahrerposition des Radfahrers im Straßennetz, mit einer Speichereinheit zur Speicherung von den Zufahrten zugeordneten Meldepositionen und Fahrrichtungen, mit einer Auswertungseinheit, die dazu eingerichtet ist, aus den bestimmten Radfahrerpositionen des Radfahrers zu ermitteln, ob der Radfahrer eine gespeicherte Meldeposition in der zugeordneten Fahrtrichtung passiert hat, und mit einer Kommunikationseinheit, die dazu eingerichtet ist, automatisch eine Freigabeanforderung für den Signalgeber einer Zufahrt abzusenden, falls eine Radfahrerpassage für die der Zufahrt zugeordnete Meldeposition in zugeordneter Fahrtrichtung ermittelt wird.
 
2. System nach Anspruch 1, wobei eine Meldeposition durch eine durch deren Ortskoordinaten verlaufende Fanglinie definiert ist, welche quer zur zugeordneten Fahrtrichtung über eine vom Radfahrer zu befahrende Zufahrt verläuft, wobei die Auswertungseinheit dazu ausgebildet ist, eine zwei aufeinanderfolgend bestimmte Radfahrerpositionen gerade verbindende Fahrlinie zu bilden und zu bestimmen, ob sich die Fahrlinie und die Fanglinie schneiden und ob ein Schnittwinkel zwischen Fahrlinie und Fanglinie im Wesentlichen 90° beträgt.
 





Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente