(19)
(11) EP 3 403 968 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
21.11.2018  Patentblatt  2018/47

(21) Anmeldenummer: 18177005.8

(22) Anmeldetag:  13.11.2015
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B66B 3/00(2006.01)
B66B 3/02(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Validierungsstaaten:
MA MD

(30) Priorität: 26.11.2014 DE 102014117373

(62) Anmeldenummer der früheren Anmeldung nach Art. 76 EPÜ:
15794908.2 / 3224173

(71) Anmelder:
  • thyssenkrupp Elevator AG
    45143 Essen (DE)
  • thyssenkrupp AG
    45143 Essen (DE)

(72) Erfinder:
  • Dräger, Oliver
    72760 Reutlingen (DE)

(74) Vertreter: thyssenkrupp Intellectual Property GmbH 
ThyssenKrupp Allee 1
45143 Essen
45143 Essen (DE)

 
Bemerkungen:
Diese Anmeldung ist am 11.06.2018 als Teilanmeldung zu der unter INID-Code 62 erwähnten Anmeldung eingereicht worden.
 


(54) AUFZUGSYSTEM


(57) Die Erfindung betrifft ein Aufzugsystem (10) und ein Verfahren zum Betreiben eines solchen Aufzugsystems (10) mit einer Kabine (3) und mit einem ersten und einem zweiten Transportweg (1; 2) für diese Kabine (3), wobei die Richtung des ersten Transportwegs (1) von der des zweiten Transportwegs (2) unterschiedlich ist, und wobei in oder an der Kabine (3) ein Signalgeber (4) vorhanden ist, der einen Wechsel der Kabine von dem ersten Transportweg (1) in den zweiten Transportweg (2) und/oder umgekehrt angibt.




Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Aufzugsystem mit einer Kabine und einem ersten und einem zweiten Transportweg für diese Kabine, wobei die Richtung des ersten Transportwegs von der des zweiten Transportwegs unterschiedlich ist, sowie ein Verfahren zum Betreiben eines solchen Aufzugsystems.

Stand der Technik



[0002] Aufzugsysteme mit unterschiedlichen Transportwegen für eine Kabine weisen meist mehr als einen Schacht auf. Eine Kabine wird beispielsweise im Umlaufbetrieb zwischen zwei Schächten transportiert. Umsetzeinrichtungen transportieren eine Kabine auf mindestens zwei Stockwerken von einem Schacht in den anderen. Solche Umsetzeinrichtungen kommen meistens in Aufzugsystemen mit mehr als zwei Kabinen bei umlaufendem Verkehr zwischen zwei Schächten zum Einsatz. Es sind auch Systeme bekannt, bei denen mittels einer Umsetzeinrichtung eine Kabine in einem anderen Schacht (zwschen-) geparkt wird.

[0003] Um bei den genannten Aufzugsystemen mit mindestens zwei Kabinen und mindestens zwei Schächten eine hinreichende Förderleistung des gesamten Systems zu erzielen, muss fallweise auch in der Horizontalrichtung, also beim Umsetzten der Kabine von einem Schacht in den anderen, mit Geschwindigkeiten gefahren werden, die bei einer Anwesenheit von Personen zu einem Verletzungsrisiko führen würde. Dieses Verletzungsrisiko besteht im Rahmen der regulären Beschleunigungen der Kabine sowie im Rahmen einer erhöhten Beschleunigung bei Notbremsungen. Soweit die Mitfahrt von Personen bei einem Wechsel des Transportwegs, insbesondere also die horizontale Mitfahrt von Personen, nicht ausdrücklich vorgesehen ist, ist diese unerwünscht und zu vermeiden. Dennoch besteht eine Restwahrscheinlichkeit, dass Personen wegen Irrtum oder Missbrauch in der Kabine verbleiben und dann während des Wechsels des Transportwegs, insbesondere also während der Horizontalfahrt, einem Verletzungsrisiko ausgesetzt werden.

[0004] Wünschenswert ist daher, ein Aufzugssystem und ein Verfahren zum Betreiben eines solchen Aufzugsystems bereitzustellen, bei dem das Verletzungsrisiko beim Verbleiben einer Person in einer Kabine des Aufzugsystems bei einem Wechsel des Transportwegs, insbesondere während einer Horizontalfahrt, minimiert wird.

Offenbarung der Erfindung



[0005] Erfindungsgemäß wird ein Aufzugsystem mit den Merkmalen des Anspruchs 1 sowie ein Verfahren zum Betreiben eines Aufzugsystems mit den Merkmalen des Anspruchs 10 vorgeschlagen. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche und der nachfolgenden Beschreibung.

[0006] Ein erfindungsgemäßes Aufzugssystem weist eine Kabine sowie einen ersten und einen zweiten Transportweg für diese Kabine auf, wobei die Richtung des ersten Transportwegs von der des zweiten Transportwegs unterschiedlich ist. Der erste Transportweg weist insbesondere eine vertikale Richtung, der zweite Transportweg insbesondere eine horizontale Richtung auf. In der Kabine und/oder an der Kabine ist ein Signalgeber vorhanden, der einen Wechsel, insbesondere einen bevorstehenden Wechsel der Kabine von dem ersten Transportweg in den zweiten Transportweg und/oder umgekehrt angibt. In dem genannten Beispielfall wird also ein Wechsel von der vertikalen Richtung in die horizontale Richtung und/oder ein Wechsel von der horizontalen Richtung in die vertikale Richtung einer Person in der Kabine mittels einem in oder an der Kabine vorhandenen Signalgeber angezeigt.

[0007] Bei einem entsprechenden erfindungsgemäßen Verfahren zum Betreiben eines Aufzugsystems mit einer Kabine, die entlang eines ersten und eines zweiten Transportwegs für diese Kabine verfahren wird, wobei die Richtung des ersten Transportwegs von der des zweiten Transportwegs unterschiedlich ist, wird ein insbesondere bevorstehender Wechsei der Kabine von dem ersten Transportweg in den zweiten Transportweg und/oder umgekehrt mittels eines Signals angezeigt.

[0008] Durch das den Transportwegwechsel anzeigende Signal kann eine in der Kabine befindliche Person ihre Position stabilisieren und sich insbesondere auf einen bevorstehenden Transportwegwechsel einstellen.

[0009] In diesem Zusammenhang sei betont, dass verwendete unbestimmte Artikel, wie etwa "eine Kabine", "ein Transportweg" oder "ein Signalgeber", nicht "ein/e Einzige/r/s" meinen, sondern eine unbestimmte Anzahl, also "ein/e oder mehrere" ausdrücken sollen.

[0010] Es ist vorteilhaft, wenn der Signalgeber oder die Signalgeber optische und/oder akustische Signale ausgeben. Auf diese Weise kann der Hör- und/oder Sehsinn einer Person angesprochen werden.

[0011] Weiterhin ist es vorteilhaft, wenn ein die Richtung zumindest eines der Transportwege anzeigendes optisches Signal ausgegeben wird. Beispielsweise kann die jeweilige Richtung des Transportwegs einer Kabine mit einem leuchtenden Pfeil in der Kabine dargestellt werden, wobei bei einem Wechsel der Transportrichtung beispielsweise zusätzlich ein akustisches Signal ertönt.

[0012] Es ist insbesondere vorteilhaft, wenn ein Wechsel der Transportwege eine vorgegebene Zeitspanne vor dem stattfindenden Richtungswechsel angezeigt wird. Beispielsweise kann zu diesem Zweck ein die Richtungsänderung anzeigendes Signal ausgegeben werden, etwa ein rot blinkender Pfeil, der die Richtung des nächsten Transportwegs anzeigt. Vorzugsweise sollte die verbleibende Zeitspanne vor dem eigentlichen Wechsel der Transportwege in etwa gleich oder mindestens gleich der durchschnittlichen Reaktionszeit einer Person in der Kabine betragen. Auf diese Weise verbleibt für die Person ausreichend Zeit, um ihre Position zu stabilisieren. Andererseits ist es zweckmäßig, die Zeitspanne auf diejenige Zeit zu begrenzen, die die Kabine zur Fahrt zwischen zwei Haltestellen des Aufzugsystems benötigt, insbesondere zur Fahrt zwischen der letzten Haltestelle vor dem Transportwegwechsel und der Haltestelle, an der der Transportwegwechsel stattfindet. Auf diese Weise wird einer Person in der Kabine dann der Transportwegwechsel im Laufe der Fahrt zur Haltestelle, auf der der Transportwegwechsel stattfindet, angezeigt.

[0013] Wie bereits mehrfach erwähnt, ist der Einsatz der Erfindung insbesondere vorteilhaft für Aufzugsysteme, bei denen die Richtung des ersten Transportwegs vertikal und die Richtung des zweiten Transportwegs horizontal verläuft. Selbstverständlich ist auch ein Austausch von erstem und zweitem Transportweg möglich, sodass der erste Transportweg horizontal und der zweite Transportweg vertikal verläuft. Selbstverständlich sind auch etwaige andere Richtungen der Transportwege denkbar.

[0014] Ein zweiter Aspekt der vorliegenden Erfindung betrifft die Bestimmung einer maximalen Geschwindigkeit und/oder einer maximalen Beschleunigung der Kabine nach einem Transportwegwechsel. Dieser Aspekt wird nachfolgend ohne Beschränkung der Allgemeinheit in Zusammenhang mit dem erläuterten Signal beschrieben, das einen Wechsel der Transportwegrichtung anzeigt. Es sei jedoch vorbehalten, für diesen Aspekt der Erfindung hiervon unabhängig Schutz nachzusuchen.

[0015] Gemäß diesem zweiten Aspekt der Erfindung wird unmittelbar nach einem Wechsel der Transportwege die maximale Geschwindigkeit und/oder die maximale Beschleunigung der Kabine auf einen vorbestimmten Wert begrenzt. Diese Maßnahme kann allein oder zusätzlich zu der oben ausführlich beschriebenen Ausgabe eines Signals dazu dienen, dass im Falle eines Transportwegwechsels eine Person ihre Lage beziehungsweise Position ausreichend stabilisiert, um ein Verletzungsrisiko zu minimieren.

[0016] Mit Vorteil wird der Wert der maximalen Geschwindigkeit einer Kabine nach einem Transportwegwechsel wie folgt bestimmt: Es wird davon ausgegangen, dass eine Person im Interesse der eigenen Standsicherheit in einer fahrenden Kabine eine gewisse Standfläche auf dem Kabinenboden einnimmt, die in erster Linie durch den Abstand D der beiden Fußaufstandsmittelpunkte charakterisiert ist. Die Position des Körperschwerpunkts wird von einer Person in der Regel bei fehlender äußerer Einwirkung etwa mittig über der Verbindungslinie der Fußaufstandsmittelpunkte, also mittig innerhalb der Fußabstands gewählt. Ein Verletzungsrisiko ist minimiert, solange dieser Schwerpunkt innerhalb des Fußabstandes beziehungsweise innerhalb der gedachten Verbindungslinie der beiden Fußaufstandsmittelpunkte verbleibt, wenn eine äußere Einwirkung, etwa durch einen Wechsel der Transportwege, auf die Person einwirkt. Verlässt der Schwerpunkt den genannten Bereich, ist ein Verletzungsrisiko durch Sturz oder Stoß an die Kabinenwand oder ähnliches hoch.

[0017] Durch Wahl einer hinreichend geringen Sollgeschwindigkeit Vmax kann bewirkt werden, dass eine durchschnittlich wache Person in der oben beschriebenen Standposition bei Eintreten einer größeren Beschleunigung in der Lage ist, durch rechtzeitige Kraftverlagerung auf den einen oder anderen Fuß ihre Standfestigkeit beizubehalten. Es sei sicherheitshalber angenommen, dass die Beschleunigungen beliebig groß werden können, das heißt also, dass augenblicklich von 0 auf Sollgeschwindigkeit und umgekehrt beschleunigt werden könnte. Das hier betrachtete Szenario liegt also insbesondere im Fall einer Notbremsung, insbesondere in horizontaler Transportwegrichtung, vor. In dieser Zeit haben dann Person und Kabine eine Relativgeschwindigkeit bis in Höhe der Sollgeschwindigkeit. Zur Bewahrung der Standfestigkeit einer Person ist es ausreichend, wenn während der durchschnittlichen Reaktionszeit T dieser Person der Körperschwerpunkt sich nicht außerhalb des oben beschriebenen Fußabstands bewegt. Der zurückgelegte Relativweg des Schwerpunkts relativ zur Kabine ist gegeben durch S = V . T. Zur Bewahrung der Standfestigkeit muss gelten V ≤ (D/2)/T, sodass Vmax = D/(2T).

[0018] Bei einer beispielhaft angenommenen Standbreite beziehungsweise einem Fußabstand von D = 500 mm und einer Reaktionszeit von durchschnittlich T = 1 s ergibt sich eine Maximalgeschwindigkeit Vmax= 0,25 m/s.

[0019] Die oben beispielhaft angegebene maximale Geschwindigkeit kann somit eine Person beispielsweise im Falle einer Notbremsung durch Kraftverlagerung ausgleichen, ohne einem erhöhten Verletzungsrisiko ausgesetzt zu sein.

[0020] Allgemein ist ein Verfahren mit abgestufter ruckartiger Bremsung sowie auch (positiver) Beschleunigung denkbar. Da bei Fahrt mit konstanter Geschwindigkeit keine weiteren Kräfte auf eine Person einwirken, kann prinzipiell nach einer bestimmten Zeitspanne eine erneute Beschleunigung/Verzögerung vorgenommen werden. Diese Zeitspanne bis zur erneuten Beschleunigung/Verzögerung ist diejenige zusätzliche Zeit, die eine Person benötigt, um von ihrer gerade noch stabilen Standposition, beispielsweise auf einem Fuß, wieder in die Mittelposition des Schwerpunkts zu gelangen, in der ihr Gewicht mit maximaler Standsicherheit auf beide Füße gleich verteilt ist. Erst dann sind vor Beginn eines nachfolgenden Beschleunigungs-/Verzögerungsvorgangs wieder vergleichbare Anfangsbedingungen gegeben, wie vor Beginn des ersten Beschleunigungs-/Verzögerungsvorgangs. Da die erste Zeit T durch die menschliche Reaktion auf das Ereignis "Bremsbeginn" bestimmt war, ist anzunehmen, dass das nun zusätzliche Ereignis "Stillstand relativ zur Kabine" wiederum dieselbe Zeit T erfordert, bis die Person ihren Schwerpunkt wieder in die Mitte zwischen beide Fußaufstandspunkte gebracht hat. Für eine Einzelbremsung ist die Zeit irrelevant, da sie keine zusätzliche Einschränkung der maximalen Geschwindigkeit mit sich bringt. Für eine mehrstufige Bremsung ist sie jedoch relevant, da wie gesagt vergleichbare Anfangsbedingungen vor jeder Bremsstufe herrschen müssen, wenn die diesbezüglichen Argumente für die Geschwindigkeitsdifferenz greifen sollen.

[0021] Statt einer solchen stufigen Bremsung, die ohne Zweifel für die Person im Aufzug relativ unkomfortabel ist, kann man nun aber auch mit gleichem Endergebnis eine kontinuierliche Bremsung mit einer endlichen Beschleunigung a durchführen. Eine nähere Betrachtung der kontinuierlichen Bremsung (oder entsprechend Beschleunigung) ist sinnvoll in Fällen, in denen die Bremsung entgegen der bisherigen Annahmen nicht wesentlich schneller als die persönliche Reaktionszeit stattfindet (also keine Notbremsung ist). Dann muss keine maximale Geschwindigkeit vorgegeben werden, sondern vielmehr eine maximale Beschleunigung amax. Da diese Beschleunigung den Annahmen gemäß auch gleichzeitig die Relativbeschleunigung der Person relativ zur Kabine ist, ergibt sich für das Integral der Geschwindigkeit, also den Weg, einfach die bekannte Formel für die konstant beschleunigte Bewegung:

und da smax wie bisher der halbe Fußabstand ist, ergibt sich die maximale Beschleunigung durch



[0022] Die vorliegende Erfindung betrifft - wie oben erklärt - auch ein entsprechendes Verfahren zum Betreiben eines erfindungsgemäßen Aufzugsystems, wobei hier vollumfänglich auf die Ausführungen zum erfindungsgemäßen Aufzugsystem Bezug genommen werden soll, um Wiederholungen zu vermeiden.

[0023] Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachstehend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.

[0024] Die Erfindung ist anhand eines Ausführungsbeispieles in der Zeichnung schematisch dargestellt und wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnung ausführlich beschrieben.

Figurenbeschreibung



[0025] 
Figur 1
zeigt in schematischer Darstellung ein Aufzugsystem mit zwei Kabinen und einer Umsetzeinrichtung für die Umsetzung einer Kabine von einem Schacht in den anderen Schacht des Aufzugssystems,
Figur 2
zeigt eine stabile Position einer Person in einer Kabine des Aufzugsystems in schematischer Darstellung,
Figur 3
zeigt ein Diagramm für eine Stufenbremsung einer Aufzugskabine und
Figur 4
zeigt ein Diagramm einer kontinuierlichen Bremsung einer Aufzugskabine.


[0026] Figur 1 zeigt schematisch zwei Schächte 9 eines Aufzugsystems, beispielsweis eines MultiCar-Systems mit mindestens zwei Kabinen im Umlaufbetrieb. Eine Umsetzeinrichtung 8, hier nur schematisch dargestellt, übernimmt den Transport einer Kabine 3 von einem Schacht in den jeweils anderen Schacht. Eine weitere Umsetzeinrichtung 8 ist vorhanden, jedoch hier nicht dargestellt. Bei den dargestellten Kabinen 3 kann es sich um verschiedene Kabinen handeln. Figur 1 kann jedoch auch derart verstanden werden, dass Momentaufnahmen zu verschiedenen Zeiten einer Kabine 3 im Aufzugsystem 10 dargestellt sind.

[0027] In einer Kabine 3 befindet sich, nicht maßstabsgerecht gezeichnet, ein Signalgeber 4, der einen Wechsel der Kabine 3 von einem ersten Transportweg 1, hier in vertikaler Richtung, in den zweiten Transportweg 2, hier in horizontaler Richtung, angibt. Es ist von Vorteil, wenn in diesem Ausführungsbeispiel der Signalgeber auch einen Wechsel von dem zweiten Transportweg 2 in den ersten Transportweg 1 angibt, etwa nach Durchlaufen der Umsetzeinrichtung 8.

[0028] Der Signalgeber weist in diesem Ausführungsbeispiel zwei optische Signale 5 und 6 auf. Das optische Signal 5 zeigt die Richtung des jeweiligen Transportwegs 1 oder 2 an. Hierzu sind folglich vier Richtungspfeile vorgesehen, durch die die jeweilige vertikale Richtung beziehungsweise horizontale Richtung angezeigt werden kann. Im dargestellten Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 zeigt das optische Signal 5 der unteren Kabine 3 die Richtung des nach oben gerichteten Transportwegs 1, beispielsweise in grüner Farbe, an. Das optische Signal 6 ist in dieser Ausführungsform in diesem Zustand beispielsweise nicht aktiviert.

[0029] Bei einem Wechsel der Kabine von dem ersten Transportweg 1 in den zweiten Transportweg 2 zeigt das optische Signal 5 die entsprechende Richtung des Transportwegs 2, beispielsweise in roter Farbe, an. In diesem Ausführungsbeispiel ist zusätzlich das optische Signal 6, beispielsweise eine rot blinkende Leuchte, aktiviert. Zusätzlich kann auch ein akustisches Signal ertönen, wenn das optische Signal 6 aktiv ist. Einer in der Kabine 3 befindlichen Person 7 (vgl. Figur 2) wird somit der mit dem Wechsel der Transportwege verbundene Richtungswechsel signalisiert, sodass diese Person eine stabile Position einnehmen kann, um Verletzungsgefahren zu minimieren.

[0030] Hierzu ist es insbesondere vorteilhaft, wenn eine vorgegebene Zeitspanne vor dem eigentlichen Richtungswechsel eine Aktivierung der optischen Signale 5 und/oder 6 in der beschriebenen Weise erfolgt. Beispielsweise kann während dieser vorgegebenen Zeitspanne bereits das optische Signal 6 aktiviert werden, um einer Person 7 den bevorstehenden Richtungswechsel zu signalisieren. Zusätzlich zu dem nach oben gerichteten beispielsweise grünen Pfeil des die Richtung signalisierenden Signals 5 kann beispielsweise durch einen zusätzlich rot blinkenden, in die Richtung des Transportweges 2 leuchtenden Pfeiles einem Benutzer 7 der bevorstehende Richtungswechsel signalisiert werden. Es ist vorteilhaft, wenn die genannte Zeitspanne mindestens die durchschnittliche Reaktionszeit von das Aufzugsystem 10 nutzenden Personen 7 ist. Solche durchschnittlichen Reaktionszeiten sind an sich bekannt. Die vorgegebene Zeitspanne kann auch größer gewählt werden, sodass bereits vor Tätigwerden der Umsetzeinrichtung 8 das Richtungswechselsignal angegeben wird. Dies kann beispielsweise auf der Fahrt von der vorangehenden Haltestelle in die Haltestelle der Umsetzeinrichtung 8 erfolgen.

[0031] Figur 2 zeigt sehr schematisch und nicht maßstabsgerecht eine in einer Kabine 3 des in Figur 1 dargestellten Aufzugsystem 10 befindliche Person 7. Die Person 7 nimmt bei einer normalen Aufzugsfahrt etwa in Richtung des Transportwegs 1 (vergleiche Figur 1) eine gewisse Standfläche auf dem Kabinenboden ein, die durch den Abstand D der beiden Fußaufstandsmittelpunkte charakterisiert werden kann. Die dargestellt Position der Person 7 ist hinsichtlich maximaler Standsicherheit gewählt. Der Schwerpunkt S dieser Person 7 befindet sich etwa mittig oberhalb der gedachten Verbindungslinie der beiden Fußaufstandsmittelpunkte.

[0032] Bei einer äußeren Einwirkung, insbesondere bei einer Beschleunigung der Kabine 3 in Richtung des in Figur 2 dargestellten Transportwegs 2, kommt es zunächst zu einer Veränderung der Lage des Schwerpunkts S, bis wiederum eine stabile Position eingenommen ist. Solange sich der Schwerpunkt S oberhalb der gedachten Verbindungslinie der beiden Fußaufstandsmittelpunkte bewegt, kann davon ausgegangen werden, dass nur geringe Verletzungsgefahr aufgrund Sturz oder Anstoßen an die Kabinenwand besteht. Damit eine Person 7 innerhalb der durchschnittlichen Reaktionszeit T nach einem Wechsel der Transportwegerichtungen mit ihrem Schwerpunkt S innerhalb der gedachten Verbindungslinie der beiden Fußaufstandsmittelpunkte verbleibt, muss für die maximale Geschwindigkeit der Kabine 3 nach Richtungswechsel gelten: Vmax= D/(2T). Für eine durchschnittliche Standbreite von D = 500 mm und T = 1 s ergibt sich somit eine Maximalgeschwindigkeit Vmax= 0,25 m/s. Wie bereits ausgeführt gelten die Betrachtungen insbesondere im Fall einer Notbremsung, bei der in kürzester Zeit von Vmax auf 0 abgebremst wird.

[0033] Es ist von Vorteil, wenn das Aufzugssystem 10 beziehungsweise die Umsetzeinrichtung 8 eine Steuereinrichtung enthält, die eine Begrenzung der Transportgeschwindigkeit der Kabine 3 auf dem betreffenden Transportweg 2 entsprechend der obigen Ausführungen vornimmt. Es sei in diesem Zusammenhang betont, dass unter Umständen auch die geschildete Maßnahme der Geschwindigkeitsbegrenzung zur Minimierung der Verletzungsgefahr ausreichen kann, ohne dass die zusätzliche erläuterte Signalgebung gemäß Figur 1 notwendig wäre.

[0034] Figur 3 zeigt einen mehrstufigen Bremsvorgang, wie er bereits oben geschildert wurde, wobei die Absolutgeschwindigkeit v der Kabine und die Relativgeschwindigkeit vrel einer Person relativ zur Kabine gegen die Zeit aufgetragen ist.

[0035] Zur Zeit t=1s wird die erste Bremsung der Kabine um Δv = -vmax = -0.25 m/s vorgenommen (Kurve mit Rautenpunkten), so dass die Person nun eine Relativgeschwindigkeit zur Kabine von vrel = +vmax hat (Kurve mit Quadratpunkten). Nach der Reaktionszeit T = 1s (bei t=2s) hat die Person die Grenze ihrer Standfestigkeit bei der Relativposition D/2 gerade erreicht und bremst gerade noch rechtzeitig die Relativgeschwindigkeit sofort auf vrel = 0 ab. Sofort beginnt die Person jedoch auch, ihre Position wieder auf die Mittelposition zurückzuregeln, was T = 1s (bis t=3s) in Anspruch nimmt, und daher wegen des gleichen Weges auch mit derselben Geschwindigkeit vrel = -vmax stattfinden muss. Dort bremst sie sofort wieder auf vrel = 0 ab, und kommt dort für einen Augenblick mit dem Schwerpunkt in der Mitte zwischen den Füßen zur Ruhe. Da nun aber die nächste Stufe der Bremsung beginnt, startet auch der Regelvorgang der Person von neuem. Das Integral unter der Kurve vrel ist Null, was anzeigt, dass der relative Weg zwischen der Kabine und der Person am Ende Null ist, die Person sich also im Mittel relativ zur Kabine nicht bewegt hat.

[0036] Statt der geschilderten stufigen Bremsung kann mit gleichem Endergebnis eine kontinuierliche Bremsung mit einer endlichen Beschleunigung a durchgeführt werden. Für den Fall, dass man diese Beschleunigung so wählt, dass sie der gesamten Geschwindigkeitsänderung und der gesamten Zeitdauer der mehrstufigen Bremsung entspricht, ergibt sich das Diagramm aus Figur 4. Dabei wurde wiederum vereinfachend angenommen, dass die Person augenblicklich auf die Ereignisse "Randposition erreicht" und "Mittelposition erreicht" mit einem Geschwindigkeitssprung reagieren kann. Ferner wurde davon abgesehen, dass die Person während der Verzögerungsphase eine Position ihres Schwerpunkts wählt, die etwas neben der Mitte liegt, um die etwas veränderte Kraftresultierende optimal auszugleichen. Da die betreffende Verschiebung für Horizontalbeschleunigungen, die viel kleiner als die Erdbeschleunigung sind, sehr klein ist, ist diese Näherung für eine gewöhnliche Bremsung sicher gerechtfertigt.

[0037] Unter diesen Annahmen ergibt sich wieder, dass das Integral der Relativgeschwindigkeit jeweils zu Beginn, und am Ende und ferner natürlich über den gesamten Vorgang Null ergibt, und damit der Tatsache Rechnung trägt, dass jedes Mal der Schwerpunkt der Person wieder in die Mittelposition zurückkehrt.

[0038] Es fällt auf, dass trotz der gleichen mittleren Beschleunigung wie im Fall der Stufenbremsung sowohl die Relativgeschwindigkeiten kleiner sind, als auch die Flächen/Integrale unter der Relativgeschwindigkeitskurve und damit die Relativwege. Somit wird an der Umkehrposition der Personenbewegung noch gar nicht die Stabilitätsgrenze (Kippen über den einen Fuß) erreicht sein. Vielmehr ist es so, dass gegenüber einer Stufenbremsung die beschriebene kontinuierliche Bremsung einen viel günstigeren Fall darstellt, da hier wesentlich höhere mittlere Verzögerungen gewählt werden können, bis die Person an die Stabilitätsgrenze gedrängt wird.

[0039] Wie bereits oben erläutert, ergibt sich für die maximale Beschleunigung amax:


Bezuqszeichenliste



[0040] 
1
erster Transportweg
2
zweiter Transportweg
3
Kabine
4
Signalgeber
5
optisches Signal
6
optisches Signal
7
Person
8
Umsetzeinrichtung
9
Schacht
10
Aufzugsystem
T
durchschnittliche Reaktionszeit
D
durchschnittliche Standbreite
S
Schwerpunkt



Ansprüche

1. Aufzugsystem (10) mit einer Kabine (3) und mit einem ersten und einem zweiten Transportweg (1;2) für diese Kabine (3), wobei die Richtung des ersten Transportwegs (1) von der des zweiten Transportwegs (2) unterschiedlich ist,
dadurch gekennzeichnet,
dass in oder an der Kabine (3) ein Signalgeber (4) vorhanden ist, der einen Wechsel der Kabine von dem ersten Transportweg (1) in den zweiten Transportweg (2) und/oder umgekehrt angibt.
 
2. Aufzugsystem nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Signalgeber (4) ein Signalgeber für optische und/oder akustische Signale ist.
 
3. Aufzugsystem nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Signalgeber (4) ein die Richtung zumindest eines der Transportwege (1; 2) anzeigendes optisches Signal (5) angibt.
 
4. Aufzugsystem nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Signalgeber (4) den Wechsel der Transportwege (1; 2) eine vorgegebene Zeitspanne vor dem stattfindenden Richtungswechsel angibt.
 
5. Aufzugsystem nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die vorgegebene Zeitspanne mindestens die durchschnittliche Reaktionszeit (T) einer Person (7) in der Kabine (3) beträgt.
 
6. Aufzugsystem nach Anspruch 4 oder 5, dadurch gekennzeichnet, dass die vorgegebene Zeitspanne höchstens die Zeit beträgt, die die Kabine (4) zur Fahrt zwischen zwei Haltestellen des Aufzugssystems (10) benötigt.
 
7. Aufzugsystem nach einem der vorangehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Richtung des ersten Transportwegs (1) vertikal verläuft und die Richtung des zweiten Transportwegs (2) horizontal verläuft.
 
8. Verfahren zum Betreiben eines Aufzugsystems (10) mit einer Kabine (3), die entlang eines ersten und eines zweiten Transportwegs (1; 2) verfahren wird, wobei die Richtung des ersten Transportwegs (1) von der des zweiten Transportwegs (2) unterschiedlich ist,
dadurch gekennzeichnet, dass ein Wechsel der Kabine (3) von dem ersten Transportweg (1) in den zweiten Transportweg (2) und/oder umgekehrt mittels eines Signals (5,6) angezeigt wird.
 
9. Verfahren nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass der Wechsel der Transportwege (1;2) bereits eine vorgegebene Zeitspanne vor dem stattfindenden Richtungswechsel angezeigt wird.
 
10. Verfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass die vorgegebene Zeitspanne mindestens die durchschnittliche Reaktionszeit (T) von das Aufzugsystem (10) nutzenden Personen (7) beträgt.
 
11. Verfahren nach Anspruch 9 oder 10, dadurch gekennzeichnet, dass die vorgegebene Zeitspanne höchstens die Zeit beträgt, die die Kabine (3) zur Fahrt zwischen zwei Haltestellen des Aufzugssystems (10) benötigt
 
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass die maximale Geschwindigkeit der Kabine (4) auf einen vorbestimmten Wert (Vmax) begrenzt wird.
 
13. Verfahren nach Anspruch 12, dadurch gekennzeichnet, dass der vorbestimmte Wert der maximalen Geschwindigkeit (Vmax) etwa D/(2T) beträgt, wobei D die durchschnittliche Standbreite und T die durchschnittliche Reaktionszeit von das Aufzugsystem (10) nutzenden Personen (7) ist.
 
14. Verfahren nach einem der Ansprüche 8 bis 13, dadurch gekennzeichnet, dass die maximale Beschleunigung der Kabinen (4) auf einem vorbestimmten Wert (amax) begrenzt wird.
 
15. Verfahren nach Anspruch 14, dadurch gekennzeichnet, dass der vorbestimmte Wert der maximalen Beschleunigung (amax) etwa

beträgt, wobei D die durchschnittliche Standbreite und T die durchschnittliche Reaktionszeit von das Aufzugssystem nutzenden Personen (7) ist.
 




Zeichnung
















Recherchenbericht









Recherchenbericht