(19)
(11) EP 3 425 927 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
09.01.2019  Patentblatt  2019/02

(21) Anmeldenummer: 18177395.3

(22) Anmeldetag:  12.06.2018
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
H04R 25/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(30) Priorität: 07.07.2017 DE 102017211668

(71) Anmelder: Sivantos Pte. Ltd.
Singapore 539775 (SG)

(72) Erfinder:
  • FREELS, Björn
    91054 Erlangen (DE)
  • BECK, Daniela
    91056 Erlangen (DE)

(74) Vertreter: FDST Patentanwälte 
Nordostpark 16
90411 Nürnberg
90411 Nürnberg (DE)

   


(54) VERFAHREN ZUM HERSTELLEN EINES GEHÄUSETEILS EINER HÖRVORRICHTUNG, GEHÄUSETEIL FÜR EINE HÖRVORRICHTUNG UND HÖRVORRICHTUNG


(57) Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Gehäuseteils (3) einer Hörvorrichtung (1), ein derartiges Gehäuseteil (3) sowie eine Hörvorrichtung (1) mit einem solchen Gehäuseteil (3). Das Gehäuseteil (3) dient dabei zur Aufnahme wenigstens einer elektronischen Komponente der Hörvorrichtung (1) in einem Gehäuseinnenraum (5). Verfahrensgemäß wird dazu aus Fasern (20) ein Fasergerüst für eine den Gehäuseinnenraum (5) zumindest teilweise umgrenzende Wandung (14) des Gehäuseteils (3) aufgebaut. Mittels der Fasern (20) wird eine mechanische Eigenschaft der Wandung (14) entlang einer Referenzrichtung (8) des Gehäuseteils (3) variierend vorgegeben. Das Fasergerüst wird anschließend zumindest über einen Teil seiner Längserstreckung mit einem Matrixmaterial (22) infiltriert.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Gehäuseteils einer Hörvorrichtung. Des Weiteren betrifft die Erfindung ein solches Gehäuseteil sowie ferner auch eine Hörvorrichtung mit einem solchen Gehäuseteil.

[0002] Eine Hörvorrichtung dient üblicherweise zur Ausgabe von akustischen Signalen an das Ohr eines Trägers dieser Hörvorrichtung. Dazu umfasst eine solche Hörvorrichtung üblicherweise einen Ausgabewandler, der meist als Lautsprecher (auch als "Receiver" oder "Hörer" bezeichnet) ausgebildet ist. Dieser Ausgabewandler ist üblicherweise von einem Gehäuseteil der Hörvorrichtung, beispielsweise einer Gehäuseschale oder dergleichen, umgeben, um den Ausgabewandler vor Umwelteinflüssen zu schützen und/oder eine bestimmungsgemäße Ausrichtung des Ausgabewandlers beispielsweise im Gehörgang des Trägers der Hörvorrichtung zu ermöglichen. Bei einer solchen Hörvorrichtung kann es sich beispielsweise um ein Headset, Kopfhörer, sogenannte (in ear) wearables, Tinnitusmaskers oder dergleichen handeln.

[0003] Häufig dienen Hörvorrichtungen aber auch zur Versorgung von Personen mit vermindertem Hörvermögen mit (häufig trägerspezifisch) verstärkten und/oder gefilterten akustischen Signalen, um die vorliegende Hörminderung wenigstens teilweise auszugleichen. In diesem Fall wird eine solche Hörvorrichtung auch als Hörhilfegerät oder kurz Hörgerät bezeichnet. Insbesondere im Fall eines Hörgeräts umfasst die Hörvorrichtung üblicherweise auch einen Eingangswandler, meist in Form eines Mikrofons zur Erfassung von Umgebungsgeräuschen sowie einen nachgeschalteten Signalprozessor (auch: "Controller") zur Verarbeitung (Filterung und/oder Verstärkung) von aus den Umgebungsgeräuschen erzeugten Signalen und zur Ausgabe dieser verarbeiteten Signale an den Ausgabewandler. Bei Hörgeräten kann der Ausgabewandler außerdem auch -je nach Art der Hörminderung - als Knochenleitungshörer oder Cochlea-Implantat zur mechanischen bzw. elektrischen Stimulation des Gehörs des Trägers ausgebildet sein.

[0004] Bei Hörgeräten kommen ferner auch unterschiedliche Bauformen zum Einsatz. Bei sogenannten Hinter-dem-Ohr-Hörgeräten (kurz als "HdO" bezeichnet) sind das wenigstens eine Mikrofon, der Signalprozessor sowie eine Energiequelle in einem hinter der Ohrmuschel zu tragenden Gehäuse(-teil) angeordnet. Der Ausgabewandler kann dabei ebenfalls in diesem Gehäuse(-teil) angeordnet sein und wird in diesem Fall mittels eines Schallschlauchs mit dem Gehörgang des Trägers verbunden. Alternativ kann der Lautsprecher auch in einem eigenen Gehäuseteil (oft als "Ohrstück" bezeichnet) angeordnet sein und über eine Signalleitung mit den im eigentlichen Hörgerätegehäuse angeordneten Komponenten verbunden sein. Des Weiteren kommen auch sogenannte In-dem-Ohr-Hörgeräte (kurz: "IdO") zum Einsatz, die ein ganz oder teilweise im Gehörgang zu tragendes, die elektronischen Komponenten enthaltendes Gehäuse aufweisen. Je nach Ausführung eines solchen IdO wird die Außenkontur des Hörgeräts dabei individuell an den Gehörgang angepasst oder über flexible "stöpselartige" Ohrstücke (auch als "Domes" bezeichnet) an eine Vielzahl von unterschiedlichen Gehörgangformen anpassbar ausgeführt. Zur individuellen Anpassung wird meist ein Abdruck des individuellen Gehörgangs genommen und dieser beispielsweise mittels generativer Verfahren (3D-Druck, Stereolithografie und dergleichen) nachgebaut. Die dabei ausgeformten, auch als "Earshell" bezeichneten Gehäuseteile sind dabei aus einem vergleichsweise steifen Material gefertigt. Für den Fall, dass eine hohe Verstärkungswirkung des Lautsprechers erforderlich ist, muss dieser zusätzlich über flexible Dämpfungsmaterialien gelagert werden (insbesondere um eine körperschallbedingte Rückkopplung auf das Mikrofon zu verringern), sodass sich meist der erforderliche Bauraum vergrößert.

[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein verbessertes Gehäuseteil für eine Hörvorrichtung zu ermöglichen.

[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zum Herstellen eines Gehäuseteils einer Hörvorrichtung gemäß den Merkmalen nach Anspruch 1. Ebenfalls wird diese Aufgabe erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zum Herstellen einer Hörvorrichtung gemäß den Merkmalen nach Anspruch 11. Des Weiteren wird diese Aufgabe erfindungsgemäß gelöst durch ein Gehäuseteil für eine Hörvorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 12. Außerdem wird die Aufgabe erfindungsgemäß gelöst durch eine Hörvorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs 13. Weitere vorteilhafte und teils für sich erfinderische Ausführungsformen und Weiterbildungen der Erfindung werden in den Unteransprüchen und der nachfolgenden Beschreibung näher dargelegt.

[0007] Das erfindungsgemäße Verfahren dient zum Herstellen eines - vorzugsweise im Gehörgang einer Person (im Folgenden kurz als "Träger" bezeichnet) zu tragenden - Gehäuseteils einer Hörvorrichtung. Dieses Gehäuseteil dient dabei zur Aufnahme wenigstens einer elektronischen Komponente der Hörvorrichtung in einem Gehäuseinnenraum. Verfahrensgemäß wird dabei (vorzugsweise zunächst) aus Fasern (alternativ auch als "Filamente" bezeichnet) ein Fasergerüst für eine den Gehäuseinnenraum zumindest teilweise umgrenzende Wandung des Gehäuseteils aufgebaut. Mittels der Fasern wird dabei eine mechanische Eigenschaft der (vorzugsweise in einem späteren Verfahrensschritt fertigzustellenden) Wandung entlang einer Referenzrichtung des Gehäuseteils variierend vorgegeben. Das heißt, dass die Wandung des Gehäuseteils im bestimmungsgemäßen Endfertigungszustand über ihre Erstreckung entlang der Referenzrichtung eine variierende mechanische Eigenschaft aufweist. Anschließend wird das Fasergerüst (insbesondere zur Ausbildung der Wandung) zumindest über einen Teil seiner (vorzugsweise entlang der Referenzrichtung verlaufenden) Längserstreckung mit einem Matrixmaterial infiltriert.

[0008] Unter dem Begriff "Referenzrichtung" wird hier und im Folgenden insbesondere eine Richtung verstanden, entlang derer sich insbesondere eine von der Wandung bzw. dem Fasergerüst vorgegebene (Ober-)Fläche des Gehäuseteils erstreckt. Vorzugsweise verläuft eine Längserstreckung des Gehäuseteils dabei in dieser Referenzrichtung. Es handelt sich dabei also insbesondere nicht um die Dickenrichtung der Wandung bzw. des Fasergerüsts. Besonders bevorzugt - insbesondere bei dem im Gehörgang zu tragenden Gehäuseteil - handelt es sich bei der Referenzrichtung um eine Einschubrichtung des Gehäuseteils in den Gehörgang. In diesem Fall ist "Einschubrichtung" insbesondere als die Richtung zu verstehen, entlang derer das Gehäuseteil, konkret die fertiggestellte Hörvorrichtung, bestimmungsgemäß in den Gehörgang des Trägers eingeführt wird.

[0009] Das erfindungsgemäße Verfahren schafft vorteilhafterweise eine Möglichkeit, die Anzahl der für eine Hörvorrichtung erforderlichen Einzelteile zu reduzieren sowie Bauraum und Montageaufwand einzusparen. Dies wird insbesondere erreicht, in-dem die Funktionen unterschiedlicher Strukturen gewöhnlicher Hörvorrichtungen, insbesondere üblicherweise einzelner, separater Bauteile, die für ihre jeweilige Zweckerfüllung voneinander abweichende mechanische Eigenschaften aufweisen, in ein gemeinsames Bauteil, nämlich das vorstehend beschriebene Gehäuseteil, integriert werden.

[0010] Das erfindungsgemäße Gehäuseteil für die Hörvorrichtung ist mittels des hier und im Folgenden beschriebenen Verfahrens hergestellt. Somit weist das erfindungsgemäße Gehäuseteil die sich aus den jeweiligen Verfahrensschritten ergebenden körperlichen Merkmale auf.

[0011] Die erfindungsgemäße Hörvorrichtung umfasst das vorstehend beschriebene und somit nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Gehäuseteil.

[0012] Dem Gehäuseteil sowie der dieses umfassenden Hörvorrichtung kommen somit auch die Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens zu.

[0013] In einer besonders bevorzugten Ausführung wird als mechanische Eigenschaft insbesondere eine Flexibilität der Wandung variierend vorgegeben. Anders ausgedrückt wird das Fasergerüst derart aufgebaut, dass im bestimmungsgemäßen (End-)Fertigungszustand des Gehäuseteils die Wandung eine gezielt variierende Steifigkeit (d. h. unterschiedliche Steifigkeitswerte) aufweist. Dadurch können beispielsweise an einem einzigen Gehäuseteil Bereiche geschaffen werden, die eine erhöhte Steifigkeit (d. h. einen erhöhten Steifigkeitswert) zur Halterung von Komponenten (bspw. weiteren Gehäuseteilen und/oder elektronischen Bauteilen) aufweisen, und andere Bereiche, die aufgrund besonders niedriger Steifigkeit (d. h. eines niedrigen Steifigkeitswerts) beispielsweise eine besonders angenehme Anpassung an den Gehörgang des Trägers ermöglichen (sich also an den Gehörgang anschmiegen können). Die Wandung weist mithin im bestimmungsgemäßen Endfertigungszustand eine entlang der Referenzrichtung, insbesondere der Einschubrichtung variierende Flexibilität auf.

[0014] In einer im Rahmen der Erfindung weiterhin denkbaren Ausführung wird als mechanische Eigenschaft (zusätzlich oder alternativ zur Flexibilität) auch eine Kompressibilität der Wandung variierend vorgegeben.

[0015] In einer zweckmäßigen Weiterbildung wird die Flexibilität der Wandung insbesondere in Einschubrichtung zunehmend vorgegeben. Das heißt, dass die Wandung im fertiggestellten Zustand im Bereich ihres in Einschubrichtung vorauseilenden Endes eine höhere Flexibilität (oder niedrigere Steifigkeit) aufweist als an ihrem in Einschubrichtung nacheilenden Ende. Der Verlauf der Flexibilität (oder auch Steifigkeit) kann dabei kontinuierlich und/oder wenigstens einem mehr oder weniger stark ausgeprägten Steifigkeitssprung (d. h. einer stufenartigen Änderung) ausgebildet sein. Der Bereich mit der niedrigsten Steifigkeit bzw. der höchsten Flexibilität (im Folgenden auch als "flexibler Bereich" bezeichnet) ist dabei vorzugsweise derart ausgebildet, dass eine elastische Deformation von Hand ohne besondere Kraftaufwendung möglich ist. Der Bereich mit der höchsten Steifigkeit ist vorzugsweise derart ausgebildet, dass eine derartige (manuelle) elastische Deformation nicht oder im Vergleich zu dem flexiblen Bereich nur unter signifikant erhöhtem Krafteinsatz und/oder lediglich zu einem vernachlässigbaren Grad möglich sind.

[0016] In einer weiteren zweckmäßigen Ausführung wird zur Vorgabe der mechanischen Eigenschaften der Wandung das Fasergerüst in seiner geometrischen Struktur und/oder in seiner Dichte variierend aufgebaut. Unter der geometrischen Struktur werden dabei sowohl einerseits sich in Außenabmessungen niederschlagende strukturelle Merkmale, wie z. B. die Wandstärke, Rippen, Sicken und dergleichen, sowie auch "innere strukturelle Merkmale", wie insbesondere eine Ausrichtung der Fasern innerhalb des Fasergerüsts verstanden. In letzterem Fall werden die Fasern bspw. derart ausgerichtet, dass sie einen Großteil der auf die Wandung im Gebrauch einwirkenden Kräfte aufnehmen können, oder alternativ, dass diese Kräfte quer zu den Fasern wirken, so dass eine Verstärkungswirkung vergleichsweise gering ausfällt. Zur Variation der Dichte des Fasergerüsts wird insbesondere die Anzahl der in einem Volumenelement des Fasergerüsts verlaufenden Fasern unterschiedlich vorgegeben.

[0017] In einer bevorzugten Ausführung wird als Matrixmaterial ein insbesondere vernetzbares Elastomer herangezogen. Bei dem Matrixmaterial handelt es sich somit um ein Material mit an sich vergleichsweise hoher Elastizität und Flexibilität, das mittels des Fasergerüsts zu lokal unterschiedlichen Steifigkeitswerten verstärkt wird. Vorzugsweise handelt es sich bei diesem Elastomer um ein Silikon (konkret um ein Polyorganosiloxan), Gummi, Kautschuk oder dergleichen. Das verwendete Elastomer weist dabei vorzugsweise eine im unvernetzten Zustand hinreichend niedrige Viskosität auf, um die Infiltration des Fasergerüsts möglichst ohne Einschluss von Luftblasen zu ermöglichen. Zum Infiltrieren des Fasergerüsts kommen dabei Verfahren, wie z. B. Tauchen oder durch einen Druckunterschied unterstützte Verfahren vergleichbar zu Harzinjektionsverfahren, bei denen das Matrixmaterial mittels Unterdruck eingesaugt oder mittels Überdruck eingespritzt wird, zum Einsatz. Vorzugsweise wird das Matrixmaterial, insbesondere das Elastomer nach der Infiltration auch ausgehärtet (d. h. vernetzt).

[0018] Grundsätzlich ist es im Rahmen der Erfindung auch denkbar, dass ein thermoplastisches Elastomer eingesetzt wird.

[0019] Vorzugsweise wird das Fasergerüst derart infiltriert, dass die sich ergebende Wandung geschlossen, d. h. nicht offenporig oder kanalartig durchsetzt, ist. Die Wandung ist somit vorzugsweise gegen den Durchtritt von Verunreinigungen oder Feuchtigkeit dicht.

[0020] In einer weiteren bevorzugten Ausführung wird als Material für die Fasern des Fasergerüsts ein thermoplastischer Kunststoff, insbesondere ein Polyamid oder ein Polyether-Blockamid herangezogen. Alternativ kommen auch andere thermoplastische Kunststoffe, wie beispielsweise Polyester, zum Einsatz.

[0021] In einer besonders zweckmäßigen Ausführung wird das Fasergerüst mittels Elektrospinning aufgebaut. Dabei wird unter Wirkung eines elektrischen Felds aus einer Polymerlösung eine Anzahl von Fasern abgezogen und an einer Gegenelektrode, insbesondere in Form einer Art Vlies, abgelegt. In einer Variante werden dabei die gebildeten Fasern einen Formkern (auch als "Target" bezeichnet) abgelegt, der die spätere Geometrie des Fasergerüsts vorgibt. In einer alternativen Variante werden die Fasern vergleichbar zu einem 3D-Druck-Verfahren ohne einen solchen Formkern abgelegt und zu dem Fasergerüst "aufgeschichtet". Die Variation der Eigenschaften des Fasergerüsts (d. h. insbesondere der geometrischen Struktur und/oder der Dichte) erfolgt dabei durch gezielte Veränderung der Bewegung und/oder Bewegungsgeschwindigkeit des Formkerns und/oder des Spinnkopfs (von dem die Fasern abgezogen werden), der Größe des Formkerns, einer Veränderung des elektrischen Felds oder dergleichen. Somit kann auf besonders einfache Art und Weise eine Variation der Gerüsteigenschaften und somit der mechanischen Eigenschaften der späteren Wandung des Gehäuseteils - vorteilhafterweise auch individuell, d. h. trägerspezifisch - eingestellt werden. Durch Elektrospinning lassen sich außerdem auf besonders einfache Weise kontinuierliche Übergänge zwischen Bereichen unterschiedlicher Flexibilität (d. h. unterschiedlicher Steifigkeitswerte) einstellen.

[0022] In einer alternativen Ausführung wird das Fasergerüst aus einem gewebten und/oder ungewebten (Faser-)Halbzeug - d. h. insbesondere aus einem Gewebe, Gelege, Vlies oder dergleichen - aufgebaut. Beispielsweise kommen hierbei zusätzlich Umformverfahren dieser Halbzeuge, wie z. B. Tiefziehen, zum Einsatz. Die Variation der mechanischen Eigenschaften erfolgt hierbei vorzugsweise über den Einsatz verschiedener Halbzeuge, die untereinander beispielsweise in ihrer Dichte, Ihrer Materialstärke und/oder ihrer Faserausrichtung variieren. In diesem Fall weist der Steifigkeitsverlauf der Wandung im Vergleich zum Elektrospinning meist deutlich ausgeprägte (d. h. insbesondere erkennbar stufenartige) Übergänge zwischen Bereichen unterschiedlicher Steifigkeitswerte auf.

[0023] In einer weiteren zweckmäßigen Ausführung wird insbesondere bei der Infiltration des Fasergerüsts mit dem Matrixmaterial ein entgegen der Referenzrichtung liegendes (d. h. das insbesondere in Einschubrichtung nacheilende), einen ringförmigen Rand um den Gehäuseinnenraum bildendes Ende des Fasergerüsts von dem Matrixmaterial frei gehalten. An diesem Ende liegen somit die Fasern des Fasergerüsts frei und sind nicht in das Matrixmaterial eingebettet.

[0024] In einer weiterführenden Verfahrensvariante zur Ausbildung des "Gesamtgehäuses" wird vorzugsweise der Gehäuseinnenraum an dem von Matrixmaterial freigehaltenen Ende oder Rand des Gehäuseteils mit einer Abdeckplatte - im Fall eines IdO auch als "Faceplate" bezeichnet - verschlossen. Diese Abdeckplatte wird dabei zweckmäßigerweise mittels eines Klebstoffs an der Wandung derart befestigt, dass der Klebstoff in das von dem Matrixmaterial frei gehaltene Fasergerüst eindringt und somit neben einer adhäsiven (stoffschlüssigen) Verbindung auch eine Verkrallung mit dem Fasergerüst (und somit zusätzlich auch eine formschlüssige Verbindung) mit dem Gehäuseteil ausbildet. Dadurch wird eine besonders stabile Befestigung der Abdeckplatte ermöglicht. Die Erfindung betrifft somit auch ein Verfahren zur Herstellung der Hörvorrichtung mit dem vorstehend beschriebenen Gehäuseteil. Im Rahmen der Hörvorrichtung ist also die Abdeckplatte vorzugsweise in vorstehend beschriebener Weise mit dem Gehäuseteil verbunden.

[0025] Die vorstehend beschriebene Erfindung ermöglicht - wie bereits beschrieben - die Ausbildung eines Gehäuseteils, insbesondere eines Hörgerätegehäuses, das zumindest bereichsweise variierende mechanische Eigenschaften aufweist. Vorzugsweise ist dabei das in den Gehörgang ragende Ende des Gehäuseteils besonders flexibel ausgebildet, sodass sich dieses einerseits an den Gehörgang anschmiegen und andererseits - insbesondere bei vergleichsweise hohen erforderlichen Schallpegeln des Lautsprechers für diesen auch eine gedämpfte Befestigungsstruktur (oder: Lagerung) bietet.

[0026] In besonders bevorzugter Ausführung stellt das nach vorstehend beschriebenem Verfahren hergestellte Gehäuseteil in Dickenrichtung gesehen die alleinige, die Hörgerätekomponenten gegenüber dem Gehörgang abgrenzende Ummantelung dar. Alternativ ist es im Rahmen der Erfindung aber auch denkbar, dass zumindest abschnittsweise eine Art Innengehäuse in das vorstehend beschriebene Gehäuseteil zur Halterung von Hörgerätekomponenten eingeschoben wird. Bei einem solchen Innengehäuse handelt es sich insbesondere um ein aus einem vergleichsweise steifen Kunststoff, beispielsweise einem Polyamid, einem ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymer) oder vergleichbaren Kunststoffen gefertigtes "Rahmenteil".

[0027] Die Konjunktion "und/oder" ist hier und im Folgenden derart zu verstehen, dass die mittels dieser Konjunktion verknüpften Merkmale sowohl gemeinsam (in Kombination) als auch als Alternativen zueinander ausgebildet sein können.

[0028] Nachfolgend werden Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand einer Zeichnung näher erläutert. Darin zeigen:
Fig. 1
in einer perspektivischen Ansicht schematisch eine Hörvorrichtung, und
Fig. 2 und 3
in einer schematischen Teilschnittansicht II-II gemäß Fig. 1 jeweils ein alternatives Ausführungsbeispiel der Hörvorrichtung.


[0029] Einander entsprechende Teile sind in allen Ausführungsbeispielen stets mit gleichen Bezugszeichen versehen.

[0030] In Fig. 1 ist als Hörvorrichtung ein Hörgerät 1, konkret ein In-dem-Ohr-Hörgerät dargestellt. Zur Einhausung von nicht näher dargestellten elektronischen Hörgerätekomponenten umfasst das Hörgerät 1 ein Gehäuse 2, das im Wesentlichen aus einem ersten Gehäuseteil 3 und einem zweiten Gehäuseteil 4 gebildet ist. Wie aus Fig. 2 zu erkennen ist bildet das erste Gehäuseteil 3 ein auch als "Earshell" bezeichnetes und einen Gehäuseinnenraum 5 umfänglich umgrenzendes Bauteil. Das zweite Gehäuseteil 4 wird auch als "Faceplate" bezeichnet und bildet eine Abdeckplatte, mit der der Gehäuseinnenraum 5 einseitig gegen das Gehäuseteil 3 abgeschlossen wird. Das zweite Gehäuseteil 4 weist dabei unter anderem eine Mikrofonöffnung 6 zur Erfassung von Umgebungsgeräuschen mittels eines in dem Gehäuseinnenraum 5 angeordneten Mikrofons sowie eine Batteriefachtür 7 zur reversiblen Halterung und Positionierung einer Hörgerätebatterie auf (nicht näher dargestellt). Das Hörgerät 1 weist eine sich entlang einer Referenzrichtung, konkret einer Einschubrichtung 8, entlang derer das Hörgerät 1 bestimmungsgemäß in einen Gehörgang eines Trägers eingeschoben wird, verjüngende Außenkontur auf. An einem in Einschubrichtung 8 vorauseilenden Spitzenende 9 weist das erste Gehäuseteil 3 eine (schematisch dargestellte) Schallaustrittsöffnung 10 auf, durch die hindurch im bestimmungsgemäßen Tragezustand im Gehörgang des Trägers von einem in dem Gehäuseinnenraum 5 angeordneten Lautsprecher erzeugter Luftschall in Richtung auf das Trommelfell abgegeben wird. An dem dem Spitzenende 9 entgegen der Einschubrichtung 8 entgegengesetzten hinteren Ende 11 ist das zweite Gehäuseteil 4 bzw. die Faceplate auf den dortigen Rand 12 des ersten Gehäuseteils 3 aufgesetzt und mit diesem durch eine Klebeverbindung verbunden.

[0031] Das erste Gehäuseteil 3 weist in Einschubrichtung 8, d. h. von dem hinteren Ende 11 oder dem dortigen Rand 12, in Richtung auf das Spitzenende 9 eine zunehmende Flexibilität, also abnehmende Steifigkeitswerte auf. Das erste Gehäuseteil 3 ist dabei im Bereich des Spitzenendes 9 derart weich und flexibel gestaltet, dass es sich in diesem Bereich an die Kontur des Gehörgangs anschmiegen kann und gleichzeitig auch als Dämpfungselement für den in diesem Bereich innerhalb des Gehäuseinnenraums 5 positionierten Lautsprecher dienen kann.

[0032] Zur Realisierung dieser Variation der mechanischen Eigenschaften des ersten Gehäuseteils 3, d. h. der in Einschubrichtung 8 zunehmenden Flexibilität des Gehäuseteils 3, konkret dessen Wandung 14, ist das Gehäuseteil 3 als Faserverbundbauteil ausgeführt. Zur Herstellung des Gehäuseteils 3 wird dabei zunächst aus Fasern 20 ein Fasergerüst (für die spätere Wandung 14) aufgebaut. Als Material für diese Fasern 20 wird dabei ein thermoplastischer Kunststoff, konkret ein Polyamid, herangezogen. Die Fasern werden dabei mittels Elektrospinning mit - wie in Fig. 2 schematisch angedeutet - in Einschubrichtung 8 abnehmender Dichte, d. h. konkret mit einem in Bezug auf das fertiggestellte Gehäuseteil 3 abnehmenden gewichts- und/oder volumenbezogenen Fasergehalt, zu dem Fasergerüst aufeinander abgelegt. Anschließend werden das Fasergerüst und somit die zwischen den Fasern 20 liegenden Faserzwischenräume mit einem Matrixmaterial infiltiert, d. h. unter Benetzung der Fasern 20 aufgefüllt. Dabei wird die Wandung 14 dicht, d. h. nicht durch Lufteinschlüsse oder Freiräume durchsetzt (oder: "schwammartig") ausgebildet. Als Matrixmaterial 22 wird dabei ein vernetzbares Silikon, das nach der Infiltration des Fasergerüsts ausgehärtet, d. h. vernetzt wird, herangezogen. Das Matrixmaterial 22 weist somit eine für die Infiltration des Fasergerüsts hinreichend geringe Viskosität sowie im vernetzten Zustand eine hinreichend geringe Flexibilität auf.

[0033] In einem nicht näher dargestellten, anhand von Fig. 2 erläuterten weiteren Ausführungsbeispiel wird bei der Infiltration des Fasergerüsts mit dem Matrixmaterial 22 das Fasergerüst im Bereich des Rands 12 frei gehalten, sodass in diesem Bereich die Fasern 20 frei liegen und nicht in das Matrixmaterial 22 eingebettet sind. Das zweite Gehäuseteil 4 wird dann mittels eines Klebers auf den Rand 12 aufgeklebt. Der Kleber dringt dabei in das offen liegende Fasergerüst ein und bildet dabei eine sowohl stoff- als auch formschlüssige Verbindung zwischen dem zweiten Gehäuseteil 4 und dem ersten Gehäuseteil 3 aus.

[0034] In Fig. 3 ist ein weiteres Ausführungsbeispiels näher dargestellt. Die Variation der Steifigkeit bzw. Flexibilität des ersten Gehäuseteils 3 bzw. dessen Wandung 14 entlang der Einschubrichtung 8 erfolgt hierbei über eine Kombination der geometrischen Struktur des Fasergerüsts als auch durch die vorstehend beschriebene Variation des Fasergehalts der Fasern 20 entlang der Einschubrichtung 8. Konkret weist das Gehäuseteil 3 eine in Einschubrichtung 8 gesehen stufenweise abnehmende Wandstärke auf. Der Fasergehalt der Fasern 20 nimmt dabei analog zu dem anhand von Fig. 2 beschriebenen Ausführungsbeispiel ebenfalls in Richtung auf das Spitzenende 9 ab.

[0035] In einem weiteren, nicht näher dargestellten Ausführungsbeispiel werden die Fasern 20 nicht mittels Elektrospinning angeordnet, sondern sind als Teil von mindestens zwei Faserhalbzeugen unterschiedlicher Art ausgebildet. In diesem Fall weist das erste Gehäuseteil 3 zumindest zwei im Hinblick auf die Flexibilität stufenartig voneinander getrennte Bereiche auf. Beispielsweise werden die unterschiedlichen Faserhalbzeuge auf einen Formkern drapiert (beispielsweise gewickelt oder anderweitig aufgelegt) und/oder mittels eines den Gehäuseinnenraum 5 abbildenden Formkerns beispielsweise durch Thermoformen (auch als Tiefziehen bezeichnet) umgeformt.

[0036] Der Gegenstand der Erfindung ist nicht auf die vorstehend beschriebenen Ausführungsbeispiele beschränkt. Vielmehr können weitere Ausführungsformen der Erfindung von dem Fachmann aus der vorstehenden Beschreibung abgeleitet werden. Insbesondere können die anhand der verschiedenen Ausführungsbeispiele beschriebenen Einzelmerkmale der Erfindung und deren Ausgestaltungsvarianten auch in anderer Weise miteinander kombiniert werden.

Bezugszeichenliste



[0037] 
1
Hörgerät
2
Gehäuse
3
erstes Gehäuseteil
4
zweites Gehäuseteil
5
Gehäuseinnenraum
6
Mikrofonöffnung
7
Batteriefachtür
8
Einschubrichtung
9
Spitzenende
10
Schallaustrittsöffnung
11
hinteres Ende
12
Rand
14
Wandung
20
Faser
22
Matrixmaterial



Ansprüche

1. Verfahren zum Herstellen eines Gehäuseteils (3) einer Hörvorrichtung (1), wobei das Gehäuseteil (3) zur Aufnahme wenigstens einer elektronischen Komponente der Hörvorrichtung (1) in einem Gehäuseinnenraum (5) dient, wobei verfahrensgemäß

- aus Fasern (20) ein Fasergerüst für eine den Gehäuseinnenraum (5) zumindest teilweise umgrenzende Wandung (14) des Gehäuseteils (3) aufgebaut wird,

- mittels der Fasern (20) eine mechanische Eigenschaft der Wandung (14) entlang einer Referenzrichtung (8) des Gehäuseteils (3) variierend vorgegeben wird, und

- das Fasergerüst zumindest über einen Teil seiner Längserstreckung mit einem Matrixmaterial (22) infiltriert wird.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
wobei als mechanische Eigenschaft eine Flexibilität der Wandung (14) variierend vorgegeben wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 2,
wobei die Flexibilität der Wandung (14) in Einschubrichtung (8) zunehmend vorgegeben wird.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
wobei zur Vorgabe der mechanischen Eigenschaft der Wandung (14) das Fasergerüst in seiner geometrischen Struktur und/oder seiner Dichte variierend aufgebaut wird.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
wobei als Matrixmaterial (22) ein insbesondere vernetzbares Elastomer herangezogen wird.
 
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
wobei als Material für die Fasern (20) ein thermoplastischer Kunststoff, insbesondere ein Polyamid oder ein Polyether-Blockamid herangezogen wird.
 
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
wobei das Fasergerüst mittels Elektrospinning aufgebaut wird.
 
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
wobei das Fasergerüst aus einem gewebten und/oder ungewebten Halbzeug aufgebaut wird.
 
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8,
wobei ein entgegen der Referenzrichtung (8) liegendes, einen ringförmigen Rand (12) um den Gehäuseinnenraum (5) bildendes Ende (11) des Fasergerüsts von Matrixmaterial (22) freigehalten wird.
 
10. Verfahren nach Anspruch 9,
wobei der Gehäuseinnenraum (5) des Gehäuseteils (3) an dem von Matrixmaterial (22) freigehaltenen Ende (11) des Gehäuseteils (3) mit einer Abdeckplatte (4) verschlossen wird, und wobei die Abdeckplatte (4) mittels eines Klebstoffs an der Wandung (14) des Gehäuseteils (3) derart befestigt wird, dass der Klebstoff in das von dem Matrixmaterial (22) frei gehaltene Fasergerüst eindringt.
 
11. Verfahren zum Herstellen einer Hörvorrichtung (1),
wobei ein Gehäuseteil (3) der Hörvorrichtung (1) gemäß Anspruch 9 hergestellt wird, wobei der Gehäuseinnenraum (5) des Gehäuseteils (3) an dem von Matrixmaterial (22) freigehaltenen Ende (11) des Gehäuseteils (3) mit einer Abdeckplatte (4) verschlossen wird, und wobei die Abdeckplatte (4) mittels eines Klebstoffs an der Wandung (14) des Gehäuseteils (3) derart befestigt wird, dass der Klebstoff in das von dem Matrixmaterial (22) frei gehaltene Fasergerüst eindringt.
 
12. Gehäuseteil (3) für eine Hörvorrichtung (1), hergestellt nach einem der Ansprüche 1 bis 10.
 
13. Hörvorrichtung (1) mit einem Gehäuseteil (3) nach Anspruch 12.
 
14. Hörvorrichtung (1) nach Anspruch 13,
wobei das Gehäuseteil (3) im Gehörgang einer Person zu tragen ist und in Dickenrichtung gesehen die alleinige, Hörgerätekomponenten gegenüber dem Gehörgang abgrenzende Ummantelung darstellt.
 
15. Hörvorrichtung (1) nach Anspruch 13,
wobei abschnittsweise eine Art Innengehäuse in das vorstehend beschriebene Gehäuseteil (3) zur Halterung von Hörgerätekomponenten eingeschoben ist.
 




Zeichnung










Recherchenbericht









Recherchenbericht