[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Herstellen eines Gehäuseteils einer Hörvorrichtung.
Des Weiteren betrifft die Erfindung ein solches Gehäuseteil sowie ferner auch eine
Hörvorrichtung mit einem solchen Gehäuseteil.
[0002] Eine Hörvorrichtung dient üblicherweise zur Ausgabe von akustischen Signalen an das
Ohr eines Trägers dieser Hörvorrichtung. Dazu umfasst eine solche Hörvorrichtung üblicherweise
einen Ausgabewandler, der meist als Lautsprecher (auch als "Receiver" oder "Hörer"
bezeichnet) ausgebildet ist. Dieser Ausgabewandler ist üblicherweise von einem Gehäuseteil
der Hörvorrichtung, beispielsweise einer Gehäuseschale oder dergleichen, umgeben,
um den Ausgabewandler vor Umwelteinflüssen zu schützen und/oder eine bestimmungsgemäße
Ausrichtung des Ausgabewandlers beispielsweise im Gehörgang des Trägers der Hörvorrichtung
zu ermöglichen. Bei einer solchen Hörvorrichtung kann es sich beispielsweise um ein
Headset, Kopfhörer, sogenannte (in ear) wearables, Tinnitusmaskers oder dergleichen
handeln.
[0003] Häufig dienen Hörvorrichtungen aber auch zur Versorgung von Personen mit vermindertem
Hörvermögen mit (häufig trägerspezifisch) verstärkten und/oder gefilterten akustischen
Signalen, um die vorliegende Hörminderung wenigstens teilweise auszugleichen. In diesem
Fall wird eine solche Hörvorrichtung auch als Hörhilfegerät oder kurz Hörgerät bezeichnet.
Insbesondere im Fall eines Hörgeräts umfasst die Hörvorrichtung üblicherweise auch
einen Eingangswandler, meist in Form eines Mikrofons zur Erfassung von Umgebungsgeräuschen
sowie einen nachgeschalteten Signalprozessor (auch: "Controller") zur Verarbeitung
(Filterung und/oder Verstärkung) von aus den Umgebungsgeräuschen erzeugten Signalen
und zur Ausgabe dieser verarbeiteten Signale an den Ausgabewandler. Bei Hörgeräten
kann der Ausgabewandler außerdem auch -je nach Art der Hörminderung - als Knochenleitungshörer
oder Cochlea-Implantat zur mechanischen bzw. elektrischen Stimulation des Gehörs des
Trägers ausgebildet sein.
[0004] Bei Hörgeräten kommen ferner auch unterschiedliche Bauformen zum Einsatz. Bei sogenannten
Hinter-dem-Ohr-Hörgeräten (kurz als "HdO" bezeichnet) sind das wenigstens eine Mikrofon,
der Signalprozessor sowie eine Energiequelle in einem hinter der Ohrmuschel zu tragenden
Gehäuse(-teil) angeordnet. Der Ausgabewandler kann dabei ebenfalls in diesem Gehäuse(-teil)
angeordnet sein und wird in diesem Fall mittels eines Schallschlauchs mit dem Gehörgang
des Trägers verbunden. Alternativ kann der Lautsprecher auch in einem eigenen Gehäuseteil
(oft als "Ohrstück" bezeichnet) angeordnet sein und über eine Signalleitung mit den
im eigentlichen Hörgerätegehäuse angeordneten Komponenten verbunden sein. Des Weiteren
kommen auch sogenannte In-dem-Ohr-Hörgeräte (kurz: "IdO") zum Einsatz, die ein ganz
oder teilweise im Gehörgang zu tragendes, die elektronischen Komponenten enthaltendes
Gehäuse aufweisen. Je nach Ausführung eines solchen IdO wird die Außenkontur des Hörgeräts
dabei individuell an den Gehörgang angepasst oder über flexible "stöpselartige" Ohrstücke
(auch als "Domes" bezeichnet) an eine Vielzahl von unterschiedlichen Gehörgangformen
anpassbar ausgeführt. Zur individuellen Anpassung wird meist ein Abdruck des individuellen
Gehörgangs genommen und dieser beispielsweise mittels generativer Verfahren (3D-Druck,
Stereolithografie und dergleichen) nachgebaut. Die dabei ausgeformten, auch als "Earshell"
bezeichneten Gehäuseteile sind dabei aus einem vergleichsweise steifen Material gefertigt.
Für den Fall, dass eine hohe Verstärkungswirkung des Lautsprechers erforderlich ist,
muss dieser zusätzlich über flexible Dämpfungsmaterialien gelagert werden (insbesondere
um eine körperschallbedingte Rückkopplung auf das Mikrofon zu verringern), sodass
sich meist der erforderliche Bauraum vergrößert.
[0005] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein verbessertes Gehäuseteil für eine Hörvorrichtung
zu ermöglichen.
[0006] Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zum Herstellen eines
Gehäuseteils einer Hörvorrichtung gemäß den Merkmalen nach Anspruch 1. Ebenfalls wird
diese Aufgabe erfindungsgemäß gelöst durch ein Verfahren zum Herstellen einer Hörvorrichtung
gemäß den Merkmalen nach Anspruch 11. Des Weiteren wird diese Aufgabe erfindungsgemäß
gelöst durch ein Gehäuseteil für eine Hörvorrichtung mit den Merkmalen des Anspruchs
12. Außerdem wird die Aufgabe erfindungsgemäß gelöst durch eine Hörvorrichtung mit
den Merkmalen des Anspruchs 13. Weitere vorteilhafte und teils für sich erfinderische
Ausführungsformen und Weiterbildungen der Erfindung werden in den Unteransprüchen
und der nachfolgenden Beschreibung näher dargelegt.
[0007] Das erfindungsgemäße Verfahren dient zum Herstellen eines - vorzugsweise im Gehörgang
einer Person (im Folgenden kurz als "Träger" bezeichnet) zu tragenden - Gehäuseteils
einer Hörvorrichtung. Dieses Gehäuseteil dient dabei zur Aufnahme wenigstens einer
elektronischen Komponente der Hörvorrichtung in einem Gehäuseinnenraum. Verfahrensgemäß
wird dabei (vorzugsweise zunächst) aus Fasern (alternativ auch als "Filamente" bezeichnet)
ein Fasergerüst für eine den Gehäuseinnenraum zumindest teilweise umgrenzende Wandung
des Gehäuseteils aufgebaut. Mittels der Fasern wird dabei eine mechanische Eigenschaft
der (vorzugsweise in einem späteren Verfahrensschritt fertigzustellenden) Wandung
entlang einer Referenzrichtung des Gehäuseteils variierend vorgegeben. Das heißt,
dass die Wandung des Gehäuseteils im bestimmungsgemäßen Endfertigungszustand über
ihre Erstreckung entlang der Referenzrichtung eine variierende mechanische Eigenschaft
aufweist. Anschließend wird das Fasergerüst (insbesondere zur Ausbildung der Wandung)
zumindest über einen Teil seiner (vorzugsweise entlang der Referenzrichtung verlaufenden)
Längserstreckung mit einem Matrixmaterial infiltriert.
[0008] Unter dem Begriff "Referenzrichtung" wird hier und im Folgenden insbesondere eine
Richtung verstanden, entlang derer sich insbesondere eine von der Wandung bzw. dem
Fasergerüst vorgegebene (Ober-)Fläche des Gehäuseteils erstreckt. Vorzugsweise verläuft
eine Längserstreckung des Gehäuseteils dabei in dieser Referenzrichtung. Es handelt
sich dabei also insbesondere nicht um die Dickenrichtung der Wandung bzw. des Fasergerüsts.
Besonders bevorzugt - insbesondere bei dem im Gehörgang zu tragenden Gehäuseteil -
handelt es sich bei der Referenzrichtung um eine Einschubrichtung des Gehäuseteils
in den Gehörgang. In diesem Fall ist "Einschubrichtung" insbesondere als die Richtung
zu verstehen, entlang derer das Gehäuseteil, konkret die fertiggestellte Hörvorrichtung,
bestimmungsgemäß in den Gehörgang des Trägers eingeführt wird.
[0009] Das erfindungsgemäße Verfahren schafft vorteilhafterweise eine Möglichkeit, die Anzahl
der für eine Hörvorrichtung erforderlichen Einzelteile zu reduzieren sowie Bauraum
und Montageaufwand einzusparen. Dies wird insbesondere erreicht, in-dem die Funktionen
unterschiedlicher Strukturen gewöhnlicher Hörvorrichtungen, insbesondere üblicherweise
einzelner, separater Bauteile, die für ihre jeweilige Zweckerfüllung voneinander abweichende
mechanische Eigenschaften aufweisen, in ein gemeinsames Bauteil, nämlich das vorstehend
beschriebene Gehäuseteil, integriert werden.
[0010] Das erfindungsgemäße Gehäuseteil für die Hörvorrichtung ist mittels des hier und
im Folgenden beschriebenen Verfahrens hergestellt. Somit weist das erfindungsgemäße
Gehäuseteil die sich aus den jeweiligen Verfahrensschritten ergebenden körperlichen
Merkmale auf.
[0011] Die erfindungsgemäße Hörvorrichtung umfasst das vorstehend beschriebene und somit
nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellte Gehäuseteil.
[0012] Dem Gehäuseteil sowie der dieses umfassenden Hörvorrichtung kommen somit auch die
Vorteile des erfindungsgemäßen Verfahrens zu.
[0013] In einer besonders bevorzugten Ausführung wird als mechanische Eigenschaft insbesondere
eine Flexibilität der Wandung variierend vorgegeben. Anders ausgedrückt wird das Fasergerüst
derart aufgebaut, dass im bestimmungsgemäßen (End-)Fertigungszustand des Gehäuseteils
die Wandung eine gezielt variierende Steifigkeit (d. h. unterschiedliche Steifigkeitswerte)
aufweist. Dadurch können beispielsweise an einem einzigen Gehäuseteil Bereiche geschaffen
werden, die eine erhöhte Steifigkeit (d. h. einen erhöhten Steifigkeitswert) zur Halterung
von Komponenten (bspw. weiteren Gehäuseteilen und/oder elektronischen Bauteilen) aufweisen,
und andere Bereiche, die aufgrund besonders niedriger Steifigkeit (d. h. eines niedrigen
Steifigkeitswerts) beispielsweise eine besonders angenehme Anpassung an den Gehörgang
des Trägers ermöglichen (sich also an den Gehörgang anschmiegen können). Die Wandung
weist mithin im bestimmungsgemäßen Endfertigungszustand eine entlang der Referenzrichtung,
insbesondere der Einschubrichtung variierende Flexibilität auf.
[0014] In einer im Rahmen der Erfindung weiterhin denkbaren Ausführung wird als mechanische
Eigenschaft (zusätzlich oder alternativ zur Flexibilität) auch eine Kompressibilität
der Wandung variierend vorgegeben.
[0015] In einer zweckmäßigen Weiterbildung wird die Flexibilität der Wandung insbesondere
in Einschubrichtung zunehmend vorgegeben. Das heißt, dass die Wandung im fertiggestellten
Zustand im Bereich ihres in Einschubrichtung vorauseilenden Endes eine höhere Flexibilität
(oder niedrigere Steifigkeit) aufweist als an ihrem in Einschubrichtung nacheilenden
Ende. Der Verlauf der Flexibilität (oder auch Steifigkeit) kann dabei kontinuierlich
und/oder wenigstens einem mehr oder weniger stark ausgeprägten Steifigkeitssprung
(d. h. einer stufenartigen Änderung) ausgebildet sein. Der Bereich mit der niedrigsten
Steifigkeit bzw. der höchsten Flexibilität (im Folgenden auch als "flexibler Bereich"
bezeichnet) ist dabei vorzugsweise derart ausgebildet, dass eine elastische Deformation
von Hand ohne besondere Kraftaufwendung möglich ist. Der Bereich mit der höchsten
Steifigkeit ist vorzugsweise derart ausgebildet, dass eine derartige (manuelle) elastische
Deformation nicht oder im Vergleich zu dem flexiblen Bereich nur unter signifikant
erhöhtem Krafteinsatz und/oder lediglich zu einem vernachlässigbaren Grad möglich
sind.
[0016] In einer weiteren zweckmäßigen Ausführung wird zur Vorgabe der mechanischen Eigenschaften
der Wandung das Fasergerüst in seiner geometrischen Struktur und/oder in seiner Dichte
variierend aufgebaut. Unter der geometrischen Struktur werden dabei sowohl einerseits
sich in Außenabmessungen niederschlagende strukturelle Merkmale, wie z. B. die Wandstärke,
Rippen, Sicken und dergleichen, sowie auch "innere strukturelle Merkmale", wie insbesondere
eine Ausrichtung der Fasern innerhalb des Fasergerüsts verstanden. In letzterem Fall
werden die Fasern bspw. derart ausgerichtet, dass sie einen Großteil der auf die Wandung
im Gebrauch einwirkenden Kräfte aufnehmen können, oder alternativ, dass diese Kräfte
quer zu den Fasern wirken, so dass eine Verstärkungswirkung vergleichsweise gering
ausfällt. Zur Variation der Dichte des Fasergerüsts wird insbesondere die Anzahl der
in einem Volumenelement des Fasergerüsts verlaufenden Fasern unterschiedlich vorgegeben.
[0017] In einer bevorzugten Ausführung wird als Matrixmaterial ein insbesondere vernetzbares
Elastomer herangezogen. Bei dem Matrixmaterial handelt es sich somit um ein Material
mit an sich vergleichsweise hoher Elastizität und Flexibilität, das mittels des Fasergerüsts
zu lokal unterschiedlichen Steifigkeitswerten verstärkt wird. Vorzugsweise handelt
es sich bei diesem Elastomer um ein Silikon (konkret um ein Polyorganosiloxan), Gummi,
Kautschuk oder dergleichen. Das verwendete Elastomer weist dabei vorzugsweise eine
im unvernetzten Zustand hinreichend niedrige Viskosität auf, um die Infiltration des
Fasergerüsts möglichst ohne Einschluss von Luftblasen zu ermöglichen. Zum Infiltrieren
des Fasergerüsts kommen dabei Verfahren, wie z. B. Tauchen oder durch einen Druckunterschied
unterstützte Verfahren vergleichbar zu Harzinjektionsverfahren, bei denen das Matrixmaterial
mittels Unterdruck eingesaugt oder mittels Überdruck eingespritzt wird, zum Einsatz.
Vorzugsweise wird das Matrixmaterial, insbesondere das Elastomer nach der Infiltration
auch ausgehärtet (d. h. vernetzt).
[0018] Grundsätzlich ist es im Rahmen der Erfindung auch denkbar, dass ein thermoplastisches
Elastomer eingesetzt wird.
[0019] Vorzugsweise wird das Fasergerüst derart infiltriert, dass die sich ergebende Wandung
geschlossen, d. h. nicht offenporig oder kanalartig durchsetzt, ist. Die Wandung ist
somit vorzugsweise gegen den Durchtritt von Verunreinigungen oder Feuchtigkeit dicht.
[0020] In einer weiteren bevorzugten Ausführung wird als Material für die Fasern des Fasergerüsts
ein thermoplastischer Kunststoff, insbesondere ein Polyamid oder ein Polyether-Blockamid
herangezogen. Alternativ kommen auch andere thermoplastische Kunststoffe, wie beispielsweise
Polyester, zum Einsatz.
[0021] In einer besonders zweckmäßigen Ausführung wird das Fasergerüst mittels Elektrospinning
aufgebaut. Dabei wird unter Wirkung eines elektrischen Felds aus einer Polymerlösung
eine Anzahl von Fasern abgezogen und an einer Gegenelektrode, insbesondere in Form
einer Art Vlies, abgelegt. In einer Variante werden dabei die gebildeten Fasern einen
Formkern (auch als "Target" bezeichnet) abgelegt, der die spätere Geometrie des Fasergerüsts
vorgibt. In einer alternativen Variante werden die Fasern vergleichbar zu einem 3D-Druck-Verfahren
ohne einen solchen Formkern abgelegt und zu dem Fasergerüst "aufgeschichtet". Die
Variation der Eigenschaften des Fasergerüsts (d. h. insbesondere der geometrischen
Struktur und/oder der Dichte) erfolgt dabei durch gezielte Veränderung der Bewegung
und/oder Bewegungsgeschwindigkeit des Formkerns und/oder des Spinnkopfs (von dem die
Fasern abgezogen werden), der Größe des Formkerns, einer Veränderung des elektrischen
Felds oder dergleichen. Somit kann auf besonders einfache Art und Weise eine Variation
der Gerüsteigenschaften und somit der mechanischen Eigenschaften der späteren Wandung
des Gehäuseteils - vorteilhafterweise auch individuell, d. h. trägerspezifisch - eingestellt
werden. Durch Elektrospinning lassen sich außerdem auf besonders einfache Weise kontinuierliche
Übergänge zwischen Bereichen unterschiedlicher Flexibilität (d. h. unterschiedlicher
Steifigkeitswerte) einstellen.
[0022] In einer alternativen Ausführung wird das Fasergerüst aus einem gewebten und/oder
ungewebten (Faser-)Halbzeug - d. h. insbesondere aus einem Gewebe, Gelege, Vlies oder
dergleichen - aufgebaut. Beispielsweise kommen hierbei zusätzlich Umformverfahren
dieser Halbzeuge, wie z. B. Tiefziehen, zum Einsatz. Die Variation der mechanischen
Eigenschaften erfolgt hierbei vorzugsweise über den Einsatz verschiedener Halbzeuge,
die untereinander beispielsweise in ihrer Dichte, Ihrer Materialstärke und/oder ihrer
Faserausrichtung variieren. In diesem Fall weist der Steifigkeitsverlauf der Wandung
im Vergleich zum Elektrospinning meist deutlich ausgeprägte (d. h. insbesondere erkennbar
stufenartige) Übergänge zwischen Bereichen unterschiedlicher Steifigkeitswerte auf.
[0023] In einer weiteren zweckmäßigen Ausführung wird insbesondere bei der Infiltration
des Fasergerüsts mit dem Matrixmaterial ein entgegen der Referenzrichtung liegendes
(d. h. das insbesondere in Einschubrichtung nacheilende), einen ringförmigen Rand
um den Gehäuseinnenraum bildendes Ende des Fasergerüsts von dem Matrixmaterial frei
gehalten. An diesem Ende liegen somit die Fasern des Fasergerüsts frei und sind nicht
in das Matrixmaterial eingebettet.
[0024] In einer weiterführenden Verfahrensvariante zur Ausbildung des "Gesamtgehäuses" wird
vorzugsweise der Gehäuseinnenraum an dem von Matrixmaterial freigehaltenen Ende oder
Rand des Gehäuseteils mit einer Abdeckplatte - im Fall eines IdO auch als "Faceplate"
bezeichnet - verschlossen. Diese Abdeckplatte wird dabei zweckmäßigerweise mittels
eines Klebstoffs an der Wandung derart befestigt, dass der Klebstoff in das von dem
Matrixmaterial frei gehaltene Fasergerüst eindringt und somit neben einer adhäsiven
(stoffschlüssigen) Verbindung auch eine Verkrallung mit dem Fasergerüst (und somit
zusätzlich auch eine formschlüssige Verbindung) mit dem Gehäuseteil ausbildet. Dadurch
wird eine besonders stabile Befestigung der Abdeckplatte ermöglicht. Die Erfindung
betrifft somit auch ein Verfahren zur Herstellung der Hörvorrichtung mit dem vorstehend
beschriebenen Gehäuseteil. Im Rahmen der Hörvorrichtung ist also die Abdeckplatte
vorzugsweise in vorstehend beschriebener Weise mit dem Gehäuseteil verbunden.
[0025] Die vorstehend beschriebene Erfindung ermöglicht - wie bereits beschrieben - die
Ausbildung eines Gehäuseteils, insbesondere eines Hörgerätegehäuses, das zumindest
bereichsweise variierende mechanische Eigenschaften aufweist. Vorzugsweise ist dabei
das in den Gehörgang ragende Ende des Gehäuseteils besonders flexibel ausgebildet,
sodass sich dieses einerseits an den Gehörgang anschmiegen und andererseits - insbesondere
bei vergleichsweise hohen erforderlichen Schallpegeln des Lautsprechers für diesen
auch eine gedämpfte Befestigungsstruktur (oder: Lagerung) bietet.
[0026] In besonders bevorzugter Ausführung stellt das nach vorstehend beschriebenem Verfahren
hergestellte Gehäuseteil in Dickenrichtung gesehen die alleinige, die Hörgerätekomponenten
gegenüber dem Gehörgang abgrenzende Ummantelung dar. Alternativ ist es im Rahmen der
Erfindung aber auch denkbar, dass zumindest abschnittsweise eine Art Innengehäuse
in das vorstehend beschriebene Gehäuseteil zur Halterung von Hörgerätekomponenten
eingeschoben wird. Bei einem solchen Innengehäuse handelt es sich insbesondere um
ein aus einem vergleichsweise steifen Kunststoff, beispielsweise einem Polyamid, einem
ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol-Copolymer) oder vergleichbaren Kunststoffen gefertigtes
"Rahmenteil".
[0027] Die Konjunktion "und/oder" ist hier und im Folgenden derart zu verstehen, dass die
mittels dieser Konjunktion verknüpften Merkmale sowohl gemeinsam (in Kombination)
als auch als Alternativen zueinander ausgebildet sein können.
[0028] Nachfolgend werden Ausführungsbeispiele der Erfindung anhand einer Zeichnung näher
erläutert. Darin zeigen:
- Fig. 1
- in einer perspektivischen Ansicht schematisch eine Hörvorrichtung, und
- Fig. 2 und 3
- in einer schematischen Teilschnittansicht II-II gemäß Fig. 1 jeweils ein alternatives
Ausführungsbeispiel der Hörvorrichtung.
[0029] Einander entsprechende Teile sind in allen Ausführungsbeispielen stets mit gleichen
Bezugszeichen versehen.
[0030] In Fig. 1 ist als Hörvorrichtung ein Hörgerät 1, konkret ein In-dem-Ohr-Hörgerät
dargestellt. Zur Einhausung von nicht näher dargestellten elektronischen Hörgerätekomponenten
umfasst das Hörgerät 1 ein Gehäuse 2, das im Wesentlichen aus einem ersten Gehäuseteil
3 und einem zweiten Gehäuseteil 4 gebildet ist. Wie aus Fig. 2 zu erkennen ist bildet
das erste Gehäuseteil 3 ein auch als "Earshell" bezeichnetes und einen Gehäuseinnenraum
5 umfänglich umgrenzendes Bauteil. Das zweite Gehäuseteil 4 wird auch als "Faceplate"
bezeichnet und bildet eine Abdeckplatte, mit der der Gehäuseinnenraum 5 einseitig
gegen das Gehäuseteil 3 abgeschlossen wird. Das zweite Gehäuseteil 4 weist dabei unter
anderem eine Mikrofonöffnung 6 zur Erfassung von Umgebungsgeräuschen mittels eines
in dem Gehäuseinnenraum 5 angeordneten Mikrofons sowie eine Batteriefachtür 7 zur
reversiblen Halterung und Positionierung einer Hörgerätebatterie auf (nicht näher
dargestellt). Das Hörgerät 1 weist eine sich entlang einer Referenzrichtung, konkret
einer Einschubrichtung 8, entlang derer das Hörgerät 1 bestimmungsgemäß in einen Gehörgang
eines Trägers eingeschoben wird, verjüngende Außenkontur auf. An einem in Einschubrichtung
8 vorauseilenden Spitzenende 9 weist das erste Gehäuseteil 3 eine (schematisch dargestellte)
Schallaustrittsöffnung 10 auf, durch die hindurch im bestimmungsgemäßen Tragezustand
im Gehörgang des Trägers von einem in dem Gehäuseinnenraum 5 angeordneten Lautsprecher
erzeugter Luftschall in Richtung auf das Trommelfell abgegeben wird. An dem dem Spitzenende
9 entgegen der Einschubrichtung 8 entgegengesetzten hinteren Ende 11 ist das zweite
Gehäuseteil 4 bzw. die Faceplate auf den dortigen Rand 12 des ersten Gehäuseteils
3 aufgesetzt und mit diesem durch eine Klebeverbindung verbunden.
[0031] Das erste Gehäuseteil 3 weist in Einschubrichtung 8, d. h. von dem hinteren Ende
11 oder dem dortigen Rand 12, in Richtung auf das Spitzenende 9 eine zunehmende Flexibilität,
also abnehmende Steifigkeitswerte auf. Das erste Gehäuseteil 3 ist dabei im Bereich
des Spitzenendes 9 derart weich und flexibel gestaltet, dass es sich in diesem Bereich
an die Kontur des Gehörgangs anschmiegen kann und gleichzeitig auch als Dämpfungselement
für den in diesem Bereich innerhalb des Gehäuseinnenraums 5 positionierten Lautsprecher
dienen kann.
[0032] Zur Realisierung dieser Variation der mechanischen Eigenschaften des ersten Gehäuseteils
3, d. h. der in Einschubrichtung 8 zunehmenden Flexibilität des Gehäuseteils 3, konkret
dessen Wandung 14, ist das Gehäuseteil 3 als Faserverbundbauteil ausgeführt. Zur Herstellung
des Gehäuseteils 3 wird dabei zunächst aus Fasern 20 ein Fasergerüst (für die spätere
Wandung 14) aufgebaut. Als Material für diese Fasern 20 wird dabei ein thermoplastischer
Kunststoff, konkret ein Polyamid, herangezogen. Die Fasern werden dabei mittels Elektrospinning
mit - wie in Fig. 2 schematisch angedeutet - in Einschubrichtung 8 abnehmender Dichte,
d. h. konkret mit einem in Bezug auf das fertiggestellte Gehäuseteil 3 abnehmenden
gewichts- und/oder volumenbezogenen Fasergehalt, zu dem Fasergerüst aufeinander abgelegt.
Anschließend werden das Fasergerüst und somit die zwischen den Fasern 20 liegenden
Faserzwischenräume mit einem Matrixmaterial infiltiert, d. h. unter Benetzung der
Fasern 20 aufgefüllt. Dabei wird die Wandung 14 dicht, d. h. nicht durch Lufteinschlüsse
oder Freiräume durchsetzt (oder: "schwammartig") ausgebildet. Als Matrixmaterial 22
wird dabei ein vernetzbares Silikon, das nach der Infiltration des Fasergerüsts ausgehärtet,
d. h. vernetzt wird, herangezogen. Das Matrixmaterial 22 weist somit eine für die
Infiltration des Fasergerüsts hinreichend geringe Viskosität sowie im vernetzten Zustand
eine hinreichend geringe Flexibilität auf.
[0033] In einem nicht näher dargestellten, anhand von Fig. 2 erläuterten weiteren Ausführungsbeispiel
wird bei der Infiltration des Fasergerüsts mit dem Matrixmaterial 22 das Fasergerüst
im Bereich des Rands 12 frei gehalten, sodass in diesem Bereich die Fasern 20 frei
liegen und nicht in das Matrixmaterial 22 eingebettet sind. Das zweite Gehäuseteil
4 wird dann mittels eines Klebers auf den Rand 12 aufgeklebt. Der Kleber dringt dabei
in das offen liegende Fasergerüst ein und bildet dabei eine sowohl stoff- als auch
formschlüssige Verbindung zwischen dem zweiten Gehäuseteil 4 und dem ersten Gehäuseteil
3 aus.
[0034] In Fig. 3 ist ein weiteres Ausführungsbeispiels näher dargestellt. Die Variation
der Steifigkeit bzw. Flexibilität des ersten Gehäuseteils 3 bzw. dessen Wandung 14
entlang der Einschubrichtung 8 erfolgt hierbei über eine Kombination der geometrischen
Struktur des Fasergerüsts als auch durch die vorstehend beschriebene Variation des
Fasergehalts der Fasern 20 entlang der Einschubrichtung 8. Konkret weist das Gehäuseteil
3 eine in Einschubrichtung 8 gesehen stufenweise abnehmende Wandstärke auf. Der Fasergehalt
der Fasern 20 nimmt dabei analog zu dem anhand von Fig. 2 beschriebenen Ausführungsbeispiel
ebenfalls in Richtung auf das Spitzenende 9 ab.
[0035] In einem weiteren, nicht näher dargestellten Ausführungsbeispiel werden die Fasern
20 nicht mittels Elektrospinning angeordnet, sondern sind als Teil von mindestens
zwei Faserhalbzeugen unterschiedlicher Art ausgebildet. In diesem Fall weist das erste
Gehäuseteil 3 zumindest zwei im Hinblick auf die Flexibilität stufenartig voneinander
getrennte Bereiche auf. Beispielsweise werden die unterschiedlichen Faserhalbzeuge
auf einen Formkern drapiert (beispielsweise gewickelt oder anderweitig aufgelegt)
und/oder mittels eines den Gehäuseinnenraum 5 abbildenden Formkerns beispielsweise
durch Thermoformen (auch als Tiefziehen bezeichnet) umgeformt.
[0036] Der Gegenstand der Erfindung ist nicht auf die vorstehend beschriebenen Ausführungsbeispiele
beschränkt. Vielmehr können weitere Ausführungsformen der Erfindung von dem Fachmann
aus der vorstehenden Beschreibung abgeleitet werden. Insbesondere können die anhand
der verschiedenen Ausführungsbeispiele beschriebenen Einzelmerkmale der Erfindung
und deren Ausgestaltungsvarianten auch in anderer Weise miteinander kombiniert werden.
Bezugszeichenliste
[0037]
- 1
- Hörgerät
- 2
- Gehäuse
- 3
- erstes Gehäuseteil
- 4
- zweites Gehäuseteil
- 5
- Gehäuseinnenraum
- 6
- Mikrofonöffnung
- 7
- Batteriefachtür
- 8
- Einschubrichtung
- 9
- Spitzenende
- 10
- Schallaustrittsöffnung
- 11
- hinteres Ende
- 12
- Rand
- 14
- Wandung
- 20
- Faser
- 22
- Matrixmaterial
1. Verfahren zum Herstellen eines Gehäuseteils (3) einer Hörvorrichtung (1), wobei das
Gehäuseteil (3) zur Aufnahme wenigstens einer elektronischen Komponente der Hörvorrichtung
(1) in einem Gehäuseinnenraum (5) dient, wobei verfahrensgemäß
- aus Fasern (20) ein Fasergerüst für eine den Gehäuseinnenraum (5) zumindest teilweise
umgrenzende Wandung (14) des Gehäuseteils (3) aufgebaut wird,
- mittels der Fasern (20) eine mechanische Eigenschaft der Wandung (14) entlang einer
Referenzrichtung (8) des Gehäuseteils (3) variierend vorgegeben wird, und
- das Fasergerüst zumindest über einen Teil seiner Längserstreckung mit einem Matrixmaterial
(22) infiltriert wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
wobei als mechanische Eigenschaft eine Flexibilität der Wandung (14) variierend vorgegeben
wird.
3. Verfahren nach Anspruch 2,
wobei die Flexibilität der Wandung (14) in Einschubrichtung (8) zunehmend vorgegeben
wird.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3,
wobei zur Vorgabe der mechanischen Eigenschaft der Wandung (14) das Fasergerüst in
seiner geometrischen Struktur und/oder seiner Dichte variierend aufgebaut wird.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4,
wobei als Matrixmaterial (22) ein insbesondere vernetzbares Elastomer herangezogen
wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5,
wobei als Material für die Fasern (20) ein thermoplastischer Kunststoff, insbesondere
ein Polyamid oder ein Polyether-Blockamid herangezogen wird.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
wobei das Fasergerüst mittels Elektrospinning aufgebaut wird.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6,
wobei das Fasergerüst aus einem gewebten und/oder ungewebten Halbzeug aufgebaut wird.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8,
wobei ein entgegen der Referenzrichtung (8) liegendes, einen ringförmigen Rand (12)
um den Gehäuseinnenraum (5) bildendes Ende (11) des Fasergerüsts von Matrixmaterial
(22) freigehalten wird.
10. Verfahren nach Anspruch 9,
wobei der Gehäuseinnenraum (5) des Gehäuseteils (3) an dem von Matrixmaterial (22)
freigehaltenen Ende (11) des Gehäuseteils (3) mit einer Abdeckplatte (4) verschlossen
wird, und wobei die Abdeckplatte (4) mittels eines Klebstoffs an der Wandung (14)
des Gehäuseteils (3) derart befestigt wird, dass der Klebstoff in das von dem Matrixmaterial
(22) frei gehaltene Fasergerüst eindringt.
11. Verfahren zum Herstellen einer Hörvorrichtung (1),
wobei ein Gehäuseteil (3) der Hörvorrichtung (1) gemäß Anspruch 9 hergestellt wird,
wobei der Gehäuseinnenraum (5) des Gehäuseteils (3) an dem von Matrixmaterial (22)
freigehaltenen Ende (11) des Gehäuseteils (3) mit einer Abdeckplatte (4) verschlossen
wird, und wobei die Abdeckplatte (4) mittels eines Klebstoffs an der Wandung (14)
des Gehäuseteils (3) derart befestigt wird, dass der Klebstoff in das von dem Matrixmaterial
(22) frei gehaltene Fasergerüst eindringt.
12. Gehäuseteil (3) für eine Hörvorrichtung (1), hergestellt nach einem der Ansprüche
1 bis 10.
13. Hörvorrichtung (1) mit einem Gehäuseteil (3) nach Anspruch 12.
14. Hörvorrichtung (1) nach Anspruch 13,
wobei das Gehäuseteil (3) im Gehörgang einer Person zu tragen ist und in Dickenrichtung
gesehen die alleinige, Hörgerätekomponenten gegenüber dem Gehörgang abgrenzende Ummantelung
darstellt.
15. Hörvorrichtung (1) nach Anspruch 13,
wobei abschnittsweise eine Art Innengehäuse in das vorstehend beschriebene Gehäuseteil
(3) zur Halterung von Hörgerätekomponenten eingeschoben ist.