(19)
(11) EP 3 546 308 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.10.2019  Patentblatt  2019/40

(21) Anmeldenummer: 19152380.2

(22) Anmeldetag:  17.01.2019
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
B60W 30/08(2012.01)
G07C 5/08(2006.01)
B60W 30/095(2012.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(30) Priorität: 29.03.2018 DE 102018204883

(71) Anmelder: AUDI AG
85045 Ingolstadt (DE)

(72) Erfinder:
  • Al Haddad, Christian
    85049 Ingolstadt (DE)
  • Escudero Chaverra, Alejandra
    85049 Ingolstadt (DE)

   


(54) VERFAHREN ZUM BETRIEB EINES STEUERGERÄTS, KRAFTFAHRZEUG UND COMPUTERPROGRAMM


(57) Verfahren zum Betrieb eines Steuergeräts eines Kraftfahrzeugs, wobei das Steuergerät zur vollständig automatischen Führung des Kraftfahrzeugs ausgebildet ist, indem Fahrsituationsdaten umfassend Umfelddaten wenigstens eines Umfeldsensors des Kraftfahrzeugs, die dem Steuergerät zugeführt werden, ausgewertet werden, wobei in dem Steuergerät durch weitere Auswertung der Fahrsituationsdaten eine eine Wahrscheinlichkeit für das Eintreten einer Kollision mit einem Fremdobjekt beschreibende Kollisionswahrscheinlichkeit ermittelt wird, wobei bei Überschreitung eines Schwellwerts für die Kollisionswahrscheinlichkeit ein Triggersignal erzeugt wird, bei dessen Vorliegen begonnen wird, wenigstens einen Teil der aktuellen Umfelddaten in einem Zeitraum bis wenigstens zum Eintritt der Kollision und/oder bis zum Absinken der Kollisionswahrscheinlichkeit unter den und/oder einen weiteren Schwellwert kontinuierlich in einem Speichermittel des Steuergeräts, zu einem späteren Zeitpunkt abrufbar, abzuspeichern.




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum Betrieb eines Steuergeräts eines Kraftfahrzeugs, wobei das Steuergerät zur vollständig automatischen Führung des Kraftfahrzeugs ausgebildet ist, indem Fahrsituationsdaten umfassend Umfelddaten wenigstens eines Umfeldsensors des Kraftfahrzeugs, die dem Steuergerät zugeführt werden, ausgewertet werden. Daneben betrifft die Erfindung ein Kraftfahrzeug und ein Computerprogramm.

[0002] Kraftfahrzeuge mit Fahrzeugsystemen, die eine vollständig automatische Führung des Kraftfahrzeugs, mithin einen autonomen Betrieb des Kraftfahrzeugs, erlauben, wurden im Stand der Technik bereits vorgeschlagen. Dabei werden Eingangssituationen aus unterschiedlichen Informationsquellen innerhalb eines Steuergeräts des Fahrzeugsystems zusammengeführt, um als Eingangsdaten, die insbesondere die aktuelle Fahrsituation beschreibende Fahrsituationsdaten umfassen, zur Ermittlung von Fahreingriffe beschreibenden Steuersignalen an entsprechende Aktoren des Kraftfahrzeugs auszuwerten. Von dem Steuergerät, das den Betrieb des Kraftfahrzeugs vollständig automatisch, mithin autonom, steuert, werden Steuersignale an Fahreingriffe vornehmende Aktoren, beispielsweise einen Motor, eine Lenkeinrichtung und dergleichen, gesendet.

[0003] Einen wesentlichen Anteil der Fahrsituationsdaten stellen Umfelddaten dar, die von verschiedenen Umfeldsensoren des Kraftfahrzeugs geliefert werden. Derartige Umfeldsensoren können beispielsweise Radarsensoren, Lidarsensoren, Ultraschallsensoren und insbesondere auch Kameras umfassen, deren Bilddaten als Umfelddaten üblicherweise durch verschiedene Bildverarbeitungsalgorithmen ausgewertet und in nützliche, die Fahrsituation beschreibende Informationen umgewandelt werden können. Auf Grund der hohen Qualität und somit Menge der Bilddaten moderner Kameras ist es hierfür bekannt, Hochgeschwindigkeits-Datenverbindungen und Hochgeschwindigkeitsschnittstellen zu dem Steuergerät zu nutzen, um die große Menge an generierten Bilddaten schnell an das Steuergerät übermitteln zu können, so dass auf die in den Bilddaten enthaltene, die Fahrsituation beschreibende Informationen möglichst schnell reagiert werden kann. Die Steuergeräte selbst weisen dabei einen meist eher klein dimensionierten Pufferspeicher auf, in dem auch Fahrsituationsdaten wenigstens eines vorangegangenen Zeitschritts noch vorgehalten werden können, insbesondere auch im Hinblick auf die Nachverfolgung von Veränderungen in der Fahrsituation.

[0004] Eine wesentliche Aufgabe bei vollständig automatisch betriebenen Kraftfahrzeugen ist die Dokumentation von Unfällen. Nachdem das Kraftfahrzeug autonom betrieben wird, gilt die Aufmerksamkeit der Insassen üblicherweise nicht der Fahrsituation, so dass insbesondere bei der Klärung der Schuldfrage bei Unfällen weiteres Beweismaterial notwendig ist. Um dieses zu sichern, wurde im Stand der Technik bereits vorgeschlagen, bei einem detektierten Unfall, insbesondere also einer detektierten Kollision des Kraftfahrzeugs mit einem Objekt, was beispielsweise über einen Crashsensor geschehen kann, die zu diesem Zeitpunkt aktuellen Fahrsituationsdaten wenigstens teilweise zur späteren Auswertung abzuspeichern, insbesondere, was die Bilddaten wenigstens einer Kamera des Kraftfahrzeugs angeht. Dabei kann beispielsweise der Inhalt des bereits genannten "Pufferspeichers" bei der Detektion einer Kollision mittels eines Kollisionssensors (Crashsensors) "eingefroren" werden. Es sind auch Ausgestaltungen bekannt, bei denen der im Kollisionsfall auftretende Stromverlust innerhalb des Steuergeräts dazu führt, dass der letzte Inhalt des Pufferspeichers zur späteren Auswertung erhalten bleibt.

[0005] Dabei kann es allerdings zu dem Problem kommen, dass die zu diesem Zeitpunkt gespeicherten Fahrsituationsdaten nicht ausreichend sind, um den Unfallhergang hinreichend zu rekonstruieren bzw. eine Schuldfrage zu klären. Das bedeutet also, das vorliegende Datenmaterial kann zu gering für die beispielsweise gesetzlich geforderten Zwecke sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn durch die Kollision die Sensorik bzw. die Stromversorgung innerhalb des Kraftfahrzeugs ausfällt und somit nur Fahrsituationsdaten vom unmittelbaren Unfallzeitpunkt vorliegen.

[0006] DE 100 29 401 A1 betrifft ein Verfahren zum ereignisbedingten Abspeichern von Fahrzeugsystemdaten, wobei eine Schnittstelle zu einem Fahrzeugsystembus verwendet wird. An dem Fahrzeugsystembus anliegende Fahrzeugsystembusdaten können bei Empfang eines Abspeicherbefehls über den Fahrzeugsystembus in einen Speicher abgespeichert werden. Dabei werden insbesondere Fahrer-Befehlsdaten und Randbedingungsdaten aufgezeichnet. Bei dem Abspeicherereignis kann es sich um einen erkannten Fahrzeugunfall handeln. Auch ein derartiger Ansatz reagiert erst, wenn ein Unfall stattgefunden hat und weist den weiteren Nachteil auf, dass der Fahrzeugsystembus häufig deutlich zu langsam ist, mithin weitere Verzögerungen auftreten, die dazu führen können, dass bei Stromausfall oder dergleichen bei einem Unfall gar keine Daten über die Bedientätigkeit des Fahrers mehr abgespeichert werden können.

[0007] DE 10 2004 045 813 A1 betrifft ein System und ein Verfahren für ein vorausschauendes Detektieren einer Unfallgefahrensituation. Hierbei wird insbesondere im toten Winkel des Kraftfahrzeugs sensiert, um Daten bezüglich eines potentiellen Unfallobjektes detektieren zu können. Mindestens eine geeignete Insassenschutzmaßnahme kann in Abhängigkeit von den durch die Tote-Winkel-Sensiereinrichtung erfassten Daten aktiviert werden. Insbesondere kann die Wahrscheinlichkeit für einen Seitenunfall auf unterschiedliche Art und Weise mittels geeigneter Algorithmen abgeschätzt werden. Auch andere Möglichkeiten zur Erhöhung der Sicherheit von Insassen von Kraftfahrzeugen, insbesondere des Fahrers, die auf Kollisionen überwachen, wurden bereits vorgeschlagen.

[0008] EP 0 891 903 A2 betrifft eine automatische Notbremsfunktion, die dem Fahrer ein Höchstmaß an Entscheidungssouveränität beim Ausweichen gegenüber Hindernissen ermöglichen soll, ohne im Falle einer tatsächlichen Kollisionssituation auf die Vorteile eines den Fahrer unterstützenden Systems zur Kollisionsbegrenzung zu verzichten. Entsprechend wird vorgesehen, dem Fahrer des Fahrzeuges solange wie möglich die Gelegenheit zu geben, durch von ihm selbst vorzunehmende Handlungen wie Brems- und/oder Lenkoperationen die Kollision zu vermeiden. Erst wenn sich aufgrund der fahrphysikalischen Gegebenheiten, die sich aus dem Fahrzustand des Fahrzeuges sowie der Kollisionskonstellation ergibt, eine Kollision eindeutig nicht mehr zu vermeiden ist, wird durch eine automatisch ausgelöste und vorzugsweise möglichst starke Verzögerung des Fahrzeuges dieses vor der Kollision so abgebremst, dass die Unfallfolgen für Fahrer und Fahrzeug dadurch minimiert werden. Die von der dortigen Erfassungseinrichtung gelieferten Umgebungsdaten beziehungsweise Sensorsignale können in einer Speichereinrichtung abgespeichert werden, insbesondere auch Bildsignale einer Kameraeinrichtung.

[0009] DE 10 2013 212 092 A1 betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zum Betreiben einer Fußgängerschutzeinrichtung eines Fahrzeuges. Dabei soll eine Art des Kollisionsobjekts festgestellt werden, wobei bezüglich der Daten der Umfeldsensoren, die dieses Kollisionsobjekt beschreiben, bei Überschreiten eines Schwellwerts für die Aufprallwahrscheinlichkeit ein Freeze-Zustand hergestellt werden kann, um in jedem Fall Daten über das Kollisionsobjekt vorliegen zu haben.

[0010] DE 10 2016 222 219 A1 betrifft ein Fahrerassistenzsystem für ein Kraftfahrzeug, bei dem Geo-Positionen des Fahrzeugs, die eine erhöhte Auslösewahrscheinlichkeit eines Kollisionsvermeidungssystems aufweisen, selbstlernend abgespeichert werden, um bei erneutem Befahren der räumlichen Umgebung um die gespeicherte Fahrzeugposition zur Vorbereitung einer Gefahrenwarnung oder Gefahrenbremsung zu berücksichtigen. Mit der Fahrzeugposition können auch weitere Daten abgespeichert werden.

[0011] DE 10 2015 218 762 A1 offenbart ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Unfalldatenspeicherung für ein Fahrzeug. Dort wird vorgeschlagen, bei einem erkannten, bevorstehenden Unfall des Fahrzeuges unfallrelevante Fahrzeugdaten nicht nur an eine Schnittstelle zu einer fahrzeuginternen Speichereinrichtung zum Speichern der unfallrelevanten Fahrzeugdaten zu geben, sondern auch an eine Schnittstelle zu einer Übertragungseinrichtung zum Übertragen der unfallrelevanten Fahrzeugdaten an zumindest eine fahrzeugexterne Speichereinrichtung zum Speichern der unfallrelevanten Fahrzeugdaten. Somit kann erreicht werden, dass keine Informationen verloren gehen können, die zum Rekonstruieren des Unfalls wichtig sein können.

[0012] Der Erfindung liegt die Aufgabe zu Grunde, eine Möglichkeit zur besseren Dokumentation von Unfällen eines vollständig automatisch betriebenen Kraftfahrzeugs anzugeben.

[0013] Zur Lösung dieser Aufgabe sind bei einem Verfahren der eingangs genannten Art erfindungsgemäß die Merkmale des Anspruchs 1 vorgesehen.

[0014] Die Erfindung schlägt mithin vor, ein dediziertes, zusätzliches Speichermittel innerhalb des Steuergeräts selbst vorzusehen und ebenso innerhalb des Steuergeräts selbst durch Auswertung von Fahrsituationsdaten ein Triggersignal zu generieren, das auf einen höchstwahrscheinlich bevorstehenden Kollisionsunfall des Kraftfahrzeugs hinweist, um wenigstens einen Teil der aktuellen Umfelddaten kontinuierlich in dieses Speichermittel einzuspeichern, so dass eine hervorragende Grundlage geschaffen wird, zu einem späteren Zeitpunkt das Zustandekommen des Unfalls auszuwerten, beispielsweise bezüglich einer Schuldfrage und/oder eines möglicherweise stattgefundenen Fehlers bei der vollständig automatischen Führung des Kraftfahrzeugs. Dabei wird das Speichermittel bevorzugt zusätzlich zu einem kleiner dimensionierten, kontinuierlich genutzten Pufferspeicher des Steuergeräts verwendet, so dass auch größere Datenmengen, wie sie beispielsweise durch Bilddaten einer Kamera zu erwarten sind, über den längeren Zeitraum innerhalb des Speichermittels vorgehalten werden können. Gerade im Hinblick auf moderne, in ihrer Qualität ständig ansteigende Umfeldsensoren steigt auch das von diesen Umfeldsensoren erhaltene Datenvolumen pro Zeitschritt, so dass innerhalb eines Pufferspeichers nur ein unzureichender Teil von Umfelddaten vorgehalten werden könnte. Im Rahmen der vorliegenden Erfindung wird dabei insbesondere ausgenutzt, dass es zum einen im Stand der Technik bereits vorgeschlagen wurde, Kollisionswahrscheinlichkeiten aus Fahrsituationsdaten zu ermitteln, zum anderen aber die entsprechenden Fahrsituationsdaten innerhalb des Steuergeräts, welches auch die vollständig automatische Führung des Kraftfahrzeugs steuert, ohnehin vorliegen, so dass sich auch hier eine Kollisionswahrscheinlichkeit ermitteln lässt, die zum Auslösen eines Triggersignals genutzt werden kann, das es mithin erlaubt, bereits vor dem Eintritt einer Kollision damit zu beginnen, Umfelddaten (und vorzugsweise auch weitere Fahrsituationsdaten und/oder Betriebsdaten des Kraftfahrzeugs) zur Dokumentation innerhalb des Steuergeräts aufzuzeichnen. Es wird also ein zusätzlicher Dokumentationszeitraum gewonnen.

[0015] Dadurch, dass sowohl die Ermittlung der Kollisionswahrscheinlichkeit als auch die Erzeugung des Triggersignals innerhalb des Steuergeräts selbst stattfindet und auch das Speichermittel innerhalb des Steuergeräts selber vorgesehen ist, muss kein langsamer Fahrzeugbus genutzt werden, der eine deutliche Verzögerung in der Aufzeichnung der Umfelddaten mit sich bringen würde. Vielmehr kann äußerst schnell innerhalb des Steuergeräts auf einen bevorstehenden Unfall reagiert werden und eine erweiterte Aufzeichnung und Vorhaltung wenigstens eines Teiles der Umfelddaten, insbesondere von Bilddaten einer Kamera, erfolgen.

[0016] In diesem Zusammenhang ist es zudem von besonderem Vorteil, wenn ein schnelle Zugriffszeiten erlaubendes Speichermittel verwendet wird. Vorzugsweise kann mithin ein SSD und/oder eMMC als Speichermittel verwendet werden, so dass so schnell wie möglich bei einem bevorstehenden Unfall ein Speichern der zur Dokumentation zweckmäßigen Dokumentationsdaten, insbesondere also des Teils der Umfelddaten, erfolgen kann. Dies gemeinsam mit der Tatsache, dass das Triggersignal ein internes Signal des Steuergeräts ist, sorgt für eine maximale Ausnutzung der verfügbaren Zeit zum Speichern wenigstens des Teils der Umfelddaten sowie gegebenenfalls weiterer Dokumentationsdaten.

[0017] Zusammenfassend wird also bereits vor der Kollision begonnen, wenigstens einen Teil der Umfelddaten in ein innerhalb des Steuergeräts vorgesehenes Speichermittel einzuspeichern, so dass eine früher beginnende Dokumentation der Kollision genauso möglich wird wie ein Vorhalt einer größeren Menge von Informationen zur Dokumentation der Kollision.

[0018] Wie bereits erwähnt, ist es im Rahmen der vorliegenden Erfindung besonders zweckmäßig, wenn der bei Überschreitung des Schwellwerts durch die Kollisionswahrscheinlichkeit zu speichernde Teil der Umfelddaten wenigstens Bilddaten einer Kamera als Umfeldsensor umfassend gewählt wird. Der zu speichernde Teil der Umfelddaten kann bevorzugt ferner Radardaten eines Radarsensors als Umfeldsensor umfassen, nachdem auch Radardaten bei der Analyse eines Unfalls besonders nützliche Informationen liefern können, insbesondere zu den relativen Geschwindigkeiten und/oder Abständen. Gerade hinsichtlich der Kamera ist es ferner vorteilhaft, wenn die Umfelddaten, insbesondere der zu speichernde Teil der Umfelddaten, wenigstens teilweise über eine Hochgeschwindigkeitsschnittstelle an das Steuergerät übermittelt werden.

[0019] Der Schwellwert kann zweckmäßigerweise in einem Bereich von 40 bis 70 %, insbesondere als 50 %, gewählt werden. Dabei hat sich ein Wert von 50 % bei der Verwendung üblicher Algorithmen zur Ermittlung der Kollisionsgeschwindigkeit, wie sie im Stand der Technik bekannt sind, als zweckmäßig erwiesen, um sowohl einen geeignet dimensionierten Zeitraum auch vor der eigentlichen Kollision zu erhalten, zum anderen aber nicht zu häufig das Triggersignal zu erzeugen, mithin zu viele Fälle von Fehlalarm, auf die kein tatsächlicher Unfall folgt, abzudecken.

[0020] Erfindungsgemäß ist vorgesehen, dass mit dem Erhalt des Triggersignals bei einem einen Grenzwert unterschreitenden freien Speicherplatz des Speichermittels wenigstens ein Teil der in einem früheren Zeitraum gespeicherten Umfelddaten gelöscht werden. Auf diese Weise steht ein hinreichender oder insbesondere auch der komplette freie Speicherplatz des Speichermittels zur Verfügung und kann für relevante Daten genutzt werden.

[0021] In einer derartigen Ausgestaltung können insbesondere auch zuvor gespeicherte Umfelddaten gelöscht werden, beispielsweise, wenn ohne Eintritt eines tatsächlichen Unfalls nach einer Überschreitung des Schwellwerts durch die Kollisionswahrscheinlichkeit wenigstens der Teil der Umfelddaten für einen Zeitraum gespeichert wurde, bis der bzw. der weitere Schwellwert wieder unterschritten war. Dabei sei im Übrigen noch angemerkt, dass sowohl zur Aktivierung als auch zur Deaktivierung zweckmäßig derselbe Schwellwert herangezogen werden kann; gegebenenfalls kann als weiterer Schwellwert auch ein etwas niedrigerer Wert als der Schwellwert zur Erzeugung des Triggersignals gewählt werden, um ein Speichern für kurze Zeiträume, dass dann sofort wieder abgebrochen wird, zu vermeiden und in jedem Fall eine kontinuierliche Aufzeichnung über einen nennenswerten Zeitraum zu erreichen, auch wenn gegebenenfalls kein Unfall stattfinden wird. Beispielsweise kann als der Schwellwert zur Erzeugung des Triggersignals 50 %, als weiterer Schwellwert 40 % gewählt werden.

[0022] Dabei sei darauf hingewiesen, dass zweckmäßig die Auswertung der Kollisionswahrscheinlichkeit nach Eintritt der Kollision, die beispielsweise durch einen Kollisionssensor des Kraftfahrzeugs festgestellt werden kann, abgebrochen werden kann, wenn dann noch elektrische Energie innerhalb des Steuergeräts vorliegt. In einem solchen Fall kann beispielsweise vorgesehen sein, noch für eine vorbestimmte Zeitspanne nach dem Eintreten der Kollision wenigstens den Teil der Umfelddaten in dem Speichermittel abzuspeichern oder aber bereits mit dem Eintritt der Kollision den Zeitraum des Speicherns im Speichermittel zu beenden.

[0023] Zur Ermittlung der Kollisionswahrscheinlichkeit können verschiedenste, im Stand der Technik im Hinblick auf Sicherheitssysteme bereits vorgeschlagene Berechnungsverfahren bzw. Algorithmen herangezogen werden, die vorliegend nicht mehr genauer dargelegt werden müssen. Insbesondere kann vorgesehen sein, dass zur Ermittlung der Kollisionswahrscheinlichkeit eine Prädiktion des Verhaltens von durch die Fahrsituationsdaten beschriebenen Verkehrsteilnehmern, umfassend das eigene Kraftfahrzeug, vorgenommen wird. Bekannte Ansätze, insbesondere in Sicherheitssystemen, nutzen also Vorausberechnungsalgorithmen, um festzustellen, wie wahrscheinlich eine Kollision in einem Vorausberechnungszeitraum ist.

[0024] Neben dem Verfahren betrifft die Erfindung auch ein Kraftfahrzeug, aufweisend ein Fahrzeugsystem zur vollständig automatischen Führung des Kraftfahrzeugs mit einem zur Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens ausgebildeten Steuergerät und wenigstens einem Umfeldsensor. Sämtliche Ausführungen bezüglich des erfindungsgemäßen Verfahrens lassen sich analog auf das erfindungsgemäße Kraftfahrzeug übertragen, mit welchem mithin ebenso die bereits genannten Vorteile erhalten werden können.

[0025] Ein erfindungsgemäßes Computerprogramm ist beispielsweise direkt in einen Speicher eines Steuergeräts eines Kraftfahrzeugs ladbar und weist Programmmittel auf, um die Schritte eines erfindungsgemäßen Verfahrens auszuführen, wenn das Computerprogramm in dem Steuergerät des Kraftfahrzeugs ausgeführt wird. Das Computerprogramm kann auf einem elektronisch lesbaren Datenträger gespeichert sein, welcher mithin darauf gespeicherte elektronisch lesbare Steuerinformationen umfasst, welche zumindest ein erfindungsgemäßes Computerprogramm erfassen und derart ausgestaltet sind, dass sie bei Verwendung des Datenträgers in einem Steuergerät eines Kraftfahrzeugs ein erfindungsgemäßes Verfahren durchführen.

[0026] Weitere Vorteile und Einzelheiten der vorliegenden Erfindung ergeben sich aus den im Folgenden beschriebenen Ausführungsbeispielen sowie anhand der Zeichnungen. Dabei zeigen:
Fig. 1
eine Prinzipskizze eines erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs, und
Fig. 2
den Aufbau eines Steuergeräts eines Kraftfahrzeugs gemäß Fig. 1.


[0027] Fig. 1 zeigt eine Prinzipskizze eines erfindungsgemäßen Kraftfahrzeugs 1, welches ein zur vollständig automatischen Führung des Kraftfahrzeugs ausgebildetes Fahrzeugsystem 2 mit einem Steuergerät 3 aufweist. Um seine grundsätzlich bekannte vollständig automatische Fahrzeugführungsfunktion auszuführen, erhält das Steuergerät 3 als Fahrsituationsdaten neben Betriebsdaten des Kraftfahrzeugs 1 Umfelddaten von Umfeldsensoren des Kraftfahrzeugs 1, wobei hier beispielhaft Kameras 4 und Radarsensoren 5 gezeigt sind. Um insbesondere bei größeren Datenmengen, wie den Bilddaten der Kamera 4, diese schnell und verlässlich innerhalb des Steuergeräts 3 zur Verfügung zu haben, wird eine Hochgeschwindigkeitsdatenverbindung mit einer entsprechenden Hochgeschwindigkeitsschnittstelle an dem Steuergerät 3 verwendet.

[0028] In dem Steuergerät 3 werden die Fahrsituationsdaten ausgewertet, um Fahreingriffe beschreibende Steuersignale für entsprechende Aktoren des Kraftfahrzeugs 1 zu erzeugen, wobei vorliegend lediglich beispielhaft ein Motor 6, eine Bremseinrichtung 7 und ein Lenksystem 8 gezeigt sind.

[0029] Zur Detektion einer tatsächlich stattfindenden Kollision kann das Kraftfahrzeug 1 ferner auch beispielsweise als Beschleunigungssensoren ausgebildete Crashsensoren 9 umfassen. Diese liefern ihre entsprechenden Sensordaten ebenso an das Steuergerät 3.

[0030] Fig. 3 zeigt den Aufbau des Steuergeräts 3 genauer. Wenigstens ein Teil der Umfelddaten, insbesondere die Umfelddaten der Kameras 4, werden über eine Hochgeschwindigkeitsschnittstelle 10 entgegengenommen. Das Steuergerät 3 weist zudem noch weitere Interfaces auf, beispielsweise zu einem Fahrzeugbussystem und/oder für andere Direktverbindungen.

[0031] In einer Recheneinrichtung 12 des Steuergeräts 3, die einen oder mehrere Prozessoren umfassen kann, wird durch eine Führungseinheit 13 der vollständig automatische Führungsbetrieb des Kraftfahrzeugs 3 realisiert. Zusätzlich hierzu bzw. in diese integriert, wird durch die Recheneinrichtung 12 jedoch auch eine Kollisionsdokumentationseinheit 14 realisiert. Fahrsituationsdaten, die durch die Recheneinrichtung 12 ausgewertet werden, werden zeitweise in einem Pufferspeicher 15 des Steuergeräts 3 abgespeichert. Zusätzlich zu dem Pufferspeicher 15 weist das Steuergerät 3 jedoch auch ein vom Speicherplatz her größer als der Pufferspeicher 15 dimensioniertes Speichermittel 16, vorliegend ein SSD, auf, in dem Dokumentationsdaten bezüglich eines Unfalls des Kraftfahrzeugs 1 aufgezeichnet werden können.

[0032] Hierzu wertet die Kollisionsdokumentationseinheit 14 die Fahrsituationsdaten weitergehend aus, um eine Kollisionswahrscheinlichkeit des Kraftfahrzeugs 1 mit einem Fremdobjekt zu ermitteln. Übersteigt diese Kollisionswahrscheinlichkeit einen Schwellwert, hier 50 %, wird ein internes Triggersignal in dem Steuergerät 3 erzeugt, welches dafür sorgt, dass ein definierter Teil der Umfelddaten, gemeinsam mit anderen definierten Fahrsituationsdaten und/oder Betriebsdaten des Kraftfahrzeugs 1, ab nun kontinuierlich in das Speichermittel 16 eingespeichert wird, wobei dieses bei Erhalt des Triggersignals gegebenenfalls auch zuerst wenigstens teilweise gelöscht werden kann, insbesondere, falls darauf noch Dokumentationsdaten gespeichert sind, die aus einer Fahrsituation stammen, in der zwar eine hohe Kollisionswahrscheinlichkeit vorlag, aber kein Unfall stattgefunden hat. Der definierte, zu speichernde Teil der Umfelddaten umfasst vorliegend wenigstens die Bilddaten der Kameras 4 und die Radardaten der Radarsensoren 5. Der Zeitraum, für den solcherlei jeweils aktuelle Dokumentationsdaten in dem Speichermittel 16 eingespeichert werden, kann sich zum einen bemessen, bis die Kollisionswahrscheinlichkeit unter den oder einen weiteren Schwellwert, hier 40 % fällt. Tritt jedoch tatsächlich eine Kollision ein, was durch die Kollisionssensoren 9 feststellbar ist, kann auch der Eintritt der Kollision das Ende des Einspeicherns markieren; denkbar ist es jedoch auch, insbesondere, wenn die Stromversorgung des Steuergeräts 3 erhalten bleibt, für eine vorbestimmte Zeitspanne über den Kollisionszeitpunkt hinaus weiter Dokumentationsdaten umfassend wenigstens den definierten Teil der Umfelddaten in das Speichermittel 16 einzuspeichern.

[0033] Auf diese Weise werden Dokumentationsdaten bereits vor einer eintretenden Kollision in eine hochqualitative Auswertung und Analyse des Unfalls erhaltender Menge aufbewahrt. Die Dokumentationsdaten können zu einem späteren Zeitpunkt ausgelesen und analysiert werden.

[0034] Es sei noch darauf hingewiesen, dass die Kollisionswahrscheinlichkeit, die hier bestimmt wird, auch für andere Zwecke genutzt werden kann, beispielsweise in einem ebenso durch das Steuergerät 3 realisierten Sicherheitssystem, das Insassenrückhaltemittel präkonditioniert oder dergleichen.


Ansprüche

1. Verfahren zum Betrieb eines Steuergeräts (3) eines Kraftfahrzeugs (1), wobei das Steuergerät (3) zur vollständig automatischen Führung des Kraftfahrzeugs (1) ausgebildet ist, indem Fahrsituationsdaten umfassend Umfelddaten wenigstens eines Umfeldsensors des Kraftfahrzeugs (1), die dem Steuergerät (3) zugeführt werden, ausgewertet werden,
dadurch gekennzeichnet,
dass in dem Steuergerät (3) durch weitere Auswertung der Fahrsituationsdaten eine Kollisionswahrscheinlichkeit für das Eintreten einer Kollision mit einem Fremdobjekt ermittelt wird, wobei bei Überschreitung eines Schwellwerts für die Kollisionswahrscheinlichkeit ein Triggersignal erzeugt wird, bei dessen Vorliegen begonnen wird, wenigstens einen Teil der aktuellen Umfelddaten in einem Zeitraum bis wenigstens zum Eintritt der Kollision und/oder bis zum Absinken der Kollisionswahrscheinlichkeit unter den und/oder einen weiteren Schwellwert kontinuierlich in einem Speichermittel (16) des Steuergeräts (3), zu einem späteren Zeitpunkt abrufbar, abzuspeichern, wobei mit dem Erhalt des Triggersignals bei einem einen Grenzwert unterschreitenden freien Speicherplatz des Speichermittels (16) wenigstens ein Teil der in einem früheren Zeitraum gespeicherten Umfelddaten gelöscht werden.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass der bei Überschreitung des Schwellwerts durch die Kollisionswahrscheinlichkeit zu speichernde Teil der Umfelddaten wenigstens Bilddaten einer Kamera (4) als Umfeldsensor umfassend gewählt wird und/oder die Umfelddaten wenigstens teilweise über eine Hochgeschwindigkeitsschnittstelle (10) an das Steuergerät (3) übermittelt werden.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet,
dass das Speichermittel (16) zusätzlich zu einem kleiner dimensionierten, kontinuierlich genutzten Pufferspeicher (15) des Steuergeräts (3) verwendet wird.
 
4. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Schwellwert in einem Bereich von 40 bis 70% gewählt wird.
 
5. Verfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass zur Ermittlung der Kollisionswahrscheinlichkeit eine Prädiktion des Verhaltens von durch die Fahrsituationsdaten beschriebenen Verkehrsteilnehmern, umfassend das eigene Kraftfahrzeug (1), vorgenommen wird.
 
6. Kraftfahrzeug (1), aufweisend ein Fahrzeugsystem (2) zur vollständig automatischen Führung des Kraftfahrzeugs (1) mit einem zur Durchführung eines Verfahrens nach einem der vorangehenden Ansprüche ausgebildeten Steuergerät (3) und wenigstens einem Umfeldsensor.
 
7. Computerprogramm, welches die Schritte eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 6 durchführt, wenn es auf einem Steuergerät (3) eines Kraftfahrzeugs (1) nach Anspruch 6 ausgeführt wird.
 




Zeichnung







Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente