(19)
(11) EP 3 547 335 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
02.10.2019  Patentblatt  2019/40

(21) Anmeldenummer: 18164736.3

(22) Anmeldetag:  28.03.2018
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
H01F 3/06(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(30) Priorität: 26.03.2018 EP 18164021

(71) Anmelder: Siemens Aktiengesellschaft
80333 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Krispin, Michael
    85591 Vaterstetten (DE)
  • Lampenscherf, Stefan
    85586 Poing (DE)
  • Rieger, Gotthard
    80636 München (DE)

   


(54) WEICHMAGNETISCHER KOMPOSIT-WERKSTOFF, VERWENDUNGEN DAZU


(57) Die Erfindung betrifft einen weichmagnetischen Komposit-Werkstoff, sowie dessen Verwendung in einem Elektromotor, beispielsweise einen Reluktanzmotor, in einem Generator, in einem Transformator und/oder in einem Elektroblech. Durch die Erfindung ist es erstmals möglich, ein integriertes magnetisches Komposit-Material in einem Elektromotor wie beispielsweise einem Reluktanzmotor einzusetzen.


Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft einen weichmagnetischen Komposit-Werkstoff, sowie dessen Verwendung in einem Elektromotor, beispielsweise einen Reluktanzmotor, in einem Generator, in einem Transformator und/oder in einem Elektroblech.

[0002] In einem Elektromotor, einem Generator und/oder einem Transformator kommen in fast allen Ausführungsformen magentische Werkstoffe auch in Form von Elektroblechen für die magnetische Flussführung zum Einsatz. In Elektromotoren und/oder in Generatoren sind die Elektrobleche meist in Lagen gestapelt und senkrecht zur Motorachse angeordnet. Bei Innenläufern werden sie auf die Achse aufgezogen. Die Magnetisierung liegt aus physikalischen Gründen bevorzugt in der Ebene. Zur Ausbildung des Drehmoments ist es erforderlich, dass der Fluss innerhalb dieser Ebene des Elektroblechs zur Ausbildung der Pole gekrümmt geführt wird. Dies wird durch Strukturbildung, d.h. üblicherweise subtraktiv, z.B. durch Stanzen erreicht.

[0003] Aus Gründen der Montage, insbesondere des Aufziehens auf die Achse oder aus anderen mechanischen Randbedingungen ein erheblicher Teil des flussführenden Materials ohne eigentliche magnetisch funktionale Eigenschaft eingesetzt. Speziell in Reluktanzmotoren und/oder Reluktanzmaschinen umfasst ein Blechschnitt aus mechanischen Stabilitätsgründen unvermeidliche axiale Verstrebungen. Dadurch wird das Elektroblech in ungünstiger Weise oder ohne Funktion eingesetzt und das Motor-Drehmoment reduziert. In Transformatoren ist ebenfalls eine gekrümmte Flussführung, beispielsweise rotatorisch und/oder in 90° Rechteckgeometrien wünschenswert.

[0004] Ein Reluktanzmotor ist beispielsweise aus der EP 2 838 180 A1 bekannt. Dort wird als Material der Pole, also als Material mit einer magnetischen Vorzugsrichtung ein ferromagnetisches Material eingesetzt, das eine geringe Koerzitivfeldstärke H kleiner 10 kA/m zeigt.

[0005] Beispielsweise wird im Falle des Reluktanzmotors innerhalb des Designs eines geschichteten Blechaufbaus längs der Drehachse der Blechschnitt üblicherweise - wie oben erwähnt - durch subtraktive Verfahren wie Stanzen erzeugt. Durch den Einsatz weichmagnetischer Sintermetalle auch als Soft Magnetic Composites - SMCs- bezeichnet, können zwar komplexere Formen erzeugt werden, jedoch ist aufgrund der Isotropie der Sinterkörper die gerichtete Flussführung nur eingeschränkt möglich und die mechanische Stabilität aufgrund der Sprödigkeit unzureichend. Zwar wäre auch eine Anordnung der Elektrobleche längs der Achse denkbar, aber dies führt zu einer erheblichen Erhöhung von Wirbelstromverlusten längs der Drehachse. Zusätzlich ist die mechanische Stabilität des Gesamtaufbaus bei hohen Zentrifugalkräften ungünstig. Durch die negativen Einflüsse einer Verformung und/oder einer Biegung des Elektroblechs - beispielsweise in Wannenform - werden auch die magnetischen Eigenschaften verschlechtert.

[0006] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es daher, einen optimierten Materialaufbau aus mechanisch belastbarem Konstruktionswerkstoff und magentisch flussführendem Material sowie ein geeignetes Herstellungsverfahren, das eine einfache Krümmung des flussführenden Materials zur maximalen Nutzung des Flusses in Vorzugsrichtung ermöglicht, zur Verfügung zu stellen.

[0007] Die Lösung der Aufgabe wird durch den Gegenstand der Erfindung, wie er in den Ansprüchen und der Beschreibung offenbart ist, gelöst.

[0008] Dementsprechend ist Gegenstand der Erfindung ein anisotroper magnetischer Komposit-Werkstoff, der ein Gewebe in einem Kunstharz als Matrixmaterial umfasst, wobei das Gewebe erste Fasern, die magnetisch, unidirektional und in eine Richtung parallel angeordnet sind und dazu querliegende zweite Fasern, die strukturstabil sind, umfasst. Außerdem sind Verwendungen des magnetischen Komposit-Werkstoffes in Elektromotoren, Elektroblechen, Reluktanzmotoren, Generatoren und/oder in Transformatoren Gegenstand der Erfindung.

[0009] Die ersten Fasern umfassen beispielsweise unidirektionalen - UD - magnetischen Draht oder unidirektionale - UD - magnetische Fasern und/oder Faserbündel. Die ersten Fasern umfassen insbesondere weichmagnetische Materialien, also Materialien die sich in einem Magnetfeld leicht magnetisieren lassen, wie beispielsweise Eisen, Stahl mit niedrigem Kohlenstoffanteil, Stahl mit Silizium-Zusatz, Nickel-Eisen-Legierungen, Cobalt-Eisen-Legierungen, Aluminium-Eisen-Legierungen, Aluminium-Silizium-Eisen-Legierungen, Ferrite sowie beliebige Gemische derartiger unidirektionaler weichmagnetischer Drähte, Fasern und/oder Faserbündel. Die ersten, weichmagnetischen Fasern werden im Wesentlichen parallel im Gewebe angeordnet, damit Anisotropie der magentischen Flussführung im Werkstoff erzeugt werden kann. Im Wesentlichen parallel bedeutet dabei, dass ein Winkel zwischen zwei Fasern oder zwei Faserbündel nicht größer als 20° insbesondere nicht größer als 10° ist.

[0010] Die zweiten Fasern umfassen beispielsweise strukturstabile Fasern, die dazu dienen, die ersten Fasern in Position zu halten, diese umfassen beispielsweise Glasfasern, keramische Fasern, Kohlefasern oder Carbonfasern, polymere Kunststofffasern und/oder Aramidfasern, Holz und/oder Hanf-Fasern, sowie beliebige Gemische der vorgenannten Fasern. Sie sind bezüglich der ersten Fasern quer angerordnet, wobei quer nicht parallel bedeutet. Bevorzugt weisen sie einen Winkel zu den ersten Fasern auf, der zwischen 45° und 90° beträgt.

[0011] Die Kunstharzmatrix ist beispielsweise aus einem Duroplastischen oder thermoplastischem und isolierendem Polymer wie einem Epoxidharz oder einem anderen, zur Herstellung von beispielsweise Elektroblechen geeignetem organischen Kunstharz, Lack, Isolierlack und/oder gefülltem, beispielsweise mit Pigmenten, Nanopartikeln, mineralischen Partikeln gefülltem, Lack.

[0012] Nach einer vorteilhaften Ausführungsform wird dieses mit Kunstharz imprägnierte Gewebe aus magnetischem Komposit-Werkstoff mit ungehärtetem Kunstharz imprägniert oder infiltriert. Als insbesondere vorteilhaft hat sich dabei herausgestellt, wenn das imprägnierte Gewebe zu einzelnen Lagen verarbeitet wird, die als noch feuchte Prepregs oder nicht vollständig ausgehärtete Prepregs auf eine Form, beispielsweise auf einen Kern eines Reluktanzmotors, abgelegt, mit oder ohne Kern getrocknet und zum fertigen Werkstoff ausgehärtet und mit dem Kern fest verbunden werden. Der Kern eines Reluktanzmotors, der die Drehachse umschließt, ist beispielsweise aus einem organischen polymeren Werkstoff, der sich gut mit dem Kunstharz, das die Matrix der Prepreg-Lagen bildet, verbindet. Die Prepreg-Lagen können, ebenso wie der fertige Komposit-Werkstoff, eine beliebige Form aufweisen, also beispielsweise als Band, als Schlauch, als konfektionierte Lage vorliegen.

[0013] Allgemeine Erkenntnis der Erfindung ist, dass ein Aufbau aus einem anisotropen magnetischen Komposit-Werkstoff aus einem UD - Gewebe mit einem Kern zu einem festen Verbund vernetzbar ist. Insbesondere ist es Erkenntnis der Erfindung, dass für die Polbildung beispielsweise eines Reluktanzmotors entsprechend der gekrümmten Flussführung der Magnetisierung der anisotrope magentische Komposit-Werkstoff auf den Kern als Stapel aufgelegt und mit dem Kern vernetzbar ist.

[0014] Durch die Integration des anisotropen magnetischen Komposit-Werkstoffs wird die Funktion der magnetischen Flussführung von der mechanischen Stabilitätsfunktion weitgehend entkoppelt. Dennoch lässt sich beispielsweise ein Rotor durch die formschlüssige Anbindung des Composites an das mechanische Trägersystem in einem Prozessschritt erzeugen.

[0015] Bei einem derartig mit anisotropem magnetischen Komposit-Werkstoff ausgerüsteten Motor wird eine deutlich erhöhte Leistung bei hohen Drehzahlen beobachtet. Große Hohlwellen sind möglich, weil der magnetische Fluss eine geringe Eindringtiefe in den Rotor hat. Geringe Drehmomentwelligkeit, geringe Schwinganregung und geringe Geräuschentwicklung durch eine homogene Feldverteilung sind möglich. Durch den anisotropen magnetischen Komposit-Werkstoff mit den leichten strukturstabilen zweiten Fasern können leichte und robuste Rotoren aufgebaut werden. Ein weiterer Vorteil der Trennung der optimierten magnetischen Flussführung von der mechanischen Stabilisierung liegt im weiteren Aufbau der Elektrobleche.

[0016] Nach einer vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung wird dem anisotropen magnetischen Werkstoff aus imprägniertem Gewebe zumindest zweierlei Fasern zur Herstellung eines Elektroblechs noch ein Metall zu legiert, beispielsweise Silizium. Damit wird der elektrische Widerstand erhöht und Wirbelstromverluste reduziert. Zugleich reduzieren diese jedoch die Sättigungsmagnetisierung und somit den leitbaren magnetischen Fluss.

[0017] Allerdings sind aufgrund der Flussführung in Drähten Wirbelstromverluste aufbaubedingt stark eingeschränkt und es kann auf Legierungselemente verzichtet werden. Dies erhöht die erreichbare Sättigungsmagnetisierung und damit die Flussleitfähigkeit mit günstiger Auswirkung auf die erreichbare Motorperformance.

[0018] Durch die Erfindung ist es erstmals möglich, ein integriertes magnetisches Komposit-Material in einem Elektromotor wie beispielsweise einem Reluktanzmotor einzusetzen.


Ansprüche

1. Anisotroper magnetischer Komposit-Werkstoff, der ein Gewebe in einem Kunstharz als Matrixmaterial umfasst, wobei das Gewebe erste Fasern, die magnetisch, im Wesentlichen in eine Richtung angeordnet sind und dazu querliegende zweite Fasern, die nicht magnetisch sind, umfasst.
 
2. Komposit-Werkstoff nach Anspruch 1, wobei die ersten Fasern unidirektionale magnetisierbare Drähte, Fasern und/oder Faserbündel aus einem weichmagnetischen Material umfassen.
 
3. Komposit-Werkstoff nach einem der Ansprüche 1 oder 2, wobei die zweiten Fasern organische oder anorganische strukturstabile Fasern wie beispielsweise keramische Fasern, Kohlefasern, polymere Kunststofffasern, Aramidfasern, und/oder Glasfasern sowie beliebige Mischungen der vorgenannten Fasern.
 
4. Komposit-Werkstoff nach einem der vorstehenden Ansprüche, der ein organisches Kunstharz umfasst, das Duroplast oder Thermoplast ist.
 
5. Komposit-Werkstoff nach einem der vorstehenden Ansprüche, der in Form vorgefertigter Prepreg-Lagen auf eine feste Form abgelegt und mehrere Prepreg-Lagen dort zu einem Laminatlagen-Stapel gestapelt werden.
 
6. Komposit-Werkstoff nach Anspruch 5, wobei als feste Form der Kern eines Reluktanzmotors dient.
 
7. Komposit-Werkstoff nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei der Laminatlagen-Stapel aus Prepreg-Lagen auf dem Kern des Reluktanzmotors ausgehärtet wird.
 
8. Verwendung eines Komposit-Werkstoffes nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 7 in einem Elektromotor.
 
9. Verwendung eines Komposit-Werkstoffes nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 7 in einem Generator.
 
10. Verwendung eines Komposit-Werkstoffes nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 7 in einem Reluktanzmotor.
 
11. Verwendung eines Komposit-Werkstoffes nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 7 in einem Transformator.
 
12. Verwendung eines Komposit-Werkstoffes nach einem der vorstehenden Ansprüche 1 bis 7 zur Herstellung eines Elektroblechs.
 





Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente