(19)
(11) EP 3 564 350 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
06.11.2019  Patentblatt  2019/45

(21) Anmeldenummer: 19162188.7

(22) Anmeldetag:  12.03.2019
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
C11D 3/37(2006.01)
C11D 3/48(2006.01)
C11D 7/32(2006.01)
C11D 11/04(2006.01)
C11D 3/39(2006.01)
C11D 7/26(2006.01)
C11D 7/36(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(30) Priorität: 27.04.2018 DE 102018110302

(71) Anmelder: Dr. Schumacher GmbH
34323 Malsfeld-Beiseförth (DE)

(72) Erfinder:
  • Brückner, Erik
    40723 Hilden (DE)
  • Enzeroth, Michaela
    34323 Malsfeld (DE)
  • Michels, Winfried
    34414 Warburg (DE)

(74) Vertreter: Kudla, Christof 
Fürker Strasse 47A
42697 Solingen
42697 Solingen (DE)

   


(54) VERFAHREN ZUR REINIGUNG CHIRURGISCHER INSTRUMENTE


(57) Verfahren zur Reinigung chirurgischer Instrumente, dadurch gekennzeichnet , dass eine erste Flüssigkeit, die ein Oxidationsmittel enthält oder daraus besteht, und eine zweite Flüssigkeit, die alkalisch ist und einen komplexbildenden Inhaltsstoff sowie einen mehrwertigen Alkohol enthält, vereint werden, wodurch ein aktiviertes Reinigungssystem erhalten wird, mit welchem ein zu reinigendes chirurgisches Instrument kontaktiert wird.
Verwendung eines Reinigungssystems zur Reinigung eines chirurgischen Instrumentes, dadurch gekennzeichnet, dass das Reinigungssystem eine erste und eine zweite Flüssigkeit umfasst, wobei die erste Flüssigkeit ein Oxidationsmittel enthält oder daraus besteht, und die zweite Flüssigkeit alkalisch ist und einen komplexbildenden Inhaltsstoff sowie einen mehrwertigen Alkohol enthält, und wobei das Reinigungssystem durch Vereinen der beiden Flüssigkeiten aktivierbar ist


Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Reinigung chirurgischer Instrumente sowie die Verwendung eines Reinigungssystems zur Reinigung chirurgischer Instrumente.

Stand der Technik



[0002] Bei bestimmten Arten von chirurgischen Instrumenten ist es ein bekanntes Problem, diese nach Ihrer Anwendung am Patienten gründlich zu reinigen, damit sie nach der Sterilisation für eine Anwendung am nächsten Patienten wieder in einwandfreiem Zustand zur Verfügung stehen und unter Einhaltung geltender Hygienevorschriften eingesetzt werden können. Dies gilt insbesondere für chirurgische Instrumente, auf denen sich durch ihren bestimmungsgemäßen Gebrauch organische Verschmutzungen ablagern, die aufgrund der Anwendungsbedingungen bzw. mit fortschreitender Antrocknung besonders schwer zu entfernen sind.

[0003] Beispiele für schwer zu entfernende Verschmutzungen sind insbesondere Knochenmehl, Schleime, Salben, Arzneimittelreste, durch Desinfektionsmittel denaturierte Proteine und Fette sowie insbesondere Verkrustungen an Instrumenten, die in der Hochfrequenz-Chirurgie (HF-Chirurgie) eingesetzt werden.

[0004] Die HF-Chirurgie ermöglicht im Vergleich zur herkömmlichen Schneidetechnik blutarme Gewebeschnitte ohne das Risiko einer Keimverschleppung durchzuführen, wobei die Anwendung auch durch kleine Körperöffnungen minimalinvasiv möglich ist.

[0005] Die Diathermie oder Elektrokaustik ist hierbei eine operative Methode zur Durchtrennung von Gewebestrukturen oder zur vollständigen Entfernung von Körpergewebe (Kauterisation) mit dem Elektrokauter. Die hierfür verwendeten chirurgischen Instrumente werden auch als Elektroskalpelle bezeichnet.

[0006] Bei der Anwendung solcher HF-Chirurgie-Instrumente wird ein hochfrequenter Wechselstrom durch den menschlichen Körper geleitet, um Gewebe durch die dadurch verursachte Erwärmung gezielt zu schädigen bzw. zu schneiden. Die beiden Pole des HF-Chirurgie-Gerätes müssen über das zu koagulierende Gewebe des Patienten einen geschlossenen Stromkreis bilden, wobei man je nach Anordnung der Pole zwischen einer monopolaren und einer bipolaren Anwendung unterscheidet. Neben Einmalinstrumenten werden oftmals mehrfach verwendbare Instrumentenaufsätze verwendet, die jedoch nach der Anwendung am Patienten bedingt durch die lokal entstehenden Temperaturen mit eingebranntem Blut, Protein, Gewebe, etc. verunreinigt sind und aufgrund ihrer geringen Dimensionen äußerst schwierig zu reinigen sind. Insbesondere eine Reinigung im RDG (Reinigungs- und Desinfektionsgerät) mit anschließender thermischer Desinfektion ist nicht hinreichend möglich, da Rückstände auf den Elektrodenoberflächen verbleiben. Es sind daher zusätzliche Maßnahmen erforderlich, um eine ausreichende Reinigung sicherzustellen.

[0007] Die WO 99/18867 A1 beschreibt ein chirurgisches System, das die Erzeugung und Verwendung einer neuen Wellenform von elektrischer Energie beinhaltet, die auf den Arbeitsoberflächen eines elektrochirurgischen Instrumentes relativ zu einer Rückleitung eine negative mittlere Vorspannung liefert. Unter Verwendung der neuen Wellenform mit negativer Vorspannung soll es zu reduzierten Ablagerungen auf den chirurgischen Instrumenten kommen, die sich darüber hinaus auch vergleichsweise leicht entfernen lassen.

[0008] Aus dem Stand der Technik ist es ferner bekannt, schwer zu reinigende chirurgische Instrumente einzuweichen, z.B. in Wasserstoffperoxidlösung, und anschließend mechanisch bzw. manuell vorzureinigen, beispielsweise mit Hilfe von Bürsten, Wasserpistolen, im Ultraschallbad, mit Hilfe eines Dampfreinigers oder gar mit abrasiven Pads (Bausch, Plättchen). Dies ist allerdings aufwändig und führt überdies zu Beeinträchtigungen der Oberfläche der chirurgischen Instrumente.

[0009] Ferner sind aus dem Stand der Technik auch 2-Komponenten-Zusammensetzungen zur Bleichung oder zur Fleckenentfernung bekannt, jedoch nicht zur Reinigung chirurgischer Instrumente.

[0010] Die EP 1 275 708 A1 beschreibt eine 2-Komponenten-Zusammensetzung mit bleichenden Eigenschaften. Die erste Komponente enthält dabei ein Oxidationsmittel, nämlich Wasserstoffperoxid, und die zweite Komponente enthält einen alkalischen Inhaltsstoff sowie optional einen Komplexbildner und einen mehrwertigen Alkohol. Eine Anwendung oder Eignung der Zusammensetzung zur Reinigung chirurgischer Instrumente wird nicht beschrieben.

[0011] Die WO 2004/009753 A1 beschreibt eine zumindest ein Enzym enthaltende Zusammensetzung zur Fleckenentfernung, die aus zwei vor oder während der Anwendung zu vereinigenden Flüssigkeiten besteht. Die erste Flüssigkeit enthält dabei vorzugsweise ein Peroxid als Oxidationsmittel, während die zweite Flüssigkeit einen alkalischen Inhaltsstoff enthält. Optional kann die zweite Flüssigkeit zudem auch einen Komplexbildner sowie einen mehrwertigen Alkohol enthalten. Auch diese ältere Schrift beschreibt keine Eignung der Zusammensetzung zur Reinigung chirurgischer Instrumente.

Aufgabe der Erfindung



[0012] Es ist die Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein alternatives Verfahren zur Reinigung chirurgischer Instrumente bereitzustellen, das die aus dem Stand der Technik bekannten Nachteile, insbesondere der personalintensiven manuellen (Vor-)Reinigung mit Oberflächen beschädigenden Auswirkungen, überwindet und sich vorzugsweise durch eine selbstständige Reinigung oder Vorreinigung selbst stark verschmutzter chirurgischer Instrumente auszeichnet.

Allgemeine Beschreibung der Erfindung



[0013] Die Erfindung löst diese Aufgabe mit den Merkmalen der Ansprüche und insbesondere mit einem Verfahren zur Reinigung chirurgischer Instrumente, in dem eine erste Flüssigkeit, die ein Oxidationsmittel enthält oder daraus besteht, und eine zweite Flüssigkeit, die alkalisch ist und einen komplexbildenden Inhaltsstoff sowie einen mehrwertigen Alkohol enthält, vereint werden, wodurch ein aktiviertes Reinigungssystem erhalten wird, mit welchem ein zu reinigendes chirurgisches Instrument bzw. dessen Funktions- oder Arbeitsbereich kontaktiert wird.

[0014] Die erste Flüssigkeit des in dem erfindungsgemäßen Verfahren verwendeten Reinigungssystems enthält ein oder besteht aus einem Oxidationsmittel, das vorzugsweise Wasserstoffperoxid ist, insbesondere mit einer Konzentration von 5 bis 30 Gew.-%, besonders bevorzugt mit einer Konzentration von 10 bis 20 Gew.-% und am bevorzugtesten mit einer Konzentration von etwa 15 Gew.%.

[0015] Die zweite Flüssigkeit des in dem erfindungsgemäßen Verfahren verwendeten Reinigungssystems enthält eine komplexbildende Komponente, die aus der Gruppe ausgewählt ist, die Methylglycindiessigsäure, ein Derivat der Methylglycindiessigsäure, Tetranatrium-N,N-bis(carboxylatomethyl)-L-glutamat, Imidosuccinat, Ethylendiamintetraessigsäure, Polyasparaginsäure, Diethylentriaminpentaessigsäure, Ethylendiamindibernsteinsäure, Iminodisuccinate, Gluconsäure, Propylendiamintetraacetat, Hydroxyethylethylendiamintriacetat, Glucoheptonate, Nitrilotriessigsäure, Zitronensäure, Natriumcitrat sowie komplexbildende Phosphate und Phosphonate umfasst.

[0016] Geeignete komplexbildende Phosphate und Phosphonate sind beispielsweise Natriumtripolyphosphat, Aminotrimethylenphosphonsäure, Ethylendiamintetra(methylenphosphonsäure), Diethylentriaminpenta(methylenphosphonsäure), 1-Hydroxyethan-(1,1-diphosphonsäure), Phosphonobutan-tricarbonsäure und Hexamethylenediamine tetra(methylen) phosphonsäure.

[0017] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform ist die in der zweiten Flüssigkeit enthaltene komplexbildende Komponente Methylglycindiessigsäure oder ein Derivat der Methylglycindiessigsäure, insbesondere ein Salz der Methylglycindiessigsäure, z.B. das Trinatriumsalz der Methylglycindiessigsäure.

[0018] Neben der komplexbildenden Komponente enthält die zweite Flüssigkeit auch einen alkalischen Inhaltsstoff, vorzugsweise eine starke Base, z.B. NaOH, KOH, Ba(OH)2 oder Ca(OH)2. Diese in der zweiten Flüssigkeit gelöst vorliegende Base bewirkt, dass die zweite Flüssigkeit alkalisch ist und einen pH-Wert > 10 oder > 12 und besonders bevorzugt einen pH-Wert von 14 aufweist.

[0019] Erfindungsgemäß enthält die zweite Flüssigkeit zusätzlich zu dem komplexbildenden Inhaltsstoff und der starken Base auch einen mehrwertigen Alkohol, insbesondere ein mehrwertiges Alkanol, das bevorzugt Ethandiol, Propandiol, insbesondere 1,2-Propandiol, Butandiol, Pentandiol und Propan-1,2,3-triol ist.

[0020] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform besteht die zweite Flüssigkeit des erfindungsgemäßen Reinigungssystems aus dem komplexbildenden Inhaltsstoff, dem alkalischen Inhaltsstoff, dem mehrwertigen Alkohol, sowie optional Wasser und/oder Hilfsstoffen, z.B. Lösungsvermittlern, und enthält keine weiteren Inhaltsstoffe. Generell ist es bevorzugt, dass der Anteil des komplexbildenden Inhaltsstoffes an der zweiten Flüssigkeit 5-50 Gew.-% beträgt, wobei ein Anteil des komplexbildenden Inhaltsstoffes an der zweiten Lösung von 10-30 Gew.-% am meisten bevorzugt ist.

[0021] Der Anteil des enthaltenen mehrwertigen Alkohols an der zweiten Flüssigkeit ist vergleichsweise klein und beträgt < 20 Gew.-%, insbesondere < 10 Gew.-% und besonders bevorzugt etwa 5 Gew.-%.

[0022] Das erfindungsgemäße Reinigungssystem ist durch Vereinen der ersten und der zweiten Flüssigkeit miteinander aktivierbar, d.h. beim Zusammengeben beider Flüssigkeiten erfolgt die Aktivierung. Dies äußert sich darin, dass der pH-Wert des Reinigungssystems in den alkalischen Bereich geführt wird und eine Wärmeentwicklung, insbesondere auf Temperaturen oberhalb von 30 °C, erfolgt.

[0023] Es wurde herausgefunden, dass bei einer Kontaktierung eines zu reinigenden chirurgischen Instrumentes mit dem erfindungsgemäßen aktivierten Reinigungssystem an den Stellen, an denen Verschmutzungen bzw. Verkrustungen an dem chirurgischen Instrument anhaften, eine Gasentwicklung stattfindet und eine selbsttätige Abreinigung oder zumindest eine selbsttätige effektive Vorreinigung des chirurgischen Instrumentes erfolgt, die keine unterstützende mechanische Behandlung, z.B. durch Bürsten oder die Anwendung abrasiver Pads, erfordert.

[0024] In dem erfindungsgemäßen Verfahren erfolgt die Kontaktierung des zu reinigenden chirurgischen Instrumentes mit dem Reinigungssystem insbesondere direkt nach Vereinigung der ersten und der zweiten Flüssigkeit, d.h. direkt nach der Aktivierung des Reinigungssystems. Vorzugsweise erfolgt die Kontaktierung mindestens für einen Zeitraum von mehreren Minuten, beispielsweise für mindestens 10 Minuten, vorzugsweise für 15 bis 30 Minuten und maximal bis zu 60 Minuten. Es ist vorteilhaft, wenn alle auf dem chirurgischen Instrument befindlichen und zu entfernenden Rückstände von dem erfindungsgemäßen Reinigungssystem kontaktiert werden. Daher eignet sich für das Kontaktieren insbesondere ein Tauchbad bzw. ein geeignetes das aktivierte Reinigungssystem enthaltendes Behältnis, in welches das zu reinigende chirurgische Instrument gelegt oder gestellt wird, sodass zumindest der Teil des chirurgischen Instrumentes, an dem die zu entfernenden Verschmutzungen anhaften, komplett von Flüssigkeit umgeben ist.

[0025] Das in dem erfindungsgemäßen Verfahren eingesetzte zu reinigende chirurgische Instrument ist insbesondere ein in der Hochfrequenz-Chirurgie eingesetztes chirurgisches Instrument, wie z.B. ein Kauterinstrument. Weitere chirurgische Instrumente, für die sich das erfindungsgemäße Reinigungsverfahren besonders eignet, sind z.B. Clips zum Komprimieren von Gefäßen der Kopfschwarte, Trepane zum Durchbohren der Schädeldecke, gynäkologische Küretten und Spekula, Knochenraspeln, Markraumbohrer sowie Schrauben, Bohrer oder Schraubendreher mit Lumina.

[0026] Das erfindungsgemäße Reinigungssystem ist generell besonders gut anwendbar auf Instrumente aus hochwertigem Instrumentenstahl, jedoch nicht auf Instrumente aus Aluminium, Titan oder Instrumente mit Oberflächenbeschichtungen, z.B. mit galvanischer Verchromung oder im Plasma aufgetragener Titan- bzw. Titanaluminium(carbo)nitrid-Beschichtung.

[0027] Die Rückstände, die durch ein erfindungsgemäßes Verfahren teilweise oder vollständig entfernt werden können, sind insbesondere eingebranntes und/oder angetrocknetes Blut, Protein oder Gewebe.

[0028] Durch das Zusammengeben der ersten und der zweiten Flüssigkeit wird in dem erfindungsgemäßen Verfahren das aktivierte Reinigungssystem erhalten und für die Reinigung bzw. Vorreinigung der chirurgischen Instrumente bereitgestellt. Es kommt zu einer Hitzeentwicklung, die zu Temperaturen oberhalb von 30 °C führt.

[0029] Die zu reinigenden oder vorzureinigenden chirurgischen Instrumente werden vorzugsweise in ein das aktivierte Reinigungssystem enthaltendes Behältnis gegeben, wobei es bei Kontaktierung der an den Instrumenten anhaftenden Verschmutzungen zu einer Gasentwicklung kommt, d.h. die Verschmutzungen werden unter Gasentwicklung selbsttätig gelockert und/oder gelöst.

[0030] Nach dem Kontaktieren der chirurgischen Instrumente mit dem Reinigungssystem werden die gereinigten bzw. vorgereinigten chirurgischen Instrumente aus dem Behältnis entfernt, gespült und optional gewaschen und/oder nachgereinigt, z.B. unter Anwendung mechanischer Hilfsmittel wie z.B. Bürsten, bzw. der weiteren Aufbereitung im Reinigungs-Desinfektionsgerät zugeführt.

[0031] Die Erfindung betrifft außerdem auch die Verwendung des erfindungsgemäßen Reinigungssystems zur Reinigung chirurgischer Instrumente. Die chirurgischen Instrumente können dabei insbesondere ausgewählt sein aus der Gruppe, die Clips zum Komprimieren von Gefäßen der Kopfschwarte, Trepane zum Durchbohren der Schädeldecke, gynäkologische Küretten und Spekula, Knochenraspeln, Markraumbohrer sowie Schrauben, Bohrer oder Schraubendreher mit Lumina umfasst.

Genaue Beschreibung der Erfindung



[0032] Die Erfindung wird nun genauer anhand eines Beispiels beschrieben.

Beispiel 1: Herstellung verschiedener Zweikomponenten-Reinigungssysteme und Anwendung der Reiniaunassvsteme zur Reinigung verschmutzter chirurgischer Instrumente



[0033] Zur Untersuchung der Reinigungsleistung verschiedener Reinigungssysteme wurden insgesamt 8 verschiedene Zweikomponenten-Reinigungssysteme hergestellt und deren Wirksamkeit an stark verschmutzten monopolaren Messerelektroden getestet.

[0034] Als erste Flüssigkeit wurde jeweils eine Wasserstoffperoxidlösung mit einer Konzentration von 15 Gew.-% verwendet.

[0035] Die Zusammensetzung der zweiten Flüssigkeit variierte bei den verschiedenen Zweikomponenten-Reinigungssystemen. Die genaue Zusammensetzung der acht getesteten Reinigungssysteme ist in der nachstehenden Tabelle 1 angegeben.
Tabelle 1: Zusammensetzung der in acht verschiedenen Reinigungssystemen enthaltenen zweiten Flüssigkeit (in Gew.-%) und Reinigungsleistung der entsprechenden Reinigungssysteme
Inhaltsstoff V1 V2 V3 V4 V5 V6 V7 V8
Kalilauge 45 Gew.-% 65 65 65 65 50 0 65 65
1,2-Propandiol 0 0 0 0 0 0 5 5
Na3MGDA (40 %ige Lösung) 10 20 30 35 50 100 10 30
VE-Wasser 25 15 5 0 0 0 20 0
Reinigungsleistung (Beurteilung in Schulnoten) 4-5 3-4 3-4 4-5 5 5 1 1


[0036] Bei Na3MGDA handelt es sich um das Trinatriumsalz der Methylglycindiessigsäure.

[0037] In den ersten vier Versuchen (V1 bis V4) wurden jeweils Flüssigkeiten hergestellt, die zu verschiedenen Anteilen Kalilauge, Na3MGDA und entionisiertes Wasser enthielten. In V5 wurde eine Flüssigkeit hergestellt, die nur Kalilauge und Na3MGDA enthielt, und die in V6 verwendete Flüssigkeit bestand ausschließlich aus Na3MGDA. Bei allen Flüssigkeiten der Versuche V1 bis V6 handelt es sich um Vergleichsflüssigkeiten und nicht um in einem erfindungsgemäßen Verfahren verwendbare zweite Flüssigkeiten, da alle in diesen Versuchen eingesetzten Flüssigkeiten keinen mehrwertigen Alkohol enthielten.

[0038] Die in V7 und V8 hergestellten Flüssigkeiten sind in einem erfindungsgemäßen Verfahren verwendbare zweite Flüssigkeiten, die zur Herstellung eines aktivierten Reinigungssystems verwendet werden können. Die in V7 eingesetzte Flüssigkeit enthielt Kalilauge, 1,2-Propandiol, Na3MGDA und Wasser, und die in V8 eingesetzte Flüssigkeit enthielt ausschließlich Kalilauge, 1,2-Propandiol und Na3MGDA.

[0039] Von jeder der in den Versuchen V7 und V8 hergestellten zweiten Flüssigkeiten und von jeder der in den Vergleichsversuchen V1 bis V6 hergestellten Vergleichsflüssigkeiten wurden nun jeweils 20 mL Flüssigkeit mit jeweils 20 mL 15%iger Wasserstoffperoxidlösung zusammengegeben. Die auf diese Weise hergestellten acht verschiedenen Reinigungssysteme wurden nun hinsichtlich ihrer Reinigungsleistung geprüft, indem jeweils eine mit eingebranntem Schafsblut verschmutzte monopolare Messerelektrode sowie eine mit Glutaraldehyd-fixiertem Blut verschmutzte monopolare Messerelektrode in jedes Behältnis mit dem jeweiligen Reinigungssystem gegeben wurde, wobei darauf geachtet wurde, dass alle verschmutzten Stellen der Messerelektroden vollständig von Flüssigkeit umgeben waren.

[0040] Zunächst wurde beim Vereinigen jeder der Flüssigkeiten der Versuche V1 bis V8 mit der Wasserstoffperoxidlösung eine klare, gelbliche Lösung erhalten. Der pH-Wert jeder dieser Lösungen betrug 14. Die Behandlung der verschmutzten Messerelektroden mit den jeweiligen Reinigungssystemen erfolgte für eine Dauer von jeweils 60 Minuten.

[0041] Es wurde beobachtet, dass es bei den Versuchen V7 und V8 zu einer Hitzeentwicklung > 30 °C nach dem Zusammengeben der Flüssigkeiten kam. 5 Minuten nach dem Zusammengeben der ersten Flüssigkeit (Wasserstoffperoxid-Lösung) und der zweiten Flüssigkeit betrug die Temperatur des Reinigungssystems, das die in V7 hergestellte Flüssigkeit enthielt, 35,4 °C, während die Temperatur des Reinigungssystems, das die in V8 hergestellte Flüssigkeit enthielt, 37,2 °C betrug. Bei beiden Reinigungssystemen, die also jeweils die in den Versuchen V7 oder V8 hergestellten Flüssigkeiten enthielten, kam es zu einer deutlichen Gasentwicklung an den vom Reinigungssystem umgebenen verschmutzten Stellen. Diese konnte bei den Reinigungssystemen, die eine der in den Versuchen V1 bis V6 hergestellten Flüssigkeiten enthielten, nicht oder nur in sehr geringem Ausmaß beobachtet werden.

[0042] Nach 60 Minuten wurden die Messerelektroden aus den Gefäßen mit den verschiedenen Reinigungssystemen entfernt, mit Wasser abgespült und getrocknet. Anschließend wurden die jeweiligen Reinigungserfolge begutachtet. Diese sind in Form von Schulnoten in der voranstehenden Tabelle 1 aufgeführt.

[0043] Bei Verwendung der Reinigungssysteme, die eine der in den Vergleichsversuchen V1 bis V6 hergestellten Flüssigkeiten enthielten, wurde beobachtet, dass diese alle einen mäßigen Reinigungserfolg für die Verschmutzungen mit eingebranntem Schafsblut erzielen konnten, jedoch nur einen schlechten bis maximal mäßigen Reinigungserfolg bei den Glutaraldehyd-fixierten Verschmutzungen. In allen Fällen waren deutliche Rückstände auf den Messerelektroden vorhanden, die teilweise auch bei der anschließenden Entfernung durch mechanische Hilfsmittel noch erhebliche Schwierigkeiten bereiteten. Bei der Beurteilung der Reinigungsleistung konnten die entsprechenden Reinigungssysteme, die eine der in den Vergleichsversuchen V1 bis V6 hergestellten Flüssigkeiten enthielten, daher lediglich Schulnoten von 3-4 bis 5 erzielen.

[0044] Ausschließlich bei der Verwendung von Reinigungssystemen, die die in den Versuchen V7 und V8 hergestellte Flüssigkeit enthielten, konnte eine sehr gute Reinigungsleistung (Schulnote 1) beobachtet werden, da diese Reinigungssysteme sowohl die Verschmutzungen mit verbranntem Schafsblut als auch die Glutaraldehyd-fixierten Blut-Verschmutzungen selbsttätig ablösen konnten. Folglich ist die Kombination aus starker Lauge, mehrwertigem Alkohol und dem Komplexbildner Na3MGDA besonders geeignet, um nach dem Versetzen mit Wasserstoffperoxid eine selbsttätige Abreinigung verschmutzter chirurgischer Instrumente zu erlauben.

[0045] Die in der vorstehenden Beschreibung sowie in den Ansprüchen offenbarten Merkmale der Erfindung können sowohl einzeln als auch in beliebigen Kombinationen für die Verwirklichung der Erfindung in ihren verschiedenen Ausführungsformen wesentlich sein.


Ansprüche

1. Verfahren zur Reinigung chirurgischer Instrumente, dadurch gekennzeichnet, dass eine erste Flüssigkeit, die ein Oxidationsmittel enthält oder daraus besteht, und eine zweite Flüssigkeit, die alkalisch ist und einen komplexbildenden Inhaltsstoff sowie einen mehrwertigen Alkohol enthält, vereint werden, wodurch ein aktiviertes Reinigungssystem erhalten wird, mit welchem ein zu reinigendes chirurgisches Instrument kontaktiert wird.
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass als in der ersten Flüssigkeit enthaltenes Oxidationsmittel Wasserstoffperoxid eingesetzt wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass als in der zweiten Flüssigkeit enthaltener komplexbildender Inhaltsstoff ein Komplexbildner eingesetzt wird, der aus der Gruppe ausgewählt ist, die Methylglycindiessigsäure, ein Derivat der Methylglycindiessigsäure, Tetranatrium-N,N-bis(carboxylatomethyl)-L-glutamat, Imidosuccinat, Ethylendiamintetraessigsäure, Polyasparaginsäure, Diethylentriaminpentaessigsäure, Ethylendiamindibernsteinsäure, Iminodisuccinate, Gluconsäure, Propylendiamintetraacetat, Hydroxyethylethylendiamintriacetat, Glucoheptonate, Nitrilotriessigsäure, Zitronensäure, Natriumcitrat sowie komplexbildende Phosphate und Phosphonate umfasst.
 
4. Verfahren nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Komplexbildner ein komplexbildendes Phosphat oder ein komplexbildendes Phosphonat ist und aus der Gruppe ausgewählt ist, die Natriumtripolyphosphat, Aminotrimethylenphosphonsäure, Ethylendiamintetra(methylenphosphonsäure), Diethylentriaminpenta(methylenphosphonsäure), 1-Hydroxyethan-(1,1-diphosphonsäure), Phosphonobutan-tricarbonsäure und Hexamethylenediamine tetra(methylen) phosphonsäure umfasst.
 
5. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass als in der zweiten Flüssigkeit enthaltener mehrwertiger Alkohol Ethandiol, Propandiol, Butandiol, Pentandiol oder Propan-1,2,3-triol eingesetzt wird.
 
6. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die zweite Flüssigkeit einen pH-Wert > 10 aufweist und zumindest eine Base in gelöster Form enthält, wobei die Base aus der Gruppe ausgewählt ist, die NaOH, KOH, Ba(OH)2 und Ca(OH)2 umfasst.
 
7. Verfahren nach einem der voranstehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass durch Vereinen der ersten und der zweiten Flüssigkeit eine Wärmeentwicklung auf Temperaturen oberhalb von 30 °C erfolgt.
 
8. Verwendung eines Reinigungssystems zur Reinigung eines chirurgischen Instrumentes, dadurch gekennzeichnet, dass das Reinigungssystem eine erste und eine zweite Flüssigkeit umfasst, wobei die erste Flüssigkeit ein Oxidationsmittel enthält oder daraus besteht, und die zweite Flüssigkeit alkalisch ist und einen komplexbildenden Inhaltsstoff sowie einen mehrwertigen Alkohol enthält, und wobei das Reinigungssystem durch Vereinen der beiden Flüssigkeiten aktivierbar ist.
 
9. Verwendung nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass das chirurgische Instrument ein in der HF-Chirurgie verwendetes chirurgisches Instrument, insbesondere ein Kauterinstrument, ist.
 
10. Verwendung nach Anspruch 8, dadurch gekennzeichnet, dass das chirurgische Instrument ausgewählt ist aus der Gruppe, die Clips zum Komprimieren von Gefäßen der Kopfschwarte, Trepane zum Durchbohren der Schädeldecke, gynäkologische Küretten und Spekula, Knochenraspeln, Markraumbohrer sowie Schrauben, Bohrer oder Schraubendreher mit Lumina umfasst.
 





Recherchenbericht












Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente