[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren und ein Computerprogrammprodukt zum Betreiben
einer Oszillationsvorrichtung für eine Stranggießkokille innerhalb einer Stranggießanlage
zum Erzeugen eines Gießstrangs. Die Erfindung kann Anwendung finden bei Block-, Knüppel-,
BBL-, Brammen- und Dünnbrammenstranggießanlagen. Derartige Stranggießanlagen können
als Senkrechtabbiege-, Bogen- oder Vertikalbrammenanlagen ausgebildet sein.
[0002] Darüber hinaus betrifft die Erfindung eine Oszillationsvorrichtung, welche gemäß
dem erfindungsgemäßen Verfahren betrieben wird. Bekannte Oszillationseinrichtungen
verwenden typischerweise hydraulische oder elektromechanische Antriebe bzw. Anstellelemente
zum Oszillieren der Kokille.
Stand der Technik:
[0003] Um der Reibung der Strangschale an den Kokillenplatten entgegen zu wirken, arbeiten
die Stranggießanlagen mit oszillierenden Kokillen. Die hochwertige Produktion von
Gießprodukten erfordert hierbei einen definierten Geschwindigkeitsverlauf der Kokillenoszillation
in Abhängigkeit bestimmter Gießparameter.
Das Zuordnungskriterium/Auswahlkriterium (der Oszillationskurvenverläufe) ist vorzugsweise
die zu vergießende Stahlqualität (Stahlanalyse der Schmelze die vergossen werden soll)
und die Gießgeschwindigkeit.
[0004] Der gewählte Oszillationskurvenverlauf (Geschwindigkeitsverlauf) wird dann für die
Produktion einer Stahlqualität gemeinsam mit dem variablen Produktionsparameter "Gießgeschwindigkeit"
verwendet. Eine dynamische Anpassung der Hubhöhe und Hubfrequenz erfolgt dann in der
Abhängigkeit zur Gießgeschwindigkeit.
[0005] Somit ist u.a. auch eine gezielte Einstellung eines "Negativ Strip Wertes" möglich.
[0006] Negativ Strip ist der Zeitbereich in der die Kokille in der Geschwindigkeit (bei
der Bewegungsrichtung der Oszillation in Produktionsrichtung des erzeugten Stranges,
also mit der Richtung der Gießgeschwindigkeit) die eingestellte Gießgeschwindigkeit
überschreitet.
[0007] Der Negativ Strip wird meist in Prozent einer gesamten Oszillationsperiode angegeben.
Der Oszillationskurvenverlauf der Oszillationsgeschwindigkeit ist dabei die Basis
und Grundlage für die genannten weiteren Abhängigkeiten und Einstellungen.
[0008] Der verfahrenstechnische Hintergrund für den Verlauf der Oszillationsbewegung ist
eine gezielte Reduzierung der Reibung zwischen der Strangschale an den Kupferplatten
der Kokille während der Oszillationsbewegung. Die Oszillationsbewegung begünstigt
hierbei die Speisung des Spalts zwischen Strang und Kokillenplatten mit Gießpulver,
Gießgranulat oder flüssigen Schmiermitteln (z. B. Öl). Die Eigenschaften (u.a. die
Viskosität und das Aufschmelzverhalten) des verwendeten Schmiermittels (z. B. Gießpulver)
kann daher auch ein ergänzendes Auswahlkriterium für die Wahl der Oszillationskurve
und deren Parameter darstellen.
[0009] Die Hubamplituden der Kokille liegen beispielhaft in einem im typischen Bereich um
± 3 mm (bei Geißgeschwindigkeiten um 1 m/min). Bei einem sinusförmiger periodischen
Verlauf der Oszillationskurve wird dabei eine Kokillenhubfrequenz im Bereich bis zu
ca. 70 Hüben je Minute je m/min Gießgeschwindigkeit eingestellt.
[0010] Aus der
WO-2016/162141 A1 ist z.B. Folgendes bekannt: Flüssiges Metall wird in eine Stranggießkokille der Stranggießanlage
gegossen. Das flüssige Metall erstarrt an den Seitenwänden der Stranggießkokille zu
einer Strangschale. Die Strangschale wird mittels einer Abzugseinrichtung der Stranggießanlage
mit oder ohne noch flüssigen Kern in einer Gießrichtung mit einer Gießgeschwindigkeit
aus der Stranggießkokille abgezogen. Die Stranggießkokille wird mittels einer Oszillationseinrichtung
der Stranggießanlage in der Gießrichtung periodisch bewegt. Die Oszillationseinrichtung
wird von einer Steuereinrichtung der Stranggießanlage gesteuert. Die Bewegung der
Stranggießkokille ist in einem ersten Zeitabschnitt der Periode eine harmonische Schwingung,
der ein Geschwindigkeitsoffset überlagert ist. In einem zweiten Zeitabschnitt der
Periode erfolgt die Bewegung mit konstanter Geschwindigkeit. Als harmonisch wird eine
Schwingung bezeichnet, deren Verlauf durch eine Sinusfunktion beschrieben werden kann.
[0011] Aus der
DE-19742794-A1 ist eine weitere Lösung für die Oszillationsbewegung bekannt. Im Vergleich zu einer
einfachen sinusförmigen oder nicht-sinusförmigen Schwingung mit vergleichbarer Frequenz
und Amplitude können der Wärmeübergang in der Kokille und damit die Schalenbildung
gesteuert und damit die Qualität des Gußproduktes gezielt verbessert werden. Dazu
wird vorgeschlagen, dass bei beliebig vorgegebener Strangabzugsgeschwindigkeit die
Null-Linie der Kokillenschwingungen relativ zur Lage des Badspiegels während des Gießvorganges
nach oben und/oder nach unten bewegt (durch eine zweite überlagerte Schwingung) wird.
[0012] In der
DE-19854329-A1 wird zusätzlich ein Verfahren zum Oszillieren einer Stranggießkokille mittels variabler
Oszillationsparameter beschrieben. Die dort beschriebene Erfindung betrifft ein Verfahren
zum Oszillieren einer Stranggießkokille mittels vertikal reziprozierender Bewegungen
in Gießrichtung bzw. in Gegenrichtung, wobei Hub und Frequenz der Oszillation nach
Maßgabe der Gießgeschwindigkeit einstellbare Parameter sind und bei voreilender Geschwindigkeit
der Kokille relativ zum Strang, dem sog. Negativstrip, flüssiges und/oder festes Gießmedium
in den Spalt zwischen Kokille und Strang eingezogen wird.
[0013] Die vorbekannten Lösungen weisen folgende Nachteile auf:
Die bisher im Stand der Technik beschriebenen Oszillationskurven (Geschwindigkeitsverläufe)
sind oft sinusförmig, besitzen einen sinuiden Charakter, haben einen sinusförmigen
Anteil oder sind aufwendig zusammengesetzte Kurvenverläufe über einem zeitlichen Verlauf
der Oszillationsbewegung.
[0014] Die Generierung eines Oszillationskurvengeschwindigkeitsverlaufes ist mit hohem Aufwand
verbunden. Durch spezifisch erstellten Maschinencode können die Geschwindigkeitsverläufe
nur eingeschränkt erzeugt werden. Eine Übertragung der Verläufe über Datenträger (von
Erstellungssystem zur Steuerung) ist umständlich bzw. zeitintensiv.
[0015] Da auch sinusförmige Kurvenverläufe die Freiheitsgrade einer Kurvengenerierung einschränken,
ist den verfahrenstechnischen Vorgaben mit den bisher im Stand der Technik bekannten
Möglichkeiten eine Grenze gesetzt.
[0016] Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein bekanntes Verfahren und Computerprogrammprodukt
zum Betreiben einer Oszillationsvorrichtung für eine Stranggießkokille sowie eine
bekannte entsprechende Oszillationsvorrichtung dahingehend weiterzubilden, dass individuelle
Oszillations-Geschwindigkeitsverläufe für einen konkreten Anwendungsfall bzw. Gießauftrag
vorgegeben und in der Oszillationsvorrichtung umgesetzt werden zu können.
[0017] Diese Aufgabe wird verfahrenstechnisch durch das in Patentanspruch 1 beanspruchte
Verfahren gelöst. Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass der Hubverlauf, mit welchem
die Stranggießkokille oszilliert wird, wie folgt ermittelt wird:
- Vorgeben eines beliebigen Geschwindigkeitsverlaufs für die Oszillation über der Periode;
- Berechnen der Flächeneinhalte der von dem Geschwindigkeitsverlauf und der x-Achse
innerhalb der Periode eingeschlossenen positiven und negativen Teilflächen oberhalb
und unterhalb der x-Achse;
- Prüfen, ob die Flächeninhalte der positiven und negativen Teilflächen gleich groß
sind; und
- falls ja: Ermitteln des Hubverlaufs für die Stranggießkokille durch Integrieren des
Geschwindigkeitsverlaufs mit den gleich großen Teilflächen oberhalb und unterhalb
der x-Achse über der Periode.
[0018] Das beanspruchte Verfahren bietet den Vorteil, dass beliebige, d. h. frei vorgebbare
und frei parametrierbare Geschwindigkeitsverläufe für die Oszillation der Stranggießkokille
vorgegeben werden können, wie dies von der Verfahrenstechnik bzw. Metallurgie zunehmend
gefordert wird. Diese beanspruchte Vorgabe von beliebigen Geschwindigkeitsverläufen,
angepasst für eine konkrete Gießaufgabe bietet folgende Möglichkeiten:
- den Schmiermitteleinzug zwischen Innenwand der Kokille und sich bildender Schale des
Gießstrangs in der Kokille zu verbessern bzw. dort die Reibung zu reduzieren;
- die Oberflächenqualität eines Gießstrangs durch die Beeinflussung der Oszillationsmarken
(dies sind die Abdrücke die durch die Oszillationsbewegung auf der Strangoberfläche
entstehen) in ihrer Ausprägung (Tiefe und Verlauf) zu optimieren bzw. zu verbessern;
und
- den Oszillationsgeschwindigkeitsverlauf so zu gestalten, dass eine Anregung von möglichen
unerwünschte Resonanzen (insbesondere die Vermeidung von Sinusschwingungen als Anregungsschwingung)
bei Einrichtungen in unmittelbarer Nähe der Oszillation (z.B. Kokille, Gießbühne,
Strangführung, Segmente) vermieden wird.
[0019] Der Begriff "x-Achse" meint im Sinne der Erfindung typischerweise eine Zeit- oder
Winkel-Achse, d. h. der Geschwindigkeitsverlauf V für die Oszillation wird für die
vorliegende Erfindung vorzugsweise in Form eines V(t)- oder V(α)-Verlaufs angegeben.
Gleichermaßen wird der Hubverlauf ebenfalls vorzugsweise über der Zeit oder über dem
Winkel, weiter vorzugsweise innerhalb einer Periode angegeben. Eine Umrechnung der
Abszisse von einer zeitlichen Dimension in eine Winkeldimension, und umgekehrt, ist
jederzeit möglich. Das bedeutet, ein Periodendurchlauf einer Oszillationsbewegung
entspricht 360° in der Winkeldarstellung und - analog dazu - einer Periodenzeit T
in der Zeitdarstellung.
[0020] Der beanspruchte Prüfschritt, in welchem geprüft wird, ob die Flächeninhalt der positiven
und negativen Teilflächen des vorgegebenen Geschwindigkeitsverlaufes gleich groß sind,
ist deswegen erforderlich, weil nur wenn diese Bedingung erfüllt ist, gewährleistet
ist, dass die Kokille durch die Oszillation nicht sukzessive höhenversetzt wird. Umgekehrt
hätte dies den Nachteil, dass wenn die Teilflächen unterschiedlich groß sind, dass
dann die Kokille durch die Oszillation sukzessive höhenversetzt würde, was nicht gewollt
ist.
[0021] Der Anspruch 1 betrifft zunächst den Fall, dass der vorgegebene Geschwindigkeitsverlauf
von vorneherein in einer solchen Form vorgegeben wird, dass seine Teilflächen oberhalb
und unterhalb x-Achse tatsächlich den gleichen Flächeninhalt haben.
[0022] Gemäß einem ersten Ausführungsbeispiel wird der Fall behandelt, dass bei dem beliebig
vorgegebenen Geschwindigkeitsverlauf für die Oszillation die Teilflächen oberhalb
der x-Achse tatsächlich nicht gleich sind. In diesem Fall ist eine Korrektur des Geschwindigkeits-Verlaufes
erforderlich, wie sie in dem Anspruch 1 beansprucht wird, um die Gleichheit der Teilflächen
herzustellen, und um das besagte unerwünschte Höhenversetzen der Kokille durch die
Oszillation zu verhindern.
[0023] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel der Erfindung kann der Geschwindigkeitsverlauf
in Form eines kontinuierlichen Kurvenverlaufs oder in Form von mindestens drei Stützpunkten
über einer Periode vorgegeben werden. In letzterem Fall wird der entsprechend vorgegebene
Geschwindigkeitsverlauf dann vorzugsweise durch Interpolation, beispielsweise durch
lineare Interpolation ermittelt.
[0024] Gemäß einem weiteren Ausführungsbeispiel der Erfindung ist es vorteilhaft, wenn der
durch Integration ermittelte Hubverlauf für die Kokille auf eine maximal gewünschte
Oszillationsamplitude, beispielsweise angegeben in der Einheit mm umgerechnet, und/oder
eine gewünschte Hubfrequenz, d. h. normiert wird.
[0025] Vorzugsweise enthält der vorgegebene Geschwindigkeitsverlauf für die Oszillation
auch einen Bereich bzw. ein Zeitintervall, in welchem die Oszillationsgeschwindigkeit
in Gießrichtung größer ist als die Gießgeschwindigkeit. Dieser Bereich ist dann der
Bereich des "negativen Strips", wie er oben im Stand der Technik mit zugehörigen Vorteilen
beschrieben ist.
[0026] Der vorgegebene Geschwindigkeitsverlauf kann auch insofern beliebig sein, als dass
er nicht nur einen, sondern eine Mehrzahl von Nulldurchgängen, nicht nur ein absolutes,
sondern auch zusätzlich noch zumindest ein lokales Maximum und/oder nicht nur ein
absolutes Minimum, sondern darüber hinaus auch noch beispielsweise mindestens ein
lokales Minimum aufweist.
[0027] Die oben genannte Aufgabe wird weiterhin durch ein Computerprogrammprodukt gemäß
Anspruch 8 sowie eine Oszillationsvorrichtung gemäß Anspruch 9 gelöst. Die Vorteile
dieser beiden Lösungen entsprechen den oben mit Bezug auf das beanspruchte Verfahren
genannten Vorteilen.
[0028] Die beanspruchte Oszillationsvorrichtung weist vorzugsweise eine Eingabeeinrichtung
auf zum manuellen Vorgeben des beliebigen Geschwindigkeitsverlaufes in Form von mindestens
drei Stützpunkten über einer Periode. Zu diesem Zweck besitzt die Eingabevorrichtung
vorzugsweise eine Anzeigevorrichtung, welche die Möglichkeit bietet, den Geschwindigkeitsverlauf
bzw. die den Geschwindigkeitsverlauf repräsentierenden Stützpunkte grafisch vorgeben
zu können und auch eine Interpolation der Stützpunkte zu dem Geschwindigkeitsverlauf
für eine Bedienperson grafisch darzustellen. Neben dem vorgegebenen Geschwindigkeitsverlauf
zeigt die Anzeigevorrichtung vorzugsweise weiterhin auch den zum Ausgleich der positiven
und negativen Teilflächen verschobenen Geschwindigkeitsverlauf und/oder den letztendlich
berechneten Hubverlauf zumindest während einer Periode für die Bedienperson an. Alternativ
oder zusätzlich zu der manuellen Eingabemöglichkeit kann die Oszillationsvorrichtung
auch über eine Datenschnittstelle verfügen zur Vorgabe des Geschwindigkeitsverlaufs
z. B. per Speicherstick oder Netzwerkschnittstelle.
[0029] Der Beschreibung sind insgesamt 5 Figuren beigefügt, wobei
- Figur 1
- die erfindungsgemäße Oszillationseinrichtung;
- Figuren 2a und 2b
- das erfindungsgemäße Verfahren zum Betreiben der Oszillationsvorrichtung;
- Figur 3
- die Vorgabe des Geschwindigkeitsverlaufes in Form von Stützpunkten;
- Figur 4
- mögliche verschiedenartige vorgebbare Geschwindig-keitsverläufe pro Periode; und
- Figur 5
- die Interpolation des Geschwindigkeitsverlaufs und den "Negativ Strip"
veranschaulicht.
[0030] Die Erfindung wird nachfolgend unter Bezugnahme auf die genannten Figuren in Form
von Ausführungsbeispielen detailliert beschrieben. In allen Figuren sind gleiche technische
Elemente mit gleichen Bezugszeichen bezeichnet.
[0031] Figur 1 zeigt die erfindungsgemäße Oszillationsvorrichtung 100. Diese Oszillationsvorrichtung
100 dient zum Oszillieren einer Stranggießkokille 210 einer Stranggießanlage 200.
Neben der Stranggießkokille 210 umfasst die Stranggießanlage 200 im Wesentlichen noch
eine der Stranggießkokille 210 in Gießrichtung R nachgelagerte Strangführungseinrichtung
220.
[0032] Die Kokille 210 wird insbesondere während eines Gießvorgangs zum Erzeugen des Gießstrangs
300 mit Hilfe der Oszillationseinrichtung 100 in Oszillation, d. h. in Schwingungen
in und entgegen der Gießrichtung R versetzt. Diese Oszillationsrichtung ist in Figur
1 mit dem vertikalen Doppelpfeil neben der Kokille 210 veranschaulicht. Im Gießbetrieb
wird die Kokille 210 mit einer Metallschmelze befüllt. Innerhalb der Kokille 210 erstarrt
die Schmelze an den gekühlten Wänden der Kokille und es bildet sich ein Gießstrang
300 mit zunächst noch flüssigem Kern aus. Dieser Gießstrang wird aus der Kokille nach
unten herausgezogen und mit Hilfe der Strangführungseinrichtung 220 aus der Vertikalen
in die Horizontale umgelenkt. Die Oszillation der Kokille dient zum Reduzieren der
Reibung zwischen dem Gießstrang und den Wänden der Kokille.
[0033] Die Oszillationsvorrichtung umfasst mindestens ein, typischerweise 2 Anstellelemente,
beispielsweise in Form von Hydraulikzylindern oder elektromechanischen Hubelementen
zum Oszillieren der Stranggießkokille. Diese Anstellelemente 110 werden mit Hilfe
einer Steuereinrichtung 120 über ein Stellsignal S derart angesteuert, dass sich ein
durch das Stellsignal repräsentierter Hubverlauf für die Oszillation der Kokille 210
einstellt.
[0034] Dieser Hubverlauf wird erfindungsgemäß im Vorfeld der Oszillation aus einem beliebig
bzw. frei vorgegebenen (Oszillations-)Geschwindigkeitsverlauf für die Oszillation
von einer Berechnungseinrichtung 130 berechnet.
[0035] Für diese Ermittlung bzw. Berechnung des Hubverlaufes sieht das erfindungsgemäße
Verfahren die in den Figuren 2a und 2b dargestellte Schrittabfolge vor.
Verfahrensschritt 1:
[0036] Zu Beginn des erfindungsgemäßen Verfahrens wird zunächst ein gewünschter Geschwindigkeitsverlauf
für die Oszillation der Kokille vorgegeben, sei es als kontinuierlicher Kurvenzug
oder in Form von zumindest drei Stützpunkten pro Periode. Die Betrachtung einer Periode
ist ausreichend, weil die Oszillation, wie der Name schon impliziert, periodisch erfolgt.
[0037] Die Vorgabe der Stützpunkte kann in tabellarischer Form erfolgen, wie dies in der
Tabelle in Figur 2a neben Schritt 1 veranschaulicht ist.
Verfahrensschritt 2:
[0038] Dieser Verfahrensschritt sieht vor, dass im Falle einer Vorgabe des Geschwindigkeitsverlaufes
zunächst nur in Form von Stützpunkten, diese Stützpunkte zu einem durchgehenden Kurvenzug
interpoliert werden. Diese Interpolation kann beispielsweise linear erfolgen, wie
dies in Figur 2a in der graphischen Darstellung neben dem Verfahrensschritt 2 veranschaulicht
ist.
[0039] Über die variabel setzbaren Stützpunkte von gewünschten Oszillationsgeschwindigkeiten
und den jeweils zugehörigen Winkeln kann nun ein Grundkurvenprofil einer Oszillationsperiode
frei z.B. in Tabellenform eingegeben werden. Alternativ ist eine grafische Eingabe
möglich. Die Stützpunkte werden (prorammtechnisch automatisch) dann über eine lineare
Punktverbindung miteinander verbunden, d. h. interpoliert.
[0040] Die Verbindung zwischen zwei Geschwindigkeitspunkten, jeweils bestehend aus den Koordinaten
Geschwindigkeit und Winkel bzw. Zeit ergeben dann eine lineare Funktion (im Koordinatensystem)
für einen Teilabschnitt zwischen zwei Winkeln (oder Stützpunkten) des Geschwindigkeitsverlaufes
der Oszillation.
[0041] Eine lineare Funktion wird in der Mathematik in diesem Fall als lineare Normalfunktion
bezeichnet entspricht daher folgendem Formelgrundsatz:
f(x) = Funktionsverlauf in Abhängigkeit von x
m = Steigung der linearen Funktion
x = Variable
n = Konstante
entspricht
für die Beispielstützpunkte 2 und 3, siehe Figur 3. Für Figur 3 gilt folgende Legende:
- V
- = Oszillationsgeschwindigkeit
- t
- = Zeit
- T
- = Periodenzeit einer Schwingung, Oszillationsperiode
- T1
- = Oszillationskurvenanteil entgegen der Gießgeschwindigkeitsrichtung
- T2
- = Oszillationskurvenanteil in Gießgeschwindigkeitsrechnung
- 1/2T
- = Halbe Periodenzeit
- A1
- = Flächenanteil (integrierter Weg, Aufwärtsbewegung)
- A2
- = Flächenanteil (integrierter Weg, Aufwärtsbewegung
- (1)
- = Stützpunkt (Geschwindigkeit und Zeit)
- VG
- = Gießgeschwindigkeitsrichtung
[0042] Der Anfangs- und der Endpunkt (0 und 360 Grad) sind als feste erforderliche Winkeleingabe
gesetzt. Der Wert der Oszillationsgeschwindigkeiten für alle gesetzten Winkelpunkte
ist praxisbezogen beispielsweise in mm/s einzugeben. Der Bediener kann hier einen
relativen Bezug herstellen und somit seine Vorstellung über den Charakter bzw. das
zu erstellende Profil der Oszillationskurve einfach herstellen.
[0043] Die einzelnen Stützpunkte werden nach der Eingabe in die Oszillationsvorrichtung
automatisch miteinander verbunden. Der hierdurch entstandene gesamte Kurvenzug (Polygonzug)
eines Geschwindigkeitsverlaufes besteht hiermit aus einer geschlossenen Zusammensetzung
von linearen Teilfunktionen.
[0044] Selbstverständlich ist neben der linearen Interpolation auch jede andere Art der
Interpolation zwischen den Stützpunkten von der vorliegenden Erfindung mit umfasst.
[0045] Diese besagte Interpolation der Stützpunkte und damit auch Schritt 2 ist entbehrlich,
wenn der Geschwindigkeitsverlauf sofort in Form eines kontinuierlichen Geschwindigkeitsverlaufes
vorgegeben wird.
[0046] Der vorgegebene Geschwindigkeitsverlauf bzw. der gemäß Verfahrensschritt 2 durch
Interpolation ermittelte Geschwindigkeitsverlauf muss keineswegs sinusförmig sein,
sondern kann auch die in Figur 4 lediglich beispielhaft gezeigten Verläufe annehmen.
So zeigt die linke Abbildung in Figur 4 beispielsweise eine Oszillationskurve mit
2 0-Durchgängen innerhalb einer Oszillationsperiode. Die rechte Abbildung in Figur
4 zeigt dagegen eine Oszillationskurve mit einer Mehrzahl von hier beispielsweise
drei, Minima pro Periode.
[0047] Die linke Abbildung in Figur 5 veranschaulicht nochmals die in Verfahrensschritt
2 durchgeführte lineare Interpolation zwischen zwei vorgegebenen Stützpunkten. Der
Kurvenverlauf zwischen zwei Stützpunkten entspricht einer linearen Normalfunktion.
Für Figur 5, linke Abbildung gilt:
entspricht
[0048] Die rechte Abbildung in Figur 5 veranschaulicht ein Beispiel für einen aus der Interpolation
resultierenden vorgegebenen Geschwindigkeitsverlauf über der Zeit, wobei - bei Auftragung
der Gießgeschwindigkeit V
G in negativer Richtung erkennbar ist, dass dieser Geschwindigkeitsverlauf während
eines Zeitintervalls T
n einen Betrag der Geschwindigkeit aufweist, der größer als die Gießgeschwindigkeit
ist. Dieser Zeitbereich bzw. dieses Zeitintervall T
n repräsentiert die sogenannte "negative strip"-Zeit, wie sie mit ihren Vorteilen im
einleitenden Teil der Beschreibung beschrieben ist. Für die in der rechten Abbildung
von Figur 5 gezeigte generierte Oszillationskurve mit Darstellung des Negativ Strip
Bereiches gilt folgende Legende:
- Tn
- = Negativ Strip Zeit
- T
- = gesamte Periodenzeit
- V
- = Oszillationsgeschwindigkeit
- t
- = Oszillationszeit
- VG
- = Gießgeschwindigkeit
- f
- = Oszillationsfrequenz
Verfahrensschritt 3:
[0049] Gemäß Figur 2a sieht dieser Verfahrensschritt 3 vor, dass zunächst die Inhalte der
Teilflächen A1, A2 oberhalb und unterhalb der x-Achse berechnet werden, die von dem
in Verfahrensschritt 2 berechneten Geschwindigkeitsverlauf eingeschlossen bzw. umhüllt
werden. Dies erfolgt mit einer erfindungsgemäßen Berechnungseinrichtung 130 innerhalb
oder außerhalb der Oszillationsvorrichtung 100. Die so ermittelten positiven (oberhalb
der x-Achse) und negativen (unterhalb der x-Achse) liegenden Teilflächen A1, A2 werden
bezüglich ihrer Flächeninhalte miteinander verglichen. Eine automatische Prüfung innerhalb
der Berechnungseinrichtung erzeugt bei einer festgestellten Nicht-Gleichheit der Flächen
eine entsprechende Korrektur bzw. bietet der Bedienperson der Oszillationsvorrichtung
eine Möglichkeit zur Korrektur an.
Verfahrensschritt 4:
[0050] Damit der gewünschte Kurvenverlauf bzw. der Charakter der eingegebenen Kurve erhalten
bleibt, wird zur Angleichung der Flächeninhalte der Teilflächen eine Parallelverschiebung
des vorgegebenen Geschwindigkeitsverlaufes entlang der Ordinate solange durchgeführt,
bis die Flächeninhalt der Teilflächen oberhalb und unterhalb der Abszisse gleich sind;
siehe Verfahrensschritt 4 in Figur 2b. Diese Angleichung der Flächeninhalte der Teilflächen
im Geschwindigkeitsverlauf ist bei der vorliegenden Erfindung erforderlich, damit
bei einer später erfolgenden Umrechnung des Geschwindigkeitsverlaufes in den Hubverlauf
für die Oszillationsvorrichtung gleiche Amplituden bei Oszillation in und entgegen
der Gießrichtung einstellbar sind. Wenn die positive und die negative Amplitude bei
der Oszillation nicht gleich wären, hätte dies den Nachteil, dass die Kokille durch
die der Oszillation sukzessive höhenversetzt würde, was nicht gewollt ist.
Verfahrensschritt 5:
[0051] Der zuvor ermittelte Geschwindigkeitsverlauf mit den gleichgroßen Teilflächen oberhalb
und unterhalb der x-Achse pro Periode wird gemäß Verfahrensschritt 5 in einen Hubverlauf
für die Oszillation aufintegriert. Bei der Integration kann es sich beispielsweise
um eine nummerische Integration handeln. Der Hubverlauf kann auf diese Weise über
einem Winkel oder über der Zeit als Oszillationsperiode berechnet werden.
Verfahrensschritt 6:
[0052] Nach der Integration des Geschwindigkeitsverlaufes erfolgt eine Normierung des Hubverlaufes
insbesondere auf eine gewünschte maximale Hubamplitude, z. B. in Höhe von +/- 2mm
und/oder eine gewünschte Hubfrequenz.
[0053] Der so ermittelte Hubverlauf kann vor Beginn oder während einer Oszillation im laufenden
Gießbetrieb in die Oszillationsvorrichtung eingegeben und von der Oszillationsvorrichtung
umgesetzt werden. Falls gewünscht, kann eine Umschaltung des vorherigen auf einen
neuen Hubverlauf auch während einer laufenden Oszillation erfolgen.
Bezugszeichenliste
[0054]
- 100
- Oszillationsvorrichtung
- 110
- Anstellelement
- 120
- Steuereinrichtung
- 130
- Berechnungseinrichtung
- 140
- Eingabevorrichtung
- 142
- Anzeigevorrichtung
- 200
- Stranggießanlage
- 210
- Oszillationseinrichtung mit Kokille
- 220
- Strangführung
- 300
- Gießstrang
- R
- Gießrichtung
- S
- Stellsignal
- VG
- Gießgeschwindigkeit
1. Verfahren zum Betreiben einer Oszillationsvorrichtung (100) für eine Stranggießkokille
(210) zum Erzeugen eines Gießstrangs (300); vorzugsweise aus Metall, aufweisend folgende
Schritte:
Oszillieren der Stranggießkokille (210) mit einem Hubverlauf über mindestens einer
Periode;
dadurch gekennzeichnet,
dass der Hubverlauf wie folgt ermittelt wird:
- Vorgeben eines beliebigen periodischen Geschwindigkeitsverlaufs für die Oszillation
über der Periode;
- Berechnen der Flächeneinhalte der von dem Geschwindigkeitsverlauf und der x-Achse
innerhalb der Periode eingeschlossenen positiven und negativen Teilflächen oberhalb
und unterhalb der x-Achse;
- Prüfen, ob die Flächeninhalte der positiven und negativen Teilflächen gleich groß
sind; und
- falls ja:
Ermitteln des Hubverlaufs für die Stranggießkokille durch Integrieren des Geschwindigkeitsverlaufs
mit den gleich großen Teilflächen oberhalb und unterhalb der x-Achse über der Periode.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet,
dass - falls bei dem Prüfen eine Abweichung zwischen der Größe der positiven und der negativen
Teilfläche pro Periode festgestellt wird - vor dem Ermitteln des Hubverlaufs folgender
Zwischenschritt ausgeführt wird:
- Verschieben des vorgegebenen Geschwindigkeitsverlaufes so, dass ein verschobener
Geschwindigkeitsverlauf entsteht, bei welchem die von dem verschobenen Geschwindigkeitsverlauf
und der x-Achse innerhalb der Periode eingeschlossenen positiven und negativen Teilflächen
oberhalb und unterhalb der x-Achse jeweils gleich groß werden; und
dass bei der Ermittlung des Hubverlaufs der verschobene Geschwindigkeitsverlauf als der
Geschwindigkeitsverlauf mit den gleich großen Teilflächen verwendet wird.
3. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Geschwindigkeitsverlauf in Form eines kontinuierlichen Kurvenverlaufs oder in
Form von mindestens drei Stützpunkten über der Periode vorgegeben wird.
4. Verfahren nach Anspruch 3,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Stützpunkte zu dem Geschwindigkeitsverlauf interpoliert werden.
5. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass der durch Integration ermittelte Hubverlauf auf eine maximal gewünschte Oszillations-Amplitude
normiert wird.
6. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Geschwindigkeitsverlauf für die Oszillation derart vorgegeben wird, dass die
Geschwindigkeit in Gießrichtung während eines Zeitintervalls größer als die Gießgeschwindigkeit
ist.
7. Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche,
dadurch gekennzeichnet,
dass der vorgegebene Geschwindigkeitsverlauf für die Oszillation eine Mehrzahl von Nulldurchgängen,
zumindest ein lokales Maximum und/oder zumindest ein lokales Minimum aufweist.
8. Computerprogrammprodukt, welches direkt in den Speicher eines Computers geladen werden
kann und Softwarecodeabschnitte aufweist, mit denen die Schritte gemäß einem der vorangegangenen
Verfahrensansprüche ausgeführt werden, wenn das Computerprogrammprodukt auf einem
Computer abläuft.
9. Oszillationsvorrichtung (100) für eine Stranggießkokille (210) zum Erzeugen eines
Gießstrangs (300), mit
mindestens einem Anstellelement (110) zum Oszillieren der Stranggießkokille (210);
und
einer Steuereinrichtung (120) zum Ansteuern des Anstellelementes (110) mit einem Stellsignal
(S), welches einen Hubverlauf für das Oszillieren über einer Periode repräsentiert;
dadurch gekennzeichnet,
dass die Steuereinrichtung (120) ausgebildet ist, die Oszillationsvorrichtung (100) gemäß
dem Verfahren nach einem der vorangegangenen Ansprüche 1-7 zu betreiben.
10. Oszillationsvorrichtung nach Anspruch 9,
gekennzeichnet durch
eine Berechnungseinrichtung (130), welche ausgebildet ist, den Hubverlauf wie folgt
zu ermitteln:
- Berechnen der Flächeneinhalte der von dem Geschwindigkeitsverlauf und der x-Achse
innerhalb der Periode eingeschlossenen positiven und negativen Teilflächen oberhalb
und unterhalb der x-Achse;
- Prüfen, ob die Flächeninhalte der positiven und negativen Teilflächen gleich groß
sind; und
- falls ja: Ermitteln des Hubverlaufs für die Stranggießkokille durch Integrieren des Geschwindigkeitsverlaufs mit den gleich großen Teilflächen oberhalb
und unterhalb der x-Achse über der Periode; und
wobei die Berechnungseinrichtung (130) weiterhin ausgebildet ist, den ermittelten
Hubverlauf an die Steuereinrichtung zu übermitteln.
11. Oszillationsvorrichtung nach Anspruch 10,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Berechnungseinrichtung (130) weiterhin ausgebildet, vor der Ermittlung des Hubverlaufs
folgenden Zwischenschritt auszuführen, falls bei dem Prüfen eine Abweichung der positiven
Teilflächeninhalte von den negativen Teilflächeninhalten festgestellt wird:
- Verschieben des vorgegebenen Geschwindigkeitsverlaufs für die Oszillation über der
Periode so, dass ein verschobener Geschwindigkeitsverlauf entsteht, bei welchem die
von dem verschobenen Geschwindigkeitsverlauf und der x-Achse innerhalb der Periode
eingeschlossenen positiven und negativen Teilflächen oberhalb und unterhalb der x-Achse
jeweils gleich groß werden; und
- Ermitteln des Hubverlaufs für die Stranggießkokille (210) durch Integrieren des
verschobenen Geschwindigkeitsverlaufs als dem Geschwindigkeitsverlauf mit den gleich
großen Teilflächen über der Periode.
12. Oszillationsvorrichtung nach einem der Ansprüche 9 bis 11,
dadurch gekennzeichnet,
dass die Berechnungseinrichtung (130) ausgebildet ist, den vorgegebenen Geschwindigkeitsverlauf
zu interpolieren, wenn dieser nur in Form von mindestens drei Stützpunkten über der
Periode vorgegeben ist.
13. Oszillationsvorrichtung nach einem der Ansprüche 10 bis 12,
gekennzeichnet durch
eine Eingabeeinrichtung (140) zum Vorgeben bzw. Eingeben des beliebigen Geschwindigkeitsverlaufs,
in Form von mindestens drei Stützpunkten pro Periode.
14. Oszillationsvorrichtung nach Anspruch 11,
dadurch gekennzeichnet,
dass der Eingabevorrichtung (140) eine Anzeigevorrichtung (142) zugeordnet ist zum graphischen
Darstellen des vorgegebenen Geschwindigkeitsverlaufs, des verschobenen Geschwindigkeitsverlaufs
und/oder des berechneten Hubverlaufs zumindest während einer Periode.