[0001] Die Erfindung bezieht sich auf eine Anordnung zum Läuten einer in einer Tragvorrichtung
gelagerten Glocke nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1.
[0002] Zum Läuten werden Glocken in eine pendelnde Bewegung versetzt. Im eingeschwungenen
Zustand schlägt dann ein Klöppel, der inmitten der Glocke aufgehängt ist, an den Schlagring
der Glockenrippe an. Die Glocken sind in der Regel in Türmen, insbesondere in Kirchtürmen,
aufgehängt, damit sie möglichst weit gehört werden.
[0003] Bei der Pendelbewegung entstehen horizontale und vertikale Lagerkräfte, die über
die Glockenlagerung auf den Glockenturm übertragen werden. Diese Lagerkräfte wirken
dementsprechend periodisch mit der Pendelfrequenz der Glocke auf den Turm. Dies führt
dann zu einem kritischen Zustand, wenn die Biege-Eigenfrequenz des Glockenturms mit
der Pendelfrequenz der Glocke oder einem Vielfachen davon übereinstimmt. Fälle, in
denen die Biege-Eigenfrequenz des Glockenturms mit der Grundfrequenz der Pendelbewegung
der Glocke oder einem Vielfachen, übereinstimmt, treten immer wieder auf.
[0004] Allerdings werden Glocken im Allgemeinen mit einem relativ großen Läutewinkel geläutet,
der in der Regel zwischen 50° und 80° liegt, in einzelnen Fällen sogar darüber. Aufgrund
der geometrischen Nichtlinearität enthalten die Lagerkräfte auch Anteile mit Vielfachen
der Pendelfrequenz, d. h, höhere Harmonische. Dabei sind in den horizontalen Lagerkräften
ungeradzahlige Vielfache der Pendelfrequenz enthalten, während bei den vertikalen
Lagerkräften nur geradzahlige Vielfache der Pendelfrequenz vorkommen. Neben den horizontalen
Lagerkräften führen bei exzentrischer Glockenlagerung auch die vertikalen Lagerkräfte
zu Horizontalverschiebungen am Turm. Im Resonanzfall einer Harmonischen der Lagerkraft
mit der ersten Biegeeigenfrequenz des Turmes kann es zu starken Schwingungen kommen.
Diese Schwingungen können zu Rissbildungen oder sogar zur Zerstörung des Turmes führen.
[0005] Diese Erscheinung an sich ist bekannt. Zur Behebung dieses Problems hat man eine
Reihe von Lösungen vorgeschlagen.
[0006] Aus
DE 238 392 C und
DE 249 776 C sind bereits Anordnungen zur Aufhebung der Seitenkräfte schwingender Glocken mittels
Gegenpendeln bekannt geworden. Während gemäß
DE 238 292 C vorgesehen wird, dass das gleiche statische Moment der synchron und in entgegengesetzter
Phase schwingenden Gegenpendel bei kleinster Masse der Gegenpendel erreicht wird,
wird durch
DE 249 776 C ein entgegen der Glocke schwingendes Gegenpendel offenbart, dessen Masse um den Schwingungsmittelpunkt
herum so zusammengedrängt sein soll, dass die Unterbringung der Gegenpendel in den
Zwischenräumen zwischen Glocke und Glockenstuhlgestänge möglich sein soll.
[0007] Auch
AT 3465 U1 offenbart eine Läuteeinrichtung mit einem Gegenpendel, das, in Richtung der Schwingungsebene
der Glocke gesehen, links und rechts der Glocke angeordnete Pendelelemente aufweist.
Wenn die Schwingungsachsen der Glocke und des Gegenpendels zusammen fallen, kompensieren
sich die Kräfte der Glocke und des Gegenpendels nicht im Glockenstuhl, sondern unmittelbar
in der gleichen Achse, Abstützende Gegenkräfte des Motors oder Umkehrgetriebe werden
in das Tragwerk eingeleitet
[0008] Andererseits sind aus
DE 44 36 905 A1 ein Verfahren und eine Einrichtung zur Steuerung für eine mit einem Linearmotor angetriebene,
schwingende Last, also beispielsweise eine Glocke, mit einem Linearmotor bekannt,
die ohne eine Kraftübertragung über Seile auf die Glocke funktioniert, indem ein Linearmotor
sein Antriebsmoment über eine fest mit dem Glockenjoch verbundene Reaktionsschiene
auf die Glocke überträgt. Das abstützende Moment wird hierbei in das Tragwerk eingeleitet.
[0009] Mit den bekannten Vorgehensweisen konnten die technischen Probleme des Glockenläutens
nur in unvollkommener Weise gelöst werden. Beim Läuten von Glocken entstehen Seitenschubkräfte,
die von dem Glockenstuhl auf das Mauerwerk des Turms übertragen werden.
[0010] Ein ideales akustisches Läuten, wie es in Mitteleuropa von den Glockensachverständigen
erwünscht wird, wobei allerdings die Läutegewohnheiten unterschiedlich sind, ergibt
sich, wenn die Glocke mit voller Masse betriebsbereit, unterhalb ihres Achsdrehpunktes
aufgehängt ist. Abzüglich der Masse der Stahl- oder Holzachse ergibt sich für die
Läuteglocke eine Massenverteilung von ca. 90 % zu10 % für die Stahl- oder Holzachse.
Aus dieser Aufhängung ergibt sich bei optimaler Auslegung der Gewichtsverhältnisse
des gekoppelten Pendels (Glocke/Klöppel) ein Klöppelanschlag (im Millisekundenbereich),
der idealerweise bei aufsteigender, freischwingender Glocke bei voller Läutehöhe zur
klanglichen Erregung der Glocke führt. Regelmäßig sich verändernde Winkelgeschwindigkeiten
ergeben einen sich regelmäßig verändernden Dopplereffekt.
[0011] Die Nachteile dieser Aufhängung sind erhebliche Seitenschubkräfte auf Glockentürme
und Tragwerksteile wie Glockenstühle, Schraubverbindungen, etc., die in der Regel
zu erheblichen Baukosten führen, um der befürchteten Rissbildung und allmählichen
Zerstörung der Bausubstanz entgegenzuwirken. Beim Eintreten einer Schwingungsresonanz
werden die Seitenschubkräfte so stark, dass sie sogar zum Einsturz eines Turmes führen
können.
[0012] Baudynamiker, Statiker und die DIN 4178 verlangen daher, dass nur wenig Seitenschub
zugelassen wird und dass die Schwingungsfrequenzen einer Mehrzahl von Glocken einen
ausreichenden Frequenzabstand haben. In der Regel werden Gegengewichte oberhalb der
Glocke angebracht; zudem werden die Glocken oft in einer gekröpften Achse montiert,
d.h., der Schwerpunkt der Glocke wird zum Drehpunkt hin verschoben. Beides führt zu
erheblichen akustischen Nachteilen, insbesondere des Dopplereffektes und sogar bis
zu einem Versagen des aus Glocke und Klöppel bestehenden Systems.
[0013] Die bekannten zwei Antriebsvarianten, nämlich ein Elektromotor, der auch ein Linearmotor
sein kann, oder ein Seilrad, leiten ein Moment in das Tragwerk ein. In der Folge entstehen,
insbesondere beim kontinuierlichen Läutebetrieb, aber auch während des Hochläutens
Seitenschubkräfte, die eine Bewegung des Tragwerks hervorrufen, sowie nicht ideale
Klöppelanschläge, ein verzögertes Rückschwingen des Baukörpers oder Tragwerkes, was
wiederum zu verstärkten oder verzögerten Anschlägen der Glocke führt. Diese nicht
idealen Anschläge führen zu einem vorzeitigen Verschleiß oder zur Zerstörung der Glocken.
Aufgrund der hohen Seitenschübe ist eine elastischdämpfende Befestigung nicht möglich.
In der Folge können Körperschallübertragungen entstehen.
[0014] Nach diesen Erkenntnissen der Problemstellungen sind die akustischen Ansprüche der
Glockensachverständigen und die technischen Ansprüche der Statiker beim Bau von Glockenläuteanlagen
also nicht miteinander vereinbar.
[0015] In Ausnahmefällen werden für das Aufheben der Seitenschubproblematik Gegenpendelanlagen
eingebaut, in welchen ein gegenschwingendes Pendel die Seitenschubkräfte aufhebt,
wie in der oben erwähnten
AT 3465 U1 beschrieben wird. Diese Gegenpendelanlagen heben zwar die Seitenschubproblematik
weitestgehend auf, haben jedoch auch wieder mehrere Nachteile; sie beanspruchen neben
dem Glockenantrieb weiteren Platz und erfordern eine aufwändige Herstellung und Umbauten
des Tragwerkes. Abstützende Kräfte werden bei diesen Konstruktionen weiterhin in die
Turmbauwerke eingeleitet.
[0017] Die Seitenschubkräfte der Glocken, sowie unsaubere Klöppelanschläge, erfordern eine
starre Befestigung der Lager. Dies führt aber in Verbindung mit zusätzlichen mechanischen
Geräuschen zu starken Körperschallübertragungen in das Mauerwerk des Turmes und in
das Kirchenschiff. Die zusätzlichen mechanischen Bauteile führen zu einem stärkeren
Einspeisen von Energie, um das trägere und schwerere Läutesystem auf dem eingestellten
Läutewinkel zu halten. In der Folge werden auch die anfangs beschriebenen abstützenden
Momente der Antriebsmaschinen und Getriebe größer.
[0018] Es ist die Aufgabe der Erfindung, einen Läuteantrieb für eine Glocke zu schaffen,
der dieses Problem löst.
[0019] Erfindungsgemäß wird diese Aufgabe gelöst, wie in Patentanspruch 1 angegeben.
[0020] Vorteilhafte Weiterbildungen der Erfindung ergeben sich aus den Unteransprüchen und
der Beschreibung, insbesondere in Verbindung mit den Zeichnungen.
[0021] Erfindungsgemäß trägt das wenigstens eine Gegenpendel den Ständer oder Läufer des
Linearmotors, die Glocke mit ihrer Achse den zugehörigen Läufer bzw. Ständer.
[0022] Vorzugsweise ist der Ständer oder Läufer des Linearmotors auf dem wenigstens einen
Gegenpendel angebracht, und der Läufer bzw. Ständer des Linearmotors ist auf einer
zusammen mit der Glocke verschwenkbaren, starr auf der Glockenachse verbundenen Halterung
in der Nähe zu dem Gegenpendel angebracht. Durch die Kombination des Gegenpendels
mit dem Antrieb, wobei das Gegenpendel einen Teil des Antriebs umfasst, wird eine
gegenüber dem Stand der Technik eine sehr kompakte Bauweise, in Form eines Direktantriebs
ohne ein Untersetzungsgetriebe ermöglicht
[0023] Eine erfindungsgemäße Anordnung mit einer Glocke beeinflusst keine anderen Glocken,
so dass in diesen keine Undefinierten Klöppelanschläge wie z. B. Prellschläge, entstehen.
Die Standsicherheit des Turms, in dem die Glocke aufgehängt ist, erhöht sich durch
die von dem Gegenpendel erzeugte zusätzliche Gewichtskraft. Selbst ein Turmfundament,
das durch die unerwünschten Schwingungen von Glocken, die sich auf den Turm übertragen
haben, ausgewalkt oder destabilisiert ist, wird wieder durch die zusätzliche Gewichtskraft
stabilisiert. Durch den Einsatz der Erfindung sind einfachere Tragwerkskonstruktionen
des Turms und/oder des Glockenstuhls möglich.
[0024] Um die Verbiegung, Verwindung oder vertikale Torsion der die Glocke tragenden Achse
in engen Grenzen zu halten, wird gemäß einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform
der Erfindung zu beiden Seiten seitlich der Glocke jeweils ein Gegenpendel angeordnet,
von denen wenigstens eines einen Ständer oder einen Läufer eines Linearmotors trägt.
Es wird dabei ein möglichst geringer Abstand zwischen der Glocke und den Gegenpendeln
angestrebt, um in jedem Fall die Verbiegung der Achse auf einen möglichst kleinen
Raum zu begrenzen.
[0025] Um möglicherweise bestehende Unterschiede in der Lagerreibung auszugleichen, werden
die beiden Gegenpendel in einer Ausführungsform über einen Bügel miteinander verbunden.
Alternativ können zu beiden Seiten der Glocke oder am Verbindungsbügel jeweils Linearmotoren
als Antriebe vorhanden sein, die miteinander vollständig synchronisiert sind, auch
wenn kein Bügel vorhanden ist. Dies setzt allerdings voraus, dass die Lagerreibung
auf beiden Seiten identisch ist. Erfindungsgemäß wird in einer Ausgestaltung lediglich
ein im Bereich des Bügels angeordneter Linearmotor vorgesehen; dadurch wird eine besonders
kompakte Ausführungsform der Erfindung geschaffen.
[0026] Vorzugsweise ist das wenigstens eine Gegenpendel als physikalisches Pendel ausgebildet,
dessen Masseverteilung der Masseverteilung der Glocke entspricht. Dies bedeutet, dass
das Gegenpendel, bezogen auf seine Längsachse dieselbe Massenverteilung wie die Glocke
aufweist. Um ein möglichst kompaktes Gegenpendel zu erhalten, wird dieses vorzugsweise
ebenfalls aus Bronze, aus Blei oder aus preiswerteren, jedoch eine geringere Dichte
aufweisenden Stahl, beispielsweise Edelstahl, hergestellt.
[0027] Um eine genaue Anpassung an die Massenverteilung der Glocke erreichen zu können und
auch im eingebauten Zustand noch eine Feinjustierung zu ermöglichen, wird in einer
weiteren vorteilhaften Ausgestaltung der Erfindung vorgesehen, dass das wenigstens
eine Gegenpendel höhenverstellbar gegenüber der Achse angebracht ist.
[0028] Vorzugsweise weist wenigstens eines der Gegenpendel wenigstens eine Aufnahmevorrichtung
zur Aufnahme eines Zusatzgewichts auf.
[0029] Zusätzlich lässt sich mit Vorteil vorsehen, dass der wenigstens eine Linearmotor
mit einem Winkelsensor verbunden ist, der die Winkellage der Glocke ermittelt und
dass der Linearmotor durch eine Regeleinrichtung in Abhängigkeit von der Winkellage
der Glocke antreibbar ist. Dadurch lässt sich leicht ermitteln, welche Energiezufuhr
erforderlich ist, um nach dem Einläutevorgang einen stationären Zustand zu erreichen
oder bei welchem Glockenausschwung ein optimales Klangergebnis erreicht wird.
[0030] Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Läuten einer Glocke unter Einsatz
einer Anordnung, wie sie vorstehend beschrieben wurde.
[0031] Durch die Erfindung werden somit eine Anordnung und ein Verfahren zu einem sogenannten
idealen akustischen Läuten von Glocken geschaffen, wobei erfindungsgemäß keine abstützenden
Momente in das Tragwerk eingeleitet werden und durch die schwingende Glocke erzeugte
Seitenschubkräfte oder die von ihr hervorgerufene Unwucht vollständig kompensiert
werden. Auch unpräzise Klöppelschläge werden unterbunden. Ebenso wird die Übertragung
von Körperschall von der Glocke auf das Tragwerk und das Mauerwerk verhindert, ohne
dass die akustischen Eigenschaften der Glocke verschlechtert werden.
[0032] Diese drei Auswirkungen stehen in einer direkten Abhängigkeit zueinander; d. h.,
die Seitenschubkräfte beeinflussen die Klöppelanschläge und die Übertragung des Körperschalls
auf das Tragwerk und das Mauerwerk. Durch vollständige Kompensation des durch die
Glockenbewegung ausgelösten Seitenschubs werden auch präzise Klöppelanschläge realisiert;
Tragwerk und Mauerwerk werden keiner Schwingungsbelastung ausgesetzt. Die Entstehung
von Rissen im Mauerwerk, die bis zur Zerstörung des Mauerwerks führen kann, wird vermieden.
[0033] Neben der Beseitigung der oben genannten technisch gravierenden Probleme werden durch
den Einsatz der Erfindung alle von Glockensachverständigen gewünschten und geforderten,
akustischen Vorteile erhalten. Durch das erfindungsgemäße antriebsmechanisch entkoppelte
Gegenpendelläutesystem wird erreicht, dass die beim Läuten und Hochläuten eingeleiteten
Energien und Momente für den Antrieb des Gegenpendels verwendet werden und daher nicht
das Tragwerk beaufschlagen.
[0034] Durch die Erfindung wird eine Gegenpendelläuteanlage geschaffen, die als Läuteantrieb
einen in die Läuteanlage integrierten Linearmotor verwendet; durch die Übertragung
des von dem Linearmotor erzeugten Drehmoments auf das Gegenpendel und von diesem über
die mit der Glocke gemeinsame Schwenkachse, auf der das Gegenpendel freischwingend
hängt, wirkt nach dem dritten Newtonschen Axiom der actio des Gegenpendels bis auf
eine nicht vermeidbare Lagerreibung die reactio der Glocke entgegen. Damit eine vollständige
Kompensation der actio der Glocke erreicht werden kann, ist es erforderlich, dass
das wenigstens eine Gegenpendel dieselbe Masse und, auf die senkrechte Achse der Glocke
bezogen, dieselbe Massenverteilung wie die Glocke hat.
[0035] Nachstehend wird die Erfindung in Ausführungsbeispielen näher erläutert. Es zeigen:
- Fig. 1
- eine Vorderansicht einer über ein Joch auf einer Glockenachse aufgehängten Glocke,
wobei die Glockenachse beidseitig jeweils ein gegenüber der Glockenachse frei schwingendes,
jeweils von einem Linearmotor angetriebenes Gegenpendel trägt,
- Fig. 2
- eine seitliche Ansicht eines höhenverstellbaren Gegenpendels,
- Fig. 3
- eine seitliche Ansicht eines Gegenpendellagerbocks (gegenüber Fig. 1 und 2 vergrößert
dargestellt) mit einer Höhenverstellung und Befestigungsbohrungen zur Verbindung mit
dem Gegenpendel gemäß Fig. 2 und
- Fig.4
- eine Vorderansicht einer weiteren Glocke, die von zwei Linearmotoren angetrieben wird.
[0036] Eine Glocke 1 (Fig. 1) weist eine Krone 2 auf, die über Bänder 3 an einem Joch 4
befestigt ist, das seinerseits mit einer Schwenkachse 5 verbunden ist, so dass die
Glocke 1 zusammen mit der Schwenkachse 5 schwingt. Die Schwenkachse 5 ist an beiden
Seiten über Lager 6, 7 in einem (hier nicht dargestellten) Glockenstuhl gelagert,
der die Tragvorrichtung für die Glocke 1 bildet.
[0037] Fest mit dem Joch 4 oder lediglich der Schwenkachse 5 selber verbunden sind Stangen
8, 9, die jeweils einen Ständer 10, 11 eines Linearmotors 12 bzw. 13 tragen. Die Läufer
14, 15 der Linearmotoren 12, 13 sind auf Gegenpendeln 16, 17 den Ständer 10, 11 gegenüberliegend
aufgebracht.
[0038] Die Gegenpendel 16, 17 sind jeweils über Gleitlager 18, 19 eines Gegenpendellagerbocks,
frei beweglich auf der Schwenkachse 5 gelagert. Durch Bestromen der Linearmotoren
12, 13 über (hier nicht dargestellte) elektrische Leitungen werden die Gegenpendel
16, 17 in eine Schwingungsbewegung versetzt, die aufgrund des dritten Newtonschen
Axioms zu einer entgegengesetzten Schwingungsbewegung der Glocke 1 führt.
[0039] Die Ausführungsform mit zwei Gegenpendeln 16, 17 hat gegenüber einer Ausführung mit
nur einem Gegenpendel den Vorteil, dass zu beiden Seiten der Glocke 1 die gleichen
Momente wirken.
[0040] Um einen durch eventuell vorhandene Reibungsunterschiede in den Lagern 18, 19 der
beiden Gegenpendel 16, 17 auszugleichen und von Anfang an eine vollständige Gleichmäßigkeit
der Bewegung der beiden Gegenpendel 16, 17 zu bewirken, lassen sich diese über einen
starren Verbindungsbügel 100 miteinander verbinden, der beispielsweise gekröpft ausgeführt
sein kann.
[0041] Ein Gegenpendel 16 oder 17 hat bevorzugt eine im Querschnitt glockenförmige Form
20 wie das in Fig. 2 dargestellte Gegenpendel. Die Form 20 weist eine Ausnehmung 21
zur Aufnahme eines Ständers oder Läufers 22 eines Linearmotors auf. Über Langlöcher
23, 24 ist die Form 20 an einem Gegenpendellagerbock und der Schwenkachse 5 höhenverstellbar
befestigt. Zusätzlich sind Bohrungen 25, 26 zur Aufnahme eines Zusatzgewichts vorhanden,
um einen passenden Ausgleich der Masse und des Trägheitstensor gegenüber der Masse
und dem Trägheitstensor der Glocke 1 einzustellen.
[0042] Eine Form 27 (Fig. 3) stellt einen Gegenpendellagerbock dar, der einen im Wesentlichen
U-förmigen Aufbau aufweist. Die beiden U-Schenkel 28, 29 sind über einen Verbindungsbügel
30 miteinander verbunden. Der Gegenpendellagerblock ist mit einem Gegenpendelgleitlager
31 und einer durch zwei Langlöcher gebildeten Höhenverstellung 36, 37 ausgestattet.
Bohrungen 32 und 33 dienen zur Befestigung des Verbindungsbügels 100 (s. Fig. 1).
Bohrungen 34, 35 sind zur Fixierung des Gegenpendels 20 vorhanden. Das Gleitlager
31 wird zwischen der Achse 5 (s. Fig. 1) und einem Bronzering 38 gebildet, der über
einen Stahlring 39 fest mit der Innenseite des Verbindungsbügels 30 verbunden ist.
Das Material Bronze wurde gewählt, um eine Materialungleichheit zwischen der Achse
5 und dem Ring 38 zu schaffen. Wenn die Achse 5 aus Stahl besteht, verschleißt der
Ring 38 durch die Gleitreibung schneller als die Achse 5 und kann dann ausgewechselt
werden. Es versteht sich jedoch, dass sowohl die Achse 5 als auch der Ring 38 auch
aus einem anderen, insbesondere härteren Material, gebildet sein können; es können
auch beispielsweise andere Lager, etwa Kugellager, eingesetzt werden.
[0043] In einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass eine Glocke 1
(Fig. 4) zwar wie die in Fig. 1 dargestellte Glocke 1 ebenfalls mit zwei Gegenpendeln
16, 17 ausgestattet ist, dass jedoch nur auf der Seite des Gegenpendels 16 ein Linearmotor
12 vorgesehen ist, wobei in diesem Fall das Gegenpendel 16 einen Ständer 40 des Linearmotors
12 trägt, während ein Läufer 41 an der Stange 8 angebracht ist.
[0044] Anstelle des Linearmotors 13 (Fig. 1) ist gemäß dieser Ausführungsform der Erfindung
ein Linearmotor 42 vorgesehen, dessen Ständer 43 auf der Oberseite der Bänder 3 angebracht,
insbesondere mit diesen verschraubt, ist. Alternativ lässt sich der Ständer 43 auch
in anderer Weise auf der Oberseite des Jochs 4 befestigen. Der Läufer 44 des Linearmotors
42 ist auf der Unterseite des Verbindungsbügels 100 angeordnet.
[0045] In einer anderen, hier nicht dargestellten Alternative ist lediglich ein einziger
Linearmotor im Bereich des Verbindungsbügels 100 vorgesehen.
[0046] Erfindungsgemäß entsteht durch die Anordnung von zwei Pendelgewichten rechts und
links der Glocke, die auf der gleichen Achse drehbar gelagert sind, eine Gegenpendelanlage.
[0047] Wenn an wenigstens einem der beiden frei schwingenden Pendelgewichte oder dem Verbindungsbügel
ein Linearantrieb befestigt wird (für die Funktion ist es dabei unerheblich, ob Ständer
und Läufer auf dem Pendelteil oder der Glocke befestigt sind), entsteht das erfindungsgemäße
antriebsmechanisch entkoppelte Gegenpendelläutesystem.
[0048] Bei Verwendung von zwei höhenverstellbaren Gegenpendeln wird die Aufhebung aller
Seitenschubkräfte erreicht, ohne die historische Bauform der Glocke zusammen mit dem
Klöppel und der Holz- oder Stahlachse zu verändern.
[0049] Durch die Verwendung von zwei höhenverstellbaren Pendeln in Scheibenform und ihre
Gleitlagereinheit, wie sie in Fig. 2 bzw. 3 dargestellt sind, mit einem Verbindungsbügel,
der oben über Glocke und Achse geführt wird und dem (eventuell schon vorhandenen)
Linearantriebsmotor (wie er Stand der Technik ist), wird bei dieser Bauform erreicht,
dass eine unveränderte Läuteglocke ihre ideale Akustik hervorbringt, bei gleichzeitiger
Aufhebung aller Seitenschubkräfte und der daraus resultierenden Folgeprobleme.
[0050] Durch die fehlenden ausweichenden Momente der Glocke sind bei dieser Konstruktion
präzise Klöppelanschläge möglich. Die Rückschwingungen des Tragwerks oder der Türme
sind dadurch ebenso beseitigt wie energetische Beeinflussungen von anderen, im Turm
verbauten Glocken, was auch bei diesen zu präziseren Anschlägen führt. Damit wird
die gewünschte Schonung von historischer Glockensubstanz ermöglicht, wie sie angestrebt
wird. Durch die fehlenden Seitenschubkräfte ist es somit möglich, die Auflager der
Glocken elastisch zu befestigen und dadurch Körperschallübertragungen zu vermeiden.
[0051] Es entfallen auch bis auf das Pendel, den Gleitlagerbock und das Pendellager, sämtliche
mechanischen Zusatzbauteile und daraus resultierende Energieverluste durch Reibung
mit den dazugehörigen Nebengeräuschen. Geräusche und Energieverluste, die durch Seitenschübe
auf das Tragwerk entstehen, reduzieren sich ebenso erheblich.
[0052] Das antriebsmechanisch entkoppelte Gegenpendelläutesystem verwendet die eingespeiste
Energie optimal zur Umwandlung in Schwung- und Schallfrequenzen. Minimale Energieumwandlungen
in Lagerreibung (Glockenlager/ Gegenpendellager) führen mit dem Wechselschwung und
der eingespeisten Energie beim Nulldurchgang (unteren Totpunkt) von Ständer und Läufer
des Linearmotors, zu einem stabilen, synchronen Wechselspiel des Systems. Durch die
Winkelspreizung beim Betrieb (Ständer und Läufer entfernen sich), ergibt sich eine
Absicherung vor Überschwung oder Gleichschwung des Systems. Es ist damit möglich,
eine Glocke ohne Veränderung im Grundaufbau ideal akustisch zu läuten und die oben
genannten wesentlichen Probleme der herkömmlichen Glockenaufhängung, auch bei engsten
Platzverhältnissen, zu beseitigen.
1. Mit einer Gegenpendeleinrichtung ausgestattete Anordnung zum Läuten einer in einer
an einer Glockenachse (5) aufgehängten Glocke (1), dadurch gekennzeichnet, dass die Gegenpendeleinrichtung wenigstens ein Gegenpendel (16, 17) umfasst, das gegenüber
der Glockenachse (5) freischwingend gelagert ist, und dass das wenigstens eine Gegenpendel
(16, 17) durch wenigstens einen Linearmotor (12, 13: 42) antreibbar ist.
2. Anordnung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das wenigstens eine Gegenpendel (16, 17) oder ein mit dem wenigstens einen Gegenpendel
(16, 17) verbundener Bügel (100) den Ständer oder Läufer (10, 11; 40 bzw. 14, 15;
41) des Linearmotors (12, 13) trägt.
3. Anordnung nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass der Ständer (10, 11; 40) oder Läufer (14, 15; 41) des Linearmotors (12, 13) auf dem
wenigstens einen Gegenpendel (16, 17) angebracht ist und der Läufer (14, 15; 41) bzw.
Ständer (10, 11; 40) des Linearmotors (12, 13) auf einer zusammen mit der Glocke (1)
verschwenkbaren, starr auf der Glockenachse verbundenen Halterung (8, 9) in der Nähe
zu dem Gegenpendel (16, 17) angebracht ist.
4. Anordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass auf beiden Seiten seitlich der Glocke jeweils ein Gegenpendel (16, 17) angeordnet
ist.
5. Anordnung nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass die beiden Gegenpendel (16, 17) über einen Bügel (100) miteinander verbunden sind.
6. Anordnung nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass im Bereich des Bügels (100) ein Linearmotor (42) angeordnet ist, wobei der Bügel
(100) den Läufer (44) oder den Ständer des Linearmotors (42) trägt und gegenüberliegend
der Ständer (43) bzw. der Läufer auf einem oberen Element des Jochs (4) der Glocke
(1) oder auf der Oberseite von die Glocke (1) mit dem Joch (4) verbindenden Bändern
angebracht ist.
7. Anordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass das wenigstens eine Gegenpendel (16, 17) als physikalisches Pendel ausgebildet ist,
dessen Masseverteilung über der senkrechten Achse der Masseverteilung der Glocke (1)
über der senkrechten Achse entspricht.
8. Anordnung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass das wenigstens eine Gegenpendel (16, 17) höhenverstellbar gegenüber der Achse angebracht
ist.
9. Anordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dass es wenigstens eine Aufnahmevorrichtung
zur Aufnahme eines Zusatzgewichts aufweist.
10. Anordnung nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, dass der wenigstens eine Linearmotor (16, 17) mit einem Winkelsensor verbunden ist, der
die Winkellage der Glocke (1) ermittelt und dass der Linearmotor (16, 17) durch eine
Regeleinrichtung in Abhängigkeit von der Winkellage der Glocke (1) antreibbar ist.
11. Verfahren zum Läuten einer Glocke (1) unter Einsatz einer Anordnung nach einem der
Ansprüche 1 bis 10.