[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Entfernen einer Hartstoffbeschichtung,
welche auf dem Substrat eines Werkzeugs aufgebracht ist. Weiters betrifft die Erfindung
ein Stoffgemisch, eine wässrige Lösung sowie einen Elektrolyten zur Verwendung in
diesem Verfahren.
Hintergrund der Erfindung
[0002] Schneidende Werkzeuge, die im metallverarbeitenden Bereich z.B. als Fräser eingesetzt
werden, sind einer hohen mechanischen und thermischen Belastung ausgesetzt. Zur Verbesserung
der Schneidleistung sowie zur Verlängerung der Standzeit werden diese Werkzeuge nach
ihrer mechanischen Herstellung an den Arbeitsflächen mit Hartstoffen beschichtet.
Bei diesen Hartstoffen handelt es sich in der Regel um Verbindungen von Refraktärmetallen
(Elemente der 4., 5. und 6. Nebengruppe des Periodensystems, also Ti, Zr, Hf, V, Nb,
Ta, Cr, Mo und W) mit den Elementen B, C, N, O und Si.
[0003] Trotz ihrer großen Härte und Abriebfestigkeit verschleißen diese Hartstoffbeschichtungen
beim Gebrauch, sodass am Ende der Standzeit die Schicht den Anforderungen nicht mehr
genügt. Um das Werkzeug, das in der Regel unbeschädigt ist, weiterverwenden zu können,
muss es erneut beschichtet werden. Für die erfolgreiche Aufbringung einer Schicht
mittels Vakuumtechnologie (PVD oder CVD) ist es erforderlich, dass die zu beschichtende
Oberfläche frei von störenden Verunreinigungen ist; dazu zählen auch Reste einer vorangegangenen
Beschichtung.
[0004] Klassische Verfahren zum Entschichten eines Werkzeugs beinhalten das mechanische
Entschichten mittels Strahlgut (wie zum Beispiel das Sandstrahlen des Werkzeugs) bis
die Hartstoffbeschichtung abgetragen ist. Beim mechanischen Entfernen einer Hartstoffbeschichtung
wirken in der Regel große Kräfte auf das Werkzeug ein, welche zu Deformationen und
mechanischen Beschädigungen am Substrat führen können.
[0005] Als Alternative zu mechanischen kommen auch chemische Entschichtungsverfahren zum
Einsatz, bei denen die Hartstoffbeschichtung aufgelöst wird. Aufgrund der chemischen
Beständigkeit solcher Hartstoffbeschichtungen müssen allerdings sehr aggressive Chemikalien
eingesetzt werden, die zum Teil auch das Trägermaterial bzw. unbeschichtete Teile
des Werkzeugs auflösen.
[0006] Ein bekanntes Verfahren zur chemischen Entfernung von AlTiN auf Hartmetallsubstraten
verwendet eine Mischung aus konzentrierter Schwefelsäure und Kaliumpermanganat. Dabei
entsteht das instabile und potenziell explosive Zwischenprodukt Manganheptoxid (Mn
2O
7), das als eigentliches Oxidationsmittel wirkt. Dieses Verfahren erwies sich jedoch
als ineffizient und es erforderte erhöhte Sicherheitsanforderungen, sodass es in der
Praxis nicht zum Einsatz kommt.
[0007] In
WO 99/64646 A1 wird ein Verfahren beschrieben, bei welchem die Hartstoffbeschichtung auf einer auf
dem Substrat aufgebrachten Zwischenschicht angebracht ist. Mittels einer Lösung, die
durch Poren in der Hartstoffbeschichtung durchtreten kann, wird diese Zwischenschicht
aufgelöst, was in weiterer Folge auch zum Abtrag der Hartstoffbeschichtung führt.
Die Lösung umfasst Wasserstoffperoxid, Dinatriumoxalat und Natriumhydroxid. Neben
dem erhöhten Aufwand durch das Aufbringen der Zwischenschicht weist dieses Verfahren
wie auch das oben beschriebene chemische Verfahren den Nachteil auf, dass das unbeschichtete
Substrat chemisch angegriffen wird.
KURZBESCHREIBUNG DER ERFINDUNG
[0008] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine auf einem Werkzeug vorhandene Hartstoffbeschichtung
vollständig zu entfernen, ohne dabei unbeschichtetes Substrat zu schädigen.
[0009] Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren zum Entfernen einer Hartstoffbeschichtung
vom Substrat eines Werkzeugs, umfassend das Bereitstellen eines Elektrolyten, welcher
eine wässrige Lösung mit 4 bis 6 mol/l OH
-, 0,1 bis 0,5 mol/l S
2- und 0,5 bis 2 mol/l Oxalat umfasst, Platzieren des Werkzeugs in den Elektrolyten
und Auflösen der Hartstoffbeschichtung durch Kontaktieren des Werkzeugs mit einer
Gleichspannungsquelle. Dieses elektrochemische Verfahren zum Auflösen der Hartstoffbeschichtung
hat sich als vorteilhaft erwiesen, da das Substratmaterial bei einem solchen elektrochemischen
Verfahren ein wasserunlösliches Sulfid bildet, welches als Passivierung dient, wodurch
das darunterliegende Substrat geschützt wird. Gleichzeitig wird die Hartstoffbeschichtung
aufgelöst. Dieser Effekt erweist sich insbesondere an unbeschichteten Bereichen des
Substrats oder an solchen Bereichen, die keinerlei Beschichtung mehr aufweisen, als
Vorteil.
[0010] Grundsätzlich reicht es aus, wenn das Substrat zumindest eines der Metalle W, Co
oder Fe oder ein anderes Metall, welches Sulfide bilden kann, die wasserunlöslich
sind, aufweist. Bevorzugte Substratmaterialen umfassen daher W, Co und/oder Fe, da
diese passivierende Sulfidschichten bilden.
[0011] Bei manchen Werkzeugen mit Hartstoffbeschichtung kann zwischen Hartstoffbeschichtung
und Substrat eine Basisschicht eingebracht sein. Beispielsweise ist bei einer AlTiN-Hartstoffbeschichtung
häufig eine TiN-Basisschicht vorgesehen. Diese Basisschicht kann nach Entfernen der
Hartstoffbeschichtung in einem nächsten Schritt einfach entfernt werden. Dazu kann
vorzugsweise vorgesehen sein, dass das Werkzeug nach Entfernen der Hartstoffbeschichtung
mit einer Mischung, umfassend NH
3 und H
2O
2, zum Entfernen einer zwischen der Hartstoffbeschichtung und dem Substrat angeordneten
Basisschicht behandelt wird. Die Mischung umfasst vorzugsweise eine frisch zubereitete
Lösung aus einer wässrigen NH
3-Lösung und einer wässrigen H
2O
2-Lösung.
[0012] In einer Ausführungsvariante ist vorgesehen, dass die Basisschicht TiN ist.
[0013] Das erfindungsgemäße Verfahren kann für jegliche Hartstoffbeschichtung verwendet
werden, wenn die Hartstoffbeschichtung wenigstens eines der oben genannten Refraktärmetalle
(Ti, Zr, Hf, V, Nb, Ta, Cr, Mo oder W) enthält. Die besten Ergebnisse wurden in ersten
Untersuchungen mit Hartstoffbeschichtung aus AlCrN oder AlTiN erzielt.
[0014] Weiters hat es sich als vorteilhaft erwiesen, wenn das Werkzeug vor dem Platzieren
in den Elektrolyten galvanisch mit einer Metallschicht, beispielsweise einer Cobaltschicht,
auf jenen Teilen des Substrats versehen wird, welches keine Hartstoffbeschichtung
aufweist.
[0015] Für das elektrochemische Verfahren hat sich ein Stoffgemisch, bestehend aus
• |
70 bis 87 Mol% |
eines Metallhydroxids, |
• |
1 bis 6 Mol% |
eines wasserlöslichen Sulfids, |
• |
11 bis 24 Mol% |
Oxalsäure oder eines Salzes der Oxalsäure |
• |
maximal 2 Mol% |
sonstige Bestandteile |
als vorteilhaft erwiesen, weshalb dieses einen Aspekt der Erfindung bildet.
[0016] Aus dem Stoffgemisch selbst oder auch mittels der Einzelbestandteile kann eine wässrige
Lösung bereitgestellt werden, sodass auch eine wässrige Lösung, umfassend
- 4 bis 6 mol/l OH-
- 0,1 bis 0,5 mol/l S2-
- 0,5 bis 2 mol/l Oxalat
einen Aspekt der Erfindung bildet.
[0017] Bevorzugt ist die wässrige Lösung gekennzeichnet durch
- 4,8 bis 5,2 mol/l OH-, vorzugweise KOH oder NaOH
- 0,24 bis 0,27 6 mol/l S2-, vorzugsweise K2S oder Na2S
- 0,8 bis 1,2 mol/l Oxalat, vorzugsweise Dinatriumoxalat oder Dikaliumoxalat.
[0018] Bevorzugt umfasst die wässrige Lösung weiteren Bestandteile in einer Gesamtmenge
von nicht mehr als 2 mol/l. Besonders bevorzugt umfasst die wässrige Lösung keine
weiteren Bestandteile.
[0019] Ein weiterer Aspekt betrifft einen Elektrolyten mit einer solchen wässrigen Lösung.
[0020] Weitere Details und Vorteile werden nachfolgend anhand von Beispielen und Figuren
erläutert.
[0021] Es zeigen:
- Fig. 1:
- REM-Aufnahme eines Hartmetallsubstrats (5000x)
- Fig. 2:
- EDX-Spektrum des Hartmetallsubstrates von Fig. 1
- Fig. 3:
- REM-Aufnahme eines Schnellarbeitsstahl-Substrats (5000x)
- Fig. 4:
- EDX-Spektrum des Schnellarbeitsstahl-Substrates von Fig. 3
- Fig. 5:
- REM-Aufnahme einer TiN/AlTiN Schicht (1000x)
- Fig. 6:
- EDX-Spektrum der TiN/AlTiN Schicht von Fig. 5
- Fig. 7:
- REM-Aufnahme einer AlCrN Schicht (1000x)
- Fig. 8:
- EDX-Spektrum der AlCrN Schicht von Fig. 7
- Fig. 9:
- Fotographien von kontaktierten und lackierten Proben
- Fig. 10:
- Zuordnung der REM-Aufnahmen zu den jeweiligen Zonen der Proben gemäß Fig. 9
- Fig. 11:
- System Hartmetall- TiN/AlTiN: Ursprünglich unbeschichtetes Hartmetallsubstrat nach
elektrochemischer Behandlung, 1000x
- Fig. 12:
- System Hartmetall-TiN/AlTiN: Von TiN/AlTiN elektrochemisch entschichtetes Hartmetall
- Fig. 13:
- System Hartmetall-TiN/AlTiN: Übergang von ursprünglich unbeschichtetem Hartmetallsubstrat
(links) zu unbehandeltem Hartmetall (rechts).
- Fig. 14:
- System Hartmetall-TiN/AlTiN: Übergang von ursprünglich unbeschichtetem Hartmetallsubstrat
(oben) zu entschichtetem Hartmetall (unten)
- Fig. 15:
- System Hartmetall-AlCrN: Ursprünglich unbeschichtetes Hartmetallsubstrat nach elektrochemischer
Behandlung, 1000x
- Fig. 16:
- System Hartmetall-AlCrN: Von AlCrN elektrochemisch entschichtetes Hartmetall
- Fig. 17:
- System Hartmetall-AlCrN: Übergang von ursprünglich unbeschichtetem Hartmetallsubstrat
(links) zu unbehandeltem Hartmetall (rechts).
- Fig. 18:
- System Hartmetall-AlCrN: Übergang von ursprünglich unbeschichtetem Hartmetallsubstrat
(oben) zu entschichtetem Hartmetall (unten)
- Fig. 19:
- System Schnellarbeitsstahl- TiN/AlTiN: Ursprünglich unbeschichtetes Schnellarbeitsstahl-Substrat
nach elektrochemischer Behandlung, 1000x
- Fig. 20:
- System Schnellarbeitsstahl- TiN/AlTiN: Von TiN/AlTiN elektrochemisch entschichtetes
Schnellarbeitsstahl
- Fig. 21:
- System Schnellarbeitsstahl-TiN/AlTiN: Übergang von ursprünglich unbeschichtetem Schnellarbeitsstahl-Substrat
(links) zu unbehandeltem Schnellarbeitsstahl (rechts).
- Fig. 22:
- System Schnellarbeitsstahl-TiN/AlTiN: Übergang von ursprünglich unbeschichtetem Schnellarbeitsstahl-Substrat
(oben) zu entschichtetem Schnellarbeitsstahl (unten)
- Fig. 23:
- System Schnellarbeitsstahl-AlCrN: Ursprünglich unbeschichtetes Schnellarbeitsstahl-Substrat
nach elektrochemischer Behandlung, 1000x
- Fig. 24:
- System Schnellarbeitsstahl-AlCrN: Von AlCrN elektrochemisch entschichtetes Schnellarbeitsstahl
- Fig. 25:
- System Schnellarbeitsstahl-AlCrN: Übergang von ursprünglich unbeschichtetem Schnellarbeitsstahl-Substrat
(links) zu unbehandeltem Schnellarbeitsstahl (rechts)
- Fig. 26:
- System Schnellarbeitsstahl-AlCrN: Übergang von ursprünglich unbeschichtetem Schnellarbeitsstahl-Substrat
(oben) zu entschichtetem Schnellarbeitsstahl (unten)
- Fig. 27:
- Co-Schicht auf Hartmetall nach dem Entschichtungsvorgang
- Fig. 28:
- Von TiN/AlTiN entschichtetes Hartmetall nach Beschichtung des freiliegendem Hartmetall
mit Cobalt
DETAILLIERTE BESCHREIBUNG DER ERFINDUNG
[0022] Die untersuchten Proben (entsprechend dem Substrat) bestanden aus Schnellarbeitsstahl,
sowie Hartmetall. Die Proben waren jeweils mit TiN/AlTiN oder AlCrN beschichtet. Die
Hartmetallbeschichtung war unvollständig, da es für die Ermittlung, ob die gestellte
Aufgabe vollständig gelöst wurde, wichtig war, unbeschichtete Teile am Substrat vorliegen
zu haben und zu zeigen, dass diese von der elektrochemischen Behandlung nicht angegriffen
werden.
[0023] Die Aufgabe wurde durch die Entwicklung eines alkalischen Elektrolyten gelöst, welcher
Oxalat und Sulfidionen enthält. Die Sulfidionen bilden mit dem Substrat eine unlösliche
Phase, welche durch Passivierung vor einem Angriff durch den Entschichtungsprozess
schützt.
[0024] Eine weitere Möglichkeit Bereiche, welche schon von Beginn an unbeschichtet waren,
zu schützen, bestand darin, selektiv auf diesen eine dünne Schicht galvanisch aufzutragen.
Im beschriebenen Fall handelte es sich dabei um eine Co-Schicht.
Experimentelle Durchführung:
[0025] Zu Beginn der Entschichtungsversuche wurde der Ausgangszustand der Proben mittels
REM festgehalten:
Die zur Verfügung gestellten Ronden wurden zur Kontaktierung mit Draht umwickelt und
alle Seiten mit Ausnahme der halben Frontflächen mit Abdecklack lackiert. Dadurch
ist bei den nachfolgenden Untersuchungen, z.B. im Rasterelektronenmikroskop, die direkte
Vergleichbarkeit mit dem Ausgangszustand gegeben (Fig. 9).
[0026] Entschichtungsversuche im Detail
Elektrochemische Entschichtung mit alkalischem Elektrolyten
Um das Substrat, insbesondere die Co-Phase des Hartmetalls, während des Entschichtungsvorganges
zu schützen, wurden sulfidhältige Elektrolyten getestet. Sulfid ist deshalb ein idealer
Kandidat, da alle Substratmaterialien (W, Co, Fe) im alkalischen wasserunlösliche
Sulfide bilden, die das Material vor weiterem Angriff durch Passivierung schützen,
während die Elemente in der PVD-Schicht (Al, Ti, Cr) keine derartigen Phasen bilden
und daher elektrochemisch aktiv bleiben.
[0027] Mit einer Lösung (5M KOH + 20g/l Na
2S + 1M K
2C
2O
4) wurde wie folgt enschichtet:
Hartstoffbeshichtung AlCrN: 60°C, 200 mV vs Hg/HgO, 25 min
Hartstoffbeshichtung TiN/AlTiN: 60°C, 600 mV vs Hg/HgO, 45 min
[0028] Dieser Elektrolyt erwies sich als der beste unter den getesteten Kandidaten, er bringt
bei allen vier Probentypen gute Ergebnisse, was die Entschichtungsleistung und den
Flächenabtrag angeht.
[0029] Bei den Fig. 11 bis 26 handelt es sich um die Darstellung von vier repräsentativen
Stellen von vier entschichteten Proben mit unterschiedlicher Substrat-/Schichtkombination,
d.h, die Fig. 11 bis 14, 15 bis 18, 19 bis 22 und 23 bis 26 bilden jeweils eine Probe.
Die erste der jeweils zusammengehörigen Fig. (also Fig. 11, 15, 19 bzw. 23) stellt
das ursprünglich unbeschichtete Substrat nach der elektrochemischen Behandlung dar,
die jeweils zweite Fig. (also Fig. 12, 16, 20 bzw. 24) das entschichtete Substrat.
Die jeweils dritte Fig. (also Fig. 13, 17, 21 bzw. 25) stellt den Übergang vom behandelten,
ursprünglich unbeschichteten Substrat zu dem während der Behandlung mit Lack geschütztem
originalen unbeschichteten Substrat dar und dient zur Darstellung der Substratveränderung
während der Behandlung. Die jeweils vierte Fig. (also Fig. 14, 18, 22 bzw. 26) stellt
den Übergang vom entschichteten Substrat zum behandelten, aber ursprünglich unbeschichteten
Substrat dar.
[0030] Die Entschichtung von Hartmetall/TiN/AlTiN funktionerte zufriedenstellend. Fig. 20
zeigt das freiliegende Hartmetallsubstrat nach der Entschichtung, es ist ein Angriff
erkennbar, der jedoch deutlich schwächer ist als bei den bisher getesteten Systemen.
An den entschichteten Stellen ist das Substrat nur an den Stellen angegriffen, wo
Poren in der TiN/AlTiN Schicht vorgelegen sind (Fig. 21). An den Übergängen (Fig.
22 und 23) ist zu sehen, dass der Angriff nur geringe Auswirkungen auf die Dimensionen
des Substrates hat.
[0031] Die Basisschicht aus TiN der TiN/AlTiN Beschichtung kann mit einer Mischung aus NH
3 (25%) und H
2O
2 (30%) im Verhältnis 1+3 bei Raumtemperatur innerhalb von 4-5 Minuten entfernt werden,
ohne die Substrate anzugreifen. Diese Mischung sollte immer nur frisch in kleinen
Mengen (<50ml) angesetzt werden, da H
2O
2 im alkalischen Milieu schnell zerfällt. Gelöste Schwermetalle (Co, Fe) katalysieren
die Zersetzung und führen zu einer starken Erwärmung und Schaumbildung. Alternativ
kann die Lösung mittels Sprühverfahren auf die Substrate aufgebracht werden, wobei
die Lösung erst unmittelbar vor der Zerstäuberdüse mit einem statischen Mischer hergestellt
wird.
[0032] Auch bei diesem System ist die Entschichtung möglich, ohne das Substrat stark anzugreifen.
Da der Entschichtungsvorgang bei AlCrN schonender verläuft als bei TiN/AlTiN, ist
der Substratangriff geringer.
[0033] Das Elektrolytsystem funktioniert wie erwartet bei Schnellarbeitsstahl-Substraten
ebenfalls. Die Entschichtung ist vollständig, der Angriff auf das Substrat minimal.
[0034] Auch AlCrN kann von Schnellarbeitsstahl-Substraten mit diesem System entfernt werden.
Auch hier ist zu beobachten, dass der Angriff auf das Substrat durch die milderen
Bedingungen beim Abtrag von AlCrN geringer ist als beim System Schnellarbeitsstahl-TiN/AlTiN.
[0035] Galvanische Co-Schicht als zusätzlicher Substratschutz:
Durch eine selektive, dünne galvanische Beschichtung des Hartmetallsubstrates wurde
der Angriff auf das Substrat weiter eingeschränkt. Im konkreten Fall wurde Kobalt
gewählt, da es das Matrixmaterial des Hartmetalls darstellt und sein Einsatz daher
keine unerwünschten Verunreinigungen ins System einführt.
[0036] Im Prinzip ist als Schutz jedes galvanisch abscheidbare Metall bzw. jede Legierung
geeignet, welche(s) im Entschichtungselektrolyten unlöslich ist und anschließend wieder
entfernt werden kann, ohne das Substrat anzugreifen (z.B. Eisen, Zink, Mangan, Kupfer
etc.). Bei der Beschichtung stellte sich überraschenderweise heraus, dass sich die
TiN/AlTiN Schicht trotz ihrer geringeren elektrischen Leitfähigkeit und der keramischen
Struktur bei hohen Stromstärken haftend mit Cobalt beschichten lässt. Der Versuch,
diese Probe trotzdem zu entschichten (basierend auf der Überlegung, dass die Haftung
Kobaltschicht an der TiN/AlTiN-Beschichtung nicht so gut wie am Hartmetall ist), schlug
fehl, da sich die Kobaltschicht als haftfest und unlöslich erwies, was das ursprüngliche
Konzept, wonach eine Kobaltschicht das darunterliegende Material schützt, im Prinzip
bestätigte. Bei der anschließenden Entfernung der Kobaltschicht wurde naturgemäß das
freiliegende Substratmaterial stark angegriffen. Die Beschichtung mit Kobalt mit stark
verringerter Stromdichte ließ die TiN/AlTiN Schicht zum Großteil frei, sodass die
anschließende Entschichtung an den freien Stellen problemlos durchgeführt werden konnte
(siehe Fig. 27 und 28).
[0037] Die Methode der Verringerung der Stromdichte bei der galvanischen Beschichtung stellt
eine schnelle und einfache Lösung dar, die die im Vergleich zum Substrat geringere
elektrische Leitfähigkeit der Beschichtung nützt, um eine galvanische Beschichtung
des freien Substrates zu verhindern.
1. Verfahren zum Entfernen einer Hartstoffbeschichtung vom Substrat eines Werkzeugs,
umfassend
• das Bereitstellen eines Elektrolyten, welcher eine wässrige Lösung mit 4 bis 6 mol/l
OH-, 0,1 bis 0,5 mol/l S2- und 0,5 bis 2 mol/l Oxalat umfasst,
• Platzieren des Werkzeugs in den Elektrolyten und
• Auflösen der Hartstoffbeschichtung durch Kontaktieren des Werkzeugs mit einer Gleichspannungsquelle.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Werkzeug anschließend mit einer Mischung, umfassend NH3 und H2O2, zum Entfernen einer zwischen der Hartstoffbeschichtung und dem Substrat angeordneten
Basisschicht behandelt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Basisschicht TiN ist.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Hartstoffbeschichtung aus AlCrN oder AlTiN besteht.
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Werkzeug vor dem Platzieren in den Elektrolyten galvanisch eine Metallschicht,
vorzugsweise Cobaltschicht, auf das Substrat, welches keine Hartstoffbeschichtung
aufweist, aufgebracht wird.
6. Stoffgemisch, bestehend aus
• |
70 bis 87 Mol% |
eines Metallhydroxids, |
• |
1 bis 6 Mol% |
eines wasserlöslichen Sulfids, |
• |
11 bis 24 Mol% |
Oxalsäure oder eines Salzes der Oxalsäure |
• |
maximal 2 Mol% |
sonstige Bestandteile. |
7. Wässrige Lösung, umfassend
• 4 bis 6 mol/l OH-
• 0,1 bis 0,5 mol/l S2-
• 0,5 bis 2 mol/l Oxalat.
8. Wässrige Lösung nach Anspruch 7,
gekennzeichnet durch
• 4,8 bis 5,2 mol/l OH-, vorzugweise KOH oder NaOH
• 0,24 bis 0,27 6 mol/l S2-, vorzugsweise K2S oder Na2S
• 0,8 bis 1,2 mol/l Oxalat, vorzugsweise Dinatriumoxalat oder Dikaliumoxalat.
9. Elektrolyt, umfassend ein Stoffgemisch nach Anspruch 6 oder eine wässrige Lösung nach
Anspruch 7 oder Anspruch 8.
10. Galvanische Zelle, umfassend einen Elektrolyten nach Anspruch 9.