(19)
(11) EP 3 626 864 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
25.03.2020  Patentblatt  2020/13

(21) Anmeldenummer: 18195134.4

(22) Anmeldetag:  18.09.2018
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
C25F 5/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: Hirtenberger Engineered Surfaces GmbH
2552 Hirtenberg (AT)

(72) Erfinder:
  • Hansal, Wolfgang
    2753 Markt Piesting (AT)
  • Mann, Rudolf
    1140 Wien (AT)

(74) Vertreter: Schwarz & Partner Patentanwälte OG 
Patentanwälte Wipplingerstraße 30
1010 Wien
1010 Wien (AT)

   


(54) VERFAHREN ZUM ENTFERNEN EINER HARTSTOFFBESCHICHTUNG


(57) Verfahren zum Entfernen einer Hartstoffbeschichtung vom Substrat eines Werkzeugs, umfassend das Bereitstellen eines Elektrolyten, welcher eine wässrige Lösung mit 4 bis 6 mol/l OH-, 0,1 bis 0,5 mol/l S2- und 0,5 bis 2 mol/l Oxalat umfasst, Platzieren des Werkzeugs in den Elektrolyten und Auflösen der Hartstoffbeschichtung durch Kontaktieren des Werkzeugs mit einer Gleichspannungsquelle.


Beschreibung


[0001] Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zum Entfernen einer Hartstoffbeschichtung, welche auf dem Substrat eines Werkzeugs aufgebracht ist. Weiters betrifft die Erfindung ein Stoffgemisch, eine wässrige Lösung sowie einen Elektrolyten zur Verwendung in diesem Verfahren.

Hintergrund der Erfindung



[0002] Schneidende Werkzeuge, die im metallverarbeitenden Bereich z.B. als Fräser eingesetzt werden, sind einer hohen mechanischen und thermischen Belastung ausgesetzt. Zur Verbesserung der Schneidleistung sowie zur Verlängerung der Standzeit werden diese Werkzeuge nach ihrer mechanischen Herstellung an den Arbeitsflächen mit Hartstoffen beschichtet. Bei diesen Hartstoffen handelt es sich in der Regel um Verbindungen von Refraktärmetallen (Elemente der 4., 5. und 6. Nebengruppe des Periodensystems, also Ti, Zr, Hf, V, Nb, Ta, Cr, Mo und W) mit den Elementen B, C, N, O und Si.

[0003] Trotz ihrer großen Härte und Abriebfestigkeit verschleißen diese Hartstoffbeschichtungen beim Gebrauch, sodass am Ende der Standzeit die Schicht den Anforderungen nicht mehr genügt. Um das Werkzeug, das in der Regel unbeschädigt ist, weiterverwenden zu können, muss es erneut beschichtet werden. Für die erfolgreiche Aufbringung einer Schicht mittels Vakuumtechnologie (PVD oder CVD) ist es erforderlich, dass die zu beschichtende Oberfläche frei von störenden Verunreinigungen ist; dazu zählen auch Reste einer vorangegangenen Beschichtung.

[0004] Klassische Verfahren zum Entschichten eines Werkzeugs beinhalten das mechanische Entschichten mittels Strahlgut (wie zum Beispiel das Sandstrahlen des Werkzeugs) bis die Hartstoffbeschichtung abgetragen ist. Beim mechanischen Entfernen einer Hartstoffbeschichtung wirken in der Regel große Kräfte auf das Werkzeug ein, welche zu Deformationen und mechanischen Beschädigungen am Substrat führen können.

[0005] Als Alternative zu mechanischen kommen auch chemische Entschichtungsverfahren zum Einsatz, bei denen die Hartstoffbeschichtung aufgelöst wird. Aufgrund der chemischen Beständigkeit solcher Hartstoffbeschichtungen müssen allerdings sehr aggressive Chemikalien eingesetzt werden, die zum Teil auch das Trägermaterial bzw. unbeschichtete Teile des Werkzeugs auflösen.

[0006] Ein bekanntes Verfahren zur chemischen Entfernung von AlTiN auf Hartmetallsubstraten verwendet eine Mischung aus konzentrierter Schwefelsäure und Kaliumpermanganat. Dabei entsteht das instabile und potenziell explosive Zwischenprodukt Manganheptoxid (Mn2O7), das als eigentliches Oxidationsmittel wirkt. Dieses Verfahren erwies sich jedoch als ineffizient und es erforderte erhöhte Sicherheitsanforderungen, sodass es in der Praxis nicht zum Einsatz kommt.

[0007] In WO 99/64646 A1 wird ein Verfahren beschrieben, bei welchem die Hartstoffbeschichtung auf einer auf dem Substrat aufgebrachten Zwischenschicht angebracht ist. Mittels einer Lösung, die durch Poren in der Hartstoffbeschichtung durchtreten kann, wird diese Zwischenschicht aufgelöst, was in weiterer Folge auch zum Abtrag der Hartstoffbeschichtung führt. Die Lösung umfasst Wasserstoffperoxid, Dinatriumoxalat und Natriumhydroxid. Neben dem erhöhten Aufwand durch das Aufbringen der Zwischenschicht weist dieses Verfahren wie auch das oben beschriebene chemische Verfahren den Nachteil auf, dass das unbeschichtete Substrat chemisch angegriffen wird.

KURZBESCHREIBUNG DER ERFINDUNG



[0008] Aufgabe der vorliegenden Erfindung ist es, eine auf einem Werkzeug vorhandene Hartstoffbeschichtung vollständig zu entfernen, ohne dabei unbeschichtetes Substrat zu schädigen.

[0009] Gelöst wird diese Aufgabe durch ein Verfahren zum Entfernen einer Hartstoffbeschichtung vom Substrat eines Werkzeugs, umfassend das Bereitstellen eines Elektrolyten, welcher eine wässrige Lösung mit 4 bis 6 mol/l OH-, 0,1 bis 0,5 mol/l S2- und 0,5 bis 2 mol/l Oxalat umfasst, Platzieren des Werkzeugs in den Elektrolyten und Auflösen der Hartstoffbeschichtung durch Kontaktieren des Werkzeugs mit einer Gleichspannungsquelle. Dieses elektrochemische Verfahren zum Auflösen der Hartstoffbeschichtung hat sich als vorteilhaft erwiesen, da das Substratmaterial bei einem solchen elektrochemischen Verfahren ein wasserunlösliches Sulfid bildet, welches als Passivierung dient, wodurch das darunterliegende Substrat geschützt wird. Gleichzeitig wird die Hartstoffbeschichtung aufgelöst. Dieser Effekt erweist sich insbesondere an unbeschichteten Bereichen des Substrats oder an solchen Bereichen, die keinerlei Beschichtung mehr aufweisen, als Vorteil.

[0010] Grundsätzlich reicht es aus, wenn das Substrat zumindest eines der Metalle W, Co oder Fe oder ein anderes Metall, welches Sulfide bilden kann, die wasserunlöslich sind, aufweist. Bevorzugte Substratmaterialen umfassen daher W, Co und/oder Fe, da diese passivierende Sulfidschichten bilden.

[0011] Bei manchen Werkzeugen mit Hartstoffbeschichtung kann zwischen Hartstoffbeschichtung und Substrat eine Basisschicht eingebracht sein. Beispielsweise ist bei einer AlTiN-Hartstoffbeschichtung häufig eine TiN-Basisschicht vorgesehen. Diese Basisschicht kann nach Entfernen der Hartstoffbeschichtung in einem nächsten Schritt einfach entfernt werden. Dazu kann vorzugsweise vorgesehen sein, dass das Werkzeug nach Entfernen der Hartstoffbeschichtung mit einer Mischung, umfassend NH3 und H2O2, zum Entfernen einer zwischen der Hartstoffbeschichtung und dem Substrat angeordneten Basisschicht behandelt wird. Die Mischung umfasst vorzugsweise eine frisch zubereitete Lösung aus einer wässrigen NH3-Lösung und einer wässrigen H2O2-Lösung.

[0012] In einer Ausführungsvariante ist vorgesehen, dass die Basisschicht TiN ist.

[0013] Das erfindungsgemäße Verfahren kann für jegliche Hartstoffbeschichtung verwendet werden, wenn die Hartstoffbeschichtung wenigstens eines der oben genannten Refraktärmetalle (Ti, Zr, Hf, V, Nb, Ta, Cr, Mo oder W) enthält. Die besten Ergebnisse wurden in ersten Untersuchungen mit Hartstoffbeschichtung aus AlCrN oder AlTiN erzielt.

[0014] Weiters hat es sich als vorteilhaft erwiesen, wenn das Werkzeug vor dem Platzieren in den Elektrolyten galvanisch mit einer Metallschicht, beispielsweise einer Cobaltschicht, auf jenen Teilen des Substrats versehen wird, welches keine Hartstoffbeschichtung aufweist.

[0015] Für das elektrochemische Verfahren hat sich ein Stoffgemisch, bestehend aus
70 bis 87 Mol% eines Metallhydroxids,
1 bis 6 Mol% eines wasserlöslichen Sulfids,
11 bis 24 Mol% Oxalsäure oder eines Salzes der Oxalsäure
maximal 2 Mol% sonstige Bestandteile
als vorteilhaft erwiesen, weshalb dieses einen Aspekt der Erfindung bildet.

[0016] Aus dem Stoffgemisch selbst oder auch mittels der Einzelbestandteile kann eine wässrige Lösung bereitgestellt werden, sodass auch eine wässrige Lösung, umfassend
  • 4 bis 6 mol/l OH-
  • 0,1 bis 0,5 mol/l S2-
  • 0,5 bis 2 mol/l Oxalat
einen Aspekt der Erfindung bildet.

[0017] Bevorzugt ist die wässrige Lösung gekennzeichnet durch
  • 4,8 bis 5,2 mol/l OH-, vorzugweise KOH oder NaOH
  • 0,24 bis 0,27 6 mol/l S2-, vorzugsweise K2S oder Na2S
  • 0,8 bis 1,2 mol/l Oxalat, vorzugsweise Dinatriumoxalat oder Dikaliumoxalat.


[0018] Bevorzugt umfasst die wässrige Lösung weiteren Bestandteile in einer Gesamtmenge von nicht mehr als 2 mol/l. Besonders bevorzugt umfasst die wässrige Lösung keine weiteren Bestandteile.

[0019] Ein weiterer Aspekt betrifft einen Elektrolyten mit einer solchen wässrigen Lösung.

[0020] Weitere Details und Vorteile werden nachfolgend anhand von Beispielen und Figuren erläutert.

[0021] Es zeigen:
Fig. 1:
REM-Aufnahme eines Hartmetallsubstrats (5000x)
Fig. 2:
EDX-Spektrum des Hartmetallsubstrates von Fig. 1
Fig. 3:
REM-Aufnahme eines Schnellarbeitsstahl-Substrats (5000x)
Fig. 4:
EDX-Spektrum des Schnellarbeitsstahl-Substrates von Fig. 3
Fig. 5:
REM-Aufnahme einer TiN/AlTiN Schicht (1000x)
Fig. 6:
EDX-Spektrum der TiN/AlTiN Schicht von Fig. 5
Fig. 7:
REM-Aufnahme einer AlCrN Schicht (1000x)
Fig. 8:
EDX-Spektrum der AlCrN Schicht von Fig. 7
Fig. 9:
Fotographien von kontaktierten und lackierten Proben
Fig. 10:
Zuordnung der REM-Aufnahmen zu den jeweiligen Zonen der Proben gemäß Fig. 9
Fig. 11:
System Hartmetall- TiN/AlTiN: Ursprünglich unbeschichtetes Hartmetallsubstrat nach elektrochemischer Behandlung, 1000x
Fig. 12:
System Hartmetall-TiN/AlTiN: Von TiN/AlTiN elektrochemisch entschichtetes Hartmetall
Fig. 13:
System Hartmetall-TiN/AlTiN: Übergang von ursprünglich unbeschichtetem Hartmetallsubstrat (links) zu unbehandeltem Hartmetall (rechts).
Fig. 14:
System Hartmetall-TiN/AlTiN: Übergang von ursprünglich unbeschichtetem Hartmetallsubstrat (oben) zu entschichtetem Hartmetall (unten)
Fig. 15:
System Hartmetall-AlCrN: Ursprünglich unbeschichtetes Hartmetallsubstrat nach elektrochemischer Behandlung, 1000x
Fig. 16:
System Hartmetall-AlCrN: Von AlCrN elektrochemisch entschichtetes Hartmetall
Fig. 17:
System Hartmetall-AlCrN: Übergang von ursprünglich unbeschichtetem Hartmetallsubstrat (links) zu unbehandeltem Hartmetall (rechts).
Fig. 18:
System Hartmetall-AlCrN: Übergang von ursprünglich unbeschichtetem Hartmetallsubstrat (oben) zu entschichtetem Hartmetall (unten)
Fig. 19:
System Schnellarbeitsstahl- TiN/AlTiN: Ursprünglich unbeschichtetes Schnellarbeitsstahl-Substrat nach elektrochemischer Behandlung, 1000x
Fig. 20:
System Schnellarbeitsstahl- TiN/AlTiN: Von TiN/AlTiN elektrochemisch entschichtetes Schnellarbeitsstahl
Fig. 21:
System Schnellarbeitsstahl-TiN/AlTiN: Übergang von ursprünglich unbeschichtetem Schnellarbeitsstahl-Substrat (links) zu unbehandeltem Schnellarbeitsstahl (rechts).
Fig. 22:
System Schnellarbeitsstahl-TiN/AlTiN: Übergang von ursprünglich unbeschichtetem Schnellarbeitsstahl-Substrat (oben) zu entschichtetem Schnellarbeitsstahl (unten)
Fig. 23:
System Schnellarbeitsstahl-AlCrN: Ursprünglich unbeschichtetes Schnellarbeitsstahl-Substrat nach elektrochemischer Behandlung, 1000x
Fig. 24:
System Schnellarbeitsstahl-AlCrN: Von AlCrN elektrochemisch entschichtetes Schnellarbeitsstahl
Fig. 25:
System Schnellarbeitsstahl-AlCrN: Übergang von ursprünglich unbeschichtetem Schnellarbeitsstahl-Substrat (links) zu unbehandeltem Schnellarbeitsstahl (rechts)
Fig. 26:
System Schnellarbeitsstahl-AlCrN: Übergang von ursprünglich unbeschichtetem Schnellarbeitsstahl-Substrat (oben) zu entschichtetem Schnellarbeitsstahl (unten)
Fig. 27:
Co-Schicht auf Hartmetall nach dem Entschichtungsvorgang
Fig. 28:
Von TiN/AlTiN entschichtetes Hartmetall nach Beschichtung des freiliegendem Hartmetall mit Cobalt

DETAILLIERTE BESCHREIBUNG DER ERFINDUNG



[0022] Die untersuchten Proben (entsprechend dem Substrat) bestanden aus Schnellarbeitsstahl, sowie Hartmetall. Die Proben waren jeweils mit TiN/AlTiN oder AlCrN beschichtet. Die Hartmetallbeschichtung war unvollständig, da es für die Ermittlung, ob die gestellte Aufgabe vollständig gelöst wurde, wichtig war, unbeschichtete Teile am Substrat vorliegen zu haben und zu zeigen, dass diese von der elektrochemischen Behandlung nicht angegriffen werden.

[0023] Die Aufgabe wurde durch die Entwicklung eines alkalischen Elektrolyten gelöst, welcher Oxalat und Sulfidionen enthält. Die Sulfidionen bilden mit dem Substrat eine unlösliche Phase, welche durch Passivierung vor einem Angriff durch den Entschichtungsprozess schützt.

[0024] Eine weitere Möglichkeit Bereiche, welche schon von Beginn an unbeschichtet waren, zu schützen, bestand darin, selektiv auf diesen eine dünne Schicht galvanisch aufzutragen. Im beschriebenen Fall handelte es sich dabei um eine Co-Schicht.

Experimentelle Durchführung:



[0025] Zu Beginn der Entschichtungsversuche wurde der Ausgangszustand der Proben mittels REM festgehalten:
Die zur Verfügung gestellten Ronden wurden zur Kontaktierung mit Draht umwickelt und alle Seiten mit Ausnahme der halben Frontflächen mit Abdecklack lackiert. Dadurch ist bei den nachfolgenden Untersuchungen, z.B. im Rasterelektronenmikroskop, die direkte Vergleichbarkeit mit dem Ausgangszustand gegeben (Fig. 9).

[0026] Entschichtungsversuche im Detail
Elektrochemische Entschichtung mit alkalischem Elektrolyten
Um das Substrat, insbesondere die Co-Phase des Hartmetalls, während des Entschichtungsvorganges zu schützen, wurden sulfidhältige Elektrolyten getestet. Sulfid ist deshalb ein idealer Kandidat, da alle Substratmaterialien (W, Co, Fe) im alkalischen wasserunlösliche Sulfide bilden, die das Material vor weiterem Angriff durch Passivierung schützen, während die Elemente in der PVD-Schicht (Al, Ti, Cr) keine derartigen Phasen bilden und daher elektrochemisch aktiv bleiben.

[0027] Mit einer Lösung (5M KOH + 20g/l Na2S + 1M K2C2O4) wurde wie folgt enschichtet:

Hartstoffbeshichtung AlCrN: 60°C, 200 mV vs Hg/HgO, 25 min

Hartstoffbeshichtung TiN/AlTiN: 60°C, 600 mV vs Hg/HgO, 45 min



[0028] Dieser Elektrolyt erwies sich als der beste unter den getesteten Kandidaten, er bringt bei allen vier Probentypen gute Ergebnisse, was die Entschichtungsleistung und den Flächenabtrag angeht.

[0029] Bei den Fig. 11 bis 26 handelt es sich um die Darstellung von vier repräsentativen Stellen von vier entschichteten Proben mit unterschiedlicher Substrat-/Schichtkombination, d.h, die Fig. 11 bis 14, 15 bis 18, 19 bis 22 und 23 bis 26 bilden jeweils eine Probe. Die erste der jeweils zusammengehörigen Fig. (also Fig. 11, 15, 19 bzw. 23) stellt das ursprünglich unbeschichtete Substrat nach der elektrochemischen Behandlung dar, die jeweils zweite Fig. (also Fig. 12, 16, 20 bzw. 24) das entschichtete Substrat. Die jeweils dritte Fig. (also Fig. 13, 17, 21 bzw. 25) stellt den Übergang vom behandelten, ursprünglich unbeschichteten Substrat zu dem während der Behandlung mit Lack geschütztem originalen unbeschichteten Substrat dar und dient zur Darstellung der Substratveränderung während der Behandlung. Die jeweils vierte Fig. (also Fig. 14, 18, 22 bzw. 26) stellt den Übergang vom entschichteten Substrat zum behandelten, aber ursprünglich unbeschichteten Substrat dar.

[0030] Die Entschichtung von Hartmetall/TiN/AlTiN funktionerte zufriedenstellend. Fig. 20 zeigt das freiliegende Hartmetallsubstrat nach der Entschichtung, es ist ein Angriff erkennbar, der jedoch deutlich schwächer ist als bei den bisher getesteten Systemen. An den entschichteten Stellen ist das Substrat nur an den Stellen angegriffen, wo Poren in der TiN/AlTiN Schicht vorgelegen sind (Fig. 21). An den Übergängen (Fig. 22 und 23) ist zu sehen, dass der Angriff nur geringe Auswirkungen auf die Dimensionen des Substrates hat.

[0031] Die Basisschicht aus TiN der TiN/AlTiN Beschichtung kann mit einer Mischung aus NH3 (25%) und H2O2 (30%) im Verhältnis 1+3 bei Raumtemperatur innerhalb von 4-5 Minuten entfernt werden, ohne die Substrate anzugreifen. Diese Mischung sollte immer nur frisch in kleinen Mengen (<50ml) angesetzt werden, da H2O2 im alkalischen Milieu schnell zerfällt. Gelöste Schwermetalle (Co, Fe) katalysieren die Zersetzung und führen zu einer starken Erwärmung und Schaumbildung. Alternativ kann die Lösung mittels Sprühverfahren auf die Substrate aufgebracht werden, wobei die Lösung erst unmittelbar vor der Zerstäuberdüse mit einem statischen Mischer hergestellt wird.

[0032] Auch bei diesem System ist die Entschichtung möglich, ohne das Substrat stark anzugreifen. Da der Entschichtungsvorgang bei AlCrN schonender verläuft als bei TiN/AlTiN, ist der Substratangriff geringer.

[0033] Das Elektrolytsystem funktioniert wie erwartet bei Schnellarbeitsstahl-Substraten ebenfalls. Die Entschichtung ist vollständig, der Angriff auf das Substrat minimal.

[0034] Auch AlCrN kann von Schnellarbeitsstahl-Substraten mit diesem System entfernt werden. Auch hier ist zu beobachten, dass der Angriff auf das Substrat durch die milderen Bedingungen beim Abtrag von AlCrN geringer ist als beim System Schnellarbeitsstahl-TiN/AlTiN.

[0035] Galvanische Co-Schicht als zusätzlicher Substratschutz:
Durch eine selektive, dünne galvanische Beschichtung des Hartmetallsubstrates wurde der Angriff auf das Substrat weiter eingeschränkt. Im konkreten Fall wurde Kobalt gewählt, da es das Matrixmaterial des Hartmetalls darstellt und sein Einsatz daher keine unerwünschten Verunreinigungen ins System einführt.

[0036] Im Prinzip ist als Schutz jedes galvanisch abscheidbare Metall bzw. jede Legierung geeignet, welche(s) im Entschichtungselektrolyten unlöslich ist und anschließend wieder entfernt werden kann, ohne das Substrat anzugreifen (z.B. Eisen, Zink, Mangan, Kupfer etc.). Bei der Beschichtung stellte sich überraschenderweise heraus, dass sich die TiN/AlTiN Schicht trotz ihrer geringeren elektrischen Leitfähigkeit und der keramischen Struktur bei hohen Stromstärken haftend mit Cobalt beschichten lässt. Der Versuch, diese Probe trotzdem zu entschichten (basierend auf der Überlegung, dass die Haftung Kobaltschicht an der TiN/AlTiN-Beschichtung nicht so gut wie am Hartmetall ist), schlug fehl, da sich die Kobaltschicht als haftfest und unlöslich erwies, was das ursprüngliche Konzept, wonach eine Kobaltschicht das darunterliegende Material schützt, im Prinzip bestätigte. Bei der anschließenden Entfernung der Kobaltschicht wurde naturgemäß das freiliegende Substratmaterial stark angegriffen. Die Beschichtung mit Kobalt mit stark verringerter Stromdichte ließ die TiN/AlTiN Schicht zum Großteil frei, sodass die anschließende Entschichtung an den freien Stellen problemlos durchgeführt werden konnte (siehe Fig. 27 und 28).

[0037] Die Methode der Verringerung der Stromdichte bei der galvanischen Beschichtung stellt eine schnelle und einfache Lösung dar, die die im Vergleich zum Substrat geringere elektrische Leitfähigkeit der Beschichtung nützt, um eine galvanische Beschichtung des freien Substrates zu verhindern.


Ansprüche

1. Verfahren zum Entfernen einer Hartstoffbeschichtung vom Substrat eines Werkzeugs, umfassend

• das Bereitstellen eines Elektrolyten, welcher eine wässrige Lösung mit 4 bis 6 mol/l OH-, 0,1 bis 0,5 mol/l S2- und 0,5 bis 2 mol/l Oxalat umfasst,

• Platzieren des Werkzeugs in den Elektrolyten und

• Auflösen der Hartstoffbeschichtung durch Kontaktieren des Werkzeugs mit einer Gleichspannungsquelle.


 
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Werkzeug anschließend mit einer Mischung, umfassend NH3 und H2O2, zum Entfernen einer zwischen der Hartstoffbeschichtung und dem Substrat angeordneten Basisschicht behandelt wird.
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Basisschicht TiN ist.
 
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Hartstoffbeschichtung aus AlCrN oder AlTiN besteht.
 
5. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Werkzeug vor dem Platzieren in den Elektrolyten galvanisch eine Metallschicht, vorzugsweise Cobaltschicht, auf das Substrat, welches keine Hartstoffbeschichtung aufweist, aufgebracht wird.
 
6. Stoffgemisch, bestehend aus
70 bis 87 Mol% eines Metallhydroxids,
1 bis 6 Mol% eines wasserlöslichen Sulfids,
11 bis 24 Mol% Oxalsäure oder eines Salzes der Oxalsäure
maximal 2 Mol% sonstige Bestandteile.

 
7. Wässrige Lösung, umfassend

• 4 bis 6 mol/l OH-

• 0,1 bis 0,5 mol/l S2-

• 0,5 bis 2 mol/l Oxalat.


 
8. Wässrige Lösung nach Anspruch 7, gekennzeichnet durch

• 4,8 bis 5,2 mol/l OH-, vorzugweise KOH oder NaOH

• 0,24 bis 0,27 6 mol/l S2-, vorzugsweise K2S oder Na2S

• 0,8 bis 1,2 mol/l Oxalat, vorzugsweise Dinatriumoxalat oder Dikaliumoxalat.


 
9. Elektrolyt, umfassend ein Stoffgemisch nach Anspruch 6 oder eine wässrige Lösung nach Anspruch 7 oder Anspruch 8.
 
10. Galvanische Zelle, umfassend einen Elektrolyten nach Anspruch 9.
 




Zeichnung



















Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



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In der Beschreibung aufgeführte Patentdokumente