(19)
(11) EP 3 651 123 A1

(12) EUROPÄISCHE PATENTANMELDUNG

(43) Veröffentlichungstag:
13.05.2020  Patentblatt  2020/20

(21) Anmeldenummer: 18020577.5

(22) Anmeldetag:  06.11.2018
(51) Internationale Patentklassifikation (IPC): 
G07C 3/00(2006.01)
(84) Benannte Vertragsstaaten:
AL AT BE BG CH CY CZ DE DK EE ES FI FR GB GR HR HU IE IS IT LI LT LU LV MC MK MT NL NO PL PT RO RS SE SI SK SM TR
Benannte Erstreckungsstaaten:
BA ME
Benannte Validierungsstaaten:
KH MA MD TN

(71) Anmelder: Linde Aktiengesellschaft
80331 München (DE)

(72) Erfinder:
  • Hölzl, Reinhold
    82538 Geretsried (DE)
  • Lehmacher, Axel
    82544 Egling-Moosham (DE)
  • Woitalka, Alexander
    81369 München (DE)
  • Gawlick, Rüdiger
    81375 München (DE)

(74) Vertreter: Imhof, Dietmar 
Linde AG Technology & Innovation Corporate Intellectual Property Dr.-Carl-von-Linde-Straße 6-14
82049 Pullach
82049 Pullach (DE)

   


(54) VERFAHREN ZUR ERMITTLUNG EINES LEBENSDAUERVERBRAUCHS EINES FLUIDDURCHSTRÖMTEN VERFAHRENSTECHNISCHEN APPARATS


(57) Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Ermittlung eines Lebensdauerverbrauchs eines fluiddurchströmten verfahrenstechnischen Apparats, wobei Messwerte an dem Apparat erfasst (201) und aus den erfassten Messwerten mechanische Spannungen bestimmt werden (202, 203), wobei in Abhängigkeit von den bestimmten mechanischen Spannungen eine Rainflow-Zähl-Methode durchgeführt wird (204) und in Abhängigkeit von der Rainflow-Zähl-Methode der Lebensdauerverbrauch des Apparats bestimmt wird (205).




Beschreibung


[0001] Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Ermittlung eines Lebensdauerverbrauchs eines fluiddurchströmten verfahrenstechnischen Apparats sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung.

Stand der Technik



[0002] Als verfahrenstechnische Anlagen werden üblicherweise Anlagen zur Durchführung von Stoffänderungen und/oder Stoffumsetzungen mit Hilfe zweckgerichteter physikalischer und/oder chemischer und/oder biologischer und/oder nuklearer Wirkungsabläufe verstanden. Solche Änderungen und Umsetzungen umfassen typischerweise Zerkleinern, Sieben, Mischen, Wärmeübertragen, Rektifizieren, Kristallisieren, Trocknen, Abkühlen, Abfüllen und überlagerte Stoffumwandlungen, wie chemische, biologische oder nukleare Reaktionen.

[0003] Fluiddurchströmte verfahrenstechnische Apparate, wie z.B. vakuumgelötete (Aluminium-)Plattenwärmeübertrager (engl. "plate fin heat exchanger", PFHE) oder spiralgewickelte Wärmeübertrager (engl. "coil-wound heat exchanger", CWHE) werden oftmals in verfahrenstechnischen Anlagen aufgrund einer Vielzahl von Vorzügen (Wärmeintegration, Kompaktheit, Kosten) eingesetzt.

[0004] Derartige Apparate können bei beispielsweise Betriebsstörungen, Sonderbetriebsfällen oder Anfahr- und Abstellvorgängen thermischen Belastungen unterliegen und häufigen und hohen Spannungsschwankungen ausgesetzt sein, welche zu einer Materialermüdung bis hin zu Beschädigungen wie Leckagen führen können, was mit aufwendigen und kostenintensiven Reparaturen und ungeplanten Anlagenausfällen verbunden sein kann. In bestimmten Situationen können Apparate wie z.B. Wärmetauscher oder Kolonnen thermische bzw. mechanische Spannungen erfahren, die zu einer Materialermüdung führen können.

[0005] Um Störungen, Fehler, Ausfälle usw. möglichst früh erkennen bzw. verhindern zu können, wird angestrebt die mechanischen Spannungen von Apparaten zu bestimmen, um im Zuge einer Lebensdaueranalyse z.B. eine Ausfallwahrscheinlichkeit oder verbleibende Lebensdauer der Apparate zu bestimmen.

Offenbarung der Erfindung



[0006] Vor diesem Hintergrund schlägt die vorliegende Erfindung ein Verfahren zur Ermittlung eines Lebensdauerverbrauchs eines fluiddurchströmten verfahrenstechnischen Apparats sowie eine Recheneinheit und ein Computerprogramm zu dessen Durchführung mit den Merkmalen der unabhängigen Patentansprüche vor. Vorteilhafte Ausgestaltungen sind Gegenstand der Unteransprüche sowie der nachfolgenden Beschreibung.

[0007] Der fluiddurchströmte verfahrenstechnische Apparat kann insbesondere als ein Wärmetauscher, insbesondere als ein Plattenwärmetauscher oder Spiral- oder gewickelter Wärmetauscher, oder als eine Kolonne (hohle, schlanke Säule mit Einbauten) oder als Phasentrennapparat (Behälter mit Einbauten) ausgebildet sein. Der Apparat kann zweckmäßigerweise als eine Komponente einer verfahrenstechnischen Anlage ausgebildet und mit weiteren Anlagenkomponenten verbunden sein, beispielsweise mit weiteren Wärmetauschern, Kolonnen oder Behältern zur Phasentrennung.

[0008] Im Rahmen des Verfahrens werden Messwerte an dem Apparat erfasst und aus den erfassten Messwerten werden mechanische Spannungen bestimmt. In Abhängigkeit von den bestimmten mechanischen Spannungen wird eine Rainflow-Zähl-Methode durchgeführt und in Abhängigkeit von der Rainflow-Zähl-Methode bzw. von einem Ergebnis der Rainflow-Zähl-Methode wird der Lebensdauerverbrauch des Apparats bestimmt.

[0009] Die Messwerte bzw. Betriebsdaten werden insbesondere mit Hilfe von in oder an dem Apparat angeordneten Sensoren während des laufenden Betriebs des Apparats erfasst. Insbesondere werden die Messwerte ausgewertet und mittels theoretischer Betrachtungen des Apparats, insbesondere mittels theoretischer Modelle bzw. Simulationen, werden die mechanischen Spannungen bestimmt. Zweckmäßigerweise werden somit in dem Material des verfahrenstechnischen Apparats herrschende mechanische Spannungen bestimmt, insbesondere in Form von Spannungsniveaus bzw. Spannungsverläufen und/oder lokalen Dehnungen.

[0010] Für die Lebensdauer des Apparats ist im Allgemeinen die dynamische Belastung des Apparats von besonders kritischer Bedeutung, insbesondere die Anzahl an dynamischen Lastzyklen bzw. Belastungszyklen. Ein derartiger Lastzyklus besteht zumeist aus einer Belastungsphase und einer Entlastungsphase, im Zuge derer sich die an dem Apparat auftretenden mechanischen Spannungen verändern.
Im Falle von einfachen periodischen Belastungen ergeben sich einfache periodische zeitliche Verläufe der mechanischen Spannung, aus welchen die Anzahl an Lastzyklen mittels einer einfachen Zählung der Schwingungsamplituden bestimmt werden kann. Jedoch treten in der Realität an verfahrenstechnischen Apparaten kaum derartige einfache periodische Verläufe, sondern zumeist komplexe dynamische Verläufe der mechanischen Spannungen auf, aus welchen nicht ohne weiteres die Anzahl der aufgetretenen Lastzyklen abgelesen werden kann.

[0011] Daher sieht die Erfindung vor, eine Rainflow-Zähl-Methode auf die bestimmten mechanischen Spannungen anzuwenden, welche in der Betriebsfestigkeit ein spezielles Zählverfahren darstellt, um auch aus komplexen Verläufen von mechanischen Spannungen die Anzahl der Lastzyklen bestimmen zu können. Somit werden im Rahmen des Verfahrens aus an dem fluiddurchströmten verfahrenstechnischen Apparat erfassten Messwerten insbesondere mittels theoretischer Betrachtungen, Simulationen bzw. Modelle Spannungsverläufe bestimmt, welche als Eingangsgröße für die Rainflow-Zähl-Methode zur präzisen Bestimmung des Lebensdauerverbrauchs des Apparats verwendet werden.

[0012] Die Erfindung stellt somit eine Möglichkeit bereit, um einfache Messungen in dem fluiddurchströmten verfahrenstechnischen Apparat mit der Rainflow-Zähl-Methode zu verknüpfen, um aus unkompliziert und aufwandsarm zu erfassenden Messwerten präzise und zuverlässig den Lebensdauerverbrauch des Apparats ermitteln zu können. Die Messwerte werden insbesondere zumeist ohnehin im laufenden Betrieb des Apparats zu dessen Steuerung bzw. Regelung erfasst. Die entsprechend benötigten Sensoren sind also zweckmäßigerweise ohnehin bereits an dem Apparat vorhanden, so dass für das vorliegende Verfahren insbesondere keine zusätzliche Sensorik benötigt wird.

[0013] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform werden die mechanischen Spannungen aus den erfassten Messwerten mittels einer Finite-Elemente-Methode bestimmt. Die Finite-Elemente-Methode (FEM) ist ein numerisches Verfahren, welches auf dem numerischen Lösen eines komplexen Systems aus partiellen Differentialgleichungen basiert. Der Apparat wird dabei in endlich viele Teilgebiete einfacher Form aufgeteilt, sprich in finite Elemente, deren physikalisches bzw. thermo-hydraulisches Verhalten aufgrund ihrer einfachen Geometrie berechnet werden kann. In jedem der finiten Elemente werden die partiellen Differentialgleichungen durch einfache Differentialgleichungen oder durch algebraische Gleichungen ersetzt. Das somit erhaltene System aus Gleichungen wird gelöst, um eine Näherungslösung der partiellen Differentialgleichungen zu erhalten. Das physikalische Verhalten des Gesamtkörpers wird beim Übergang von einem Element in das benachbarte Element durch vorbestimmte Stetigkeitsbedingungen nachgebildet. Die Messwerte werden als Randbedingungen, insbesondere als verfahrenstechnische, thermo-hydraulische Randbedingungen verwendet. Derartige Randbedingungen geben Funktionswerte an Grenzen bzw. Knotenpunkten zwischen zwei Elementen bzw. Teilgebieten vor. Zu diesem Zweck ist vorzugsweise eine entsprechend hohe Anzahl von Sensoren vorgesehen, um den Apparat mit hinreichend vielen Messwerten mit hoher Auflösung abzudecken und möglichst viele Randbedingungen für die Finite-Elemente-Methode vorzugeben. Ein Verfahren, um mechanische Spannungen eines fluiddurchströmten verfahrenstechnischen Apparats mit Hilfe einer Finite-Elemente-Methode zu bestimmen ist beispielsweise aus der nicht vorveröffentlichten Patentanmeldung P18C105-EP - IC2354 [Anmeldenummer 18020448.9] der Anmelderin bekannt, auf welche hinsichtlich Details zu der Finite-Elemente-Methode verwiesen wird und deren Inhalt hiermit vollumfänglich zum Inhalt dieser Anmeldung gemacht wird.

[0014] Beispielsweise können im Rahmen des vorliegenden Verfahrens während des aktuellen Betriebs des Apparats Finite-Elemente-Berechnungen durchgeführt werden, um aus den aktuell erfassten Messwerten mechanische Spannungen zu bestimmen. Ebenso ist es denkbar, Berechnungen gemäß der Finite-Elemente-Methode vorab durchzuführen, beispielsweise vor einer Inbetriebnahme des Apparats. Insbesondere können dabei vorab für verschiede Betriebszustände des Apparats Finite-Elemente-Berechnungen durchgeführt und mechanische Spannungen als Referenzwerte bestimmt werden. Während des aktuellen Betriebs des Apparats können die aktuell erfassten Messwerte mit diesen vorab bestimmten Referenzwerten verglichen werden und beispielsweise durch Interpolation können die aktuellen mechanischen Spannungen bestimmt werden.

[0015] Bevorzugt werden als Messwerte Temperaturmesswerte und/oder Druckmesswerte erfasst. Beispielsweise können mit Hilfe der Druckmesswerte Druckverluste in dem Apparat bestimmt werden. Temperaturmesswerte können beispielsweise Temperaturverteilungen in dem Apparat betreffen, insbesondere Temperaturprofile bzw. Temperaturfelder. Insbesondere können diese Temperaturverteilungen bzw. Temperaturprofile mit den einzelnen Elementen bzw. Teilbereichen der Finite-Elemente-Methode korrelieren und zweckmäßigerweise einen Verlauf der Temperatur innerhalb und/oder zwischen diesen einzelnen Elementen abbilden und als Randbedingungen vorgeben werden.

[0016] Vorzugsweise wird ein zeitlicher Verlauf der mechanischen Spannungen bestimmt und als Eingangsgröße für die Rainflow-Zähl-Methode verwendet. Da die Rainflow-Zähl-Methode insbesondere nur auf skalare Größen anwendbar ist, z.B. einachsige Spannung, nicht jedoch auf Vektoren oder Tensoren, kann durch Auftragen der bestimmten Spannungen gegen die Zeit auf aufwandswarme Weise die Eingangsgröße für die Rainflow-Zähl-Methode bestimmt werden. Beispielsweise können zu diesem Zweck die Messwerte dynamisch bzw. kontinuierlich bestimmt werden und entsprechend können die mechanischen Spannungen kontinuierlich als zeitlicher Verlauf bestimmt werden.

[0017] Gemäß einer bevorzugten Ausführungsform wird mit Hilfe der Rainflow-Zähl-Methode eine Anzahl von Lastzyklen bestimmt. Wie obig erläutert wirken sich Lastzyklen besonders kritisch auf den Lebensdauerverbrauch aus. Um aus bestimmten mechanischen Spannungen mittels der Rainflow-Zähl-Methode die beanspruchungsrelevanten Spannungsamplituden bzw. deren Anzahl zu bestimmen, wird ein spezieller Zähl-Algorithmus ausgeführt. Für eine detaillierte Beschreibung derartiger spezieller Zähl-Algorithmen sei an dieser Stelle beispielsweise auf das Dokument "ASTM E1049-85(2017), Standard Practices for Cycle Counting in Fatigue Analysis, ASTM International, West Conshohocken, PA, 2017, www.astm.org" verwiesen.

[0018] Vorzugsweise wird in Abhängigkeit von der bestimmten Anzahl von Lastzyklen und von den bestimmten mechanischen Spannungen der Lebensdauerverbrauch bestimmt. Im Zuge jedes Lastzyklus wird dem Apparat eine Beschädigung bzw. Teilschädigung zugefügt. Insbesondere kann zu diesem Zweck auf die Hypothese von Miner und Palmgren zurückgegriffen werden, gemäß welcher ein Schädigungszuwachs pro Lastzyklus als linear angenommen werden kann. Bei m verschiedenen Spannungsamplituden der mechanischen Spannung werden dem Apparat in jedem Lastzyklus eine Teilschädigung 1/Ni bei der entsprechenden Spannungsamplitude i zugefügt, mit 1 ≤ i ≤ m. Mit der Anzahl ni der Lastzyklen mit der jeweiligen Spannungsamplitude i ergeben sich die einzelnen Schädigungsanteile als ni/Ni. Eine Summe S über all diese einzelnen Schädigungsanteile ergibt die Schadenssumme bzw. Gesamtschädigung des Apparats, wobei im Allgemeinen angenommen wird, dass es bei einem Wert von S = 1 zu einem Versagen bzw. Bruch des Apparats kommt:



[0019] Vorzugsweise wird somit ein skaliertes Aufsummieren der einzelnen bestimmten Lastzyklen durchgeführt, insbesondere um eine aktuelle Gesamtschädigung und somit den Lebensdauerverbrauch des Apparats zu bestimmen.

[0020] Bevorzugt wird in Abhängigkeit von dem bestimmten Lebensdauerverbrauch eine verbleibende Lebensdauer des Apparats bestimmt. Die gesamte Lebensdauer des Apparats kann beispielsweise abgeschätzt werden, indem den Apparat repräsentierende Versuchskörper vorgegebenen Testbelastungen bzw. Testspannungsamplituden ausgesetzt werden, bis es zu einem Versagen oder Bruch der Versuchskörpers kommt, wodurch die zulässige maximale Anzahl an Lastzyklen bei bestimmten Schwingungsamplituden bestimmt werden kann. Insbesondere ausgehend von der mittels der Rainflow-Zähl-Methode bestimmten Anzahl von Lastzyklen, welche der Apparat erfahren hat, kann auf die verbleibende Lebensdauer rückgeschlossen werden.

[0021] Vorteilhafterweise werden das Bestimmen der mechanischen Spannungen und ferner vorzugsweise das Bestimmen des Lebensdauerverbrauchs in Abhängigkeit von der Rainflow-Zähl-Methode online während des Betriebs des Apparats durchgeführt. Insbesondere kann somit eine Online-Überwachung und Aktualisierung des Lebensdauerverbrauchs und ferner der verbleibenden Lebensdauer des Apparats durchgeführt werden. Somit können stets der aktuelle Zustand des Apparats und dessen mechanische Integrität bestimmt werden. Schäden, z.B. in Form von Leckagen und daraus resultierende ungeplante und kostenintensive Stillstände des Apparats können vermieden werden. Sich andeutende oder bevorstehende Schäden können frühzeitig erkannt und es kann diesen rechtzeitig entgegengewirkt werden, beispielsweise durch Wartung, Reparatur oder Austausch von Komponenten.

[0022] Eine erfindungsgemäße Recheneinheit, z.B. ein Steuergerät eines Apparats, ist, insbesondere programmtechnisch, dazu eingerichtet, ein erfindungsgemäßes Verfahren durchzuführen. Die Recheneinheit kann beispielsweise als eine lokale Recheneinheit an dem Apparat oder in dessen Umgebung angeordnet sein, beispielsweise in demselben Gebäude wie der Apparat (z.B. sog. Edge-Computing). Alternativ ist es auch denkbar, dass die Recheneinheit eine entfernte Recheneinheit ist, welche sich in sehr großer Entfernung zu dem Apparat befinden kann und beispielsweise als ein Server ausgebildet sein kann, zweckmäßigerweise als Teil eines entfernten, verteilten Recheneinheitssystems im Sinne des Cloud-Computing (deutsch etwa: Rechnen in der Wolke). Ebenso ist es denkbar, sowohl eine lokale als auch eine entfernte Recheneinheit in Kombination für die Durchführung des vorliegenden Verfahrens zu verwenden. Beispielsweise können einfache Rechenoperationen in einer klein bauenden lokalen Recheneinheit durchgeführt werden und rechenintensive Operationen können in die entfernte Recheneinheit, insbesondere in eine Cloud, ausgelagert werden.

[0023] Auch die Implementierung der Erfindung in Form von Software ist vorteilhaft, da dies besonders geringe Kosten ermöglicht, insbesondere wenn eine ausführende Recheneinheit noch für weitere Aufgaben genutzt wird und daher ohnehin vorhanden ist. Geeignete Datenträger zur Bereitstellung des Computerprogramms sind insbesondere magnetische, elektrische und optische Datenträger, wie Festplatten, Flash-Speicher, EEPROMs, DVDs u.a.m. Auch ein Download eines Programms über Computernetze (Internet, Intranet usw.) ist möglich.

[0024] Weitere Vorteile und Ausgestaltungen der Erfindung ergeben sich aus der Beschreibung und der beiliegenden Zeichnung.

[0025] Es versteht sich, dass die vorstehend genannten und die nachfolgend noch zu erläuternden Merkmale nicht nur in der jeweils angegebenen Kombination, sondern auch in anderen Kombinationen oder in Alleinstellung verwendbar sind, ohne den Rahmen der vorliegenden Erfindung zu verlassen.

[0026] Die Erfindung ist anhand von Ausführungsbeispielen in der Zeichnung schematisch dargestellt und wird im Folgenden unter Bezugnahme auf die Zeichnung ausführlich beschrieben.

Figurenbeschreibung



[0027] 
Figur 1
zeigt schematisch und perspektivisch einen als Plattenwärmetauscher ausgebildeten fluiddurchströmten verfahrenstechnischen Apparat, dessen Lebensdauerverbrauch gemäß einer bevorzugten Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Verfahrens ermittelt werden kann.
Figur 2
zeigt schematisch eine bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Verfahrens als ein Blockdiagramm.

Detaillierte Beschreibung der Zeichnung



[0028] Figur 1 zeigt einen hier als Plattenwärmetauscher 1 ausgebildeten verfahrenstechnischen Apparat von außen. Der Plattenwärmetauscher weist einen quaderförmigen Zentralkörper 8 mit einer Länge von beispielsweise mehreren Metern und einer Breite bzw. Höhe von beispielsweise etwa einem bzw. wenigen Metern auf. Oben auf dem Zentralkörper 8, an dessen Seiten und unterhalb des Zentralkörpers 8 erkennt man Aufsätze 6 und 6a. Die unterhalb des Zentralkörpers 8 und auf der der abgebildeten Seite abgewandten Seite befindlichen Aufsätze 6 und 6a sind teilweise verdeckt.

[0029] Durch Stutzen 7 kann dem Plattenwärmetauscher ein Fluid bzw. Prozessstrom zugeführt bzw. diesem wieder entnommen werden. Die Aufsätze 6 und 6a dienen zur Verteilung des durch die Stutzen 7 eingebrachten Fluids bzw. zum Sammeln und zur Konzentration des aus dem Plattenwärmetauscher zu entnehmenden Fluids. Innerhalb des Plattenwärmetauschers tauschen dann die verschiedenen Fluidströme Wärmeenergie aus.

[0030] Der in Figur 1 gezeigte Plattenwärmetauscher ist dazu ausgelegt, Fluidströme in getrennten Passagen zum Wärmeaustausch aneinander vorbeizuführen. Ein Teil der Ströme kann gegensinnig aneinander vorbeigeführt werden, ein anderer Teil über Kreuz oder gleichsinnig.

[0031] Im Wesentlichen handelt es sich bei dem Zentralkörper 8 um eine Anordnung aus Trennblechen, Wärmeaustauschprofilen (sogenannte Fins) und Verteilerprofilen. Trennbleche und Profile aufweisende Schichten wechseln sich ab. Eine ein Wärmeaustauschprofil und Verteilerprofile aufweisende Schicht wird Passage genannt.

[0032] Der Zentralkörper 8 weist also abwechselnd parallel zu den Strömungsrichtungen liegende Passagen und Trennbleche auf. Sowohl die Trennbleche als auch die Passagen sind meist aus Aluminium gefertigt. Zu ihren Seiten sind die Passagen durch Balken aus Aluminium abgeschlossen, so dass durch die Stapelbauweise mit den Trennblechen eine Seitenwand ausgebildet ist. Die außenliegenden Passagen des Zentralkörpers sind durch eine parallel zu den Passagen und den Trennblechen liegende Abdeckung aus Aluminium (Deckblech) abgeschlossen.

[0033] Ein solcher Zentralkörper 8 kann hergestellt werden z.B. durch Aufbringen eines Lots auf die Flächen der Trennbleche und anschließendes abwechselndes Aufeinanderstapeln der Trennbleche und der Passagen. Die Abdeckungen decken den Zentralkörper 8 nach oben oder unten ab. Anschließend ist der Zentralkörper durch Erhitzen in einem Ofen verlötet worden.

[0034] An den Seiten des Plattenwärmetauschers weisen die Verteilerprofile Verteilerprofilzugänge (sog. Header oder Halbschalen) auf. Durch diese kann von außen das Fluid in die zugehörigen Passagen über die Aufsätze 6 und 6a und Stutzen 7 eingebracht bzw. auch wieder entnommen werden. Die Verteilerprofilzugänge werden durch die Aufsätze 6 bzw. 6a verdeckt.

[0035] Der Plattenwärmetauscher ist mit ausreichend vielen Sensoren 10 ausgestattet, die beispielsweise als Temperatursensoren ausgebildet sein können, um Messwerte zu erfassen, beispielsweise Temperaturverläufe, Temperaturfelder bzw. Temperaturprofile als Temperaturmesswerte. Wenngleich in Figur 1 die Temperatursensoren 10 untereinander relative große Abstände aufweisen, werden diese in der Praxis vorteilhaft eng verteilt, um die Temperaturverteilung in ausreichender Auflösung messen zu können.

[0036] Die Temperatursensoren 10 sind datenübertragend mit einer Recheneinheit 20 gekoppelt, die beispielsweise als Steuergerät des Wärmetauschers 1 ausgebildet sein kann. Alternativ kann die Recheneinheit 20 beispielsweise auch eine entfernte Recheneinheit ("Cloud") sein, z.B. ein Server, insbesondere als Teil eines entfernten, verteilten Recheneinheitssystems im Sinne des Cloud-Computing.

[0037] Um einen Lebensdauerverbrauch des Wärmetauschers 1 zu bestimmen, ist die Recheneinheit 20, insbesondere programmtechnisch, dazu eingerichtet, eine bevorzugte Ausführungsform eines erfindungsgemäßen Verfahrens durchzuführen, welches schematisch in Figur 2 als ein Blockdiagramm dargestellt ist.

[0038] In einem Schritt 201 werden mittels der Temperatursensoren 10 Temperaturverläufe bzw. Temperaturfelder des Wärmetauschers 1 als Temperaturmesswerte erfasst und von den Sensoren 10 an die Recheneinheit 20 übermittelt.

[0039] In Schritt 202 werden in Abhängigkeit von den erfassten Temperaturmesswerten mittels einer Finite-Elemente-Methode mechanische Spannungen bestimmt. Beispielsweise können zu diesem Zweck Referenzwerte hinterlegt sein, die beispielsweise vor einer Inbetriebnahme des Wärmetauschers 1 mittels einer Finite-Elemente-Methode ermittelt wurden, beispielsweise indem für verschiede Betriebszustände Finite-Elemente-Berechnungen durchgeführt und mechanische Spannungen bestimmt wurden. Während des aktuellen Betriebs des Wärmetauschers 1 werden aus den erfassten Temperaturmesswerten z.B. durch einen Abgleich mit den Referenzwerten bzw. den vorab durchgeführten Finite-Elemente-Berechnungen mechanische Spannungen ermittelt. Beispielsweise können durch Interpolation der aktuell erfassten Temperaturmesswerte mit den vorab gerechneten Referenzwerten somit aus den aktuell erfassten Temperaturen mechanische Spannungen ermittelt werden. Alternativ zu einer derartigen Interpolation ist auch eine Funktion vorstellbar, die z.B. die erfassten Temperaturmesswerte und mechanische Spannungen korreliert.

[0040] In Schritt 203 wird ein zeitlicher Verlauf der in Schritt 202 bestimmten mechanischen Spannungen bestimmt. Somit werden in Schritt 202 aus den gemessenen Temperaturen durch Korrelation mit Vorrechnungen mechanische Spannungen bestimmt und in Schritt 203 wird ein zeitlicher Verlauf der mechanischen Spannungen bestimmt. Dadurch entsteht über die aktuellen Messungen und den Abgleich mit den vorgerechneten Spannungen eine Historie für die Spannungsverteilungen und Spannungsamplituden.

[0041] In Schritt 204 wird in der Recheneinheit 20 in Abhängigkeit von dieser bestimmten mechanischen Spannung eine Rainflow-Zähl-Methode durchgeführt. Zu diesem Zweck wird der in Schritt 203 bestimmte zeitliche Verlauf der mechanischen Spannungen als Eingangsgröße für die Rainflow-Zähl-Methode verwendet.

[0042] Die Rainflow-Zähl-Methode ist ein aus der Betriebsfestigkeit bekanntes Zählverfahren bzw. ein Zählalgorithmus, um aus dem zeitlichen Verlauf der mechanischen Spannung eine Anzahl von aufgetreten Lastzyklen zu bestimmen. Derartige dynamische Lastzyklen sind für die Lebensdauer des Wärmetauschers 1 besonders kritisch und belastend.

[0043] Für eine detaillierte Erläuterung der Rainflow-Zähl-Methode sei an dieser Stelle beispielhaft auf das Dokument "M. Musallam, C.M. Johnson, An Efficient Implementation ofthe Rainflow Counting Algorithm for Life Consumption Estimation, IEEE Transactions Reliability, Vol 61, Issue 4, 2012" verwiesen.

[0044] Als Ergebnis der Rainflow-Zähl-Methode werden für verschiedene Spannungsamplituden i, die in dem bestimmten zeitlichen Verlauf der mechanischen Spannung auftreten, jeweils eine Anzahl ni von Lastzyklen mit der jeweiligen Spannungsamplituden i bestimmt, welche in dem Wärmetauscher 1 aufgetreten sind. Für insgesamt m verschiedene Spannungsamplituden gilt 1 ≤ i ≤ m.

[0045] In Schritt 205 wird in Abhängigkeit von diesem Ergebnis der in Schritt 204 durchgeführten Rainflow-Zähl-Methode der Lebensdauerverbrauch des Wärmetauschers 1 bestimmt. Im Zuge dessen wird für jeden aufgetretenen Lastzyklus eine Teilschädigung 1/Ni bei der entsprechenden Spannungsamplitude i angenommen, wodurch sich für die einzelnen Spannungsamplituden einzelne Schädigungsanteile als ni/Ni ergeben. Eine Summe S über all diese einzelnen Schädigungsanteile ergibt die Schadenssumme bzw. Gesamtschädigung des Wärmetauscher 1:



[0046] Es wird angenommen, dass es bei einem Wert von S = 1 zu einem Versagen bzw. Bruch des Apparats kommt, so dass in Schritt 205 ferner eine verbleibende Lebensdauer des Wärmetauschers 1 bestimmt wird.


Ansprüche

1. Verfahren zur Ermittlung eines Lebensdauerverbrauchs eines fluiddurchströmten verfahrenstechnischen Apparats (1),
wobei Messwerte an dem Apparat (1) erfasst (201) und aus den erfassten Messwerten mechanische Spannungen bestimmt werden (202, 203),
wobei in Abhängigkeit von den bestimmten mechanischen Spannungen eine Rainflow-Zähl-Methode durchgeführt wird (204) und in Abhängigkeit von der Rainflow-Zähl-Methode der Lebensdauerverbrauch des Apparats bestimmt wird (205).
 
2. Verfahren nach Anspruch 1, wobei die mechanischen Spannungen aus den erfassten Messwerten mittels einer Finite-Element-Methode bestimmt werden (202).
 
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, wobei als Messwerte Temperaturmesswerte und/oder Druckmesswerte erfasst werden (201).
 
4. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei ein zeitlicher Verlauf der mechanischen Spannungen bestimmt und als Eingangsgröße für die Rainflow-Zähl-Methode verwendet wird (204).
 
5. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei mit Hilfe der Rainflow-Zähl-Methode eine Anzahl von Lastzyklen bestimmt wird (204).
 
6. Verfahren nach Anspruch 5, wobei in Abhängigkeit von der bestimmten Anzahl von Lastzyklen und von den bestimmten mechanischen Spannungen der Lebensdauerverbrauch bestimmt wird (205).
 
7. Verfahren nach Anspruch 5 oder 6, wobei der Lebensdauerverbrauch durch ein skaliertes Aufsummieren der einzelnen bestimmten Lastzyklen bestimmt wird (205).
 
8. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei in Abhängigkeit von dem bestimmten Lebensdauerverbrauch eine verbleibende Lebensdauer des Apparats (1) bestimmt wird (205).
 
9. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei das Bestimmen der mechanischen Spannungen (202, 203) und ferner insbesondere das Bestimmen des Lebensdauerverbrauchs (204, 205) in Abhängigkeit von der Rainflow-Zähl-Methode online während des Betriebs des Apparats (1) durchgeführt werden.
 
10. Verfahren nach einem der vorstehenden Ansprüche, wobei der fluiddurchströmte verfahrenstechnischer Apparat (1) als ein Wärmetauscher, insbesondere als ein Plattenwärmetauscher oder Spiral- oder gewickelter Wärmetauscher, oder als eine Kolonne oder als ein Behälter zur Phasentrennung ausgebildet ist.
 
11. Recheneinheit (20) mit Mitteln zum Durchführen eines Verfahrens nach einem der vorstehenden Ansprüche.
 
12. Computerprogramm, das eine Recheneinheit (20) dazu veranlasst, ein Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10 durchzuführen, wenn es auf der Recheneinheit ausgeführt wird.
 
13. Maschinenlesbares Speichermedium mit einem darauf gespeicherten Computerprogramm nach Anspruch 12.
 




Zeichnung










Recherchenbericht









Recherchenbericht




Angeführte Verweise

IN DER BESCHREIBUNG AUFGEFÜHRTE DOKUMENTE



Diese Liste der vom Anmelder aufgeführten Dokumente wurde ausschließlich zur Information des Lesers aufgenommen und ist nicht Bestandteil des europäischen Patentdokumentes. Sie wurde mit größter Sorgfalt zusammengestellt; das EPA übernimmt jedoch keinerlei Haftung für etwaige Fehler oder Auslassungen.

In der Beschreibung aufgeführte Nicht-Patentliteratur